HANDElSBlATT (24.06.2016): DEUTScHlANDS BESTE ANWÄlTE … · Artikel 15 verlangt von den...

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Inhalt Aktuelles: EU-Kommission und HOAI Immobilienrecht: Gewährleistungsausschluss bei öffentlichen Äußerungen des Verkäufers Gewerbliches Mietrecht: Nebenkostenregelungen im Formular des Vermieters Öffentliches Recht: Festsetzungen der Sondergebiete – interkom- munales Abstimmungsgebot Bauplanungsrecht: Begriff des unbeplanten Innenbereichs bei Kasernengelände Versicherungsrecht: Versicherungsschutz bei M&A-Transaktio- nen – Warranty & Indemnity Versicherung Veranstaltungen und Veröffentlichungen MANDANTENBRIEF 02/2017 GROOTERHORST & PARTNER RECHTSANWÄLTE MBB EU-Recht – Architektenrecht/HOAI: Klage der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland – EuGH Die Europäische Kommission hat am 17.11.2016 Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof wegen der Honorargrenzen in der Verordnung über die Honorare für Architekten und Ingenieurleistungen (HOAI) angekündigt (Vertragsverletzung-Nr. 20152057/ Europäische Kommission MEMO- 16-3644). Die EU-Kommission begründet die Klage damit, die HOAI verletze Art. 15 der Euro- päischen Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG). Sie macht geltend, die Bundesre- publik Deutschland beeinträchtige in ungerechtfertigter Weise den europäischen Bin- nenmarkt für freiberufliche Dienstleistungen dadurch, dass die HOAI Mindest- und Höchsthonorare festlege. Fortsetzung auf Seite 2 A. Aktuelles Liebe Leserinnen und Leser, Zu Beginn des neuen Jahres wünschen wir allen Mandanten, Freunden und Lesern ein gutes und erfolgreiches Jahr 2017. Unser erster Mandantenbrief 2017 be- schreibt den Versuch der EU-Kommissi- on, einen bewährten Teil des deutschen Architektenrechts, die HOAI, anzugreifen. Die Klage vor dem Europäischen Ge- richtshof markiert eine neue Phase der Auseinandersetzung. Im weiteren Bericht schildern wir wie üb- lich Entwicklungen auf den Arbeitsgebie- ten der Kanzlei: Zum Beispiel im Bereich der Warranty & Indemnity Versicherung den vorerst noch „brodelnden“ versi- cherungsrechtlichen Hintergründen bei M&A-Transaktionen. Ich wünsche Ihnen auch im Jahre 2017 eine stets anregende Lektüre. Ihr Dr. Johannes Grooterhorst HANDELSBLATT (24.06.2016): DEUTSCHLANDS BESTE ANWÄLTE 2016 Maximilian Dehnert Rechtsanwalt

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Inhalt• Aktuelles: EU-Kommission und HOAI

• Immobilienrecht: Gewährleistungsausschluss bei öffentlichen

Äußerungen des Verkäufers

• Gewerbliches Mietrecht: Nebenkostenregelungen im Formular des

Vermieters

• Öffentliches Recht: Festsetzungen der Sondergebiete – interkom-

munales Abstimmungsgebot

• Bauplanungsrecht: Begriff des unbeplanten Innenbereichs bei

Kasernengelände

• Versicherungsrecht: Versicherungsschutz bei M&A-Transaktio-

nen – Warranty & Indemnity Versicherung

• Veranstaltungen und Veröffentlichungen

Mandantenbrief 02/2017

GROOTERHORST& PARTNER

REcHTSANWÄlTE MBB

EU-Recht – Architektenrecht/HOAI: Klage der EU-Kommission

gegen die Bundesrepublik Deutschland – EuGH

Die Europäische Kommission hat am 17.11.2016 Klage gegen die Bundes republik

Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof wegen der Honorargrenzen in

der Verordnung über die Honorare für Architekten und Ingenieurleistungen (HOAI)

angekündigt (Vertragsverletzung-Nr. 20152057/ Europäische Kommission MEMO-

16-3644).

Die EU-Kommission begründet die Klage damit, die HOAI verletze Art. 15 der Euro-

päischen Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG). Sie macht geltend, die Bundesre-

publik Deutschland beeinträchtige in ungerechtfertigter Weise den europäischen Bin-

nenmarkt für freiberufliche Dienstleistungen dadurch, dass die HOAI Mindest- und

Höchsthonorare festlege.

fortsetzung auf Seite 2

A. AktuellesLiebe Leserinnen und Leser,

Zu Beginn des neuen Jahres wünschen wir allen Mandanten, Freunden und Lesern ein gutes und erfolgreiches Jahr 2017.

Unser erster Mandantenbrief 2017 be-schreibt den Versuch der EU-Kommissi-on, einen bewährten Teil des deutschen Architektenrechts, die HOAI, anzugreifen. Die Klage vor dem Europäischen Ge-richtshof markiert eine neue Phase der Auseinandersetzung.

Im weiteren Bericht schildern wir wie üb-lich Entwicklungen auf den Arbeitsgebie-ten der Kanzlei: Zum Beispiel im Bereich der Warranty & Indemnity Versicherung den vorerst noch „brodelnden“ versi-cherungsrechtlichen Hintergründen bei M&A-Transaktionen.

Ich wünsche Ihnen auch im Jahre 2017 eine stets anregende Lektüre.

Ihr

Dr. Johannes Grooterhorst

HANDElSBlATT (24.06.2016): DEUTScHlANDS BESTE ANWÄlTE 2016

Maximilian Dehnertrechtsanwalt

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2 Mandantenbrief 02/2017

GROOTERHORST& PaRTnER

REcHTSanwälTE MBB

Die EU-Dienstleistungsrichtlinie soll rechtliche und verwaltungstechnische Handelshindernis-

se auf dem europäischen Dienstleistungsmarkt beseitigen. Nationale Einschränkungen sollen

nur dann möglich sein, wenn sie aus einem schwerwiegenden Grund gerechtfertigt sind, z.B.

aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, sowie im Hinblick auf das verfolgte Ziel verhältnismä-

ßig sind. Artikel 15 verlangt von den Mitgliedsstaaten, ihre gesetzlichen Regelungen dahinge-

hend zu überprüfen, ob diese bestimmte, den Wettbewerb einschränkende Anforderungen an

den Dienstleistungserbringer stellen.

