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Gutachten zur Flugverkehrsprognose des Flughafens Wien LOWW im Zusammenhang mit dem Bau der Parallelpiste 11R/29L DI Heinz Wipf Zürich Zürich, den 01.03.2016 H. Wipf

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Gutachten zur Flugverkehrsprognose des Flughafens Wien LOWW

im Zusammenhang mit dem Bau der Parallelpiste 11R/29L

DI Heinz Wipf

Zürich

Zürich, den 01.03.2016 H. Wipf

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BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

DI Heinz Wipf - 1/22 - 01.03 2016

1. EINLEITUNG ....................................................................................................... 2

1.1. Situation – Verfahrensablauf - Fragestellung .................................................... 2

1.2. Aufgabenstellung und Entscheidungsvorbereitung ........................................... 2

1.3. Betrachtungsgegenstand .................................................................................. 4

1.4. Problemanalyse ................................................................................................ 4

1.5. Theorie und Empirie ......................................................................................... 5

1.6. Vorgehen - Wahl der Mittel ............................................................................... 6

2. DATENLAGE ....................................................................................................... 6

3. DATENAUSWERTUNG DER VORLIEGENDEN ZEITREIHEN ........................... 7

3.1. Gesamtverkehrsentwicklung der jüngsten Vergangenheit ................................ 7

3.2. Trendanalyse der Gesamtverkehrsentwicklung ................................................ 8

3.3. Box-Jenkins .................................................................................................... 10

3.4. Interpretation ................................................................................................... 11

3.5. Historisches Verkehrsaufkommen im Tagesablauf auf Stundenbasis ............ 12

4. BEFUND ............................................................................................................ 16

4.1. Trendtest der Verkehrsentwicklung ................................................................ 16

4.2. Ländervergleich der Flughafenverkehrszahlen ............................................... 16

4.3. Regionales Umfeld - Verfügbare Langzeitprognosen mit Bezug zu Europa ... 18

5. KONKLUSION ................................................................................................... 20

6. LITERATURNACHWEIS .................................................................................... 22 Anmerkung: Ein auszugsweises Zitieren ist mit dem Verfasser abzustimmen.

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BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

DI Heinz Wipf - 2/22 - 01.03 2016

1. Einleitung

Verkehrsprognosen sind mit verschiedenen Unwägbarkeiten konfrontiert. So ist Verkehr nur eine mittelbare Konsequenz anderer, vor allem wirtschaftlicher, aber auch politischer Ent-wicklungen. Externalitäten wie Fluglärm oder gasförmige Ausstöße als Folge des Luftver-kehrsaufkommens an Flughäfen sollten deshalb nach dem Festlegen angemessener Grenz-werte mit einem entsprechenden Monitoring an das Management des Infrastrukturbetreibers übergeben werden. Ein solches Vorgehen entschärft die zentrale Wichtigkeit der Verkehrs-prognose und erlaubt ein angemessenes Reagieren des Betreibers auf Entwicklungen, die im Widerspruch zur Prognose stehen. Ein Flughafen mit Hub-Funktion ist ingenieurstechnisch als dynamisches System mit ver-schiedenen positiven und negativen Rückkopplungen1 zu verstehen. Als Beispiel gilt die Ab-hängigkeiten von Angebot und Nachfrage im Verkehrsaufkommen. Eine formale Beschrei-bung ist deshalb höchst anspruchsvoll und bedingt Informationen, die lediglich dem Betreiber zugänglich sind. Die bestehende Prognose [1] wird deshalb aus neutraler Außensicht begut-achtet. Diese Abklärungen sollen mithelfen, sich der Frage des öffentlichen Interesses der Parallelpiste 11R/29L, kurz 3. Piste, zu nähern.

1.1. Situation – Verfahrensablauf - Fragestellung

Am 01.03.2007 beantragte die Flughafen Wien AG die Bewilligung für die 3. Piste. Dazu wur-den von der Antragstellerin im Laufe des UVP-Verfahrens verschiedene Dokumente zur vo-raussichtlichen Entwicklung der Flugbewegungen vorgelegt [1]. Mit Bescheid der Niederös-terreichischen Landesregierung vom 10.07.2012 wurde die Errichtung und der Betrieb der 3. Piste unter Vorschreibung von Auflagen bewilligt. Dagegen wurden Beschwerden beim Bun-desverwaltungsgericht eingebracht und der Bedarf der 3. Piste in Zweifel gestellt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im Jänner 2015 wurden die Flugbewegungen diskutiert. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.05.2015 wurde Herr DI Heinz WIPF zum nichtamtlichen Sachverständigen für luftfahrttechnische Fragen bestellt. Er wurde um die Beantwortung folgender Fragen ersucht:

a) Wie hat sich die Flugverkehrsnachfrage von der Antragstellung im März 2007 bis heute im 2-Pistensystem entwickelt?

b) Wie wird sich die Flugverkehrsnachfrage im 2-Pistensystem bis 2020 und bis 2025 entwickeln?

c) Wann ist die Kapazitätsgrenze im 2-Pistensystem erreicht? d) Wie wird sich die Flugverkehrsnachfrage im 3-Pistensystem bis 2020 und bis 2025

voraussichtlich entwickeln? e) Wird sich durch die Errichtung der 3. Piste insgesamt die Sicherheit der Luftfahrt um 

den Flughafen Wien erhöhen.   

1.2. Aufgabenstellung und Entscheidungsvorbereitung

Die Prognose des Luftverkehrs mit und ohne die geplante 3. Piste aus dem Jahre 2009/2010 (inkl. Nachreichungen) kann mit den zwischenzeitlich vorliegenden effektiven Verkehrszah-len des Flughafens Wien LOWW2 verglichen werden. Mit Hilfe der neuen Datenlage soll aber auch die Zuverlässigkeit der vorliegenden Prognose geprüft werden. Der Prognosehorizont hat sich im Verlauf des Projekts von 2020 nach 2025 verschoben. Je nach vorhandener Tiefe der historischen Daten ist es jedoch wenig sinnvoll, mit den zur Ver-fügung stehenden alternativen Methoden zu große Prognosezeiträume ins Auge zu fassen.

