Hans Notter: Das Armenhaus von Teufenthal · ein wöchentliches Almosen von Rpp. 60 ist z.B. für...

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1 Hans Notter: Das Armenhaus von Teufenthal Monatsbeitrag vom 1. Dezember 2003 der Historischen Vereinigung Wynental URL: www.hvw.ch/upload/pdf/monatsbeitrag/armenhaus-teufenthal.pdf Stand: 19. März 2017 _________________________________________________________________________________________________ Teufenthal besass schon im 18. Jahrhundert ein Armenhaus. Wann dieses gebaut wurde, ist leider nicht festgehalten. Erstmals wurde es im Liegenschaftsverzeichnis vom Jahr 1798 erwähnt. Im Brandkataster von 1809 ist eingetragen: das Armenspital, ein Haus von Holz, mit zwei Wohnungen, mit Strohdach, «im Niedenthal beyr Mühle gelegen». Die Bewohner des Armenhauses waren sich anscheinend selber überlassen. Einen Verwalter gab es nicht. Kontrollen durch den Gemeinderat oder durch die Armenkommission gab es nur gelegentlich oder nach Anzeigen, wenn sich die Armen unsittlich benahmen. Damit die Armen etwas Geld verdienen konnten, wurden ihnen Seidenwindräder, Webstühle und Rädchen zur Verfertigung von Stroh- oder Hanfschnüren angeschafft. Das zum Armenhaus gehörende Land wurde den Armen gratis zum Bewirtschaften überlassen. Auch die Saatkartoffeln wurden ihnen abgegeben. Da nicht alle Bewohner fleissige Leute waren, musste die Armenkommission Kontrollen durchführen, damit auch wirklich alles gepflanzt wurde. 1852 wurde von den Ortsbürgern beschlossen, das Armenhaus der Reparation zu unterwerfen, weil solches schon längst einzustürzen drohte. Da eine zunehmende Verarmung der Bürger befürchtet wurde (wegen Missernten und Unwetter im Jahr 1852), beschlossen sie, das Spital um eine Wohnung zu vergrössern. Die Arbeiter (Ortsbürger in Frondienst) erhielten während des Abreissens und Aufrichtens, welches ca. 2 bis 3 Tage dauerte, pro Mann einen Schoppen und für 5 alte Rappen Brot zur Abendszeit als Erfrischung und auf Rechnung der Bürgergutskasse. Im August 1853 konnte das renovierte Armenhaus wieder bezogen werden. Obwohl im Jahre 1854 acht Einsassen des Armenhauses nach Südamerika auswanderten, war dieses viel zu stark belegt. Die Zustände müssen katastrophal gewesen sein. 1857 wurde es einigen der Bewohner zu schlimm, und sie beklagten sich beim Regierungsrat in Aarau. Nach dessen Inspektion erhielt die Armenkommission durch das Bezirksamt folgende Zuschrift: «Laut erhaltener Anzeige befinden sich die Bewohner des Armenhauses zu Teufenthal - 35 an der Zahl - in einem höchst vernachlässigten und bemitleidenswerthen Zustand. Da in ein unwohnliches Lokal zusammen gedrängt, umgeben von Mangel und Unreinlichkeit, Alte und Junge, Kranke und Gesunde durcheinander, sollen sie jeder Aufsicht entbehren und gänzlich sich selber überlassen sein. Der Gemeinderath begnügt sich den einzelnen Armen eine wöchentliche Unterstützung im Betrage von Rpp. 40 bis Fr. 1.- zu verabfolgen, scheint sich aber außer dem nicht um sie zu bekümmern. Ein solches Gehenlassen ist aber unverantwortlich, wenn man bedenkt, dass unter jenen 35 Armen einerseits mehrere Hochbetagte und altershalber arbeitsunfähige Personen, anderseits 9 Kinder unter 15 Jahren sind. Was wird aus diesen Letztern werden, wenn sie ohne Erziehung und mitten im Schmutz aufwachsen und wenn sie umgeben von Noth den Bettel sich angewöhnen? Eine Last für die Gemeinde, die diese nimmer los wird. Es erheischt daher die Menschlichkeit sowohl als das Interesse der Gemeinde, dass jene 9 Kinder aus dem Armenhause weggenommen und bei erbaren Familien verkostgeldet werden. Mag das auch der Gemeinde mehr Kosten verursachen als die bisherige

