Heft Nr. Verfolgung und Widerstand in Koblenz 1933 r 1945 400... · 2016-01-18 · Begleitarzt Dr....

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Heft Nr. 18 - 1/00 SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz Verfolgung und Widerstand in Koblenz 1933 r 1945 Eine Skizze. Teil 2 (Fortsetzung aus Sachor Heft Nr. 17 - 1/99, S.50-03) von Joachim Hennig Xlll. Das Jahr 1938 Das Jahr 1938 markierte - wie bereits im ersten Teil dieses Aufsatzes dargestellt wurde - einen Wendepunkt der Verfolgung im "Dritten Reich". Dies ist aber keine Eigentümlichkeit der Koblenzer Verhältnisse, sondern ein generelles, reichsweit festzustel- lendes Phänomen. Auch insoweit zeigt sich, dass Koblenz eine ganz "normale" Stadt während des Natio- nalsozialismus war und man - umge- kehrt betrachtet - fast die gesamte Verfolgung und einen großen Teil des Widerstandes jener Zeit auch vor Ort in Koblenz wiederfindet - sofern man nur genau genug hinschaut. Ein solcher Wendepunkt gerade für die Diskriminierung und Verfolgung der Juden (der schlimmsten von allen Verfolgungen) war die schon kurz geschilderte sog. Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938. Sie war der Beginn der systemati- schen und später fabrikmäßigen Ver- nichtung der jüdischen Mitbürger. Einen Wendepunkt für die Verfol- gung bedeutete das Jahr 1938 aber auch, weil bereits damals Hitler die Entfesselung des Zweiten Weltkrie- ges ins Kalkül gezogen hatte und Vorbereitungen getroffen wurden, um diesen Krieg im Sinne der Nationalso- zialisten "effektiv" führen und unter dessen Ausnutzung die bisherigen Diskriminierungen und Verfolgungen ausweiten und "perfektionieren" zt) können. Beispielhaft enrvähnt sei in diesem Zusammenhang die "Verordnung über das Sonderstrafrecht im Kriege und bei besonderem Einsatz' (KSSVO) vom 17. August 1938. Diese Verord- nung schalfte für den Kriegsfall Son- dertatbestände wie den der Spionage, der Freischärlerei und vor allem den später sehr bedeutsamen und äußerst exzessiv angewandten Sonder- straftatbestand der "Zersetzung der Wehrkraft" (§ 5 KSSVO). Sie war als "militärische Mobilmachungsmaßnah- me auf dem Gebiet der Kriegsstraf- rechtspflege" konzipiertss. Es war dann dem Chef des Oberkommandos der Wehrmacht (!), General Keitel, vorbehalten, diese Verordnung ein Jahr später, am 26. August 1939(!), am "Vorabend" des deutschen Über- falls auf Polen, in Krallzu setzen. Zwischen den Vorarbeiten zu der Kriegssonderstraf rechts-Vero rdn un g von August 1938 und ihrem lnkrafttre- ten im August 1939 lagen wichtige Stationen der deutschen und auch europäischen Geschichte: Am 12.113. März 1938 waren deutsche Truppen in Österreich einmarschiert und hat- ten den "Anschluss Österreichs" an das Deutsche Reich bewirkt. Wenig später, Ende Mai 1938, kündigte Hit- ler die Zerschlagung der Tschechoslo- wakei an. lm September 1938 provo- zierte Hitler dann die Sudentenkrise, die aber wider Erwarten nicht zum Krieg, sondern vielmehr zum sog. Münchner Abkommen vom 29./30. September 1938 führte. ln diesem Abkommen gestanden England und Frankreich den Nationalsozialisten die Angliederung des Sudetengebietes an das Deutsche Reich zu. Wenige Tage später marschierte die Deutsche Wehrmacht in das Sudetenland ein. lm März 1939 überfiel Deutschland die Tschechoslowakei und auf seinen Druck hin entstand das "Reichspro- tektorat Böhmen und Mähren". Noch im selben Monat marschierte Hitler- Deutschland in das litauische Memel- gebiet ein und gliederte es wieder ins Deutsche Reich ein. Nach all diesen den nächsten Krieg schon billigend in Kauf nehmenden Maßnahmen wurde dann die Kriegssonderstrafrechts-Ver- ordnung am 26. August 1939 in Kraft gesetzt, wenige Tage später entfes- selte Hitler den Zweiten Weltkrieg. In dieser Zeit entstanden noch weitere "Schubladengesetze" zur Kriegsvorbereitung, wie vor allem die "Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen", die "Kriegs- wirtschaftsverordnung" und die "Ver- ordnung gegen Volksschädlinge". Diese Vorschriften, die nicht von dem ohnehin längst entmachteten Reichs- tag, sondern als bloße Rechtsverord- nungen von Hitler und seinen Mini- Titelblatt des Reichsgesetzblatts Terl I vom 26. August 1939, mit dem wentge Tage vor dem Uberfall auf Polen mehrere ,,Schubladengesetze" rn Kraft gesetzt wurden. BeiSog qetlblstf *" Coil I t' ", lr S 33 $drrütriq ü1.: lri:!r!.r(riiüi. in §LLrrrt rii ir r,i!trir:n §iinr! riirirtiirir,it1ii1.6l!!d.:.nLiil '_51; : L b" ...'.! :r r:,' I It I l5 §!i. !ar!ii[t nLr trrdiLlltrft 1! \üsnMq th! lra irilii,rii{r :rriirtirir., ifr lriift u\r hi r.rrrl'r.n Eitri:! 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Page 1: Heft Nr. Verfolgung und Widerstand in Koblenz 1933 r 1945 400... · 2016-01-18 · Begleitarzt Dr. Brandt. Den Erlass eines Gesetzes für diese Morde lehnte Hitler aber ab. lhm lag

Heft Nr. 18 - 1/00 SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz

Verfolgung und Widerstandin Koblenz 1933 r 1945Eine Skizze. Teil 2 (Fortsetzung aus Sachor Heft Nr. 17 - 1/99, S.50-03)

von Joachim Hennig

Xlll. Das Jahr 1938

Das Jahr 1938 markierte - wiebereits im ersten Teil dieses Aufsatzesdargestellt wurde - einen Wendepunktder Verfolgung im "Dritten Reich".Dies ist aber keine Eigentümlichkeitder Koblenzer Verhältnisse, sondernein generelles, reichsweit festzustel-lendes Phänomen. Auch insoweitzeigt sich, dass Koblenz eine ganz"normale" Stadt während des Natio-nalsozialismus war und man - umge-kehrt betrachtet - fast die gesamteVerfolgung und einen großen Teil desWiderstandes jener Zeit auch vor Ortin Koblenz wiederfindet - sofern mannur genau genug hinschaut.

Ein solcher Wendepunkt geradefür die Diskriminierung und Verfolgungder Juden (der schlimmsten von allenVerfolgungen) war die schon kurzgeschilderte sog. Reichspogromnachtvom 9. auf den 10. November 1938.Sie war der Beginn der systemati-schen und später fabrikmäßigen Ver-nichtung der jüdischen Mitbürger.

Einen Wendepunkt für die Verfol-gung bedeutete das Jahr 1938 aberauch, weil bereits damals Hitler dieEntfesselung des Zweiten Weltkrie-ges ins Kalkül gezogen hatte undVorbereitungen getroffen wurden, umdiesen Krieg im Sinne der Nationalso-zialisten "effektiv" führen und unterdessen Ausnutzung die bisherigenDiskriminierungen und Verfolgungenausweiten und "perfektionieren" zt)können.

Beispielhaft enrvähnt sei in diesemZusammenhang die "Verordnung überdas Sonderstrafrecht im Kriege undbei besonderem Einsatz' (KSSVO)vom 17. August 1938. Diese Verord-nung schalfte für den Kriegsfall Son-

dertatbestände wie den der Spionage,der Freischärlerei und vor allem denspäter sehr bedeutsamen und äußerstexzessiv angewandten Sonder-straftatbestand der "Zersetzung derWehrkraft" (§ 5 KSSVO). Sie war als"militärische Mobilmachungsmaßnah-me auf dem Gebiet der Kriegsstraf-rechtspflege" konzipiertss. Es wardann dem Chef des Oberkommandosder Wehrmacht (!), General Keitel,vorbehalten, diese Verordnung einJahr später, am 26. August 1939(!),am "Vorabend" des deutschen Über-falls auf Polen, in Krallzu setzen.

Zwischen den Vorarbeiten zu derKriegssonderstraf rechts-Vero rdn un gvon August 1938 und ihrem lnkrafttre-ten im August 1939 lagen wichtigeStationen der deutschen und aucheuropäischen Geschichte: Am 12.113.März 1938 waren deutsche Truppenin Österreich einmarschiert und hat-ten den "Anschluss Österreichs" andas Deutsche Reich bewirkt. Wenigspäter, Ende Mai 1938, kündigte Hit-ler die Zerschlagung der Tschechoslo-wakei an. lm September 1938 provo-zierte Hitler dann die Sudentenkrise,die aber wider Erwarten nicht zumKrieg, sondern vielmehr zum sog.Münchner Abkommen vom 29./30.September 1938 führte. ln diesemAbkommen gestanden England undFrankreich den Nationalsozialisten dieAngliederung des Sudetengebietesan das Deutsche Reich zu. WenigeTage später marschierte die DeutscheWehrmacht in das Sudetenland ein.lm März 1939 überfiel Deutschlanddie Tschechoslowakei und auf seinenDruck hin entstand das "Reichspro-tektorat Böhmen und Mähren". Nochim selben Monat marschierte Hitler-Deutschland in das litauische Memel-gebiet ein und gliederte es wieder insDeutsche Reich ein. Nach all diesen

den nächsten Krieg schon billigend inKauf nehmenden Maßnahmen wurdedann die Kriegssonderstrafrechts-Ver-ordnung am 26. August 1939 in Kraftgesetzt, wenige Tage später entfes-selte Hitler den Zweiten Weltkrieg.

In dieser Zeit entstanden nochweitere "Schubladengesetze" zurKriegsvorbereitung, wie vor allem die"Verordnung über außerordentlicheRundfunkmaßnahmen", die "Kriegs-wirtschaftsverordnung" und die "Ver-ordnung gegen Volksschädlinge".Diese Vorschriften, die nicht von demohnehin längst entmachteten Reichs-tag, sondern als bloße Rechtsverord-nungen von Hitler und seinen Mini-

Titelblatt des Reichsgesetzblatts Terl I vom26. August 1939, mit dem wentge Tagevor dem Uberfall auf Polen mehrere,,Schubladengesetze" rn Kraft gesetztwurden.

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Page 2: Heft Nr. Verfolgung und Widerstand in Koblenz 1933 r 1945 400... · 2016-01-18 · Begleitarzt Dr. Brandt. Den Erlass eines Gesetzes für diese Morde lehnte Hitler aber ab. lhm lag

SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz Heft Nr. 18 - 1/00

stern beschlossen wurden, schafftenoft nebulöse Sondertatbestände mitdrakonischen Strafen bis hin zurTodesstrafe. lm Zuge des Angriffs aufPolen am 1. September 1939 tratendiese "Schubladengesetze" dann alle-samt in Kraft.

Der Beginn des Zweiten Weltkrie-ges markierle in vielem eine schwer-wiegende Verschärfung der innen-und außenpolitischen Verhältnisseund eine weitere Radikalisierung derVerfolgung durch die Nationalsoziali-sten und ihre Helfer. Damit ändertensich auch die Repressalien der Nazisreichsweit und in dem von ihnenangegriffenen und besetzten Europa,aber ganz konkret auch in Koblenz.Es änderte sich dabei nicht die Rich-tung der Verfolgung, wohl aber derenSchwere und die Zahl der OPfer.Waren bisher - bis zum Beginn desZweiten Weltkrieges - die Toten nochdie Ausnahme, so war es in der Zeitdanach eher umgekehrt: Die Ausnah-me waren die Überlebenden.

XlV. Die weitere Verfolgung vonGewerkschaftern

Von ähnlich langer Hand gePlantwie die Verschärfung des Strafrechtswar zum Kriegsbeginn am 1. Septem-ber 1939 die Verfolgung von Funk-tionären der SPD, KPD, auch desZentrum und vor allem der Gewerk-schaften. Die davon betroffenen Per-sonen standen auf einer sorgfältigerstellten Liste. Entsprechend dieserwurden beim Kriegsausbruch am 1.

September 1939 etwa 850 Funktionä-re der SPD, KPD, des Zentrum undder Gewerkschaften verhaftet. Einervon ihnen war der aus (Koblenz-)Met-ternich stammende und dort auch ver-haftete Gewerkschafter und Sekretärder SPD Johann Dötsch. Er wurde in

Schutzhaft genommen, obwohl er seitJahren in Metternich zurückgezogengelebt und Kommunisten, die ihn -

recht plump - für eine gemeinsameWiderstandstätigkeit zu gewinnen ver-sucht hatten, sogar bei der GestaPoangeschwärzt hatteuu. Dötsch wurdezu Kriegsbeginn in das Konzentrati-onslager Sachsenhausen veschleppt,dort blieb er bis zur Befreiung inhaf-tiertu'.

