Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

35
WissenschaftlicheBeilage zum Jahresbericht des Askanischen Gymnasiums zu Berlin. Ostern 1904. Logische Regeln der Platonischen Schule in der Aristotelischen Topik. Von Ernst Hamforuch, Oberlehrer. 1904. Programm Nr. 56. BERLIN. Weidmannsche Buchhandlung. 1904. "M.

description

Aristotle, Topics

Transcript of Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

Page 1: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

WissenschaftlicheBeilage zum Jahresberichtdes Askanischen Gymnasiums zu Berlin. Ostern 1904.

Logische Regeln der Platonischen Schulein der

Aristotelischen Topik.

Von

Ernst Hamforuch,Oberlehrer.

1904. Programm Nr. 56.

BERLIN.

Weidmannsche Buchhandlung.1904.

"M.

Page 2: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

t

Page 3: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

Die Logik als Wissenschaft wird gewöhnlich auf Aristoteles als ihren Begründerzurückgeführt. Seine Syllogistik steht vor uns als ein in allen Teilen vollendetesLehrgebäude, das wohl auf Grund und Boden der Platonischen Philosophie errichtet ist,aber sonst in seiner festen Geschlossenheit und sicheren Fundamentierungkaum etwasmit dem phantastischen,in den Himmel ragenden, aber für irdische Zwecke nicht ver¬wertbaren Bau der Ideenlehre gemein hat. So wenigstens erscheint uns diese vomStandpunktder Kritik aus, die Aristoteles an ihr geübt hat. Neuerdingsist nun dieBerechtigung der AristotelischenAuffassung von der Transcendenz der Ideen stark inZweifel gezogen worden. Man hat Aristoteles ein direktes Mifsverstehen der Lehrenseines Meisters zum Vorwurf gemacht und gerade auf dem Gebiete der Logik Platogröfsere Verdienste zugeschrieben,als es bisher geschehen war. So glaubt z. B.Lutoslawski, der unter den Ideen Piatos in der reiferen Ausgestaltung seiner Lehrenur in einer Seele existierende vollkommeneBegriffe eines vollkommenenSeins 1) ver¬steht, für den Mittel begriff der Aristotelischen Syllogistik in dem Ausdruck des Platoni¬schen Philebus (17 A) tä jxEoa das Vorbild feststellen zu können. Ja, er hält es fürmöglich und sogar für wahrscheinlich, dafs die Schlufstheorie des Aristoteles von Platomehr als vorbereitet war 2). Im Gegensatz hierzu sieht H. Maier in seiner »Syllogistikdes Aristoteles"die Auffassung des Stagiriten von der Substantialitätder PlatonischenIdeen im wesentlichen für zutreffend an und hebt bei aller Anerkennung der VerdienstePiatos doch scharf den bedeutsamenFortschritthervor, den die Syllogistik des Aristotelesgegenüber der dialektischen Methode seines Lehrers darstellt.

Pur die vorliegende Untersuchung kann nun das überaus schwierige Problemder Bedeutung der Platonischen Ideen ganz beiseite gelassen werden, da es sich in ihrnur um den Versuch handelt, einzelne logische Regeln, die sich in der Aristotelischen

i) The Origin and Growth of Plato's Logic S. 448 „ideas are perfect notions of a perfect Being".2) a. a. 0. S. 464 „We see here (Phil. 17 A) for the first time the term fiiaov used in its technical

meaning as later accepted by Aristotle in his theory of syllogism . .. . it becomes quite possible and evenprobable that Aristotle's theory of syllogism was more than prepared by Plato (vgl. auch S. 524). Ähn¬lich urteilt P. Natorp in seinem jüngst erschienenen Werke „Piatos Ideenlehre", von dem ich erst nachAbschlufs meiner Programmarbeit habe Kenntnis nehmen können. Nach ihm „fufst die Beweistheoiie derAnalytiken in weitem Umfange, wenn auch nicht eingeständlich, doch tatsächlich auf den ErrungenschaftenPiatos (S. 372), dessen Ideen Gesetze und Methoden, nicht äufsere, wenn auch übersinnliche „Gegenstände"besagten" (S. 36 und 73).

Page 4: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

_ 4 —

Topik finden, aus Piatos Schule herzuleiten. Denn hierbei kommt es für ihre meta¬physische Grundlegung durch Plato, soweit sie überhaupt in Betracht zu ziehen wäre,hauptsächlich auf die uns hinreichend bekannte Auffassung von seiten seiner Schüleran, welche die von dem Meister gegebenen Anregungen benutzt und weiter fort¬geführt haben.

Dafs für die Ausbildung logischer Theorieen Piatos mündlicher Unterricht imKreise der Schulgenossen wahrscheinlich mehr zu bedeuten hatte, als seine Schriftendirekt bezeugen, ist schon von anderer Seite betont worden 1). Leider aber lassen unsin diesem Punkte die aus dem Altertum überlieferten Zeugnisse fast gänzlich im Stich.Wir wissen wohl, dafs Plato in der Akademie eine Vorlesung „Über das Gute" gehaltenhat, in der „ungeschriebeneLehren", darunter auch solche logisch-metaphysischerArt 2),vorgetragen wurden, und dafs der Inhalt dieser Vorträge von vielen seiner Schüler auf¬gezeichnet worden ist; wir können ferner aus einigen Titeln im Schriftenverzeichnis desSpeusipp (Diog. La. IV, 4. 5. vgl. Prantl, Gesch. d. Log. 84) und Xenokrates (Heinze,Xenokr. 157. 158) schliefsen, dafs diese Scholarchen, von denen sich eine besonderspietätsvolle BerücksichtigungPlatonischer Lehren erwarten läfst, in ihren Schriften auchlogische Fragen behandelt haben. Aber von dieser ganzen Literatur ist aufser gelegent¬lichen Anführungenvon Einzelheiten nichts auf uns gekommen. Nur der sowohl füreine Schrift des Speusipp wie des Xenokrates bezeugte Titel „diatQsasig" kann möglicher¬weise auf eine erhaltene Schrift bezogen werden. Es ist dies die Sammlung von Ein¬teilungen, die uns in doppelter Rezension, einmal bei Diog. La. III, 80 — 109 als Anhangzu seiner Darstellung der Platonischen Philosophie, sodann weit reichhaltiger in einemCodex Marcianus überliefert ist, aus dem sie Val. Rose in seine Sammlung AristotelischerFragmente im Aristoteles pseudepigraphus (S. 679—695) unter dem Titel dtaiQsasig'Agiovotshovsübernommenhat (abgedruckt auch in Heitz' fragmenta Aristotelis S. 91 ff.Didot). Diese Einteilungen sind bis jetzt noch keiner eingehenderen Untersuchunggewürdigt worden, zumeist wohl, weil sie von vorneherein den Eindruck einer äufserstdürftigen und planlosen Zusammenstellung machten. Schon Alexander bezeichnete nacheiner Angabe des Johannes Philoponus, der selber keine öiaigeasig JJXävavoc,kennenwill, die unter Piatos Namen umlaufenden Einteilungen als unecht (Jo. in Arist. de gen.et corr. 226, 18 ff. Vitelli). Von neueren Gelehrten hat nur Suckow (Form der Plat.Sehr. S. 96 ff.) die uns erhaltene Sammlung dem Aristoteles zugeschrieben, ohne jedochseine Ansicht durch Beweismaterial zu stützen. Im Gegensatz zu ihm sieht Susemihl(Gen. Entw. d. Plat. Phil. II 548) sie für eine ZusammenstoppelungPlatonischer undAristotelischer Lehren an, während Zeller die Möglichkeit offen läfst, dafs in ihr dieÜberarbeitung einer älteren akademischen Schrift (a. a. 0. IIa 437), vielleicht auch eineArbeit Speusipps (IIa 996, 2) vorliegt, und Christ ihre Entstehung auf Schulübungenin der Platonischen Akademie zurückführt (Gesch. d. griech. Litt. 1 S. 334).

i) Lutoslawski a. a. 0. S. 464. 499. 517f. Vgl. auch A. Gercke, Urspr. d. Ar. Kat., Arch. f. G.d. Ph. IV, 424.

2) Wenigstens scheint dies die Angabe Alexanders v. Aphr. zu besagen, dafs mit der vonAristoteles Metaph. r 2. 1004 a 2 erwähnten ixXoyij t<Sv ivavnwv möglicherweise eine Erörterung im2. Buche „nigi iciya&ov" gemeint sei (s. Zeller IIb 64, 1; 78, 4. vgl. auch IIa 947, 4).

Page 5: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

Die Entscheidung der Frage, ob die überlieferten Einteilungen akademischesLehrgut enthalten, kann m. E. nur von einer bis ins einzelne gehenden Prüfung der¬selben abhängig gemacht werden. Es handelt sich dabei um den Nachweis, dafs dieöiaigeasig auf uns bekannten Lehrmeinungen Piatos und der älteren Platoniker fufsen,dafs sie also akademischen, nicht aristotelischen Gepräges sind, und dafs sie z. T. vonAristoteles als bekannt vorausgesetzt und benutzt werden. Sie würden demnach gewisser-mafsen den Brennpunkt bilden, in dem sich die einzelnen Strahlen aus dem Gedanken¬kreise der Platonischen Schule zu einem geschlossenen Bilde gesammelt fänden. Hierbeikönnen die Schriften Piatos in der Hauptsache nur symptomatischeBedeutung haben,iudem sie entweder eine eingehendere Erörterung des in einem Dialog nur kurz be¬rührten Lehrsatzes im Schulkreise voraussetzen oder vielleicht die Anregung zur weiterenAusgestaltung einer Lehre von Seiten der Schulgenossen gegeben haben. Unter denWerken des Stagiriten aber ist vor allem die Topik in Betracht zu ziehen, da diesenoch hesonders deutlich platonisch-akademischenCharakter zeigt 1).

Uns werden nun in dieser Abhandlung nur diejenigen von den überliefertendicuQeoeigbeschäftigen, die für die Logik ein Interesse bieten: es sind dies aufser derEinteilung dialektischer Methoden in c. 37 die letzten Kapitel des Cod. Marc, c. 64bis c. 69, die als Anhang zu dem eigentlichen Corpus divisionum einen kurzen logischenAbrifs enthalten, in dem theoretisch das Verhältnis der Über-, Unter- und Nebenordnungvon Begriffen, wie es in Einteilungen zutage tritt, besprochen wird. Sie haben deshalbnoch für unsere Frage eine ganz besondere Bedeutung, weil die Topik eine Art Para¬phrase von ihnen bietet, indem in ihr ganze Partieen in meist viel breiterer Ausführungdieselben logischen Bestimmungen wiedergeben und als Regeln für die dialektischeGesprächsführung verwenden und weiter ausgestalten 2). Wir können daher dieseparallelen Abschnitte der Topik zur Ergänzung der cc. 64—69 heranziehen und gewinnenso eine breitere Grundlage, auf der der Nachweis ihres akademischenUrsprungs geführtwerden kann. Im folgenden soll dieser Anhang der dicuQeoeig, wenn auch des Baumeswegen nur im Auszuge, abgedruckt werden (Rose, Ar. ps. 693, 24 — 695, 32).

i) Vgl. H. Diels, Zu Ar. Protr. u. Cic. Hort, Arch. f. G. d. Phil. I 497; Fr. Susemihl, BursiansJ.-B. Jahrg. 1882 Bd. 30, S. 91, 101 und 1891 Bd. 67, S. 86, 10; A. Gercke, a. a. 0. IV 430; H. Maier,a. a. 0. IIb 78, 3.

') Das Verhältnis von Über- und Unterordnung der Begriffe, wie es in der Einteilung zwischenGattung, Art und Artunterschied besteht (c. 64), wird mit den dazu gehörigen Regeln im I. und 2. Kap.(mit einem Nachtrag im 6. Anf. u. Schi.) des 4. Buches behandelt, das konträr Entgegengesetzte (c. 68)im 3. Kap., der Gegensatz von Bejahung und Verneinung (c. 69) und besonders das Relative (c. 67) im4. Kap. desselben Buches für die dialektischen Gesichtspunkte verwandt. Im 6. Buche, in dem die ge¬nannten Kapitel unseres Anhangs gleichfalls, wenn auch z. T. nicht so ausführlich, behandelt sind, wirdgerade der Besprechung des Verhältnisses von Vor, Nach und Zugleich in den Begriffen (cc. 65 66),welches in dem von der Gattung handelnden 4. Buch nur kurz berührt werden konnte (// 2. 123 a 14), einbreiterer Raum gelassen (Z 4. 141 a 26-142 b 19). Schliefslich wird der Inhalt von cc. 64. 67. 68 nochin derselben Weise für die Topen des noX.l«x<Ss im 1. Buche (c. 15) und für die des raixöv im 7. (c. 1 u. 3)kurz in Betracht gezogen. — Bemerken will ich hier noch, dafs der gleiche Gegenstand auch in derKategorieenschrift cc. 10 ff., d. i. in den sogenannten Postprädikainenten dargestellt ist (cc. 67—69 c. M. inKat. cc. 10 u. 11 p. IIb 24—12 a 25 u. 13 a 37—14 a 25; cc. 65 u. 66 c. M. in Kat. cc. 12-13; c. 64c. M. in Kat. c. 13 p. 14 b 33—15 a 7). Da mir jedoch diese Schrift selber noch zu wenig auf ihre Her¬kunft und Entstehungszeit untersucht zu sein scheint, so sehe ich vorläufig in dieser Arbeit ganz vonihrer Berücksichtigung ab.

Page 6: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

6 —

c. 64. Sxenteov fjtig eati tcöv £cpcov Jigög äXXrjXa diacpogd. cpafiev oftv elvaitcöv ^cbcov tä fisv v\>r)td, tä de äfidvata . . . tcöv de v\>r)tcöv tfjacov tä [i£v eati ntrjvd,tä de evvöga, tä de ate^d . . . ndvta de tä toiavta xal xatä ipv%rjv xal xatä tö acöfiadoxei diacpegeiv äXXrjXcov.öti \iev ovv xoivcog xatä ndvtcov tovtcov xavqyogeltai £cöovelvai dr\Xov, diacpogäv de tiva e%et tovtcov exaatov xafidneg einofiev tö /j,ev yägavtcöv ztetpv, tö de evvdgov, tö de ntrjvöv, tb de äfidvatov. tb de xoivöv xatrjyogov-fievov ecp' ästdvtcov cpafiev elvai tb yevog. exaatov de tovtcov eati £cpov, tä de öiai-gefievta tcöv ^cocov Xexteov eiörj elvai. tbv avtöv de tgönov xal enl axijfiatog xalägi$/AOV, tov te yäg tgiycbvov xal tcdv Xomcöv xoivöv cpapiev elvai, tb ayr^ia- tovtcovyäg exaatöv eati öneg vztäg%ei ayrtfiä tv dfjXov ovv Ott, tb [iev ayr\yia yevog äv eirjtovtcov, tavta de tov o%i)[iatog eidrj . . . öfMoicog de xal tb negittöv xal tb ägtiov eldijtov ägififiov elai' xoivfj yäg avtcöv xatrjyogeitai ö äoififiög . . .

c. 65. tö ngötegov Xeyetai nevtaycög .... cpvaei de eati ngötegov olov fj tefioväg trjg ö^döog xal tb [tegog tov öXov xal tb yevog tov eidovg' xal chtXcög öaaavtä äXXfjXoig fifj avvavaigeitai, tovtcov tb [iev ovv ävaigovv ngötegöv sau, tb cpvaeide avvavaigovpievov vategov ....

c. 66 . . . cpvoei de Xexteov ä\ia elvai tä te avvavaigovvta äXXr/Xa xal tä fir)dvvdjxeva %coglg äXXfjXcov elvai, olov tö te dmXdaiovxal tb fj/MOV tavta yäg avv-avaigovvtai äXXfjXoig ....

c. 67. tcöv övtcov tä (iev avtä xa$' eavtd eott, tä de ngög ti . . .c. 68. öiaigovvtai tä evavtia ovtcog' tcöv övtcov tcöv (aev eati ti evavtiov

tcöv de ov . . . . tcöv evavtlcov tolvvv avtcöv tä fj,ev e%oval ti ävä fieaov, tä de ov.äyaftov [iev yäg xal xaxov eati ti ävä fieaov, xivrjoecog de xal rjgefxiag ovdev eativ ävä\ieaov e% äväyxr\g yäg ndvta rj xiveitai fj figeßel. xal Cra?lS ^ üavdtov otidev eativävä fieaov e§ ävdyxrjg yäg öneg -r^g ^coijg dextixöv eativ, fj £,fl V te'&vrjxev.avtä detä evavtia Xeyetai negittcög- f) yäg cog äyatfcö xaxöv evavtiov eativ, olov .... ^ cbgovöetegov ovöetegcp evavtiov eativ . . . tovtcov yäg ovdev eativ ovte äyaftöv ovte xaxöv.cog xaxöv de xaxco evavtiov eati xaxov fj vnegßoXrj tf) evdeia xal tä xav^ vnegßoXfjvxal eXXeiipiv Xeyöjieva olov tö vnegßaXXövtcog tyvxea'frai' tavta yäg xa$' vnegßoXijvXeyetai' xal tö sXXemov tov fieg/iov tq> eXXeiitovti tov ipvxgov 4 xal yäg tavta xat'eXXetijuv evavtia.

c. 69. i^etä tavta tolvvv negl xatacpdaecog axenteov ntcög Xeyo/J,ev. cpapiev ovvnäaav xatt]yogiav fj dr\Xovpiev vmäg%eiv rt xatdcpaoiv elvai, olov tö xav^riav^ai tovävfrgcojiov .... äjtöcpaaig de eati toiovtov olov tö fif] xa'&fjav^aitov äv&gconov ....').

c. U.Die dialektischen Regeln des c. 64 über die Teilung der Begriffe in Gattungen

und Arten sind bekanntlich schon von Plato in seinen Dialogen gegeben. Die bekanntestenStellen sind Phaedrus 265 D f., Politikus 285 Af., Philebus 16 Of. (vgl. Prantl, Gesch. der

]) Hinsichtlich des letzten Kapitels verweise ich gleich hier auf die Unterscheidung von tpüaigund nnötfaoig im Sophistes 263 B, wo auch das vorangehende Beispiel für ein mit dem övofia zum Xöyog ver¬knüpftes Qtjfia, nämlich „(©«nirj/Tof) xci&qrcii," (263 A) mit dem in unserm Kap. gewählten „(tov ävS-ganov)xadijo&ai," übereinstimmt. Da jedoch c. 69 äufserlich ziemlich lose mit den früheren verknüpft ist (fiträravici axiniiov), möglicherweise also ursprünglich nicht dazu gehört hat, so ziehe ich es vor, auf eine weitereVerwertung desselben für die Beantwortung unserer Frage zu verzichteil.

