HAUSWIRTSCHAFT - arbeitskammer.de · Fast jed er Vi rte abhängig Beschäf-tigte (23 Proze nt) hat...

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14 ARBEIT + WIRTSCHAFT HAUSWIRTSCHAFT | Runder Tisch setzt Schwerpunkte Berufsbild aufwerten und an Schulen werben Foto: Pasquale D‘Angiolillo Bei einer AK-Veranstaltung zum Thema trafen die vielen in diesem Bereich aktiven Organisa- tionen zusammen und verabredeten eine vertiefte Zusammenarbeit. GROSSREGION | Luxemburg führt WSAGR Digitalisierung und demografischer Wandel Der Wirtschaſts- und Sozialausschuss der Großregion (WSAGR), dem 36 Vertreter von Wirtschaſts-, Sozial- und Berufsverbänden aus allen sechs Teilregionen angehören, hat unter Federführung Luxemburgs seine Arbeit für die Periode 2017/18 aufgenommen. Im Mittelpunkt des von Präsident Jean-Claude Reding vorgestellten Arbeitsprogramms stehen die Digita- lisierung und ihre Auswirkungen sowie die Folgen der demografischen Veränderungen in der Großregion. „Die Weiterbildung in Zeiten der Digi- talisierung“ wird 2018 auch ein Schwerpunktthema im Bericht zur wirt- schaſtlichen und sozialen Lage der Großregion sein, der von der Inter- regionalen Arbeitsmarktbeobachtungsstelle verfasst wird. red BILANZ | Sparkasse Saarbrücken Marktposition ausgebaut Die Sparkasse Saarbrücken hat auch im vergangenen Jahr ihre führende Marktposition ausgebaut. Grund- lagen hierfür seien die lokale Ver- ankerung und die sehr gute Bera- tungsqualität in Verbindung mit fairen Preisen gewesen, so Hans- Werner Sander, Vorstandsvorsit- zender der Sparkasse Saarbrücken, bei der Präsentation der Geschäſts- ergebnisse für 2016. Trotz anhaltender Niedrigzins- phase, vermehrter Regulierung und veränderter Kundenbedürfnisse seien die Rahmenbedingungen in der Region weiterhin positiv ge- wesen. Die zudem stabile wirt- schaſtliche Situation und die hohe Kauraſt hätten auch die Ge- schäſtsentwicklung der größten saarländischen Sparkasse geprägt. Die Bilanzsumme wuchs zum Bi- lanzstichtag um 1,6 Prozent auf 6,930 Milliarden Euro. Kräſtig ge- stiegene Kreditbestände zeichnen die Sparkassen-Bilanz 2016 aus. Die an Kunden vergebenen Kredite sind um 5,7 Prozent auf 4,716 Mil- liarden Euro, darunter die Kredite an Unterneh- men und Selbst- ständige sogar um 11,2 Prozent gestiegen. Das Kreditvolumen an Privatperso- nen nahm um mehr als 30 Mil- lionen Euro zu, ein Plus von 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für das Wachstum zeichneten vor allem die Baufinanzierungen ver- antwortlich. Die bilanzwirksamen Kundeneinla- gen hingegen sind leicht gesunken auf 4,169 Milliarden Euro – ein Minus von fünf Prozent. Allerdings spiegeln die Zahlen im Detail ein verändertes Kundenverhalten wi- der. So gingen die längerfristigen, klassischen Spareinlagen um zwei Prozent zurück, die täglich fälligen Gelder indes nahmen um 15,1 Pro- zent zu. Als besondere Heraus- forderungen nannte Sander die an- haltende Niedrigzinsphase, stetig steigende Regulierungen, einen zu- nehmenden Wettbewerb sowie ver- änderte Kundenbedürfnisse. red Foto: Sparkasse Hans-Werner Sander, Vorstands- vorsitzender der Sparkasse Saarbrücken, war mit dem Geschäftsjahr zufrieden. Es ist ein Beruf mit enormem Zu- kunftspotenzial, der aber wenig bekannt, schlecht angesehen und mies bezahlt wird. Dabei handelt es sich bei der Hauswirtschaſt um einen anerkannten Ausbildungs- beruf, bei dem Fachkräſtemangel herrscht. All das wurde bei einer Veranstaltung der Arbeitskammer im Frühjahr deutlich, die zum ersten Mal alle Akteure von den Gewerkschaſten über die Regional- direktion bis zu den beteiligten Ministerien zusammenbrachte. Und die stellten dabei einen so großen Handlungsbedarf fest, dass sie sich spontan entschlossen, gemein- sam in Form eines Runden Tisches weiter an dem ema zu arbeiten. Bei einem ersten Treffen einigten sich die Teilnehmer auf einige Schwerpunkte. So soll es etwa um die Verbesserung der tariflichen Absicherung der Beschäſtigten ge- hen, aber auch um eine Aufwertung des Berufsbildes. So denkt man im Bundesverband für Hauswirtschaſt sowohl über eine Imagekampagne nach als auch über eine Umbenen- nung des Berufes und Änderungen bei den Ausbildungsinhalten. Au- ßerdem soll geklärt werden, inwie- weit die in der Pflegeversicherung vorgesehenen zusätzlichen Leistun- gen stärker für hauswirtschaſtliche Dienstleistungen herangezogen werden können. Auch gemeinsame Aktionen an Schulen mit dem Be- rufsverband und der Gewerkschaſt wurden diskutiert. GH/GS Heft 5 | 2017

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ARBEIT + WIRTSCHAFT

HAUSWIRTSCHAFT | Runder Tisch setzt Schwerpunkte

Berufsbild aufwerten und an Schulen werben

Foto: Pasquale D‘Angiolillo

Bei einer AK-Veranstaltung zum Thema trafen die vielen in diesem Bereich aktiven Organisa-tionen zusammen und verabredeten eine vertiefte Zusammenarbeit.