XV. Die Opfer der T-4-Aktion

Der Massenmord an psychischKranken, der schon sehr bald nach

dem Beginn des Zweiten Weltkriegesseinen Anfang nahm, hat demgegenü-ber eine längere Vorgeschichte, diegar bis ins 19. Jahrhundert zurück-reicht.s' ln der ldeologie des National-sozialismus hatte der Tod von etwa400.000 psychisch Kranken seineWurzeln in Hitlers "Mein Kampf" ("Esist eine Halbheit, unheilbar krankenMenschen die dauernde Möglichkeiteiner Verseuchung der übrigengesunden zu gewähren. Es entsprichtdies einer Humanität, die, um demeinen nicht wehe zu tun, hundertandere zu Grunde gehen läß1."). Das"Gesetz zur Verhütung erbkrankenNachwuchses" aus dem Jahre 1933war bereits ein wesentlicher Schrittauf dem Weg zu einer solchen "Ras-senhygiene".'e Schon Mitte der 30erJahre wollte die NS-Spitze hierbeiaber nicht stehen bleiben, sondernwar zur massenhaften Tötung vonPsychiatriepatientlnnen bereit. Hitlerentschloss sich, eine solche "Eu-thanasie"-Aktion aber erst im Kriegs-falle durchzuführen, da der Ausnah-mezustand des Krieges die alsgeheim geplante Erfassung undErmordung der Kranken vereinfachenwürde - zunächst hielt er "vorsichtigesAbwarlen" für ratsam. Aber schon pa-rallel zu den Kriegsvorbereitungenfanden ab Mitte 1939 Planungsge-spräche zur Organisation dieser Akti-on statt. lm Juli 1939 wurde dann inder "Kanzlei des Führers" die "Eu-thanasie"-Aktion, die wegen des Sit-zes der Behörden in

der Tiergarten-straße 4 in Berlinden Namen "f-4-Aklion" erhielt,beschlossen. Hier-für ermächtigte Hit-ler den ReichsleiterBouhler und seinenBegleitarzt Dr.

Brandt. Den Erlasseines Gesetzes fürdiese Morde lehnteHitler aber ab. lhmlag an einer"u nbü rokratischenProzedur" unterUmgehung mög-lichst aller staatli-cher Dienststellenbei völliger Geheim-haltung. Erst imOktober 1939 war erbereit, den bishernur mündlich erteil-ten Auftrag auch

schriftllch festzuhalten. Er unter-schrieb auf privatem Briefpapier fol-genden Text: "Reichsleiter Bouhlerund Dr. med. Brandt sind unter Ver-antwortung beauftragt, die Befugnissenamentlich zu bestimmender Arzte sozu erweitern, dass nach menschli-chem Ermessen unheilbar Krankenbei kritischster Beurteilung ihresKrankheitszustandes der Gnadentodgewährt werden kann." Dieser sog.Ermächtigungserlass wurde auf den1. September 1939, den Tag desÜbertatts auf Polen, zurückdatiert undauch nur im engsten Kreis Publikgemacht. Der Reichsjustizminister Dr.

Gürtner wurde - nachdem sich dieStrafanzeigen und Beschwerdenwegen derTötungen häuften - von Dr.

Bouhler erst im August 1940 darüberinformiert. Der Erlass war bis zumEnde des "Dritten Reiches" die einzi-ge pseudo-rechtliche Grundlage Iürden Massenmord an mehreren hun-derttausend Menschen.

Bei dieser sog. Vernichtunglebensunwerten Lebens unterschei-det man zwei Phasen: Die erstePhase dauerte bis August 1941 . Nacheiner Unterbrechung schloss sich diezweite Phase, früher auch missver-ständlich "wilde" Phase der "Euthana-sie" bezeichnet, von 1942 bis zumKriegsende an. Auch Koblenzer Mit-bürger wurden Mordopfer der T-4-Aktion, und zwar sowohl solche derersten als auch der zweiten Phase.

,,Euthanasie-Erlass" Hitlers, dattert vom 1. September 1939,

dessen Kopie ausweislich des handschriftlichen Vermerks demReichsjustizminister Dr. Gürtner am 27. August 1940 vonBauhler übergeben wurde.

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Mit Sicherheit - so viel steht fest -

sind drei Opfer der ersten Phase derAktion in Koblenz geboren.60 lhr Ver-folgungsschicksal aufzuklären, istangesichts dieser sensiblen Materienicht leicht. Es kommt hinzu, dass dieNationalsozialisten diese Aktion ge-heim hielten und sich um die Ver-schleierung der Morde bemühten.Zunächst wurden die psychisch Kran-ken und geistig Behinderten in denHeil- und Pflegeanstalten mit Hilfeeines Vordrucks erfasst und die als"unheilbar" bezeichneten ausgeson-dert. Aus diesen "Stammanstalten"verschleppte man die Kranken in sog.Zwischen- oder Durchgangsanstalten.Sie dienten zum einen als Tarnung -

für die Angehörigen der Krankenwurde es schwieriger, den Verbleibder verschleppten Anstaltsinsassenausfindig zu machen. Zum anderenkonnte in den Zwischenanstalten ersteinmal ein großer Teil der Opfer unter-gebracht werden, die dann nach undnach auf Abruf in die Tötungsanstal-ten verlegt wurden. Die Koblenznächstgelegene Zwischenanstalt wardie Provinzial Heil- und PflegeanstaltAndernach. Von dort aus wurden dieOpfer in die "Euthanasie"-Tötungsan-stalt nach Hadamar bei Limburg ver-legt.61 ln der dortigen Gaskammer er-mordete man sie mit Kohlenmonoxydund verbrannte sie. ln dem dichtbesiedelten Gebiet und wegen vieler"Pannen" blieb die Aktion nicht unent-deckt. Bekannt sind vor allem die Pre-digten des Bischofs von Münster, Cle-mens August Graf von Galen, vomAugust '1941, in denen er in allerÖffentlichkeit die Anstaltsmorde heftigkritisierte. Das führte dann zum Ab-bruch der Aktion im August 1941 .

Damit war die "Vernichtunglebensunwerten Lebens" aber nochnicht beendet. Wie bereits erwähntging die Aktion ab 1942 in der zweitenPhase weiter. ln dieser Zeit wurdeaber weniger auffällig gemordet, dieKranken siarben an tödlichen Medika-mentendosen und durch gezielteMangelernährung. Aus dieser zweiten"Euihanasie"-Phase lassen sich sie-ben Opfer aus Koblenz und Umge-bung identifizieren: sechs von ihnenwaren in der Stadt Koblenz geboren,eins stammte aus dem Kreis Koblenz.Drei von ihnen hatten vor der Ermor-dung ihren letzten Wohnsitz inKoblenz - eines von ihnen lebtezulelzl im Altersheim in Koblenz-Horchheim - und je ein Opfer wohnte

im Kreis Koblenz bzw. in Ransbach.lhre Sterbedaten reichen von Novem-ber 1942 bis April 1945.u'

XVl. Erste Deportation der Sinti

Der Zweite Weltkrieg war weiter-hin ein Anlass für die erste Deportati-on der Sinti aus Koblenz und Umge-bung im Mai 1940. Aber auch dieseMaßnahmen waren das Resultat einerplanmäßigen Diskriminierung undDrangsalierung dieser Mitbürger, diedann später zum Völkermord an denSinti und Roma führten.

Die Sinti - Roma gab es hier beiuns kaum - waren ebenfalls von denNationalsozialisten als "rassisch min-derwertig" eingestuft. Obwohl die"Nürnberger Rassegesetze" von 1 935die sog. Zigeuner nicht ausdrücklichenruähnten, erkannte man ihnen - wieden Juden - die "Reichsbürgerschaft"ab. Reichsbürger mit allen politischenRechten und Pflichten konnte nursein, wer deutschen oder artverwand-ten Blutes ("deutschblütig") war."Deutschblüiig" waren aber nicht nurnicht die Juden, sondern eben auchnicht die "Zigeuner" (und übrigensauch nicht die "Neger" - was für dasRheinland vor allem wegen der sog.Rheinland-Bastarde wichtig waru3).

ln Koblenz lebten Anfang der 30erJahre Sinti im ehemaligen Kernwerkder Feste Franz. Seit Jahren hatte dieStadt versucht, diese Mitbürger ein-fach "loszuwerden". Nach einigem Hinund Her war das Ergebnis genau dasGegenteil dieser Bemühungen: Die imMittelrheingebiet lebenden "Zigeuner''wurden - schon zur besseren Überwa-chung - in Koblenz konzentriert. lhreWohnbezirke waren die Wöllers- undWeißergasse, die Fischel- und Kastor-straße.

Auch bei den Sinti ging der Verfol-gung die Erfassung voraus. Dabeigestaltete sich in ihrem Fall die Fest-stellung der Andersartigkeit sehr vielkomplizierter als bei den Juden. Esgab nämlich - anders als bei demDiscrimen Jude - Nichtjude ("arischeGroßmutter") definitorische Schwie-rigkeiten. Diese mussten erst nochgeklärt werden. Der dann ergangene"Grunderlass" Himmlers, des Reichs-führers SS und Chefs der DeutschenPolizei im Reichsministeriums deslnnern - so seine offizielle Amtsbe-

zeichnung -, vom 8. Dezember 1938führte diese Klärung auch nicht her-bei, war aber Voraussetzung dafürund legte das Verfahren für dieseKlärung fest. Danach war "die Rege-lung der Zigeunerf rage aus demWesen dieser Rasse heraus in Angriffzu nehmen". Alle Sinti und Roma, diedas 6. Lebensjahr vollendet hatten,waren erkennungsdienstlich zLt

behandeln und nach "rassenbiologi-schen" Gesichtspunkten zu klassifi-zieren. Es gab drei Kategorien: "rein-rassige Zigeune/', "Zigeunermischlin-ge" und "nach Zigeunerart umherzie-hende Personen". Die Klassifizierungnahm die "Rassenhygienische For-schungsstelle" in Berlin vor. Mit pseu-do-wissenschaftl ichen "Rassegutach-ten" stellten deren Mitarbeiter die"Zigeuner -Zu gehöri gkeit" f est. Dabeirichtete sich der Hauptangriff der For-schungsstelle nicht gegen die"stammechten Zigeuner", sonderngegen die "Zigeunermischlinge", zudenen man über 90 "Ä "der als Zigeu-ner geltenden Personen" rechnete.Hintergrund hierfür war der Gedankeder "Rassenhygiene", es sollte eine"Vermischung der Rassen" unterbun-den werden. Diesem Zweck wie auchder Diskriminierung dienten etwa Ehe-verbote, der Ausschluss aus bestimm-ten Berufen, Wahlverbote, Schulver-bote, Nachteile auf sozialrechtlichemGebiet, eine Sondersteuer, "Rasse-ausweise", der Ausschluss aus derWehrmacht u.a.m.

Kurz nach Beginn des ZweitenWeltkrieges, im Oktober 1939, erließHimmler dann den sog. Festschrei-bungserlass, mit dem den Sinti unterAndrohung des Konzentrationslagersverboten wurde, ihren Wohnsitz zuverlegen. Es entstanden die erstenSammellager.

Ende April 1940 befahl Himmlerschließlich die Deportation von 2.500"Zigeunern" aus Nord- und West-deutschland, in das von den Nazisinzwlschen besetzte Polen (das sog.Generalgouvernement). ln Ausführ-ung dieses Erlasses wurden am 17.Mai 1940 - am 10. Mai 1940 hatte mitdem Überfallauf Holland, Belgien undLuxemburg der "Westfeldzug" begon-nen - etwa zehn in Koblenz lebende"Zigeunef'familien (77 oder 78 Män-ner, Frauen und Kinder) aus ihrenWohnungen herausgeholt, in derThielenschule in der Goldgrube inKoblenz gesammelt und mit Lastwa-

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SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz Heft Nr. 18 - 1/00

gen nach Köln transportiert. Dort war

die zentrale Sammelstelle für West-

deutschland. Anschließend deportier-

te man sie in Eisenbahnwaggonsnach Osten. Manche von ihnen

kamen nach Chelze. Um dort eine

Überlebenschance zu haben, muss-

ten sie - auch selbst zehnjährige Kin-

der - in Steinbrüchen u'ä. hart arbei-

ten. Einige von ihnen, wie der aus

Koblenz verschleppte Michael Böh-

mefo, überlebten diese Tofiuren, hat-

ten und haben daran aber ein Leben

lang zu leiden.

Für die Stadt Koblenz hatte die

Deportation noch ein bÜrokratisches

Nachspiel. Mit Schreiben vom 23. Juli

1940 verlangte der Kölner Polizeiprä-

sident von ihr Verpflegungskosten für

diese 77 OPfer bei einem Tagessatzvon 2.9337 Reichsmark Pro Person

und für den Zeitraum von 14 Tagen'

so dass sich ein Gesamtbetrag von

225,89 Reichsmark ergab, zahlbar auf

das Postscheckkonto des Polizeiprä-

sidenten in Köln zum Betreff "W 4Transportbüro, Zigeunertransport"'6uAuch die zurückgelassenen Habselig-

keiten der Deportierten bereitetenbürokratische Schwierigkeiten. Da die

"Evakuierten" nach den Richtlinien pro

Person nur bis zu 50 kg HandgePäck

mitnehmen durften und die Mitnahme

sperriger Güter verboten war, muss-

ten sie Einrichtungs- und Haushalts-gegenstände zurücklassen. FÜr diese

versuchte das PolizeiPräsidiumKoblenz einen Unterbringungsort zu

finden. Die von ihm angesProcheneStadtverwaltung lehnte das Ansinnen

aber ab.6u

XVll. Die Verfolgung von Kriegs-dienstverweigerern, Deserteurenu.a.

Mit Beginn des Zweiten Weltkrie-ges nahm naturgemäß die Zahl der

Kriegsdienstverweigerer, der Deser-

teure und anderer sich vom Kriegs-

dienst und von KamPf handlungenabsentierender Wehrpflichtiger zu'

Allein dadurch wurden die Verweige-

rer und Deserteure aber noch nicht zu

Verfolgten. Sie wurden es aber durch

die besonderen Umstände in der

deutschen Wehrmacht wie auch

durch die jeglichen Maßstab verlieren-

de Reaktion des NS-Staates auf sol-

ches abweichendes Verhalten.

