Hagiografie, Bernhardologie und Theologie (2010)

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Phil.-Theol. Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz Seminar Kirchengeschichte Hagiografie Unter Leitung von Prof. P. DDr. Alkuin Schachenmayr OCist WS 2008/2009 Hagiografie, Bernhardologie und Theologie Eine Einführung in die literarischen Darstellungen Bernhards von Clairvaux – von der Vita prima bis zur Gegenwart Seminararbeit Eingereicht im April 2010 Verfasser: Frater Edmund Waldstein OCist Stift Heiligenkreuz A-2532 Heiligenkreuz [email protected]

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Eine Einführung in die literarischen Darstellungen Bernhards von Clairvaux – von der Vita prima bis zur Gegenwart.SeminararbeitEingereicht im April 2010

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Phil.-Theol. Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz

Seminar Kirchengeschichte

Hagiografie

Unter Leitung von Prof. P. DDr. Alkuin Schachenmayr OCist

WS 2008/2009

Hagiografie, Bernhardologie und Theologie

Eine Einführung in die literarischen Darstellungen Bernhards von

Clairvaux – von der Vita prima bis zur Gegenwart

Seminararbeit

Eingereicht im April 2010

Verfasser:

Frater Edmund Waldstein OCist

Stift Heiligenkreuz

A-2532 Heiligenkreuz

[email protected]

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Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG 2

2 VITA PRIMA 3

2.1 ENTSTEHUNG 3

2.2 BUCH I. VON WILHELM VON ST. THIERRY 5

2.3 BUCH II. VON ERNALD VON BONNEVAL 9

2.4 BÜCHER III-V VON GOTTFRIED VON AUXERRE 11

2.5 ENDREDAKTION UND BUCH VI DER VITA PRIMA 14

3 DIE CHIMÄRE DER JAHRHUNDERTE 15

3.1 VERBREITUNG DER LEGENDE IM MITTELALTER 15

3.2 NICHT-KATHOLISCHE „HAGIOGRAFIE“ 19

3.3 E. VACANDARD UND DIE KLASSISCHE BERNHARDSFORSCHUNG 23

3.4 „BERHARDOLOGIE“ 28

4 RÜCKBLICK UND FOLGERUNGEN 34

5 LITERATUR 36

5.1 MITTELALTERLICHE QUELLEN 36

5.2 SONSTIGES 36

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1 Einleitung

Das Leben Bernhards von Clairvaux stellt eine Herausforderung für Hagiografie und Ge-

schichte dar. „A Difficult Saint“ heißt eine jüngere Studie, „ein schwieriger Heiliger“1.

Worin besteht diese Schwierigkeit? Ein Grund dafür ist sicher, dass Bernhard nicht leicht

in eine bekannte „Gattung“ von Heiligen einzuordnen ist. Bernhard selber bezeichnet sich

als Chimäre seiner Zeit, „Ego enim quaedam chimaera mei saeculi.“2 Dass ein Mönch

mehr Zeit außerhalb als innerhalb seines Klosters verbracht hat, rief schon zu seinen Leb-

zeiten Verwunderung hervor. So fragt sein Erzfeind Abälard in einer seiner Schmäh-

schriften gegen die Cistercienser, wie einer, der ja selber darin seine Aufgabe sieht, die

Welt zu verlassen und in der Abgeschiedenheit des Klosters über seine Sünden zu wei-

nen, das öffentliche Leben so dominieren kann, dass er sogar den ersten Rang bei Bi-

schofssynoden erlangt3.

Modernere Hagiografen haben mehr Schwierigkeit mit seiner Kreuzzugspredigt. Wie

kann ein Heiliger die grausame Eroberung fremder Länder predigen? Für antikirchliche

Historiker liefert diese Thematik die Bestätigung ihrer Thesen. Für Hagiografen im enge-

ren Sinn hingegen stellt dies wirklich eine Herausforderung dar.

Aber das eigentlich Herausfordernde an Bernhard liegt anderswo: an seiner Größe. So

schreibt Thomas Merton: „like other complex and many-sided characters, [St. Bernard]

suffered a rapid and disconcerting fragmentation at the hands of his own fame“4.

Hagiografie steht immer vor der Herausforderung, das Mysterium der Heiligkeit in seiner

konkreten Gegenwart in der Zeit zu beschreiben, aber hier wird diese Herausforderung

intensiviert durch die besondere Rolle, die der hl. Bernhard in seinem Zeitalter gespielt

hat. Um Bernhards Leben und Wirken adäquat zu beschreiben, meint ein Historiker,

müsste man eigentlich das ganze Zeitalter, der er dominiert hat, beschreiben, und dies sei

1 Brian P. MCGUIRE, A Difficult Saint: Bernard of Clairvaux and His Tradition (Kalamazoo 1991). 2 Epistola 250,4; Zit. nach P. DINZELBACHER, Bernhard von Clairvaux. Leben und Wirken des berühmten Zisterziensers (Darmstadt 1998) 336. 3 C. WADDLE, Adtendite a Falsis Prophetis. Abelard’s Earliest Known Anti-Cistercian Diatribe, in: Cister-cian Studies 39, (Dubuque 2004) 371-398, besonders 378-379. 4 Thomas MERTON, The Last of the Fathers. Saint Bernard of Clairvaux and the Encyclical Letter Doctor Melifluus (San Diego - New York - London 1954) 9.

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eine Herausforderung, die nur wenige anzunehmen wagen5. Es sind aber trotzdem viele,

die es versucht haben.

Wie sich diese viele Hagiografen – im weiteren Sinne – den genannten Herausforderun-

gen stellen, kann uns viel über ihre Auffassung vom Wesen der Heiligkeit und vom We-

sen und von der Aufgabe der Hagiografie und der Geschichtswissenschaft zeigen. Eine

Studie der Hagiografie Bernhards eignet sich deshalb sehr gut, einen Einblick in die Ha-

giografie an sich mit all ihren Fragen zu bekommen. In diesem Aufsatz werde ich also

versuchen, einen Überblick über die Hagiografie des hl. Bernhard zu geben. Die literari-

schen Darstellungen von Bernhard sind so zahlreich, dass diese Studie natürlich keinen

Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Sie wird deswegen nur eine Auswahl quer

durch die neun Jahrhunderte seit Bernhards Leben besprechen.

Was ist Hagiografie und was will sie vermitteln? Will sie fromme Legenden zur Erbau-

ung des Volkes erzählen? Oder will sie einfach feststellen, was man mit modernen histo-

rischen Methoden über die Heiligen wissen kann? Diese Fragen werden von einer Reise

durch die Hagiografie Bernhards aufgestellt und zugleich auf vielfältige Weise beantwor-

tet. Vielleicht können diese Antworten sogar wegweisend für eine Hagiografie unserer

Zeit sein.

2 Vita prima

2.1 Entstehung

Die erste und einflussreichste Hagiografie Bernhards wurde schon zu seinen Lebzeiten

begonnen. Es ist die berühmte „Vita prima sancti Bernardi“ von Wilhelm von St. Thier-

ry6, Ernald von Bonneval7 und Gottfried von Auxerre8. Sie ist die umfangreichste der

zeitgenössischen Vitae und fand auch die weiteste Verbreitung.9 Die Vita prima ist ein

hagiografisches Werk, das im Hinblick auf eine angestrebte Heiligsprechung Bernhard

5 A. LUCHAIRE, Les premiere Capétiens (Paris 1911) 279; Zitiert bei: Adriaan H. BREDERO, Bernhard von Clairvaux. Zwischen Kult und Historie. Über seine Vita und ihre historische Auswertung, Übersetzung Ad Pistorius (Stuttgart 1996) 21. 6 Unten 4-5, Anmerkung 16. 7 Unten 4, Anmerkung 11. 8 Unten 9, Anmerkung 48. 9 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 19.

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geschrieben wurde10.

Der Initiator war Bernhards Privatsekretär, Gottfried von Auxerre11. Gottfried machte

Notizen für eine Lebensbeschreibung seines Abtes, die sogenannte „Fragmenta Gaufridi“

12. Die „Fragmenta Gaufridi“ behandeln Bernhards Leben von seiner Geburt bis 1145 und

lagen den ersten drei Büchern der Vita prima zugrunde. Über die letzten vier Jahre konn-

te Gottfried also von persönlicher Erfahrung sprechen, sonst musste er sich auf die Zeug-

nisse der anderen Mönche von Clairvaux berufen. Bernhard selber konnte er nicht fragen,

weil das Projekt einer Vita vor Bernhard streng geheim gehalten werden musste, da der

Abt dies sicher nicht erlaubt hätte.

Es wird angenommen, dass Gottfried von Auxerre, auf eine spätere Heiligsprechung

Bernhards hoffend, einen Autor für die Vita Bernardi, der als eine Autorität in der Kirche

galt, gewinnen wollte. Die Forschung hält es für wahrscheinlich, dass er sich zunächst an

einen Schüler Bernhards wandte, nämlich Abt Rainald von Foigny13. Rainald war

Professe von Clairvaux und kehrte nach zehn Jahren als Abt von Foigny nach Clairvaux

zurück14. Die Fragmenta Gaufridi enthalten eine Wiederholung des Anfangs die Rainalds

Hand zeigt15. Es ist also anzunehmen, dass Rainald eine Vita auf der Grundlage der

Fragmenta Gaufridi begonnen hat, und dass er dieses Projekt schon im selben Jahr (1145)

abgebrochen hat. Gottfried wandte sich nun an Wilhelm von St. Thierry.

Wilhelm von St. Thierry war, nach Bernhard selbst, der wichtigste Schriftsteller der frü-

hen Zisterzienser. Zwischen 1075 und 1080 in Lüttich geboren, trat er 1112 in der Bene-

10 Jean LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux. Ein Mann prägt seine Zeit, Übersetzung Hermann J. BENNING (München 1990) 9. 11 Gottfried, Gaufried oder Geoffroy von Auxerre, von Clairvaux oder von Hautecombe (1115/1120-nach 1188) war Schüler Abälards, bekehrte sich aber 1140 durch eine Predigt Bernhards und trat mit vierzig anderen Studenten aus Paris in Clairvaux ein. 1141 wurde er Bernhards Sekretär und ständiger Begleiter. Wendelin KNOCH, Gottfried v. Clairvaux, in: LThK3 4 (1995) 947; BREDERO, Bernhard von Clairvaux 87-94; Georg HÜFFER, Vorstudien zu einer Darstellung des Lebens und Wirkens des heiligen Bernhard von Clairvaux (Münster 1886) 27-28. 12 Diese Notizen wurden von Mabillon in seiner Edition der Bernhardvitae als „Fragmenta ex tertia Vita Sancti Bernardi“ aufgenommen (PL 185, 523-530). Es wurde aber schon im 19. Jahrhundert bewiesen, dass diese „Fragmenta“ eigentlich als Grundlagen für die Vita prima geschrieben wurden (E. VACANDARD, Le-ben des Heiligen Bernhard von Clairvaux, Übersetzung Mathias Sierp, Bd. 1 (Mainz 1897) 11-12. Im Ge-gensatz zu den anderen Bernhard Vitae, gibt es für die Fragmenta eine Edition neueren Datums als die von Mabillon: R. LECHAT (Hg.), Les Fragmenta de Vita et Miraculis S. Bernardi par Geoffroy d’Auxerre, in: AnBoll 50 (1932) 83-122. 13 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 37, 86. 14 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 86. 15 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 37.

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diktiner Abtei St. Nicaise, in der Nähe von Reims, ein. 1119 wurde er Abt von St. Thier-

ry. Wahrscheinlich im Jahr seiner Abtsweihe besuchte er zum ersten Mal Clairvaux und

lernte Bernhard kennen. Es war der Anfang einer engen und dauerhaften Freundschaft.

1135 wurde Wilhelm Zisterzienser – allerdings nicht in Clairvaux, sondern in der Abtei

Signy in seiner Heimatdiözese Reims16.

Vielleicht wollte Gottfried den Claravallenser Rainald, der gewissermaßen pro domo

sprechen müsste, gegen den ehemaligen Benediktiner Abt Wilhelm austauschen, der gute

Beziehungen auch zu anderen Ordensgemeinschaften pflegte17 und in der ganzen Kirche

Frankreichs hohes Ansehen genoss, um die Bedeutung Bernhards für die Gesamtkirche –

entscheidend für eine Heiligsprechung – glaubwürdiger darzustellen. Oder vielleicht war

es einfach Wilhelms Talent als Schriftsteller, das ihn als beste Wahl für diese Aufgabe

erscheinen ließ. Jedenfalls nahm Wilhelm die Arbeit an.

2.2 Buch I. von Wilhelm von St. Thierry

Wilhelms Buch ist gezeichnet vom virtuosen Gebrauch biblischer und hagiografischer

Topoi: Gott erscheint dem jungen Bernhard im Schlaf, wie einst Samuel (1 Sam 3)18; der

junge Abt Bernhard führt die Gründungskolonie von Clairvaux, wie Mose sein Volk einst

in das verheißene Land führt19; die Skepsis seiner Brüder über sein erstes Wunder erin-

nert an den Unglauben der Herrenbrüder (Joh 7,5)20; sein Entschluss ins Kloster einzutre-

ten erinnert an die Bekehrung des hl. Antonius des Großen21 usw. Das erste Buch der Vi-

ta prima ist aber viel mehr als eine Sammlung von erbaulichen Geschichten, die nach al-

ten Topoi erzählt werden; Wilhelm setzt die Topoi ein, um Bernhard als Verwirklichung

von einem bestimmten Vollkommenheitsideal zu zeigen und um ihn zu verteidigen gegen

die abälardsche Kritik.