GROSSREGION | Luxemburg führt WSAGR

Digitalisierung und demografischer WandelDer Wirtschafts- und Sozialausschuss der Großregion (WSAGR), dem 36 Vertreter von Wirtschafts-, Sozial- und Berufsverbänden aus allen sechs Teilregionen angehören, hat unter Federführung Luxemburgs seine Arbeit für die Periode 2017/18 aufgenommen. Im Mittelpunkt des von Präsident Jean-Claude Reding vorgestellten Arbeitsprogramms stehen die Digita-lisierung und ihre Auswirkungen sowie die Folgen der demografischen Veränderungen in der Großregion. „Die Weiterbildung in Zeiten der Digi-talisierung“ wird 2018 auch ein Schwerpunktthema im Bericht zur wirt-schaftlichen und sozialen Lage der Großregion sein, der von der Inter-regionalen Arbeitsmarktbeobachtungsstelle verfasst wird. red

BILANZ | Sparkasse Saarbrücken

Marktposition ausgebautDie Sparkasse Saarbrücken hat auch im vergangenen Jahr ihre führende Marktposition ausgebaut. Grund-lagen hierfür seien die lokale Ver-ankerung und die sehr gute Bera-tungsqualität in Verbindung mit fairen Preisen gewesen, so Hans- Werner Sander, Vorstandsvorsit-zender der Sparkasse Saarbrücken, bei der Präsentation der Geschäfts-ergebnisse für 2016.Trotz anhaltender Niedrigzins- pha se, vermehrter Regulierung und veränderter Kundenbedürfnisse seien die Rahmenbedingungen in der Region weiterhin positiv ge-wesen. Die zudem stabile wirt-schaftliche Situation und die hohe Kaufkraft hätten auch die Ge-schäftsentwicklung der größten saarländischen Sparkasse geprägt. Die Bilanzsumme wuchs zum Bi-lanzstichtag um 1,6 Prozent auf 6,930 Milliarden Euro. Kräftig ge-stiegene Kreditbestände zeichnen die Sparkassen-Bilanz 2016 aus. Die an Kunden vergebenen Kredite sind um 5,7 Prozent auf 4,716 Mil-liarden Euro, darunter die Kredite

an Unterneh-men und Selbst-ständige sogar um 11,2 Prozent gestiegen. Das Kreditvolumen an Privatperso-nen nahm um mehr als 30 Mil-lionen Euro zu, ein Plus von 2,2

Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für das Wachstum zeichneten vor allem die Baufinanzierungen ver-antwortlich. Die bilanzwirksamen Kundeneinla-gen hingegen sind leicht gesunken auf 4,169 Milliarden Euro – ein Minus von fünf Prozent. Allerdings spiegeln die Zahlen im Detail ein verändertes Kundenverhalten wi-der. So gingen die längerfristigen, klassischen Spareinlagen um zwei Prozent zurück, die täglich fälligen Gelder indes nahmen um 15,1 Pro-zent zu. Als besondere Heraus-forderungen nannte Sander die an-haltende Niedrigzinsphase, stetig steigende Regulierungen, einen zu- nehmenden Wettbewerb sowie ver-änderte Kundenbedürfnisse. red

Foto: Sparkasse

Hans-Werner Sander, Vorstands-

vorsitzender der Sparkasse

Saarbrücken, war mit dem

Geschäftsjahr zufrieden.

Es ist ein Beruf mit enormem Zu-kunftspotenzial, der aber wenig bekannt, schlecht angesehen und mies bezahlt wird. Dabei handelt es sich bei der Hauswirtschaft um einen anerkannten Ausbildungs-beruf, bei dem Fachkräftemangel herrscht. All das wurde bei einer Veranstaltung der Arbeitskammer im Frühjahr deutlich, die zum ersten Mal alle Akteure von den Gewerkschaften über die Regional-direktion bis zu den beteiligten Ministerien zusammenbrachte. Und die stellten dabei einen so großen Handlungsbedarf fest, dass sie sich spontan entschlossen, gemein-sam in Form eines Runden Tisches weiter an dem Thema zu arbeiten.Bei einem ersten Treffen einigten

sich die Teilnehmer auf einige Schwerpunkte. So soll es etwa um die Verbesserung der tariflichen Absicherung der Beschäftigten ge-hen, aber auch um eine Aufwertung des Berufsbildes. So denkt man im Bundesverband für Hauswirtschaft sowohl über eine Imagekampagne nach als auch über eine Umbenen-nung des Berufes und Änderungen bei den Ausbildungsinhalten. Au-ßerdem soll geklärt werden, inwie-weit die in der Pflegeversicherung vorgesehenen zusätzlichen Leistun-gen stärker für hauswirtschaftliche Dienstleistungen herangezogen werden können. Auch gemeinsame Aktionen an Schulen mit dem Be-rufsverband und der Gewerkschaft wurden diskutiert. GH/GS

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ARBEIT + WIRTSCHAFT

Die GDL und andere, meist kleinere Arbeitneh-merorganisationen wollten das Gesetz zur Tarifeinheit kippen. Die entsprechenden Verfassungsbe-schwerden wurden jedoch zurück- gewiesen.