Grund zur Kriegsdienstverweige-rung war fÜr manche schon die Eides-

leistung. Denn nach dem Tod des

greisen Reichspräsidenten von Hin-

denburg war der Soldateneid seitAugust 1934 auf Hitler persönlich zu

leisten ("lch schwöre bei Gott diesen

heiligen Eid, dass ich dem Führer des

Deutschen Reiches und Volkes, Adolf

Hitler, dem Obersten Befehlshaberder Wehrmacht, unbedingten Gehor-

sam leisten und als tapferer Soldatjederzeit bereit sein will, fÜr diesen Eid

mein Leben einzusetzen.")' Da es

eine Wehrdienstverweigerung aus

Gewissensgründen und auch generell

keine Befreiung vom Wehrdienst gab,

musste dieser Eid auf Hitler persön-

lich von praktisch allen Wehrpflichti-gen geleistet werden.

Die Eidesverweigerung und die

Kriegsdienstvenrueigerung überhauptwaren nach dem fÜr den Krieg neu

geschaff enen Sonderstraftatbestandeine "Zersetzung der Wehrkraft" (§ 5

KSSVO). Diese Vorschrift lautete inihrem Absatz 1:

Wegen Zersetzung der Wehrkraftwird mit dem Tode bestraft:

1. wer öffentlich dazu auffordertoder anreizt, die ErfÜllung der Dienst-

pflicht in der deutschen oder einer

verbündeten Wehrmacht zu verwei-gern, oder sonst öffentlich den Willen

des deutschen oder verbündetenVolkes zur wehrhaften Selbstbehaup-

tung zu lähmen oder zu zersetzensucht;

2. wer es unternimmt, einen Sol-

daten oder Wehrpflichtigen des Beur-

laubtenstandes zum Ungehorsam, zur

Widersetzung oder zur Tätlichkeitgegen einen Vorgesetzten oder zur

Fahnenf lucht oder unerlaubten Entfer-

nung zu verleiten oder sonst die Man-

neszucht in der deutschen oder einer

verbündeten Wehrmacht zu untergra-

ben;

3. wer es unternimmt, sich odereinen anderen durch SelbstverstÜm-

melung, durch ein auf Täuschungberechnetes Mittel oder auf andere

Weise der Erfüllung des Wehrdien-stes ganz, teilweise oder zeitweise zu

entziehen.

Die Strafdrohung lautete im Regel-

fall auf die Todesstrafe, Absatz 2 der

Vorschrift sah "in minder schweren

Fällen" Zuchthaus oder Gefängnis

vor. Zuständig für die Aburteilung war

das höchste Militärgericht, das

Reichskriegsgericht in Berlin. Es setz-

G e I te n d mac h u n g von Ve r pf leg u n g skoste n

während des Transports der Sinti rns sog

Generalgouvernement Dokument: Stadt-

archiv Koblenz.

ln cler Mitte des Bildhintergrundes die Thielenschule, sammmelpunkt der stnti tn Koblenz

vor der Deportation. Foto: Stadtarchiv Koblenz

Oer Sdiicilrüiibent 8 6

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Heft Nr. 18 - 1/00 SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz

te die Vorschriften mit drakonischerHärte um. Nach seinem Selbstver-ständnis galt - bereits im Mai 1940 -

die Todesstrafe "in dem AbwehrkampfDeutschlands (als) ein Gebot der Not-wehr". Allein 223 namentlich bekannteKriegsdienstverweigerer verurteiltedas Reichskriegsgericht zum Tode.Von diesen waren mehr als 200 Mit-glieder der Ernsten Bibelforscher, wiedie Zeugen Jehovas früher hießen.

Einer dieser Eides- und Kriegs-dienstverweigerer war der Pallotiner-Pater Franz Reinisch.u' Er hatte schonbald seine theologische Heimat in derSchönstatt-Bewegung gefunden undgehöfte seit 1938 in Vallendar-Schön-statt bei Koblenz zum engsten Mitar-beiterkreis von Pater Josef Kentenich,dem Gründer der Bewegung. PaterReinisch wurde wegen seiner Gewis-sensentscheidung, die als "Zerset-zung der Wehrkraft" angesehenwurde, zum Tode verurteilt und am 21.August 1942 im Zuchthaus Branden-burg-Görden enthauptet.

Nachweislich hat das Reichs-kriegsgericht zwischen dem 26.August 1939 und dem 7. Februar1945 1.189 Todesurteile verhängt,von denen 1.049 vollstreckt wurden.Das sind Mindestzahlen, die wirkli-chen Zahlen liegen mit Sicherheitnoch einiges höher.

Wenig bekannt ist, dass es nebendem Reichskriegsgericht in Berlinauch eine Militärgerichtsbarkeit "vorOrt" gab. So war etwa auch inKoblenz ein Militärgericht tätig, genaugenommen waren es sogar mehrere.6sZunächst war es das Gericht der 34.Division, später - nach Umorganisa-tionen im Krieg - war es eine Zweig-stelle des Gerichts der 172. Divlsion.lm Jahre 1944 gab es schließlich inKoblenz - nach einer weiteren Umor-ganisation - außerdem noch dasGericht der Wehrmachtskommandan-tur Koblenz. Der Sitz des Gerichtsbzw. der Gerichte befand sich inKoblenz-Ehrenbreitstein in der Hof-straße 272, dem Coenen'schen Haus.

Von dem Gericht der 34. Divisionwissen wir kaum etwas. Wenigbekannt ist auch über das Gericht derWehrmachtskommandantur Koblenz.lmmerhin wissen wir von diesemGericht, dass es nach den schwerenLuftangriffen auf Koblenz EndeNovember 1944 nach Nassauilahn

verlegt wurde. Dort kam nach einemBombenangriff Anfang Februar 1945der Geschäftsbetrieb zum Erliegen.Mit dem gesamten dann noch verblie-benen Personal bezog man Notquar-tiere im Reservelazarett Scheuern. -

lm Gegensatzhierzu sind die Unterla-gen über das Gericht der Division Nr.172 sehr viel zahlreicher, wenn auchkeineswegs vollständig. Von allenZweigstellen des Gerichts der 172.Division existieren etwa 4.200 Verfah-rensakten, von der Zweigstelle inKoblenz-Ehrenbreitstein sind es etwa740 Verfahrensakten sowie eineGeneralakte aus der Zeit von Dezem-ber 1943 bis Oktober 1944.6' DieArbeitsbelastung der KoblenzerZweigstelle, die auch für alle politi-schen und Fahnenflucht-Sachen derLothringer und Luxemburger zustän-dig war, war so stark, dass die Kapa-zität der Koblenzer Gefängnisse, indenen die Beschuldigten während derUntersuchungshaft untergebrachtwerden mussten, nicht ausreichte unddas Koblenzer Militärgericht bat, fest-genommene Lothringer und Luxem-burger nur dann nach Koblenz zuüberführen, wenn das Gericht hierumim Einzelfall ersucht hatte.

Anschaulich wird die Arbeit derKoblenzer Zweigstelle des Feldkriegs-gerichts der Division Nr. 172 an demVerfahren gegen den Schützen Hel-mut Sch.'.. lhn verurteilte man wegen"Zersetzung der Wehrkraft" zum Tode.Er hatte - wie es in seinem Todesurteilhieß - in "nervös überreizter Stim-mung" nach dem Tod seines Vaters

und eines gefallenen Bruders, nacheiner eigenen Verwundung und ange-sichts der Schwierigkeiten zu Hause,über die seine Mutter ihm in einemBrief gerade berichtet hatte, sichnachts an der Ostfront mit der Pistolein den linken Oberarm geschossen.Diese Tat war nach Ansicht desKoblenzer Feldkriegsgerichts todes-würdig, weil "die Selbstverstümme-lung zum Zwecke der Wehrdienstent-ziehung das Schlimmste und Schänd-lichste ist, dessen sich ein Soldatschuldig machen kann". Aber selbstdem "Gerichtsherrn", dem (militäri-schen) Befehlshaber, der solcheUrteile routinemäßig zu überprüfenhatte, war diese Entscheidung zuhart.lm Gnadenwege wandelte er dieTodesstrafe in eine Zuchthausstrafevon 15 Jahren um, und zwar - wie eshieß - mit Rücksicht auf die Familien-verhältnisse von Helmut Sch., insbe-sondere auf seine vor dem Feindestehenden Brüder. Die Spruchpraxisder Koblenzer Zweigstelle desGerichts der 172. Division führte alleinin der Zeit von Dezembel1943 bisOktober 1944 zu mindestens achtTodesurteilen. ln diesem Zeitraumwurden mindestens drei Todesurteileauch vollstreckt.

Zur Aburteilung solcher Wehr-dienstentziehungen im weiteren Sinnewaren aber nicht nur die Militärstraf-gerichte, sondern auch die zivilenoder auch ordentlichen Strafgerichte,wie der Volksgerichtshof in Berlin unddie Sondergerichte, berufen. Vorallem die bei ausgewählten Landge-

Das Coenen'sche Haus in Koblenz-Ehrenbreitstein: Sitz des Wehrmachtsgerichts.

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10 SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz Heft Nr. 18 - 1/00

richten eingerichteten Sondergerichtewaren für Zivilisten wegen "Zersel-zung der Wehrkraft" zuständig. Nachder Justizpolitik der Nationalsoziali-sten waren diese Gerichte - wie es derStaatssekretär im Reichsjustizmini-steriums anlässlich einer Tagung vonSonderrichtern im Jahre 1939 formu-lierle - die "Panzertruppe der Rechts-pflege", "ebenso schnell" und "mitebenso großer Kampfkraft ausgestat-tet".''

Während der 12jährigen NS-Herr-schaft wurde die Zuständigkeit derSondergerichte erweitert und ihreZahl vermehrt. So richtete man imJahre 1940 auch in Koblenz ein eige-nes Sondergericht ein. Zuvor war dasSondergericht beim Landgericht inKöln zugleich auch für den Landge-richtsbezirk Koblenz zuständig gewe-sen.

Landgericht Koblenz, Ansicht mit Haupt-portal, im 1. Stock die Fenster desSchwurgerichtssaales, der für wichtigeStrafprozesse (mit-)benutzt wurde (vor1e4:)

Um einen Eindruck vom Sonder-gericht Koblenz zu erhalten, sei hierdas Verfahren gegen den HilfsarbeiterWilhelm K. aus Essen erwähnt.?, Esist sicherlich nicht typisch für dasKoblenzer Sondergericht, aber solcheVeffahren gab es eben auch. tm Übri-gen beurteilt man beispielsweiseeinen Arzt nicht entscheidend danach,dass er in 95 % seiner Operationen"fachgerecht" gehandelt, wenn erandererseits in 5 o/o seiner Operatio-nen grobe Behandlungsfehler began-gen hat. Denn wer begibt sich bei 5 %

grober Missgriffe eines Operateursschon vertrauensvoll in seine Obhut?!

Dieser bereits erwähnte WilhelmK. war Hilfsarbeiter bei der Rüstungs-firma Krupp in Essen und wegenUnabkömmlichkeit dort nicht zumMilitärdienst eingezogen worden.Familiäre Probleme - er war geschie-den und hatte ein Kind - und die weniginteressante Tätigkeit als Hilfarbeiterin einem Rüstungsbetrieb setzten ihmoffensichtlich zu. Da freundete er sichbei Krupp mit zwei französischenKriegsgefangenen an, die dort alsZwangsarbeiter beschäftigt waren. Mitdiesen und mit einer jungen Frau, dieoffenbar mit einem der Zwangsarbei-ter angebandelt hatte, verabredetesich K. zur Ausreise in das unbesetz-te Frankreich. Die vier reisten mit derEisenbahn erst nach Köln und dannnach Trier. ln der Bahnhofsvorhallevon Trier fielen sie einem Beamtenauf. Damit war ihre Reise schon zuEnde und sie wurden festgenommen.Diesen Sachverhalt nahm das Son-dergericht Koblenz mit Urteil vom 8.Oktober 1942'" zum Anlass, K. wegen"Zersetzung der Wehrkraft" zum Todezu verurteilen. Als todeswürdig sah esdas Gericht an, dass er sich - wenner auch uk-gestellt war - durch seinebeabsichtigte Ausreise aus dem Deut-schen Reich letztlich der Erfüllung derWehrpflicht habe entziehen wollen.Auch mildernde Umstände, etwa den,dass die Tat bei der Festnahme inTrier noch im Versuchsstadiumsteckengeblieben war, ließ dasGericht nicht gelten. Einen Monat spä-ter, am 12. November 1942, wurdeWilhelm K. im Gefangnis in Köln-Klin-gelpütz mit dem Fallbeil binnen weni-ger Sekunden hingerichtet.

XVIll. Weitere Verfolgung imBereich der katholischen Kirche

Der "Weltanschauungskampf" desNationalsozialismus gegen die katho-lische Kirche setzte sich mit Beginndes Zweiten Weltkrieges forl. Zwarhatten es die neuen Machthabergeschafft, die katholische Kirche ausder Gesellschaft zu verdrängen unddas kirchliche Leben auf den Kirchen-raum zu beschränken ("Sakristeichri-stentum"), doch war ihnen dies nochnicht genug. Der Nationalsozialismuswollte es nicht dulden, dass sich diekatholische Kirche - vor dem Hinter-grund des bis Kriegsende weiterhin

geltenden Reichskonkordats undangesichts der päpstlichen Enzyklika"Mit brennender Sorge"(1937) - einStück Rückzugsgebiet erhalten konn-te, eine Art lnsel der Nonkonformität,um sich der ldeologie und demGleichschaltungsdruck des NS-Staa-tes zu entziehen. lm Ergebnis warsich die nationalsozialistischeFührungsspitze einig: Aufgrund derideologischen Renitenz der Kirchenwar die Vernichtung des Christentumsnotwendig. Wegen des Krieges wares aber eine Frage der Taktik, ob undin welchem Umfang man die Aktionengegen die Kirchen fortsetzte. Hitlerselbst war sich im klaren, dass Span-nungen innerhalb der Bevölkerungschädlich und die Geschlossenheitein Gebot der Stunde war. Deshalbverbot er nach Kriegsbeginn "jedeAktion gegen die katholische undevangelische Kirche für die Dauer desKrieges"'0.