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HansNotter:DasArmenhausvonTeufenthalMonatsbeitragvom1.Dezember2003derHistorischenVereinigungWynentalURL:www.hvw.ch/upload/pdf/monatsbeitrag/armenhaus-teufenthal.pdfStand:19.März2017_________________________________________________________________________________________________ Teufenthal besass schon im 18. Jahrhundert ein Armenhaus. Wann dieses gebaut wurde, ist leider nicht festgehalten. Erstmals wurde es im Liegenschaftsverzeichnis vom Jahr 1798 erwähnt. Im Brandkataster von 1809 ist eingetragen: das Armenspital, ein Haus von Holz, mit zwei Wohnungen, mit Strohdach, «im Niedenthal beyr Mühle gelegen». Die Bewohner des Armenhauses waren sich anscheinend selber überlassen. Einen Verwalter gab es nicht. Kontrollen durch den Gemeinderat oder durch die Armenkommission gab es nur gelegentlich oder nach Anzeigen, wenn sich die Armen unsittlich benahmen. Damit die Armen etwas Geld verdienen konnten, wurden ihnen Seidenwindräder, Webstühle und Rädchen zur Verfertigung von Stroh- oder Hanfschnüren angeschafft. Das zum Armenhaus gehörende Land wurde den Armen gratis zum Bewirtschaften überlassen. Auch die Saatkartoffeln wurden ihnen abgegeben. Da nicht alle Bewohner fleissige Leute waren, musste die Armenkommission Kontrollen durchführen, damit auch wirklich alles gepflanzt wurde. 1852 wurde von den Ortsbürgern beschlossen, das Armenhaus der Reparation zu unterwerfen, weil solches schon längst einzustürzen drohte. Da eine zunehmende Verarmung der Bürger befürchtet wurde (wegen Missernten und Unwetter im Jahr 1852), beschlossen sie, das Spital um eine Wohnung zu vergrössern. Die Arbeiter (Ortsbürger in Frondienst) erhielten während des Abreissens und Aufrichtens, welches ca. 2 bis 3 Tage dauerte, pro Mann einen Schoppen und für 5 alte Rappen Brot zur Abendszeit als Erfrischung und auf Rechnung der Bürgergutskasse. Im August 1853 konnte das renovierte Armenhaus wieder bezogen werden. Obwohl im Jahre 1854 acht Einsassen des Armenhauses nach Südamerika auswanderten, war dieses viel zu stark belegt. Die Zustände müssen katastrophal gewesen sein. 1857 wurde es einigen der Bewohner zu schlimm, und sie beklagten sich beim Regierungsrat in Aarau. Nach dessen Inspektion erhielt die Armenkommission durch das Bezirksamt folgende Zuschrift: «Laut erhaltener Anzeige befinden sich die Bewohner des Armenhauses zu Teufenthal - 35 an der Zahl - in einem höchst vernachlässigten und bemitleidenswerthen Zustand. Da in ein unwohnliches Lokal zusammen gedrängt, umgeben von Mangel und Unreinlichkeit, Alte und Junge, Kranke und Gesunde durcheinander, sollen sie jeder Aufsicht entbehren und gänzlich sich selber überlassen sein. Der Gemeinderath begnügt sich den einzelnen Armen eine wöchentliche Unterstützung im Betrage von Rpp. 40 bis Fr. 1.- zu verabfolgen, scheint sich aber außer dem nicht um sie zu bekümmern. Ein solches Gehenlassen ist aber unverantwortlich, wenn man bedenkt, dass unter jenen 35 Armen einerseits mehrere Hochbetagte und altershalber arbeitsunfähige Personen, anderseits 9 Kinder unter 15 Jahren sind. Was wird aus diesen Letztern werden, wenn sie ohne Erziehung und mitten im Schmutz aufwachsen und wenn sie umgeben von Noth den Bettel sich angewöhnen? Eine Last für die Gemeinde, die diese nimmer los wird. Es erheischt daher die Menschlichkeit sowohl als das Interesse der Gemeinde, dass jene 9 Kinder aus dem Armenhause weggenommen und bei erbaren Familien verkostgeldet werden. Mag das auch der Gemeinde mehr Kosten verursachen als die bisherige