Wilhelm beschreibt sein Staunen über die Verwirklichung seines Vollkommenheitsideals

16 VACANDARD, Leben des Heiligen Bernhard 1, 10; BREDERO, Bernhard von Clairvaux 108f. 17 Etwa die Kartäuser: Wilhelm von St. Thierry, Goldener Brief, Übersetzung Bernhard KOHOUT-BERGHAMMER (Eschenbach 1992). 18 Vita prima I, II, 4; PL 185, 229; Übersetzung Paul SINZ, Das Leben des heiligen Bernhard von Clairvaux. Vita Prima (Düsseldorf 1962) 38. 19 Vita prima I, VI, 28; PL 185, 243; Übersetzung SINZ 61. 20 Vita prima I, IX, 45; PL 185, 253; Übersetzung SINZ 77-78. 21 Vita prima I, III, 9-10; PL 185, 231-232; Übersetzung SINZ 43. Zur Ähnlichkeit mit der Berufung des hl. Antonius: LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 27.

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bei seinem ersten Besuch bei Bernhard, im siebten Kapitel (beachte schon die Zahl Sie-

ben, der für göttliche Vollkommenheit steht):

Mein Verweilen bei Bernhard dauerte nur wenige Tage. Aber wohin ich auch die Augen wandte, mußte ich staunen, als schaute ich die alten Pfade unserer Väter, der alten ägyptischen Mönche, wieder und da-rauf die frischen Fußstapfen von Menschen unserer Zeit.22

Zu dieser Zeit muss der junge Abt Bernhard, auf Befehl des Bischofs Wilhelm von

Champeaux23, in einem Häuschen außerhalb seines Klosters, zur Wiedererlangung seiner

durch Fasten zerstörte Gesundheit leben. Wilhelm ist ein großer Verehrer der Wüstenvä-

ter24, und er vergleicht hier Bernhards Genesungshäuschen mit deren Einsiedlerzellen. In

Bernhard beobachtet er einen, der wie die Wüstenväter durch harter Askese sich von der

Herrschaft seiner Sinnen so befreit hat, dass er sein Essen kaum noch schmeckt25. Nach

Wilhelms auf den Wüstenvätern und Augustinus basierendem Vollkommenheitsideal,

wie er es z.B. im Goldenen Brief darlegt, muss der Mensch die sinnlichen Teile der

menschlichen Natur seinen vernünftigen Geist unterwerfen gegen den diese, seit dem

Sündefall Adams rebellieren, um wieder frei zu sein um Gott vollkommen lieben zu kön-

nen26.

Paradoxerweise sieht Wilhelm in diesem „einsamen27“ Leben Bernhards zugleich den

Anfang seines öffentlichen Auftreten. Wilhelm schreibt:

Da wurde dieser Umstand [dass Bernhard außerhalb des Klosters leben muss] für ihn zum ersten Anlaß, das Wort des Lebens Weltleuten zu predigen, denen er nun sozusagen ausgesetzt war und die bereits scharenweise zu ihm strömten, denen er sich aber jetzt auch freier und ausgiebiger zur Verfügung halten konnte [...] Da konnte er von Gott nicht schweigen und nicht aufhören zu tun, was für Gott war; da-durch aber wurde er in kurzem bei den Menschen so bekannt, daß die Kirche Gottes dieses so brauchba-re Glied, das sie an ihrem Leibe entdeckt hatte, offen und unverhohlen zu allem brauchte, was es zu tun gab.28

Die Vorwürfe Abälards29 werden als nichtig gezeigt; denn nicht aus eigenen Wollen,

22 Vita prima I, VII, 34; PL 185, 247; Übersetzung SINZ 68. 23 Bischof Wilhelm hat vom Generalkapitel in Cîteaux die Erlaubnis bekommen Bernhard für einem Jahr unter seinem Gehorsam zu stellen. Vita prima I, VII, 32; PL 246; Übersetzung SINZ 66. 24 Goldener Brief, Übersetzung KOHOUT-BERGHAMMER 20. 25 Vita prima I, VII, 33; PL 185, 247; Übersetzung SINZ 67. 26 Besonders: Goldener Brief, Übersetzung KOHOUT-BERGHAMMER 47. 27 Vita prima I, VII, 34; PL 185, 247; Übersetzung SINZ 67. 28 Vita prima I, VIII, 42; PL 185, 251; Übersetzung SINZ 74-75. 29 Peter Abälard 1079-1142. Vertreter der Frühscholastik. Friedrich Wilhelm BAUTZ, Peter Abälard, in: BBK 1 (1994) 2-4. Zu Abälards Kritik an Bernhard oben 2 und Anmerkung 3.

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sondern durch die Krankheit des Leibes begann seine Predigttätigkeit30. Doch wie steht

dies im Einklang mit Bernhards Einsamkeit? Für Wilhelm ist die Vollkommenheit, die

man durch die Einsamkeit erreichen soll, nicht Selbstzweck, sondern es soll dem Aufbau

der anderen dienen31. Deshalb führt er die eben zitierte Stelle wie folgt ein:

Schon damals bereitete die göttliche Vorsehung ihn auf seine Predigttätigkeit vor, wozu er, wie oben berichtet, vom Mutterschoß her durch göttliche Bezeugung vorausbestimmt worden war. Nicht nur da-mals, sondern all die Zeit seiner Bekehrung über, in der Stellung des Untergebenen wie des Vorgesetz-te, ob er befahl oder handelte, immer wurde er systematisch daraufhin eingeschult und ohne daß er wuß-te, was mit ihm geschah, für den Monastischen Orden, ja für die gesamte kirchliche Ordnung vorberei-tet. [Ipso ordinante quo et agente, congruo ordine ad hoc instuebatur [...] non solum monastico, sed et

omni ecclesiastico ordini in hoc præparabatur.] Zuerst hat er zur Wiedererweckung des alten religiösen Eisfers im monastischen Orden das Erstlingsopfer seiner Jugend gebracht, indem im Konvente der Brü-der innerhalb der Klostermauern in Wort und Beispiel allen Fleiß hierauf verwandte ... 32

Die Ordnung, die er in seiner eigenen Seele wiederhergestellt hatte, sollte zur Wiederher-

stellung der Ordnung des monastischen und kirchlichen Lebens dienen.

Die Vorausbestimmung im Mutterschoß, die hier erwähnt wird, bezieht sich auf einen

Traum, den seine Mutter Aleth gesehen haben soll. Die schwangere Aleth sieht einen bel-

lenden Hund unter ihrem Herzen. Voll Schrecken zieht sie einen Mönch zurate, in An-

spielung auf einen Psalmvers (Ps 67,24) deutet er den Traum als einen Hinweis auf die

spätere Predigttätigkeit Bernhards33. Diese Geschichte findet sich schon in den

Fragmenta Gaufridi34 – und außerdem ist der Traumgesicht der Mutter ein klassischer

hagiografischer Topos35 – hier wird er aber ganz bewusst eingesetzt, um die abälardsche

Kritik zu widerlegen36.

Zwischen der Voraussage im Mutterschoß und der Erfüllung beschreibt Wilhelm einen

langen Kampf für die Vollkommenheit. Nach einer frommen Kindheit37 spürt Bernhard

als junger Mann die Anziehung der Welt38. Zunächst wird seine Liebe zur Keuschheit in

30 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 79-80. 31 Goldener Brief, Übersetzung KOHOUT-BERGHAMMER 26. 32 Vita prima I, VIII, 42; PL 185, 251; Übersetzung SINZ 74-75. 33 Vita prima I, I, 2; PL 185, 227-228; Übersetzung SINZ 36. 34 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, 61-62; BREDERO, Bernhard von Clairvaux 39, Anmerkung 19, verweist auf: LECHAT (Hg.), Les Fragmenta 91, 96. 35 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 14; BREDERO, Bernhard von Clairvaux 39. 36 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 39-42. 37 Vita prima I, I, 3-II; PL 185, 228-230. Übersetzung SINZ 37-40. 38 „Ihm boten sich beim Eintritt in die Welt [...] vielerlei Wege an.“ Vita prima I, III, 6; PL 185, 230; Über-setzung SINZ 40.

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einer Reihe von Versuchungen, die gemäß den Topoi aus der höfischen Romanliteratur

erzählt werden39, geprüft. Bernhard denkt daran solche Versuchungen durch Weltflucht

zu entkommen und entschließt sich in das junge Kloster Cîteaux einzutreten40.

In Cîteaux führt Bernhard einen fast unglaublich harten Kampf gegen das „Fleisch“;

durch Fasten, Wachen, Arbeiten, Beten und Lectio divina besiegt er seine Sinne. Sein

Fasten macht ihn so schwach, dass es zunächst so scheint, als würde es seine Arbeit für

die Gemeinschaft behindern. Als die Erntezeit kam, konnte er nicht mitarbeiten, doch

dann, „flüchtete [er] ins Gebet und flehte unter heißen Tränen um die Gnade, miternten

zu können“41. Gott gewährt ihm die Gnade.

Als junger Abt in Clairvaux muss er wiederum lernen, wie der Gemeinschaft wahrhaft zu

dienen ist. Er erwartet nämlich dieselbe Loslösung von fleischlichen Gedanken in seinen

Mönchen, wie er selbst sie gewonnen hat. Die Mönche ertragen diese übergroße Strenge

geduldig. Wilhelm schreibt:

So kam es, daß die fromme Demut der Schüler zur Lehrerin des Lehrers wurde. Denn dadurch, daß sie sich in aller Demut ausschelten ließen, wurde dem geistlichen Lehrer sein Eifer gegen die demütigen und unterwürfigen Brüder verdächtig; so sehr, daß er nun vielmehr sich selbst der Unwissenheit anklag-te und über die Not weinte, nicht schweigen zu dürfen, wo er doch nicht zu reden verstand; die Gewis-sen seiner Zuhörer zu verletzen, indem er von Dingen predigte, die vielleicht nicht zu hoch, doch deren die Menschen nicht würdig waren; bei einfältigen Brüdern so streng und ängstlich auf Vollkommenheit zu dringen, wo er selbst sich noch nicht Vollkommen fand.42

Diese Bewusstsein für die eigene Unvollkommenheit gehört wesentlich zu Wilhelms

Vollkommenheitsideal.

Wilhelm schrieb sein Buch im Bewusstsein, dass sein eigener Tod nahe war43, als

„Schlussstein seines Œvres“44. Nach Jean Leclercq ist es „ein Meisterwerk, nicht der ob-

jektiven Geschichtsschreibung, sondern der geistlichen Literatur.“45 Doch für Wilhelm

selbst ist sehr wohl wichtig, dass die Dinge, die er berichtet, tatsächlich geschehen sind.

In seiner Vorrede erklärt er folgendes darüber:

39 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 21-22. 40 Vita prima I, III, 8; PL 185, 231; Übersetzung SINZ 42. 41 Vita prima I, IV, 24; PL 185, 240; Übersetzung SINZ 57. 42 Vita prima I, VI, 29; PL 243-244; Übersetzung SINZ 62. 43 Vita Prima I, Praefatio; PL 185, 225; Übersetzung SINZ 33-34. 44 Adriaan BREDERO, Bernhard von Clairvaux 109. 45 Jean LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux. Ein Mann prägt seine Zeit, Übersetzung Hermann J. BENNING (München 1990) 11.

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Am meisten jedoch drängt und mahnt mich das gütige Wohlwollen einiger Brüder [zum Schreiben], die dauernd um ihn herum sind, alles wissen, was sich bei ihm tut und abspielt, und die mir verschiedenes vorlegen, was sie durch gewissenhafte Untersuchungen ausgeforscht, sehr vieles auch was sie selbst er-lebt, gesehen und gehört haben. Obwohl sie mir auch viel wunderbare Dinge berichten, die Gott durch seinem Diener in ihrer Gegenwart wirkt, so dürfte doch ihre bekannte Ordenszucht und ihre mönchische Schulung mich von jedem Verdachte einer Falschmeldung befreien; darüber hinaus aber ziehen sie sie auch das Ansehen vertrauenswürdiger Personen, von Bischöfen, Klerikern und Mönchen zur Zeugen-schaft bei: Personen, denen kein gläubiger Christ den Glauben verweigern dürfte. Dennoch möchte ich dies zum Überfluss gesagt haben, da ja, die ganze Welt es weiß und ‚die ganze Kirche der Heiligen’ seine Wundertaten erzählt.46

Bernhards Leben illustriert nicht nur Wilhelms Vollkommenheitsideal, es soll jenes Ideal

auch als erreichbar zeigen.