Aufnahmen aus dem Gerichtssaal desLandgerichts Koblenz (aus den 30er Jah-ren anlässlich von Prozessen gegenkathol isch e G eistl i che )

Diese Maxime wollte und konnteder NS-Staat aber nicht auf Dauerdurchhalten. Zu sehr lag ihm an derUnterdrückung der anderen "Weltan-schauung" und seiner Vertreter und zuweit war man darin schon forlgeschrit-ten. Beispielhaft deutlich wird dies anden Schikanen und Verfolgungen, diedie Schönstatt-Bewegung in (Vallen-dar-)Schönstatt zu erdulden hatte.Seit einem "Sonderbericht" vom Sep-tember 1935 wurde sie von derGestapo beobachtet und kontrolliert.

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Heft Nr. 18 - 1/00 SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz 11

'.'a'.-'3'srchte die Zimmer derr= '.s ':1 9:e Dossiers über leitende'.'a"

=- ::' Scnönstatt-Bewegung an,.:" .'.a : r]ge von ihnen und:=:--::^armte BÜcher.'u Ende'ria :-'a'g .1939 setzten die Nazisr : -: ,- j des Studienheims der Pal-: -:'s: rrter Druck, dass diese ihre-: '-.:^ schlossen und das Gebäu-r= :=- Nazis für eine "Lehrerbil-- --:::-s:a t' zur Verfügung stellten.

'"' : Beginn des Zweiten Weltkrie--.: -.^.r. die Repression in Schön-: ::. --o gegen die Schönstätter zu.3',-: age hiedür war ein als "Gehei--: Reichssache" deklarierter- -'a- _!reicher Bericht der Staatspoli-:= s:e e Fulda an das Reichsicher--: s-auptamt.'u Die Durchsuchungen.', -':en daraufhin häufiger und stren-l:' lm Frühjahr 1940 änderte sich:a" d e Qualität der Drangsalierun-;=- C.e Schikanen schlugen in Ver-': I,rg um. Am 1. \lärz 1940 wurdera.:, Josef Fischer während eines.:'^3i's rn Koblenz festgenommen-^: r Frankfurt/Main inhaftiert." Eini-

l= ,',icchen später - an "Führers3::-rlstag". am 20. April 1940 - kam.' z,',at wieder frei, blieb aber unter::::achtung der Gestapo und wurde-=:r seiner Rückkehr in die rheini-s:^e Heimat von der Koblenzer3:siapo festgenommen. Mit seinerS:--:zhaft im Koblenzer Gerichtsge-'=^1" . in der Karmeliterstraße, Ver--:":r tn der nahe gelegenen Gesta-: --Zeilrale im "Vogelsang 1" und sei--=' Deportation von Koblenz in das' : -zentrationslager Dachau. Einige-:: scäter ging Pater Fischer einen

-: r3.sweg, auf dem ihm alsbald-:,- andere Patres aus der Schön-----3ewegung und auch andere:' ::::r folgen sollten.

: : Zweiter wurde Pater Albert= .= '-.rs dem engeren Mitarbeiter-. '= . =ater Kentenichs in Koblenz ver-- =-":"' i\,4an hatte ihn schon länger: = - :: -':et und reglementiert. Zum:--:^:. s wurde ihm Anfang August

- .-' . -e Tagung mit Studentinnen: -: r:' Schönstattbewegung, die- 1' 1-s Sicherheitsgründen schon

- - S--:'statt nach Koblenz verlegt- =*. ::e'a le Vorsichtsmaßnahmen' 1 '.' ' :^ts, da sich unter die Teil-- :- *.- - ^:r ein Spitzel der Gestapo: - -:::- l']en hatte. Eines Abends-.-- . = (obLenzer Gestapo Pater: .= - :=' Kapelle des Barbara-Klo-:-.': - ::^ m Vortrag fest und unter-- -. -' ,', e auch die Teilnehmerinnen

eingehenden Verhören. Die Lage fürPater Eise war sehr schwierig, warder Spitzel doch über die Tagung sehrgut informiert; es kam hinzu, dassman in seiner Aktentasche Mitschrif-ten einer ganzen Reihe von Vorträgenfand, die Pater Kentenich gehaltenhatte. All dies war nicht nur für ihnselbst, sondern auch für den Gründerder Schönstatt-Bewegung sehr bela-stend. Noch während Pater Eise inKoblenz in Schutzhaft war, nahm dieKoblenzer Gestapo Pater Kentenichfest.?'gVier Wochen hielt man ihn imKeller des Gestapo-Gebäudes in Dun-kelhaft. Dann verbrachte man ihn indas nahe gelegene Koblenzer Ge-fängnis. Dies war ein ehemaliges Kar-meliterkloster und stand in baulicherVerbindung mit der benachbafien Kar-meliterkirche. Durch die Hilfe zuver-lässiger Katholiken in seiner Umge-bung war es Kentenich möglich, Kon-takt zu anderen Gefangenen undauch zu der Außenwelt zu halten.Eines Tages konnte er in der Karmeli-terkirche Pater Eise sogar noch dieBeichte abnehmen. Am 12. November1941 kam Eise von Koblenz aus dann"auf Transport" ins Konzentrationsla-ger Dachau. ln der Folgezeit bemüh-ten sich die Schönstätter mit ihrenBeziehungen, die bis ins KoblenzerGefängnis hineinreichten, Pater Ken-tenich dieses Schicksal zu ersparen.Er aber ließ es nicht zu, dass er durcheine glückliche Fügung des Schick-sals vor diesem Leidensweg bewahrtwurde. Schließlich wurde er am 11.März 1942 nach Dachau deportiert.lm KZ gründete er mit seinen Schön-stättern und anderen Schicksalsge-nossen am 16. Juli 1942 zwei wichti-ge Zweige der Schönstatt-Bewegung.Das war in dieser "Hölle ohne Gott",wie Dachau von anderen genanntwurde, noch ein spiritueller Höhe-punkt für Pater Eise, ehe er dann baldin Dachau umkam. Pater Kentenichund Pater Fischer blieben bis zurBefreiung im Konzentrationslager.

Es waren aber nicht nur die Patresder Schönstätter, die Vedolgung erlit-ten. Auch Frauen dieser Bewegungwurden zu Opfern. Drei von ihnenhaben Bezüge zu Koblenz und seinerUmgebung.

Eine war die in Niederselters imUnterwesterwald geborene LehrerinMaria Hilfrichuo. Sie war schon längervon der Gestapo beobachtet undauch einmal für einige Wochen inhaf-

tiert worden. lm November 1942wurde sie endgültig in "Schutzhaft"genommen. Der Vorwurf lautete auf"Beunruhigung der Bevölkerung durchdie Wiedereinführung von katholi-schen Schulgebeten und Wiederan-bringung des Christuskreuzes in denKlassen" ihrer Schule sowie Weiter-gabe verbotener Bücher. Auch lasteteman ihr ihre Zugehörigkeit zur Schön-statt-Bewegung an. Von Frankfurt/Main ging sie "auf Transport" ins Frau-en-KZ Ravensbrück.

lhr folgte schon bald die frühereLehrerin Charlotte Holubars nach81.

Sie hatte sich wegen weltanschaulich-pädagogischer Differenzen a)mNationalsozialismus pensionieren Ias-sen, sich in Vallendar niedergelassenund ganz der Schönstätter Frauenbe-wegung gewidmet. Diese Zugehörig-keit sowie bei ihr gefundene Schriftenwaren Anlass für ihre Verhaftung imNovember 1942 in Vallendar. Manbrachte sie nach Koblenz, inhaftiertesie und machte ihr einen Prozess, indem sie offenbar zu drei JahrenGefängnis verurteilt wurde. Sie ver-büßte hiervon aber nur einige Mona-te, dann verschleppte man sie ausdem Koblenzer Gefängnis ebenfallsins Frauen-KZ Ravensbrück, dortstarb sie später.

Die dritte hier zu erwähnendeSchönstätterin ist die aus Oberschle-sien stammende Hedwig Birnbach".Anlass für ihren Leidensweg, der sienach verschiedenen Stationen eben-falls nach Ravensbrück führte, warihre Beschwerde bei der örtlichenGestapo gegen die Übergriffe derNazis auf die polnische Minderheit.Nach der Befreiung aus dem KZfandsie ihre geistige Heimat in der Schön-statt-Familie. Sie lebt noch heute inVallendar-Schönstatt und ist sicherlicheine der allerletzten Zeitzeugen, wennnicht gar die letzte Zeitzeugin ausdem Koblenzer Raum überhaupt.

Außer den zuvor erwähntenPatres, im Rahmen derer hier nochder in Koblenz geborene und aufge-wachsene, später im KZ Dachauumgebrachte Jesuit Pater Dr. AlbertMaringu' genannt werden muss, wur-den auch Priester aus der DiözeseTrier vedolgt. Anlass für deren Verfol-gung waren bisweilen recht harmloseregimekritische Außerungen oderandere Ausdrucksformen von Non-konformität. Sie führten gleichwohl in

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SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz Heft Nr, 1B - 1i0012

den nachfolgend erwähnten Fällen,

nachdem die Priester schon früher als

"missliebi§" und "unangePasst" im

Sinne der Nazis aufgefallen waren,

zur Verhängung der "Schutzhaft", der

Deportation ins KonzentrationslagerDachau und zu ihrem Tod dort bzw'

nur ganz kurz nach der Befreiung'

Den beiden Niedermendiger Prie-

stern, dem Pfarrer Peter Bechtel"und

seinem KaPlan Peter Schlicker'u

wurde angelastet, dafür gesorgt zu

haben, dass ein in einer kirchlich

ungültigen Ehe lebender Kriegsinvali-

de vor seinem Tod seine Verhältnisse

mit seiner Kirche in Ordnung bringen

konnte. Auf die Anzeige seiner Ehe-

frau hin kamen beide Priester im

Januar 1941 nach Koblenz in Schutz-

haft und einen Monat sPäter ins Kon-

zentrationslager nach Dachau' Pfar-

rer Bechtel starb im KZ, KaPlan

Schlicker kurz nach der Befreiung an

den Folgen der Haft'

Dem Dechanten Josef Zillikenuu

und dem Pfarrer Johannes Schulz",Pfarrer von Gemeinden am Laacher

See, wurde am 27 . Mai 1940 eine Ein-

kehr im dortigen Ausflugshotel "Wald-

frieden" zum Verhängnis' Während

sie auf die Bedienung warteten, kam

der "Generalfeldmarschall" Göring in

Zivil mit weiteren Gästen an' Die Prie-

ster ließen sich nicht stören und nah-

men von Göring, der sich darüber

sehr ärgerte, keine Notiz. Dieser war

es dann auch, der die "schutzhaft" der

Priester veranlasste. Noch am Abend

wurden sie von der GestaPo verhaf-

tet, ins Gefängnis von Andernachgebracht und zu dem Vorwurf verhört,

OOting nicht gegrüßt zu haben' lhr

LeideÄsweg führte vom Konzentrati-

onslager Buchenwald, über das KZ

Sachsenhausen bis ins KZ Dachau'

Sie waren Görings "Persönliche

Gefangene". Beide starben im Herbst

1942.

Ein anderer Priester aus der Ostei-

fel war schließlich Wilhelm Caroliss'

Eigentlich gehörte er zum Bistum

SpLyer, Er hatte sich dort aber derar-

tig aufrecht gegen die Nationalsoziali-

sien engagiert - bis hin zu einer acht-

monatigen Gefängnisstrafe "wegen

fortgesetzten Vergehens gegen das

Flaggengesetz und Beleidigung" -,

dasi-er sich drängen ließ, sich in den

Ruhestand versetzen zu lassen' Als

Pensionär kam er nach Kell nahe des

Laacher Sees und half seinem Bru-

der, der dort Pfarrer war' Aber auch

hier war ihm kein ruhiger Lebens-

abend vergönnt. Ende 1941 verhafte-

te man ihn wegen angeblichen "Kan-

zelmissbrauchs" und verschleppte ihn

ins KZ Dachau' Dort starb er acht

Monate sPäter.

Ein weiterer Priester, der fÜr sei-

nen Glauben sein Leben ließ, war

schließlich Pfarrer Jakob Ziegler aus

Cochem-Cond". Er war schon wieder-

holt von den Nationalsozialisten schi-

kanieft und auch mit mehreren Straf-

verfahren Überzogen worden, als die

Gestapo im Juli 1941 aufgrund einer

Denunziation eine Hausdurchsu-chung bei ihm durchführte. Dort fand

man zwar nicht, was man erwartet

hatte, aber um nicht unverrichteterDinge zu gehen, entdeckte man - bei

einäm Priester! - konfessionelle

Schriften, die einen "hetzerischen"

lnhalt hatten. Dies genÜgte, um Pfar-

rer Ziegler zu verhaften und nach

Koblenz ins Gefängnis zu bringen'

Aufgrund des dann erlassenen

"schutzhaftbefehls" kam er Ende des

Jahres 1942 ins KonzentrationslagerDachau, wo er 1944 starb'

XlX. Die Verfolgung der Emigranten

Die Nationalsozialisten haben in

der Zeit ihrer Herrschaft Unvorstellba-

res bei der Verfolgung anderer began-

gen. Gleichwohl erscheint die Uber-

ichrift "Die Verfolgung der Emigran-

ten" unverständlich. Denn wer emi-

grierte, also aus dem DeutschenReich floh bzw. auswanderte, konnte

schlechterdings - so meint man aufs

erste - nicht, jedenfalls nicht unmittel-

bar, von den Nationalsozialisten ver-

folgt worden sein. Trotzdem war dies -

we-nn auch oft erst während des Zwei-

teri Weltkrieges - eine Realität, und

nicht wenige Emigranten haben diese

scheinbare Paradoxie am eigenen

Leib erfahren und sogar mit dem

Leben bezahlen müssen.