Artikel 15 Abs. 2 lit. g) regelt die Beachtung von Mindest- und/oder Höchstpreisen in nationa-

len gesetzlichen Regelungen (einschränkende Regelungen). Laut Europäischer Kommission

stellen die Mindest- und Höchsthonorare der HOAI eine derartige, den Dienstleistungsmarkt

einschränkende Regelung dar.

Diese Einschränkungen des Dienstleistungsmarktes durch die HOAI seien aber nicht gerecht-

fertigt. Die Mindesthonorare führten z.B. dazu, dass Verbraucher Dienstleistungen nicht zu

wettbewerbsgerechten Preisen in Anspruch nehmen könnten. Andererseits könnten beson-

ders hochwertige Leistungen nicht höher als nach der Honorarhöchstgrenze der HOAI vergü-

tet werden. Indem die Preisbestimmung für den Dienstleistungserbringer beschränkt wird,

würde es zudem neuen Wettbewerbern erschwert, durch einen niedrigeren Preis neue Kun-

den zu gewinnen. Die festgelegten Mindest- und Höchsthonorare seien daher weder aus ei-

nem zwingenden Allgemeininteresse erforderlich noch verhältnismäßig. Für die Qualitätssi-

cherung von Architektenleistungen seien die Honorargrenzen nicht notwendig. Dem

Verbraucherschutz dienten sie ebenfalls nicht. Letztlich würde die fehlende Erforderlichkeit

von Honorargrenzen dadurch belegt, dass auch andere Europäische Staaten vergleichbare

Honorarordnungen bereits abgeschafft hätten, ohne dass es zu Einbußen bei der Qualitätssi-

cherung gekommen sei.

Die Bundesrepublik ist der Auffassung, dass es an einem Auslandsbezug der HOAI fehle. Seit

der Anpassung der HOAI an europäisches Recht im Jahr 2009 finde die HOAI nur noch dann

Anwendung, wenn der Dienstleister seinen Sitz in Deutschland habe und die Dienstleistungen

im Inland erbracht würden. Auch seien die Regelungen sehr wohl zur Qualitätssicherung

erforderlich.

Bereits am 18.06.2015 hatte die Europäische Kommission gegen die Bundesrepublik Deutsch-

land ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Nachdem sich beide Seiten auf keine

Einigung verständigen konnten, hat die Kommission nunmehr Klage vor dem Euro päischen

Gerichtshof erhoben. Die Entscheidung des Gerichtshofs wird für das Jahr 2018 erwartet.

Sofern die Klage Erfolg hat, hätte die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof erhebliche

Auswirkungen auf die bestehende und zukünftige Praxis von Architektenverträgen. Der

Gesetzgeber wäre gefordert, Übergangsvorschriften für die HOAI zu erlassen. Handelte der

Gesetzgeber nicht rechtzeitig, entstünde eine erhebliche Rechtsunsicherheit. So stellte

sich beispielsweise die Frage, ob Vertragsparteien zur Anpassung des Architektenvertrags an

die übliche Vergütung verpflichtet sind, wenn die HOAI als Geschäftsgrundlage wegfällt

(vgl. §§ 632 Abs. 2, 313 BGB) und wie die Vergütung dann zu bestimmen ist.

fortsetzung von Seite 1

Art. 15 EU Dienstleistungs-

richtlinie

Prüfung von Höchst- und

Mindestpreisen gemäß

Art. 15 Abs. 2 lit. g)

Dienstleistungsrichtlinie

Kein zwingendes Allgemein-

interesse – keine Verhält-

nismäßigkeit

Frage des Auslandsbezuges

der HOAI

Vorangegangenes Vertrags-

verletzungsverfahren

Praxishinweis:

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3Mandantenbrief 02/2017

GROOTERHORST& PaRTnER

REcHTSanwälTE MBB

Für Neuverträge empfiehlt es sich hingegen bereits jetzt, vorsorglich Sicherungsklauseln auf-

zunehmen, die den Umfang der Vergütung auch für den Fall bestimmen, dass die Honorar-

grenzen der HOAI als europarechtswidrig erkannt werden.

Maximilian Dehnert

B. Immobilienrecht

Grundstückskaufvertrag – Gewährleistungsausschluss – öffentliche

Äußerungen des Verkäufers

Mit Urteil vom 22.04.2016 hat der 5. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH – V ZR 23/15)

entschieden, dass der in einem notariellen Grundstückskaufvertrag vereinbarte Haftungsaus-

schluss für Sachmängel auch die nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers zu erwar-

tenden Eigenschaften des Kaufgegenstandes erfasst.

Der Beklagte hatte dem Kläger mit notariellem Kaufvertrag unter Ausschluss der Haftung für

Sachmängel ein mit einem Gebäude bebautes Grundstück verkauft. Das Gebäude war in den

Jahren 1999/2000 unter Einbeziehung vorhandener Altbausubstanz errichtet worden. Vor Ab-

schluss des notariellen Kaufvertrages hatte der Beklagte das Objekt in einem Internetportal

beworben, „das Haus sei 1999/2000 errichtet und bis 2005 ausgebaut“ worden. Der Kläger

verlangte wegen der einbezogenen Altbausubstanz vom Beklagten Schadenersatz.

Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Beschaffenheit des Kaufgegenstandes von den Soll-Be-

schaffenheiten nach den Vereinbarungen der Vertragspartner abweichen (subjektiver Fehlerbe-

griff). Die Beurteilung der Soll-Beschaffenheit kann sich unter anderem danach beurteilen, wel-

che Eigenschaften der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, insbesondere

in der Werbung, erwarten kann, § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB. Liegt eine Abweichung von diesen

Eigenschaften vor, ist dies ohne Ausnahme ein Mangel der Kaufsache.