2.3 Buch II. von Ernald von Bonneval

Nach dem Tod Wilhelms (1147 oder 114847) wandte sich Gottfried an einen Autor, der

nicht nur, wie Wilhelm, kein Mönch von Clairvaux gewesen ist, sondern der auch gar

nicht zum Zisterzienserorden gehörte: den Benediktinerabt Ernald von Bonneval48. Wa-

rum gerade Ernald? Die berühmte Epistula 31049 des hl. Bernhard bezeugt die Freund-

schaft, die zwischen den zwei Äbten bestand. Die These des niederländischen Mediävis-

ten Adriaan Bredero, die Epistola 310 sei eine Fälschung, ist mehrmals widerlegt wor-

den50, doch könnte seine Hypothese als Grund für die Wahl Ernalds durchaus eine Rolle

spielen. Ernald hatte nämlich Information über die Bemühungen Bernhards zur Behebung

des Schismas von Anaklet51.

Es ist wahrscheinlich, dass Ernald von diesen Bemühungen durch Geoffroy de Lèves,

Bischof von Chartres, wusste52. Sie bilden jedenfalls das Hauptthema seines Buches. Es

ist verständlich, dass Ernald, als Nicht-Zisterzienser, sein Bericht auf die Aktivitäten

Bernhards außerhalb des Ordens konzentriert. Die Anstrengungen Bernhards in dieser

46 Vita Prima I, Praefatio; PL 185, 225-226; Übersetzung SINZ 34. 47 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 108. 48 Vom Leben des Ernald ist wenig bekannt. Er wurde um 1129 Abt von Bonneval in der nähe von Chartres und starb 1154 oder 1159. BREDERO, Bernhard von Clairvaux 95-96; VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, 12-13. 49 Gerhard B. WINKLER (Hg.), Bernhard von Clairvaux sämtliche Werke. lateinisch/deutsch, Bd. 3 (Innsbruck 1991) 500-501. 50 DINZELBACHER, Bernhard von Clairvaux 460, Anmerkung 650. 51 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 103-104. 52 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 103-104.

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Zeit (1130-1145) zur Verbreitung des Ordens lässt er unerwähnt53. Als einzige ordensin-

terne Angelegenheit wird die Verlegung des Klosters Clairvaux beschrieben54. Die zwei

Hauptteile des Buches beschreiben Bernhards Bemühungen gegen die Schismatiker auf

seiner ersten Italienreise55, bzw. auf seiner Reise durch Aquitanien56. In beiden Fällen

werden seine Bemühungen gegen Schismatiker mit machterweisenden Teufelsaustrei-

bungen verknüpft.

Ernald stellt Bernhard als drastischen Kämpfer für die Sache der Kirche dar, der ihre

mächtigen Feinde souverän besiegt. Ein typisches Beispiel aus der Aquitanienreise ist

sein Sieg über den Grafen Gerhard, einen Anhänger Anaklets. Bernhard hat die Verhand-

lungen mit Gerhard abgebrochen, um die heilige Messe zu feiern. Ernald beschreibt, was

dann geschieht, wie folgt:

Die Wandlung war vorüber, der Friedenskuß gegeben und ans Volk weitergegeben. Da legte der Got-tesmann, der sich nicht mehr als bloßen Menschen zeigte, den Leib des Herrn auf die Patene und schritt damit feurigen Antlizes und flammenden Auges, nicht bittend, sondern drohend nach außen und fuhr den Grafen mit den schrecklichen Worten an: „Wir haben dich gebeten, du hast uns verachtet. Es hat dich bei einer anderen Zusammenkunft, die wir bereits früher mit dir hatten, eine vor dir versammelte, unter sich geeinte Zahl von Dienern angefleht, du hast sie mißrachtet. Siehe, nun kommt zu dir der Sohn der Jungfrau, der Haupt und Herr der Kirche ist, die du verfolgst. Hier ist dein Richter, dem deine Seele einmal in den Händen fallen wird. Wirst du wohl auch ihn verschmähen? Wirst du auch ihn wie seine Diener mit Verachtung strafen?“57

Voll Schrecken gibt der Graf auf.

Die Stelle ist typisch für Ernald, der vor Augen führen will, wie Bredero schreibt, „welch

hohes Ansehen Bernhard sich mit seinem Auftreten in Kirche und Gesellschaft während

der Jahre 1130-1145 zu erwerben wußte, und wie er sich in jener Periode zu der wohl

einflußreichsten Gestalt der damaligen Christenheit entwickelte.“58

Doch Ernald sieht Bernhards wahre Größe in seiner Demut: „Obgleich das allgemeine

Urteil ihn für den Höchsten hielt, [er war] im eigenen Urteil der Niedrigste.“ 59

Die Demut des einflussreichsten Mannes der Christenheit, die hier gelobt wird, zeigt

Ernald vielleicht am klarsten im Bericht über die Verlegung von Clairvaux, wo sich der

53 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 107. 54 Vita prima II, V; PL 185, 283-285; Übersetzung SINZ 127-131. 55 Vita prima II, II-IV; PL 185, 273-283; Übersetzung SINZ 108-127. 56 Vita prima II, VI; PL 185, 286-291; Übersetzung SINZ 131-141. 57 Vita prima II, VI, 38; PL 185, 290; Übersetzung SINZ 138. 58 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 107. 59 Vita prima II, IV, 25; PL 185, 282; Übersetzung SINZ 125.

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Abt der Meinung seiner Untergebenen beugt60. Dieser Bericht wird zwischen die Italien-

und Aquitanienreisen gestellt. Das ganze Buch ist also wie ein Triptychon aufgebaut mit

der Verlegung von Clairvaux im Zentrum.

2.4 Bücher III-V von Gottfried von Auxerre

Gottfried von Auxerre vollendete 1154-1155, also ein Jahr nach dem Tod Bernhards be-

ginnend, das Werk Wilhelms und Ernalds in drei Büchern61. Entweder ist Ernald 1154

gestorben62 oder, wie Bredero andeutet, wurde er nur um einen Buch gebeten63. Gottfried

selbst gibt folgenden Grund an, die Arbeit selbst auf sich zu nehmen: „Im allgemeinen

läßt sich unbesorgter und zuverlässiger erzählen, was man selber erlebt hat.“64 Er beruft

sich auf seinen dreizehnjährigen Dienst auf der Seite Bernhards. Wahrscheinlich dachte

er, die Autorität und Unabhängigkeit der Vita seien durch die ersten zwei Bücher genü-

gend gestützt.

Gottfried schreibt mit großer Emotionalität und Unmittelbarkeit; immer wieder gibt er

lange Lobreden und redet seinen verstorbenen Abt oft direkt an. Wie er selbst bemerkt,

verfolgt er die zeitliche Abfolge der Geschehnisse nicht streng, sondern ordnet sie (zu-

mindest in den Bücher III-IV) nach Themen65. Buch III versucht Bernhards Charakter,

äußere Erscheinung und natürliche und übernatürliche Tugenden zu beschreiben; Buch

IV erzählt von Wundern; Buch V beschäftigt sich vor allem mit „der Darstellung seines

seligen Endes“66. Es werden Beispiele aus Bernhards Leben herangezogen – sogar Ge-

schehnisse aus der von Wilhelm und Ernald behandelte Zeit, die Ernald und Wilhelm

ausgelassen hatten.

Gottfrieds Lobreden zeugen von seiner Dankbarkeit für die geistliche Vaterschaft, die er

in Bernhard gefunden hat; er will Bernhard als vollkommenen Mönch und Abt zeigen,

gleichzeitig will er aber auch die für eine Heiligsprechung besonders relevanten Taten

Bernhards für die ganze Kirche hervorheben.

60 Vita prima II, V, 29-30; PL 185, 284-285; Übersetzung SINZ 129-130. 61 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 240. 62 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, 13. 63 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 106. 64 Vita prima III, Praefatio; PL 185, 302; Übersetzung SINZ 159. 65 Vita prima III, Praefatio; PL 185, 302-303; Übersetzung SINZ 159-160. 66 Vita prima III, Praefatio; PL 185, 302; Übersetzung SINZ 159.

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12

In diesem Kontext beschreibt er in Buch III kontroverse Themen wie die Predigt des

Zweiten Kreuzzuges67, und die berühmten Auseinandersetzungen mit Abälard68 und

Gottfried von La Porrée69. Adriaan Bredero hat auf das Fehlen von verdeckter Abwehr

der Kritik an Bernhards öffentlichem Wirken in Gottfrieds Darstellungen hingewiesen,

und versucht dies mit der These zu erklären, dass Gottfrieds Bewunderung für seinen Abt

so groß gewesen sei, dass er Kritik am Bernhards Wirken nicht einmal wahrgenommen

habe70. Dieses Urteil ist übertrieben. Obwohl es stimmt, dass Gottfried, in Gegensatz zu

Wilhelm, die abälardsche Kritik an Bernhard völlig ignoriert, ist es sehr unwahrschein-

lich dass gerade der Abälardschüler Gottfried diese Kritik „nicht einmal wahrgennomen

hat“. Vielleicht war es eher seine – von Bredero sehr betonte – Absicht, die Vita für das

Heiligsprechungsverfahren Bernhards zu benutzen, die eine Verteidigung gegen die Kri-

tik des von Rom verurteilten Abälard überflüssig erscheinen ließ. Jedenfalls geht er sehr

wohl auf die Kritik an Bernhards öffentlichem Auftreten ein; namentlich im Bezug auf

die Kreuzzugspredigt.

„Es soll nicht verschwiegen werden,“ schreibt Gottfried, „dass der traurige Ausgang des

Zuges nach Jerusalem, den Bernhard gepredigt hatte, manche Leute schwer gegen ihn

verbitterte.“ Das Problem, mit dem Gottfried konfrontiert ist, ist natürlich nicht – wie für

moderne Hagiografen – eine Ablehnung von Kreuzzügen an sich, vielmehr ist es das

Nichteintreten des von Bernhard hervorgesagten Triumphs, was Bernhard als falschen

Propheten erscheinen lässt. Warum hat Gott Bernhards Predigten nicht mit einem erfolg-

reichen Kreuzzug belohnt?

Gottfried gibt eine sehr einfache Antwort darauf. Obwohl Gott den Kreuzzug nicht, wie

gehofft, zur Befreiung der Christen des Orients benutzt hat, hat er ihn dennoch benutzt,

um viele Christen des Westens von ihren Sünden zu befreien71. Ein Kreuzzug war ja eine

Bußübung, mit vollkommenem Ablass verbunden. Das Scheitern wird dann Anlass zu

einem noch größeren Beweis für die Heiligkeit Bernhards, denn er nimmt die „Flüche der

67 Vita prima III, IV; PL 185, 308-310; Übersetzung SINZ 169-171. 68 Vita prima III, V, 12-14; PL 185, 310-312; Übersetzung SINZ 171-174. 69 Vita prima III, V, 15; PL 185, 312; Übersetzung SINZ 174-175. 70 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 94. 71 Vita prima III, IV, 10; PL 185, 309; Übersetzung SINZ 170.

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Verleumder und die Giftpfeile der Lästerer“ auf sich, damit sie Gott nicht treffen72.

Gottfried benutzt seine Vita auch um Bernhards Erbe zu bestätigen und festigen. So wird

erzählt, wie Bernhard vorhersagte, dass Robert von Duinen sein Nachfolger als Abt von

Clairvaux werden soll73. Robert war nämlich in Clairvaux nicht unumstritten, und Bern-

hards Prophetie sollte seine Position stärken74.

Am meisten aber benutzt Gottfried seine Vita, um seinen geistlichen Vater zu loben. Hier

soll abschließend aus einer der Lobreden aus dem langen mit allen Mitteln der klassi-

schen Hagiografie geschmückten Transitusbericht zitiert werden. Gottfried schreibt:

Wo er zugegen war, frohlockten die Heiligen, schwiegen die Großsprecher und hielten Verstockte Ein-kehr in ihrem Inneren. Zusammenkünfte belebten sich, sobald er erschien; fehlte er, so schienen sie ver-unsichert und gerieten Gespräche ins Stocken ... Ihr wart Vorbild der Vollkommenheit, Inbild der Tu-gend, Spiegel der Heiligkeit. Ihr wart der Ruhm Israels, die Freude Jerusalems, das Glück Eures Jahr-hunderts, einzige Zierde Eurer Zeit, fruchtragender Ölbaum, üppiger Weinstock, blühende Palme, weit-verzweigte Zeder, hochragende Plantane ... Ihr wart eine allerstärkste Säule der heiligen Kirche, eine schallende Posaune Gottes, ein liebliches Spielzeug des Heiligen Geistes, das Fromme aufrichtet, Mü-ßige rege werden läßt und Lahme trägt. Eure Hand und Eure Zunge, beides heilkräftig, haben Krankhei-ten bekämpft; heilte jene körperliche Leiden, so nahm diese sich seelischer Krankheiten an. Die Unge-zwungenheit und Freundlichkeit seines Antlitzes, seiner Haltung, ja seiner gesamten Erscheinung nah-men alle für ihn ein. Fruchtschwer schließlich war sein Leben und kostbar sein Tod. Denn auch für Euch war Christus Leben, war sterben Gewinn ...75

Diese glühende Rede, mit ihrem Wechsel zwischen dritter und zweiter Person, wurde in

der Endfassung der Vita gekürzt. In der Sterbestunde Bernhards wollte Gottfried vor al-

lem ihn selbst reden lassen. So zitiert er die Epistola 110 ganz76. Gottfried kommentiert

dazu die Gelassenheit und Humor des Heiligen in seinen Todesqualen, wie folgt:

Aus dem Tone des Briefes könnte der aufmerksame Leser wenigstens in etwa sich einen Begriff davon machen, welche Seelenruhe, welch heiteres Gemüt und welch liebenswürdigen Geist bei allem körperli-chen Zerfall in seiner heiligen Brust wohnten.77

In Gottfrieds Beitrag zur Vita ist Bernhard einer, der schlechthin alle Vollkommenheit in

72 Vita prima III, IV, 10; PL 185, 309; Übersetzung SINZ 170-171; Bernhard, De Consideratione II, I,4; Ausgabe WINKLER, Bd. 1 (1990), 667. 73 Vita prima V, III, 17; PL 185, 361; Übersetzung SINZ 249. 74 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 92-93. 75 Vita prima V, II, 11; PL 185, 357-358; Übersetzung folgt BREDERO, Bernhard von Clairvaux 91 (Stelle fehlt bei SINZ). 76 Vita prima V, II, 10; PL 185, 356-357; Übersetzung SINZ 243-244. 77 Vita prima V, II, 11; PL 185, 357; Übersetzung SINZ 244.