FACHTAGUNG |

Von Arbeitszeit und GesundheitDas Gesundheitsnetzwerk der vier saarländischen IG-Metall-Ge-schäftsstellen, das Bildungswerk Arbeit und Leben sowie die Arbeitskammer laden am Diens-tag, 26. September, zur Fachtagung „Gesundes Arbeiten – unser Ziel!“ in das Hofgut Menschenhaus, Kirke-ler Straße 100, 66538 Neunkirchen, ein. Die Veranstaltung von 8 bis 16 Uhr steht unter dem Motto „Arbeitszeit – Auswirkungen auf die Gesundheit“. red

ARBEITSMARKT |

23 Prozent haben MinijobFast jeder Vierte abhängig Beschäf-tigte (23 Prozent) hat Ende 2016 in einem Minijob gearbeitet. Von den 7,63 Millionen geringfügig Be-schäftigten waren knapp 60 Prozent Frauen, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor-geht, wie die Zeitung „Rheinische Post“ berichtete. 22 Prozent der Minijobber waren demnach älter als 60 Jahre. Ihr Anteil stieg seit 2006 um 48 Prozent. Allein die Zahl der Minijobber, die älter als 65 Jahre sind, nahm in den vergan-genen zehn Jahren um 38 Prozent auf über eine Million zu.Im Dezember 2016 hatten den Da-ten der Bundesagentur für Arbeit (BA) zufolge 22 Prozent unter den ausschließlich geringfügig Be-schäftigten keinen Berufsabschluss, 41 Prozent hatten einen nichtaka-demischen Berufsabschluss. Der Anteil der Akademiker unter den Minijobbern betrug knapp sechs Prozent. Laut BA arbeiteten Mini-jobber im Schnitt 11,8 Wochen-stunden. Ihr durchschnittlicher Bruttostundenlohn lag nach den letzten verfügbaren Daten aus dem Jahr 2014 bei 9,58 Euro im Westen und bei 7,86 Euro im Osten Deutschlands. epd

Foto: picture alliance / dpa

| Karl-Otto Sattler ist freier Journalist | in Berlin.

| Weitere Informationen gibt es beim | Bildungswerk Arbeit und Leben e.V. | unter Tel.: (0681) 43701. Dort sind | auch Anmeldungen möglich.

TARIFEINHEIT | Bundesverfassungsgericht billigt Gesetz

Eine Bremse für den egoistischen Wildwuchs

Ein „klares Signal gegen Gruppen- egoismen und Spaltung der Arbeit-nehmerschaft“ sieht die IG Bergbau, Chemie und Energie im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Tarifeinheit: Fortan werde „der Inge-nieur nicht gegen den Papiermacher ausgespielt werden können“. In der Tat stützen die höchsten Richter den Grundsatz „Ein Betrieb, ein Tarifver-trag“. Im Sinne einer solidarischen Tarifpolitik für alle, die Vorrang vor Partikularinteressen haben müsse, engagierte sich der DGB für das Ge-setz zur Tarifeinheit, gegen die Spar-tenorganisationen wie der Piloten-verband Cockpit, die Ärzteorganisa- tion Marburger Bund oder die Lok-führervereinigung GDL, die vor die Verfassungsrichter zogen. Konkur-rieren verschiedene Gewerkschaften in einem Unternehmen um die glei-che Berufsgruppe, so soll künftig der Tarifvertrag jenes Verbands mit den meisten Mitgliedern gelten.2010 hatte das Bundesarbeitsgericht die bis dahin praktizierte Tarif- einheit durch die Tarifpluralität er-setzt, was Spartenorganisationen ge-stärkt hat: Deren Mitglieder sitzen oft an zentralen Schaltstellen eines Be-triebs und können mit gezielten Streiks hohe Lohnzuwächse heraus-schlagen. Viel Ärger hat zum Beispiel ein Arbeitskampf der GDL bei der Bahn provoziert. Die Tarifeinheit soll die Macht kleiner Lobbygruppen und eine Zersplitterung der Tarif-landschaft eindämmen. Deshalb unterstützte auch der Arbeitgeber-verband das Gesetz.