Vor diesem Hintergrund stellte sich für den BGH (1.) die Frage, ob sich der Gewährleistungsaus-

schluss auf die Eigenschaften bezog, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des

Verkäufers erwarten durfte. Da dies nach Ansicht des BGH der Fall war, war (2.) zusätzlich zu

entscheiden, ob sich der Verkäufer wegen Arglist nicht auf den vereinbarten Gewährleistungs-

ausschluss berufen konnte.

Obgleich auch nach Auffassung des BGH die öffentlichen Äußerungen des Verkäufers den Sinn-

gehalt des Haftungsausschlusses mitprägen, beurteilte er den Entwurf des notariellen Kaufver-

trages aus Rechtsgründen als eine Zäsur für den Käufer. Diese Zäsur habe auch aus Käufersicht

zur Folge, dass sich nur aus dem notariellen Kaufvertrag ergeben soll, wofür der Verkäufer

letztlich einstehen will. Enthält der Kaufvertrag daher einen uneingeschränkten Haftungsaus-

schluss, bedeute das in aller Regel, dass der Verkäufer auch seine Haftung wegen öffentlicher

Äußerungen ausschließen wolle. Wenn also ein Mangel vorliegt, weil die Kaufsache nicht die

Eigenschaften hat, die der Käufer wegen der öffentlichen Äußerungen erwarten durfte, haftet

der Verkäufer bei einem Gewährleistungsausschluss im notariellen Kaufvertrag hierfür grund-

sätzlich nicht.

Notarieller Grund-

stückskaufvertrag – Ver-

käuferäußerungen auf

Internetportal – Gewähr-

leistungsausschluss

Mängel und öffentliche Er-

klärungen des Verkäufers

(§ 434 Abs. 1 Satz 3 BGB)

Umfang des Gewährleis-

tungsausschlusses nach

Käufersicht – Zäsur der

Käufervorstellungen

durch Vertragsentwurf

Jonas Gailrechtsanwalt

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4 Mandantenbrief 02/2017

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Der Verkäufer haftet für diese Mängel jedoch ausnahmsweise dann, er arglistig handelte, vgl. §

444 BGB. Davon ist jedoch nur auszugehen, wenn der Verkäufer zweierlei wusste oder für mög-

lich hielt, nämlich (1.), dass die von ihm getätigte öffentliche Äußerung unwahr ist und (2.) zudem

ein durchschnittlicher Käufer die Angabe für unzutreffend hält. Im Fall des BGH wurde die Arglist

mangels ausreichender Feststellungen der Vorinstanz nicht abschließend beurteilt.

Für die Käuferseite ist das Urteil insoweit von besonderer Bedeutung, als dass bei einem Ge-

währleistungsausschluss im notariellen Kaufvertrag zwar Abweichungen von Verkäuferäußerun-

gen (wie bisher auch) Mängel begründen, der Verkäufer jedoch (vorbehaltlich seiner Arglist) für

diese Mängel nicht haftet. Es empfiehlt sich daher, eine besonders umfassende, genaue Risiko-

prüfung durchzuführen. Zudem ist ratsam, den Verkäufer zu einer möglichst genauen Eigen-

schaftsbeschreibung im notariellen Kaufvertrag zu veranlassen, die dann vom Ausschluss nicht

erfasst wäre.

Einem Verkäufer ist anzuraten, umso mehr auf einem umfassenden Gewährleistungsausschluss

zu bestehen. Er muss jedoch beachten, dass das Urteil gerade keinen „Freibrief“ darstellt. Wie

dargestellt ist der Gewährleistungsausschluss nämlich nur dann wirksam, wenn der Verkäufer

nicht arglistig handelte. Weiterhin können auch unvorsätzliche, aber fahrlässige Pflichtverletzun-

gen vorvertragliche Schadensersatzansprüche begründen.

Jonas Gail

c. Gewerbliches Mietrecht

I. Mietvertragsrecht – Nebenkostenregelungen im Formular des Vermie-

ters – Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Mit Beschluss vom 16.08.2016 (24 U 25/16) hat das OLG Düsseldorf einer Nebenkostenre-

gelung wegen widersprüchlicher Formulierungen im Mietvertrag zugunsten des Mieters einge-

schränkt.

Der Vermieter hatte einen formularmäßigen Gewerberaummietvertrag gestellt. Zu den Neben-

kostenvorauszahlungen wurden darin unter anderem folgende Klauseln vereinbart: „Im Falle

der Erhöhung oder Verringerung der Nebenkosten ist der Vermieter berechtigt, die Vorauszah-

lungen mit Wirkung des auf die Jahresabrechnung folgenden Monats neu festzusetzen.“ und

„Ermäßigen sich die Betriebskosten, so sind sie vom Zeitpunkt der Ermäßigung entsprechend

herabzusetzen.“

Die vereinbarten Nebenkosten waren gesunken. Der Mieter begehrt die Herabsetzung der

Nebenkostenvorauszahlungen.

Das OLG hat der Klage stattgegeben. Nach seiner Auffassung stehen die beiden Klauseln

zueinander im Widerspruch. Die eine Klausel regele, dass der Vermieter „berechtigt“ sei,

die Vorauszahlungen neu festzusetzen. Dies beinhalte zugleich das Recht des Vermieters eine

an sich gebotene Anpassung der Vorauszahlungen zu unterlassen. Die andere Klausel hin-

gegen besage, dass die Vorauszahlungen herabzusetzen „sind“. Dies schließe ein Ermessen

des Vermieters gerade aus und begründe einen Anspruch des Mieters auf Reduzierung

der Vorauszahlungen. Da es sich bei dem formularvertraglich gestellten Mietvertrag um Allge-

Haftung bei Arglist

Praxishinweis

Formularvertrag mit Fest-

setzungsrecht (des Vermie-

ters) und Herabsetzungs-

pflicht

Herabsetzungsklage

Formularwiderspruch nach

§ 305 lit. c) Abs. 2 BGB

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5Mandantenbrief 02/2017

GROOTERHORST& PaRTnER

REcHTSanwälTE MBB

meine Geschäftsbedingungen (AGB) handele, gehe dieser „Zweifel an der Auslegung begrün-

dende“ Widerspruch nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Vermieters. Dem Mieter stehe

nach der mietergünstigeren Klausel ein Anspruch auf Reduzierung der Nebenkostenvoraus-

zahlung zu. Hieraus folge zugleich der Verzug ausschließendes Zurückbehaltungsrecht des

Mieters.