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Abfindungsweise, so liegt dafür Garantie darin, dass die Betreffenden um so eher selbstständig und zu nüzlichen Gliedern der Gesellschaft werden. Bezüglich derjenigen Personen, welche wegen vorgerücktem Alter verdienstunfähig geworden, so gebietet es die Menschlichkeit nicht minder, ihnen eine bessere Unterstützung angedeihen zu lassen, ein wöchentliches Almosen von Rpp. 60 ist z.B. für die 73 jährige Witwe Elisabeth Hächler, die nicht einmal selber kochen kann, auch gar zu armselig. Meine Weisung betreffend die Verkostgeldung der 9 gegenwärtig im Armenhause befindlichen Kindern unter 15 Jahren, sowie der altersschwachen Personen, insbesondere der Witwe Hächler wollen Sie dem Gemeinderath zur Kenntnis bringen, mit dem Bemerken, dass er sich binnen 14 Tagen bei Ihnen zu meinen Handen über die Vollziehung derselben auszuweisen habe. Sodann wollen sie Ihn verhalten, die Ordnung und Reinlichkeit im Armenhause herstellen und die Betten reinigen zu lassen, aber nichtminder dafür zu sorgen, dass die arbeitsfähigen Bewohner desselben angemessen beschäftigt und so dem Müssiggang entrissen werden.» Weiter verlangte das Bezirksamt unter Androhung gesetzlicher Folgen einen Bericht über die Vollziehung dieser Weisungen bis zum 30. März. Die Armenkommission aber fühlte sich durch das Schreiben zutiefst empört und liess dem Bezirksamt Kulm zu Handen des Regierungsrates folgende Stellungsnahme zukommen: «Auf die uns durch Ihre Vermittlung unterm 17. laufenden Monats in Abschrift zugekommenen Zuschrift des Direktors des Innern hiesigen Kantons vom 14. dies bezüglich Unterbringung und Behandlung der hiesigen Armenhausbewohner finden wir uns veranlasst, Ihnen im Auftrage der hiesigen Armenpflege folgendes einzuwenden: Das Gemeindehaus (Armenhaus), erst im Jahr 1853 ganz neu unterzogen, enthält, im ersten Stockwerk zwei grosse Wohnstuben und in jeder derselben einen Ofen und eine Kunst, dann bei der einten Wohnstube eine und bei der andern zwei Nebenstuben, einen gemeinschaftlichen Gang, zu jeder Wohnstube eine Küche, und aus jeder derselben führt ein Kamin. Im zweiten Stokkwerk dann befinden sich fünf Zimmer zum Schlafen, und endlich unter jeder Wohnstube ein Trämmkeller. Wir müssen daher die Behauptung, dass dasselbe unwohnlich sei, strengstens bestreiten. Betreffend das Zusammensein von alten und jungen, kranken und gesunden Personen, so sind dieses meistentheils ganze Familien. Auch die Unterstüzungen wurden immer so vertheilt, wie man solches der Billigkeit angemessen fand, indem man dieselben in die Möglichkeit versezte, sich selbst etwas verdienen zu können. Auch bestreiten wir feierlichst, dass die Armen, was ihnen übrigens willkommen wäre, jeder Aufsicht entbehren und sich selber überlassen sind, indem zwei und zwei Mitglieder der Armenpflege das Armenhaus regelmässig besuchen und ihr Befinden in das daherige Büchlein übertragen. Gerne, sehr gerne würden wir unsere Armen anders lokalisieren; allein erstens fehlt uns das Gebäude, um sie nach Art des grossen, geräumigen und prachtvollen Spitals Charite