Das Streikrecht vermittele „kein Recht auf absolute tarifpolitische Verwertbarkeit von Schlüsselpositio-nen und Blockademacht zum eige-nen Nutzen“, mit diesem zentralen Argument wiesen die Karlsruher Richter die Verfassungsbeschwerden zurück. Allerdings muss der Bundes-tag das Gesetz nachbessern. Zu ga-rantieren sei, dass Mehrheitsgewerk-schaften (meist eine aus dem DGB) Anliegen der Minderheit „ernsthaft und wirksam“ berücksichtigen. Auch müsse man aus einer Minderheiten-position heraus streiken können. Ebenfalls geklagt hatte ver.di. Die DGB-Gewerkschaft ist zwar für die Tarifeinheit, fürchtete aber eine Ein-schränkung des Streikrechts. Vize-chefin Andrea Kocsis rechnet nun mit „jahrelanger Rechtsunsicherheit“ und „unzähligen Prozessen“ vor Ar-beitsgerichten. In der Tat ist etwa zu fragen, wann eine Mehrheitsgewerkschaft die Anliegen der kleineren Konkurrenz „ernsthaft und wirksam“ berücksich-tigt hat. Und wenn zwei Verbände behaupten, in einem Betrieb die Mehrheit hinter sich zu haben: Wie sollen Richter das wahre Kräftever-hältnis ermitteln? Arbeitgeber sollen ja nicht erfahren, wie stark eine Be-legschaft organisiert ist und wie viel Streikmacht deshalb eine Gewerk-schaft mobilisieren kann. Und vor allem muss kein Arbeitnehmer seine Gewerkschaftsmitgliedschaft offen-baren – das könnte zu Nachteilen im Betrieb führen.

QQ Von Karl-Otto Sattler

Heft 5 | 201718

ARBEIT + WIRTSCHAFT

Die Bedeutung der Autoindustrie für die saarländische Wirtschaft ist hinlänglich bekannt. Die aktuelle Diskussion um den Verbrennungs-motor, die fortschreitende Digitali- sierung, aber auch veränderte welt-wirtschaftliche Rahmenbedingun-gen (Brexit etc.) lassen bei einem Blick in die Zukunft mehr und mehr Fragezeichen erscheinen. Den aktuellen Entwicklungstrends und Herausforderungen in der Auto-mobilindustrie sowie deren Auswir-kungen auf Saar-Standorte sind be-reits zwei Artikel im „arbeitnehmer“ nachgegangen (AN 3/2017 und AN 4/2017). Im dritten Teil der Reihe be-richten die Betriebsratsvorsitzenden der VOIT Automotive GmbH aus St. Ingbert über die aktuelle Situation und die Herausforderungen für den Zulieferer und für die Belegschaft.Der Automobilzulieferer VOIT ent-wickelt und produziert unter ande-rem Aluminiumdruckgussteile sowie Komponenten in Stanz-, Zieh-, Biegerolltechnologien. Am Standort St. Ingbert beschäftigt VOIT etwa 1.000 Personen. Der Be-triebsratsvorsitzende Roland Marx und dessen Stellvertreterin Sandra

AUTOMOBILINDUSTRIE | VOIT-Betriebsräte berichten über ihre Erfahrungen mit Digitalisierung und Arbeit 4.0

Dellmann gaben unter anderem Auskunft zu Fragen über die mög-lichen Auswirkungen einer Umstel-lung der Verbrennungstechnologien zum E-Motor auf den künftigen Per-sonalbedarf, die Einflüsse von Digi-talisierung und von Industrie 4.0 auf den Betrieb oder zu den nachgewie-senen Manipulationen von Abgas-werten bei renommierten Automo-bilherstellern.

Wie enorm unterschiedlich die Abhängigkeiten der Zulieferbetriebe von den aktuellen Trends sind, wurde im Gespräch mit den beiden VOIT-Betriebsratsvorsitzenden deutlich. In der Vergangenheit ver-halfen unternehmerische Entschei-dungen dazu, dass man heute glücklicherweise weitgehend vom Dieselskandal verschont geblieben ist. Bis vor ein paar Jahren war VOIT in erster Linie noch auf die Fertigung von Teilen von Diesel-Einspritzpum-pen für Bosch fokussiert, mittler-weile produziert man zu rund 70 Prozent für den Getriebehersteller ZF. Klar, dass damit eine gewisse Abhängigkeit einhergehe, allerdings sehe man sich für die Zukunft gut

Belegschaft soll voll eingebunden werden

Sandra Dellmann und Roland Marx

stellen sich als Betriebsräte bei der VOIT Auto-

motive GmbH den Herausforderungen und versuchen, für

die Belegschaft gute Bedingungen

zu sichern.Fotos (3): Pasquale D‘Angiolillo

QQ Von Jonas Boos und Christian Ott

ABGAS-SKANDAL |

Saarland will sich wappnen für den Strukturwandel

Für den Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer, Thomas Otto, stand bereits vor dem Diesel-Gipfel in Berlin fest: „Wir brauchen einen Gleichklang aus sauberer Luft, ,Guter Arbeit‘ und Mobilität, dies geleitet von technischen Innovationen.“ Otto forderte eine Aufklärung der Dieselaffäre in der Autoindustrie, da Betrug und Kun-dentäuschen die Branche diskreditiere. Leidtragende seien die Kunden und die Beschäftigten, die um ihre Ar-beitsplätze fürchten müssten, wenn die Autokonzerne ihre Seriosität mutwillig aufs Spiel setzten. Der AK- Hauptgeschäftsführer erklärte weiter: „Das wäre brandgefährlich für das Saarland, in dem 25 Prozent der Be-schäftigten im verarbeitenden Ge-wer be für die Autoindustrie arbeiten.“Ministerpräsidentin Annegret Kramp- Karrenbauer und Wirtschaftsminis - terin Anke Rehlinger begrüßten die Ergebnisse des Diesel-Gipfels. Sie spra-chen von einem „ersten wichtigen Schritt in die richtige Richtung gerade auch für die Zukunft der Saar-Auto-industrie und für die zahlreichen Arbeitsplätze im Land“. Die von der Branche im Gegenzug zu einem Ver-zicht auf flächendeckende Fahrver bo - te verbindlich zugesagte Nachrüstung von Millionen von neueren Diesel-fahrzeugen werde zu einer spürbaren Verringerung beim Schadstoffausstoß führen. Allerdings seien noch weitere Maßnahmen erforderlich, um die Feinstaub- und Stickoxidbelastung in den Ballungszentren dauerhaft zu ver-ringern. Rehlinger meinte mit Blick auf die Situation im Saarland, dass man auch darauf achten müsse, den Strukturwandel im Bereich Mobilität ohne Bruch zu vollziehen.Im Herbst will die Landesregierung mit den Unternehmen auf Grundlage einer Branchenstudie eine Zukunfts-strategie mit konkreten Handlungs-empfehlungen entwickeln. WW