Page 7: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

Logik I 77. 79). Freilich läfst es Plato hier wie überall in seinen Schriften an einerfesten Terminologie fehlen. So unterscheidet er noch nicht scharf ysvog und eldog inder Bedeutung „Gattung" und „Art", und verwendet ebensowenig das Wort diacpoqäbereits als feststehenden Terminus für den Artunterschied. Deshalb erscheint es aberdurchaus nicht ausgeschlossen, dafs in der Lehrpraxis seiner Schule diese technischenAusdrücke geprägt und gebraucht worden sind 1); ja, Aristoteles bezeugt selbst in seinerMetaphysik von den Anhängern der Ideenlehre, dafs sie das sldog aus dem yivog undden öiaq>OQal bilden, Z 14. 1039 a 24: QavEobv ö' e| avtcov tovtcov tb av^ßalvov xaltolg mg iöeag Xsyovaiv ovalag vs xal %coQLötäg slvai xal äjJba tb slöog ex tov ysvovgnoiovoi xal tcbv öiacpogäv sl yäg soti tä sldt), xal tb ^(pov sv tq> äv&ocöjvcp xal tq>ljtnq> xtX. Dafs hier ysvog, diacpogd und slöog in dem technischen Sinne von Gattung,Artunterschied und Art zu verstehen sind, verbürgt schon die Anführung von ävd'Qconogund Imtog als Arten des t&ov und die in derselben Beweisführung gleich darauf(1039 a 32. b 2. 3. 5) folgende Erwähnung der Artunterschiede öljtovv, noXvnovv, ircs^öv.Gerade das £q>ov steht mit seinen Arten und Unterarten als Hauptbeispiel in dertheoretischen Erörterung des c. 64 über Gattung, Unterschied und Art. Es findet sichbereits in derselben Ausführung bei Plato, nämlich in den Gesetzen VII, 823 B, wodie £$a in svvöga, ntr/vd, Jts^d eingeteilt, im Timaeus 40 A, wo ftsäv ysvog, ntrjvöv,svvdgov, ns^öv unterschieden, und Timaeus 69 C und 92 B, wo v\>r\td und äfidvatag~q>a zusammenfassend genannt werden. Diese Einteilung verwendet auch Aristotelesallenthalben in der Topik, um die Gliederung der Gattung in Arten durch die Artunter¬schiede klar zu legen 2), und da er dasselbe Beispiel auch seiner Kritik der PlatonischenMethode, mittelst Einteilung eine Definition zu erschliefsen, zugrunde legt und sogareine solche auf der Unterscheidung von 'dvrjtä und ä'&dvata g~q>a fufsende Definitiondes Menschen Plato direkt zuschreibt 3), so läfst sich wohl mit Sicherheit annehmen, dafsschon von diesem und seinen ältesten Schülern an den Arten und den Unterartendes £q>ov, wie es in c. 64 geschieht, die Zergliederung eines Begriffs demonstriertworden ist 4).

a) Das zur Bezeichnung des wesentlichen Inhalts eines Begriffs gehrauchte otisq {Index* 1) ver_wendet schon Plato in derselben Bedeutung in Rep. IV 439 A: zb . . tfiifrog ov zoizwv &rt <siig zmv zwbg ehaizovro önsQ iaziv; und Theaetet 204 E /usgog &' toS' ozov alXov iazlv onsg Iazlv >j zov bkov; vgl. auch Phaedo103Dff. und über den Gebrauch bei Aristoteles Bonitz, Ind. Ar. 533 b 36 ff. Zur Bezeichnung deszgiyiovov als a/ij/xä zi S. Meno 87 C li ifi y' iazlv iniazrifit] zig t) «gsriy ... 88 D zr\v dqtzr\v ifqbvi^aiv Sü zw'slvai. Die Ausdrücke „ngbg äklyXct diayoga" und „xoivov" bez. „xoiviög" werden noch im Verlauf dieserDarstellung besondere Beachtung finden. Nur der Terminus xaz^yogslv für die Aussage im Urteilläfst sich nicht positiv als akademisch nachweisen: er steht und fällt mit der ganzen Beweisführung fürden akademischen Ursprung unserer Schrift.

2) Vgl. Z 6. 143 a 36 ndv ydq yivog zaig ävrid'itiQrjfiipai.gdtaipogaTg diaigelzai, xaSdnsQ zb £tpovzip TifJeu xal zip nzr/vo) xal zo) IvvtfQto [xal zip ifinodt S. Waitz], A 2. 122 h 13 diaipoga yaQ lazi, X,ipov xbd&ävazov inudtj zojv fwcuv zd fiiv »vt;zä, zd ds d&dvaza; ferner E 1. 128 b 19. E 4. 133 b 7. 10. Z 6.143 a 36. 4. 141b 31.' 6. 144 a 33.

s) Anal. post. B 5. 91 b 38 zC iaziv äv&Qionog; Cipov &v>jz6v, inönovv, dinovv, utizsqov. dt,dzi; nag' txdazrjv ngöcd-taw' (qsI yaQ xal cfsfirst zfj öiatgiasi, <u? ofozai, bzt nd~v rj itvqzbv y äS-dvazov b dtzoiovzog loyog änag ovx iaziv aQiafibg. Top. -Z 10. 148 a 15 oloV wg ükaziov öqH^ixat zb 9-vrjTov nQoaanzoiviv zolg zojv tyiav bgiofioig. vgl. An. post. B 5. 91 b 18—20. 6. 92 a 27 — 30.

*) Für die Unterscheidung von aüfta und x^v^h im C$w (Rose, Ar. ps. 693, 33; näna äs ra

Page 8: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

Das gleiche gilt von den andern in c. 64 genannten Beispielen. Denn auch siegelangen mit derselben belehrenden Tendenz in Piatos Dialogen zur Besprechung, sodie Arten des doM?/tdg im Politikus 262 E (vgl. Phaedo 104 A), die des oxwa imPhilebus 12 E und im Meno 74 Df. Die traditionelle Verwendung des ersten dieserBeispiele wird wieder durch die Art verbürgt, wie es in der Topik gebraucht wird.Einmal nämlich steht es zur Erläuterung eines Topus, der unten als akademisch nach¬gewiesen werden soll, in Z 4. 142 b 8: ä^ia yäq vy gvoei vä ex vov avvov yevovgävviöixiQrjjxsva,vb öe. neQivvöv xal ägnov ävviötyQrjvai' äfiqxo yäg ägifipov öiacpogal 1).Sodann wird gerade am jieqivvovhervorgehoben, dafs es die öiacpoQä, nicht das elöogder Zahl sei, d. h. nicht zum vi eavi gerechnet werden darf. Aristoteles bekämpft damit,wie sich aus A 6. 128a 20 ergibt ('Eitel öe öoxel vial xal y öiacpogä ev vq> vi eovi vß>velö&v xavyyoQeiO'&at,) 2), eine tatsächlich in der Schule vertretene Ansicht, die vermutlichauf Plato selbst zurückzuführen ist (vgl. Polit. 285 B Tag öiacpoQäg . . ., önöaai neg evelöeai xelvvai, Prantl, Gesch. d. Log. I 77), Wenn nun in c. 64 jvsqivvöv und üqviovgeradezu als etöy vov äq^^ov verzeichnet sind (Böse, Ar. ps. 694, 8), so dürfen wirdarin wohl ein nicht zu verachtendes Zeugnis für den akademischen Ursprung unsererSchrift sehen.

c. 65.In cc. 65 und 66 interessiert uns nur die logisch-metaphysischeLehre vom

MQÖvegov und afia <pvoei. Wir wissen nun aus einer Stelle des 11. Kap. im 5. Bucheder Metaphysik, dafs Plato ein solches mqövsqov wirklich gelehrt hat. Dort führtAristoteles unter den verschiedenenArten des Vor und Nach folgende an: A 11. 1019a 1vä fiev öy ovvco Xeyevai jtgövsQa xal vaveoa, vä de xavä cpvow xal ovalav, oaa evöe%evaielvai ävev äXXcov, exelva öe ävev exeivcov fj/rj ■ y öiaiQeaei, exQyoavo IlXdvcov. Dieses Vorund Nach Piatos und seiner Schüler wird von Aristoteles wiederholt zur Widerlegungder Ideenlehre benutzt. Es soll das Verhältnis des Paktors zum Produkt, des Be¬dingenden zum Bedingten bezeichnenund bezieht sich in erster Linie auf die Idealzahlen3),sodann aber auch auf jedes System von Begriffen, in dem das Verhältnis von Über-und Unterordnung herrscht. Das zeigt uns z. B. eine Stelle wie Metaph. Z 15. 1040a 21:elft' ovi JtQÖvega vq> elvai' vavva öe ovx ävvavaioeTvai (i. e. vö yevog xal y öiacpogävolg elöeoi, vgl. Schwegler, Ar. Metaph. IV, 124 u. 125, Bonitz, Komm. z. Met. 355), woaugenscheinlich eine Ansicht der Platoniker als Argument gegen ihre Ideenlehre aus¬gespielt wird. Dieselbe Lehre wird im 3. Kap. des 3. Buches und im 1. des 11. Buches

zoiavra xal xaia ipv%>ivxal xatä to aiSfi« doxel diaytQew älkykoiv) brauche ich wohl keine Belegstellenaus Plato beizubringen. Hervorheben will ich nur die auf dieser Unterscheidung fufsende Definition desJcJoj' &vrpov als (Siöfia ifixpv^ov im Sophistes 246 E: Tovto (sc. &vrizov Zwov) dt ob a<ö/ja i/uipvj(ov ofiolo-yovoi; (vgl. Phaedrus 245 E näv yäg ßiöfia, tu /xev iSw&ev to xwilafhai, ätpvjfop, a> d" iv&o&ev aviiS IJ avrov,'ifiipvxov, Tim. 30 B, Philebus 30 a), die in der Topik Jb. 126 a 28 kritisiert wird. Die Gegenüberstellungvon aäfia und x/jv^ selber findet sich überaus häufig in der Topik.

*) Unmittelbar dahinter wird die von Plato in Legg. X 895 E aufgestellte Definition des aquovals dC%a foaiQovpevos aQi&ftos kritisiert (Z 4. 142 b 12).

2) Vgl. auch Metaph. H 6. 1045 a 16 xal ei harn', mansQ q>«ai riveg, aizi rt, £mov xal avro dinovv.3) Vgl. Zeller a. a. O. IIa 681, 4. Von der Richtigkeit der Annahme Apelts, dafs sich Metaph.

4 11. 1019 a 1 auf eine bestimmte Stelle im Timaeus (34 D) beziehe (Beitr. z. Gesch. d. gr. Ph. 226 f.), habeich mich nicht überzeugen können.

Page 9: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— g —

verwertet bei der dialektischen Erörterung der Aporie, ob die Gattungen oder die letztenBestandteile die Prinzipe der Dinge sind, und ob es unter jenen wieder die höchstenund allgemeinsten, wie das ev und öv, was dem Platonischen System entspräche, oderdie untersten Artbegriffe sind (Metaph. B 3. 998 9a 6—999 a 14. K 1. 1059 b 30 u. 38),dort in beziig auf die Idealzahlen, hier auf das Verhältnis der Gattungen zu den Arten x).Dafs Aristoteles übrigens in seiner Wissenschaftslehre gleichfalls das Allgemeine alsdas nQÖTsgovxal yvooQifiä'VSQov <pvasi dem Einzelnen und Besonderen als dem uvqövsqovjtQÖg f/f^äg gegenüberstellt, ist bekannt, und somit streitet die topische Begel, welcheer im 4. Kap. des 6. Buches der Topik über die Verwendung des jiqötsqov tpvaei in derDefinition gibt, durchaus nicht gegen den Geist seiner Logik. Dessenungeachtet ist derletzte metaphysische Ausdruck seiner Ansicht über das Verhältnis von Gattung und Artder Satz, dafs jene die Möglichkeit dessen ist, was in der untersten Art zur Wirklich¬keit gelangt (s. Zeller a. O. II b 210, 1), dafs diese aber im Verhältnis des X6yq> undovata jiqöteqov zur Möglichkeit steht (Metaph. 0 8. 1049 b 10 ff).

Vergleichen wir nun mit dem bisher gewonnenenResultat die Angaben von c. 65und die der Topik über das wqöveqov cpvaei,, so finden wir nach Erwähnung der fiovdg,die das ngcötov cpvoet, im Bereich der Zahlen bez. der Idealzahlen darstellt (c. 65 c. M.Rose, Ar. ps. G94, 19, Top. Z 4. 141 b 8) 3), vor allem auch das Verhältnis der ysvr) zuden eidrj dazu gerechnet -und zwar genau so definiert, wie das für die Platoniker bezeugtenqövBQOv (pvoei 3).

Ferner wird in der Topik Z 4. 141 b 6 für ony/Aij, yga\iyd\, enürtsdov, ategsövdie Abfolge vom jiqövsqov zum vatsgov festgestellt und daraufhin die Definitionvom Punkt als Grenze der Linie u. s. w. für mangelhaft erklärt {Z 4. 141 b 21 tö [asvyäg (sc. aviy/A^v) yqa^fjg, tö ö' emneöov, to de oTegeov qxxöt, negag slvai). Auch dieseAuffassung vom ngötsgov bei den mathematischen Gröfsen wird als Platonisch vonAristoteles wieder einer Kritik der Lehre von der Sonderexistenz der mathematischenDinge zu Grunde gelegt (Metaph. M 2. 1077a 24—36, Bonitz, Komm. S. 532), ebenso wirdsie als Lehrmeinung anderer (cbg cpaoi nveg) im 8. Kap. des 5. Buches der Metaph.(A 8. 1017 b 16 — 20) zitiert. Sie kann auch schon aus der Platonischen Ableitung derLinie aus der Zweizahl, der Fläche aus der Dreizahl, des Körpers aus der Vierzahlerschlossen werden (Arist. de anima I 2. 404 b 15—27, Metaph. N 3. 1090 b 21, Bonitz,Komm. 581, Zeller IIa 758, 4) 4).

4) Vgl. über die Arist. Methode der Verwendung akad. Argumente A. Gercke, a. a. 0. IV 432.a) Vgl. über die fxaväg des Xenokrates Heinze, Xen. S. VIII.3) Vgl. aufser den oben genannten Stellen Eth. Eud. A 8. 1217 b 11 f. {dvcaQov^ivov yaQ tov

fjeTiXo/uevov ävcugHo&ai xal r« ^eTi^ovxa rijg icfiag), 1218 a 4 (uqotsqov yait zb xovvbv xal )(üjqiotov <Fiaiö ävaiQovfiü'ov iov xoivov ätxuQilo&ai. z'o tiqiStov). c. 65 c. M. Rose, Ar. ps. 694, 20 oaa airä «Xlrjkoig /ui)GVPCtVCUQiiTCCly TOVT(l)lf TO ^itv OVV Cll'CttQOUy 71QOJBQOV iöTl, TO rfVGU dl GVVavail}00[XiVOVVÜTt(JOV. Top. Z 4.141 b 28 ffuvavcagü yctQ rb yivog xcd >j diurpoQa to eldog, wäre ngoreQct tccvtcc tov i'iöovc. A 2. 123 a 14 hvhl nQÖrsQovffvati rb sldog xal OvvavctiQsl rb yivog (sc. ist die Gattung falsch bestimmt)' doxsl yctg rbivavxiov. In der letztgenannten Stelle bezeichnet der Ausdruck doxsl deutlich diese Lehre vom ngÖTigovder Gattung im Verhältnis zur Art als endox, d. h. jedenfalls als nicht spezifisch Aristotelisch.

4) Die Definition des inlnsdov als nsyag arigiov findet sich bei Plato in der Form u^^ub nsgagffTSQsov im Meno 76 A {ayjj^a entspricht dem kurz vorher erwähnten InLmdov). Können wir also die inder Topik Z 4. 141b 20 kritisierten Definitionen von OTiypy u. s. w. als Platonisch ansehen, so hätten wir

AskaniacheB Gymnasium. 1904, 2

Page 10: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

- 10 —

Als drittes Beispiel für das mqövsqov g>vasi findet sich in c. 65 Teil und Ganzesangeführt; die Begründung hierfür lautet: biioloig ös xal vov /xsQOvg dvaiQS'&svvog vöÖXov ävaiosivat,, vov ös öXov (j,rj övvog ovösv x&Xvsi vö iisQog elvcu (Rose, Ar. ps.694, 24). Genau so wird das Verhältnis von iisoog und öXov in der Topik Z 13. 150a 33gekennzeichnet: avänaXiv yäg ösl oviißalvsiv v&v [isoäv (pvxaQsvvcov cp'd'scQso'd'ai vööXov, vov (5' öXov (pd-aoewog ovx ävayxalov xal vä fxsQr] sqj'frdQ'&ai. In dieser allgemeinenFassung aber kann der Satz unmöglich von Aristoteles herrühren. Denn für ihn erhältim Reiche alles Organischen der Teil erst Bedeutung und Wert durch das Ganze, inwelchem der Endzweck der Teile gegeben ist und erreicht wird 1); oder anders aus¬gedrückt: der Teil ist nur in gewissemSinne, nämlich xavä dvvafMv, früher als dasGanze, aber nicht xav' svvsXsxsiav2). Dagegen ist die Ansicht vom Prius des Teils imVerhältnis zum Ganzen für das System des Xenokrates von grundlegender Bedeutung.Sie liefert ihm nämlich das Argument, auf dem er seine Lehre von der Unteilbarkeitder Elemente und von den unteilbaren Linien aufbaut 3).

Auf akademischer Lehre fufst schliefslich auch die letzte Art des jvqövsqov, dieim 6. Buch der Topik genannt wird: Z 4. 142 a 20 jtqövsqov yäg vö [isvov aal vöä>Qiofj,evov vov äoglovov xal sv xivrjaet övvog. Inbezug auf den Vorrang des Begrenztenvor dem Unbegrenzten brauche ich blofs auf die Darlegungen des Philebus über nsoagund änsiQov zu verweisen. In demselben Dialog wird auch schon das fest Begrenzteauf das Bleibende, zum Stillstand Gelangte im Unterschied von dem zwischen Gegen¬sätzen schwankendenUnbegrenzten zurückgeführt 4). Aufserdemwird uns die Gleichsetzungvon xivrjOig und döoiovov für Plato noch durch Eudem bei Simpl. Phys. 431, 13 bezeugt:vö ö' dÖQiövov xaXcbg snl vi)v xlvqow ol nv&ayÖQsioi xal 6 ÜXdvcov smqpsQovoiv (vgl.Zeiler IIa 950, 2 und 726, 3; Heinze, Xenokr. 67) 5). Diese Ansicht hatte sich ver-

auch hier die immer wiederkehrende Erscheinung, dafs Aristoteles gegen Plato und Platoniker dereneigene Ansichten ausspielt. Bemerkenswert ist übrigens, dafs Plato die erwähnte Definition des nx^f*" füreine andere auf Grund folgender dialektischer Regel einsetzen läfst: Meno 75 D lau eft «reo? to diaUx-TixoJTeQov fii] fjovov T&Xi}9^ dnoxQiveßfhai, äkkä xal clV ixsivcov, uiv av ngoooixoXoytj fidsvai 6 IgwTWftivog.Wenn nun Ar. an unsrer Topikstelle von denen spricht, welche dta tojv ixaOToig yvcogi/ucortgiovtov bgiafibvifdcxovaiv änoäoiiov tlvai (Z 4. 142 a 5), so erscheint eine Bezugnahme auf die betreffende Stelle des Menonicht unwahrscheinlich.

!) Vgl. Polit. A 2. 1253a 20 to yag oXov ngoTigov ävayxalov iivai tov fiigovg' ävaigov^iivov yägtov oXov ovx iaiai nötig ovds %iig, li f^ij b/xo)vvfto>g, de coelo A 2. 269 a 19 tö yäg TiXeiov ngÖTsgov t>] qvdsitov ÜTeXovg.

2J Um die entgegengesetzten Auffassungen von dem Prioritätsverhältnis zwischen Teil und Ganzembeide der Platonischen Definition des ngoTtgov qvan anzupassen, unterscheidet Ar. am Schlufs des 11. Kap.im 5. Buche der Metaph. noch ein ngbtsgov xcitcc ysvsaiv und xma <p9-ogäv,vgl. Bonitz, Komm. S. 252.

3) [Arist.] de lin. insec. 968a 14, Heinze, Xen. S. 68, frg. 42 S. 174, 14: hi tl aaifiaiög Ioti,arotyiia, Tiav di o~Toi%iiwv jArjdtv ngörtgov, rri di pigy tov 6'Xov ngoTsga, ädictignov ttv tiij tb nvg xtX.und auch de lin. ins. 968 a 9, Heinze a. a. 0. S. 174, 9: en il isuv idia ygafifitjg, r, d'idia ngiaxt] röivavvcavvfiojv, tu dt /jigq ngoTtga tov ÖXov trjv tfVGiv, ädtaigtTog äv t'irj «vitj tj ygafi^ir).

*) Phil. 24 D nQoxcoQii yäg xal ob fdivet to re 9egfxoTtgov etil xal to xpvxgoTtgovJjaavTOjg,to denoabv fßTrj xal ngoibv inavearo; vgl. auch Tim. 57 B ovria d>i eräatv ptiv iv ü/jakoTijri, xh'ijaiv dl ilg äveofta-).6zrjTacid TtS-üifitv.