Die Geschichte des Nationalsozia-

Iismus ist nicht nur eine Geschichte

der Verfolgung, sondern auch eine

Geschichte der Emigration und

Flucht. ln den 12 Jahren der Naziherr-

schaft verließen annähernd 400'000

Deutsche aus politischen oder rassi-

schen GrÜnden ihre Heimat' Aus poli-

tischen Gründen zur Flucht gezwun-

gen waren vor allem Kommunisten,

Sozialdemokraten, Gewerkschafter'lntellektuelle und Schriftsteller sowie

auch einige Konservative und Libera-

le.

Die ersten Politischen Gegner der

Nationalsozialisten flohen schon kurz

nach der sog. Machtergreifung, um

den Verhaftungen im Zuge der

Reichstagsbrand-Verordnung zu ent-

gehen. Natürlicher Fluchtpunkt fÜr

äiese ersten Emigranten aus Koblenz

und Umgebung - wie ÜberhauPt aus

dem Westen des Deutschen Reiches

- war das damalige Saargebiet' Denn

dieses gehörte (noch) nicht zum Deut-

schen Reich. Nach dem von Deutsch-Laae von Karmeliterkirche, Karmetitergefängnis (Stadtgefängnis)' Gestapogebäude und

ii,zi,;;L: ;;; ;i t;;; ; " ; ; ;ii Ä i "i "'i

i i* "s i t, ä i o n' § r u n v o n t B B B m o d i f i z i e r t ) La s e'

p I an : Stadtarch iv Kobl e n z

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Heft Nr. 18 - 1/00 SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-pfalz 13

Iand verlorenen Ersten Weltkrieg galtfür das Saargebiet vielmehr ein Sta-tus quo das "Saarstatuf' und es unter-stand dem Völkerbund - bis zu demschon damals vorgesehenen Terminfür eine Volksabstimmung. Zu den insSaargebiet zunächst Geflohenengehörten - die Bezüge zu Koblenzwerden später noch hergestellt - dieKommunisten Andreas (Andr6) Hoe-vel aus Wiesbadeneo und Hugo Salz-mann sowie dessen Ehefrau Juliannaaus (Bad) Kreuznache,.

Ein weiterer Emigrant der erstenStunde war der in St. Sebastian beiKoblenz geborene und zuletzt in Val-lendar lebende frühere Reichstagsab-geordnete der KPD Nikolaus Thie-len." Anlass für seine Flucht war einam 1. März 1933 gegen alle kommu-nistischen Abgeordneten ergangenerallgemeiner Haftbefehl sowie ein beider Staatsanwaltschaft Koblenzanhängiges Strafverfahren wegeneines Zusammensloßes mit einemGemeindepolizisten im Januar 1933in Faid. Thielen ftoh über die Nieder-lande, Belgien, Luxemburg undLothringen, bis er dann im Saargebietblieb.

Andere konnten oder wolltenzunächst nicht fliehen. Einer vonihnen war der aus (Höhr-)Grenzhau-sen stammende Kommunist HermannGeisenn3 Er war in den ersten Mona-ten nach der sog. Machtergreifungwiederholt längere Zeil in "schutz-haft". Erst im September 1933 getangihm dle Flucht an die Saar.

Das Saargebiet war für alle Emi-granten kein Zufluchtsort auf Dauer.Das lag zum einen an den unsicherenpolitischen Verhältnissen. Für Anfang1935 stand nämlich die Volksabstim-mung über das weitere Schicksal desSaargebiets an. Diese fiel im Januar1935 - nicht zuletzt durch die ganzmassive Propaganda der Nazis - zuGunsten einer Rückkehr zum Deut-schen Reich aus. Die Rückkehr (,,DieSaar kehrt heim") wurde dann am 1.März 1935 vollzogen. Zum anderenwollte die KPD - jedenfalls für einigeihrer Funktionäre -, dass sie sich imSaargebiet nicht sesshaft machten,sondern vielmehr zügig nachDeutschland zurückkehrten und dortillegal arbeiteten. So führte etwa derordnungsgemäße Nachzug der Fami-lie Thielens ins Saargebiet zu einemZusammenstoß mit der KPD-Bezirks-

Ieitung in Saarbrücken. Es kam soweit, dass Thielen gar mit dem partei-ausschluss gedroht wurde, wenn ernicht nach Deutschland zurückkehrte.Tatsächlich leistete er diesem ,,partei-

auftrag" im September 1934 Folge,kehrte ins Deutsche Reich zurück undwurde im September 1934 praktischbei seiner Ankunft in Berlin verhaftet.Der Vorwurf gegen ihn lautete aufBetätigung für die Ziele der - inzwi-schen verbotenen - KPD. Mit Urteildes Volksgerichtshofs vom 2. Juli1 935s' wurde Thielen wegen Vorberei-tung eines hochverräterischen Unter-nehmens zu 15 Jahren Zuchthaussowie 10 Jahren Ehrverlust verufieilt.Die Strafe verbüßte er zunächst imZuchthaus Siegburg und später imZuchthaus Walgheim. Am 18. Novem-ber 1943 überführte man ihn in dasKonzentrationslager Mauthausen inOsterreich. Dort ist Nikolaus Thielenam 6. Januar 1944 unter ungeklärtenUmständen umgekommen.

Auch Andreas Hoevel ist - noch imSpätsommerl933 - aus dem Saarge-biet ins Deutsche Reich zurückge-kehrt. Der Grund hierfür ist nichtsicher feststellbar. Er wurde ebenfalls,wie später noch darzustellen seinwird, bald darauf festgenommen undzu einer Haftstrafe verufteilt, dies warder Beginn einer langen Leidensge-schichte eines aufrechten Mannes.

Die meisten der ins Saargebietgeflüchteten Emigranten wandertenweiter nach Frankreich. So taten esschon zu einem frühen Zeitpunkt dieKreuznacher Hugo und Julianna Salz-mann zusammen mit ihrem kleinenSohn. Auch Hermann Geisen brachteslch mit einem Grenzübertritt nachFrankreich im Jahre 1935 geradenoch rechtzeitlg in Sicherheit.

Andere sind unmittelbar vonDeutschland aus nach Frankreichgeflohen. Eine von diesen war dieschon längere Zeil vor der "Machter-greifung" in Koblenz ansässig gewor-dene, ursprünglich aus Hamburgstammende Kommunistin Dora Lan-dahle'. Sle lebte bis Ende 1935 inKoblenz und emigrierte später nachFrankreich.

Die Lage der zahlreichen deut-schen Emigranten in Frankreich, vondenen viele vor allem in Paris lebten,war schwierig. Nur selten bekamensie eine Arbeitserlaubnis, deshalb

waren die meisten auf die Unterstüt-zung durch verschiedene Hilfsorgani-sationen angewiesen. Dessen unge-achtet gab es unter den'Emigrantenzahlreiche lntellektuellen- und Künst-lerzirkel, auch war die KPD mit einerzahlenmäßig starken Gruppe und miteiner Auslandsleitung vertreten. pariswar eines der Zentren des politischenExils.

Ein ganz beträchtlicher Teil dieserEmigranten verließ 1 936 Frankreich,um am Spanischen Bürgerkrieg teil-zunehmen und auf Seiten der Spani-schen Republik gegen die Putschistenunter Führung Francos zu kämpfen.Einer der ersten der etwa 5.000 deut-schen Freiwilligen, die dort kämpften,war der bereits erwähnte HermannGeisen. ln Spanien wurde er im Okto-ber 1936 Kommandeur der CenturiaThälmann, einer Brigade, die dannbald darauf in die lnternationalen Bri-gaden eingegliedert wurde. Bei denKämpfen wurde er im Oktober 1g37schwer verwundet und büßte dasrechte Auge ein. Nach seiner Gene-sung kehrte er nicht an die spanischeBürgerkriegsfront, sondern wohl imSeptember 1938 nach Paris zurück.

Ein anderer Spanienkämpfer warder Koblenzer Winand Schnitzler'u . Erwar schon während der WeimarerRepublik lange Jahre in Koblenz poti-tisch aktiv gewesen, als er - wie vieleandere Kommunisten auch - im Zugedes Reichstagsbrandes Ende Febru-arlAnfang März 1933 in "Schutzhaft,,genommen worden war. Ohne dassNäheres bekannt ist, kam er frei,konnte emigrieren und nahm am Spa-nischen Bürgerkrieg teil. Mit demEnde des Bürgerkrieges kam er nachFrankreich. Dort gelang es ihm, unbe-schadet den Zweiten Weltkrieg zuüberstehen.

lm Laufe der Zeil spitzte sich fürdie deutschen Emigranten die Lage inFrankreich zu. Mit dem Abschluss desNichtangriffspaktes Deutschland-Russland ("Hitler-Stalin-Pakt") am 22.August 1939 eskalierte die Situation.Unter der Parole "Für den Kommunis-mus ... ist kein Platz mehr in Frank-reich" sah die französische Regierungnicht nur die eigene kommunistischePartei als Gegner an, sondern diedeutschen Kommunisten als "FünfteKolonne" der Nazis. Das führle dazu,dass die f ranzösische RegierungEnde August 1939 die Verhaftung der

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-SACHOR - Belträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz Heft Nr. 18 - 1/00

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führenden Funktionäre der KPD und

die lnternierung aller deutscher Män-

ner verfÜgte.

Einer von ihnen war der mit seiner

Familie in Frankreich verbliebene

Hugo Salzmann. Er wurde am 1' SeP-

temner 1939 von der f ranzösischen

Polizei verhaftet und dann mit ande-

ren nach Südfrankreich verschleppt'

Dort gab es inzwischen eine Reihe

von lnternierungslagern, Salzmann

kam in das "CamP de Conc6ntration"

Le Vernet s/Ariöge.

War der Aufenthalt in einem sol-

chen lnternierungslager schon sehr

bedrückend, so verschärfte sich die

Situation noch einmal durch die deut-

sche Offensive im Westen und die

Kapitulation Frankreichs am 22' Juni

1940. Mit dem Waffenstillstand wur-

den die Deutschen Besatzungsmacht

im nördlichen und westlichen Teil

Frankreichs - das Rest-Frankreich im

Süden stand unter der mit den Deut-

schen kollaborierenden Regierung

des Marschall P6tain in VichY'

ln dem von deutschen TruPPen

besetzten Teil waren die deutschen

Emigranten nicht mehr sicher' So kam

es auch, dass die GestaPo Julianna

Salzmann dort suchte' Sie konnte sich

mit ihrem Sohn zwar noch einige Zeit

bei französischen Freunden ver-

stecken, stellte sich dann aber der

Gestapo, nachdem eine französische

Unterstützerin als Geisel fÜr sie ver-

haftet worden war. Der Kreis der Ver-

folgung schloss sich nach vielen Jah-

ren gleichsam, als Julianna Salzmann

aus-Frankreich zurück nach Deutsch-

land verbracht wurde. lhr Weg endete

zunächst in Koblenz. Hier wurde sie

eingehend verhört, ohne dass man

Belästendes gegen sie fand' Dann

legte man aber eine Agentin der

Gästapo in ihre Zelle und provozierte

sie dadurch zu regimekritischenAußerungen. Diese waren dann wohl

der konkrete Anlass, um sie von

Koblenz aus ins Frauen-Konzentrati-onslager RavensbrÜck zu deportieren'

Dort Jtarb Julianna Salzmann Anfang

Dezember 1944'"'

Noch im selben Jahr wie seine

Frau war Hugo Salzmann den Deut-

schen in die Hände gefallen: Die

Vichy-Regierung hatte ihn - wie viele

Antiäschisten auch - aus dem lnter-

nierungslager der Gestapo ausgelie-

fert. Nüht viel später, nachdem seine

Frau von Koblenz aus ins KZ dePor-

tiert worden war, wurde er auch nach

Koblenz ins Karmelitergefängnis ver-

legt. Hier war er etwa ein Jahr lang in

Hät. Oann überführte man ihn nach

Berlin, um ihm dort vor dem Volksge-

richtshof den Prozess zu machen' Mit

Urteil vom 4. März 1943'8 wurde er,

weil er - wie es in dem Urteil hieß - "in

untergeordneter Funktionärsstellungvon tggO bis 1939 in Paris für die

deutsche Emigrantenorganisationkommunistische Zeitungen und son-

stige Druckwerke vertrieben und an

dei Herstellung einer Zeitung mehr-

mals mitgewirkt hat", wegen eines

"fortgesetzten Verbrechens der Vor-

bereitung zum Hochverrat" zu acht

Jahren Zuchthaus verurteilt' Die Stra-

fe verbüßte Hugo Salzmann im Zucht-

haus Butzbach in Hessen' Dort wurde

er im Mai 1945 von den Amerikanern

befreit.