Im Saarland müssen und wollen alle Beteiligten an einem Strang ziehen, um die regionale Auto-industrie für die Zukunft fit zu machen. Aus dem Diesel-Abgas - skandal sollen Lehren gezogen werden, ohne dass die Betrie- be mitsamt ihren Beschäftigten Schaden nehmen.

Unterschiedliche Abhängigkeiten

Heft 5 | 2017 19

ARBEIT + WIRTSCHAFT

Austausch mit Betriebsräten anderer Zulieferbetriebe wie Festo, Bosch oder ZF wünschenswert, meint Marx. Es sei sehr wichtig zu erfah-ren, welche Projekte in anderen Un-ternehmen und welche praktischen Anwendungsfälle es dort gebe, um für die eigene Arbeit Handlungsopti-onen zu entwickeln. Aber nicht nur der Austausch mit anderen Betriebs-räten, sondern auch mit Unterneh-men und der Politik sei nötig, um dadurch eine zukunftsfähige Gestal-tung der Veränderungsprozesse im Sinne Guter Arbeit zu ermöglichen. Diese Aussagen bestätigen die For-derung der Arbeitskammer, dass Be-schäftigte und Interessenvertretun-gen von Anfang an und konsequent in alle Abläufe und Entscheidungen bei der Entwicklung und Einführung neuer Technologien einbezogen wer-den müssen. Dies gilt auch für die Arbeit in Gremien und Arbeitskrei-sen auf politischer Ebene. Bislang kommt der Einbezug der Interessen-vertretungen der saarländischen Ar-beitnehmer noch zu kurz. Für die AK Saar steht fest: Wenn Zukunfts-themen der Arbeitswelt diskutiert werden, gehören die Interessenver-treter der Beschäftigten und die Gewerkschaften mit an den Tisch.

prozesse dazu verdammt sind, zu reinen Austauschern zu werden. Es stellt sich die Frage: Kann das jetzt jeder?“ Zentrales Element für die Be-schäftigungsentwicklung sei daher vor allem die Weiterqualifizierung der Mitarbeiter: zum einen, damit diese lernen, mit den neuen Techno-logien umzugehen, zum anderen, um sie für neue Tätigkeitsbereiche fit zu machen. Wichtig sei es, die Kom-petenzen und das Fachwissen im Haus zu behalten, um zukunftsfähig zu bleiben. Zuallererst aber müssten die Kollegen sensibilisiert werden, denn Digitalisierung mache vor nie-mandem Halt, erklären die Beschäf-tigtenvertreter. Dellmann und Marx ist dabei klar, dass nicht das gesamte Personal umfänglich weiterqualifi-ziert werden kann: „Automatisierte Hilfstechnik ist dann notwendig.“

„Strategie ist notwendig“

Die Betriebsvereinbarung beinhalte deswegen extra auch den Aspekt der Nutzung von Digitalisierungs- und Automatisierungsprozessen als un-terstützende Hilfsmittel. Letztlich stellen die Betriebsräte fest: „Nicht die digitale Technik ist die große Herausforderung, sondern wie das gesellschaftliche Konstrukt dahinter sich ändert und wie es aussehen soll. Hier ist unbedingt eine Strategie notwendig.“ Um solche Strategien zu entwickeln, sei ein noch aktiverer