1 meist nichtlineare 2 Die ICAO-Kennzeichnung des Flughafens erlaubt eine eindeutige Benennung – International Civil Aviation Organization

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DI Heinz Wipf - 3/22 - 01.03 2016

Die Begründung liegt im zunehmenden Auseinanderklaffen der Prognoseintervalle. Größere Prognosezeiträume3 müssten sowieso zwingend auf einen Flughafenmasterplan abstellen. Dieser ist aber nicht Gegenstand der vorliegenden Prüfung. Somit geht es in diesem Gutach-ten um die Plausibilisierung der vom Projektwerber vorgelegten Prognose bis zum Jahr 2025. Im An- und Abflugkonzept des Projektwerbers ist zur Fluglärmminderung betroffener Gebiete zusätzlich ein Flugverfahren mit einer Kurve im Endanflug vorgesehen.4 Damit die vorgese-hene Lärmminderung eintritt, muss gefragt werden, wie viele der anfliegenden Luftfahrzeuge in Zukunft solch fortschrittliche5 Verfahren abfliegen können. Hier gilt es festzuhalten, dass sowohl die Luftfahrzeuge als auch die Cockpit-Besatzung in der Lage sein müssen, solche Verfahren zu fliegen. Trotz dem Erfüllen dieser Bedingungen liegt es aber immer in der Ent-scheidungskompetenz des Flugzeugführers, bei der Flugsicherung ein anderes Anflugver-fahren zu verlangen. Es ist aber erlaubt, mit entsprechenden Anreizsystemen seitens des Flughafens hier steuernd einzugreifen.6 Vorangegangene Studien7 haben gezeigt, dass mit einem Zeitraum von 10 - 12 Jahren ge-rechnet werden muss, bis eine technologische Neuerung in der navigatorischen Ausrüstung von Linienmaschinen einen Anteil von 90% erreicht haben (Abb. 1). Als Beispiel eines sol-chen technologischen Diffusionsprozesses sei hier die europäische Einführung von PRNAV und deren Durchdringung über die Jahre im schweizerischen Luftraum aufgezeigt.

Abbildung 1 - Die zeitliche Entwicklung der Durchdringung von Luftfahrzeugen mit PRNAV8-Ausrüs-tungen und entsprechend geschulter Besatzung im Zürcher Luftraum als Beispiel. Der Jan. 2008 auf der horizontalen Zeitachse markiert den Beginn der Beobachtungen. Die vertikale Achse zeigt den Durchdringungsgrad zwischen 0% (kein Luftfahrzeug verfügt über die beschriebene Fähigkeit) und

100% (alle Luftfahrzeuge verfügen über die beschriebene Fähigkeit). Die Punkte markieren das ange-näherte Modell Probit und die Kreise zeigen die tatsächliche Entwicklung. Die feinen Punkte begren-

zen das 80%-Vertrauensintervall.

3 20 - 50 Jahre 4 Curved Approach 5 Advanced Required Navigation Performance capable aircraft; Authorisation Required Approaches (RNP AR APCH) 6 Durch das zwingend vorgeschriebene Befliegen lärmmindernder Verfahren, z.B. am Flughafen Amsterdam oder bei der Slot-vergabe des Flughafens. Als Slot wird ein Zeitfenster bezeichnet, das einer Fluggesellschaft zum Starten oder Landen an einem Flughafen zugewiesen wird. 7 „A Growth Model for the Adoption of Advanced Aircraft Avionics“ Jul. 2014 Publikation in Vorbereitung – dazu auch der Beitrag am ENRI Workshop Nov. 2015 in Tokyo [7] 8 Precision Area Navigation

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Dez

.19

99

Dez

.20

00

Dez

.20

01

Dez

.20

02

Dez

.20

03

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.200

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.20

05

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Dez

.20

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08

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.20

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10

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.20

11

Dez

.20

12

Dez

.20

13

Dez

.201

4

Dez

.20

15

Dez

.20

16

empirisch

predict Probit

low80%

up80%

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DI Heinz Wipf - 4/22 - 01.03 2016

Europäisch wurden die Entwicklungen für solche fortschrittlichen Anflugverfahren, wie am Wiener-Flughafen geplant, 2012 – 2013 angestoßen. Somit kann in den Jahren 2022 – 2025 mit einer fast vollständigen Durchdringung entsprechend befähigter Luftfahrzeuge gerechnet werden. Selbstverständlich wird sich zwischenzeitlich das Verhältnis befähigter zu nicht-be-fähigter Luftfahrzeuge laufend vergrößern. Ab welchem Prozentsatz befähigter Luftfahrzeuge das geplante Anflugregime für die Flugsicherung auch in der Spitzenstunde tragbar9 ist, muss eine Sicherheitsabklärung im Rahmen des Ausführungsprojekts aufzeigen. Der trag-bare Mischverkehr befähigter versus nicht-befähigter Luftfahrzeugen in der Anflugsequenz der Spitzenstunde unterliegt nämlich der Beurteilung der zuständigen Flugsicherungsinstanz.

1.3. Betrachtungsgegenstand

Der betrachtete Gegenstand ist die Luftverkehrsprognose von Herrn Schubert Intraplan GmbH München. [1] Diese wurde bereits im Rahmen der UVP des Landes Niederösterreich von Prof. Dr. Reichmuth DLR detailliert methodisch begutachtet.[2]

Abbildung 1a - Entwicklung und Vorhersage ab dem Jahr 2009 mit den Flugbewegungen/Jahr von Int-raplan München - "Zeitreihe Flugbewegungen Vergangenheit und Prognose (ungehemmte Entwick-

lung) nach Passagierflügen und sonstigen Flügen" aus [1. S. 61, Abb. 5-9]

1.4. Problemanalyse

Bei der vorliegenden Prognose Intraplan wurden weder Prognose- noch Vertrauensintervalle angegeben10. Diese Angaben hätten den Vergleich mit der Realität und der gutachterlichen alternativen Methode vereinfacht. Das Vorhandensein von Prognoseintervallen würde zumin-dest das Überprüfen der Zuverlässigkeit nachvollziehbar machen. Intraplan hat aber Sensiti-vitätsrechnungen11 zur Variabilität ihrer Prognose für das Jahr 2025 geliefert (s. Abb. 3 - Sen-sit Intraplan). Bei Prognoseintervallen hat, je nach ausgewiesenem Niveau (z.B. 95%), ein entsprechender Anteil zwischenzeitlicher realer Verkehrswerte vom Erstellungsdatum bis

9 abhängig von den lokalen betrieblichen Verhältnissen 10 allerdings wurde von Intraplan eine Sensitivitätsanalyse durchgeführt 11 [1] “Parallelpiste 11R/29L Verkehrsprognose Flughafen Wien – Schwechat“ S. 2, 97 – 99; zur geschätzten Bandbreite. S.101

(bisherige Entwicklung) (Prognose)

2434 37 42 46

183

259

286

329

369

207

293

323

371

415

1992 1995 2000 2005 2008 2010 2015 2020 2025

0

50

100

150

200

250

300

350

400

4501 000 Flugbewegungen

insgesamt

davon Passagierverkehr

davon sonst.