Ohne den Klauselwiderspruch wäre die Regelung, die dem Vermieter ein einseitiges Recht zur

Anpassung der Höhe der Nebenkostenvorauszahlung im Anschluss an die Nebenkostenab-

rechnung zugesteht – auch als AGB – wohl wirksam gewesen (BGH, Urteil vom 05.02.2014

– XII ZR 65/13).

Bei vertraglichen Regelungen zu Art und Umfang der Nebenkostentragung des Mieters ist

besondere Umsicht gefordert:

Da das BGB insoweit keine ausreichenden Regelungen trifft, ist die umfassende und präzise

vertragliche Regelung entscheidend. Beispielsweise hat der Vermieter ohne eine (wirksame)

Regelung zur anteiligen Überwälzung auf den Mieter sämtliche Nebenkosten zu tragen und

ohne eine (wirksame) Vereinbarung von Nebenkostenvorauszahlungen ist der Vermieter bis

zur (meist jährlichen) Abrechnung vorleistungspflichtig.

Zudem sind Regelungen zu den Nebenkosten bei auf bestimmte Zeit geschlossenen Mietver-

trägen größtenteils schriftformbedürftig, so dass bei Verstoß gegen die Schriftform die ordent-

liche Kündbarkeit des Mietvertrages nach § 550 BGB droht.

leonie Munz

II. Recht der Nutzungsentschädigung nach Räumung – Bedeutung des

Vermieterpfandrechts

Das Kammergericht Berlin (Oberlandesgericht) hat in seinem Urteil vom 18.07.2016 (8 U

234/14) festgestellt, ein Vermieterpfandrecht behindere nur die Räumung, nicht aber die Her-

ausgabe der Mieträume.

In seinem Urteil hat sich das KG u.a. mit der notwendigen Differenzierung zwischen Heraus-

gabeanspruch und Räumungsanspruch nach Beendigung des Mietverhältnisses und mit der

Frage beschäftigt, welche Auswirkungen die Ausübung des Vermieterpfandrechts auf diese

beiden Ansprüche hat.

Der Mieter von Gewerberäumen war mit den Mietzahlungen in Verzug geraten, woraufhin der

Vermieter fristlos kündigte und sein Vermieterpfandrecht geltend machte. Der Mieter räumte

die Mieträume nicht und gab sie nicht heraus. Der Vermieter hat ein Räumungs- und Heraus-

gabeurteil erwirkt und dem Mieter eine Frist zur Herausgabe gewährt. Für den Zeitraum bis

zur Herausgabe verlangte der Vermieter Nutzungsentschädigung. Diese verweigerte der Mie-

ter mit der Argumentation, dass er dem Vermieter die Mietsache nicht vorenthalte, da er sie

aufgrund des geltend gemachten Vermieterpfandrechts nicht räumen dürfe. Eine Herausgabe

sei ohne Räumung nicht möglich. Der Vermieter hat den Anspruch auf Nutzungsentschädi-

gung gerichtlich geltend gemacht.

Praxishinweis

Räumungs- und Herausga-

beurteil – Klage auf Nut-

zungsentschädigung

leonie Munzrechtsanwältin

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REcHTSanwälTE MBB

Das KG hat den Anspruch des Vermieters auf Nutzungsentschädigung bejaht: Gebe der Mie-

ter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht an den Vermieter heraus und

sei der Vermieter rücknahmewillig, stehe dem Vermieter ein Anspruch auf Nutzungsentschä-

digung nach § 546 a BGB zu. Die Setzung der Räumungsfrist lasse den Rücknahmewillen

und damit den Anspruch des Vermieters nach § 546 a BGB unberührt. Auch die Ausübung

des Vermieterpfandrechts stehe dem Anspruch auf Nutzungsentschädigung nicht entgegen.

Das Vermieterpfandrecht hindere lediglich die vollständige Räumung, nicht aber die Heraus-

gabe der Mietsache. Die Mietsache sei aber nicht herausgegeben worden, da der Mieter dem

Vermieter nicht sämtliche Schlüssel zur Mietsache zurückgegeben und auch der Vermieter

dem Mieter die Mietsache nicht dauerhaft entzogen habe – etwa durch Austausch der Schlös-

ser.

Die Entscheidung verdeutlicht die Notwendigkeit in der Praxis zwischen Räumungspflicht und

Herausgabepflicht zu differenzieren. Die Ausübung des Vermieterpfandrechts betrifft nur die

Räumungspflicht, die der Mieter in Bezug auf die in seinem Eigentum stehenden und damit

dem Vermieterpfandrecht unterworfenen Gegenstände nicht erfüllen kann. Die Herausgabe ist

hingegen durch vollständige Besitzübergabe an den Vermieter möglich.

Auch in anderen Konstellationen ist die Differenzierung zwischen Räumungs- und Herausga-

bepflicht wichtig. Bei Insolvenz des Mieters und Sonderkündigung durch den Insolvenzverwal-

ter (§ 109 InsO) zum Beispiel dürfte der Herausgabeanspruch eine Masseverbindlichkeit bzw.

ein Aussonderungsrecht darstellen. Etwaige Schadensersatzansprüche wegen einer unterlas-

senen Räumung (von vor Verfahrenseröffnung eingebrachten Sachen) stellen hingegen im

Regelfall nur einfache Insolvenzforderungen dar, die regelmäßig nur zu einer gewissen Quote

befriedigt werden. Dies muss der Vermieter bei der Abwägung seines weiteren Vorgehens bei

Insolvenz des Mieters frühzeitig berücksichtigen.

leonie Munz

D. Öffentliches Recht

I. Bauplanungsrecht – Festsetzung eines Sondergebietes (Möbelmarkt)

– Ziele der Raumordnung – interkommunales Abstimmungsgebot

In seinem Urteil vom 28.09.2016 (7 D 89/14.NE) hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-

Westfalen einen Bebauungsplan für unwirksam erklärt, da er gegen das Anpassungsgebot an

die Ziele der Raumordnung verstößt und das interkommunale Abstimmungsgebot verletzt.