•r>) Eine besondere Anwendung fand diese Lehre bei Plato in seiner geringschätzigen Beurteilungder ijdovri als xirijoi; oder yivtaig (Rep. IX 583 E to i]di> iv rpt/Tj yiyvdfiivov xal ru Xvtdiqov xivtjaig Tisa\u'foTigoj idTov) gegenüber dem äyaS-öv als dem ctizb xa$' kvjo Sv (Phil. 53Cff., Zeller IIa 604), dem höchsten

Page 11: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— II —

mutlich auch Xenokrates angeeignet, wenn er unter den Bestandteilen der Seele intavtöv und fidtegov das Vermögen des Stillstandes und der Bewegung verlegte (vgl.Heinze a. a. 0. S. 30 u. 65). Somit wären wir berechtigt, die sämtlichen Bestimmungenüber das ngötsgov (pvaei, die in c. 65 und in der Topik gegeben sind, aus Piatos Schuleabzuleiten.

c. 66.Die Definition des d'/m (pvaei, in c. 66 lautet entsprechend der des ngötegov

(pvaei folgendermafsen: td te avvavaigovvta äXXrjXa xal tä fir) dvvdfieva %u>gic, äXXtfXoivelvai; ihre Anwendbarkeit auf das Verhältnis von dmXdaiovund tffuov wird dann nochin formelhafter Weise umständlich bewiesen (Rose, Ar. ps. 694, 37 bis 695, 3; vgl.694, 20—26). Dasselbe Beispiel findet sich in der Topik (Z 4. 142 a 27 f.) unter denävtixei^eva, die a\ux vfi (pvaei sind (142 a 23, 24). An derselben Stelle werden dannnoch speziell die koordinierten Arten bez. die Artunterschiedc einer Gattung dazugerechnet: Z 4. 142 b 8 äfia yäg tf/ (pvaei tä ex tov avtov yevovg ävtiöirjgrjfj,eva, töde negittöv xal ägtiov dvtiöiyg^tai. Diese Ansicht ist eine einfache Konsequenz derals akademisch nachgewiesenen Lehre vom ngötegov der Gattung im Verhältnis zur Art,ihre ersten Ansätze aber lassen sich bereits in Piatos Dialogen aufzeigen. So wird imSophistes (257 E bis 258 B) mit Nachdruck darauf hingewiesen, dafs bei der övtog ngögbv ävtifteoig, wo nach Platonischem Einteilungsprinzip durch das etegov dichotomischeiner positiven Art deren Negation gegenübergestellt wird, diese einander gegenüber¬stehenden Glieder (das sind eben nach späterem Sprachgebrauch die ävtiöiygr^eva) 1)den gleichen (öfiolcog 258 A), keinen grösseren oder geringeren (257 E, 258 A) Anspruchauf das Sein haben. Direkt die Gleichstellung der Arten aber innerhalb der¬selben Gattung betont eine Stelle aus dem Meno: 74 C—E xal eiye ae exeXeve XeyeiväXXa %Q(bj.iava, eXeyeg äv äXXa, ä ovösv tfttov tvy%dvei övta xgeö^ata tov Xevxov; undovöev fjbäXXov tpyg tö atgoyyvXov a%r\pt,a eivai i) tö sv'dv. Für die gegenseitige Bedingt¬heit relativer Begriffe schliefslich mag nur kurz auf Politikus 283 D und besonders aufCharmides 168 Bf. verwiesen werden 2).

c. 67 und c. 68.Über den Ursprung der Unterscheidung zwischen den xati' avtö und den ngög

n övta (c. 67 c. M., D. L. III 108) sind wir besonders gut untenichtet. Wir finden siewiederholt bei Plato (Bep. IV 438 A, Parm. 133 0, bes. Soph. 255 C; vgl. Zeller a. a. 0.IIa 663,2; Prantl, Gesch. d. Log. I 74), zugleich ist sie ausdrücklich als Lehre des

Zweck für alles Werdende. Diese Ansicht wird von Aristoteles in den Eth. Nie. kritisiert und zwar infolgender Formulierung: X 2, 1173a 29 rikttöv xt jäya9bv TtS-ivns, t«? di xivrjang xal ras yeviosisäiekelg, Trjv efi fidovijv xlvr\aiv xal yivtait änotpaivtiv nsiQwutca. Dieser Lehrsatz aber, dafs die yiviaisbez. iyigytut kein rüog sein könne, steht zur Begründung einer dialektischen Regel in der Topik {Z 8.146 b 14) und zwar mit einer für Aristoteles' Methode charakteristischen Einschränkung gerade inbezugauf das r/fcoS-ai.

r) Hierüber wird unten ausführlicher gehandelt werden.2) Charm. 168C Oixovv xal il ri dinkaawv iari töV r' äXXoiv äm\actiav xal iavzov, >i/xioscog dqnov

ovzog iavzov n xal zw aXluiv dinlüßioi' av tirj' ov ydg lazi nov ceXkov dinXdo iov »J y/iiiffecog; vgl.Top. z 4. 142 a 27; ä 4. 124 b 24—26, Eose; Ar. ps. 694, 37 f.

2"

Page 12: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— 12- -r

Xenokrates bezeugt (frg. 12 Heinze). So sind aus unserem Abrifs logischer Regeln nurnoch die Bestimmungendes c. 68 über die evavvia als akademisch nachzuweisen.

In der Kategorieenschrift wird die Definition des konträren Gegensatzes alsüberliefert bezeichnet und auf den Gegensatz von Oben und Unten im Räume zurück¬geführt 1). Tatsächlich wird auch im 9. Buch der Republik 584 D f. die räumliche Vor¬stellung von Oben, Mitte und Unten benutzt, um den Gegensatz von i)öovr) zur hbnr\und von dem fälschlich für i)öovrj gesetzten iista^v des äXvnov zur Xvmj anschaulichdarzulegen 3). An dieser Stelle werden nun von Plato zwei Beispiele für ein Mittlereszwischen konträren Gegensätzen genannt, in denen die beiden in der Topik verzeich¬neten Arten desselben vertreten sind: das Graue (cpatöv) beim Schwarzen und Weifsenist ein mg vnoxeifievov(A 3. 123 b 20; vgl. A 15. 106 b 6 olov Xsvxov xal [teXavog ev%Q(b[Mi<u /j,bv tb qxuöv), das Preisein von Lust und Schmerz, d. h. das iirjve %aiqeivfirfve Xvneici'frai*) ein xarf änäyaow ävä iieaov (A 3. 123 b 20 — 23; vgl. Kat. 12a 20).Das letzte wird in c. 68 durch das Beispiel des Guten und Schlechten angedeutet (Rose695, 15: äyaftov /j,ev yäg xal xaxov savi ti ävä /A,eaov) und vollständig ausgeführt inc. 55 derselben Sammlung,wo alles Seiende in Gutes, Schlechtes und keins von beidengeschieden ist (äyaftöv, xaxöv, ovöeveoov)*). Gerade diese Dreiteilung wieder ist echtPlatonisch (Lys. 216 f., Gorg. 467 E, Symp. 202 AB; vgl. Rep. X 609 B). Xenokrates,der sie von Plato übernimmt, würdigt sie noch eines besonderen umständlichen Beweises(Heinze, Xen. fr. 76) 5).

*) 6 b 12 fiaXiaxa &t rj tvavuoim xov noaov nsgl tov totiov äoxsi vndgj(iiv. to ydg avm Tip xdxuiivnvxlov Ttfteccffi, rr\v ngbg to jxiaov ^uigav xaioj Xiyovxtg <Fi('<xb TxXelaxtjv t$ ,U£ffft) didcxaeiv ngbg td nigra«tov xbdfiov slvai. loixaai, dt xal xbv tcSv dXXmv ivavTtiav bgiff/ubv dfib tovtci»' Inupigew rd ydg nXtiaTOVuXXrjXiav (fieertixoia xüiv Iv tw avxtS yivn ivavxia bc,lt,ovxcu.

2) Rep. 584 D No/ui'Csig xi, tlnov, iv rrf q>v<rti flvai to [iev ctvao, to ds xdxoi, to <fe /jiaov; 584 BOavfidCotg civ ovv, tl ol dnevgoi dXrjfreiag nfgl TioXXmv xt dXXiov üb. vyiiig (Jofref f/ovatv, ngög xe tjtTovqv xalXvnqv xal to /usxal-v xovxojv ovxai äidxnviai,, ojoxs, bxav /utv Inl to Xvntjgbv (figuvxai, aXtj&q ti o'iovxai xalrw bvxi Xvnovvxai, 6rav cft dnb Xvnqg tnl x'o fitxtt^u, aifoifga jutv o'iovxai ngbg nXqgaiciif Ti xal ijdovrj yCyvto&ai,ütTTtin ngbg fxiXav rpaibv dnoOxoTiovvxig äniigia Xivxov xal ngbg tÖ dXvnov ovxo] Xvnrjv dqngiSvxsg dutigiajjdWiJ's- dnaTmvTcu ; Im Timaeus 62 C D wird zwar im Weltganzen wegen seiner kugelförmigen Gestalt keinOben und Unten zugegeben, wohl aber das /niaov den is^aTa, die von ihm stets den gleichen Abstandhaben, gegenübergestellt (vgl. Kat. 6. 6 a 13 - 15). Speusipp dagegen scheint nach einer Angabe Theophrastsffr. 12, 32 W) in der von Zeller hergestellten Lesart die dtd jxiaov %wga un d die cixga ixaxiguifri, d. i. dieMitte und die obere und untere Grenze der Weltkugel, geschieden zu haben (Zeller IIa 1000,3).

3) 583 C ovx ivavxlov rfafxlv XiintjV i/JVrj; xal fidXa. Ovxovv xal to fifjxt x«igtiv (*rjxe Xvrtiicf&aiflvai Ti; Elvai fiet'xoi. Mixal-b xovtoiv dfutoiv Iv /ueao) bv . . .

4j Dasselbe Beispiel für das x«t' anotpuaiv fiiaov steht in den Postprädik. (Cat. 12 a 24); in derTopik {A 3. 123 b 21) ist dafür dgiTij, xaxCa und foxaioavvt], äätxla gesetzt.

6) Dagegen entspricht das ovis äya&bv ovti xcc/.bvaXs, ein Mittleres zwischen den konträren Gegensätzendya9-6v und xaxov durchaus nicht Aristotelischer Doktrin. Auf dieses xax' dnortaatv fjfTa(v berufen sichvielmehr andere und ziehen daraus zu weitgehende Polgerungen über das /usTal-v überhaupt im 10. Buchder Metaphysik [15. 1056 a 30). An anderer Stelle nennt Aristoteles den oht ayairbv ovts xaxov dvSgmnovals ein Mittleres zwischen den Gegensätzen der Privation (Metaph. I 4. 1055 b 23, Bonitz, Komm. 433).Hier ist der Mensch bez. sein sittliches Verhalten die Gattung, innerhalb deren sich der Übergang vondem einen Gegensatz zum andern vollzieht. Pafst man aber die Begriffe dyafrbv und xaxöv ganz allgemein,so fehlt eine solche einheitliche Bestimmung, wie sie die Ivavria nach Aristot. Lehre benötigen (vgl. ZellerII b 214, 4). Dasselbe besagt Metaph. X 3. 1061a 20 f., wo das Mittlere zwischen Gerecht und Ungerecht

Page 13: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

13 -

Als Beispiele für konträre Gegensätze ohne Mittelglieder werden in c. 68 Be¬wegung und Ruhe, Leben und Tod, in der Topik (A 3. 123 b 17) Gesundheit undKrankheit angeführt. Jedes läfst sich durch Stellen aus Piatos Schriften belegen. Lebenund Tod werden im Phaedo als Gegensätze genannt, bei denen notwendigerweise dereine aus dem andern hervorgehen mufs 1), Ruhe und Bewegung in gleicher Weise imSophistes einander gegenübergestellt2), und schliefslichwerden ebenso deutlich als Gegen¬sätze, die ein Mittleres ausschliefsen, Gesundheit und Krankheit charakterisiert imGorgias: 496 B äXX' sv (isqsi, olptai, sxdvsgov (sc. 6 ävd-Qconog vyisiav xai vööov) xaiXa/.ißävst,xai änoXXvsi (vgl. Kat. 10. 12 a 5) 3).

Eine besondere Entgegensetzung erfahren in c. 68 c. M. noch die Glieder derDreiteilung äyaftöv, xaxöv, ovts äyatiöv ovts xaxöv in der Art, dafs drei Gegensatzpaaregebildet werden, nämlich äyaftöv xaxcp, xaxöv xaxcp, ovöstsgov ovöstsgcp. Die Stelleist dort nur lückenhaft überliefert, dafür findet sich aber dieselbe Lehre noch voll¬ständiger ausgeführt in c. 23 c. M. (Rose, Ar. ps. 683, 15—20).

Was zunächst das äyadöv als svavtlov des xaxöv anlangt, so ist dieser Gegen¬satz schon in der oben besprochenen Dreiteilung ayatiöv, xaxöv, ovöstsgov gegeben.Das xaxöv als evavviov des xaxöv wird nun in c. 68 c M. zurückgeführt auf die Gegen¬überstellung von Übermafs und Mangel (vmsoßoXri und svösta bez. sXXsiipig Rose 695, 23.25. 26), deren jedes nach c. 23 c. M. (Rose 683, 18) als ein cpsvxtöv dem andern konträrentgegengesetzt ist. Die gleiche Erklärung finden wir in der Topik (A 3. 123b 27—30).Dort wird als Einwand gegen die topische Regel sv cp tä äxga, xai tä ävä jjbsaov(123b 25) folgendes angeführt: svotacug ött r\ ßhv svösta xai vjtsoßoXr) sv xcp avtcpysvsi (sv tcp xaxcp yäg äßcpco), tö 6s (istgtov ävä fisoov ov tovtcov ovx sv tcp xaxcpäXX' sv tcp äyaficp. Dafs zwei cpsvxtä einander nur als vjteoßoXrj und svösta entgegen¬gesetzt sein können, wird als endoxe Lehre noch besonders ausgesprochen in der TopikB 7. 113 a 5 ov öoxst ös cpsvxtöv cpsvxtcp svavtlov slvai, säv ptt) %ö fisv xa$' vnsoßoXriv,tö ös xat' svöstav Xsyöptsvov$• r) ts yäo vnsqßoXrj tcov cpsvxtcov öoxsl slvai, ößolcogös xai fj svösta. Diese Unterscheidung von vjiEoßoXrj, eXXstiptg und /.istotov aber gehtauf Plato zurück. Sie findet sich mit den Terminis vjzsqox')], sXXsiipig, ^tgtov bez.vrtsoßdXXov, vnsgßaXXöfjtsvov, ptstgtov, im Politikus 283 Df. und an einem bestimmtenBeispiel ausgeführt in Legg. IV 719 D (ovor/g yäg tacprjg ti)g fisv vnsgßsßXr\iisvr\g,tv\gös £XXeittovor)g, tfjg ös (istglag). Das fistgtov des Politikus ist aber im Grunde ge¬nommen nichts anderes als das mehr im metaphysischen Sinn gebrauchte nsgag des

als das ovdhsQov gleichfalls dem Gattungsbereich einer bestimmten «ft? zugesprochen wird (BonitzKomm. 457).

') Phaedo 71 D liye cfif fioi xitl ov, tft], ovroi nigl Zoiijs xai S-civdrov' ovx Ivavriov /uiv <fijs tu fiJV toTifbvttvav tii'cci; "Eyuye. riyvtofhai ö" l£ aXXriXtov;Tfcti. "E| ovv rov ^üivTog il rö yiyvojxtvov ; To TsS-ptjxög,iiptj. Ti cfe . .. ix tov tsS-usojtos; .. . rb f<öV. Freilich wird der Übergang selber in seiner doppelten Formals ein [isTa%vbezeichnet (71 C), aber in einem andern Sinne, als er uns hier beschäftigt.

a) Soph. 250 D 6» yeiQ rt /«ij xivsItcu, 7iüJf ovji *o*Tijxf>', rj to fjtjda/uws eorög niSs ovx av «wie;vgl. Legg. X 897 E MifMvrif.isS-a toCvvv tuv tots j'r» tovto ye, oti tÜv ndvxusv r« /utv xwilßd-cti, t« defiivuv l&S/LtlV.

3) Auch im IL Alcibiades werden Gesundheit und Krankheit als Beispiele derjenigen Qualitätengesetzt, zwischen denen es kein cF»« pioov tqvtov nafrog gibt (138 D, 139 A). Aristoteles selber rechnet inseiner Metaphysik den Gegensatz von iykia und vooog zur Privation (Met. Z 7. 1032 b 3).

Page 14: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

- 14 -

Philebus, das noaöv, zu dem auch das Xaov gerechnet wird (Phil. 25 A), die bestimmteGröfse, in der das Mehr und Minder (iiäXXov aal i)vvov) des aneigov feste Begrenzungund Bestimmung erhält 1). Hierzu stimmt auch die Angabe Alexandersaus der Aristoteli¬schen Sehrift neol täyatiov, dafs Plato der Einheit das Xaov, das äviaov dagegen dervnsgoxv und eXXeiiptg zugeteilt habe (Zeller IIa 947,4). In dieser Form hat dannSpeusipp die Lehre von dem Gegensatz zweier Übel, d. i. des Zuviel und Zuwenig,übernommen, wenn er den Schlufs, die Lust sei ein Gut, da der Schmerz ein Übel sei,mit dem Argument zu entkräften sucht: Eth. Nie. H 14. 1153b 5 vo fiel^ov Tq> kXättoviaal v& Xaq> hvawlov. Hier hat man das Xaov dem äyaftöv, das [lel^ov und eXatvovaber dem aaaöv gleichzusetzen, so dafs demnach die Lust dem Schmerz nicht wie daslaov, sondern wie das eXattov dem \ielt,ov, d. h. als ein aaaöv dem aaaöv gegenüber¬stände, wogegen Aristoteles mit Recht geltend macht, dafs die Lust unmöglich ein ojcsqaaaöv sein könne. Eine Bestätigung für diese Auffassung des Speusippischen Xaov gibtuns Aristoteles selber in seiner Ethik, wo er den konträren Gegensatz von vjieQO%fj undeXXeiqug einerseits zueinander und andererseits zum fiiaov mit den Terminis fiet^ov,Xaov, sXavtov erläutert: Eth. Nie. B 8. 1108 b 11 vgiäv de diaMaemv ova&v, ovo fievaaai&v, Trjg fiev aad' voiegßoX^v, vrjg de xav' eXXeityw, [Mag ö' aQsvfjg vrjg fieaötrjtog,näaai näaaig avxiaeivxai Jtcog' al fiev yäg äagai aal tf) fiearj aal aXXt)Xaig hvavtlaislalv, r\ de fiearj vaig äaga ig' &oneg yäg vö Xaov mgbg fiev tb eXattov fieltfiv, ngbgde tb fiel^ov eXattov, ovvcog al fieaai efetg atX. (vgl. 1108 b 29—30 und 1106a 28 tbde Xaov fieaov ti vnegßoXfjg aal eXXelipea>g).So sind hier zwei Fäden miteinander ver¬flochten, die von Plato und Speusipp hinüberleiten zu Aristoteles. Selbst der vondiesem für die Gegensätze -bneoßoXr) und evdet,a in ihrem Verhältnis zum fiiaov ge¬brauchte Terminus äaga bezeugt die Platonische Abkunft dieser Lehre. Aus der Topikersehen wir, dafs die Ausdrücke äaga und fieaov zunächst ganz allgemein gebrauchtworden sind zur Bezeichnung der Gegensätze und ihres Mittleren (Topik A 3. 123 b 25,124 a 6). Zu Grunde liegt auch hier die Vorstellung des räumlichen Gegensatzes vonOben und Unten, aus dem, wie wir oben schon sahen, die Definition des evavtiov über¬haupt abgeleitet wurde 2). So hat Speusipp nach dem freilich schlecht überliefertenFragment aus Theophrast dieselben Termini für die obere und untere Grenze der "Welt¬kugel im Gegensatz zu ihrer Mitte gebraucht (s. o. S. 12, 2). Plato selber aber bezeichnetschon in der Republik das bv, firj bv und ä/ia bv te aal fit) bv bez. die ihnen ent¬sprechenden Erkenntnisstufen ematf)(irf, äyvoia, öö§a (Rep. V 477 A ff.) als äaga undfieta^v (478 E tolg fiev äagoig tä äaga, tolg de fieta^b tä fieta^v änoöidövteg).Gerade da handelt es sich aber um die höchsten und gröfsten Gegensätze, um das bv

a) Phil. 24 C nU' läaavTi rtvrö ze (sc. rb noaov) xal rb fiirgiov rjj rov /uaXXov xal tjrrov . . • .fcfg« lyytvia&m; vgl. Polit. 284 B rb nXiov av xal 'iXarrov /uerQtjrd vQoßavayxaariov yiyvwS-ai fxr\ ngbgaXi.tiX.itfiovov, äXXä xal ngos rr\v rov /uerniov yivitsiv.