33

105

138

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heute innerhalb dieses Intervalls zu liegen. Allerdings sind Prognose und auch Vertrauensin-tervalle bei ökonometrischen Modellen selten zu finden.12 Somit ist ein alternatives Verfahren gefragt, welches Prognose- oder zumindest Vertrauensintervalle liefert. Liegen nämlich die Vorhersagen von Intraplan innerhalb dieser alternativ berechneten Intervalle, sind beide Prognosen miteinander vereinbar. Das Kriterium für den Entscheid, ob ein belastbares öf-fentliches Interesse für die 3. Piste vorliegt ist der Nachweise einer zunehmenden Nach-frage von Flugbewegungen in den periodisch wiederkehrenden Verkehrsspitzen, was dazu führt, dass künftig die Kapazität des bestehenden Pistensystems überschritten wird. Was die volkswirtschaftliche Bedeutung von Grossflughäfen und speziell die ökonomischen Effekte der 3. Piste in Wien angeht sei auf [9] verwiesen.

1.5. Theorie und Empirie

Ein Flughafen ist ein Knotenpunkt im Verkehrsnetz. Netzknoten sind immer im Hinblick auf die Hauptverkehrsstunde auszulegen.[3] Übersteigt nämlich der dem Netzknoten angebo-tene Verkehr dessen verfügbare Kapazität, kommt es zu Verspätungen, zum Abweisen des Verkehrs oder zum Unterschreiten der Mindestabstände von Luftfahrzeugen untereinander. Alle drei Effekte stehen im Widerspruch zu den Vorgaben der internationalen Zivilluftfahrt, an welche sich die betroffenen Instanzen (hier der Flughafen und die Flugsicherung) im Rah-men internationaler Übereinkommen zu halten haben. Diese verlangen nach einer sicheren, geordneten und raschen Flugverkehrsabwicklung13. Das heißt in der Konsequenz, dass auf der Ebene der Flugverkehrsführung zuerst die prompte, der geordneten und diese der siche-ren Verkehrsabwicklung untergeordnet werden sollte. In der Praxis sind diese drei Vorgaben Teil des Air Traffic Managements (ATM)14 und liegen zu einem nicht geringen Teil im takti-schen Ermessensraum des Kontrollpersonals, welches direkt den Luftverkehr anweist. Strategische Entscheide zur Flughafeninfrastruktur, wie eine optimal geplante, zusätzliche Piste, schaffen somit günstige Voraussetzungen, um taktische Kompromisse des Kontroll-personals während der Spitzenstunde in Grenzen zu halten.

12 Dazu auch [5] Seite 479 ff. und unter Punkt 4. „Theoretical prediction intervals are difficult or impossible to calculate for many econometric models, ...“ 13 [8] Seite vii und § 3.7.1.2 „the safe, orderly and expeditious flow of air traffic;“ 14 oder spezifischer: Air Traffic Control (ATC)

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1.6. Vorgehen - Wahl der Mittel

Aus all den möglichen Prognoseverfahren hat der Projektwerber ein ökonometrisches Modell in Kombination mit räumlichen Einfluss- und Ausgleichtendenzen gewählt (Abb. 2 - blau). Weil das Verfahren bereits methodisch begutachtet worden ist, wählt diese Begutachtung bewusst ein alternatives Vorgehen, bei dem anderen Methoden zur Anwendung kommen (Abb. 2 - rot).

Abbildung 2 - Klassifikation möglicher Prognosemethoden gemäß „Manual on Air Traffic

Forecasting“ von ICAO [3]

Die Wahl fiel dabei auf Zeitreihen-Modelle (Time-Series Analysis). Unter Zeitreihen versteht man eine nach ihrem historischen Auftreten geordnete Abfolge von Datenwerten15. Dies er-möglicht durch die geringere Komplexität ein besseres Nachverfolgen der Ergebnisse, da man es im Vergleich mit ökonometrischen Modellen und deren korreliert erklärenden Variab-len16 lediglich mit einer einzigen zu tun hat. Von den möglichen Zeitreihenverfahren fällt die Wahl auf eine simple Trendanalyse und eine anspruchsvollere, nämlich die Methode von Box-Jenkins. Beide Verfahren erlauben im Un-terschied zur Mehrzahl ökonometrischer Modelle ein Abschätzen von Prognose- und Ver-trauensintervall.

2. Datenlage

Die Rohdaten werden ebenfalls bewusst nicht vom Projektwerber übernommen. Sie stam-men vielmehr aus verschiedenen verbindlichen Quellen nationaler, supranationaler und inter-nationaler Organisationen. Durch die verschiedene Quellenlage sind allerdings Differenzen unvermeidbar, weil die Art des Verkehrszählens über Institutionen hinweg kaum einheitlich zu regeln ist. Zusätzlich ist auch der Zeitraum des Erfassens unterschiedlich. Diese Tatsache erlaubt aber gerade auch den Blick auf die Unschärfe beim Erfassen des Verkehrsaufkom-mens. Eigentlich sollte aus diesem Grund immer mit Aussageintervallen und nicht nur mit so-genannten Punktschätzungen gearbeitet werden. Die verfügbaren Datenreihen bilden entweder diskrete Luftverkehrsereignisse in Funktion der Zeit ab oder aber die Anzahl17 dieser Vorkommnisse pro Zeiteinheit, und dies ebenfalls in Funktion der Zeit. Als eine Bewegung18 gilt ein An- oder Abflug.

15 „A time series is a sequence of observations taken sequentially in time.“ [4 Seite 1] 16 oft auch mit Interaktionen untereinander 17 Am Rande sei vermerkt, dass es sich bei diesem Summieren der Ereignisse bereits um eine Art der statistischen Glättung handelt. Dieser Effekt ist umso ausgeprägter je länger der Zeitschritt dauert. 18 auch ein Movement genannt

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DI Heinz Wipf - 7/22 - 01.03 2016

Folgende Zeitreihen finden in diesem Gutachten Verwendung:

Art ID Umfang Intervall Quelle Referenz An-u. Abflüge M1 1998 2014 n.a. Eurocontrol Statfor STA-497 Anzahl An-u. Abflüge M2 2000 2014 Jahr Statistik Austria ÖSTAT Web-Page Anzahl Abflüge M3 1970 2014 Jahr Weltbank Anzahl An-u. Abflüge M4 1992 2025 Jahr Intraplan München Schwaibold

Tabelle 1 - Verwendete Datensätze zum Luftverkehr

Art ID Umfang Intervall Quelle Referenz

Bevölkerung V1 1960 2013 Jahr OECD Bruttosozialprodukt in US $/Jahr V2 1970 2014 Jahr OECD Durchschnittseinkommen in US $ V3 1990 2014 Jahr OECD

Tabelle 2 - Datensätze zur Volkswirtschaft Die Datensätze mit den einzelnen Flügen von und nach Wien wurden freundlicherweise von der Eurocontrol STATFOR19 in Brüssel speziell für dieses Gutachten, zusammengestellt und umfassen mehrere Millionen Einzelereignisse. Die restlichen Datensätze stammen von den aufgeführten Institutionen und ihren Internetseiten20. Die Datensätze M1 und M2 garantieren offiziell eine einheitliche Erfassung und stellen in diesem Gutachten die primären Quellen dar.