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sich vereint; „omni-competent“ nach einem amerikanischen Mediävisten78.

2.5 Endredaktion und Buch VI der Vita prima

Die Vita prima ist in zwei Fassungen überliefert, die mit A-Text und B-Text bezeichnet

werden79. Der A-Text ist der ältere. Er wurde von einem Komitee von Äbten und Bischö-

fen des Zisterzienserordens 1154 oder 1155 bestätigt80. Die Komitee fügte auch einige

Wunderberichte ein – vor allem den sogenannten Liber sextus oder Liber miraculorum.

Der Liber sextus ist kein durchdachtes Werk, sondern eine Sammlung von Berichten.

Den Hauptteil bilden Wunderberichte aus Bernhards 1146-1147 zur Vorbereitung des

zweiten Kreuzzugs unternommenen Reise durch Deutschland. Bernhards Reisebegleiter81

schrieben jeden Abend die Wunder, die sie am betreffenden Tag gesehen hatten82, nieder.

Bei der großen Zahl von Wunder, die berichtet werden bekommt der Liber sextus den

Charackter einer Liste. Die Erzähler geben den Eindruck von Menschen, die fast nicht

glauben können was sie gesehen haben. Ich zitiere ein Beispiel:

Ein Kind, blind vom Geburt, die Augen mit weißer Haut bedeckt (wenn sie Augen genannt werden konnten, denn es gab weder Farbe noch Funktion [officium] noch irgend etwas außer eine Aushöhlung [cavitas83] in diesen Augen), empfing, als der Seliger seine Hände darauf legten die Sehkraft. [...] Wir konnten unseren Augen kaum glauben.84

Der Liber sextus ist ein Beispiel für Hagiografie als bloßes Festhalten von wunderbaren

Taten.

Die bestätigte Vita wurde beim Versuch einer Heiligsprechung Bernhards beim Konzil

von Tours (1163) zu erreichen, benutzt85. Nachdem entschieden wurde, dass das Konzil

78 MCGUIRE, The Difficult Saint 156. 79 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, 15-19. 80 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 87, 240. 81 Sie waren Namentlich: „Hermannus, Constantiensis episcopus, et Eberhardus capellanus ejus; abbates duos Baldowinus et Frowinus; monachi quoque duo, Gerardus [Gerhard, Bruder Bernhards], et Gaufridus [Gottfried von Auxerre]: clerici tres, Philippus Leodiensis archidiaconus, Otto, et Franco : quibus additus est in ipso itenere Alexander Coloniensis.” Vita prima VI, I,15; PL 185, 373-374, Übersetzung SINZ 258-259. 82 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 36. 83 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, 24, meint mann sollte „quantitas“ statt „cavitas“ lesen und übersetzt so: „Kaum unterschied mann in diesem Haufen kranken und abgezehrten Fleisches ein lebendiges Organ.“ 84 Vita prima VI, XII, 39; PL 185, 308. 85 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 50-52.

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sich mit Heiligsprechungen nicht beschäftigen könne, unternahm Gottfried von Auxerre

(inzwischen Abt von Clairvaux86) eine Revision der Vita, die sich hauptsächlich auf Kür-

zungen und kleine stilistische und faktenbezogene Korrekturen beschränkt87; der B-Text.

3 Die Chimäre der Jahrhunderte

3.1 Verbreitung der Legende im Mittelalter

Die Vita prima betonte Bernhards außerklösterliches Wirken. Diese Betonung wurde in

der kirchlichen Verehrung Bernhards übernommen88, und ist auch in der sogenannten

„Vita secunda“ von Alanus von Auxerre89 zu finden90. Die Vita secunda ist zwischen

1167 und 1170, also noch vor der Heiligsprechung geschrieben, sozusagen als Konkur-

renz für die vom damals noch nicht rehabilitierten Abt Gottfried von Auxerre herausge-

gebene Vita prima. Die Vita secunda ist ein Beispiel für Hagiografie, die keine Unvoll-

kommenheit bei ihrem Helden duldet. Sie ist im wesentlichen eine Kürzung der Vita pri-

ma; alle Stellen, die Bernhards Unvollkommenheiten zeigen oder die Kritik an dessen

Auftreten durch Abälard etc. erwähnen, sind gestrichen91. So werden Wilhelms Bericht

über Bernhards anfänglich zu große Strenge als Abt92 die Bezeichnung seines Arztes als

„Bestie“93, sowie die, von Gottfried überlieferten Worte über die Habgier der Römer94

weggelassen95.

Für die Mönche von Clairvaux genügten diese, Bernhards außerklösterlichen Bedeutung

betonenden, Darstellungen, anscheinend nicht, denn zwischen 1170 und 1180 wurden

einige Sammlungen von Anekdoten geschrieben, die Bernhards Bedeutung als Abt und

86 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 241. 87 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 52-57. 88 Die Ausserklösterliche Wirkung Bernhards wird z.B. in den vier apostolischen Schreiben in denen Papst Alexander III die Heiligsprechung Bernhards promulgierte (an die Bischöfe und Prälaten Frankreichs, an dem König von Frankreich, an alle Äbte des Zisterzienserordens und an den Abt von Clairvaux) hervorge-hoben. 89 Gestorben 1185, Mönch von Clairvaux, 1152-1167 Bischof von Auxerre. K. SPAHR, Alanus v. Auxerre, in: LThK2 1 (1957) 266. 90 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 59. 91 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 58. 92 Vita prima I, VI, 29; PL 185, 243-244; Übersetzung SINZ 62. 93 „Ego cui hactenus homines rationabiles obediebant, justo Dei judicio irrationali cuidam bestiae datus sum ad oboedientiam.“ Vita prima I, VII, 33; PL 185, 246; Übersetzung SINZ 67. 94 Vita prima III, VII, 24; PL 185, 347; Übersetzung SINZ 184. 95 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, 36.

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geistlicher Führer seiner Mönche betonen96. Der Bekanntester dieser Sammlungen ist das

„Exordium magnum“ von Konrad von Eberbach97. Geschrieben während Konrads Jahre

in Clairvaux, bildet das Exordium magnum eine Synthese dieser Schriften98. Das Exor-

dium ist ein Lob auf die Anfänge des Zisterzienserordens, in drei „Distinctiones“ geteilt.

Der zweite Distinctio enthält zwanzig Kapitel über dem hl. Bernhard. Siebzig prozent

davon geben Anekdoten über Bernhards Tätigkeit als Abt wieder99.

Bernhard wird hier als vollkommener Abt dargestellt, der immer weiß, was für seinen

Söhne das beste ist. Durch seinen übernatürlichen Gaben stärkt er den Glauben und der

Hoffnung seiner Söhne. So wird erzählt, wie er die Brüder, die wegen ihrer vielen Sün-

den um ihren Heil zweifeln, ermuntert, indem er erklärt, dass selbst Judas Vergebung er-

langen könnte wenn er, wie sie, als Zisterzienser ein Leben der Buße führen könnte100.

Ein anderes Mal gibt er sogar seinen eigenen Glauben, sozusagen direkt, weiter. Einer der

Mönche hatte nämlich seinen Glauben an der Gegenwart des Herrn im Altarsakrament

verloren. Darauf befielt ihm Bernhard wie folgt: „wenn du kein Glauben hast [..] gehe

und kommuniziere mit meinem Glauben.“101 Der Mönch gehorcht und kommt wieder

zurück zum Glauben. Bernhards übernatürliche Gaben werden im Exordium magnum

stark betont; oft wird von Visionen erzählt, die seine innerlichen Gnaden äußerlich dar-

stellen. Ein Beispiel ist die sogennante „Amplexus“. Konrad erzählt wie ein Mönch

Bernhard vor einem Kruzifix betend sieht. Der Gekreuzigte beugt sich vom Kreuz nieder

und umarmt Bernhard102. Bernhards mystische Erfahrung von der Vereinigung mit dem

gekreuzigten Bräutigam – „mit Küssen seines Mundes bedecke er mich“ (Hld 1,1) – wird

hier greifbar.

Die Veräußerlichung des Inneren, die im Amplexusgeschichte geschiet, zeigt sich auch in

späteren mittelalterlichen Legenden. Wenn das Exordium magnum für Mönche geschrie-

ben ist, so sind diese spätere Legenden vor allem für das gemeine Volk geschrieben. In

96 MCGUIRE, The Difficult Saint 157-176; BREDERO, Bernhard von Clairvaux 38. 97 † 1221, ab ca. 1169 Mönch in Clairvaux, 1221 Abt von Eberbach. Fritz WAGNER, Geleitwort, in: Exor-dium Magnum oder Bericht vom Anfang des Zisterzienserordens, Überstzung Heinz PIESAK (Quellen und Studien zur Zisterzienserliteratur 3, Langwaden 2000) ix-xi, hier: ix. 98 MCGUIRE, The Difficult Saint 164. 99 MCGUIRE, The Difficult Saint 164-165. 100 Exordium Magnum II, 5; Übersetzung PIESAK 151-153. 101 Exordium Magnum II, 6; Übersetzung PIESAK 155. 102 Exordium Magnum II, 7; Übersetzung PIESAK 155-156.

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diesen Legenden stehen allgemeine religiöse Lehren im Mittelpunkt. Dies gilt vor allem

für die sogenannten „Exempla“ – Sammlungen von Anekdoten zum Gebrauch von Predi-

gern103. Die mittelalterlichen Exempla enthalten mehr Geschichten vom hl. Bernhard als

von irgendeinem anderen Heiligen104. Bernhards Kult hat sich bald durch ganz Europa

ausgebreitet und sein Legendarium wuchs ständig.

Ein Beispiel, das zugleich die Verbreitung des Kultes und dessen Erweiterung durch neue

Geschichten, die die Veräußerlichung des Inneren weiter führten, ist die sogenannte

„Lactatio“. Diese Legende ist schon vorgeprägt in Exempla aus dem zwölften Jahrhun-

dert in ähnlicher Geschichten, die jedoch nicht auf Bernhard bezogen sind105. Die älteste

bekannte literarische Darstellung dieser Geschichte, die sich auf den hl. Bernhard bezieht,

kommt aus der Mariu Saga, einer Skandinawischen Saga des dreizehnten oder frühen

vierzehnten Jahrhunderts106. Im Hauptteil der Mariu Saga, das sogenannte Mariu

Jartegnir oder Wunder Mariens, findet sich ein langer Abschnitt über „Abt Bernhard“107.

Dieser Abschnitt ist hauptsächlich von der Vita prima und spätere Exempla abgeschrie-

ben, fast die einzige Ausnahme ist das Lactatio108.

Nach der Mariu Saga gaschah die Lactatio wie folgt109. Bernhard war einmal auf Reise

mit zwei Mitbrüder. Sie gingen bei großer Sonnenhitze durch ein Wald und litten sehr

unter Durst. Sie hatten nur ein kleines Faß von Wein mit, keiner wollte aber davon trin-

ken, um es den anderen nicht weg zunehmen. Endlich befielt Bernhard den anderen da-

von zu trinken. Er selbst geht zur Seite und betet, die Jungfrau Maria erscheint und gibt

ihm zu Trinken von ihrer Brust.

Die Milch Mariens ist ein Sybol für die von ihr vermittelter Gnadengaben und tasächlich

wird in der Folge erzählt, wie Bernhard gnadenvoll predigen kann110. Doch die Tatsache,

dass die Lactatio auf Grund von physischem Durst erfolgt, zeigt die Intention das gemei-

ne Volk zu belehren. Der nordische Dichter will sein Volk Maria als die fürsorgliche

103 E. RAUNER, Exempel/Exemplum, in: LMA 4, 161-163. 104 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 139. 105 MCGUIRE, The Difficult Saint 191-196. 106 MCGUIRE, The Difficult Saint 204-225. 107 Zussamenfassung: MCGUIRE, The Difficult Saint 207-210. 108 MCGUIRE, The Difficult Saint 212. 109 Eine Übersetzung des ganzen Lactatio-Erzählungs: MCGUIRE, The Difficult Saint 224-225. 110 MCGUIRE, The Difficult Saint 209.

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Mutter zeigen, die immer bereit ist, ihren geliebten Kindern aus ihren Nöten zu helfen.