Von Dora Landahl ist bisher nur

das bekannt, was das Reichssicher-

heitshauptamt unter dem Datum des

6. Oktober 1941 als wichtiges staats-

politisches Ereignis meldete:'e "Der'stapostelle (Staatspolizeistelle, der

Veri.; XoOtenz wurde aus Frankreich

die Emigrantin Buchhalterin Dora Lan-

dahl (geb. am 21 .2.1902 zu Hamburg'

wohnhaft gewesen Koblenz), die

früher Funktionärin der KPD war'

wegen Verdachts hochverräterischerBetätigung Überstellt."

Ein ganz besonderes Schicksal

hat der (Höhr-)Grenzhausener Her-

mann Geisen erlitten. Nach seiner

Rückkehr aus SPanien war er nicht

lange in Frankreich geblieben, son-

dern began sich im Jahre 1939 nach

Brüssel. Beim Ünerfalt Hitler-Deutsch-

lands auf Belgien am 10' Mai 1940

wurde er festgenommen und in das

südfranzösische lnternierungslagerSt. Cyprien verschleppt' lm Septem-

oer ig+O gelang ihm von dort die

Flucht und er kehrte daraufhin nach

Brüssel zurück. lm Rahmen seiner

Tätigkeit für die KPD verbreitete er

Zettäl und Flugblätter, mit denen die

deutschen Besatzungssoldaten zur

Aufgabe des Kampfes veranlasst wer-

den sollten. Nach seiner Festnahme

am 18. August 1941 und seiner Uber-

führung nach Deutschland machte

man ihm zusammen mit Gesinnungs-

freunden den Prozess vor dem Volks-

gerichtshof. Von diesem wurde er mit

Ürteil vom 12. Januar 1943'oo wegen

"Zersetzung der Wehrkraft, Hoch- und

Das Stadtgefängnis von Koblenz in der

kärmetiteistraße (Aufnahme offenbar

nach dem Krieg).

Landesverrats" verurteilt, weil er sich

,,in dem von der deutschen Wehr-

macht besetzten belgischen Gebiet

nach Beginn des Russlandfeldzugesmit der Herstellung und Verbreitung

wehrkraftzersetzenden kommunisti-

schen Schriftmaterials befasst und die

Verübung von Sabotageakten geplant

(und) damit zugleich den Feind des

äeiches begünstigt (hat)". Das Urteil

lauiete auf Todesstrafe. Hermann Gei-

sen starb am 21. APril 1943 im

Gefängnis Berlin-Plötzensee unter

dem Fallbeil.

XX. Weitere Verfolgung der Kom'munisten

Während die rechtzeitig ins Aus-

land emigrierten Kommunisten wenig-

stens zunächst von Verfolgung ver-

schont blieben, traf die im Deutschen

Reich verbliebenen die Repression

von Anfang an und mit äußerster

Härte. Hierüber wurde bereits imersten Teil dieses Aufsatzes berichtet

und es wurden auch Hochverratsver-

fahren gegen Kommunisten ange-

sprochen'o' Was bisher fehlte, waren

l-iochverratsverfahren gegen Kommu-

nisten aus Koblenz und dessen unmit-

telbarer Umgebung aus diesen frühen

Jahren. Weitere Recherchen hierzu

haben nun neue Erkenntnisse

erbracht. Sie sollen hier - damit die-

ses Wissen nicht verloren geht - noch

kurz nachgetragen werden'

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'. - I C0 SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz 15

- =: -':': :-: c' e'ste Hochver-'='.: ,:-1":- Seger KOblenzer Kom-- -- : :- ,,=' das Verfahren gegenr=- =--^. :'a' Karl B. aus (Koblenz-)

-1, la" ,,"urde B. mit Urteil des. : - : l:- :-ishof s vom 1 3./1 4. August' : i: ' ,', egen Vorbereitung eines-::- . 3r'ä:e. schen Unternehmens zu

=' =' Z-cithausstrafe von einem Jahr-') z,',et Monaten verurteilt. Das3 ls-: cie Massenverfahren gegen,|,:: 2.,Zer Kommunisten war das ver-',"=^ Segen 21 von ihnen. Sie wur-l:^ - : Unei des Oberlandesgerichts- a- - r,orn 14. November 1 936'o',',:ls' der Verteilung von Flugschrif-:' -.0 Zeitungen sowie sonstiger3::a: girng fur die inzwischen für ille-:? 2r< ärte KPD bestraft. Das Urteil2-ie:e auf Vorbereitung zum Hoch-. :'rat und verhängte Zuchthausstra-'.-',,3n brs zu sechs Jahren. Währendr :ses Strafverfahrens wurde auch::' KPD-Bezirksleiter Hans Breuer= ":e lv1ärz 1 936 in (Koblenz-)Arzheim'.sicenommen. lhn hatte die Zenlrale::" KPD in Amsterdam im Jahre 1935z-- Leiter des damaligen zum Bezirk'.' ::e rheln gehörenden Unterbezirks1:c enz ernannt und nach Koblenz::3.dert, um die Organisation undi':eit der KPD zu verbessern'oo.3'eLer wurde vom Reichsanwalt:e m Volksgerichtshof angeklagt'ou,ss n weiteres Schicksal ist nicht:e(annt. Das wohl letzte Hochverrats-. e'f ahren wegen kommunistischer3eiatigung in Koblenz und Umgebung.:' dem Krieg war das Verfahrenlegen einen bei der Deutschen:':e tsf ront (DAF) beschäftigten-a'lsmeister und ein Ehepaar ausl:erfell. Es endete durch Urteil des.: <sgerichtshof vom 10. Juni 1938'*-. =r'eiheitsstrafen von acht Jahren---^:rlaus bzw. zwei Jahren Gefäng-- : ,',egen "Vorbereitung bzw. Beihilfe

= -:s rochverräterischen Unterneh-

-=-s rnter erschwerenden Umstän-r=- t,l t diesen Hochverratsverfah-'.- .. etztlich nicht mehr und nicht- -- ,',eniger als die Betätigung für

, :'=<t sch beseitigt, hatten sich- re Sozialdemokraten und

=-- s:rafter schon gar nicht um: -''::hterhalten oder Wiederher---l si cher Strukturen bemüht.

Diese nur kurzen Hinweisemachen deutlich, dass mlt Beginn desZweiten Weltkrieges der Widerstandund die Verfolgung von Kommunisteneine andere Qualität haben musstenals in den Jahren zuvor. Denn nachden schweren Verfolgungen in denJahren zuvor gab es nur noch den"Widerstand auf kleiner Flamme"(Peukert). Es bildeten sich kleineGruppen, deren Mitglieder sich ausder Nachbarschaft, aus f rüherergemeinsamer Arbeit für die KPD odervon früheren Verfolgungen her kann-ten und sich ihrer gleichen Gesinnungund Verschwiegenheit gewiss waren.Man traf sich in einem solchen Kreisgelegentlich zur Diskussion, Bewah-rung der politischen Gesinnung,Gegeninformation, zum Abhören aus-ländischer Sender oder einfach nur,um einen lockeren Kontakt unterein-ander zu bewahren. Erstaunlich war,dass sich nach den Vedolgungen derersten Jahre überhaupt noch Kommu-nisten zu einem solchen "kleinen"Widerstand zusammenfanden - zumalsie nach dem Hitler-Stalin-Pakt amVorabend des Zweiten Weltkrieges inihrer politischen Haltung hätten sehrverunsichert sein müssen.

Ein solcher Kreis von Vertrautenund Gleichgesinnten hatte sich1939/40 auch in Koblenz-Metternichgebildet. Kopf und Herz dieser Grup-pe waren die Eheleute Andr6 undAnneliese Hoevel'o'. Sie waren keinegebürtigen Koblenzer, sondernstammten aus Trier bzw. Köln undhatten einige Jahre in Wiesbadengelebt. Als sie im Sommerl939 nachKoblenz kamen, hatten sie beideschon ein langes und schweres Ver-folgungsschicksal hinter sich.

Zunächsl war Andr6 Hoevel EndeFebruar/Anfang März 1933 ins Saar-gebiet geflohen. Während seines Auf-enthalts dort nahmen die Nazis imSeptember 1933 Anneliese Hoevelwegen Betätigung für die KPD in"Schutzhaft" und verschleppten sie insKonzentrationslager Moringen beiGöttingen. Als Andr6 Hoevel im Sep-tember 1933 nach Deutschlandzurückkehrte, wurde er schon einigeTage später in "Schutzhaft" genom-men und dann wegen Vorbereitungzum Hochverrat vom Oberlandesge-richt Kassel zu 1 112 Jahren Gefäng-nis verurteilt. Während er dieseHaftstrafe in Hameln an der Weserverbüßte, wurde Anneliese Hoevel

aus dem KZ Moringen entlassen. Siekam aber schon im September 1934erneut in Haft und wurde Ende 1934wegen illegaler Tätigkeit für die verbo-tene KPD vom OberlandesgerichtKassel zu drei Jahren Zuchthaus ver-urteilt'ou. Mitte 1935 wurde Andre Hoe-vel nach der Verbüßung der Haftstra-fe entlassen, aber bereits im Augustdesselben Jahres erneut in "Schutz-haft" genommen, weil er - so dieBegründung dafür - Kontakt zu frühe-ren Mitgliedern der KPD gehaltenhatte. Diesmal strengte man keinStrafverfahren gegen ihn an, sondernverschleppte ihn gleich ohne ein sol-ches ins Konzentrationslager.Zunächst kam er ins KZ Esterwegenim Emsland, dann ins KZ Sachsen-hausen bei Berlin und schließlich insKZ Buchenwald bei Weimar. Unter-dessen hatte Anneliese Hoevel diedreijährige Zuchthausstrafe vollstän-dig verbüßt, kam aber nicht frei, son-dern wurde im KonzentrationslagerMoringen erneut in "Schutzhaft"genommen. Von dort aus brachte mansie in das neu errichtete KZ Lichten-burg bei Prettin. Zu Weihnachten1938 kam Andr6 Hoevel frei, Annelie-se Hoevel wurde zu "Führers Geburts-tag" am 20. April 1939 entlassen.Nach Jahren der Haft sahen sich dieEheleute in Berlin wieder. Von dortzogen sie schon wenige Wochen spä-ter nach Koblenz. Grund hierfür warder plötzliche Tod eines Schwagersvon Andr6 Hoevel, der in Koblenz-Metternich einen Obst- und Gemü-sehandel betrieben hatte. And16 küm-merte sich um die Familie des Ver-storbenen und auch um das Geschäft,das bald floriefte.

ln Koblenz knüpften die beidenneue Kontakte an und aktivierten ihreBeziehungen zu alten Freunden inWiesbaden und zu Kameradlnnen,die sie jeweils in den Konzentrations-lagern kennengelernt hatten. Aufdiese Weise wurde die Wohnung derHoevels in Koblenz ein Treff Gleich-gesinnter mit Kontakten in das Rhein-Main-Gebiet und in den Raum Düs-seldorf, Duisburg und auch darüberhinaus.

Zu dieser Gruppe gehörte auchder in St. Sebastian bei Koblenzgeborene und seit vielen Jahren inKoblenz-Metternich lebende JakobNewinger. Er hatte ebenfalls langjähri-ge Verfolgungen hinter sich. Als ehe-maliges kommunistisches Mitglied

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des Gemeinderates von Metternichund Kandidat der KPD für die Kom-munalwahlen im März 1933 nahmman ihn im Februar 1933 in "Schutz-haft" und ließ ihn erst ein Jahr späterwieder frei. Bereits im Oktober 1935kam er in Koblenz erneut in Haft, dies-mal in Untersuchungshaft, und wurdein den bereits erwähnten KoblenzerHochverratsprozess mit Urteil desOberlandesgerichts Hamm vom 14.November 193610'g wegen "Vorberei-tung eines hochverräterischen Unter-nehmens" zu zwei Jahren und dreiMonaten Zuchthaus verufteilt - wobeiihm ein Jahr Untersuchungshaft ange-rechnet wurde. lm Februar 1938 kamer dann aus der Strafhaft frei.

Ende November/Anfang Dezem-ber 1941 wurde die Gruppe entdecktund es wurden u.a. Andr6 und Anne-liese Hoevel sowie Jakob Newingerverhaftet. Der Vorwuff lautete auf Vor-bereitung eines hochverräterischenUnternehmens in Tateinheit mit Rund-funkverbrechen. Schon ein halbesJahr später wurden mit Urteil desOberlandesgerichts Kassel vom 26.Juni 1942110 And16 und AnnelieseHoevel zum Tode und Jakob Newin-ger zu zehn Jahren Zuchthaus verur-teilt. Nachdem auch ein Gnadenge-such abgelehnt worden war, wurdenAndr6 und Anneliese Hoevel am Mor-gen des 28. August 1942 innerhalbvon fünf Minuten im Gefängnis Frank-furVMain-Preungesheim mit dem Fall-beil hingerichtet. Jakob Newinger ver-büßte seine Strafe, offenbar bis erbefreit wurde.

XXl. Die Verfolgung der Jugend

Unterdessen verfolgte der Natio-nalsozialismus schon längst nichtmehr nur seine traditionellen Gegner.Als totale Weltanschauung und alstotaler Staat ließ man in letzter Kon-sequenz keine autonomen lnstanzenund Organisationen neben sich zu.Deshalb duldete man im Bereich derJugend auch keine autonomen Erzie-hungsträger und keine autonomenGruppen und selbst kein nonkonfor-mes Verhalten einzelner. Diesen Tota-litätsanspruch setzten die Nazisimmer mehr im Bereich der Jugenddurch. Schon 1933 war die Hitler-Jugend (HJ) mit einem Alleinerzie-hungsanspruch für die deutschenJugendlichen angetreten. Der baldernannte Reichsjugendführer Baldur

von Schirach brachte es prägnat aufden Punkt: "Wie die NSDAP nunmehrdie einzige Partei ist, so muss die HJ

die einzige Jugendorganisationsein."111 Nach dem Verbot bzw. derSelbstauf lösung der politischenJugendorganisationen brachen schonbald die nationalen Jugendbündezusammen, die meisten anderen frei-en Jugendbünde lösten sich ebenfallsselbst auf und die evangelischenJugendverbände ließen sich klaglosin die HJ eingliedern.