2) Diese Definition wird denn auch in der zuletzt angeführten Ethikstelle (Eth. Nie. B 8. 1108b 33)■wörtlich zitiert, um den vorausgeschickten Satz, die äxga seien einander mehr entgegengesetzt als demfihgioi', zu begründen, obwohl doch jene zum xnxöv, diese zum uyaS-öv gehören. Anders freilich urteiltPlato selber von einem allgemeineren Gesichtspunkte aus in Rep. VI 491 D: äya&iü ydg nov xaxbv ivavriiä-riQov tj rm ut; ayaSo). So heifst es denn auch in der Endemischen Ethik gerade im Gegensatz zurNikomachischen r 7. 1234 a 34 fori ö' fravTiuiztgov roT$ «xqois ro fiiaov tj ixtiva «XXrjXoig.

Page 15: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— 15 —

und fx,rj 6V 1); so kann es nicht Wunder nehmen, wenn die Wahl der Termini äxga undftevagö an dieser Stelle für seine Schüler vorbildlich geworden ist.

Zu den Gegensätzen vom äyatiöv zum xaxöv und vom xaxöv (als cpsvxvbv) zumxaxöv (als g>svxvöv),tritt als dritter der des ovvs äyatiöv ovvs xaxöv zum ovvs äyaftbvovvs xaxöv. Derselbe kommt, wie es scheint, bei Speusipp noch nicht vor, jedenfallspafst er nicht in die Begriffsreihe psl^ov, loov, sXavvov. Wohl aber könnte manXenokrates von vorneherein eine solche Lehre zutrauen, da er fast überall ganz pedantischdie Dreiteilung in Begriffszergliederungen durchzuführen sucht (vgl. Heinze, Xcn. S. I)und da er auf die Einteilung des Seienden in Gutes, übles und keins von beiden, aufwelche die des c. 23 c. M. zurückgeht, besondern Wert zu legen scheint (s. o. S. 12). Sieläfst sich jedoch, wie ich glaube, auch positiv als akademisch aus der Nikom. Ethiknachweisen. Es handelt sich an der betr. Stelle (K 2. 1173 a 6 ff.) gleichfalls um dieWiderlegung des hier dem Eudoxus zugeschriebenen Arguments, die fjdovij müsse alsGegenteil eines Übels, d. i. der Xvm], ein Gut sein. Die Gegner des Eudoxus nämlich,unzweifelhaft Platoniker (vgl. Rainsauer z. d. St. S. 652), wenden dagegen ein, es seinicht nur das Gute dem Fehlerhaften, sondern auch ein Fehlerhaftes dem andern undbeides keinem von beiden entgegengesetzt. Dies wollen wenigstens die seit Bekker inden Text aufgenommenenWorte ,,äfiq>a> vq> fif)ösvsQO) li (1173 a 8) besagen, und somitwiche diese Einteilung der Gegensätze von der unsrigen, in der an dritter Stelle keinsvon beiden keinem von beiden entgegengesetzt wird, nicht unbeträchtlich ab. Nun istaber der genannte Text einmal gar nicht überlieiert, zum andern pafst er nicht zu derdarauffolgendenArgumentation des Aristoteles. Dieser widerlegt nämlich seinerseits denGegenbeweis der Platoniker folgendermafsen: erstens, wenn beides, Lust und Schmerz,ein Übel ist (das ergäbe sich aus dein Gegensatz des xaxöv zum xaxöv), so wäre beidesetwas Verwerfliches (vgl. Top. B 7. 113a 5 o. S. 13); das trifft aber nicht auf die Lust zu 3).Dann fährt Aristoteles fort: v&v (.irjösvsQOiv de firjösvsQov r\ öfiolojg; das kann nurheifsen: wenn rjdovi] und Mnrj im Gegensatz des ovvs äyatibv ovvs xaxöv zum ovvsäyatiöv ovvs xaxöv stehen, so ist entweder keines zu meiden, oder beides in gleichemGrade: jenes aber stimmt nicht zum Schmerz, den man augenscheinlich flieht, diesesnicht zur Lust, die mau erstrebt (1173 a 11 vvv ös cpalvovvai vrjv (a,sv gjsvyovveg &gxaxöv, vr\v ös algov^svoi öbg äyafiöv). Dann würde die Voraussetzung „1173 a 7 slf) Xvatrj xaxöv «m", die zunächst für den einen Teil des Gegenbeweises,nämlich für dieEntgegensetzung der Lust und des Schmerzes als zweier Übel galt, hier fallen gelassenund Schmerz und Lust beide als ovts äyaftöv ovvs xaxöv, d. h., um einen bekanntenstoischen Terminus zu gebrauchen, als aöiätpooa einander entgegengesetzt sein 3). Wirerwarteten demnach vorher (1173 a 8) nicht äfAcpco vö) firjösvsQcp, sondern vielleichtfxrjösvsQov[A,r)dsvsQq> oder ähnliches. Überliefert ist nun in fast allen Hdschr., auch in

') Bekanntlich unterscheidet Plato selber dieses /jtj bv als das ivavtiov des bv im Sophistes vondem dort behandelten /u>] bv als dem hsQov tov 'övrog (257Bff.). Zum 1.1. fisragv s. Ind. Ar. 461a Stf.

2) Dies ist im Grunde dasselbe Argument, das gegen den entsprechenden Einwurf Speusipps(Eth. Nie. YII 14. 1153 b 5) geltend gemacht wurde (vgl. o. S. 14).

3) Diese Erklärung scheint um so natürlicher, als Aristoteles an einer anderen Stelle der Nik.Eth. selber diese Konsequenz aus der Voraussetzung, dafs die ytfoi'ij kein üynd-ov sei, zieht: H 14. 1154a 4oiiie Xßxov yaQ ovn uya&bv % Ivnrj, httiq fit/ä' rj^oy^- äan tf»« jt av yivyoi (sc, t^v liin^v 6 ev(Fcä/uü)y),

Page 16: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— 16 —

den beiden besten und ältesten (K b und Lb): äficpm tq> ^rjöetega (sc. elvai) 1). Dasheifst also: Gut und Übel könnten in einem Gegensatz so verwandt werden, dafs etwas,was keins von beiden ist, einem, was gleichfalls keins von beiden ist, entgegengesetztwird. So würde die ganze Stelle v. 1173 a 5—13 einen klaren Zusammenhangergeben 2),ohue dafs eine wesentliche Änderung des überlieferten Textes nötig wäre, und wirhätten damit ein Aristotelisches Zeugnis für den akademischen Ursprung auch der drittenArt der evavtia in c. 23 bez. 68 c. M.

Wenn wir bisher versucht haben, die logischen Regeln der cc. 64—68 c. M.einzeln auf Plato und seine ältesten Schulgenossenzurückzuführen, so mufs es bei dersonst so spärlichen Überlieferung von Lehren Piatos, die er nur im Kreise seiner Schülervorgetragen haben kann, als ein besonders glücklicher Zufall angesehen werden, dafsfür die akademische Herkunft der Angaben von cc. 67 und 68 ein äufsercs Zeugnisvorliegt. Simplicius nämlich führt in seinem Kommentarzur Physik (p. 248, 2 ff. Diels)folgenden Bericht Hermodors aus dessen Werk über Plato an: tmv övtmv tä fikv xa$'avtä elvau Xeyei (sc. IlXdtmv), mg äv&-QConov xal Innov, tä de jroög eVeoa, xal tovtmvtä (ikv mg ngög evavtia mg äyaftöv xaxm, tä öe mg ngög vi, xal vovvmv vä piev mg &Qia-\neva, vä ös mg äögiava, hutäyei' xal vä fjiev mg \ieya xal [iixqöv Xeyöfieva ndvta e%eivvö piäXXov xal fjvvov ..... vä de mg vö laov xal tö fievov xal rjQfAooßevov Xey6[ievaovx eyeiv tö (täXXov xal tö rjvvov, tä öe evavvia vovvmv eyßiv • eati yäg (xäXXov äviaoväviaov xal xivovßevovxivov^evov xal äväQfiootov ävag/^öatov (vgl. Zeller, diatr. deHerrn, p. 22, Gesch. d. gr. Phil. IIa 705, 6; Heinze, Xenokr. 37ff.). Wir finden hier denInhalt von c. 67 und c. 68 c. M. in der Art vereint, dafs die ngög tu und evavtia, alsmQÖg etega zusammengefafst, den xav^' avtä gegenübergestellt sind. Da, wie wir obensahen, gerade auch die Einteilung des Seienden in xafi' avtä und nqög ti als Platonischund Xeuokratisch bezeugt ist, so besagt die Abweichung bei Hermodor weiter nichts,als dafs die evavtia und die eigentlichen noög ti einer höheren Kategorie unterstelltund von den naü' avtä geschieden werden sollen. In der Topik finden wir nun gleich¬falls die evavtia und noög ti unter einer höheren Gattung zusammengefafst, nämlichden ävtixeißeva (A 14. 105 b 31 ff.). Aristoteles weicht dabei von der sonst üblichenEinteilung der ävtixeipieva in tä aoög ti, evavtia, tä xatä oteorjoiv xal e^iv, tä xat'ävvicpaoivXeyöfieva ab, die er z. B. auch Topik B 2. 109 b 17 ff. anführt, wo es sichgenau so, wie in A c. 14, darum handelt, an dem Beispiel „fj avtr) kmavr\yvr\ vmvävtixeifj,evcov u eine bis zu den ävoyia gehende Einteilung zu demonstrieren. Auf dieFrage, warum Aristoteles an der ersten Stelle nur zwei Arten der ävtixeipieva anführt,erhält man vielleicht eine Antwort, wenn man die drei Beispiele, welche als unterste

*) Will man diese Ellipse der so überaus gedrängten Schreibweise des Aristoteles nicht zutrauen,so ist es immer noch einfacher, hier den Ausfall eines ilvat, anzunehmen, als ^dinga in /nrjdeieQm zuändern und dann den dadurch unverständlich gewordenen Passus 1173 a 11 x<Sv /.irjdtTeQu>ydt /utidhegov ^ojxoimg mit Ramsauer (S. 652) gleichfalls zu ändern oder ganz zu athetieren. Übrigens scheint auchSusemihl die überlieferte Lesart durch den Zusatz „fors. recte" im kritischen Apparat seiner Ausgabe(S. 222) zu empfehlen.

2) Wie Aristoteles hier dieser dreifachen Art von haviia zwischen den Begriffen äyuü-ov, xaxövund oväiiiQov ein gemessenes Lob erteilt (1173 a 8 liyovzw ravr« ov xaxiäg), so hat er sie auch in seinerSpezialschrift negl uvnxHphw (Rose fr. 124 Tbn.) angeführt. Gerade diese Schrift behandelt, wie weiterunten gezeigt werden soll, eine grofse Zahl akademischer Lehrsätze über die Gegensätze,

Page 17: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— 17

Arten der kvavvta in Top. A 14. 105 b 34f. aufgezählt werden, in Betracht zieht: (tövavvbv de tqöniov xal vavtag näXiv öccugeveov, scog äv lvbi%v\vaidicugelv, olov bti) dya'd'ovxal xaxov xal Xsvxov xal /nsXavog xai ipv%Qov xal fteQiiov. Es sind dieselben, die inc. 23 und c. 68 c. M. für die drei Arten von Gegensätzen zwischen äyaftöv, xaxöv,ovös'Vsqov stehen. Der erste zwischen äyatiöv und xaxöv ist durch diese Begriffe selberbezeichnet (c. 23 S. 683, 15, c. 68 S. 695, 19 R.), der zweite zwischen den ovöevega durchXsvxötyg und (JieXavöv^g(c. 23. S. 683, 17 It., in c. 68 ist das Beispiel hierfür ausgefallen),der dritte zwischen xaxöv und xaxöv durch 'd-eQ^övqg und ipvxQÖtrjg (c. 23 S. 683, 19,c. 68 S. 695, 25 ß.). Dafs diese Beispiele für die drei Arten von svavtla typisch waren,ersieht man auch daraus, dafs sie dreimal in den Kategoricen (4 a 19, 4 a 31, 13 a 21)zusammen angeführt werden, mit dem einzigen belanglosen Unterschied, dafs onovöalovund (pavXov für äyaftöv und xaxöv gesetzt ist. So darf man wohl annehmen, dafs inTopik A 14. 105 b 34 die in cc. 67. 68 und c. 23 c. M. gegebene Unterscheidung vonrvQÖg n und svavtla mit den Beispielen für die untersten Arten der letzteren wieder¬gegeben ist.

Hermodor gibt für die svavvla zunächst nur das eine Beispiel äyaftbv xaxö).Dafür enthält die weitere Ausführung eine erwünschte Bestätigung unserer bisherigenDarlegung in anderer Beziehung. Als Gegensatzpaare nämlich werden am Schlufs nochauf der einen Seite das laov, ^svov, f)Q(j,oa^svov, auf der anderen das für das iiäXXovxal rjtvov Empfängliche, z. B. das aviaov, xivov/xsvov, avÖQjxoavov genannt. Wir findenhier das laov des Speusipp wieder, das dem aviaov, d. i. dem [ielg~ov xal IXavtov bez.der vjzeQo%ri xal eXXeotyig (vgl. Heinze a. a. 0. S. 39) gegenübersteht, ferner das fj,evovund fjQ/Aoöfievov, das in der Topik Z 4. 142 a 20 ganz im Geist dieser pythagoreischenSyzygieenlehre Piatos als ttQÖveoov g>voei dem äöoiovov und ev xivriaet, bv vorangestelltwird (s. o. S. 10) x).

Bereits die letzte aus der Topik entnommene Bestimmung über das stoötegovyvosi enthielt eine Ergänzung des c. 65 c. M., und da überhaupt die den cc. 64—68entsprechenden Partieen der Topik (s. o. S. 5, 2) die einzelnen Regeln dieses logischenAbrisses in grofser Ausführlichkeit als dialektische Gesichtspunkte verwenden, so wirdeine nähere Prüfung der topischen Verwertung unseres Anhangs zum Corpus divisionumzugleich über den Charakter dieser akademischenLogik weitere Aufschlüsse geben können.

Als ihr hervorstechendstes Merkmal erscheint dabei ein starrer Begriffsschema¬tismus, der nur da durchbrochen wird, wo bestimmte Instanzen aus der akademischenSchuldoktrin dagegen geltend gemacht werden. Hierher gehört zunächst der Satz, dafsein Artbegriff nur dann unter zwei Gattungsbegriffe fallen darf, wenn von diesen wiederder eine dem andern untergeordnet ist. Er findet sich als topische Regel in .A 15.107a 18. A 2. 121b 29; 2. 122b 2. Z 2. 139b 38; 6. 144a 11. Dafs er nicht alsAristotelisches Eigentum in Anspruch genommen werden darf, ersieht man an zwei dergenannten Stellen schon aus der Art seiner Anführung: A 2. 121b 29 doxel yäo,bvav sv elöog vnb ovo ysvrj y, vb bvsqov imb vov evegov neoiexeöfiat, und Z 6. 144 a 11

*) Es mag noch kurz Erwähnung finden, dafs das fxaXXov xal \txov, welches in unserer Hermodor-stelle, gerade so wie im Philebus (24 A f., 25 C) das Unbegrenzte kennzeichnet, in unserer Topik für einenwichtigen dialektischen Gesichtspunkt verwandt wird (z. B, B 11. 115 b 3 f., A 6. 127 b 18 u. 38); zu denwQKStiiivu und äoQicra als Arten der tiqos ti s. auch Metaph. J 15. 1021a 32 f.

Askanisches Gymnasium, 1904, ß

Page 18: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— 18 —

einsQ d.Xrj'd-eg ön ovx evöexevai tavvbv ev ovo yeveaiv elvcu ßtj neQie%ovaiv äXXfjXa.Besonders lehrreich ist nun die Einschränkung, die dieser Lehrsatz an der erstgenanntenStelle erfährt. Es heilst daselbst weiter: 121b 30 eyu ö' äitoQiav &i' evicov %b toiovto.öoxel yäg eviotg r) giQÖvrjaig aQetrj vs xai emotrifir) elvai, xai ovöevegov tcöv yevöv im' ovöe¬vegov jtsQiexea'd'cu' ov [/,r/v vnö nävccov ye ovyxoioeZxaivr\v cpQÖvrjotv emö%r\n,r\v elvcu. AlsEinwand wird also eine freilich nicht allgemein anerkannte Lehre angeführt, dafs dieEinsicht sowohl Tugend wie Wissen sei, obwohl doch keine dieser Gattungen, wie es dievorher aufgestellte Regel verlangte, der andern untergeordnet sei. Wer sind denn nunaber die evioi, welche diese Ansicht über die Doppelnatur der (poövrjöig vertreten?Dafs es sich hierbei um eine vielfach erörterte Streitfrage handelt, ersieht man aus demSchlufs des 3. Buches der Topik, wo gezeigt wird, wie man in vierfacher Weise denSatz, dafs die (poövrjöigallein unter den Tugenden ein Wissen sei, widerlegen kann(r 6. 120 a 28), nachdem sie schon vorher als die Art des Wissens, die am meisten einayaftöv zu sein scheine, bezeichnet worden ist (B 6. 119 b 34). Augenscheinlichist hierdie (pQÖvrjaigmit der emovrj^rj oder oocpia Piatos, die von ihm in der Republik alsäQstri des Xoyiönxöv der Seele dargestellt wird (Rep. IV 428 Bf., 441 Ef., 442 C; vgl.auch Phaedo XIII 69 B; Meno 88Af.; Rep. VII 518 Ct.), identifiziert, wie sie denn auchtatsächlich in den Gesetzen mehr im Hinblick auf das Handeln an die Stelle der coojlagesetzt ist (vgl. Zeller IIa 957f.) 1). So konnten sich diejenigen, welche die <po6vr]Oigzur ägevr] und imavqfM] rechneten, auf Piatos Vorgang berufen, und wirklich scheintgerade der Scholarch, welcher am gewissenhaftesten das Erbe des Meisters verwaltete,nämlich Xenokrates, diese Lehre übernommen zu haben, indem er sie genauer dahinformulierte, dafs es zwei Arten der qpoövqoig, eine praktische und eine theoretische,gebe, von denen die letztere, in der Topik (Z 3. 141 a 6) auch als ÖQianxrj xai fieco-QfjVixrj t&v ovtcov zitiert, die aocpia unter sich begreife (Xenokr. fr. 6 H.). Wie demauch immer sein mag, jedenfalls trägt Aristoteles, der selber in seiner Ethik die g)QÖvrjaigals die Tugend der praktischen Vernunft scharf von smar^^rj und aoyia scheidet (Eth.Nie. VI 7. 1141a 20ff.; Zeller IIb 654f.), an unsrer Topikstelle eine in der PlatonischenSchule vertretene Lehre als Einwand vor, um die oben genannte Regel dahin zumodifizieren, dafs zwei derselben Art zugehörende Gattungen, wenn keine der anderenuntergeordnet ist, zum mindesten selber unter einer höheren Gattung stehen müfsten,sowie äoevr) und emovirjfir} als Gattungen der <j>QÖvr)Oi,g unter denselben Gattungsbegriffefyg xai öid'&sai.g fielen (121b 37£).