Die Kommune hatte in einem Bebauungsplan ein Sondergebiet für ein Möbelhaus mit

43.000 m² Verkaufsfläche festgesetzt. Zwei Nachbarstädte klagten gegen diesen Bebauungs-

plan und machten insbesondere die Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots

geltend.

Das OVG hat entschieden, dass der Bebauungsplan bereits deshalb unwirksam sei, weil

er gegen das Anpassungsgebot gemäß § 1 Abs. 4 BauGB an die Ziele der Raumordnung

Umfang des Anspruchs nach

§ 546 a BGB

Praxishinweis

Sondergebiet für Möbel-

haus mit 43.000 m² Ver-

kaufsfläche

Anpassungsgebot § 1 Abs. 4

BauGB

Dr. Steffen Schleidenrechtsanwalt

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verstoße. Denn nach den Vorgaben des einschlägigen Regionalplans durften Sondergebiete

für Einkaufszentren und großflächigen Einzelhandel nur in allgemeinen Siedlungsbereichen

festgesetzt werden. Das Vorhabengrundstück lag jedoch nur teilweise in einem allgemeinen

Siedlungsbereich.

Zudem sei auch das interkommunalen Abstimmungsgebot verletzt. Überschritten sei die städ-

tebauliche Relevanzschwelle dann, wenn ein Umschlagen von rein wirtschaftlichen zu städte-

baulichen Auswirkungen stattzufinden drohe. Hierbei sei das Kriterium von 10 % Umsatzumver-

teilung ein Anhaltspunkt. Dabei seien Marktgutachten grundsätzlich geeignet, den

voraussichtlichen Kaufkraftabfluss des Vorhabens zu prognostizieren.

Das vorliegende Marktgutachten erfüllte jedoch die Anforderungen der Rechtsprechung nicht.

So seien zu geringe Flächenproduktivitäten angenommen worden. Das Gutachten habe näm-

lich eine Flächenproduktivität von 2.700 Euro pro m² angesetzt, was weit hinter dem Durch-

schnitt der entsprechenden Werte der übrigen großen Möbelmärkte zurückliege. Diese Differen-

zen seien in dem Gutachten auch nicht hinreichend erläutert worden.

Ebenso sei auch nicht berücksichtigt worden, dass die Ansiedlung eines solchen Möbelhauses

zu einer nicht unwesentlichen Verdichtung des Wettbewerbs führen könne.

Des Weiteren seien in der Modellrechnung die mit einem Marktaustritt freiwerdende Nachfrage

in absolut gleichen Beträgen auf unterschiedlich umsatzstarke Konkurrenten im näheren Umfeld

verteilt worden. Hierbei sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass die Umsatzumvertei-

lungen den größeren Marktteilnehmern überproportional zugutekommen.

Diese Mängel im Einzelhandelsgutachten stellten erhebliche Mängel im Abwägungsvorgang dar,

die letztlich ebenfalls zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führten.

Gerade bei der Ausweisung von Sondergebieten für große Einzel-handelsvorhaben ist es von

besonderer Bedeutung, dass die dem Bebauungsplan zugrundeliegenden Einzelhandelsgut-

achten detailliert geprüft werden, um sicherzustellen, dass diesen den Anforderungen an die

Rechtsprechung genügen.

Dr. Steffen Schleiden

II. Bauplanungsrecht – Sanierungssatzung – Normenkontrollverfahren

Mit seinem Urteil vom 16.11.2016 hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (3 S

572/15) eine Sanierungssatzung für unwirksam erklärt, weil der kommunale Beschluss auf we-

sentlichen Abwägungsfehlern beruhe.

Die Stadt hatte für den Bereich eines Büro- und Geschäftshauses aus den 70er Jahren eine

Sanierungssatzung erlassen. Als Sanierungsziele hatte sie insbesondere den Abriss des beste-

henden Gebäudes und den Neubau eines modernen Einkaufszentrums festgelegt. Die Eigentü-

mer andererseits strebten eine Kernsanierung des bestehenden Gebäudes an.

Städtebauliche Relevanz-

schwelle für interkommu-

nales Abstimmungsgebot

Annahme einer zu geringen

Flächenproduktivität

Nicht unwesentliche Ver-

dichtung des Wettbewerbs

Mangelhafte Berücksichti-

gung der Umsatzumvertei-

lungen

Gutachtenmängel als Abwä-

gungsmängel

Praxishinweis

Sanierungssatzung mit Ziel

Abriss und Neubau

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Sie haben Normenkontrollklage gegen die Sanierungssatzung erhoben und dabei insbesondere

geltend gemacht, dass ihre Eigentümerbelange im Rahmen der Abwägung nicht hinreichend

berücksichtigt worden seien. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die Sanie-

rungssatzung für unwirksam erklärt.

Das Gericht hat maßgeblich darauf abgestellt, dass die Stadt nicht hinreichend ermittelt habe,

ob die städtebaulichen Missstände nicht auch im Wege einer Kernsanierung beseitigt werden

können. Dabei setzte er sich auch mit dem der Sanierungssatzung zugrundeliegenden Gutach-

ten auseinander, das lediglich eine bloße Modernisierung, nicht jedoch eine grundlegende Kern-

sanierung als Alternative zum Abriss und Neubau untersucht habe und konstatierte hierbei einen

erheblichen Mangel bei der Ermittlung der abwägungserheblichen Eigentümerbelange. Weiter-

hin hätte der Stadtrat bei ordnungsgemäßer Ermittlung dieser Abwägungsbelange voraussicht-

lich auch nicht den Abriss des bestehenden Gebäudes und den Neubau eines neuen Einkaufs-

zentrums als Sanierungsziel beschlossen, sondern vielmehr die Kernsanierung für ausreichend

erachtet. Dementsprechend sei der Abwägungsmangel auch erheblich und führe zur Unwirk-

samkeit der Sanierungssatzung.