Es blieben - zumal in Koblenz undUmgebung - im wesentlichen nur diekatholischen Jugendverbände übrig.Ungeachtet des Reichskonkordatsvon 1933 kam mit dem Jugenddienst-pflichtgesetz von 1936 aber selbst fürsie das Aus. Dieses Gesetz erklärtedie HJ zur Reichsjugend und schriebihr das alleinige Jugenderziehungs-recht außerhalb von Schule undElternhaus zu. Von diesem Ansatz herhatten auch die katholischen Jugend-verbände keine Existenzberechtigungmehr. Deshalb war es - vom national-sozialistischen Alleinerziehungsan-spruch her - nur konsequent, dass dieGestapo ab 1937 die letzten Schlägegegen diese Jugendverbände führte.lllegal wurden vor allem die bündi-schen Jugendverbände im Bereichder katholischen Kirche, die nochlange recht aktiv waren. Verbotenwaren bündische Arbeit und bündi-sche Alltagskultur, wie die autonomeFahrt, das Zelten in Kothen, dasGruppenerlebnis, die Erfahrung mitGleichaltrigen.

ln Koblenz gab es eine Gruppedes "Grauen Ordens", einer bündi-schen Jungenschaft im Bereich derkatholischen Kirche. Zwischen ihr unddem späteren Mitglied der "WeißenRose", Willi Graf, bestanden übrigensKontakte zu der Zeit, als dieser nochin Bonn Medizin studierte. Mitgliederder Koblenzer Gruppe wurden wegenAktivitäten im "Grauen Orden" undwegen heimlicher Treffen mit demkatholischen Jugendbund "Neu-deutschland" in "Schutzhaft" genom-men und zu Geldstrafen verurteilt."'

Die bündischen Aktivitäten brach-ten einen Andernacher Abiturientennamens Edgar L. gar vor den Volks-gerichtshof. Er kam aus der konfes-sionellen bündischen Jugend, warf rüher Mitglied der katholischenQuickborn-Jungenschaft und des

Jugendbundes "Neudeutschland".Dann schloß er sich in Bonn, wo eralsbald zur Schule ging, einer bündi-schen Gruppe an. Diese veranstalteteLager und Fahrten nach bündischerArt, insbesondere wiederholt Lager im

Westerwald, die - wie es später imUrteil dazu hieß - nach rein bündi-schem Muster durchgeführt wurdenund bei denen nur bündische Liedergesungen und nach bündischer Artregelrechte Kothenlager abgehaltenwurden. ln den SommerJerien 1937 -damals war Edgar L. 17 Jahre alt -

fuhr er mit einem anderen Gruppen-mitglied nach Paris zur Weltausstel-lung. Dort lernten sie zwei Mädchen,Jüdinnen, kennen, die zum Kreis umden Schriftsteller Karl Otto Paetelgehörten. Paetel war langjähriges Mit-glied des nicht konfessionellen Bun-des "Deutsche Freischar" gewesen.Wegen seiner sozialrevolutionärenAnschauungen (er galt als "National-bolschewist"), war er aus dem Bundausgeschlossen worden und nach der"Machtübernahme" der Nazis nachParis emigriert. Den Kontakt zu Pae-telvertieften Edgar L. und andere Mit-glieder der Gruppe bei der zweitenReise nach Paris in den Sommerferi-en 1938. Sie fühften mit Paetel politi-sche Diskussionen und - so das Urteil- "gegen Abend wurden ein bündi-scher Betrieb aufgezogen und amLagerfeuer bündische Lieder gesun-gen". Diese und weitere Fahrtensowie Lager in der näheren Umge-bung von Bonn bzw. Koblenz ließendie Gruppe weiter zusammenwach-sen. lm März 1939 - inzwischen hatteL. sein Abitur bestanden - fuhr manwieder nach Paris und traf dort Pae-tel. Die politischen Diskussionen undUnterweisungen wurden ebensointensiver wie die Beziehungen zuden beiden Jüdinnen. L. jedenfalls sollmit einer von ihnen mehrmals"geschlechtlich verkehrt" haben. Auchin der Folgezeit unternahm man nocheinige Fahrten und Lager in derUmgebung, hielt untereinander undzu Gleichgesinnten brieflichen undsonstigen Kontakt. Durch diese Briefewurde die Gruppe dann entdeckt.

Zunächst wurde Edgar L. wegendes Geschlechtsverkehrs mit demMädchen in Paris vom LandgerichtKoblenz mit Urteil vom 5. September1940113 wegen Rassenschande zueiner Gefängnisstrafe von neunMonaten verurteilt, die er auch ver-büßte. ln dem Verfahren vor dem

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Volksgerichtshof lautete der Vorwurfdahin, von Sommer 1938 bis zumSommer 1939 während einer Betäti-gung für die verbotene BündischeJugend den Emigranten Paetel unddessen Mitarbeiterkreis in Paris ken-nengelernt, durch Briefwechsel sowiedurch Anknüpfung von Verbindungenmit weiteren Mitarbeitern Paetels imReich fortlaufend Beziehungen unter-halten zu haben, die dem Zweck dien-ten, die politischen Pläne Paetelsdurch Zellenbildung im Reich zu för-dern. Am 11. September 1941 wurdeEdgar L. - wie auch andere Gruppen-mitglieder - vom Volksgerichtshofwegen Vorbereitung zum Hochverratzu drei Jahren Zuchthaus verurteilt."*Das Gericht stellte dabei auch eineZuwiderhandlung gegen das Verbotder Bündischen Jugend fest, bestraftedeswegen aber nicht gesondert, weildie schwerere Tat der Vorbereitungzum Hochverrat diese Straftat über-deckte.

XXll. Die Deportation der Juden

Die Verfolgung der Juden endetem Völkermord. Seit der Reichspo-

gromnacht hatte sich ihre Lage weiterzugespitzt. ln den folgenden Wochenund Monaten ging ein Hagel diskrimi-nierender Verordnungen auf sie nie-der, Ein Symbol war der gelbe Stern,er signalisierte den Beginn der plan-'näßigen Deporlation. Was sich dabeim Vorfeld des Völkermordes imsozialen Alltag selbst in einer "privile-g erten" "Mischehe" abspielte, magJ e folgende Episode verdeutlichen:115

In Koblenz-Ehrenbreitstein lebte:arals ein inzwischen staatenlos3:,',,ordener ehemaliger polnischerS:aatsangehöriger jüdischen Glau-::'s, der eine "arische" Frau geheira-

= ratte. Aus dieser Ehe war ein- -^!e namens Kurt hervorgegangen,:='-

'.,,ie es damals hieß - "blutsmäßig

,: scher Mischling 1. Grades" war.I==sen "arische" Großmutter bean--'=::: =nde 1941 die Befreiung des-:*a s siebenjährigen Enkelkindes:- l:"'-t Zwang, den "Judenslern" zu

'-1:a- Dies war nach einer Ausnah-- = , :'sa. rift unter ganz engen Vor-: -:s:.2-rgen möglich. Die Einschal-'-': *..'erer Stellen förderte zu-;:: :ass Kurt als "Volljude" anzuse--:- tr: ,',eil er der jüdischen Religi-: -:13-3 rde angehöre, was durch:=- 3:s-3h der judischen Gottesdien-

ste bestätigt werde. Deshalb stimmtedie Kreisleitung der NSDAP demAntrag nicht zu. Das Polizeipräsidiumhatte dann Kurts Großmutter mitzutei-len, dass ihre Eingabe ablehnendbeschieden worden sei. lm März 1942hielt das zuständige Polizeirevier eineNachschau beider Familie. Man stell-te fest, dass Kurts Vater der "Anord-nung bisher nicht Folge geleistet" undes "wiederholt geduldet habe, dasssich sein siebenjähriger Sohn ohneJudenstern in der Offentlichkeit(gezeigt hatte)". Deswegen wurdeKurts Vater 14 Tage in "staatspolizeili-che Haft" genommen und es wurdeihm, dem Vater, zugleich eröffnet, ersei - ungeachtet seiner "Mischehe" -

ebenfalls zum Tragen des Juden-sterns verpflichtet. Eine weitere Nach-schau des Polizeireviers im Juli 1942ergab dann, dass an Kurts Kleidernund auch an den seines Vaters der"Judenstern" befestigt war.

Viele Juden hatten die Zeichen derZeit erkannt. Ein Großteil bemühtesich, der drohenden Verfolgung durchdie Flucht ins Ausland zu entkommen.Auswanderung war die einzige Ret-tung. Hierfür waren aber große Hür-den aufgebaut. Die - bürokratischen -

Schwierigkeiten begannen schon imlnland, wenn es galt, für ein Visum einpolizeiliches Führungszeugnis zt)erhalten116. Nicht wenige Juden warennämlich, als sie versucht hatten, ihrGeld ins Ausland zu transferieren(was aufgrund der sehr restriktivenDevisenbestimmungen auch nachZahlung der "Reichsfluchtsteuer" nichtmöglich war), von den Strafgerichten

wegen versuchten Devisenvergehenszu Gefängnis- und Geldstrafen verur-teilt worden. Es lag auf'der Hand,dass Eintragungen hierüber inFührungszeugnissen bei den potenti-ellen Zufluchtländern einen sehrungünstigen Eindruck machten. Des-halb versuchte man, straff reieFührungszeugnisse zu erhalten. Dasgelang auch, wenn den Behörden die"möglichst schnelle Auswanderungdringend erwünscht" war. ln diesenFällen wurde ein strafvermerkfreiesFührungszeugnis erteilt, das lediglichf ür Auswanderungszwecke erteiltwurde und nur gültig war für fünfMonate vom Tage der Ausstellung angerechnet.

Viele, viel zu viele waren so in dieMühlen der Bürokratie geraten undhatten keine Chance mehr, der Depor-tation zu entrinnen. Andere konntenoder wollten Deutschland nicht verlas-sen. lhr Bleiben war der fast sichereTod.

lm November 1941 begannen dieDeportationen der Juden aus demReichsgebiet ("Altreich" wie es beiden Nazis hieß) in die Ghettos derbesetzten Ostgebiete. Nachdem Ende1941 die Massenvernichtung vonJuden durch fahrbare Gaskammernbegonnen und am 20. Januar 1942die sog. Wannsee-Konferenz dieDeportation und Ausrottung dereuropäischen Juden verwaltungs-mäßig geplant hatte, setzten ab März1942 auch die Deportationen der inKoblenz und Umgebung lebenden

Der Güterbahnhof ln Koblenz-Lützel (Aufnahme 1992): art des Abtransports der Judenin die Vernichtung

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18 SACHOR - Beiträge zur JÜdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz Heft Nr' 18 -'ll00

Juden ein117. Der erste Transport, der

in Güterwaggons vom Güterbahnhofin Koblenz-Lützel aus erfolgte, war am

22. März 1942. Mit ihm wurden 337

Juden aus dem Stadt- und LandkreisKoblenz in das Konzentrationslagerlzbica bei Lublin deportiert. Es gab

dann noch fünf weitere DeportationenKoblenzer Juden, deren Zielorte die

Konzentrationslager Theresienstadtund Auschwitz waren. Alle Verfolgtenverloren schon durch die bloße "Aus-

wanderung" gemäß der 11. Verord-nung zum Reichsbürgergesetz vom

25. November 1941 ihre deutscheStaatsangehörigkeit. Verantwortlichfür die Deportationen war die Gehei-me Staatspolizei - StaatspolizeistelleKoblenz. ln den Konzentrationslagernkamen mindestens 576 jüdische Mit-

bürger aus dem Stadt- und LandkreisKoblenz um, nur 24 Überlebten.Bereits mit der 13. - und letzten - Ver-

ordnung zum ReichsbÜrgergesetzvom 1. Juli 1943 war u.a. bestimmtworden, dass nach dem Tod einesJuden sein Vermögen dem Reich ver-

fiel.

Einer dieser Mitbürger war derKoblenzer Rechtsanwalt Dr. lsidorTreidel"u. An seinem Schicksal wirdschlaglichtartig deutlich, wie der Völ-

kermord an den Juden der grausame

Höhepunkt ihres Sonderrechts im NS-

Staat war. Dr. Treidel war schon 1933

in seiner beruflichen Existenz bedroht,als Rechtsanwälten "nicht-arischerAbstammung" durch das Gesetz über

die Zulassung zur Rechtsanwaltschaftvom 7. April 1933 die Zulassung ent-

zogen wurde. Damals war es sein"Glück", dass er schon Ende 1913 im

Landgerichtsbezirk Koblenz als

Rechtsanwalt zugelassen war und

damit unter die Ausnahme fÜr "Alt-

Rechtsanwälte" und "FrontkämPfer"fiel. Dadurch konnte er wenigstensnoch bis 1938 seinen Beruf alsRechtsanwalt ausÜben. Aufgrund der

Fünften :Verordnung zum Reichsbür-gergesetz wurde auch seine Zulas-sung zum Rechtsanwalt mit Ablaufdes 30. November 1938 zurückge-nommen. Der nationalsozialistischeStaat duldete ihn nur noch als"Rechtskonsulent" für jüdische Man-

danten. Seine letzte Amtshandlung,

überhaupt die letzte Amtshandlungeines jüdischen Rechtsanwalts/Rechtskonsulenten in Koblenz, warein Schreiben vom 13. Juni 1943 an

den Präsidenten des LandgerichtsKoblenz. In ihm zeigte er an, dass er

am 16. Juni 1943 "von hier abwande-re". Unter dem Datum des 16. Juni1 943 verfügte der Landgerichtspräsi-dent: "1 . zu den Akten, 2. Akten weg-

legen". Wenig später wurde Dr. lsidor

Treidel mit seiner Ehefrau Erna nach

Theresienstadt deportiert' Beide

kamen dort im Osten ums Leben.