Nach dem gleichen Gesichtspunkt, wie für das elöog, wird auch für die diayooädas Gesetz aufgestellt, dafs ein und derselbe Artuuterschied nur zwei „einander unter¬geordneten" Gattungen angehören darf, und zwar geschieht es an zwei Stellen, nämlichin Top. A 15. 107 b 19 und Categ. 3. lb 16, in stereotyper Form und mit denselben Bei¬spielen £q>ov und emavrnj,^). An einer dritten Stelle beruft sich Aristoteles zur

J) Dieselbe Auffassung spiegelt sich in der Topik darin wieder, dafs einerseits die tf^övriaig bez.das (fQwifiov als die Tugend des Uyumxov gilt {Z 6. 145a 30. E 5. 134a 33. E 6. 136b 11. £8. 138b 2),derselbe Seelenteil aber andererseits speziell als Sitz der Imorij/xy genannt wird [E 1. 128 b 37. Z 9.147 b 30 f.).

2) Top. A 15. 107 b 19 'Entl öe täv iriQUJv yeviav xai (tq vn' allrjXa iregai rä eufei xai aidiapogai, otov tyov xai {mary/ttis (frigat yao Toviiav ai dtatfoQai), Kat. 3. 1 b 16 Täv hsgoiv yevwv xai(4tj in' alXrjla jeray/jivwv hlQat rä eMsi xai ai <fia<fo(>at, otov £<öov xai faio-jqfitis.

Page 19: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

19

Begründung eines aufgestellten Topus auf diese Regel als eine endoxe (Top. Z 6. 144b 13o-ö öoxel yäo r/ avrfj öiacpooä ovo ysv&v slvai ßij JtsQisxövvcov äXXrjXa. Zugleich abermodifiziert er sie, genau dem ersten Fall entsprechend, dahin, dafs ein Artunterschieddann unter zwei „einander nicht umfassende" Gattungen fallen dürfe, wenn die letzterenwieder unter der gleichen höheren Gattung ständen: 144b 20 r) ovx äövvavov %r\vavvrjv öiacpogäv ovo ysväv slvai [mt] jtsqisxövvcov äXXrjXa, dXXä ngoo'd'STsov fitjö' ä/x,g)COvttö vavvöv ovtcov; und wieder tut er es im Hinblick auf eine Bestimmung, die sich beiPlato (Politikus 266 E) findet, dafs nämlich der Unterschied ölnovv sowohl dem jts^övwie dem mr\vov ysvog zukomme, von denen keins dem andern untergeordnet ist, dieaber beide unter den höheren Begriff £q)ov fallen 1).

Ganz besondere Bedeutung gewinnen für die in der Topik aufgestellten dialekti¬schen Gesichtspunkte die Bestimmungendes c. 68 c. M. über das svavviov. Es ist daraufzu achten, ob ein Begriff einen konträren Gegensatz hat oder nicht (Top. A 15. 106a 36.A 3. 123 b lff. c. 68 c. M. Rose S. 695, 10 väv ovvcov vwv [isv sovi vi svavviov, vä>vös ov). Zwei konträre Gegensätze müssen dann entweder selber Gattungen sein, wiedas äya&öv und xaxöv, oder derselben Gattung angehören oder in entgegengesetztenGattungen liegen (Top. A 3. 123b 3—12. vgl. HS. 153a 33-36) 2). Ist nun eineGruppe von einander über-, bez. unter- und nebengeordneten Begriffen einer andernentgegengesetzt, so wird in streng schematischer Weise eine Korrespondenz der einzelnenGlieder in beiden Reihen gefordert. So soll nicht nur der gerade vorliegende Begriff,sondern auch sein konträrer Gegensatz daraufhin geprüft werden, ob die zu ihm ge¬hörenden Gattungsbegriffe einander untergeordnet sind (Top. A 15. 107 a 32). Handeltes sich ferner darum, ein ysvog von einem slöog auszusagen, und hat jedes ein svavviov,so mufs ein ävä fj,saov für beide Gegensatzpaare gleichmäfsig entweder fehlen oder vor¬handen sein, und in letzterem Falle mufs es für beide von der gleichen Art sein (A 3.123b 12f. A 15. 106b 4) 3). Hat nur das slöog, nicht sein ysvog ein svavviov, so mufsdieses, und auch ev. das ävä [isaov in demselben ysvog liegen (A 3. 123b 23 f.). Fernermufs das Xöiov eines Begriffs dem löiov des entgegengesetzten Begriffes gleichfalls entgegen-

x) Vgl. auch Top. E 4. 133b 7 (olov h(i av&Qtonov iarlv Xäiov iö tlvai ntX,ov liinovv, xai oypiS-osav iit) X&iov rb elvai mrjvbv SCnovv) und A 15. 107 a 26 (b/uoioie d* xal oxav fwoc mtjvov dlnovv rbvxoQaxa Xiyai/uiv). Das äinow als Siaijoqä beim m&v und mijvbv tjäov wurde also vielfach als Schul¬beispiel verwandt.

2) Diese Regel rindet sich nicht in dem logischen Anhang der tficugiaus, wohl aber in der aus¬führlicheren Parallelschrift, den Postprädikamenten (Kat. c. 11. 14a 19, 20 Avdyxt] cfe nävia ta Ivaviia %iv TW tthxw yivii hivai r\ iv rols tvavrioig yivsaiv i) aiza yivtj slvai), wo gleichfalls dya&bv und xaxbv alsGattungen, die keiner höheren untergeordnet sind, angeführt sind. Gerade die letzte Bestimmung läfstAr. in der Metaphysik fallen, indem er daselbst die Gegensätze stets unter der höheren Einheit einerGattung befafst sein läfst (vgl. Zeller IIb 214, 4 u. oben S. 12, 5), dafür aber pafst sie aufs beste zu derAnsicht der meisten Schüler Piatos, dafs die letzten Gegensätze alles Seienden, das iv und das anuQovresp. die äooiaros ävag, dem Guten und Bösen gleichzustellen seien (vgl. Metaph. A 10. 1075a 35. M 8.1084a 34; Heinze, Xenok. S. 29). Hierher gehört auch die Angabe Theophrasts, Plato habe gelehrt, dieGottheit würde wohl, selbst wenn sie es könnte, das Übel in der Welt nicht beseitigen, da sie sonst dieseselber, die aus Gegensätzen bestehe und auf Gegensätzen beruhe, vernichten würde (Theophr., Metaph.S. 322 f. Br. XI a 33 Us.; Heinze, Xen. S. 24, 25 u. 34).

3) Dieser Topus wird geradezu als ein tvtfol-ov bezeichnet: 4 3. 123 b 20 ivdol-ov ydg rböfioiwe äfcifoly,

3*

Page 20: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— 20

gesetzt sein (E c. 6. 135 b 8), geradeso wie es die diayogal zweier entgegengesetztenArtbegriffe sein müssen (H c. 3. 153 a 36f.). Schliefslich soll sogar die bessere dereinander entgegengesetzten Arten zur besseren Gattung gehören (A 6. 127 b 8) 1).

Auch diese für die kvavvla gegebenen dialektischen Regeln werden z. T. vonAristoteles eingeschränkt, und gleichfalls mit Hinweis auf eine akademische Doktrin.So werden als Ausnahmen von der Regel über das gleichmäfsige Vorkommen des Mittlerenbei einander entgegengesetzten Gattungs- und Artbegriffen angeführt erstens die Gegen¬satzpaare vyleia, vöaog und äyaftöv, xaxöv, von denen dieses ein Mittleres, jeneskeins habe (A 3. 123b 17), zweitens das fistgiov als äyatiöv zwischen den Gegensätzender vaeQßoXri und evöeia als xaxd (A 3. 123 b 27). Beide Beispiele sind oben alsPlatonisch bereits nachgewiesen worden (S. 13 f.). Den Satz ferner, dafs in den ent¬gegengesetztenArten auch die Unterschiede entgegengesetzt sein müssen, läfst Aristotelesnur für den Fall gelten, dafs die betr. Arten ein und derselben Gattung angehören; stehensie selber unter entgegengesetzten Gattungen, so kann der Unterschied der gleiche sein 2).Er beruft sich dabei auf die zweifellos Platonische Ansicht, dafs es eine agevr] undxaxia sowohl der Seele als auch des Körpers gebe (Sophist. 227 C, 228 Af.; Gorgias463 E, 464A; vgl. auch Rep. IV 444 E u. IX 591 B) und somit der Artunterschiedtyvxfjg bei den Gegensätzen dixaioovvq und ddixla, die zu entgegengesetzten Gattungengehörten, derselbe sei.

Wie schon aus den angeführten Beispielen erhellt, befolgt Aristoteles in derAufstellung dieser logischen Gesichtspunkte eine ganz bestimmte Methode. Er führtakademischeAnsichten als Instanzen gegen Regeln, die in der Akademie galten, an undbringt, wo möglich, diese Regeln dann auf einen präziseren Ausdruck. Welche pädagogischeAbsicht ihn hierbei leitet, verrät er selber im 8. Buch der Topik (@ 2. 157b 9ff.). Dortzeigt er, wie man einem gegen einen allgemeinenSatz gerichteten Einwand zu begegnenhabe: man müsse den Teil, der von dem Einwand getroffen würde, ausscheiden und denRest dann wieder in einen allgemeinen Satz fassen (© 2. 157b 9— 11). Zur Erläuterungführt er zwei Beispiele an; das zweite lautet: biiolcog ös xal nqög tovg evb(rva/j,evovgdiöu vä> fisi^ovi, äyaftq) [tel^ov dvvlxsitai xaxöv irgcxpegovoi yäg övt ty vyieiq skättoviöwi dya&cb tfjg evefyag ftel^ov xaxöv ävtixeivat. Tr)v yäg vöoov [xel^ov xaxöv slvao tfjg

J) Auf Grund der sich hieran anschliefsenden Regel, dafs auch ev. ein und dieselbe Art unterdie bessere, nicht die schlechtere Gattung zu stellen sei, wird von Aristoteles die Bestimmung der Seeleals xivrjaig oder xn'ov/ueuop mit den Worten kritisiert: 127b 15 olop zijv yjvxh" otziq xivtjaiv tj xivov^svov.bfioiüig yäg t] aizri azazixl) xal xivijnxy äoxil th'at, dlazs li ßiltiov q Staats, tlg zovro fifst zb yivog 9-tlrm.Wir haben bereits oben (S. 10) hervorgehoben, dafs die Lehre vom Vorrang der ezdau vor der xd'ijaigPlatonisch ist, sowie dafs Xenokrates das Selbige und das Andere mit als Elemente in der Mischung derWeltseele ansetzte, um ihr das Vermögen der Bewegung und des Stillstandes zuschreiben zu können(Heinze, Xenokr. S. 30 u. 65f., fr. 68). Da er nun die Seele als eine sich selbst bewegende (fr. 60), bez. vonsich selbst bewegte Zahl (ägiSfibv aiiöv vg>' kavzov xivoiifuvov fr. 68) definiert, so gibt Aristoteles an unsrerStelle eine Kritik des Ausdrucks xwovjxtvav in dieser Definition auf Grund akademischer Lehren, wie eran anderen Stellen (r 6. 120b 3. Z 3. HOb 2) gerade die Bestimmung ägtS-juog darin widerlegt.

2) H 3. 153b 1 >/ ovx ävayxalov züiv Ivavziwv rag Ivamiag (fia<pogagxaztjyogela&ai,, dv [xy Iv tatavzip yivH y zd ivavzia' tav <fi zd yivrj ivavzia, ovdei> x(oXvftzr/v aiit)V ämifogdv xaz äfuiolv Xiyta&ai, oiovxaza aucttioavvijs xal ädiy.iag■ zb piiv ydg dgez>] zb cff xaxia \pvyljg, iSazt zb 'ßv%7JgdtaifOQu $i> duijbiv Xeyszai,inud'rj xal aa)/uazog laztv dgizlj xal xaxia. &i.V ovf zovzb ye d>.>]9-£g, Sit züiv iyavztmv rj Lvavziai rj al avzaldwtpoQtti ilaiv.

Page 21: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

21 —

xa%s£,lag xvX. Nach dieser Vorschrift verfährt aber Aristoteles selber in der Topik,und zwar sind wir in der Lage, sein Verfahren an dem eben angeführten Beispielkontrollieren zu können. Im 8. Kap. des 2. Buches nämlich (B 8. 113 b 27 f.) gibt erdie Regel von der Korrespondenz der Gegensätze: tq> svavvlcp tö svavclov eitetai, dieer bald darauf (B 9. 114b 14f.) ohne jede Einschränkung wiederholt, mit dem Zusatz,$ etnsl tavtä r\ avanaXiv* und berücksichtigt dabei gleich in der allgemeinen Fassungden nachher angeführten Einzelfall, der eine Instanz gegen die axoXov{h\aig t&v svavtlcovsnl tavrd darstellt, nämlich die Lehre: 113b 35 svs^la (j,sv rj vylsia dxoXovd-sT, xa%sfyaös vöaog ov, dXXä vöacp xa%s%la. Das ist aber genau dasselbe Beispiel, welches im8. Buch gerade die hier von Aristoteles selber beobachtete Vorschrift erläutern sollte:denn es besagt auch weiter nichts, als dafs in der begrifflichenAbfolge von vylsia undsvsfya einerseits und ihren Gegensätzen vöaog und xa%s^la andererseits, bez. in ihrer"Wertung als äyaftd oder xaxd die vylsia als geringeres Gut der xa%e£La als geringeremÜbel, die vöaog aber als gröfseres Übel der svs^la als grösserem Gut entspricht. Dafsdie Vertreter dieser Anschauung (Top. 0 2, 157 b 18 JZQOcpsQovaiyäo) im SchülerkreisePiatos zu suchen sind, ist schon an sich wahrscheinlich. Hervorheben will ich hier nurnoch, dafs sie in der vergleichenden Gütertafel, die in cc. 56. 57 der öiaiososig aufgestelltist und die sich als akademisch nachweisen läfst'), zum Ausdruck kommt. Daselbst istin der Rangordnung der leiblichen Güter die svsfya an die erste, die vylsia 2) an diezweite, dagegen unter den leiblichen Übeln die vöaog an die erste und die xa%s%la andie zweite Stelle gesetzt, so dafs hier die an den beiden Topikstellen berücksichtigtekreuzweise Korrespondenz der Gegensatzpaare vylsia, vöaog und svs^la, xa%sfyaPlatz greift.

Man kann demnach wohl annehmen, dafs Aristoteles in allen oben angeführtenEällen, wo er die auf die logischen Bestimmungenvon cc. 64—68 zurückgehendenRegelnim Hinblick auf akademische Lehren einschränkt und verbessert, den Zweck verfolgt,seinen Schülern eine methodischeAnleitung zur geschickten Verwendung dieser akademi¬schen Logik bei Disputationen mit Akademikern zu geben. Um nun über diese Dialektikder Platonischen Schule und die Art ihrer Berücksichtigung in der AristotelischenTopik zu einem einigermafsen abschliefsendenUrteil zu gelangen, wenden wir uns nochder Betrachtung desjenigen Kapitels der diaigsasig zu, welches uns eine Einteilung derMethoden gibt, die bei dialektischen Erörterungen von Problemen zur Verwendungkommen können. Es ist das 37. Kap. in der Roseschen Sammlung und lautetfolgendermafsen:

c. 37.öiaioovwai al [leftodoi al slg vä nooßXrjfAata slg tgla' slal yäo ativcov al

fisv xgmxal, al ös fisoiQrjnxal, al ös sgionxal. xai xgitixai fisv slaiv aig tö ßsXiiovxal tö %sZqov öiaxQlvojxsv, oiov növsQov ßsXtiov öixaioavwqfj ävöosla 1 'd'SCOQrjnxai ös

1) Ich kann hier nur ganz kurz verweisen auf Stallbaum zu Legg. I 631 C, III 697 B; Spengelzu Arist, Rhetorik A 5. 1360 b 25.

2) In c. 56 steht dafür der Ausdruck iin^intia. Dafs dieser synonym mit iyüia gebraucht ist,geht aus seiner Definition: evral-ia iwv tov (rki^unrog fjs^iSv ipvxQov y.al ftiQuov xnl £>iqov xai vyQov hervor,die nach Top. r 1. 116b 18. Z 2. 139b 21; 6. 145b S in der Akademie für die vyiua gebräuchlich ge¬wesen sein mufs.

Page 22: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— 22 —

atg ftecoQovfiSvto toiovtov, oTov Jtotsgov taitbv vöoog kovlv vysla xal ev'sfya r\ ov'SQionxal ös atg tovg ögovg ävaigov(isv, otov ovx sativ svsfya ocofidvcov ff xgatlctvr).

Sehen wir von der eristischen Methode ab, die sich auf die dialektische After¬kunst bezieht (vgl. Rep. V 454A, VI 499A; Phaedo 90C, 91A; Philebus 17A), so werdenhier zwei dialektische Methoden unterschieden, von denen die theoretische darin besteht,dafs über Einerleiheit und Verschiedenheit zweier Begriffe disputiert wird, und diekritische darin, dafs der Wertunterschied ethischer Begriffe erörtert wird. Beide findenwir im 1. Buch der Topik berücksichtigt, da, wo Aristoteles die vier Arten von dialektischenSätzen und Problemen anführt. Indem er nämlich als die möglichen Prädikate einesdialektischen Satzes die Definition, die Gattung, das Eigentümliche und das zufälligZukommende angibt, rechnet er die kritische Methode zur Behandlung des Akzidentellenhinzu (A 5. 102 b 14 JtgooxslO'&cooavös tq> avfj,ßsßr]x6n xal al ztgbg äXXrjXa avyxglasig),zwar in der etwas allgemeineren Fassung der Vergleichung mehrerer avfißsßiqxöva, inder Hauptsache jedoch mit Beziehung auf die Feststellung der Wertunterschiede zweierBegriffe. Das ergibt sich einmal aus den hinzugefügten Beispielen (aövsgov vb xaXbv7} vb ovfMpeQovalgsvcovsgovxal notsgov ö nav' dgsvfjv f) 6 xaif dnöXavaiv rjötcovßiog), sodann aber aus den Ausführungen des ersten Teiles des 3. Buches, deren Themalautet: J7 1. 116a 1 Jtövsgov ö' algsvmtsgov r\ ßsXnov övstv r\ nXsiövcov, sx t&vösoxsjvtöov und auf die am Schlufs der ganzen Abhandlung zurückgewiesen wird mit denWorten: I 7 4. 119 a 1 Tag (isv oiv ngbg äXXrjXa ovyxglosig xafidnsg sigrjtai ttoirjveov.Hier ist sowohl der Name der xgitixr] fis&oöog wie ihre Definition in c. 37 (alg vbßsXnov xal vb %slgov öiaxgivofisv)deutlich wiedergegeben; ebenso findet sich aber auchdas Problem növsgov ßsXviov dixaiootivr) r/ dvögsia, das als Beispiel in c. 37 angeführtist, in dem betreffenden Abschnitt wiederholt behandelt (f2. 117a 38—b2; 118a 17;3. 118 a 36—39). So stellt sich dieser Teil der Topik (r& 1—c. 3), der besonders vielPlatonisches enthält 1), dar als eine Ausführung der iisftoöog xgtvixi], die nur künstlichin die von Aristoteles vorher angegebene Disposition eingefügt ist und schon deshalbals fremder Bestandteil des Ganzen erscheinen mufs.