Zudem sei die Entscheidung abwägungsfehlerhaft, weil die Stadt nicht hinreichend ermittelt

habe, wie sie die Sanierungsziele (Behebung der städtebaulichen Missstände) gegen den Willen

der Eigentümer erreichen wolle.

Für die Praxis ist diese Entscheidung von besonderer Bedeutung, da sie die Interessen der Ei-

gentümer von Objekten in einem Sanierungsgebiet stärkt. Der Verwaltungsgerichtshof hat hier-

bei insbesondere auch betont, dass eine Stadt oder Gemeinde bei der Aufstellung einer Sanie-

rungssatzung genau ermitteln muss, wie sie die Sanierungsziele realisieren will. Insoweit kommt

es auch auf die Mitwirkungsbereitschaft der betroffenen Grundstückseigentümer an.

Dr. Steffen Schleiden

III. Bauplanungsrecht – Begriff des unbeplanten Innenbereichs

(§ 34 BauGB) – aufgegebenes Kasernengelände

Mit Urteil vom 23.11.2016 (4 CN 2.16) hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass ein

von der Bundeswehr im Jahr 2003 aufgegebenes Kasernengelände außerhalb einer Ortschaft

keinen eigenen Ortsteil bildet und damit nicht als unbeplanter Innenbereich (§ 34 BauGB) ange-

sehen werden kann.

Gegenstand des Verfahrens war der Normenkontrollantrag einer Grundstückseigentümerin. Sie

wandte sich gegen den im Jahr 2014 aufgestellten Bebauungsplan der Ansiedlungsgemeinde

für einen 3,5 ha großen Teilbereich des Kasernengeländes, der ein Gewerbegebiet festsetzte.

Wie das Bundesverwaltungsgericht klarstellte, war die Ansiedlungsgemeinde nicht verpflichtet,

die nun neu überplanten Grundstücke als bebaubare Grundstücke im Innenbereich (§ 34

BauGB) in die Abwägung zum Bebauungsplan einzustellen. Weder sei das Kasernengelände

ein eigener Ortsteil, noch sei die vorhandene Bebauung geeignet gewesen, die nähere Umge-

bung für eine künftige Bebauung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung zu prägen. Vielmehr

sei die Prägung mit der endgültigen Aufgabe der militärischen Nutzung entfallen, da die Ver-

Normenkontrollklage als

Ergebnis

Abwägungsfehler durch

Nichtberücksichtigung der

Möglichkeit einer Kernsa-

nierung

Abwägungsfehler durch

Nichtberücksichtigung des

Eigentümerwillens

Praxishinweis

Normenkontrollantrag –

Entfall der Prägung

durch Nutzungsaufgabe

Isabel Streckerrechtsanwältin

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9Mandantenbrief 02/2017

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kehrsauffassung nicht mit einer Wiederaufnahme einer gleichartigen, militärischen Nutzung ge-

rechnet habe. Schließlich reiche auch der vorhandene, unterschiedlichen Nutzen zugängliche

Baubestand nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht aus, einen Rahmen für eine

angemessene Fortentwicklung der Bebauung vorzugeben. Ein solcher Rahmen sei jedoch

notwendig, um von einer Bebaubarkeit nach der Regelung zum unbeplanten Innenbereich

(§ 34 BauGB) ausgehen zu können.

Aufgegebene Kasernenstandorte bieten vielerorts ein erhebliches Nachnutzungspotential. Ging

es im aktuellen Fall um die Festsetzung eines Gewerbegebiets, sind anderenorts schon erfolg-

reich Umnutzungen von Kasernengeländen in Wohnareale gelungen. Planungsrechtliche Grund-

lage einer solchen Umnutzung dürfte im Regelfall nur ein neu aufzustellender Bebauungsplan

sein können, da nach Aufgabe der militärischen Nutzung kein prägender Nutzungsumfang

vorhanden ist, der der jeweiligen Folgenutzung einen adäquaten Orientierungsrahmen bieten

könnte.

Isabel Strecker

E. Versicherungsrecht

Versicherungsschutz bei M&A-Transaktionen – Warranty & Indemnity

Versicherung

Fusionen und Übernahmen sind klassischer Bestandteil moderner Unternehmenspolitik. Grenz-

überschreitende Transaktionen haben den Ablauf verändert. Die mit diesen Vorhaben verbunde-

nen Pflichten von Vorständen und Aufsichtsräten einer Aktiengesellschaft sowie den Geschäfts-

führern einer GmbH sind hiervon nicht unberührt geblieben.

Für die Risiken kommt der Abschluss einer „Warranty & Indemnity“-Versicherung in Betracht.

In der – medialen – Öffentlichkeit werden erste Schadensfälle mit größeren Schadenssummen

diskutiert. Die rechtlichen Verfahren sind zu erwarten.

I. Ablauf einer M&A-Transaktion mit den für die W & I Versicherung

relevanten Risiken

Der Ablauf einer M&A-Transaktion stellt sich wie folgt dar: sofern der Verkäufer einen Kaufinter-

essenten gefunden hat, gilt es im Rahmen eines sog. „Letter of Intent“ die Rahmendaten der

M&A-Transaktion zu vereinbaren. In einem solchen Letter of Intent werden neben dem groben

Zeitplan der M&A-Transaktion die wichtigsten Rahmendaten vereinbart, insbesondere erste

Kaufpreisvorstellungen. Dieser Letter of Intent hat in der Regel jedoch noch keine rechtliche

Bindungswirkung, sondern stellt eine bloße Absichtserklärung dar, kann aber für die Frage des

Verschuldens bei Vertragsverhandlungen von Bedeutung sein. Ein Letter of Intent soll beiden

Parteien die Prüfung ermöglichen, ob das gemeinsame weitere Vorgehen eine Chance auf einen

erfolgreichen Abschluss hat.