Diese Art von Hagiografie wurde oft kritisiert. Der große Bernhard-Forscher Elphége

Vacandard, sah schon in der Vita secunda, und noch viel mehr in den spätere Legenden,

eine Entstellung des Bildes des Abtes von Clairvaux; der Heilige verliert seine Mensch-

lichkeit und wird eine blasse, mythische Symbolfigur111. Im Grunde sieht er in solchen

Heiligenbilder die selbe Gefahr, die Friedrich Nietzsche in der „monumentalischen Ge-

schichte“112 gesehen hat; das Große wird als entmutigend statt als ermutigend gesehen;

statt als nachambare Beispiele werden die Großen der Vergagenheit zu un-

nachahmbarem Vorrwurf gegenüber einer schwachen Gegenwart; nach dem Motto „lasst

die Toten die Lebendigen begraben“113.

Doch hat man vielleicht die Intention solcher Legenden zuwenig berücksichtigt. Für die

Autoren der Exempla und der Dichter der Mariu Saga ist der konkrete Mann Bernhard

garnicht das entscheidende. Man hat Bernhard benutzt, um geistliche Lehren auf bildhaft-

katechetische Weise zu vermitteln. Die Wiederholbarkeit des monastischen Vollkom-

menheitsideals, die Wilhelm von St. Thierry aufgezeigt hat, war gar nicht so interessant

für das gemeine Volk, welches solche Vollkommenheit gar nicht anstrebte. Neuere For-

scher haben versucht aufzuzeigen, wie die späteren Legenden ihren eigenen Ziele ver-

folgt haben114.

Jedenfalls wird das Monumentalische in jenem Werk, welches den Höhepunkt der hoch-

mittelalterlichen Hagiografie bildet, die berühmte Legenda aurea des Dominikaners Jacob

von Voragine115, nicht so sehr in den Mittelpunkt gestellt. In seinem ausführlichen Ab-

schnitt über Bernhard116 Jacob greift vor allem auf die Vita prima zurück, um eine

menschliches Bild des Heiligen zu entwerfen. Er wählt seine Materialien um einen Bild

eines humorvollen, mit Selbst- und Menschenkenntniss ausgestatteten Heiligen, zu

111 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, 33-49. 112 Friedrich NIETSCHE, Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben, hg. von Karl SCHLECHTA (Stuttgart 1970) [orig. Leipzig, 1864] 18-27. 113 NIETSCHE, Vom Nutzen und Nachteil der Historie 26. 114 MCGUIRE, The Difficult Saint 189-190. 115 1228-1298. Prediger und historiker in Genua. Benedikt K. VOLLMANN, Jacobus a Voragine, in: LThK3 5 (1996) 733. 116 Jacobi a Voragine, Legenda Aurea, hg. von Th. GRAESSE (Liepzig 21862) 527-538.

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zeichnen, das sowohl für das gemeine Volk als auch für Kleriker erbaulich sein soll117.

Dieses Bernhardsbild wird meisterhaft ausgedrükt in einer, für die Legenda aurea typi-

schen, Pseudoetymologie. Nach Jacob kommt der Name „Bernardus“ von „ber“, Quelle,

und „nardus“ eine demütige, scharfe (calidae) und wohlriechende Pflanze. Der hl. Bern-

hard war folglich eine Quelle tiefer Weisheit, mit Liebe brennend (callidus in fervente

amore), demütig im Gespräch und von wohlriechendem Ruf118.

Obwohl die Legenda aurea der Höhepunkt der mittelalterlichen Hagiografie ist, ist sie

trotzdem nicht die wichtigste literarische Darstellung von Heiligen im Mittelalter. Diese

Ehre gehört dem dritten Teil von Dantes Commedia, der Paradiso. Einer Untersuchung

der durchaus wichtigen Rolle Bernhards im Paradiso119 würde den Rahmen dieser Unter-

suchung sprengen.

3.2 nicht-katholische „Hagiografie“

Die Reformation, die das Mittelalter beendet hat, hat die alte Heiligenverehrung als göt-

zendienerisch verworfen. Die „Hagiografie“ der Reformer musste deshalb notwendiger-

weise anders sein als die Mittelalterliche. Dies zeigt sich besonders klar in die reformato-

rischer Sicht von Bernhard.

Martin Luther hatte großen Respekt vor Bernhard, dessen Christozentrik, Passionsfröm-

migkeit und starke Betonung des paulinisch-augustinischen Glaubens- und Gnadentheo-

logie in Luthers Schriften immer wieder erwähnt wird120. Trotz dieser positiven Bewer-

tung, hat Luther – besonders in seiner Spätzeit – auch Aspekte von Bernhards Leben und

Lehren scharf kritisiert121. Luther konnte viel von der tiefen Frömigkeit in Bernhards

Predigten abgewinnen aber von deren theologischer Untermauerung nur wenig:

„Bernhardus ist vber all doctores in ecclesia, quando predicat, sed in disputationibus

wurds gar ein ander man.“122. Von seiner Kritik am Mönchtum als Selbsterlösungsver-

117 Brian Patrick MCGUIRE, A Saint’s Afterlife. Bernard in the Golden Legend and in Other Medieval Col-lections, in: ELM (Hg.), Bernhard von Clairvaux 179-211. 118 Legenda aurea, 527-528. 119 Étienne GILSON, Die Mystik des heiligen Bernhard von Clairvaux (Wittlich 1936) 9-17. 120 Bernhard LOHSE, Luther und Bernhard von Clairvaux, in ELM (Hg.), Bernhard von Clairvaux 271-301, hier besonders 286-292. 121 WA 8, 617, zitiert nach: LOHSE, Luther und Bernhard 297-300. 122 „Bernhardus ist vber all doctores in ecclesia, quando predicat, sed in diputationibus wurds gar ein ander

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such wollte Luther Bernhard ausnehmen; er sei „sub voto sine voto,“ wie Paulus „sub

lege sine lege“123.

„Verehrung und Kritik“, so heißt bei einem Luther-Forscher, „sind hier geradezu exemp-

larisch, sofern sich hier die reformatorische Auffassung über die Heiligen zeigt, an denen

eben nicht ihr Wandel, sondern ihr Glaube zur Nachahmung aufordere.“124 Hier zeigt sich

der wesentliche Unterschied zwischen katholischer und lutherischer Hagiografie; nicht

die großen Dinge, die Gott in den Heiligen gewirkt hat – ihr heldenhaftes Leben und

Wunder – sind wichtig, denn das sind ja alles „Werke“, sondern allein ihrer Vertrauen auf

das bittere Leiden Christi, in voller Bewußstsein ihrer eigene Nichtigkeit und des Unver-

mögens das Heil durch eigenes Verdienst zu erlangen.

Eine andere Eigenschaft Bernhards, welche Luther als vorbildhaft gesehen hatte, war sei-

ne scharfe Kritik an kirchliche Würdenträger selbst an Päpsten125. Diese Kritik wurde

auch von anderen Reformer, wie etwa Calvin126, als Vorbild gesehen. Allerdings haben

katholische Apologeten wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass Bernhard, trotz al-

ler Kritik, eine sehr erhabene Vorstellung von der Autorität des Papstes hatte127. Nach-

dem Bossuet Bernhard zum Beschützer der Krone König Ludwigs XIV und Fürsprecher

für den Krieg gegen die Hugenotten gemacht hatte, nahm diese Art von Protestantische

„Hagiografie“ schnell ab128. In der Katholischen Kirche lebte diese Argumentationsweise

im 19. Jahrhundert wieder auf; im Streit zwischen Ultramontanismus und Staatskirchen-

tum beriefen sich beide Seiten auf Bernhard129.

Die überwiegend positive Bewertung Bernhards bei den Reformern hat sich ins negative

gewendet in der Aufklärung130. Bernhard diente als Beispiel für alles, was die Aufklärung

man.“ WA TR 1 584, zitiert nach: LOHSE, Luther und Bernhard 285, Anmerkung 39. 123 LOHSE, Luther und Bernhard 296, Anmerkung 79. 124 LOHSE, Luther und Bernhard 297. 125 LOHSE, Luther und Bernhard 296; BREDERO, Bernhard von Clairvaux 150-151. 126 Anthony LANE, Calvin’s use of Bernard of Clairvaux, in: ELM, Bernhard von Clairvaux 303-332, hier besonders 310. 127 LOHSE, Luther und Bernhard 292-293; BREDERO, Bernhard von Clairvaux 151-152 128 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 152-153. 129 Henry Edward [MANNING] Archbishop of Westminster, The Œcumenical Council and the Infallibility of the Roman Pontiff: a Pastoral Letter to the Clergy etc. (London 21869) 78; J. ELLENDORF, der heilige Bern-hard von Clairvaux und die Hierarchie seiner Zeit (Essen 1887). 130 KÖPF, Die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte 6.

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überwinden wollte. Schon 1679 tadelte Pierre Bayle131 Bernhard wegen Leichtgläubig-

keit, Intoleranz – besonders gegen Abälard – und wegen des zweiten Kreuzzugs132. Die-

ses Sicht des Abtes von Clairvaux gipfelte 1802, als Schiller folgende Worte in einem

Brief an Goethe schrieb:

Ich habe mich dieser Tage mit dem heiligen Bernhard beschäftigt [..] es möchte schwer sein, in der Ge-schichte einen zweiten so weltklugen geistlichen Schuft aufzutreiben, der zugleich in einem so treffli-chen Elemente sich befände, um eine würdige Rolle zu spielen. Er war das Orakel seiner Zeit und be-herrschte sie, ob er gleich und eben darum weil er bloß ein Privatmann bleib, und andere auf dem ersten Posten stehen ließ. Päbste waren seine Schüler und Könige seine Creaturen. Er haßte und unterdrückte nach Vermögen alles Strebende, und beförderte die dickste Mönchsdummheit, auch war er selbst nur ein Mönchskopf und besaß nichts als Klugheit und Heuchelei[.]133

Schiller kannte Bernhard nicht aus dessen eigener Schriften sondern aus eine Papstge-

schichte eines englischen Protestanten134.

Es waren aber just englische, protestantische Polemiker, die im 19. Jahrhundert eine et-

was anderes Bernhardsbild entwickelten – und zwar gestützt durch die Lektüre von Bern-

hards eigenen Schriften. Bei diesen Autoren wird Bernhard dargestellt als ein eigentlich

guter Mann; dass ein so guter Mann trotzdem so viele böse Dinge getan hat, beweist aber

erst recht die Perversität der „römischen Religion“. So mischt Isaac Taylor135, in seinem

Buch Fanaticism, viele lobende Worte über Bernhard, mit Spott und Verwunderung über

Bernhards Askese136 – und besonders über die Kreuzzugspredigten137. Wer hätte eher den

barbarischen Wahnsinn der Kreuzzüge durchschaut als Bernhard – „learned and

laborious; self denying, calm and disinterested, copious and accomplished“138. Aber statt

Wahrheit und Sitte zu gehorchen, ist Bernhard, „with the Gospel on his lips“, zum

131 1647-1706 skeptischer französischer Philosoph mit großem Einfluss auf die Aufklärung. Thomas M. LENNON, Michael HICKSON, Pierre Bayle, in: Edward N. ZALTA (Hg.), The Stanford Encyclopedia of Phi-losophy http://plato.stanford.edu/archives/fall2008/entries/bayle/ (24.02.2009 16:53). 132 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 152-154. 133 Schiller an Goethe, Weimar, 17. März 1802, Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe 847, http://www.wissen-im-netz.info/literatur/goethe/briefe/schiller/800/847.htm (24.02.2009 17:11); BREDERO, Bernhard von Clairvaux 154-155; KÖPF, Die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte 6-7. 134 KÖPF, Die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte 7, Anmerkung 5. 135 1787-1865. “Low-church” anglikanischer Philosoph, Historiker, Künstler und Erfinder. John W. COU-

SIN, Taylor, Isaac, in: A Short Biographical Dictionary of English Literature (London-New York 1910) http://www.gutenberg.org/files/13240/13240-h/13240-h.htm (25.02.2009 11:33); Isaac TAYLOR, The Fami-ly Pen (London 1867). 136 Isaac TAYLOR, Fanaticism (New York-Boston 1834) 67-68. 137 TAYLOR, Fanaticism 178-187. 138 TAYLOR, Fanaticism 178-179.

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22

„author of incalculable miseries and bloodshed“ geworden139. Wie kann das sein? Taylor

hat die Antwort parat: „is there then nothing which could stagger the faith of the Roman-

ist“140. Das heißt, es ist die verhängnissvolle Einfluß einer Kirche, die die reine Religion

Christi mit heidnischen Aberglauben und Barbarei verdorben hat141, die selbst einen so

großen Mann wie Bernhard zum Fall bringt.

Diese Sicht fand ihren rhetorisch brillantesten Ausdruck bei dem Dichter, Wissenschaft-

ler und Hausgeistlichen Königin Victorias, Charles Kingsley142. In einer seiner Vorlesun-

gen als königlicher Professor für moderne Geschichte an der Universität Cambridge, er-

wähnt er Bernhard als Beispiel, woran man erkennen kann, worin die „Ursünde“ des Mo-

nastischen Lebens besteht143. Erwartungsgemäß findet Kingsley diese Ursünde im zöliba-

tärem Leben. Das Zölibat war nähmlich Kingsleys Hauptfeindbild für fast sein ganzes

Leben144. Sein Ideal von „muscular Christianity“, welches das „gesunde Männliche“ ver-

herrlichte und dem Eheleben eine fundamentale Wichtigkeit gab, hat er bewußt als Ge-

gensatz dazu entwikelt. Seine Verachtung für die Oxford-Bewegung und John Henry

Newman ist nur daraus verständlich. Es leuchtet klar durch in jenem berüchtigten Angriff

auf Newman, die zu dessen Apologia Pro Vita Sua fürte145.