Noch deutlicher tritt in der Topik die Berücksichtigung der sogen, theoretischenMethode hervor, die in c. 37 durch die disjunktive Frage növsgov vavvbv r\ ovcharakterisiert wird. Auch sie wird in die oben angegebeneDisposition in der Art ein¬gereiht, dafs als zur Definition gehörig (bgixöv) die Fragestellung „növsgov vavvbv i}svsgov (A 5. 102 a 7. 8)" und als die Gattung betreffend (ysvixöv) die Untersuchung„ttövsgov sv vq> avvqj ysvsi äXXo äXXq> f? sv svsgq> (A 5. 102a 36. 37)" bezeichnet wird.An beiden Stellen wird ausdrücklich gesagt, dafs diese Gleichsetzungresp. Unterscheidungunter dieselbe Methode (wo vr\v aivi\v (isfiodov A 5. 102 a 9 u. 37) fällt wie die von

') Im allgemeinen verweise ich auf die hierher gehörigen Ausführungen des Gorgias und Philebus(vgl. auch im Ausdruck 27C xcilMov av xal r'^v xgiaiv inntl.teaifii9a . . .). Im einzelnen hebe ich nureinige Parallelstellen aus Plato zur Vergleichung heraus: 116a 10 vgl. Gorgias 475 Af.. — 116a 19 vgl.Rep. IV 438A, Symp. 205 E (Eth. Nie. A 1. 1094a 3). - 116a 29f. vgl. Rep. II 357Bf. — 116b 22 vgl.Phil. 54 C. - 116b 12f. vgl. bes. Legg. V 726 f.; ferner Eep. 591JB; Legg. X 892 C, 896 C, XII 967B;Tim. 34 C u. s. w. — 118a 27 vgl. Rep. 1 353 B f. — 118a 7 vgl. Crito 48 B. — Bemerkenswert ist schliefslichauch die Beziehung auf verschiedene dWp««»?, z.B. c. 21 (118b 27ff.); c. 34 (118a 6ff. vgl. Crito 48B;Rep. II 373 Af.; Legg. II 667Bf.; Ar. Rhet. A 7. 1365b 9; frg. 52. 53. 55. 58R.); c 56 (116b 18f. u. a.).

Page 23: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

*- 23 —

Aristoteles in seiner Disposition genannte Definition bez. Bestimmung der Gattung, undzum Schlufs des 6. Kap. (A 6. 102 b 35 ff.), wo er von der Schwierigkeit spricht, eine all¬gemeine, für alle Arten dialektischer Sätze verwendbare Methode zu finden, hebt er nocheinmal die Angliederung der andern als ögixd und ysvixd bezeichneten methodischenGesichtspunkte, die sich nach dem Vorangegangenen in der Hauptsache nur auf dieBestimmungdes vavvöv und svsqov beziehen können, an die eigene Einteilung dialektischerSätze hervor. Welche Bedeutung für die dialektische Praxis diese „theoretische" Methodedoch gehabt haben mufs, obwohl Aristoteles gegen deren unbeschränkten Gebrauch aufdem gesamten Gebiet der Dialektik an letztgenannter Stelle zu polemisieren scheint,das sagt uns einmal die Bemerkung im Anf. des 5. Kap. der Topik (A 5. 102a 6):öfiolag ds xai vö jiövsqov vavvöv alov\]Oig xai emövrj[j,r) i) svsqov (sc. öqixöv). xai yöorteQi vovg ÖQia^ovg, jvövsqov vavvöv r\ svsqov, i) nXslovrj yivsvau öiavQißi] 1); sodannersieht man es daraus, dafs Aristoteles den Topen für das jiövsqov vavvöv i) svsqoveine eigene Abhandlung gewidmet hat, die wieder nicht in den Rahmen der von ihmgewählten Disposition seiner Topik hineinpafst (Buch -ff c. 1 u. 2). Daselbst erfahrenwir auch, in welchem Umfang diese Methode für dialektische Begriffsbestimmungeninder Akademie verwandt ist. Für einen bestimmten Topus des vavvöv nämlich (H c. 1.152 a 5 oxonsiv ds xai &v ftdvsQOv [idXiova Xsysvai öviovv, sl xal fiävsQov väv avvcövvovvcov xavä vö avvö [idXiova Xsysvai,) wird Xenokrates als Gewährsmannangeführt, dermit ihm seine Definition des glücklichen Lebens als eines sittlichen zu beweisen sucht.Während also Aristoteles die Entscheidung der Frage nach Identität oder Verschieden¬heit von övofta und Xöyog, d. i. von Definiendumund Definition, nur für die Widerlegungbei Begriffsbestimmungen gelten läfst — darauf weist er gleich im 1. Buche (A 5. 102 a 15)und besonders nachdrücklich im 2. Kap. des 7. Buches (JJ 2. 153a lf.) hin —, glaubtXenokrates damit eine Definition beweisen zu können. Eine eingehendere Kritik dieserBeweismethode finden wir in dem 4. Kap. des 2. Buches der zweiten Analytik. Dortgibt die bekannte Xenokratische Definition der Seele als einer sich selbst bewegendenZahl (s. o. S. 20, 1) das Beispiel ab, an dem gezeigt wird, dafs in einem Syllogismus,dessenSchlufssatz eine Definition enthält, schon in den Vordersätzen die Identität, d. h. diereine Umkehrbarkeit des Subjekt- und Prädikatsbegriffes vorausgesetzt werden mufs,mithin eine Petitio principii zugelassen wird 2). Eine glänzende Illustration dieser vonAristoteles verworfenen Methode, Definitionen zu beweisen, gibt uns aber Plato selberim 10. Buche seiner Gesetze, wo durch den Nachweis der Identität des sprachlichenAusdrucks (övo/ta) einer Wesenheit (ovaia) und ihrer Begriffsbestimmung{Xöyog)*) dieDefinition der Seele als des sich selbst Bewegenden gefunden wird und zwar mit aus¬drücklicher Bezugnahme auf die Praxis des Disputierens, nach welcher z. B. bei Setzung

x) Dafs hier die akademische Praxis gemeint ist, macht schon das vorausgehende Beispielwahrscheinlich, das genau so im Theaetet steht: 163 A Tijife Sq <sxonüjA.ev,ei üqik iailv iniarrjftij xe xalataS-rjatg xavxov % 'htQov.

2) An. post. B 4. 91a 37 olov ei ttg a%i<oaeie ipv^^v elvai xb uvxo avxia alnov rov fijV, xovxo <fBQi&fxbv avxbv avxof xwovvxa' ävayxri yäg ulirjoat xrt v ifivx'iv öneg ttQiSfidv elvai avxbv avtbv xivovvxa,ovi<oe tag xb aixb ov.

3) Die für die Topik besonders wichtige Unterscheidung von ovofia und Xöyog findet sich z. B,auch Soph. 218 C, 221 B; Legg. XII 964 A; Crat. 385 C 432 E.

Page 24: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

- 24 —

(nQOTefoeö'frac)1) des Namens (övo^a) „das Gerade" in der dialektischen Frage die Be¬griffsbestimmung(Xöyog) „eine in zwei gleiche Teile teilbare Zahl" als identisch (tavtöv)mit dem Namen in der Antwort gegeben wird und umgekehrt 2).

In diesem Verfahren, durch Gleichsetzung von övofta und Xöyog eine Definitionzu erschliefsen, bestand jedoch nur der eine Teil der „theoretischen" Methode. Siehatte weiterhin noch die Bedeutung, dafs sie zur Begriffsbildungund Begriffseinteilungund so wiederum zur Definition führte. Darauf weist, wie ich glaube, Aristoteles selberin seinen Erörterungen über die ogyava dialektischer Schlüsse am Schlufs des 1. Buchesder Topik hin. Dort wird die Entscheidung über das tavxöv und evegov zweier Begriffezur Auffindung ihrer Unterschiede und Ermittelung ihrer Ähnlichkeit in nahe Beziehunggesetzt. Bei der Ähnlichkeit zweier Begriffe handelt es sich nämlich um das, was inihnen gleich ist {yavvbv sv exäatq> 108 b 20), und insofern dieses Gleiche ihr Wesenausmacht, d. h. zu ihrem vi savi gehört, bildet es ihren Gattungsbegriff (Top. A 18.108 b 19 ff. vgl. A 17. 108 a 14 ff. A 18. 108 b 27 f.). Dafs andererseits durch Hervor¬hebung des Unterschiedes zweier Begriffe die Frage „nötsgov tavvöv fj svsqov" inletzterem Sinne beantwortet wird, leuchtet von selbst ein; zugleich aber wird dadurchdas eigentliche Wesen solcher Begriffe, die unter das vavvöv der Gattung fallen, genauerbestimmt, d. h. durch Scheidung von den übrigen Arten derselben Gattung wird derjeder einzelnen Art eigentümliche Begriff festgestellt (Top. A 18. 108a 38ff). So führtdie Methode der Bestimmung von xabtöv und etegov durch Betonung des ravtöv, d. h.durch Zusammenfassung des Gemeinsamenin ähnlichen Begriffen (ö^oia) zur Bestimmungihres Gattungsbegriffes, durch Betonung des etegov, d. i. durch Feststellung ihrer Unter¬schiede (dia(pogai) zur Einteilung der Gattung in Arten und mittelst derselben zurDefinition eines Begriffes. Erstere stellt somit im Grunde nur den aufsteigenden, letztereden absteigenden Teil der dialektischen Methode Piatos dar 3). Es soll im folgendenversucht werden, den Nachweis hierfür aus seinen Schriften zu geben.

Auszugehen ist dabei von der im 2. Teil des Sophistes gegebenen Erörterungder Begriffe des tavvöv und etegov selber. Danach ist bekanntlich durch die Teilnahmeam tavtöv jeder Begriff sich selbst gleich, durch die am etegov von allen andern ver¬schieden. Innerhalb dieses weiten Bereiches des etegov aber, in dem die Unendlichkeitalles von einem bestimmten Sein verschiedenen Seins beschlossen ist, erleidet dieserBegriff doch im Verlauf der weiteren Darstellung eine Beschränkung, die auf die Ver¬wendung desselben für die Theorie der diaigeoig hinleitet. Denn wenn es 258 E heilst,dafs die Natur des etegov über alles Seiende „gegeneinander" {agbg äXXrjXa) ausgebreitetist und dafs jeder Teil von ihr, der dem Seienden entgegengesetzt ist, das gesuchte(j,r) ov sei, so kann, entsprechend dem Grundprinzip der Dichotomie 4), das durch Hinzu-

i) Über diesen t. t. bei Arist. vgl. Ind. Ar. 651b 42f.2) Legg. X 895 D f. "Ev /j,iv xijv ovaiav, SsV dt xrjg oiiaiag xov Xoyov, i'v de ovofia' xai dy xal

iQwzqeeis elvcu neql xi ov anav dvo. . . . Toxi fxiv y/uäiv exaexov xovvofxa■nQoxnvöfitvov ctüro xov Xoyov ccnanelv,xoxt dt t'ov Xöyov aiixhv noojtivofitvov Igcoxav ccv xovvofia. . . . [Aviv oliv ov xavxiv exaxeQOis nooaayoQtvofilv,uv Tf xov Xoyov (Qoixii/Lievot ro'vvofia ttnodidiSjXtv civ xe xovvofict xov Xoyov, agxiov övifiaxi, xai Xoya> dijp*duaoovftivov ciqi9-/j.6v nQoeayoQiiovtss xavxov ov. Über die praktische Anwendung dieser Methode vgl.Gorgias 462 B, 488 D, 495Äff.; Theaet. 145 B, 163A; Lysis 222 B; Rep. V 477Ef. ect.

3) Vgl. über diese beiden Teile der Platonischen Methode H. Maier a. a. 0. IIb 46ff.*) Vgl. auch die Kritik derselben bei Aristoteles de part. anim. a 3. 642 b 21 ff.

Page 25: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

-- 25 --

fügung der Negationspartikel von einem positiv 'gefafsten Begriff geschiedene Sein sichjedesmal zunächst nur auf das Anderssein innerhalb derselben Gattung, d. b. auf dasdidqpoQov nach Aristotelischer Terminologie (Metaph. I 3. 1054 b 25) beziehen 1). Somitwird das svsqov zum Prinzip der Einteilung, und wenn wir im Philebus (12 E) für dieBeziehungen der Begriffe, die der Gattung nach sv oder tavtöv sind, das didcpogov unddas svavviov unterschieden sehen, so ist das nur eine Weiterbildung des stsqov durchUnterscheidung seiner Arten; denn als solche werden in der Topik das öiäcpogov undsvavviov bezeichnet (Top. A 4. 125a 3) 2).

Während das stsgov in der Einteilung von den höheren zu den niederen Begriffenherabführt, fafst das vavvov das Gemeinsame ähnlicher Dinge bez. Begriffe zusammenund zeigt uns so den Weg von der Vielheit der Dinge zur Einheit des Begriffs undweiter hinauf bis zur höchsten Idee des sv bez. äyafiöv. Das erhellt aus Stellen wieMeno 72 BC (ön ovösv dtarpsgovaiv,rj /jdXivtai siaiv, i) svsga ti)g svsgag ...) q> ovösvöiacpsgovoiv, äXXä tavtöv slow änaoai,, -vi tovto cpyg slvai; ... sv ys u sldogtavvöv änaaai s%ovoi, ÖC o sialv ägsval, ferner Hippias maior 300A s%ovoiv äga nvb avrö, o noisl aitäg xaläg slvai, vö koivöv tovvo 3) (vgl. auch Phaedrus 265 D;Phil. 12 Ef., 34 E u. a.; Prantl a. a. 0. 79. 81).

1) Diese Interpretation wird gestützt durch die Verwendung des „ngog aXXrjXa" in völlig ent¬sprechendem Sinne bei Aristoteles an der hierher gehörigen Stelle der Topik A 16. 107 b 39 xdg dl diairogägiv aixoig rt xolg ylveai xolg ngbg äXXr/Xa S-eajgtjxiov. Der hier sehr auffällige Ausdruck, der die sogen.«vtiitirjQrjfxivn bezeichnen soll (vgl. Waitz z. d. St.), erklärt sich am leichtesten als Reminiscenz an die an¬geführte Platostelle. Ja, der Terminus ävxidirigtjfiiva selber, der sich, abgesehen von den Postprädikamenten,nur in der Topik findet (s. Bon. Ind. 63 b 16 f.), ist höchst wahrscheinlich gebildet in Anlehnung an Stellenwie Sophistes 258A Ovxoüv, cbg ioixiv, i) xijg 9axegov fjogiov ifiasoig xai zijg xov ovxog ngog aX.Xrji.ct ävxixet-ftivmv ttvxi^taig (wo sich wieder das ngog nXXijXcc in der oben dargelegten Bedeutung findet) und 257ESXXo n r<3v ovriov xivbg tvbg yevovg acpogia&lv xal ngög xi xrSv bvxaiv av ndXiv e'tvxue&lv ohxco ^v/ußißrjxtvtlvai tÖ jxr) xaXov; "Ovxog dr) ngog bvävxiS-iaig, u>g iotx', elvai xig avfißaivti xb /ur) xaXov. Denn derAusdruck ävxidipgrijuiva bezeichnet die einander gleichgeordneten Arten einer Gattung und kann ursprüng¬lich nur von den beiden Gliedern einer Dichotomie gebraucht sein, bei denen wirklich eine üvxl&emgstattfindet. So verwendet ihn auch Aristoteles an einer Stelle der Topik Z 6. 143 b 35 diayign d' ovdlvanotfaau dnXtiv xb yevog, r) xotavxp xaxaipdati y anbifttaw dvayxaiov avxidiatgeleS-ai, oiov el /xrjxognXäxog i)(ov ägiaxai' t£ yäg nXdxog s/ovxi xb fir) i/ov nXdxog dvxidtygtixat,; ganz entsprechend wird imSophistes das pr) xaXov eine ovrog ngog Sv avxifrttrig genannt. Schliefslich mag noch auf die auffälligeÜbereinstimmung in der Ausdrucksweise zwischen der oben zitierten Topikstelle A 18. 108b 4 ngog dlxb yvtogi&tv xi laxi (sc. rag diaqpogdg evgiiv xgijatfjöi' laxtv), dioxt ibv idiov xr)g ovaiag txaaxov Xöyov Talgntgl txaaxov olxeiaig dmttogalg )[ti>git,ktv eloifra/xev und Soph. 257C MCa fxiv laxi nov xai Ixiivrj (sc.7) Iniairjfxtj), xb d' ini xa> yiyvö/uivov fiigog avxijg h'xaaxov aipogiaftlv Irwovvfiiav ia^ti xivd lavxijg Idlav.An beiden Stellen handelt es sich auch in der Sache um das gleiche: um die Bestimmung des eigen¬tümlichen Wesens eines Begriffes durch Scheidung von den andern Begriffen derselben Gattung:das bewirkt aber im Sophist das ingov, nach der späteren Terminologie der Schule (il<ji>9a[4iv)dieolxtm diaif-ogd.

2) Dafs dies eine akademische Lehre ist, wird, abgesehen von ihrer Verwendung als Beispiel füreinen dialektischen Topus, durch die genauere Bestimmung der Ivaviitaaig als einer Art von diaopogä inder Metaphysik (I 3. 1054b 31 f.) wahrscheinlich gemacht.

3) Dafs dies die übliche Methode der Bestimmung des Gattungsbegriffs war, bezeugt Aristotelesnoch ausdrücklich in der Topik A 18. 108 b 27 äoie ro xowbv Ini ndvxiav yivog änodi,dovxeg dö!-o/nevovxuXXoxgiotg bgt&aüui. a^idhv dt xai oi ogi&fievoi ovxcog eioiS-aaiv änodidovai. Beachte auch die Verwendungdes Terminus xoivöv zur Bestimmung des yivog in c. 64 (Rose, Ar. ps. 693, 34. 694, 1. 4. 9).

Aakanioches Gymnasium. 1904. 4

Page 26: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— 26 -

Wenn schliefslichPlato im Timaeus durch die Beimischung des vativöv zurSubstanz der Weltseele dieser das Vermögen der Gleichsetzung, durch die des fiäveQov dasVermögender Unterscheidung im Erkennen mitteilen läfst 1), so kommt darin m. E. dieprinzipielle Bedeutung des vavvöv und Mvsqov für die dialektische Methode klar zumAusdruck. Wir finden diese in ihrer Doppelart aber auch im Politikus (285 A)' ganzentsprechend den hierher gehörigen Ausführungender Topik (A cc. 17, 18) charakterisiert,indem davor gewarnt wird, gewisse sehr voneinander verschiedene Dinge ohne weiteres„in Eins zusammenzuwerfenund sie für ähnlich zu halten" (sig vavvöv biioia vo^Laavvsg),und die Vorschrift gegeben wird, einmal die Unterschiede {diayoQai) in den Arten (öjtöaai-nsg sv sldeoi xsZvvat) zu erkennen, wobei, wie es 261A heifst, ein Begriff „durch dasVerhältnis der Fremdheit zur Eigentümlichkeit ausgesondert" wird (äXXovQiövrivt,öiOQicd'svjzgög olxsiövrjva), sodann alle diese olxela „innerhalb einer Ähnlichkeit (öiioiövrjg) ein-zuschliefsen und unter das Wesen einer Gattung (ysvovg nvbg ovalq) zu befassen (Schi.) 2),oder mit den Worten der Topik: erstens vöv Uiov vfjg ovaiag sxdavov Xöyov valg jisqiemovov olxstaig öiacpogalg %0)Qi&t,v (A 18. 108b 4), zweitens [oxsjzvsov) vä £v vq> avvq>y£vsi övva, so vo änaoiv vnäQxst, vavvöv, olov ävd'Qcbnq) xai oanq) xai xvvö- y yägvnäQ%si vo avvoog vavvöv, vavvy biiood savov (A 17. 108a 14). Hier ist m. E. auch inder Ausdrucksweisedie Anlehnung der Topik an die eben genannten Stellen des Politikus,gerade so wie an die schon vorher (S. 25, 1) herangezogenen des Sophistes, gar nicht zuverkennen. Ganz evident aber läfst sich die Ableitung aus Platonischer Lehre für diezuletzt gegebeneDefinition der bfioia beweisen. Denn diese steht bereits im Parmenidesin folgender Form: 148 A vö ös nov vavvöv jzsmv&ög öiiooov 3), das besagt aber nachPlatonischem Gebrauch des nsnovMvao (s. Apelt, Komm. z. Soph. S, 140) weiter nichtsals: vö vavvöv \xsvs%ov öpoiov, oder nach der späteren Terminologie: öpoooov, &vavvöv vnäg%so.