zu New Orleans in Zimmer zu placieren, wo jede Person ihr eigen Bett, jedes Zimmer seinen eigenen Abwart und dieses selbst dann des Tages dreimal gekehrt wird, auch um den Fussboden ja nicht zu verunreinigen, Teppiche gelegt sind, um darüber gehen zu können; zweitens fehlen uns die daherigen Schwestern, um unentgeldliche Aufseher über die Befolgung der ertheilten Vorschriften zu haben, und drittens das Geld um solches herstellen und anschaffen zu können, sowie die daherigen Abwärter zu besolden. Die Armen dahier würden sich aber auch mit einer Kost wie sie dort ertheilt wird, nicht begnügen. Im fernern heisst es in dem angerufenen Schreiben: Der Gemeindrath begnügt sich, den

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Armen eine wöchentliche Unterstützung im Betrage von Rp.40 bis Fr.1. zu verabfolgen, scheint sich aber ausserdem um sie nichts zu bekümmern. Hierauf dienen zur Antwort, dass die Unterstützungen nicht nur einzig von uns, sondern von der gesammten Armenpflege nach Billigkeit und Recht beschlossen und verabfolgt werden, in der billigen Voraussetzung, dass sie sich das fehlende durch ihrer Hände Arbeit selbst verdienen können; die Bibel sagt ja selbst: Im Schweisse deines Angesichts sollst du dein Brod essen; sie sollen sich also nicht aufs Sopha setzen, sondern ihre ihnen von Gott gegebenen Gliedmassen nur in Bewegung setzen und es wird gehen. Aber, um nur ein Beispiel anzuführen, nimmt z.B. ein Bauer ein oder mehrere Personen aus dem Armenhause, die sich sonst überall beklagen, sie hätten keine Arbeit, in Taglohn, so bald sie einmal genug gegessen haben, werfen sie den Kopf auf, geben dem Bauer den Korb, und wandern wohin? - ins Armenhaus zurükk, wo sie nicht zur Arbeit gebunden, sondern nur mit grosser Behaglichkeit thun, was sie allfällig noch thun. Sollen es denn solche besser haben, die nichts thun mögen, als diejenigen, die von Morgens früh bis Abends spät an ihrer Arbeit sein müssen, und von diesen viele wegen Armuth nicht einmal so gute Kost haben als jene, und doch für diese Armen Steuern zahlen müssen? Als Gegentheil von dieser Obangeführten befindet sich in fragl. Armenhause auch eine Person Namens Anna Barbara Säuberli, Danielen, Hafenmusers, die Arbeit will, auch beständig Arbeit hat, zudem Alles reinlich hält, auch die ihr von der Gemeinde anvertrauten Kinder reinlich hält und dieselben fleissig zur Schule schikkt, diese Person bringt sich gut aus. Was nun die 9 Kinder unter 15 Jahren anbetrifft, so sind dieselben theils erst mit ihren Eltern dahin translociert worden, z.B. Jakob Fritschi, Bächten, mit seiner Frau Verena geb. Bolliger, Aeltern von fünf Kindern, beide jung, gesund und betreiben die Posamenter Profession, und wären sie, wie andere, thätig gewesen, sie niemals das Armenhaus hätten beziehen müssen; und drei davon bei der obgenannter Anna Barbara Säuberli, Danielen, auch Hafenmusers genannt, verkostgeldet, wo dieselben so gehalten und auferzogen werden, wie sie kaum anderswo besser hätten untergebracht werden können, denn dabei waltet warme und aufrichtige Mutterliebe. Früher und wiederholt wurden diese drei leztern Kinder an ehrbare Hausleute, die fortwährend solche Kinder in Pflege haben und so mit denen man zufrieden ist, verkostgeldet, welche dann die Mutter dieser Kinder mit List wieder wegnahm.» Hier folgt die Schilderung der Vorzüge der Familien im speziellen.