Im Jahr seiner Auseinandersetzung mit Newman, erschien auch Kingsleys Cambridge

Vorlesungen. Seine Behandlung von Bernhard darin ist etwas subtiler als seiner Bezeich-

nung von Newman als „Luzifer“146, sie dient aber einen ähnlichen Zweck. Die Mönche,

so Kingsley, hätten nichts von männlicher Ruhe und Stärke; ihre Schriften seien weibisch

und hysterisch. „Read the writings of one of the best of monks, and of men, the great St.

139 TAYLOR, Fanaticism 179. 140 TAYLOR, Fanaticism 186. 141 TAYLOR, The Family Pen 70-71. 142 1819-1875. Susan CHITTY, The Beast and the Monk. A Life of Charles Kingsley (New York 1975). 143 Charles KINGSLEY, The Roman and the Teuton. A Series of Lectures Delivered before the University of Cambridge (Cambridge-London 1864) 267. 144 CHITTY, The Beast and the Monk 58-59, 236-237. 145 CHITTY, The Beast and the Monk 227-237. Vordergrundlich war es ein Angriff auf die Unehrlichkeit der katholischen Klerus, aber was im Hintergrund steht ist klar. Er schrieb wie folgt: „Truth, for its own sake, has never been a virtue with the Roman clergy. Father Newman informs us that it need not, and on the whole ought not to be; that cunning is the weapon which heaven has given to the saints wherewith to with-stand the brute male force of the wicked world which marries and is given in marriage.” Charles KINGSLEY, Review of Froude’s History of England, in: Newman’s Apologia Pro Vita Sua. The Two Ver-sions of 1864 and 1865. Preceded by Newman’s and Kingsley’s Pamphlets, hg. von Wilfrid WARD (Oxford 1913) 5-6, hier 6 [Hervorhebungen von mir]. 146 Charles KINGSLEY, What, Then, Does Dr. Newman Mean?, in: Newman’s Apologia 25-62, hier 43.

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23

Bernard,“ schreibt Kingsley, „and you will be painfully struck by this hysterical ele-

ment“147. Bernhard ist also der beste aller Menschen und es ist deshalb besonders pein-

lich, dass er manchmal hysterisch wird. Und diese Hysterie stammt einzig und allein da-

von, dass er versucht hat, das Zölibat zu verwirklichen, die „schlimmste Falschheit“ der

römischen Religion148.

3.3 E. Vacandard und die klassische Bernhardsforschung

Als der katholische Historiker Elphège Vacandard149 nach mehr als zwanzig Jahren For-

schung, in vielen einzelnen Aufsätzen dokumentiert150, 1895 endlich sein „Leben des hei-

ligen Bernhard von Clairvaux“ herausgab, wurde das Werk mit Begeisterung aufgenom-

men. Die französische und ausländische Presse lobte diese wissenschaftliche Leistung151.

Von der Académie Française wurde sie mit einem Preis gekrönt152. „Das Leben des heili-

gen Bernhard“, schreibt Vacandard in seiner Vorrede, „ist kein apologetisches Werk und

noch weniger eine Lobrede auf diesen Heiligen; es ist einfach ein Geschichtsversuch.“153

Unter einigen Katholiken stoßen diese Worte auf Kritik154, doch konnte Vacandard eine

spätere Ausgabe seines Werkes mit einem lobenden Brief Papst Leo XIII. schmücken155.

Schon 1893, in dem Brief „Saepenumero Considerantes“, hat derselbe Papst ein Wort

Cicero’s auf die Geschichtsschreibung angewandt, welches Vacandard als Devise für sei-

ne Methode benutzte156. 1907, in einer Geschichte der Inquisition, hat Vacandard dassel-

be Cicero-Wort benutzt um die Entgegensetzung von Apologie und Geschichte aufzuhe-

ben: „Apologetik und Geschichte sind zwei Schwestern mit einer Divise: ne quid falsi

audeat ne quid veri non audeat historia (Cicero, De Oratore, ii, 15)“157.

147 KINGSLEY, The Roman and the Teuton 267. 148 KINGSLEY, The Roman and the Teuton 266. 149 Florent Zéphyr Elphège Vacandard 1849-1927, Priester und Kirchenhistoriker. Benita STORCH, „Vacandard“, in: BBKL XII (1997) 999-1001. 150 Mathias SIERP, „Vorwort des Übersetzers“, in: VACANDARD, Leben des Heiligen Bernhard 1, VII-XIII, hier: VII. 151 SIERP, Vorwort VIII-XIII. 152 STORCH, Vacandard 1000. 153 VACANDARD, Leben des Heiligen Bernhard 1, iii. 154 STORCH, Vacandard 1000. 155 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 158-159. 156 VACANDARD, Leben des Heiligen Bernhard 1,VI. 157 E. VACANDARD, The Inquisition. A Critical and Historical Study of the Coercive Power of the

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24

Im 19. mehr als in allen anderen Jahrhunderten, wollte die Geschichtsschreibung als eine

„objektive“ Wissenschaft, nach dem Vorbild der neuzeitlichen Naturwissenschaften, auf-

treten. Vacandard war überzeugt, dass dies auch in der Kirchengeschichte möglich und

wünschenswert sei. Eine genaue und „unparteiische“ Überprüfung der Urkunden sollte

die Tatsachen aufklären, ohne Kriterien einzubeziehen, „die der historischen Wissen-

schaft fremd sind“158.

Dabei stand Vacandard auf dem Gipfel einer langen Entwicklung. Parallel zur anti-

kirchlichen Aufklärung haben katholische Hagiografen versucht, neuzeitliche wissen-

schaftliche Methoden anzuwenden, um das Bild des hl. Bernhard zu erneuern. Unter an-

deren haben der Mauriner Jean Mabillon159, in den biografischen Anmerkungen zu seiner

Bernhardsausgabe, und der Bollandist Johannes Pinius160 in seinem Kommentar zur Acta

Sancti Bernardi, im diesen Sinne Arbeit geleistet.

In seinem „Praefatio Generalis“ versuchte Mabillon eine Art Lebensbeschreibung, die im

Grunde aber ein Argument für die Autorität der bernhardinischen Schriften in der Kirche

ist161. In Anmerkungen zu den einzelnen Werken Bernhards – besonders zu den Briefen –

konnte er viele biografische Details – besonders chronologischer Art – herausstellen. Im

letzten Band seiner Ausgabe hat er die verschiedenen mittelalterlichen Hagiografien

Bernhards herausgegeben. Johannes Pinius hat diese Ausgabe der Bernhard Viten für die

Acta Sanctorum übernommen162. Im Kommentar zu diesen Acta stellte Pinius ein Art Bi-

ografie zusammen, „ohne freilich die kritische Leistung anderer barocker Hagiografen zu

erreichen“163.

Unter dem Einfluss der Romantik und dessen Liebe zur Mittelalter kam im 19. Jahrhun-

Church. Übersetzung B. CONWAY (New York 1908) X. 158 VACANDARD, Leben des Heiligen Bernhard 1, 25. Er zitiert hier: P. de SMEDT, Pricipes de la critique historique, Liége 1883, 46. 159 1632-1707 Benediktiner und Historiker. Georgios FATOUROS, „Mabillon“, in: BBKL V (1993) 511-514. Die Berhardsausgabe von Mabillon ist in PL 182-185 wiedergegeben. 160 Auch Jean Pien genannt, belgischer Jesuit 1678-1749. Paul GUERIN (Hg.), Les Petites Bollandistes Bd. 17 (Paris 71878) 94. Das Kommentar zur Acta Sancti Bernardi ist in PL 185, 643-943 wiedergegeben. 161 Bernhard wird hier als „ultimus inter patres sed primis certe non impar“ (Jean MABILLON, S. Bernardi Abbatis Primi Claraevallensis. Opera Omnia, Praefatio Generalis, in: PL 182, 14-58, hier: 25-26) darge-stellt; und zum Schluss heißt es: „Sed quid moramur in vindicando Bernardo? Cujus tanta auctoritas id jamdudum obtinuit apud omnes.“ (PL 185, 55-56.) 162 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 146. 163 DINZELBACHER, Bernhard von Clairvaux 366.

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25

dert ein neues Interesse an Bernhard auch unter weltlichen Historiker, besonders in

Frankreich, auf164. Katholische Historiker wurden dadurch ermutigt und es kam zur Ver-

öffentlichung von mehreren Berhard-Biografien165. Die wichtigste darunter war zweifel-

los die von Vacandard; Bredero schreibt darüber, „[sie] bildet einen derartigen Höhe-

punkt der katholischen Geschichtsschreibung über Bernhard [...], dass wir hundert Jahre

später immer noch in erheblichen Maße darauf angewiesen sind.“166

Vacandards Biografie versucht möglichst alles, was von Bernhards Leben überliefert ist,

zu überprüfen, chronologisch einzuordnen, und im historischen Kontext zu stellen. Wenn

er, z.B. Worte Bernhards über die weltlichen Ritter seiner Zeit behandelt, gibt als Kontext

erstaunlich detaillierte Erklärungen zur Entsehung, Zweck, Sitten, Bekleidung usw. der

französischen Ritter167. Aber sein Werk beschränkt sich nicht darauf, Fakten aufzulisten

und in ihren historischen Kontext zu stellen – er versucht viel mehr ein Bild des hl. Bern-

hard als Person zu geben.

In unseren Ohren mag der Vorsatz Urteile zu verabscheuen, „welche auf Annahmen be-

ruhen, die der historischen Wissenschaft fremd sind“168 etwas reduktionistisch klingen –

als ob man das Übernatürliche ausklammern müsste. Aber Vacandard meinte eigentlich

das Gegenteil. Obiges Zitat kommt aus einer Stelle, wo Vacandard die Glaubwürdigkeit

der Wunderberichte des Liber Sextus der Vita Prima gegen jene Kritiker verteidigt, wel-

che er „hyperkritisch“169 nennt. Die Auffassung dieser Kritiker, dass man alles Überna-

türliche leugnen müsse, so Vacandard, beruht auf philosophischen Vorurteilen170. „Von

den Zeugen, deren Aussage ihr vorliegt“, schreibt er weiter, „fordert [die wahre histori-

sche Kritik] nur die Aufrichtigkeit des auf richtiger Beobachtung gestützten Zeugnis-

ses.“171 Die Verfasser des Liber miraculorum, seien vertrauenswürdige Augenzeugen

gewesen, sie behaupten übernatüliche Dinge gesehen zu haben, deswegen muss der His-

toriker annehmen, dass solche Dinge geschehen sind. Dieses Argument ist typisch für

164 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 155-156. 165 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 156. 166 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 158. 167 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, 304-319. 168 VACANDARD, Leben des Heiligen Bernhard 1, 25. 169 VACANDARD, Leben des Heiligen Bernhard 1, 24. 170 VACANDARD, Leben des Heiligen Bernhard 1, 25. 171 VACANDARD, Leben des Heiligen Bernhard 1, 25.

Page 27: Hagiografie, Bernhardologie und Theologie (2010)

26

Vacandards Projekt: die Waffen rationalistischer Kritik für neue Zwecke zu benutzen.

Für Vacandard gibt es keinen Gegensatz zwischen Hagiografie und Geschichte; für ihn

war Bernhards Heiligkeit, wie Bredero bemerkt, eine „historische Gegebenheit“172. Die

wahre Hagiografie muss für Vacandard wahre Geschichte sein. Deshalb zeigte er kein

Verständnis für die Legenden der späteren Bernhard-Viten173. In der Vita prima hingegen

sah er eine Vita, wie es sein sollte. In seiner Einleitung gibt er ein Versuch, die Vertrau-

enswürdigkeit der Vita prima Verfasser festzustellen174. Die letzte Redaktion der Vita

prima durch Gottfried von Auxerre175 deutet er sogar als Versuch, schlecht-bezeugte Ge-

gebenheiten zu löschen176.

Wie die Autoren der Vita prima, will auch Vacandard Bernhard als Heilige darstellen.

Wie sie, macht auch er ganz bewusst Gebrauch von hagiografischen Topoi, um dies zu

tun. Den Aufenthalt von Bernhard und seinen Gefährten in Châtillon z.B. vergleicht er

ausdrücklich mit dem von Augustinus in Cassiacum177.

Obwohl Vacandard die Zeugnisse der Vita prima Autoren meistens akzeptiert, akzeptiert

er nicht immer deren Interpretation von Bernhards Taten. Ein bezeichnendes Beispiel bie-

tet seine Behandlung des von Wilhelm von St. Thierry überlieferten asketischen Kampf

Bernhards in Cîteaux. Im Gegensatz zu Wilhelm, tadelt Vacandard Bernhard dafür, dass

er es so weit getrieben hat, dass er sein Gesundheit geschädigt hat178. Wilhelm wollte

Bernhard als Beweis und Argument für der konkrete Vollkommenheitsideal der Zisterzi-

enser darstellen; Vacandard hat diese Absicht nicht. Wilhelm sieht die Zerstörung der

Gesundheit als einen billigen Preis für den rasch erlangte Sieg über sinnliche Begierden;

für Vacandard ist sie ein Beispiel für Bernhards allzu heftige Temperament.