Wollte man nun die Doppelseitigkeit der Methode nsgi vavvöv aal svegov ineinen Ausdruck zusammenfassen, so bestände sie in der Scheidung des Ähnlichen vomÄhnlichen: denn in diesem ist, wie wir eben sahen, bereits das vavvöv der Gattung

l ) Tim. 37 A ars ovv ix xr,g xaixov xai xtjg d-axigov (füttftoc 'ix xs ovaiag, xqiiSi' xovxüivavyxga9iiactfioiQiäv, . . . öxav ovaiav axsdaax^v s%ovxbg xivoq Itfdnxrjxai, xai oxav K/jigiarov, Uytt xivovfisyij dtä ndaijgiavtns, mm t «»■ xi xaixov g xai 'oxov ctv sxsqov (s. Zeller IIa 775). Das xaixov stellt in letzter Hinsichtdie Idee des sv selber, das sxiqov das änsioov dar, vgl. Metaph. A 8. 989b 16 zag dgxag xo xs sv (xovxoyug ankovv xai cifuyig) xai fräxsQov, oiov xiSs/isv xo ciogtöxov ngiv 'oQiaSrjvat, Xai fisxao/siv sitfovg xtvog(Bonitz, Komm. S. 103). Weiter auf die metaphysische Bedeutung dieser beiden Prinzipien hier einzugehen,ist mir des Raumes wegen nicht möglich. Hervorheben will ich nur noch die wiederholte Zusammen¬stellung des xavxiv, »ctjtoov und 'ifxoiov im Theaetet (158 Ef., 186 A, vgl. auch Phil. 19 B) und besondersdie dialektische Verwertung dieser Begriffe im Parmenides, der freilich in bezug auf die hier vorliegendeMaterie eine eigene ausführliche Behandlung erheischte.

-) Vgl. auch Politikus 306 Äff., Soph. 264 E, Legg. XII 963 C—E und bes. SopL 253 D, wo dieWichtigkeit der Scheidung von xavxov und Ixsgov sidog für die dialsxxixq intai^r, hervorgehoben wird.

3) Dafs diese Definition für die Terminologie der Platonischen Schule besondere Bedeutunggewonnen hat, ersieht man aus ihrer Anführung in der Metaphysik J 9. 1018a 15 ofioia liysxat xä xsndvxij xctvio nsnovSoxa xai xd nUiio xavxd nsnovS-oxa % sxsga. Wird sie als Aristotelisch aufgefafst, soerregt sie an der Stelle berechtigten Anstofs (vgl. Bonitz, Komm. S. 246). M. E. aber wird hier, wie sohäufig im 5. Buch der Metaph. (vgl. oben S. 10, 2), eine Platonische Erklärung neben Aristotelischen an¬geführt, für die dann womöglich eine zusammenfassende Formel gefunden wird.

Page 27: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— 27 —

gegeben, die Sonderung desselben aber mittelst der diaqpogal führt zur Bestimmung deseigentümlichen Artbegriffes. Genau entsprechend wird die sogen, iieftodog xgivixiq inc. 37 definiert als Scheidung des Besseren vom Schlechteren {alg vb ßeXviov xai vb%elgov ötaxglvo^ev). Ich betrachte es nun als eine sehr willkommene Bestätigung meinerHerleitung des c. 37 aus Platonischen Lehren, wenn im 1. Teil des Sophistes tatsächlichdie öiaxgivixrj ve%vr\ in diese beiden Arten geteilt wird: 226 C Sxönet, drj vavvrjg (sc. vfjgöiaxgivixfjg ve%vr)g) av ovo av ny övvcö/.is'&a xaviöelv elörj ..... Kai [ir)v ev ye vaigelorj/Aevaig diaxglaeot, vb [iev %eTgov äjtb ßeXvlovog äno%(aglg'Ebv tjv, vb ö' ö^ioiov äqfö[j,olov. Hier haben wir die Definition der theoretischen und kritischen Methode desc. 37 unter den einheitlichen Gesichtspunkt des Scheidens und Trennens gestellt (vgl.Soph. 226 B). Wenn diese Einteilung auch von Plato in scherzhafter Weise zu einerBegriffsbestimmungdes ooquovrjg verwandt wird, so hat sie doch sicher eine tiefereBedeutung für ihn gehabt. Schon die gleich darauf folgende Angabe, es komme für dieMethode der Untersuchung (vfj v&v Xöycov fiS'&ödq)) darauf an, vov xvqaaGv^ai evexa vovvmaocov ve%vcbv vb ^vyyeveg xai vb (x,t) ^vyyeveg xavavoelv (227 AB), weist deutlichgenug auf den wahren methodologischenSinn des öftoiov ä(p' ößolov diaxglveiv hin 1).

Dafs Speusipp die Bestimmung des vavvöv und evegov als Methode der Einteilungund der Begriffsbestimmungvon Plato übernommen, ja sogar auf die Spitze getriebenhat, ersehen wir aus einer Stelle der 2. Analytik (Anal. post. II 13. 97 a 6; vgl. Zellera. a. 0. IIa 996, 2), in welcher nach Angabe der Kommentatoren eine Ansicht Speusippskritisiert wird. Sie lautet: ovöev de öel vov bgi^öfievov xai öiaigovfievov aatavva elöevaivä ovva. xai voi äövvavöv cpaal viveg elvai tag öiag)ogäg elöevai vag avgbg exaavov 2)ßfj elööva exaavov ävev de vcbv öia(pogä>v ovx elvai exüovov elöevai,' ov yäg fj,fjöiagieget, vavvbv elvat vovvq>, ov öe öiacpegei, evegov vovvov. Die letztenWorte bezeichnen kurz und knapp die Bedeutung des vavvöv und evegov für die Methodeder Einteilung und Begriffsbestimmung. Dafs er dieselbe aber nicht blofs auf dieSonderung des Verschiedenen (öiacpegovva), sondern auch auf die ZusammenfassungdesGemeinsamen(xoivöv) im Gleichartigen (ößota) anwandte, ersieht man aus der Notizdes Diog. La. über ihn (IV, 2): omrog ng&vog . . . ev volg fiad-tj/Maoiv e§eäaavo vbxoivbv xai ovvajxeloae xafiöoov fjv övvavbv äXXyXoig, sowie aus den Titeln zweierSchriften: "Oßoia und öiaigeoeigxai jvgbg vä biioia vjiovxeöeig, von denen die erstereeine Übersicht über die verschiedenen Arten der Pflanzen und Tiere gab (vgl. Zeller997, 1). Zugleich betätigte er das Prinzip des] vavvbv fj evegov bei der Einteilungder övö\xava in vavvd>vv/x,a und evegcbvvfta, in der richtigen Erkenntnis, dafs es für dieDefinition nicht nur darauf ankomme, für ein bvojjia einen äquivalenten Xöyog zufinden, sondern dafs man auch zu untersuchen habe, ob zu einem övofxa ein odermehrere Xöyoi gehörten, und ebenso ob zwei verschiedene övöfiava einem oder mehreren

!) Der Sophistes bietet überhaupt eine grofse Ausbeute an Einteilungen, die in der PlatonischenSchule gelehrt wurden. Das liefse sich jedoch nur in einer eingehenden Besprechung der ganzen unsüberlieferten Sammlung von tficugiaeig nachweisen. Dabei könnten dann auch die zahlreichen Fäden, diesonst noch vom Sophistes und anderen Dialogen Piatos zur Topik hinüberführen, bloßgelegt werden.

2) Vgl. hiermit auch den Eingang von c. 64: Sxiniiov rjiig iaii zäv tyutv ngog akltjka dia-(fogd sowie Top. A 16. 107b 39 zag <?£ diccijogtig tv avzoig ze zoig yiveai zoig ngog akktjka fhswgrjzeovU. A 18. 108b 4 zov idiov .. . köyov ralg nigl ixaazov olxiicug diaqogalg }(taQ(^stv slai&ctusi>; s. o. S. 25, 1.

4*

Page 28: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— 28 —

Xoyoi entsprächen. Im ersten Falle scheiden sich unter den tavvoivvfia die övvcbvv/ia(ein Name und ein Begriff) und die öfi6vv/j,a (ein Name und mehrere Begriffe), imzweiten unter den stBQOÖvvfia die JioXvcbvv(j,a (zwei Namen und ein Begriff), dieETSQcbvvfj,a im engeren Sinne (zwei Namen und zwei Begriffe) und die jzaocövvfia(zwei in der Flexion verschiedene, aber zu einem Begriffe gehörende Worte) 1).

"Wollte man die Spuren dieser Unterscheidung Speusipps in den AristotelischenSchriften weiter verfolgen, so würde man sehen, eine wie grofse Bedeutung sie besondersdurch den darin aufgestellten Begriff des iragcbw^ov für den Lehrinhalt der Topiksowohl, wie der Kategorieenschrift besitzt. Für den vorliegenden Zweck genügt es, auffolgendes hinzuweisen.

Wie Aristoteles seiner Topik eine eigene Abhandlung über das tavvöv und evbqovvon ovofia und Xöyog (bez. zweier övö^ava) eingefügt hat (H c. 1 u. 2 s. o. S. 23), so hater auch in einem besonderen Kapitel des 1. Buches über die noXXa%&g i) fiova%6)gXeyöfieva (A c. 15) angegeben, nach welchen Gesichtspunkten man entscheiden kann, obeinem övo/ua ein und derselbe (ö avtög) Xöyog oder noch ein anderer (sVeoog) zu Grundeliegt. Bemerkenswert ist in dieser Erörterung, genau so wie in den die /ni'&oöog xomxrjwiedergebenden ersten Kapiteln des 3. Buches, einmal die Berücksichtigung vieler inder RoseschenSammlung vorkommenderöiaioeoeig 2), ferner die offenkundige Anknüpfungund Anlehnung an Stellen in Piatos Schriften 3). Wenn nun in dieser Erörterung überdie noXXa%5>g Xeyö(j,eva, in der schon der überall hervortretende Gesichtspunkt derGleichheit oder Verschiedenheit des Xöyog bei einem ovofia (vgl. 107 a 20 eveoog yäg 6natä vovvofia*) Xöyog avtcöv, ferner 107a 3f. b 22. 27. 34) auf Speusipp hinweist, der

') So glaube ich wenigstens die Angaben des Simplicius (Schol. in Aristot. 43b 19a 31. 41b 30;Zeller IIa 997, 1) über diese Speusippische Einteilung auffassen zu müssen. Dabei zeigt sich ein be¬merkenswerter Unterschied in dem Gebrauch des Terminus „avxawftov" bei Speusipp und Aristoteles.Jener versteht darunter augenscheinlich ein und dasselbe övofia {xaixwwfiov) mit stets gleichem begriff¬lichem Inhalt, dieser dagegen mehrere Dinge oder Bezeichnungen, die unter demselben Namen mitgleichem Begriff zusammengefafst werden können, wie z. B. die Arten einer Gattung, oder Gattungen undArten selber (vgl. Trendelenburg, El. log. Arist. § 42; Waitz, Komm, zu Kat. 1 a 6). Ebenso handelt essich für Speusipp beim öfxaiwfiov um ein und denselben Namen mit verschiedener Bedeutung, d. h. umein noXi.aj(iöi Uyö/xtvov, aber nicht um verschiedene Dinge mit gleichem Namen und verschiedenem Wesens¬begriff. Daher wich seine Definition des o/möm/xov naturgemäß von der im Anfang der Kategorieen (la 1)aufgestellten ab, ohne dafs man ihm z. B. aus dem ganz selbstverständlichen Fehlen des dort stehenden„xaiä Tovvofta' mit Simplicius (Schol. in Arist. 41b 30 Br.) den Vorwurf der Unklarheit machen darf.

2) So wird gleich in der Disposition der „Hilfsmittel" in c. 13 für die noXlaxüs Uyofteva alsBeispiel der Satz gegeben: {A 13. 105a 27) olov oxi algexiv faxt x6 xaXov q rb jjd« 7 xo av^tfigov. Genauso wird die öp*|/f 70» noäxxnv in c. 21 c. M. eingeteilt. Ferner werden deutlich gestreift bez. voraus¬gesetzt die Einteilungen von c.36 (106a 4.107a 5), c.62 (106a 20), c.39 (106 a 38), c.58. Di. La. III, 81 (106b 2).

3J So steht der Satz ,.«V ivl ivavxCov", auf den die Ausführungen von 106 a 9—22 sich gründen,im Protagoras 332 E mit demselben Beispiel o|» lv (ftavy und ßaqv (332 C, s. Top. 106a 13f.). Die Ent¬gegensetzung von Hi> und ßagii wird auch im Politikus 306C-307A zur Beweisführung benutzt, undzwar mit derselben Erklärung der 6Uim als *<**«? (Polit. 306 C D öfürifr« xal xayos, ttxs ...... fixe xaxacpuivrjs (fogav, , . . xoiixmv xivbg inaivixr)q . . . yiyovag und 306E), die sich Top. 107a 15 findet ((itavij fiivyäg ö&la q xa/tla, xu&antQ ipamv ol xaxa xovg agi&fiovg üq/hovixoC). Man vergleiche ferner: Top. 106a 30ff.mit Theaetet i84Dff. — Top. 107b 29 mit Timaeus 67E. — Top. 106b 15ff. (s. auch Top. E 2. 130a 20f.Arist. frg. 52 R) mit Theaet. 197B-199A. — Top. 106b 23f. mit Phil. 34 A. - Top. 106b 6 mit Bep. 585A.

4) Der Zusatz „xaxa xoivopa" erscheint hier bei der Betrachtung der yivtj xtöv vnb xb ahxq ovoftavöllig gerechtfertigt,

Page 29: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— 29 —

Terminus avvd>vv/iog in auffallender Abweichung von dem sonstigen Sprachgebrauch desAristoteles einen und denselben Namen mit gleichem begrifflichem Inhalt bezeichnet(A 15. 107 b 4 und 17; s. "Waitz z. d. St.), wie ihn Speusipp in seiner Einteilung derövöfiata verstanden haben mufs: so erscheint die Vermutung, dafs die ganze Abhandlungdieses Kapitels (A c. 15) in enger Anlehnung an eine Schrift Speusipps entstanden ist,nicht allzu gewagt.

Obschon das hierher gehörige Material, zumal für die Verwertung der Begriffetavvöv und evsqov in der Topik bei weitem nicht erschöpft ist 1), so will ich zum Schlufsdoch versuchen, meine bisherigen Ausführungenzu einem Gesamtbilde zu kombinieren.

Danach hat wahrscheinlichschon Plato zwei dialektische Methoden unterschieden,von denen die eine in der Feststellung des Wertunterschiedes bes. ethischer Begriffe,die andere in der Scheidung des Ähnlichen vom Ähnlichen oder in der begrifflichenGleichsetzung und Unterscheidung besteht. Diese „theoretische" Methode führt durchZusammenfassungdes Gemeinsamen {vavtov) im Ähnlichen (ö/aolov) zur Begriffsbildung,durch Feststellung des Andersseins (stegov) in den Unterschieden (diacpogal) zur Ein¬teilung (öialgsaig). Sie wurde im Anschlufs an die Darlegungen des Sophistes, wennnicht von Plato selber, so doch von seinen ältesten Schülern auf den formelhaftenAus¬druck einer Untersuchung „aötegov xavxbv r\ svegov; u gebracht. Die Beantwortung dieserFrage dient zugleich zur Feststellung der Identität von Definition (Xöyoq) und Definiendumbez. dessen sprachlichem Ausdruck {pvofia).

Mittels dieser Methode wird als Wissensideal 2) die Bildung eines festgefügtenund wohlgegliederten Begriffssystems angestrebt. Für die Struktur desselben sind vorallem die in cc. 64—68 cod. Marc, aufgestellten Gesichtspunkte mafsgebend. Durch den

>) Ich mache noch besonders auf das 7. Kap. des 1. Buches der Topik aufmerksam. Hier werdengerade die beiden Arten des ravTÖv unterschieden, die bei der „pi&odog #«ft>gi)r«(ij"Verwendung finden.Das tuvtov nämlich, das durch die Zusammenfassung des Gemeinsamen im Ähnlichen entsteht, ist weiternichts als das tcivtov «3W«, wenn es sich um den untersten Artbegriff, oder das zavzbv yimi, wenn es sichum einen höheren Gattungsbegriff handelt (A 7. 103a 10 — 14). Die Identität von Definiendum undDefinition aber wird als die gültigste und erste Art des %v «p^V« bezeichnet (103 a 25ff.), in völligerÜbereinstimmung mit den auf besondere Berücksichtigung der (itb. »ecogyTtxrj zurückgeführten Darlegungenin H c. I. u. 2 (vgl. bes. 151b 28ff., 152b 30ff. u. 39), im direkten Widerspruch aber zu der in derMetaphysik vertretenen Auffassung, wonach das tv agiS-fxä im eigentlichen Sinne nur das durch zufälligeEigenschaften bestimmte Einzelding bedeutet (Metaph. d 6. 1016 b 31 ff. 1 3. 1054 a 33. Bonitz, Komm.S. 238 u. 425. B 4. 999 b 33. 1 1. 1052 a 31). In dieser Bedeutung wird es freilich auch noch in unsermKapitel angebracht (Top. A 7. 103 a 29 ff.), aber erst an letzter Stelle und mit ausführlicher Begründung,die beweist, dafs es sich hier um eine nicht übliche Auffassung dieses Terminus handelt. Gleich die ersteDefinition des lavrbv ägifrfitfi aber (103a 9) „ägi9/*ä fiiv iav övofiaxa nXeiai jb tfi ngäyfia iv, olov Xtämovxa'i 1/utTiov" gleicht auffällig der Speusippischen Definition der noXvtäwfi« (Schol. in Ar. 43b 25 Br.),7ioXvajt'V[iade lari ra äiä(foga xal noXXa Xiyoptiva övofiaja xa&' ivbg ngay/iaros, otav (lg xai b aixbg

aiiäiv ij i-dyog, (Sothq Sog, %l<fog, ijdayavov, /ud/ruga' 1. Hier ist ngäy/un nicht etwa das Einzelding, sonderndas Definiendum, wie es Top. A 18. 108 a 21 bei einem Rückblick auf die m. E. Speusippische Behandlungder nollaxaig Uyb/jeva (s. o.) im Gegensatz zum bvofj,a und Z 7. 146 a 3 u. 13 im Gegensatz zumXoyog gebraucht wird (zu der Unterscheidung von bvo/i«, Xbyog, ngay/act s. auch Kratylus 432 E. Sophistes218 C). Somit läfst sich die Vermutung kaum abweisen, dafs auch hier von Aristoteles SpeusippischeLehren berücksichtigt werden, zumal auch in diesem Kapitel für die Besprechung des lavtov beim vdcogdie Anregung durch eine Platostelle (Tim. 49 D E) nicht unwahrscheinlich ist.

z) Vgl. hierüber wieder Maier a. a. O. IIb 37 f.

Page 30: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— 30 —

Charakter der Platonischen öialgsaig ist von selber schon das Verhältnis von Über- undUnterordnung zwischen Gattungs- und Artbegriffen gegeben; zugleich entspricht dem¬selben eine Gradabstufungder Realität, die als das Verhältnis des jtQÖtegov und vavsgovcpvasi in c. 65 c. M. charakterisiert wird und einerseits vom höchsten Begriff des svbez. äyaftöv bis zu den untersten Artbegriffen und den unter ihnen befafsten Sinnen¬dingen, andererseits in der Konstruktion der Raumgröfsen von der Linie bis zu denfesten Körpern herabführt, während bei Aristoteles gerade umgekehrt das Einzelwesendie höchste Realität darstellt, die sich in der gröfseren Allgemeinheit immer mehr ver¬flüchtigt. Die Querschnitte dieser Begriffspyramidebilden sozusagen die einander gleich¬geordneten Arten, die im Verhältnis des äfia cpvasi zueinander stehen und derenextremste Glieder als svavvia (c. 68) eine besondere Bedeutung erhalten. Das Ganzedieser Begriffswelt teilt sich schliefslich in die beiden grofsen Gruppen der xaft avtäund atQÖg n (c. 67) 1).