Keine Fortentwicklung

der Bebauung

Praxishinweis

letter of Intend

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10 Mandantenbrief 02/2017

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Nach dem Abschluss des Letter of Intent steht regelmäßig die sog. „Due Diligence“ an. Da der

Kaufinteressent das Zielobjekt nicht kennt, ist er daran interessiert, vor dem Kauf die Risiken des

Zielobjektes zu erfahren. Im Rahmen dieser Due Diligence prüft der Kaufinteressent daher den

Kaufgegenstand (das Unternehmen oder ein Grundstück) auf „Herz und Nieren“, indem er sich

alle relevanten Geschäftsunterlagen (Gesellschaftsstruktur, Grundbuch, Arbeitsverträge, Ge-

schäftsbeziehungen, Steuerunterlagen, Bilanzen) von dem Verkäufer vorlegen lässt.

Der Verkäufer ist regelmäßig gut beraten, alle Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Zwar können

Unterlagen, aus denen sich Risiken für den Käufer ergeben, zunächst die Verhandlungen er-

schweren. Jedoch hat die Zurverfügungstellung auch kritischer Unterlagen für den Verkäufer

den Vorteil, dass dem Käufer dann diese Risiken bekannt sind. Wenn der Käufer in Kenntnis

dieser Umstände das Unternehmen oder das Grundstück erwirbt, kann der Käufer später keine

Gewährleistungsansprüche geltend machen. Die Einsichtnahme in diese Unterlagen ermöglicht

regelmäßig umfassende Einblicke in Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Zielgesellschaft,

so dass entsprechende Vertraulichkeitsvereinbarungen zwischen den Parteien dringend erfor-

derlich sind.

Nach Abschluss der Due Diligence wir dann der eigentliche Kaufvertrag erarbeitet. Hierbei flie-

ßen insbesondere die Ergebnisse der Due Diligence ein.

In den Verhandlungen geht es in der Regel insbesondere um den Kaufpreis. Darüber hinaus

werden in dem Kaufvertrag regelmäßig umfangreiche Regelungen zur Gewährleistung und zu

selbstständigen Garantien getroffen. Der Käufer strebt dabei durch möglichst weitreichende

Garantien einen umfassenden Schutz an, insbesondere zu Punkten, die sich im Rahmen der

Due Diligence bereits als kritisch herausgestellt haben (z. B. Altlasten oder Rechtsstreitigkeiten).

Der Verkäufer ist naturgemäß darum bemüht, möglichst wenige Garantien abzugeben oder

diese betragsmäßig zu deckeln. Dies gilt umso mehr, wenn ein Umstand, der einen Garantiefall

auslösen könnte, bereits bekannt ist.

Der Verkäufer ist daher gut beraten, auch nach Abschluss des Kaufvertrages und dem Erhalt

des Kaufpreises für ausreichende finanzielle Reserven zu sorgen, um berechtigte Garantiean-

sprüche erfüllen zu können.

I. Versicherungsrechtliche Implikationen

In den Verhandlungen stellen sich der Umfang der Gewährleistungen und Garantien häufig als

„Knackpunkt“ der Verhandlungen dar. Um eine entsprechende Gewährleistung finanziell abzusi-

chern, muss entweder der Verkäufer entsprechende finanzielle Mittel vorhalten. Alternativ wird

der Käufer nur bereit sein, den Kaufvertrag abzuschließen, wenn er einen Teil des Kaufpreises

als Sicherheit einbehalten oder auf ein Treuhandkonto überweisen darf, um so etwaige Gewähr-

leistungsansprüche abzusichern. Dem Verkäufer steht daher regelmäßig nicht der gesamte

Kaufpreis sofort in vollem Umfang zur Verfügung, während der Käufer das Risiko trägt, dass der

Verkäufer nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, um im Falle des Eintritts des Ge-

währleistungsfalles die Forderungen erfüllen zu können.

Hierzu wird im Rahmen des Kaufvertrages eine W & I-Versicherung abgeschlossen, die diese

Garantieansprüche abdeckt. Der Käufer erhält hierdurch einen solventen Schuldner; zudem

kann er die Versicherung direkt in Anspruch nehmen, ohne zuvor den Verkäufer in Anspruch

Due Diligence

Bereitstellung von Unterla-

gen

Kaufpreisgewährleistung und

selbstständige Garantie

liquiditätsreserven

Verhandlungsknackpunkt

„Gewährleistungen“

Ziele der W & I-Versicherun-

gen für den Käufer

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nehmen zu müssen; sofern zwischen den Kaufvertragsparteien umfangreiche Geschäftsbezie-

hungen bestehen, werden diese Geschäftsbeziehungen daher nicht durch einen Rechtsstreit

belastet.

Der Verkäufer ist zugleich nicht mehr dem Risiko ausgesetzt, dass er einen Teil des erhaltenen

Kaufpreises für Garantieansprüche zur Verfügung stellen muss. Eine solche „W&I“-Versicherung

kann insbesondere für Private-Equity-Investoren von besonderem Interesse sei, da sie es ihnen

ermöglicht, einen sofortigen „clean exit“ vorzunehmen und die Ausschüttungen an die eigenen

Investoren sofort vorzunehmen.

Der Versicherer wird eine solche Versicherung naturgemäß nur anbieten, wenn ihm umfassende

Einsicht in die Dokumente des Verkäufers gewährt wird, damit er das Risiko eines Schadensein-

tritts beurteilen kann. Diese Abstimmung mit dem Versicherer kann daher eine M&A-Transaktion

komplizierter und zeitaufwändiger machen, zumal der Versicherer auch keine bereits bekannten

Risiken übernimmt. Zusätzlich muss zwischen den Parteien der M&A-Transaktion auch geklärt

werden, wer die Kosten dieser „W&I“-Versicherung zu tragen hat. Insbesondere bei sehr zeitkri-

tischen Transaktionen ist daher sorgfältig abzuwägen, ob die Verzögerungen aus dem Ab-

schluss einer Warranty & Indemnity-Versicherung hingenommen werden können. Gleichwohl

kann sie ein wertvoller Baustein sein, um eine M&A-Transaktion erfolgreich zum Abschluss zu

bringen.