Im „aufbrausenden Temperament“ sieht Vacandard die Hauptschwäche Bernhards. In der

Vorrede bezieht er sich darauf und gibt als seine Absicht, die von ihr verursachten „hefti-

ge Sprache“ und „gewalttätiges Auftreten“ ohne Beschönigung – aber auch ohne nutz-

172 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 159. 173 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, 33-49; oben: 22. 174 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, 9-33, besonders 13-14. 175 Oben: 17-18. 176 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, 19. 177 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, 86. 178 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, 101.

Page 28: Hagiografie, Bernhardologie und Theologie (2010)

27

und ehrfurchtloses Tadeln – zu berichten179. Solche Schwächen sieht Vacandard im Po-

lemik Bernhards gegen Cluny180 und gegen Abälard181. In beiden Fällen sieht er Bern-

hards Anliegen als im Grunde berechtigt, seine Taten bzw. Worte als übertrieben. Am

Schluss seines Buches kann Vacandard aber schreiben:

In seinem Werken [...] erfaßt man alle Schattierungen seines zugleich sanften und starken Charakters, in dem jedoch trotz der Ausbrüche seines ungestümen Wesens die Sanftmut und Milde herrscht.182

Vacandards Werk ist im Kontext des katholische Restauration im Frankreich des 19.

Jahrhunderts, einer Bewegung, die versucht hat, die Größe des Mittelalters als Gegenmo-

dell zur anti-klerikalen Neuzeit darzustellen, geschrieben183. Vacandard war aber gegen

eine Idealisierung des Mittelalters184. Er lobt die Frömmigkeit des Mittelalters185, tadelt

aber ihre Laster186. Manchmal grenzen seine Beschreibungen der Zeit fast an den herab-

lassenden Stil „objektiver“ Historiker aus dem aufgeklärten Lager. Im Bezug auf Bern-

hards Mahnungen an die Reichen schreibt er z.B.:

Das war bezüglich der höheren Klassen seine ganze Volkwirtschaftslehre, eine Lehre, die wohl etwas einfach und sicherlich unvollständig war, aber seine Zeit gestattete wohl kaum eine andere.187

Andererseits lobt er die Mittelalterlichen Kreuzzüge in geradezu provokantem Ton. „Die

Geschichte ist ihnen dankbar“, schreibt er über die Anführer des zweiten Kreuzzugs,

„dass sie ihren Degen in den Dienst einer Sache gestellt haben, welche die Gottes und der

Zivilisation war.“188

Für Vacandard bestand aber die wahre Größe des Mittelalters im Wirken seiner Reforma-

toren, „zu denen der Abt von Clairvaux als einer der bedeutendsten gehörte“189. Der Abt

von Clairvaux ist für Vacandard aber einer, dessen Größe jede Zeit transzendiert. Das

179 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, V. 180 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1,184. 181 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 2, 147. 182 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 2, 587. 183 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 156. 184 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, V. 185 „In jener Zeit, wo der Glaube auf dem Land so lebendig war“: VACANDARD, Leben des heiligen Bern-hard 1, 293. 186 Z.B. VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, 307. 187 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, 291. 188 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 2, 474. 189 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 1, V.

Page 29: Hagiografie, Bernhardologie und Theologie (2010)

28

eigentliche Monument dieser Größe sieht Vacandard in Zeitlosigkeit der Werke Bern-

hards, welche „in die Tiefe der Seele dringen“.190

3.4 „Berhardologie“

Das 20. Jahrhundert brachte eine Intensivierung in der Auseinandersetzung mit den Wer-

ken Bernhards. Jean Leclercq191 führt dies auf ein Buch des Philosophen Étienne Gilson

zurück. In seinem Buch, „die Mystik des heiligen Bernhard von Clairvaux“, habe Gilson

dazu beigetragen, dass Bernhard als Theologe, der Ideen vermittelte, ernst genommen

wurde, statt, wie früher, nur als Erbauungsschriftsteller, der Gefühle anzusprechen ver-

mochte192. Gilsons Buch hat eine Flut von Studien zu Bernhard ausgelöst, welche Lec-

lercq mit dem Namen „Bernhardologie“ beschreibt193. Keinen Namen ist mit

Bernhardologie mehr verbunden als die von Leclercq selbst. In den Jahren 1957-1977

besorgt er eine neue kritische Ausgabe von Bernhards Werken. Während und nach dieser

Zeit verfasste er eine große Zahl von Artikeln und Bücher, die sich mit Bernhard von

Clairvaux – seiner Lehre aber auch mit seinem Leben – befassen194.

Doch hat Leclercq nie eine Synthese seiner Forschungen versucht. Seine, gegen Ende

seines Lebens verfasste, Bernhard-Biografie195 ist ein kurzes, etwas populär geschriebe-

nes Werk. Es vermittelt ein Bild von einem psychisch ausgeglichenen und humorvollen

Mann. „Treue in Freundschaft, Demut, unbesiegbares Vertrauen, Freude, ja Humor: Da-

ran erkennt man den ganzen Bernhard“196. So beschreibt Leclercq Bernhard als er am

Sterbebett, der berühmter Brief 310 verfasste. Leclercq sieht große Kontinuität in Bern-

hards Leben197, aber er sieht auch eine Entwicklung, „vom jungen ungestümen Abt zum

erfahrenen Mann der Kirche“198.

Beseelt von einen radikalen Ideal von Mönchtum, ganz frei von allen Verstrickungen mit

190 VACANDARD, Leben des heiligen Bernhard 2, 586. 191 Französischer Benediktiner 1911-1993. Jean LECLERCQ, Thomas MERTON, Survival or Prophecy. The Corespondence of Jean Leclercq and Thomas Merton, hg. v. Patrick HART (Collegeville 22008) 145-148. 192 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 118. 193 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 5. 194 LECLERCQ, MERTON, Survival or Prophecy 145-148. 195 Das schon zitierte Bernhard von Clairvaux. Ein Mann prägt seine Zeit. 196 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 115. 197 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 43. 198 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 111.

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29

der Welt, mit ihren sozialen Ungerechtigkeiten und sinnliche Ablenkungen199, habe

Bernhard das zisterziensische Leben als solches begründet200; die Zisterzienser müssten

eigentlich „Bernhardiner“ heißen201. Die Ausbreitung von Bernhards Wirken vom monas-

tischen Bereich auf dem Kirchlichen und Politischen sieht Leclercq positiv. Er führt

Bernhards Motive immer auf seine Sorge für die Sache Gottes zurück. Gegen politische

oder soziologische Erklärungen für Bernhards Streit mit Abälard, z.B., versucht Leclercq

zu zeigen, dass es Bernhard wirklich um den Glauben ging202. Manchmal sieht er Bern-

hards Wirken allerdings als naiv, im zweiten Kreuzzug etwa: „Die Rolle, die Bernhard in

diesem zweiten Kreuzzug gespielt hat, zeigt klar die Grenzen eines Mannes des Geistes

auf, wenn er Politik treibt“203.

Die immer weiteren Kreise von Bernhards Einfluss waren, nach Leclercq, begleitet von

einem immer tieferen Betrachten des Geheimnisses Gottes204. In Bernhards letzten Wer-

ken sieht Leclercq eine Art Milderung als Wirkung seiner Kontemplation. Im Bezug auf

dem späten Werk De consideratione schreibt Leclercq:

[Bernhard] bewahrt seine glühende Lebendigkeit, zügelt aber seine Streitbarkeit. In gelassener Distanz zu den Wechselfällen des menschlichen Lebens, im inneren Frieden, den er durch die Kontemplation er-langt hat, spricht er mehr als früher von der discretio, von der Mäßigung, der Tugend der Ausgegli-chenheit.205.

Die große Verehrung, die aus diesem Text spricht, hat neben der Kürze des Buches, den

österreichischen Mediävist Peter Dinzelbacher zu einem etwas abschätzigen Urteil über

diese Biografie geführt. Er bedauert, dass die Bernhard-Biografie des „wohl besten Bern-

hard-Kenners unseres Jahrhunderts“, von dem man „eine definitive Bernhard-Biografie“

erwartet hätte, „mehr eine Erbauungsschrift für fromme Gemüter geworden [ist] als eine

historische Darstellung“206. Doch wollte Leclercq seine Darstellung sehr wohl historisch

begründen; der erste Teil seines Buches heißt „ein geschichtliches Porträt“207.

199 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 35-42. 200 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 42. 201 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 34. 202 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 85-88. 203 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 102. 204 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 43. 205 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 110-111. 206 DINZELBACHER, Bernhard von Clairvaux 368. 207 Im anderen Teil geht es um „die Botschaft“.

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30

Für Leclercq, am Ende des 20. Jahrhunderts ist Geschichte aber etwas Komplizierteres

als es etwa für Vacandard am Ende des 19. war. Der optimistische Objektivitätsanspruch

der Geschichtswissenschaft des 19. Jahrhunderts schien im 20. Jahrhundert nicht mehr

haltbar208. Im Nachwort zu sein Buch betont Leclercq wie wichtig es sei, den historischen

Bernhard zu finden, zweifelt aber gleichzeitig daran, ob dies überhaupt möglich sei209.

Dieser neue Pessimismus zeigt sich vor allem in Leclercqs Einstellung zur Vita prima.

Die Autoren der Vita prima wollten Bernhard als Heiligen darstellen und nicht geschicht-

liche Fakten überliefern210. Mit diesem Hintergrund bestreitet er der Historizität von vie-

len Überlieferungen über Bernhard; vor allem solche die nicht in sein Bild von Bernhard

als psychisch ausgeglichenen „normalen“ Mann passen. So ist für Leclercq die Behaup-

tung, Aleth hätte gewünscht, dass alle ihre Kinder ins Kloster eintreten, eine „Unterstel-

lung“211. Ähnlich beurteilt er die Beschreibungen der Vita prima von Bernhards Blindheit

für die Welt212. Die Kindheits- und Jugendgeschichten schreibt er fast alle ab, versucht

aber trotzdem Details, die Bernhards Normalität zeigen hervorzuheben213. Einige von

diesen Geschichten bezweifelt Leclercq deswegen, weil sie auch von anderen Heiligen

erzählt werden214. Es ist etwas verwunderlich, dass Jean Leclercq dieses Argument als so

zwingend sieht. Wenn es nicht unwahrscheinlich scheint, dass Bernhards Hagiografen

manche gängige hagiografische Topoi Bernhard ohne Grund zugeschrieben haben, so ist

es doch nicht a-priori auszuschließen, dass Gott verschiedene Heiligen ähnliche Erlebnis-

se gibt. Gerade von Jean Leclercq, mit seiner theologische Sicht der Heiligkeit, hätte man

mehr Vorsicht in der Anwendung solcher Argumente erwartet. Solche Argumente passen

eher zu der theologischen Sicht des Bernhard-Experten Adriaan H. Bredero215, der 1960

208 Wenn die Geschichtswissenschaft analog zur Naturwissenschaft gesehen wurde, so wundert es nicht, dass es zum Übergang vom platten Objektivitätsanspruch der Physik des 19. Jahrhunderts zur differenzier-teren Sicht der Objektivität in der Relativitätstheorie und in der Quantenphysik einer entsprechender Über-gang in der Geschichtswissenschaft gab. 209 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 191-194. 210 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 11-12. 211 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 14. 212 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 40. 213 Z.B.: „Bernhard soll sich beim Anblick einer Frau erregt gefühlt haben, was ja durchaus ein Zeichen für seine Normalität wäre“. LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 21. 214 LECLERCQ, Bernhard von Clairvaux 14, 17, 21 etc. 215 Niederländischer Mediävist bis zu seiner Emeritierung 1986 Professor an der Vrije Universiteit Amster-dam. Herman OEVERMANS, Johan SNEL, Meneer, u haalt te veel kalk van de muren. In gesprek met medië-

Page 32: Hagiografie, Bernhardologie und Theologie (2010)

31

mit Hilfe von Leclercq, eine Dissertation über die Vita prima verfasste216. Tatsächlich

führt Dinzelbacher Leclercqs Urteil über der Vita prima auf den Einfluss von Bredero

zurück217.

Bredero hat in zahlreichen Studien den historischen Wert der Vita prima in Frage ge-

stellt218. In seinem 1993 herausgegebenen Bernhard-Buch (dt. 1996) versucht Bredero

keine Biografie, sondern fasst lediglich seine Kritik an den Viten und späteren Historiker

zusammen219. Bredero ist besonders darauf bedacht eine „kultische“ von einer „histori-

sche“ Sicht von Bernhard zu trennen220. Er betonnt, dass die Vita prima für der Heilig-

sprechung von Bernhard geschrieben wurde und folgert daraus, dass sie nicht historisch

glaubwürdig sei221. Die letzte Redaktion der Vita prima durch Gottfried von Auxerre deu-

tet Bredero als ein Versuch, sie an die neuen Forderungen des päpstlichen

Kononisationsprozedur anzupassen222. Diese Forderungen sieht er aber als widersprüch-

lich, denn, „Wurde einerseits ein klischeehaftes Heiligenleben verlangt, dessen Erbau-

lichkeit gewährleistet sein sollte, so war andererseits Faktentreue geboten.“223 Das heißt,

für Bredero ist es ausgeschlossen, dass sich das mittelalterliche Heiligkeitsideal auch fak-

tisch realisieren könnte.