« 1) Der Wittwe Elisabeth Hächler, Heinrichs - diese in Rükksicht ihres Alters unterstützungsbedürftig, erhält mehr, als sie angegeben, zu den 60 Ct. pro Woche bezieht sie monatlich von der Herrschaft von Diesbach im Schlosse Liebegg Fr. 1. und schon lange von edlen Leuten in Basel, wo sie und ihr sel. Ehemann viele Jahre wohnten ebenfalls eine nicht unbedeutende Steuer in Geld, und zwar durch Tit. Pfarramt Kulm. Würden diese Eheleute früher sparsamer gewesen sein, weil sie nur ein Kind zu erziehen hatten, so könnten sie aus den Ersparnissen leben, aber statt dieses zu thun, bezogen sie noch von ihrem kleinen väterlichen Vermögen den grössten Theil. 2) Johann Jakob Mauch, Weber, mit Frau und Tochter. Hier wäre der Fall, dieses Kind wegzunehmen und solches Pflegeeltern zu übergeben, die mehr von Sparsamkeit kennen als dessen Mutter, von Aarburg gebürtig und dort auferzogen, an gute Lekerbissen gewöhnt, machte sie auch bei ihrem obgenannten, sonst sehr arbeitsamen und in jeder Beziehung rechtschaffenen Ehemann die Fortsetzung, bis

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der Geldstag über sie kam und endlich deswegen in das Armenhaus zu gehen genöthigt waren. 3) Jakob Fritschi, Bächten, siehe schon hiervor erwähnt. 4) Wittwe Margaritha Mauch geb. Nussbaum und ihre Töchter. Auch diese zeigte sich niemals als eine arbeitsame Person. An diese Untugend gewöhnten sich auch ihre Kinder. 5) Anna Maria Fritschi, Bächten, ledig, mit ihrem obschon alten, jedoch zwergähnlichen, harthörenden und geistesschwachen Bruder Rudolf Fritschi. Diesen wollte man verkostgelden, aber Niemand wollte ihn. Hätte man ihn verkostgelden können, so würde Erstere ihr Brod unter den Fremden gesucht haben, aber aus Liebe gegen denselben blieb sie mit ihm im Armenhaus und dies bis man ihm Pflegeltern aufgefunden haben würde. 6) Johannes Karrer, Hanogels, ledig. Dieser war bis lezten Herbst unter den Fremden, und wird, sobald er wieder einen Meister gefunden, das Armenhaus verlassen. 7) Anna Karrer, Hanogels, Schwester von Nr. 6, ledig ,und bezieht die Frohnhaften. Diese könnte sowohl als ihr Bruder über den Sommer auf den Taglohn gehen, aber hat sie Jemand, so will sie nach ihrem Kopf und nicht nach Weisung der Meisterleute ihre Dienste verrichten. 8) Heinrich Säuberli, ledig, harthörend, aber ein junges, gesundes und arbeitsfähiges Individuum, das beständig unter Fremden dienen könnte, und früher auch gethan, scheut sich nicht, solchen, die in das Armenhaus gehören, und auch dort wohnen, den Platz zu versperren und über diese herrschen zu wollen. 9) Wittwe Margaritha Bürkli geb. Steiner. Wohnt als körperschwach im Armenhaus, hat aber eigenes Vermögen. 10) Anna Barbara Säuberli, Danielen, unverheirathet, mit drei unehelichen Kindern. Wegen dieser ist bereits hiervor Erwähnung gethan. 11) Jakob Hächler, Mehlischneiders, ledig und etwas harthörend, nebst diesem gesund und noch jung. Könnte wie Nr. 8 unter remden dienen, aber Mangel an gutem Willen und Ausdauer will er lieber im Spital wohnen, und dem Müssiggang fröhnen. 12) Elisabeth Hächler, Mehlischneiders, unverheiratet und Schwester von Nr. 11, noch jung und arbeitsfähig. Hat so wie ihr Bruder ihr Vermögen auf eine unnöthige Weise verbraucht, an Kleider verwendet, um ihren Buhlern besser zu gefallen, hat auf diese schadhafte und strafbare Lebensweise ihren früher sonst gesunden körperlichen und geistigen Zustand auf eine Weise gebracht, dass sie sich fast nicht mehr rühren konnte, und dadurch ehrbaren Leuten zum Ekkel und Abscheu geworden. 13) Wittwe Barbara Hächler, war von jeher immer arbeitsscheu, liebte vielmehr, was sie nicht sollte, wodurch sie sich an den Müssiggang gewöhnte. 14) Elisabeth Karrer, Strassers, unverehelicht, wohnt schon viele Jahre im Spital, was sie