3. Datenauswertung der vorliegenden Zeitreihen

Es stellt sich nun die Aufgabe, mit Hilfe der vorliegenden Zeitreihen aus der Vergangenheit, mittels Extrapolation die Zukunft vorauszusagen. Dazu werden die zwei oben genannten Zeitreihenanalysemethoden zur Anwendung gebracht. Die Ergebnisse sind anschließend un-tereinander und mit der Prognose des Projektwerbers zu vergleichen. Zuerst aber ein Blick auf die jüngste Verkehrsentwicklung und der Vergleich mit der Prognose Intraplan aus dem Jahre 2009/2010.

3.1. Gesamtverkehrsentwicklung der jüngsten Vergangenheit

Die Zeitreihe des Luftverkehrsaufkommens bis zum Zeitpunkt der Projekteinreichung zeigte über Jahre ein stetiges Wachstum, die im Jahre 200821 ihr Maximum erreichte. Danach redu-zierte sich der Luftverkehr schrittweise bis ins Jahr 2014.

19 Eurocontrol (EuC) European Organisation for the Safety of Air Navigation – STATFOR Statistics and Forecast Service 20 Stand 2015 21 Fußball-Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz

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Abbildung 3 - Gesamtverkehrsentwicklung (Bewegungen) pro Jahr am Flughafen Wien und die revi-dierte Prognose von Intraplan [1] mit den geschätzten Kapazitätsgrenzen des bestehenden 2-Pisten-sytems (maxLit) und die beiden Eckwerte für das 3-Pistensystem für den abhängigen22 (depRechn-

MaxKap 3RWY) und den unabhängigen23 Betriebsmodus der beiden Parallelpisten (indepRechnMax-Kap 3RWY). Der gelbe Balken im Jahre 2025 zeigt das Resultat der Sensitivitätsrechnung von Intra-

plan - Quellen: M1, M2 und M4

3.2. Trendanalyse der Gesamtverkehrsentwicklung

Generell ist die Trendanalyse [4 S. 97] oder nach ICAO die Trend Projektion ein erster Schritt, das Luftverkehrsaufkommen in der Zukunft abzuschätzen. Dazu kann eine Regres-sion genutzt werden. Zur Erklärungen des Verkehrsaufkommens24 pro Zeiteinheit25 wird le-diglich eine univariate Variable, nämlich die Zeit verwendet. [3, S. 1-3] Als Modelle stehen verschiedene mathematisch beschreibbare Kurven zur Verfügung. [3, 1-4]. Der vorliegende Prozess, den es zu identifizieren gilt, weist positives oder negatives Wachstum aus. Somit kommen lineare, vorzugsweise aber exponentielle26, Funktionen in Frage. Die Kurven werden i.d.R. mit einem Minimum der Fehlerquadrate an die vorliegenden Daten angepasst. Die bei Wachstumsprozessen üblichen Sättigungseffekte werden aber mit diesen beiden Kurvenarten nicht berücksichtigt. Diese sind jedoch nur bei ausgesprochen langfristigen Vorhersagen zu beachten. Die Trendanalyse wird vorteilhafterweise bei Luftver-kehrszählungen, die pro Jahr vorliegen, angewendet. Die jüngste Erweiterung der Zeitreihe bis 2014 führt, im Vergleich zur statistischen Tiefe der Daten, die dem Projektwerber 2009/2010 zur Verfügung standen, zu einem Abflachen des Wachstumstrends.

22 Das Belegen der 3. Piste ist beeinflusst durch den Verkehr der beiden bestehenden. 23 Das Belegen der 3. Piste ist unbeeinflusst durch den Verkehr der beiden bestehenden. 24 die abhängige Variable 25 typischerweise das Jahr 26 In Abb. 5 ist ab dem Jahr 2008 eine zunehmende Variabilität der saisonalen Schwankungen feststellbar. Dies wird als Indiz für einen zugrundeliegenden exponentiellen Wachstumsprozess gewertet.

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Abbildung 4 - Gesamtverkehrsentwicklung auf dem Flughafen Wien und die Prognose mit Hilfe der linearen und exponentiellen Trendanalyse StatforEuC (grüne Linie gestrichelt resp. ausgezogen).

Sichtbar ist oben und unten das 95%-Vorhersageintervall (PI) für den exponentiellen Trend (StatforfitExp±). Der gelbe Balken im Jahre 2025 zeigt das Resultat der Sensiti-

vitätsrechnung von Intraplan - Quellen: M1, M2 und M4 Der Prädiktor Zeit ist, wie erwartet bei beiden Kurven (linear und exponentiell) statistisch hochsignifikant.27 Basierend auf den Werten der Vergangenheit sollten die zukünftigen Ver-kehrswerte zu 95% innerhalb des Vorhersageintervalls liegen.

27 P - Wert = 0.000148 für das lineare Modell resp. 0.000088 für das exponentielle.

R² = 0.65

R² = 0.63

150'000

200'000

250'000

300'000

350'000

400'000

450'000

500'000

550'000

600'000

1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024

mvm

nts

/a

Flugbewegungen LOWW

ÖSTAT

StatforEuC

maxLit

dep_RechnMaxKap 3RWY

indep_RechnMaxKap 3RWY

IntraplanRev

StatforfitExp

StatforfitExp+

StatforfitExp-

Sensit Intraplan

Exponentiell (StatforEuC)

Linear (StatforEuC)

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3.3. Box-Jenkins

Ein weiterer Ansatz der Analyse von Zeitreihen ist von Box-Jenkins. Das Verfahren ist in der Statistik auch unter dem Namen ARIMA28 bekannt. Es ist geeignet, komplexe Zeitreihen, bei denen verschiedene Mustern vorliegen, aufzulösen. Beispiele sind das Erkennen eines Trends oder saisonaler Faktoren und zyklischen Verhaltens [dazu detailliert 4 S. 333 ff]. Ef-fekte, die bei Luftverkehrszählungen über mehrere Jahre hinweg allesamt zu beobachten sind. Abb. 5 zeigt darüber hinaus auch auf, wie die Variabilität zwischen den Monaten im Jahreszyklus angestiegen ist.