Trotzdem betont Bredero ausdrücklich, dass er Bernhards „Heiligkeit“ nicht leugnen

will224. Für Bredero hat aber die Heiligkeit von Bernhard nichts mit der ihn von der Vor-

sehung Gottes zugeteilten Gnade, die ihm etwa von „evidenten menschlichen Fehlern und

Schwächen“225 abhalten könnte, sondern viel mehr mit „beachtlichem Vermögen [...] vie-

le andere an seinem authentischen religiösen Erfahrungen und mystischen Gottesbegeg-

nungen teilhaben zu lassen“226. Dies hat mit der theologische Weltsicht Brederos zu tun.

vist prof. dr. A.H. Bredero, in: Wapenveld 51,3 (Juni 2001) http://www.wapenveldonline.nl/viewArt.php?art=403 (15:06 08.02.2009). 216 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 11. 217 DINZELBACHER, Bernhard von Clairvaux 365. 218 DINZELBACHER, Bernhard von Clairvaux 365. 219 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 31. 220 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 29-30. 221 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 20. 222 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 52-57. 223 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 52. 224 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 33. 225 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 222. 226 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 33.

Page 33: Hagiografie, Bernhardologie und Theologie (2010)

32

In einem Interview mit der protestantischen Zeitschrift Wapenveld hat er einmal dem hl.

Papst Pius X als „dümmsten Bub“ bezeichnet, weil Pius die Modernisten verfolgt hat227.

Für die Modernisten war Religion nichts Objektives und Tranzendentes, sondern etwas

Immanentes, aus subjektiven Bedürfnissen und Gefühle Gewachsenes228. Es ist daher

nicht verwunderlich, wenn einer vom Modernismus beeinflusster Schriftsteller die Hei-

ligkeit nicht als eine von Gott geschenkte Gnade gesehen wird, vom Wirken der göttli-

chen Vorsehung gefördert und bezeugt, durch die der „alte Mensch“ mit seinem „Unzu-

länglichkeiten“ besiegt wird und ein neuer, wahrhaft gerechter, Mensch geschaffen wird;

sondern vielmehr als das Vermögen, andere an rein immanenter (aber nicht destoweniger

„authentischer“) religiöse „Erfahrungen“ teilhaben zu lassen.

Nach Bredero ist das Bernhardsbild der Vita prima nicht ernst zu nehmen, weil es an das

Heiligkeitsbild einer bestimmten Zeit gebunden war. Sein eigener Versuch ein „histori-

sches Bernhardsbild“ zu entwickeln ist aber auch getragen von der Hoffnung, einen Bild

zu finden, „das sich Menschen unseres ausgehenden Jahrhunderts vermitteln lässt“229.

Seine Absicht ist daher zurecht als „hagiografisch“ zu bezeichnen. Er sagt selbst, dass ein

Apostel in ihm steckt230.

Eine „apostolische“ Absicht kann mann bei Peter Dinzelbacher231, der die erste wissen-

schaftliche Bernhard-Biografie nach dem Buch von Bredero verfasste, nicht feststellen.

Dinzelbacher ist bereit, der Vita prima viel mehr historischen Wert beizumessen, als es

Bredero tat232; er schließt jedoch jede übernatürliche Erklärung für die darin berichteten

Ereignissen aus. Träume, Visionen usw. erklärt auf relativ einfache Weise als natürliche

psychische Phänomene233. Etwas schwieriger wird es mit den Wunderberichten; er ver-

sucht Bernhards Heilungen durch psychosomatische Wirkungen, „materielle Medizin“

227 „[De] meest onnozele jongen, Pius X [...] vervolgt alle moderne katholieken.“ OEVERMANS, SNEL, Meneer, u halt. 228 PIUS IX, Enzyklika Pascendi dominici gregis, in: ASS 41 (1907) 593-650, besonders 597-598. 229 BREDERO, Bernhard von Clairvaux 33. 230 OEVERMANS, SNEL, Meneer, u halt. 231 Österreichischer Mediävist, geboren 1948 in Linz. Seit 1998 Hon.-Prof. für Sozial- und Mentalitätsge-schichte an der Universität Wien. http://www.wbg-wissenverbindet.de/WBGCMS/php/Proxy.php?purl=/ de_DE/wbg/second/Autoren/Autorenprofile/D/show,1383.html (14:56 09.04.2010). 232 DINZELBACHER, Bernhard von Clairvaux 365. 233 Z.B in Bezug auf ein Vision, die Bernhards Bruder Andreas gehabt haben soll: „Als Andreas [...] nicht mitmachen wollte produzierte sein Über-Ich auch das Bild der Mutter vor ihm“. DINZELBACHER, Bernhard von Clairvaux 17.

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und sogar „geistige Energie“ zu erklären234.

Die konsequente Ausschließung des Übernatürlichen führt auch dazu, dass Dinzelbacher

immer natürliche Motive für Bernhards Taten finden muss. Diese findet er einerseits im

Einfluss des damaligen Weltverständnisses und andererseits in unbewussten psychologi-

schen Motiven. So kann Bernhards Entschluss Mönch zu werden nicht durch übernatürli-

che Gottesliebe erklärt werden, sondern nur durch rein natürliche Motive wie z.B. das

Bedürfnis dem Wunsch seiner Mutter zu entsprechen, Angst vor der eigenen Sexualität

usw235. Die asketischen Übungen des jungen Mönches Bernhard werden als ein Fall von

Anorexia nervosa „diagnostiziert“236. Sehr ausführlich behandelt Dinzelbacher die Kont-

roverse zwischen Bernhard und Abälard237. In Abälards Lehre kann Dinzelbacher natür-

lich nichts „Häretisches“ finden; vielmehr sieht er darin berechtigte Fragen an die Christ-

liche Lehre, die Bernhard mit Sophismen beantwortet hätte238. Er gibt verschiedene Ver-

mutungen für die Motive Bernhards im Streit mit Abälard; am Ende kommt er zu dem

Schluss, dass Bernhard in Abälard Denktendenzen gesehen hat, die ihm auch naheliegen

würden, wenn er sie nicht mit großer Gewalt unterdrückt hätte, um die Gefahr seinen

Glauben zu verlieren zu vermeiden239

Im Nachwort zu seinem Buch erklärt Dinzelbacher, dass der Historiker die Menschen der

Vergangenheit in einer Form präsentieren solle, die sowohl die Mentalität der fernen Zei-

ten vermittelt, als auch die Fragen der Gegenwart an die Vergangenheit in einer mit dem

Weltbild der Gegenwart kompatiblen Weise beantwortet240. Das Bild von Bernhard als

einem psychisch kranken, wenn auch genialen Mann, der seine Genie einsetzte, um das

Leben von Andersdenkenden wie Abälard zu zerstören und blutige Kriege gegen un-

schuldige Muslim und Wenden zu fördern241, beantwortet die Fragen, die unsere Gegen-

234 DINZELBACHER, Bernhard von Clairvaux 61. Was Dinzelbacher unter „geistige Energie“ versteht ist nicht ganz klar – jedenfalls nichts Übernatürliches. 235 DINZELBACHER, Bernhard von Clairvaux 11-12. 236 DINZELBACHER, Bernhard von Clairvaux 26. 237 DINZELBACHER, Bernhard von Clairvaux 222-250. 238 “Die höchst berechtigte Frage Abaelards, ob Gott am Tode seines unschuldigen Sohnes denn so viel Gefallen gehabt hätte […] kontert Bernhard (als ob dieser Sophismus die Frage beantworten wurde): ‘nicht der Tod, sondern der Wille des freiwillig Sterbeneden’ gefiel dem Vater [...] Abaelard [erkennt] grundle-gende Probleme der Christlichen Lehre“. DINZELBACHER, Bernhard von Clairvaux 230. 239 DINZELBACHER, Bernhard von Clairvaux 250. 240 DINZELBACHER, Bernhard von Clairvaux 363. 241 DINZELBACHER, Bernhard von Clairvaux 284-307.

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wart an Bernhard stellt, in einer Weise, die sicherlich mit dem reduktionistischer Weltbild

der gegenwärtigen Wissenschaft kompatibel ist; die Methode, die dafür benutzt wird,

schließt aber aus, dass die Fragen gestellt werden, die Bernhard möglicherweise just je-

nem Weltbild stellen könnte.

4 Rückblick und Folgerungen

Was is eigentlich Hagiografie? Für Wilhelm von St. Thierry ist es der Versuch das Ideal

der Heiligkeit als tatsächlich realisiert vor unseren Augen zu halten. Er darf deswegen

nichts erfinden, er darf aber sehr wohl sicher überlieferte Fakten durch die Anwendung

hagiografischer Topoi theologisch deuten. Für den Autor der Mariu Saga dient die Hagi-

ografie dazu geistliche Lehren auf bildhaft-katechetischer Weise zu vermitteln. Da ist es

gar nicht tragisch, wenn Eizelheiten frei erfunden werden. Für Charles Kingsley dient die

Beschreibung eines „Heiligen“ des Mittelalters dazu, die mittelalterliche Weltanschauung

– die er durch das Oxford Movement vermittelt als Bedrohung für seine eigene Zeit ansah

– zu diskreditieren. Für Vacandard dient die Hagiografie dazu, ein möglichst vollständi-

ges, wissenschaftlich begründetes, Bild eines grossen Heiligen zu geben. Für

Dinzelbacher dient die Auseineindersetzung mit einen „Heiligen“ dazu, durch bestimmte

methodische Kriterien, die Rätselhaften Gestalten der Vergangenheit für unsere Zeit

„verständlich“, d.h. harmlos zu machen.

Jede Zeit wird Prediger haben, die es verstehen Hagiografie nach der Weise des Mariu

Saga zu betreiben. In unserer Zeit wird es auch nicht an Kingsleys und Dinzelbachers

fehlen. Ist es aber in unsere Zeit noch möglich, Hagiografie nach dem Muster von Wil-

helm von St. Thierry oder Elphège Vacandard zu schreiben? Wilhelm stand auf der litera-

rische und wissenschaftliche Höhe seiner Zeit und konnte gerade dadurch auch wirklich

einen Beitrag zur Theologie beitragen. Vacandard ist es m.E. fast gelungen, etwas ähnli-

ches im 19. Jahrhundert zu leisten. Vom Standpunkt der Theologie wäre es es wün-

schenswert eine heutige Hagiografie des Hl. Bernhard zu sehen, welche wie Wilhelm ei-

ne tiefe Einsicht in die Heiligkeit, die in Bernhard verwirklicht war, zeigen könnte. Eine

Hagiografie, die wie Vacandard eine gründliche Aufarbeitung des Stoffes nach den bes-

ten historischen Methoden bieten würde, die aber die methodischen Fehler eines Leclercq

oder gar Dinzelbacher meiden würde. Eine Hauptaufgabe einer solchen Hagiografie wäre

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es die Wissenschaftlichkeit einer Betrachtung, die theologische Duetungen nicht a-priori

ausschliesst, für Leser, die der Methode Dinzelbachers gewohnt sind, plausibel zu ma-

chen. Sie müsste zeigen, dass in der Geschichtswissenschaft ein „methodologische Athe-

ismus“ völlig fehl an Platz sei. Es gibt Wissenschaften, wo eine methodologischer Athe-

ismus, im Sinne eine methodologischer „Asupernaturalismus“, durchaus gerechtfertigt

ist. Wenn man die Natur eines Dinges untersucht, ist die Übernatur irrelevant; wenn man

die Natur des Wassers untersucht, ist das Wunder von Kana völlig belanglos. Die Ge-

schichte ist aber kein rein natürlicher Gegenstand. Wer das Übernatürliche von vornhe-

rein aus der Geschichte ausschließt, wird diese nicht verstehen können. Das klarzuma-

chen wäre notwendig für eine Hagiografie des hl. Bernhard, die auf der literarischen, ge-

schichtswissenschaftlichen und theologischer Höhe unserer Zeit stehen könnte. So wün-

schenswert eine solche Hagiografie auch sein mag, sie ist im heutigen Klima von Ge-

schichtswissenschaft und Theologie kaum zu erwarten.

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5 Literatur

5.1 Mittelalterliche Quellen

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dorf 1962. Wilhelm von St. Thierry, Goldener Brief, Übersetzung Bernhard Kohout-Berghammer,

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McGuire, Brian Patrick, A Saint’s Afterlife. Bernard in the Golden Legend and in Other Medieval Collections, in: Elm, Bernhard von Clairvaux 179-211

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Nietsche, Friedrich, Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben, hg. von Karl Schlechta, Stuttgart 1970 [orig. Leipzig, 1864].

Oevermans, Herman, Snel, Johan, Meneer, u haalt te veel kalk van de muren. In gesprek met mediëvist prof. dr. A.H. Bredero, in: Wapenveld 51,3 (Juni 2001) http://www.wapenveldonline.nl/viewArt.php?art=403 (15:06 08.02.2009).

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