aufgestellt – insbesondere auch, wenn ZF seine Ankündigung wahr mache, am Standort Saarbrücken den Schwer-punkt Getriebeproduktion durch Produkte für die E-Mobilität zu er-setzen: „Die ersten Schritte sind gemacht. VOIT ist bereit zur Tei-leproduktion für Elektro- oder Hybrid autos, sobald unsere Kunden nachfragen“, sagt Roland Marx. Auch und insbesondere auf dem Ge-biet der Digitalisierung wurden viel-fältige innovative Ansätze verfolgt, um weitere Wertschöpfungspotenzi-ale zu erschließen. „Die Digitalisie-rung ist bei uns schon weiter vor-angeschritten als gedacht: Jede neu angeschaffte Anlage beinhaltet digi-tale Komponenten“, so Marx. „Als deutlich wurde, dass die Digitalisie-rung nicht nur Bereiche der Instand-haltung, sondern eigentlich bereits alle Arbeitsbereiche betrifft, haben wir uns daran gemacht die Teilberei-che systematisch zu erfassen“, erklärt Marx weiter. Insgesamt sei es in der Vergangenheit für den Betriebsrat schwierig gewesen, den Überblick darüber zu behalten, was im Betrieb in den einzelnen Fachabteilungen läuft. Deswegen hat der Betriebsrat im Zuge des IG-Metall-Projekts „Ar-beit und Innovation“ eine Betriebs-vereinbarung zum Thema Arbeit 4.0 gemeinsam mit der Geschäftsfüh-rung erarbeitet. „Die Digitalisierung im Betrieb ist nicht aufzuhalten – ob mit oder ohne uns, am besten aber mit uns!“, meint Marx. Mit der Betriebsvereinbarung „Ein-führung von Komponenten und Methoden zur Digitalisierung von Arbeits- und Geschäftsprozessen“ hat der Betriebsrat es geschafft, alle Abteilungen mit dem Thema Digi-talisierung und Industrie 4.0 zu erreichen. Über grundlegende Entscheidungen, wie beispielsweise die Anschaffung neuer Anlagen, ist somit auch der Betriebsrat infor-miert. Marx betont: „Die Be-triebsvereinbarung veranlasst die Geschäftsführung, Industrie 4.0 gemeinsam mit dem Betriebsrat ein-zuführen.“ Besonders wichtig war dem Betriebsrat, dass bei der Be-triebsvereinbarung das Thema Qua-lifizierung einen hohen Stellenwert bekam. Marx und Dellmann be-fürchten nämlich, dass es viele Ar-beitsplätze in der bisherigen Form zukünftig nicht mehr geben wird. Sie verdeutlichen dies an dem Bereich Instandhaltung: Es bestehe die Ge-fahr, dass „die Instandhalter als qua-lifizierte Mitarbeiter durch Digita-lisierungs- und Automatisierungs-

| Jonas Boos ist AK-Referent für | Konjunktur- und Strukturpolitik, | Christian Ott ist AK-Referent für | Innovation und Umwelt.

Rund 1.000 Beschäftigte arbeiten am

Standort St. Ingbert für

den Automobil-zulieferer VOIT

Automotive GmbH.

Heft 5 | 201720

ARBEIT + WIRTSCHAFT

173 Milliarden Euro – so hoch wer-den in einer Studie im Auftrag des PANA-Untersuchungsausschusses für Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung des Euro-päischen Parlaments die Steuerein-nahmeverluste für die EU-Mit-gliedstaaten geschätzt, die sich allein wegen der durch die Pana-ma-Papers aufgedeckten Steuerhin-terziehungspraktiken ergeben. Und das gilt nur für das Jahr 2015. Nach vorsichtigen Schätzungen hätten damit 1,5 Millionen Arbeitsplätze in der EU gefördert werden kön-nen.Seit Langem ist bekannt, dass mul-tinational agierende Unternehmen wie Starbucks, Google oder Apple zum Teil legale Steuerschlupflöcher nutzen, ihre Gewinne zwischen Ländern hin- und herschieben, Briefkastenfirmen in Steueroasen gründen und so häufig keine nen-nenswerten Steuern mehr zahlen. Internationale Regulierungen und Vereinbarungen sind hier von gro-ßer Bedeutung, da die Probleme wegen der enormen globalen Ver-flechtungen auf nationaler Ebene nicht gelöst werden können.Häufig werden allerdings Vorhaben der Europäischen Union für ein schärferes Vorgehen gegen Steuer-hinterziehung und gegen die Schaf-fung legaler Steuerschlupflöcher durch Staaten auf Ebene des Minis-terrates verwässert oder aufgescho-

ben, weil jeder Mitgliedstaat in diesem Gremium versucht, seine eigenen Interessen durchzusetzen. Ein Beispiel für dieses problema-tische Vorgehen ist die von der EU-Kommission vorgeschlagene „schwarze Liste“, auf der Steuer-oasen vermerkt werden sollen. Da-mit soll politischer Druck auf diese Länder ausgeübt werden, damit sie die schädlichen Regelungen än-dern. Im Finanzministerrat wurde der Vorschlag stark abgeschwächt: Nun soll ein Land selbst dann nicht mehr automatisch als Steueroase eingestuft werden, wenn es einen Steuersatz von null Prozent auf Unternehmensgewinne ansetzt. Der Grund für diese Blockade ist wohl vor allem darin zu sehen, dass ei-nige EU-Länder selbst versuchen, durch niedrigste Steuersätze oder Vereinbarungen mit Unternehmen zusätzliche Einnahmen auf Kosten der anderen Staaten zu erzielen. Ein grundsätzliches Umdenken ist hier also dringend erforderlich.Um einen Beitrag im Kampf gegen die staatlich ermöglichten Steuer-schlupflöcher und die aggressiven Steuervermeidungstaktiken großer Unternehmen und reicher Bürger zu leisten, hat die Arbeiterkammer Österreich zusammen mit weiteren Partnern wie dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) die Kampagne „No To Tax Havens“ (Nein zu Steueroasen) ins Leben gerufen. Im Rahmen von Aktionen zu bestimmten Steuerthemen wie