Abbildung 5 - Gesamtverkehrsentwicklung auf dem Flughafen Wien pro Monat - Die vertikale Achse

zeigt die Bewegungen jedes Monats für den Zeitabschnitt 1998 - 2014. - Quelle: M1 ARIMA Modelle werden mehrheitlich bei Luftverkehrszählungen pro Monat angewendet. Die Methode erlaubt einiges an Flexibilität, was Vor- und Nachteile mit sich bringt. Für die Identi-fikation des geeigneten Modells ist deshalb ein gewisser Aufwand unabdingbar. Für detail-lierte Anleitungen zur Nutzung der Methode existiert eine umfassende Literatur.29 ARIMA Modelle helfen der Luftfahrt bei Kurz- und Mittelfristprognosen. [3 1-6]. Die in Abb. 2 mar-kierte Spektralanalyse ist Teil dieser Prognosemethode. [4 S. 86]

28 Auto Regressive Integrated Moving Average 29 dazu Box-Jenkins in [4]

0 1'000 2'000 3'000 4'000 5'000 6'000 7'000 8'000 9'000

10'000 11'000 12'000 13'000 14'000 15'000 16'000 17'000 18'000 19'000 20'000 21'000 22'000 23'000 24'000 25'000 26'000 27'000 28'000

Jan

1998

Jan

1999

Jan

2000

Jan

2001

Jan

2002

Jan

2003

Jan

200

4

Jan

2005

Jan

2006

Jan

2007

Jan

2008

Jan

2009

Jan

2010

Jan

2011

Jan

2012

Jan

2013

Jan

201

4

Mov

emen

ts/M

Monate

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DI Heinz Wipf - 11/22 - 01.03 2016

Abbildung 6 Gesamtverkehrsentwicklung auf dem Flughafen Wien und die Prognose ab 2014 mit der Box-Jenkins oder ARIMA Methode und der Prognose mit dem oberen und unteren 95% Intervall. Im

Vergleich dazu die Trendanalysen mit den 95%-Vorhersageintervallen - Quellen: M1, M2 und M4

3.4. Interpretation

Die Resultate der beiden Zeitreihenanalysemethoden (Abb. 4 und Abb. 6) zeigen divergie-rende Ergebnisse. Es gilt nun, die Vereinbarkeit aller drei Prognosen untereinander zu prü-fen. Unter der Vereinbarkeit verschiedener Prognosen versteht man entweder das Überlap-pen der Prognoseintervalle auf einem gegebenen Niveau oder eine genügende Korrelation der verschiedenen Zeitreihen. Im Falle der beiden Trendanalysen ist dem Ansatz der exponentiellen Kurve der Vorzug zu geben, weil diese im Vergleich mit der linearen ein größere R2 anzeigt und somit mehr vom Trend durch die Zeit erklärt. Ein exponentielles30 Wachstum ist für Netzwerkindustrien, wie die Zivilluftfahrt eine ist, typisch. Der Trend, basierend auf den bisherigen Verkehrszahlen des Flughafens Wien, zeigt trotz des negativen Wachstums der letzten paar Jahre ein weiter-hin ansteigendes Verkehrsaufkommen. Die Erklärung liegt in der gleich starken Gewichtung aller vergangenen Werte. Die Box-Jenkins Methode dagegen gewichtet die jüngere Vergangenheit stärker als die Werte, die weiter in der Vergangenheit liegen. Somit indiziert die Vorhersage eine weitere Abnahme des Verkehrsaufkommens. Allerdings zeigt der zeitliche Verlauf des oberen Ver-trauensintervalls auf dem 95% Niveau eine steigende Tendenz. Dieser Verlauf ist zudem mit dem unteren 95%-Prognoseintervall der Trendanalyse vereinbar. Die gleiche Aussage gilt auch für das untere Ende der Sensitivitätsrechnung von Intraplan. Der gedehnte Progno-sehorizont 2025 im Vergleich zur beschränkten Tiefe der offiziell verfügbaren historischen Verkehrswerte M1 und M2 muss allerdings bei beiden Verfahren zur Vorsicht31 mahnen.

30 Die Erklärung liegt in der Anzahl der möglichen Kombinationen von Netzknoten. 31 In Ergänzung dazu die Datenreihen der Weltbank M3 und deren Darstellungen im Kap. 4.2 Abb. 9.

R² = 0.65

R² = 0.63

150'000

200'000

250'000

300'000

350'000

400'000

450'000

500'000

550'000

600'000

1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024

mvm

nts

/a

Flugbewegungen LOWW

ÖSTAT

StatforEuC

maxLit

dep_RechnMaxKap 3RWY

indep_RechnMaxKap 3RWY

IntraplanRev

StatforfitExp

StatforfitExp+

StatforfitExp-

Sensit Intraplan

StatforARIMA

StatforARIMA+

StatforARIMA-

Exponentiell (StatforEuC)

Linear (StatforEuC)

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3.5. Historisches Verkehrsaufkommen im Tagesablauf auf Stundenbasis

Die detaillierte Auswertung der Einzelflüge in M1 erlaubt ein Aufzeigen der stündlichen Be-lastung des bestehenden Flughafensystems. Abb. 7a zeigt das historische Verkehrsaufkom-men pro Stunde im Tagesablauf über den Zeitabschnitt von 2003 – 2014. Die mehr als 100'000 Datenpunkte zeigen umfassend das Flugverkehrsgeschehen auf dem Wiener Flug-hafen der letzten Jahre. Gut sichtbar ist der Wechsel zwischen Winter- und Sommerzeit. Die Spitzen in der Nacht, zum Ende der Betriebszeit,32 deuten auf einen Verkehrsnachfrageüber-hang hin den es jeweils noch abzubauen gilt.

Abbildung 7a - Historisches Verkehrsaufkommen pro Stunde Flughafen Wien im Tagesablauf von 00:00 - 24:00 (vertikale Achse 0-24) für die Jahre 2003 - 201433 (horizontale Achse in Stunden). Die stündlichen Verkehrszahlen der ankommenden und abfliegenden Luftfahrzeuge pro Stunde entspre-

chen der Skala am rechten Bildrand. - Quelle: M1

32 International publiziert ist ein 24-Stundenbetrieb des Flughafens, somit gibt es theoretisch keine Betriebszeiten - AIP Austria 33 25.01.2003 - 31.12.2014

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

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Abbildung 7b - Historisches Verkehrsaufkommen der ankommenden und abfliegenden Luftfahrzeuge pro Stunde (vertikale Achse) Flughafen Wien in der Stundenabfolge (horizontale Achse) für die Jahre 2002 - 201434. Gestrichelt die Kapazitätsgrenzen des 2-Pistensystems.35 Die Stunden ohne Verkehr36

sind ausgenommen, weil sie keine Rückschlüsse auf die Kapazität erlauben - Quelle: M1

Abbildung 7c - Histogramm des historischen Verkehrsaufkommens der ankommenden und abfliegen-den Luftfahrzeuge pro Stunde Flughafen Wien. Die vertikale Achse zeigt die Anzahl Betriebsstunden in denen ein entsprechendes Verkehrsaufkommen herrschte. Die horizontale Achse zeigt Klassen à 5

Bewegungen/h für die Jahre 2002 – 2014 (wie oben). Die zwei Zustände leichter (0 - 5 Bewegun-gen/h) und normaler Verkehr (40 Bewegungen/h) sind hier deutlich zu sehen - Quelle: M1