Eine „W&I“-Versicherung kann eine sinnvolle und hilfreiche Lösung bei der Frage der Gewähr-

leistungen und Garantien sein. Kaufinteressenten können durch die Bereitschaft, eine solche

Versicherung abzuschließen, auch die Attraktivität des eigenen Angebots deutlich erhöhen und

sich damit gegenüber Mitinteressenten hervorheben.

Da es sich hierbei um ein vergleichsweise junges Versicherungsprodukt handelt, entwickelt sich

dieser Versicherungsbereich derzeit sehr stark, so dass abzuwarten bleibt, welche Ausdifferen-

zierung die einzelnen Versicherer anbieten werden. Auch bestehen bislang keine umfassenden

Erfahrungen im Bereich der Schadensabwicklung, so dass auch hier die weitere Entwicklung

abzuwarten bleibt.

Dr. Johannes Grooterhorst

Ziele der W & I-Versicherun-

gen für den Verkäufer

Dokumentenuntersuchung

durch den Versicherer –

Kostenfragen

Praxishinweis

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G. Veranstaltungen – Veröffentlichungen

Die nächsten Termine

Update Gewerberaummiete: Betriebs- und Nebenkostenrecht

Metro Properties Inhouse-Seminar

Düsseldorf

Referent: Rechtsanwalt Dr. Rainer Burbulla, Partner

Grooterhorst & Partner Rechtsanwälte mbB

13. Deutscher Handelsimmobilienkongress

Urbanicom Diskussionsrunde

Was müssen Shopping Center leisten, um eine positive Innenstadtentwicklung zu bewirken?

Berlin, Ellington Hotel

Referent: Rechtsanwalt Dr. Johannes Grooterhorst, Partner

Grooterhorst & Partner Rechtsanwälte mbB

German Council Forum RAP

Recht/Architektur/Projektentwicklung

Hamburg

Referent: Rechtsanwalt Dr. Johannes Grooterhorst, Partner

Grooterhorst & Partner Rechtsanwälte mbB

9. Deutscher Handelsimmobilien-Gipfel

Van der Valk Airporthotel Düsseldorf

Am Hülserhof 57, 40472 Düsseldorf

„Urbane Gebiete – Einfluss der Gesetzesänderung auf die Ansiedlung von

Handelsimmobilien“

Referent: Rechtsanwalt Dr. Johannes Grooterhorst, Partner

Grooterhorst & Partner Rechtsanwälte mbB

Vorlesung/Seminar zum Gewerberaummietrecht

Düsseldorfer AnwaltService, Düsseldorf

Referent: Rechtsanwalt Dr. Rainer Burbulla, Partner

Grooterhorst & Partner Rechtsanwälte mbB

Aktuelle Praxisfragen des Gewerberaummietrechts

Potsdam

Deutsches Anwaltsinstitut e.V.

18. 01. 2017

01. 02. und

02. 02. 2017

01. 03. und

02. 03. 2017

29. 03. und

30. 03. 2017

07. 06. 2017

23. 07. 2017

Termine

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Veröffentlichungen:

Aktuelle Rechtsfragen bei der Genehmigungsfähigkeit von großflächigen Einzelhandels-

vorhaben nach § 34 BauGB

Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht

von Rechtsanwalt Dr. Johannes Grooterhorst, Partner

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Aktuelles Gewerberaummietrecht - Buchrezension

Neue Zeitschrift für Mietrecht (NZM) 9/2016, Seiten V – VIII

Rezension von Joachim Schmidt zum Handbuch „Aktuelles Gewerberaummietrecht –

Rechtsprechung und Vertragsgestaltung“

von Rechtsanwalt Dr. Rainer Burbulla, Partner,

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Beschlagnahme und Vermietung von (Gewerbe-)Immobilien zur Flüchtlingsunterbringung

Saarländische Kommunal Zeitschrift (SKZ) 5/2016

von Rechtsanwalt Dr. Rainer Burbulla, Partner,

Grooterhorst & Partner Rechtsanwälte mbB.

Gewerberaummiete – Die Entwicklungen der Rechtsprechung in 2015

Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR) 11/2016, Seiten 617 – 624

von Rechtsanwalt Dr. Rainer Burbulla, Partner,

Grooterhorst & Partner Rechtsanwälte mbB.

Forum Shopping in Israel? Ein Vergleich des einstweiligen Rechtsschutzes

im Zivilprozessrecht Israels und Deutschlands (Teil 1)

AnwaltZertifikatOnline vom 01.06.2016

von und mit Rechtsanwalt Ralf-Thomas Wittmann, Partner,

Grooterhorst & Partner Rechtsanwälte mbB.

Forum Shopping in Israel? Ein Vergleich des einstweiligen Rechtsschutzes

im Zivilprozessrecht Israels und Deutschlands (Teil 2)

AnwaltZertifikatOnline vom 15.06.2016

von und mit Rechtsanwalt Ralf-Thomas Wittmann, Partner,

Grooterhorst & Partner Rechtsanwälte mbB.

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Einstweiliger Rechtsschutz in Japan (Teil 1): Arten von Sicherungen und Überblick über

das Verfahren

AnwaltZertifikatOnline vom 21.09.2016

von und mit Rechtsanwalt Ralf-Thomas Wittmann, Partner,

Grooterhorst & Partner Rechtsanwälte mbB.

Einstweiliger Rechtsschutz in Hongkong (Teil 2)

AnwaltZertifikatOnline vom 01.12.2016

von und mit Rechtsanwalt Ralf-Thomas Wittmann, Partner,

Grooterhorst & Partner Rechtsanwälte mbB.

Mieterpflichten bei Rückgabe von Gewerberäumen

Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR) 11/2016, Seite 837 – 844

von Rechtsanwalt Dr. Rainer Burbulla, Partner,

Grooterhorst & Partner Rechtsanwälte mbB.

Gewerberaummiete – Die Entwicklungen der Rechtsprechung im 1. Halbjahr 2016

Zeitschrift Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Seiten 1429 – 1435

von Rechtsanwalt Dr. Rainer Burbulla, Partner

Grooterhorst & Partner Rechtanwälte mbB.

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Königsallee 53 – 55

40212 Düsseldorf

Tel. +49 (0)211/864 67-0

Fax +49 (0)211/13 13 42

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