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nicht bedurfte, weil sie gross, jung, stark und arbeiten könnte, einzig aus Rükksicht, ein behagliches und bequemes Leben zu haben, gab sie das Dienen bei Fremden auf und ging in das Armenhaus. 15) Elisabeth Säuberli, Hafenmusers, ledig, noch jung, gross, gesund, bloss etwas harthörend, gehört nicht in Spitel, sondern ist ein Individuum, das sein Brod bei Fremden suchen und erhalten könnte. 16) Wittwe Anna Maria Mauch geb. Fäs, Tochter von alt Ammann Fäs von Unterkulm, mit ihren 3 Töchtern. Ihr Mann hatte ein nicht unbedeutendes Vermögen, und sie bekam ebenfalls ein solches von ihrem Vater. Gleichgültigkeit, behagliches und sorgenfreies Leben brachte den Mann auf den Geldstag, und nach Hinschied desselben auch sie und diese endlich deswegen in das Armenhaus. Wenn die Töchter Elisabeth und Maria an stehte Arbeit gewöhnt wären, so wären sie gross und stark genug, ihr Brod ebenfalls unter den Fremden zu finden, wodurch sie dann ihre Mutter und Geschwister erhalten könnten. 17) Wittwe Elisabeth Lehmann geb. Fritschi mit ihren zwei Kindern. Diese ist jetzt ziemlich an Jahren vorgerükt, hätte aber früher arbeitsamer sein können, ihre Kinder Maria und Jakob, klein an Körper und Geist, werden der Gemeinde stets als Beschwerde bleiben. Diese Tochter Maria eine zwergartige Creatour, wurde dennoch unlängst gesegneten Leibes in die Hebammenanstalt Königsfelden gebracht, und sie gebar dort einen Knab, der aber bald ohne Trauer zu bringen starb. Bezüglich der anbefohlenen Herstellung der Ordnung und Reinlichkeit im Spital sind bereits Maassregeln getroffen. Der altersschwachen 73 jährigen Wittwe Elisabeth Hächler ist lezten Samstag eine Abwärterin beigeordnet und dem Armenpfleger Staufer der Auftrag ertheilt worden, für Herstellung und Vervollständigung der Better auf geeignete Weise zu sorgen. Bei der Armenkommissionssitzung vom 3. Juni 1857 wurde beschlossen: 1) Jakob, Susetten, Kaspar und Rudolf Fritschi, Barbara Elise Säuberli mit Kind, Maria Elisabeth Mauch, Ludwig und Verena Bruder und die Witwe Hächler zu verkostgelden. 2) die Reinigung des Armenhauses und dessen Bewohner auf geeignete Weise vornehmen zu lassen. 3) auf die Zeit, wenn fragliche Reinigung stattgefunden habe, die nötigen Kleider, sowie die Verbesserung der vorhandenen Better zu veranlassen. Zu den Strohsäcken seien alte Salzsäcke zu verwenden. Armenpfleger Staufer wurde mit Zuzug einer sachkundigen Weibsperson mit Vollziehung beauftragt. 4) diejenigen Personen, welche arbeitsfähig, sind aus dem Spital zu nehmen. Die vermögenden Ortsbürger wurden verpflichtet, diese Armen abwechslungsweise zu verpflegen.» Die Mutter der Maria Elisabeth Mauch, Webers war aber mit der Verkostgeldung ihrer Tochter nach Gränichen nicht einverstanden und holte sie wieder zurück. Nach dem dritten Mal wurde sie zu einer Stunde Gefangenschaft und zu 10 Rutenstreichen verurteilt. Alle anderen Massnahmen bewährten sich offenbar. Erst im Jahre 1887, also 30 Jahre später, wurde das Armenhaus von der Regierung wieder beanstandet. Quellen: • Protokolle der Ortsbürgerversammlungen, Gemeinderatsitzungen, Armenkommissionssitzungen