34 01.08.2002 – 31.12.2014 35 dazu detailliert im Abschnitt unten 36 Nachtstunden, durchschnittlich 3.7h/Tag

0 20 40 60 80

020

0040

0060

0080

0010

000

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Das Histogramm erlaubt das konkrete Zählen der Vorkommnisse aus Abb. 7b (vertikale Achse) innerhalb der definierten Klassenbreite von 5 Bewegungen/h. Als Beispiel lässt sich nun die Frage beantworten, während wie vieler Stunden in den letzten 12 Jahren die Kapazi-tätsgrenzen des bestehenden 2-Pistensystems im betrachteten Zeitabschnitt erreicht und überschritten wurde. Beim Betrachten des Graphen sind neben den Spitzenbelastungen, der Hauptverkehrs-stunde, aber auch Betriebsstunden mit wenig Verkehr auszumachen. Der Feststellung, dass der Flughafen deswegen seine maximale Auslastung noch nicht erreicht hat und noch genü-gend Reserven vorhanden seien, ist aber aus folgenden Gründen mit Vorsicht zu begegnen:

1. Flugverkehrsinfrastrukturen sind auf die Spitzenstunde auszulegen. [3 S. II-4 §16]

2. Zumindest im Jahre 2008, aber auch in den Folgejahren ist die theoretische Kapazi-tätsgrenzen (s. unten des bestehenden 2-Pistensystems erreicht oder überschritten worden (Abb. 7b). Abb. 7c erlaubt das Abschätzen der Anzahl Betriebsstunden in de-nen ein Überschreiten stattgefunden hat.

3. Das Steuern des Hub-Verkehrs liegt nicht allein beim Flughafen. Vielmehr ist die At-traktivität eines Hubs dadurch gegeben, dass man mit kurzen Umsteigezeiten mög-lichst alle gewünschten Destinationen erreicht. Somit werden alle Fluggesellschaften besorgt sein, ihre Ankunfts- und Abflugzeiten entsprechend auszurichten. D.h. eine gleichmäßige Auslastung eines Flughafens mit Hub-Funktion ist Wunschdenken. Viel-mehr ist zu gewissen Stunden immer ein Anschwellen des Verkehrs zu beobachten.

Vor allem im Sommer der letzten Jahre scheinen sich die Stellen mit weniger Verkehr aufge-löst zu haben. Dies weist auf ein Bestreben des Flughafens und der Flugsicherung hin, den anfallenden Verkehr optimal zu bewältigen. Im ersten Drittel des Graphen ist überdies ein leichtes, aber stetiges Ausweiten der Randbetriebszeit zu erkennen. Dieses Ausweiten kann ebenfalls als Anzeichen für eine nachfragebedingte Erhöhung der Kapazität gedeutet wer-den. Wie sollen nun die Kapazitätsreserven des bestehenden Flughafensystems gedeutet wer-den? Eine Möglichkeit bietet die sogenannte Kapazitätskurve37. Bei dieser Darstellung wer-den die Anzahl Abflüge der Anzahl Ankünfte38 in einem Streudiagramm gegenübergestellt Abb. 8a. Diese Diagramme basieren auf der Überlegung, dass solange nur Anflüge zu be-wältigen sind, die theoretische Pistenkapazität restlos ausgeschöpft werden kann. Analoges gilt für Abflüge. Sobald aber ein gemischtes Regime mit An- und Abflügen besteht, reduziert sich, begründet durch Abhängigkeiten, die Kapazität des Flughafensystems. Für das beste-hende Pistensystem39 liegt die theoretischen Spitzenkapazität unter Instrumentenflugbedin-gungen um die 60 Bewegungen/h. [10 S. 207 - Configuration F - IFR40] Die praktische Spit-zenkapazität liegt gemäss Abb. 8b bei ca. 7041 Bewegungen/h. Der Projektwerber nennt eine Kapazität von derzeit 70 Bewegungen/h. [1 S. 43]

37 MITRE Corporation und FAA 38 pro festgelegter Stunde im Tagesablauf 39 Seite 206 Tab 7.1 Konfiguration F 40 Verkehr unter Instrument Flight Rules - IFR 41 Ca. 53 Abflügen/h und 20 Anflügen/h oder 20 Abflügen/h und 50 Anflügen/h

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Abbildung 8a - Kapazitätskurve - Rot die Pareto-Grenze als Kapazitätsmaximum eines gegeben Pis-

tensystems.

Abbildung 8b - Stundenkapazität über den gesamten Beobachtungszeitraum 2002 – 2014. Die Stun-den ohne Verkehr42 sind ausgenommen, weil sie keine Rückschlüsse auf die Kapazität erlauben. Die

Achsen sind gemäss Abb. 8a definiert - Quelle: M1

42 Nachtstunden, durchschnittlich 3.7h/Tag

nach MITRE Corp FAA

Anzahl A

bflüge/h

Anzahl Anflüge/h

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4. Befund

Der Vergleich der beiden Alternativmethoden Trendanalyse und Box-Jenkins führt zu wider-sprüchlichen Ergebnissen. Somit muss entschieden werden, welcher Vergleichsmethode der Vorzug zu geben ist. Deshalb wird zuerst geprüft, ob die verfügbare Datenreihe der jährli-chen Verkehrszahlen M1 und M2 einen statistisch relevanten Trend aufweist.

4.1. Trendtest der Verkehrsentwicklung

Mit dem Vorzeichentrendtest nach Cox-Stuart [6 S. 365] kann eine Zeitreihe (hier M1) auf Trendänderungen hin untersucht werden. Das Ergebnis des angewandten Tests zeigt, dass mit einer Wahrscheinlichkeit43 von 95% ein positiver Trend vorliegt. Die Box-Jenkins Methode weist hingegen einen schwachen Abwärtstrend aus. (Abb. 6) Zu-sammen mit der starken Streuung der möglichen zukünftigen Verkehrswerte ist die Methode, wie bereits oben44 ausgeführt, für das Prüfen der vorliegenden Jahresverkehrsvor-hersagen des Projektwerbers wenig hilfreich. Hingegen stützt der angewandte Trendtest die Wahl der Trendanalyse mit ihrem positiven Verlauf als das plausiblere der beiden Modelle, um die Langzeitvorhersagen zu bewerten. Weil beide Zeitreihen M1 und M2 stark korrelieren, gilt das Ergebnis der vorliegenden Trendanalyse auch für die Verkehrszahlen M2 von Statistik Austria.

4.2. Ländervergleich der Flughafenverkehrszahlen

Die verfügbaren offiziellen Zeitreihen haben nur eine begrenzte historische Tiefe. Es lohnt sich deshalb, die Luftverkehrsentwicklung über einen längeren Zeitraum zu betrachten. Es ist zudem interessant, die Entwicklung des österreichischen Luftverkehrs mit derjenigen ande-rer, aber vergleichbarer45, Länder zu kontrastieren. Die Vergleichbarkeit gründet dabei auf einem ähnlichen Verlauf des Wachstums der Bevölkerung, des Bruttosozialprodukts und des durchschnittlichen Einkommens.