beispielsweise zur Konzernbesteue-rung werden EU-Abgeordnete, EU- Kommissare und Minister aus den EU-Mitgliedsländern direkt zu kon-kreten Maßnahmen aufgefordert, die für ein Ende von Steueroasen und für mehr Steuergerechtigkeit sorgen sollen. Je mehr Leute die Kampagne bei den einzelnen Ak-tionen unterstützen, umso größer wird der Druck auf die Entschei-dungsträger auf EU-Ebene, sich für Steuergerechtigkeit einzusetzen, statt Interessen einzelner Großkon-zerne zu bedienen.Die Arbeitskammer fordert seit Langem eine Stärkung der Einnah-mebasis des Staates und damit auch des Saarlandes. Dazu müssen alle ihren Beitrag leisten. Scheren ins-besondere die leistungsfähigen, fi-nanzstarken Akteure (egal ob Ein-zelpersonen oder Unternehmen) durch Steuerhinterziehung oder -vermeidung aus dem System aus, erodiert die Basis für ein solches System. Schwächere werden dop-pelt belastet: Ihr Anteil an der Finanzierung des Gemeinwesens steigt, gleichzeitig sinken die Mög-lichkeiten des Staates zur Unter-stützung benachteiligter Gruppen.Vor diesem Hintergrund werben wir dafür, die Kampagne „No to Tax Havens“ zu unterstützen. Nä-here Informationen dazu unter www.nototaxhavens.eu/de/

EUROPA | Kampagne der Arbeiterkammer Österreichs gegen Steueroasen

Malta zählt zu den europäischen Staaten, die internationales Kapital durch ihre Steuerpolitik anlocken. Hier der Blick auf den Yachthafen der Inselhauptstadt Valetta.

Foto: picture alliance

Schlupflöcher für Betriebe schließenQQ Von Carina Webel

| Carina Webel leitet die | AK-Abteilung Wirtschaftspolitik.

Heft 5 | 2017 21

ARBEIT + WIRTSCHAFT

ARBEITSLOSIGKEIT | Das Jobcenter im Regionalverband Saarbrücken bietet ein „AktivA-Training“

QQ Von AK-Redakteurin Gabi Hartmann

„Das ist kein Bewerbungstraining, auch keine Qualifizierungsmaß-nahme“, das sagt Margot Schons immer wieder gleich zu Beginn die-ses noch relativ neuen Angebots zu den Teilnehmern. Und fügt das Wesentliche an: „Hier geht es nur um Euch und Eure Lebenssituation.“ Die sie da anspricht, das sind ar-beitslose Menschen, denn Schons arbeitet beim Jobcenter im Regio-nalverband Saarbrücken und ist Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt. Mit diesen Kur-sen will sie vor allem dazu beitra-gen, dass Menschen während ihrer Erwerbslosigkeit gesund bleiben, und ihnen helfen, dem immensen Stress in dieser Zeit zu trotzen. Dafür gehen sie und ihre Mitstrei-ter völlig neue Wege. Normaler-weise, erzählt sie, werden Maßnah-men von Bildungsträgern „einge- kauft“ und die Arbeitslosen vom Jobcenter dann dorthin zugewie-sen. Hier geht es um ein intern organisiertes Angebot, das von der Firma „Wissensimpuls“ in Dres-den entwickelt wurde und sich „AktivA“ nennt: Aktive Bewältigung von Arbeitslosigkeit. Zehn Vermitt-lerinnen des Jobcenters haben im April 2016 eine Schulung durch-laufen, eine sogenannte „Train- the-trainer-Ausbildung“. Im Herbst startete der erste Durchgang, seit-her gab es schon fünf. Vier je zwei-köpfige Teams bieten die Kurse in den Jobcentern an, in Völklingen, Heusweiler, Burbach, Sulzbach, Dudweiler und im Hauptamt in Saarbrücken. Rund 40 Arbeitslose, zumeist Frauen, haben bisher daran teilgenommen. Ganz wichtig dabei, betont Margot Schons: „Es ist eine freiwillige Maß-nahme, zu der niemand verpflichtet werden kann.“ Sie umfasst im Prin-zip nur 24 Stunden, die sind aber gestreckt auf vier Wochen, zwei halbe Tage pro Woche, dann gibt es eine Woche Pause. Die Kurse bein-halten vier Bausteine. Beim ersten geht es um die Aktivitätenplanung. Die Teilnehmer müssen dazu ihren

Tagesablauf unter die Lupe nehmen und sich fragen: Was sind notwen-dige, was angenehme Aktivitäten? Wo gibt es da Schnittmengen? Was sind meine geistigen, was meine körperlichen Aktivitäten? Und wel-che sind individuell, welche in Gemeinschaft zu gestalten?Dieser Einstieg soll dazu dienen, sich Dinge bewusst zu machen, ei-genes Tun zu reflektieren. So stellte sich etwa bei vielen Frauen heraus, dass ihr Tagesablauf komplett auf die Kinder ausgerichtet ist. Weiter geht es dann mit „konstruktivem Denken“. Das soll helfen, das „Kopfkino“ auszuschalten, das oft schon zu Bewertungen und Fol-geabschätzungen einer Situation führt, bevor sie überhaupt eingetre-ten ist. Ein weiterer Baustein befasst sich mit sozialer Kompetenz. Hier soll Verhalten bewertet werden, was wirkt sicher, was eher unsicher, was kommt beim Gegenüber ag-gressiv an? Übungen dienen dazu, ein sicheres Verhalten zu trainie-