Diese Begriffshierarchiebildet nun die Voraussetzung für die akademischeBeweis¬theorie. So bietet zunächst die öiaigsaig in der Bestimmung des Artbegriffs durchGattung und Artunterschied, wie sie in c. 64 c. M. skizziert wird, das Mittel des Beweisesfür die Definition. Abgesehen von der praktischen Ermittelung von Definitionen durchEinteilungen in Piatos Schriften, vor allem im Sophistes und Politikus, können wir ausder Aristotelischen Kritik der diä täv diauQsasoov ööov zum Beweise einer Definitionim 5. Kap. des 2. Buches der 2. Analytik 2) scbliefsen, dafs Plato wirklich dies Beweis¬verfahren ausgeübt und gelehrt hat. Von den Bestimmungen des c. 65 über das hqö-vsqov yvoei haben wir bereits oben gezeigt, dafs sie für Xenokrates ein Beweismittelliefern für seine Lehre von der Unteilbarkeit der Elemente und von den unteilbarenLinien. Schliefslich ist auch die Verwendung des evawlov (c. 68) zur Argumentationin der Platonischen Schule nachweisbar. Wie Plato das xaxöv als notwendig zu setzendesvwsvavviov des äyatiöv bezeichnet und damit seine Unausrottbarkeit in der "Welt be¬gründet (Theaet. 176 A), so operiert Xenokrates in gleicher Weise mit den Begriffen„Viel und Wenig" zum Erweis der Existenz unteilbarer Linien: fr. 42 H sl yäg bfxolcogvjidQxei tö Tg iioXv xal tb (jus'ya xal tä ävnxsißsva tovtoig, tö te öXiyov xal tb /mxqöv,tb d' äneiQovgoyßböv öicuQeoeig s%ov ovx sativ ÖXiyov äXXä vtoXv, qiavsgbv ön sisns-Qaafievag s^si tag öiaigsasig tb öXiyov xal tb [iixqöv xtX. Hier wird zugleich dieDefinition eines Definiendum als das svavtlov resp. ävnxsißsvov der Definition seinessvavtlov erschlossen (vgl. Topik H 3. 153a 28 sl yäg 6 ävtixslfisvog tov avtmsifisvov(sc. ÖQog satlv), xal tbv slor)(j,£vov tov jiqoxsujmsvov dvdyxrj slvai 3), H 1. 151b 33f.Z 9. 147 a 29). Dafs Speusipp durch den Gegensatz des sXattov zum [isl^ov den Satz,

') Damit sind natürlich noch lange nicht alle möglichen Begriffsverhältnisse und -beziehungenerschöpft, wie sie schon in der bekannten Sophistessteile 253 D programmatisch angedeutet und in derTopik weiter ausgeführt sind. Besonders wichtig sind für diese noch die Gesichtspunkte des /uäkXov xalrjjiov und der Paronymik. Ich mufs mich jedoch in dieser Arbeit auf den logischen Gehalt von cc. 64—68c. M. beschränken.

') Vgl. auch Anal. A 31. 46a 31 ff.; Maier IIb 70ff.3) Derselbe Schlufs findet sich schon im Gorgias 475 A xal xaX<3; ye vvv o^itti, <o ZtaxgctTte,

y<Povjj n xal aya&ijj og^o/usvogro xaXov. 2m. Ovxovv xal xo aloxpov räi ivavria), liny te xal xaxtä;n. 'Avctyxt/. vgl. auch 499 A.

Page 31: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— 31 -

die fjdovri müsse ein ayaftbv sein, zu widerlegen sucht, haben wir schon oben gesehen.Mit dem svavvlov argumentiert aber auch Aristoteles selber in seinem Dialog „Eudem",den er noch während seines ersten Aufenthalts in Athen geschrieben haben mufs, woer sich also sicher noch der in der Akademie üblichen Dialektik bediente. Er wider¬legt daselbst die Definition der Seele als Harmonie des Körpers zunächst nach demTopus „*Etb (öxojvelv), sl vq> fiiv sovl n svavvlov, vq> d' änXätg \ir\bsv (Top. A 15.106a 36, hier freilich zur Peststellung eines homonymen Wortes gebraucht)" mit denWorten (frg. 45 R): vrj aQ[iovlq savi vi svavtiov, i) ävaQfxoovla' vy ös ipv%r\ ovösvsvavvlov ovx äga i) ipv%r) äg^ovla eavlv. Sodann erschliefst er für den gleichenZweck die Definition der äofiovla aüi^avog als vylsia xal ioyfig xal xdXXog aus demsvavvlov der Definition der ävag/ioavla als vöoog xal aoftsveia xal ala%og, d. h. er ge¬braucht gleichfalls den Topus vom ävvixsl\isvogXöyog eines ävvixslßsvov 1).

Diese ganze Methode des Argumentierens besteht wesentlich in einer Art vonOrientierung innerhalb des gegebenen Begriffssystems. Man prüft bei einer Prädizierungdie betr. Begriffe nach allen nur möglichen Beziehungen hin und sieht so zu, ob sie indas festgestellte Fachwerk hineinpassen. Dafs sich bei dieser Klassifikation der Begriffeein scholastischer Schematismus geltend macht, haben wir bereits oben gezeigt. Viel¬leicht gehen wir nicht fehl, wenn wir Xenokrates dafür verantwortlich machen, welcherder ganzen Richtung seines Denkens nach dazu neigt. Die in cc. 64—68 kurz skizzierteLogik aber werden wir in der Hauptsache auf Plato selber zurückführen können. Fürc. 64 hatten wir, abgesehen von der Terminologie, das Zeugnis seiner eigenen Schriften,für die Bestimmungen über mqövsqov bez. äf^a qpvoei in cc. 65 und 66 vor allem dasdes Aristoteles, und für cc. 67 und 68 ist der wesentliche Inhalt als Platonisch durchden Bericht Hermodors gesichert 2).

Welche Stelle nehmen nun aber diese logischen Regeln Piatos und der älterenAkademie in der Aristotelischen Topik ein? Sie zählen dort offenbar zu den allgemeinenGesichtspunkten, den voutoi, von denen aus man einen dialektischen Satz zu prüfenhatte. Die auf ihnen fufsenden logischen Operationen gehören für Aristoteles zu denVoraussetzungsschlüssen(avXXoyia/j,ol e| vmo&eösag), die eines Zugeständnisses {b[ioXoyla)von Seiten des Mitunterredners bedürfen; sie sind also an sich noch nicht beweiskräftig,sondern ergeben nur wahrscheinliche Schlufssätze (s. hierzu Maier a. a. 0. IIa 258ff.) 3).

1) Auch auf die Verwendung des ngörsgop und varegoi/ mit der uns bekannten stereotypenDefinition im „Protreptikus" (fr. 52, Rose ed. Teubn. S. 60, Z. 20ff.) mag hier verwiesen werden.

2) Die Zusammengehörigkeit von cc. 64. 65. 68 als Gegenstandes dialektischer Betrachtung wirdauch noch durch eine Stelle der Metaphysik bezeugt: B 1. 995b 20 tiqos <$t rovioig thqI tavxov xaltrigov xal ofioiov xal ävo/xoiov xal TavTOTijrog xal ivavri,6xr\xoi xal tiiqI ngor sqov xal vßTSQOVxal t(ov a).X(i>vanavitap xiav roiovjojv, nsgl o6(oy o\ dialexrixol ntiQwvrat oxontlv ix Ttov £v&ö%uiv fxövovnowvfisfot rijv axstfuv ... Dafs das raixiv, higov, o/xotov, avofioiov die Prinzipien der in c. 64 dargestelltenüiaiQtoig ausmachen, ist oben gezeigt; vgl. auch Metaph. r 2. 1003b 35.

3) Erst in der Analytik sind diese Voraussetzungsschlüsse theoretisch behandelt (An. pr. I 44)und in das System seiner Schlufslehre eingefügt. Dort ist z. B. auch der Schlufs mittels des Entgegen¬gesetzten aus der Definition des dem Definiendum entgegengesetzten Begriffes auf die Definition diesesDefiniendum, der sowohl von Plato wie von Xenokrates und Aristoteles selber in seinem „Eudemos" alsbündig gezogen wurde, auf die technische Form des hypothetischen Schlusses gebracht (s. Maier a. a. O.IIa 260, 1). Vgl. auch die syllogistische Formulierung der Schlüsse aus einem konträren Gegensatze

Page 32: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

- 32 -

Aber die „Übereinkunft" über die Gültigkeit dieser Schlufsfolgerungen bestand von vorne¬herein für die, welche in der Schule Piatos und seiner ältesten Schüler ausgebildetwaren. Die Platonische Dialektik, die von Aristoteles eine Stufe tiefer, unter seineApodeiktik, gerückt wurde, wo sie als Kunst des Argumentierens aus nur wahrschein¬lichen Prämissen nicht zur Auffindung der Wahrheit, sondern nur zum Siege im Streitder Meinungen führte, diese Dialektik hatte für die Platoniker immer noch Wert undBedeutung der wahren philosophischenMethode. Es war daher ganz natürlich, dafsAristoteles nach Gründung einer eigenen Schule im Lykeion, wenn nicht schon vorPiatos Tode in der Akademie selber, die sich um ihn scharenden Schulgenossen mitdem ganzen Rüstzeug der akademischen Logik versah, damit sie ihre Opponenten ausdem Kreise der Akademiker, unter denen die Anhänger der Ideenlehre noch besondereBerücksichtigungfanden (Z 6. 143b 23. Z 8. 147a 5), mit deren eigenen Waffen schlagenkonnten 1).

Gewifs ist die Sammlung der hierbei von ihm benutzten dialektischen Regelnnur allmählich entstanden. Ihr Grundstock, der von Plato selber stammt, wurde imAnschlufs an die Praxis der Schuldisputationen und in sorgfältigster Benutzung der inPiatos Schriften gegebenen Anregungen weiter ausgebaut. Wir wissen, dafs die ältestenSchüler Piatos seine Vorlesung „Über das Gute", in der, wie wir schon oben bemerkten,auch Fragen logisch-metaphysischerArt erörtert waren, nachgeschrieben haben. Es läfstsich aber wohl annehmen, dafs sie in eigenen Darstellungen das vom Meister über¬kommene Lehrgut erweitert und zur Unterstützung des mündlichen Unterrichtes ihrenSchülern übermittelt haben 2). Diese Schriften wurden dann wieder Eigentum der Schule,und jeder Schulgenosse hatte das Recht, ein solches Kollegheft einer eigenen Dar¬stellung desselben Gegenstandes zu Grunde zu legen und als Lehrender für seinenUnterricht zu benutzen 8).

Aristoteles verwendet nun das in solchen hypomnematischenSchriften vorliegendeMaterial akademischer Dialektik in der Topik unter steter Wahrung seines methodischenStandpunktes, der oben kurz dargelegt wurde 4). Und indem er, mit den Mitteln der

A 28. 44b 38ff., Maier IIa 298) und der ins Gebiet der sogen, pftodas xynixij des c. 37 c. M. fallendenSchlüsse (vgl. Top. rc. 1-4) in So 22. 68a 25, Maier IIa 353, 1.

i) Dafs sich der Prioritätsanspruch des Aristoteles am Schluls der Soph. El. nicht auf dieSammlung von Topen in den Büchern II—VII beziehen kann, erscheint wohl nach dem Dargelegtenzweifellos.

2) An Titeln von Werken, die den uns hier beschäftigenden Gegenstand behandelt haben könnten,fehlt es in der Überlieferung nicht. Ich nenne blofs vonSpeusipp: dimgeaHS xal ngog t« Sfioia inoS-ioen,7if(ü ytv&v xal tldiSv nagadiiyfiaziav, negl (filoaoyias, von Xenokrates: nigl zov Ivavziov, negl ytviSv xaleldtav, dutigiaiH, zrjg ntgl zo dmUyeaS-ai. ngayfiazeiag ßißUa, ivavritov «', liaig züv ntoi zoig i.öyovg.

3) S. hierzu die Ausführungen von H. Diels „Über d. 3. Buch der Aristot. ßhet", Abh. d. B. Ak.d. Wiss. 1886 S. 13f.

4) Vielleicht benutzte er dabei eigene Spezialabteilungen auf diesem Gebiete. Den striktenBeweis hätte man dafür, wenn man die als Aristotelisch überlieferten Fragmente der Schrift negl havzimv(bez. negl ävTixii,[*ivaiv, Rose fr. 118—124) für echt halten könnte, wogegen meines Wissens bisher nichtsStichhaltiges vorgebracht worden ist. Daselbst sind die zu den cc. 64 u. 68 gehörenden Begriffe izegozqg,duKpoga, Ivavzwzris auf ihre richtige sprachliche Formulierung hin erörtert und einer Prüfung unterworfen(fr. 118); ferner ist das «V« ptaov bei gewissen Gegensätzen behandelt (fr. 121) und auch die dreifacheEntgegensetzung von dya&6v und xaxiv (c. 23 u. 68 c. M.) ist besprochen (fr. 124). Vor allem aber ist

Page 33: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— 32 -

Aber die „Übereinkuherein für die, welwaren. Die PiatonisApodeiktik, gerücktliehen Prämissen nieder Meinungen führtBedeutung der wahnjAristoteles nach U-rPiatos Tode in der 1\dem ganzen Büstzeudem Kreise der AkatBerücksichtigungfanckonnten 1).

Gewifs istnur allmählich entstijAnschlufs an die PPiatos Schriften gegeSchüler Piatos seineauch Fragen logisch-ijsich aber wohl ani|kommene Lehrgut ei.Schülern übermitteltund jeder Schulgen«Stellung desselbenUnterricht zu benut

AristotelesMaterial akademischStandpunktes, der

A 28. 44b 38 ff., Maier!Schlüsse (vgl. Top. r c.

!) Dafs sichSammlung von Topen i1zweifellos.

2) An Titeln vfehlt es in der Überliefe71(qI yiv&v xai sidiSv naiidiäv, dietiQtaeis, T?f 7if(i

3) S. hierzu d:d. Wiss. 1886 S. 13 f.

*) Vielleicht 1Beweis hätte man dafür,(bez. Tiegt ävxixeifiivtav,Stichhaltiges vorgebrach(fuxtpoQti, ivttVTiijr\i auf :(fr. 118); ferner ist daEntgegensetzung von «;

olgerungen bestand von vorne-|r ältesten Schüler ausgebildetine Stufe tiefer, unter seineäntierens aus nur wahrschein-

ledern nur zum Siege im Streittoniker immer noch Wert undr daher ganz natürlich, dafskeion, wenn nicht schon vorscharenden Schulgenossen mitlamit sie ihre Opponenten ausder Ideenlehre noch besonderederen eigenen Waffen schlagen

)enutzten dialektischen Begeln|to selber stammt, wurde imsorgfältigster Benutzung der int Wir wissen, dafs die ältestenlie wir schon oben bemerkten,ichgeschrieben haben. Es läfsthingen das vom Meister über¬mündlichen Unterrichtes ihrenin wieder Eigentum der Schule,[ollegheft einer eigenen Dar-md als Lehrender für seinen

smatischen Schriften vorliegendet Wahrung seines methodischenndem er, mit den Mitteln der

odos xQiTtxij des c. 37 c. M. fallenden

chlufs der Soph. El. nicht auf diecheint wohl nach dem Dargelegten

l Gegenstand behandelt haben könnten,fiatgißiK xai ngdg rä o/toia vno&ioeis,&S: mgi tov ivavtiov, negi yeviäv xai

a', Xvaig iiäv ntoi tovs X6yov(.ch der Aristot. ßhet.", Abh. d. B. Ak.

sn auf diesem Gebiete. Den strikten; Fragmente der Schrift negi Ivaviimvrogegen meines Wissens bisher nichtsB4 u. 68 gehörenden Begriffe iiegortis,•örtert und einer Prüfung unterworfenadelt (fr. 121) und auch die dreifacheochen (fr. 124). Vor allem aber ist

Page 34: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik

— 33 —

akademischen Dialektik einzelne Lehrsätze der Akademiker kritisiert, auch dialektischeBeweisregeln, immer im Hinblick auf Lehren der Platonischen Schule selber und imGeist dieser Dialektik, einschränkt und verbessert (die Belege hierfür sind obengegeben), so gibt er damit zugleich seinen Schülern eine methodische Schulung, dieihnen bei der Erörterung von Aporieen in anderen Disziplinen zugute kommen mufste.Da er die dialektischen Methoden der älteren Akademie für unzureichend hielt, so ginger bei der Disposition seiner Sammlung dialektischer Gemeinplätze von einem neuenGesichtspunkt aus, berücksichtigte die akademische Methodik aber doch bei der Be¬sprechung der Hülfsmittel (pQyava) für die dialektischen Schlüsse (A cc. 16—18), ja, ernahm sogar, wie es scheint, aus den Schriften der älteren Akademiker in seine TopikPartieen auf, die auf die Methoden des c. 37 c. M. zugeschnitten waren; es sind diesBuch -Tc. 1—4, 4 c. 15 und H c. 1 u. 2, die beiden letzten natürlich nur in skizzen¬hafter Ausführung der Topen, die in den nach seiner Disposition angelegten Bücherneine breitere Behandlung erfuhren.

Dafs hiermit schon völlig abschliefsende und endgültige Resultate gegeben seinsollten, ist bei einem solchen ersten Versuch, den in der Topik niedergelegten Schatzan akademischemLehrgut nutzbar zu machen, um so weniger zu erwarten, als dieganze Darlegung auf eine nur schmale Basis, nämlich die der cc. 37 und 64—68 cod.Marc, gestellt ist und somit die Behandlung vieler Topen von vorneherein in Wegfallkommen mufste. Ich hoffe jedoch noch Gelegenheit zu finden, die obigen Darlegungeninsbesondere in bezug auf die Frage nach Zusammensetzung und Entstehung der Topikund der mit ihr aufs engste zusammengehörigen Kategorieenschrift weiter auszuführenund zu begründen im Zusammenhangmit dem Nachweis, dafs der Grundstock der über¬lieferten öicuQsoeig zu dem eisernen Bestand akademischer Schullehren gehört, die inden Aristotelischen Schriften, besonders in der Topik und Ethik, eingehende Berück¬sichtigung finden.

bemerkenswert, dafs sich dort auch die in der Topik (fl 3. 153 b 4 ff., s. o. S. 20, 2) von Aristoteles verbesserteLehre von zwei einander konträr entgegengesetzten Definitionen findet, nach welcher in solchen entwederdie yevij oder die öiayogal oder beide entgegengesetzt sein können, also eine havxioxrjg der dnxfogai nichtunbedingt nötig ist (fr. 120). Vergleiche auch das hier angeführte Beispiel (Rose S. 111, 23): olöv (an,xov xakov 0Qi.CfA.6s,ei ovxio xv%ot, ovfifiexoia /uegoüv ngog ai.krji.ct, xovxta ivavxiov äovfxfiixgia fjegüvngbg ali.rji.a mit Topik r 1. 116b 21 xb dt xaXXog x&v fielSu xig ovfi/uexgia äoxei elvat und mit dem dialekt.Schlufs im Aristot. Eudemos (fr. 45 S. 50, 18): ei xoCvvv r) avagfioaxla vbaog xai üoS-svem xal ala^og,i) äoftovia aga vyleia xal ia/vg xai xcillog. Auch das Beispiel vom XQ^t1" diaxgixtxbv und avyxgmxovoytmg ist hier (S. 111, 26f.) verwandt, vgl. Top. A 15. 107b 29, Tim. 67 E. Als eine solche der Topikparallel laufende Spezialschrift wird man aber auch die Postprädikamente ansehen müssen; darüber freilich,ob sie von der Hand des Aristoteles selber geschrieben sind, wage ich noch kein Urteil abzugeben.

JUkaniBohes Gymnasium. 1904.

Page 35: Hambruch, Logische Regeln Der Platonischen Schule in Der Aristotelischen Topik