43 Die Nullhypothese kein oder ein negativer Trend der Verkehrsentwicklung (H0) kann für M1 bei einem P-Wert von 1.3% auf dem 5% Niveau verworfen werden. Es gilt somit die Alternativhypothese (HA), dass ein positiver Trend d.h. eine Verkehrszu-nahme vorliegt. Die Wahrscheinlichkeit eine falsche Entscheidung zu treffen, beträgt 5%. 44 dazu auch Kapitel 3.3 45 Belgien, Portugal und die Schweiz

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Abbildung 9 – Anzahl Abflüge pro Jahr verschiedener europäischer Länder im Vergleich Österreich, Schweiz, Belgien, Portugal. – Quelle: M3

Der Verlauf der verschiedenen Graphen zeigt, dass kurzzeitig auch grössere Abweichungen vom langfristigen Trend auftreten können. Es ist auch erkennbar, dass diese kurzfristigen Phänomene selten länger als ein paar Jahre anhalten und den langfristigen Trend damit we-nig beeinflussen. Die Gefahr, bei der Analyse einem dieser kurzfristigen Phänomene irrtüm-lich aufzusitzen ist zwar gegeben, wird aber durch die zeitliche Länge der hier verwendeten Zeitreihen von 17 Jahren deutlich gemindert. Die österreichische Gesamtzahl der Abflüge in Abb. 9 ist für den Flughafen Wien insofern re-präsentativ, als dort im Quervergleich zu den übrigen österreichischen Flughäfen konsistent über die Jahre der Hauptanteil46 der Abflüge47 generiert wird wie Abb. 10 zeigt.

46 Dies gilt auch für die anderen ausgewählten Ländern mit lediglich einem Hub-Flughafen. 47 zwischen 70 – 80%

0

50000

100000

150000

200000

250000

300000

350000

1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015

AUT

CHE

BEL

PRT

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Abbildung 10 – Anteil der Anzahl Abflüge Wien LOWW im Quervergleich österreichischer Flughäfen -

Quelle: M2

4.3. Regionales Umfeld - Verfügbare Langzeitprognosen mit Bezug zu Europa

Tab. 4 erlaubt den Vergleich mit Intraplans Prognose und dem prognostizierten prozentualen positiven Wachstum in Abb. 9. Ein detaillierter statistischer Vergleich ist kaum möglich, da die Angaben der einzelnen Publikationen in Tab. 4 von unterschiedlicher Grösse (Einheiten) sind und ungleiche Zeiträume umfassen. Herauszuheben ist jedoch der Umstand des lang-fristig positiven Wachstums bei den angeführten Organisationen.

Quelle Prognose Wachstum/a Einheiten Jahr Region Bemerkungen

Boeing 2033 3.90% Traffic RPK 2015 Europe

Airbus 2030 4.20% PAX 2011 Europe

IATA - - PAX - - Forecast 5/20 J.

ICAO 2030 4.40% PAX 2013 Europe

World Bank - - - - - keine Prognosen

OECD - - - - -

Eurocontrol 2017 2.30% IFR Bewegungen Feb.2011 Austria

Eurocontrol 2025 2.50% IFR Bewegungen Jun.2013 Europe Eurocontrol 2021 1.80% IFR Flights 2015 Europe

EU Commission - - - - Europe s. Eurocontrol

Tabelle 4 - Institutionen mit ihren positiven Wachstumsprognosen des europäischen Luftver-kehrs

0.00

0.10

0.20

0.30

0.40

0.50

0.60

0.70

0.80

0.90

1.00

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

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Abbildung 11 – Korrelation der Anzahl Abflüge in Wien LOWW pro Jahr (vertikale Achse) im Vergleich

mit allen europäischen (horizontale Achse) zwischen 1970 – 2014. - Quelle: M3 Der gesamte Verkehr auf den europäischen Flughäfen erklärt denjenigen in Wien zu 96%. Die Verkehrsprognosen aus Tab. 4 dürfen wegen dieser starken Korrelation durchaus als Richtgrössen für Wien herangezogen werden. Abb. 12 erlaubt den Vergleich zu den Wachs-tumsprognosen des Projektwerbers (Angaben in grün).

Abbildung 12 – Entwicklung und Vorhersage ab dem Jahr 2009 mit den prozentualen Wachstumsra-

ten pro Jahr von Intraplan München - "Zeitreihe Flugbewegungen Vergangenheit und Prognose (unge-hemmte Entwicklung)" aus [1 S. 52, Abb. 5-3]

y = 0.0347x - 39409 R² = 0.96308

0

20'000

40'000

60'000

80'000

100'000

120'000

140'000

160'000

180'000

1'500'000 2'000'000 2'500'000 3'000'000 3'500'000 4'000'000 4'500'000 5'000'000 5'500'000 6'000'000 6'500'000

1992 1995 2000 2005 2008 2010 2015 2020 2025

2008 - 2020 + 2,0% p.a.

(bisherige Entwicklung) (Prognose)

2008 - 2025 + 2,1% p.a.

1992 - 2008 + 4,8% p.a.

138

207

293

323

371

415

0

50

100

150

200

250

300

350

400

4501 000 Flugbewegungen

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5. Konklusion

a) Wie hat sich die Flugverkehrsnachfrage von der Antragstellung im März 2007 bis heute im 2-Pistensystem entwickelt?

Zum Zeitpunkt der Projekteinreichung zeigten die verfügbaren offiziellen historischen Zeit-reihen des Luftverkehrsaufkommens über Jahre ein stetiges Wachstum, das im Jahre 2008 ein Maximum erreichte. Danach reduzierte sich das Verkehrsaufkommen schritt-weise bis ins Jahr 2014.48 Trotz der Abnahme des Verkehrs in den letzten Jahren weisen die Zeitreihen der Verkehrszahlen von 1998 bis ins Jahr 2014 statistisch aber insgesamt einen positiven Trend aus.49 Weiter konnte in den letzten Jahren eine erhöhte saisonale Schwankung der monatlichen Flugbewegungen beobachtet werden.50

b) Wie wird sich die Flugverkehrsnachfrage im 2-Pistensystem bis 2020 und bis 2025 ent-wickeln? c) Wann ist die Kapazitätsgrenze im 2-Pistensystem voraussichtlich erreicht?