ren, Blickkontakt zu halten, Sympa-thien zu wecken. Und schließlich geht es um „systematisches Prob-lemlösen“. Dazu zählt, sich nicht zu viel und nichts Unerreichbares vor-zunehmen. Das dann aber systema-tisch in die Tat umzusetzen. Hauptziel des gesamten „AktivA“- Trainings ist es, negative Denk- und Verhaltensmuster aufzubrechen, nicht die schnelle Vermittlung in einen Job, sagt die Koordinatorin des Projekts. So seien mittelfristige Erfolge erzielbar, die dafür länger nachwirkten. Viele Teilnehmer tref-fen sich auch nach Abschluss des Kurses weiter, halten Kontakt. Dass sie neue Wege im täglichen Han-deln aufgezeigt bekommen hätten, ist für viele ein überraschender Er-folg. Das belegen die Rückmeldun-gen. Und das ist für Margot Schons das Wichtigste.

Neue Wege im täglichen Handeln helfen den Stress zu bewältigen

Essen zubereiten zählt eindeutig zu den notwendigen

Aktivitäten im Tagesablauf, auf

der grünen Wiese liegen und lesen zu den angenehmen.

Darüber zu reflektieren, was

das tägliche Verhalten

bestimmt, gehört zu einem der

Bausteine des Kurses.

Fotos: Pasquale D‘Angiolillo/fotolia

| Interessierte wenden sich an | [email protected], | Tel.: (0681) 97038-3634.

Heft 5 | 201722

ARBEIT + WIRTSCHAFT

220.000 Menschen überschreiten in der Großregion täglich eine Grenze, um von ihrem Wohnort zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen. „Grenz­gänger“ heißt der Fachbegriff für sie, und sie sind hier im Dreiländer­eck zwischen Lothringen, Luxem­burg und dem Saarland so zahlreich wie sonst nirgends in Europa. Denn zu ihnen gesellen sich auch noch die Pendlerströme von und nach Belgien und Rheinland­Pfalz. Möglich macht das grenzüber­schreitende Arbeiten die europäi­sche Union. Und das funktioniert im Prinzip auch gut – doch in der alltäglichen Praxis lauern etliche Fallstricke.Mit denen befassen sich mehrere Organisationen in der Grenzregion. Darunter auch die Arbeitskammer, die einmal im Jahr zum Grenzgän­ger­Beratungstag mit all den ande­ren Akteuren von dies­ und jenseits der Grenze einlädt und im Großen Saal mit ihnen direkte Hilfestellung für Betroffene anbietet. Im Juni war es wieder soweit, rund 60 Be­ratungsgespräche fanden statt, an

denen manchmal sogar Vertreter mehrerer Organisationen gleich­zeitig beteiligt waren. Bei der anschließenden Pressekon­ferenz zogen sie Bilanz. Regine Ja­nes von der AK­Beratungsabtei­lung sieht ein Grundproblem: Die Systeme der einzelnen Länder seien nicht aufeinander abgestimmt, das führe ständig zu gravierenden Pro­blemen, weil keiner die Feinheiten in den Gesetzen und Verordnungen des jeweils anderen Landes gut genug kennt. Erst recht nicht der Grenzgänger, bei dem dann oft noch die Sprachbarriere dazukommt. Schwierig werde es dann insbe­sondere bei Krankheit, Unfall oder Arbeitslosigkeit.

Maïté Spohr von der grenzüber­schreitenden Servicestelle MOSA in Forbach kennt die Probleme ebenfalls aus erster Hand. Denn die meisten pendeln von Frankreich in das produzierende Gewerbe nach Deutschland – zu Ford, Michelin, Bosch oder ZF. Sie kämpfen mit den Tücken der unterschiedlichen sozial­ wie steuerrechtlichen Rege­lungen in Deutschland und Frank­reich. Denn mal gilt das nationale Recht des Wohnorts, mal das der Arbeitsstätte. Weder bei den natio­nalen Gesetzgebungen noch bei denen auf EU­Ebene würde Rück­sicht auf die Grenzregionen ge­nommen, beklagt EURES­Berater Thomas Schulz.Das schafft nicht nur hier Prob­leme. Insgesamt existierten in der EU 27 verschiedene Sozialversiche­rungssysteme, erklärt AK­Grenz­gängerexperte Egbert Ulrich. Die einander anzugleichen sei ein lang­jähriger Prozess. Daran arbeiten auch die Juristen der beim Saar­ Wirtschaftsministerium angesie­delten Task Force Grenzgänger. Sie bearbeiten seit 2011 die häufigsten Stolpersteine und melden sie an die Regierungen und die EU.

GRENZGÄNGER | Beim AK-Beratungstag helfen viele Organisationen den Betroffenen

In die Regional-bahn nach Forbach steigen in Saarbrücken nur wenige Pendler ein. Die meisten zieht es in die Gegenrichtung: von Lothringen ins Saarland.

Fotos: Pasquale D‘Angiolillo, Thomas Schulz

Die rechtlichen Systeme sind schlecht aufeinander abgestimmt

QQ Von AK-Redakteurin Gabi Hartmann

Beim Grenzgänger- Beratungstag in der Arbeitskammer: Egbert Ulrich, Regine Janes, Barbara Köhler, Céline Laforsch, Nora Benyoucef, Beatrice Zeiger (von links).