Allgemein gilt: Flugverkehrsinfrastrukturen sind auf die Spitzenstunde auszulegen.51 Die theoretische Spitzenbelastung im Stundenregime des bestehenden Pistensystems wurde im betrachteten Zeitabschnitt von 1998 - 2014 verschiedentlich erreicht oder gar überschritten.52 Erkennbare Spitzen in der Nacht, zum Ende der Betriebszeit, deuten auf einen Verkehrs-nachfrageüberhang hin, den es noch abzubauen gilt.53 Zumindest 2008 wurde auch ein-mal die theoretische Jahreskapazität des 2-Pistensystems erreicht.54 Das bestehende 2-Pistensystem wird deshalb die prognostizierte längerfristige Flugver-kehrsnachfrage55 nicht aufnehmen können.56 Mögliche Anpassungen in technischer und betrieblicher Hinsicht lassen wohl auch in Zukunft eine gewisse Optimierung zu. Es gibt aber Indizien dafür, dass naheliegende Verbesserungen57 in den letzten Jahren bereits getätigt wurden. Zudem besteht die Gefahr, mit weiterreichenden Ansätzen einer immer grösser werdenden Komplexität der Flugverkehrsführung am Boden und in der Luft Vor-schub zu leisten.

d) Wie wird sich die Flugverkehrsnachfrage im 3-Pistensystem bis 2020 und bis 2025 vo-

raussichtlich entwickeln? Die plausiblere der beiden betrachteten Zeitreihenmethoden, die gewählte exponentielle Trendanalyse58, ergibt eine voraussichtliche Verkehrsnachfrage für das Jahr 2020 von 325'016 Bewegungen, wobei sich der Verkehrswert mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% zwischen den Werten 258’464 und 408’703 bewegen wird. Für das Jahr 2025 werden die erwarteten Werte bei 364’172 Bewegungen, respektive zwischen 281’509 und 471’109 liegen. Allgemein zeigen längerfristige Luftverkehrsentwicklungen aber immer wieder auch kurz-fristige Abweichungen vom generellen Trend.59

48 Kap. 3.1.: Abb. 3 49 Kap. 4.1 50 Kap. 3.3.: Abb. 5 51 Kap. 3.5 Ziff. 2. 52 Kap. 3.5: Abb. 7a, b, c 53 Kap. 3.5.: Abb. 7a 54 Kap. 3.1: Abb.3 55 Basierend auf der exponentiellen Trendkurve des geglätteten Luftverkehrs pro Jahr Kap. 3.2 Abb. 4 mit den sich daraus erge-benden Bewegungen in der Spitzenstunde 56 Kap. 3.2.: Abb. 5 57 Kap. 3.5: Abb. 7a 58 Kap. 3.2 Abb. 6 59 Kap. 4.2 Abb. 9

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Dennoch weisen Langfristprognosen verschiedenster Institutionen60 einen wohl abge-schwächten aber nach wie vor positiven Wachstumstrend in der europäischen Luftfahrt aus. Dabei gilt es auch festzuhalten, dass der Anstieg der Passagierzahlen regional (EU), wie auch am Flughafen Wien ungebrochen ist. e) Wird sich durch die Errichtung der 3. Piste insgesamt die Sicherheit der Luftfahrt um den Flughafen Wien erhöhen? Der Flughafen als Knotenpunkt in einem Verkehrsnetz muss auch in der Hauptverkehrs-stunde über genügend Kapazitätsreserven verfügen. Übersteigt nämlich der dem Netzknoten angebotene Verkehr dessen verfügbare Kapazi-tät, kommt es generell zu Verspätungen, zum Abweisen des Verkehrs oder zum Unter-schreiten der Mindestabstände von Luftfahrzeugen untereinander. Alle drei Effekte stehen im Widerspruch zu den Vorgaben der internationalen Zivilluftfahrt, an welche sich die betroffenen Instanzen61 zu halten haben. Die Vorgaben verlangen nämlich eine sichere, geordnete und rasche Flugverkehrsabwicklung. Das heißt aber in der Konsequenz, dass auf der Ebene der Flugverkehrsführung zuerst die prompte, der ge-ordneten und diese der sicheren Verkehrsabwicklung untergeordnet werden sollte. In der Praxis liegen diese drei Vorgaben zu einem nicht geringen Teil im taktischen Ermessens-raum des Kontrollpersonals, welches direkt den Luftverkehr anweist. Strategische Entscheide zur Flughafeninfrastruktur, wie eine optimal geplante zusätzliche Piste, schaffen deshalb mit ihrer zusätzlichen Kapazität günstige Voraussetzungen, um taktische Kompromisse des Kontrollpersonals während der Spitzenstunde in Grenzen zu halten.62

60 Kap. 4.3 Tab. 4 - Dazu auch die hohe Korrelation 0.98 des Luftverkehrs am Flughafen Wien im Vergleich mit dem gesamteu-ropäischen in Abb. 11. 61 Flughafen und die Flugsicherung 62 Kap. 1.5

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6. Literaturnachweis

[1] Intraplan Consult GmbH “Parallelpiste 11R/29L Verkehrsprognose Flughafen Wien – Schwechat“ UVP - Einreichprojekt 30.35 vom Okt. 2009; “Luftverkehrsprognose Flughafen Wien - Konkretisierung des Informationsbedarfs im Rahmen der Begutachtung der Luftverkehrsprognose - Antworten zur Fragenliste“ München 2010; Niederschrift der öffentlichen mündlichen Verhandlung Wien 2015 - Anhang 17 Intra-plan Consult GmbH: “Parallelpiste 11R/29L, UVP - Einreichprojekt - Studie ‚Verkehrsentwicklung Flughafen Wien‘ von 2009 - Bewertung der Prognose aus Sicht Herbst 2014“

[2] Reichmuth J. “Umweltverträglichkeitsprüfung Parallelpiste 11 R/29L; Flughafen Wien

AG und Land Niederösterreich Teilgutachten Flugverkehrsprognose“ NÖ Landesregierung, UVP-Behörde, RU4-U-302, St. Pölten 2010

[3] ICAO Doc 8994 Manual on Air Traffic Forecasting Third Edition – 2006 [4] Box, G. E. P, Jenkins G. M., Reinsel G. C. “Time series analysis: forecasting and control“ NJ 1994 [5] Armstrong J. S. ed. “Principles of forecasting: a handbook for researchers and practi tioners“ Boston 2001 [6] Sachs L.,Hedderich J. “Angewandte Statistik: Methodensammlung mit R“ Springer

2006 [7] Wipf H., Scaramuzza M. “A growth model for the adoption of advanced aircraft avion-

ics“ ENRI Workshop on ATM, Tokyo 2015 [8] ICAO Annex 11 Air Traffic Services 2001 [9] Sellner R., Nagl Ph. “Air accessibility and growth - The economic effects of a capacity

expansion at Vienna International Airport“ Journal of Air Transport Management 16.6 2010 S. 325-329.

[10] Ashford, N., Mumayiz J. S. Wright P. H. “Airport engineering“ NY 1992