Wie unentrinnbar ein solchesSchicksal selbst {ür jüdische Emigran-

ten war, denen die Nazis habhaft wur-

den, zeigt der Lebensweg des

Rechtsanwalts Dr. Walter Brasch ll

aus Koblenz und seiner Familie"'.Nachdem ihm im Jahre 1933 die

Zulassung zur Rechtsanwaltschaftentzogen worden und er zunächst in

Koblenz noch als "Konsulent" tätiggewesen war, floh er Mitte der 30erJahre mit seiner Ehefrau und den klei-

nen Kindern nach Amsterdam.Zunächst waren sie dort sicher, doch

änderte sich das schlagartig mit dem"Westfeldzug" der deutschen Wehr-macht und der Besetzung der Nieder-

lande. Alsbald wurde die ganze Fami-

lie - an das Schicksal der Anne Frank

sei hier zum Verständnis der Situation

nur erinnert - in das holländischelnternierungslager Westerbork ver-schleppt und von dort aus in das Kon-

zentrationslager Auschwitz deportiert.Dorl kamen alle ums Leben.

XXlll. Die weiteren Deportationender Sinti

Die Sinti und Roma hatten ein

ähnliches Schicksal wie die Juden.Auch ihre Diskriminierungen und Ver-

folgung endeten in der massenmäßi-gen physischen Vernichtung. Grund-

lage dafür war der "Auschwitz-Erlass"

Himmlers vom 't6. Dezember 1942.Danach waren "Zigeunermischlinge,Rom-Zigeuner und nicht deutschblüti-ge Angehörige zigeunerischer Sippenbalkanischer Herkunft" "nach be-

stimmten Richtlinien auszuwählenund in einer Aktion von wenigenWochen Dauer in ein Konzentrations-

lager einzuweisen". "Die Einweisungerfolgt(e...) familienweise in das Kon-

zentrationslager (Zigeunerlager) Au-

schwitz".,,Nach dem Tode ernes Juden verfällt sern

Verordnung zum Retchsbürgergesetz vom

372 Reichsgesetzblatt, Jahrgang 1943, Teil I

Dreizchute Verordnung zum Reichsbürgergesetz'

Vom 1. JuIi 1943.

.\ul[irund des §3 desReichsbürgetgesetzcsrorn15. September 1035 iReich.geseizbl. I S 1146)wird folgendm verordnet:

§1Irl Sirafbare Handlungen ron Juden werden

durih die Polizei geahndet.

tzt Dic Polenstra{1s' [r15r,'rordnungvonr 1 D'-zembcr I94l lReichsgeserzbl. I S.7ä9) gilt nichImchr für Juden.

§2(r) Nar:h dorn Tode eires Juder ver{rillt sein

Yermögen dem Reich.

zl Das Reich kann .iei6nfi den nicbrjüdi'' L''n-trbbcr, hriEten und I'ntcrhaIr'\'re'hrigien. die

ihren g.uöh-nlirhcn Aulcorhclt im Irland haben.einen -\usgleich get ährttt.

(s) Der AuseLeich hann durch einen,-Xapital-Lelrag gerviilrrt N0rLFn I'.r Jrrf dre [["],' dc'1's1;lgi"11orr.s d"s in Jip Verfügungsg"rvallde-s Deutschen Reit:hs iibergegangelen Vermö-gens nicht überstcigen.

Berlin, den 1. Juli 1943.

{a) Der Auseleich kann durch Überlassuugvoi Sacben und"Rechten aus dem übernommenenV..-oE.n gewährt werden, Für die hierfür er-

tordärti"nei ne"btshandlungen werden G erichts-

gebühren nicht erhoben.

§3

Der Reichsminister des Innern erläßt im Eil-o"-"nä"" mit den beteiligtea Obersten Reichs-

Uuno.ä"" die zur Durchfüürug ud'Ergänzuugdieser Verordnunq erforderlichen Rechts- undV".*a.liunesrorscfiriften. Hierbei bestimmt er'i"*i"*"iiäi"." v*"rdnuug für Juden ausländi-

scher StaatsangehöriSkeit 6ilt

§4Diese Verorduuug triti arn siebenten Tage

o""l-iL"t Verktindile in Kraft' lm Protekto-;;iilh;;, und Mährä gili' sie {ür den Bereich

ä""-a."t..t"" Verwdtuig urd der deutschen

ä".iäÄLt*"it, § 2 findei auch auf protekto-rarsangehörige Juden Anrvendung

Der Reichsminister tles InnernFrick

Der Leiter der Partei-KanzleilI. Bormann

Der Reichsminister der tr'inanzen

Graf Schwerin von Krosigk

Der Reichsminister der Justiz

Dr. Thierack

Vermögen dem Rerch": Die 13. - und letzte

1 Juli 1943

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Heft Nr. 18 - 1/00 SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz 19

Die erste Deportation aus Koblenzwurde mit Erlass des Reichssicher-heitshauptamtes vom 29. Januar1943 für den 10. März 1943 angeord-net."o Betroffen hiervon waren etwa1 50 Personen, "Zigeunermlschlinge"wie sie die Nationalsozialisten nann-ten, die um 4.51 Uhr mit drei Waggonsvom Koblenzer Hauptbahnhof nachAuschwitz verschleppt wurden.

Inzwischen wurde auf weiterenBefehl Himmlers in Auschwitz-Bir-kenau im Abschnitt B ll e ein beson-derer Lagerteil für Sinti und Romaerrichtet. Am 26. Februar 1943 trafendort die ersten Sinti und Roma ein.Mitte bis Ende März 1943 kamenauch die etwa 150 Sinti aus Koblenzund Umgebung in Auschwilz an. Zudieser Zeit waren im "Zigeunerlager"in Auschwitz-Birkenau bereits rund11000 Sinti und Roma interniert.

Was dort mit ihnen geschah, ist imeinzelnen nicht bekannt. Wir wissenaber, dass gerade Sinti und RomaOpfer medizinischer Experimentewurden. Erwähnt sei beispielhaft die"Zwillingsforschung" des SS-Lager-arztes von Auschwitz, Dr. Josef Men-gele. Auch kam es dort immer wiederzu Zwangssterilisationen. Bei "Selek-tionen" sonderte man die "Arbeitsfähi-gen" aus und setzte sie im Rahmendes Programms zur "Vernichtungdurch Arbeit" in SS-Betrieben und inprivaten Rüstungsbetrieben alsArbeitssklaven ein. Dabei kam esauch zu Verlegungen. So wurde etwaein aus Koblenz deportierter Sintovom Konzentrationslager Auschwitzins Konzentrationslager Natzweilerbei Straßburg "verlegt". Nicht uner-wähnt bleiben soll, dass eine Koblen-zer Familie Ende 1943 aus Auschwitzgar entlassen wurde und sie sichdann wieder in Koblenz niederließ.

ln der Folgezeit hat es mindestensnoch eine Deportation von Sinti ausKoblenz gegeben. Diese fand am 25.April 1944 statt und hatte wiederumdas "Zigeunerlager" im Konzentrati-onsfager Auschwitz-Birkenau zumZiel. Kaum waren sie dort, versuchtedie Lagerleitung Mitte Mai 1944, dieSinti und Roma in die Gaskammernzu bringen. Das scheiterte aber amWiderstand der Männer. lm Juli 1944selektierte die Lagerleitung dann vonden noch lebenden 6000 Sinti undRoma noch einmal die "Arbeitsfähi-gen" und deportierte sie in andere

Konzentrationslager. Schließlich kames in der Nacht vom 2. aul den 3.August 1944 zur "Liquidation desZigeunerlagers": Die zulelzl im Lagerbefindlichen 2897 Sinti und Roma -

vor allem alte Menschen, Frauen undKinder - wurden in den Gaskammernermordet.

XXIV. Die Verfolgung von Zwangs-arbeitern

"Der nationalsozialistische'Aus-ländereinsatz' zwischen 1939 und1945 stellt den größten Fall der mas-senhaften, zwangsweisen Verwen-dung von ausländischen Arbeitskräf-ten in der Geschichte seit dem Endeder Sklaverei im 19. Jahrhundeft da/'(Ulrich Herbert). lm August 1944waren auf dem Gebiet des "Großdeut-schen Reiches" 7,8 Millionen auslän-dische "Zivilarbeiter" und Kriegsgefan-gene als im Arbeitseinsatz beschäftigtgemeldet. Hinzu kamen etwa 500.000überwiegend ausländisch e KZ-Häll-linge. Damit waren auf der Höhe desZweiten Weltkrieges knapp 30 "Ä derin der gesamten Wirtschaft des Rei-ches beschäftigten Arbeiter und Ange-stellten Ausländer. Die allermeistenvon ihnen wurden zwangsweise zumArbeitseinsatz hierher gebracht.

An dem Arbeitseinsatz kann mandie Entwicklung des Zweiten Weltkrie-ges ablesen. Die ersten Fremdarbei-ter waren polnische Kriegsgefangene,die nach dem Überfall auf Polen am1. September 1939 zwangsweise unddamit unter Verstoß gegen dasKriegsvölkerrecht überwiegend inlandwirtschaftlichen Betrieben einge-setzt wurden. Hieran schloss sich einemassive Kampagne zur Anwerbungpolnischer Arbeiter an, die - als sienicht den gewünschten Erfolg brach-te - in eine regelrechte Menschenjagdmündete.

Der Einsatz dieser Polen war zwaraus kriegswirtschaftlichen Gesichts-punkten sehr wünschenswert undunbedingt nötig, mit Blick auf die Ras-senpolitk der Nazis aber höchst pro-blematisch. Um sie zu disziplinieren,zu diskrimieren und zu separieren,schuf man für sie ein Sonderrecht, dievom Ministerrat für die Reichsverteidi-gung mit Gesetzeskraft erlassene"Verordnung über die Strafrechtspfle-ge gegen Polen und Juden in den ein-gegliederten Ostgebieten" vom 4.

Dezember 1941. Ihre Bezeichnungwar insoweit irreführend, als sie auchf ür alle nach Deutschland zurZwangsarbeit verschleppten polni-schen Fremdarbeiter galt. Todeswür-dig waren danach beispielsweisePolen, "wenn sie durch gehässigeoder hetzerische Betätigung einedeutschfeindliche Gesinnung bekun-den, insbesondere deutschfeindlicheAußerungen machen oder öffentlicheAnschläge deutscher Behörden oderDienststellen abreißen oder beschädi-gen, oder wenn sie durch ihr sonsti-ges Verhalten das Ansehen oder dasWohl des Deutschen Reiches oderdes deutschen Volkes herabsetzenoder schädigen". Die Todesstrafewurde etwa auch da verhängt, "wodas Gesetz Todesstrafe nicht vor-sieht..., wenn die Tat von besondersniedriger Gesinnung zeugt oder ausanderen Gründen besonders schwerist"; in diesen Fällen war sogar dieTodesstrafe gegen Jugendliche zuläs-sig.

Nach dem "Westfeldzug" im Mai1940 verschleppte man mehr als eineMillion französische Kriegsgefangenezur Zwan_gsarbeit nach Deutschland.Mit dem Uberfall auf die Sowjetunionim Juni 1941 taten sich ganz neueMöglichkeiten für den Arbeitseinsatzvon Fremdarbeitern auf. Allerdingsbehandelte man die sowjetischenKriegsgefangenen - völkerrechtswid-

Die sog. Polenstrafrechtsverordnung vom4. Dezember 1941 (Tetlabdruck).

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Ae!übn 0ü liutridkn oh.iih obil,i!ti/ obs FUil it il{6 iir imii.qd tü.hd hllj.i 6ft k§ aohl rri srü{6.d1oü 6ri ütrri6en tdh6 t{iilohn obs

5 ho'r Jk imrMhn6ttr$qib gu adrlboiiririiu 6d.§ß0not, rird 6irr, drL etrih0fFrton glNqüilbhr/ Dtuniti0n 0i{ lotrtigesfrts§0{dr ick{itr bs&n d{ 6cin iisldn66olh §anhi. t(bon ft6{Lür bib .nr

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20 SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz Heft Nr. 18 - 1/00

rig - so schlecht, dass von den bisdahin mehr als 3 Millionen Gefange-nen bis März 1942 - wiederum völker-rechtswidrig - nur 160000 zum Arbeit-seinsatz im Reich zur Verfügung stan-den. Da dies für den Arbeitskräftebe-darf der deutschen (Kriegs-)Wirtschaftnicht ausreichte, wurden etwa 2,5 Mil-lionen Zivilisten aus der Sowjetunionganz überwiegend gegen ihren Willenals Zwangsarbeiter nach Deutschlanddeportiert.

Wie schon die erwähnte Polen-straf rechts-Verordnung deutlichmachte, gab es eine gewisse natio-nale Hierarchie unter den Fremdarbei-tern. Während die Arbeiter aus denbesetzten Westgebieten und den sog.befreundeten Ländern vergleichswei-se erträglich behandelt wurden, warendie Polen und erst recht die "Ostarbei-ter", d.h. vor allem die Russen, - ausrassischen Gründen - erheblichschlechter gestellt.

Das Wissen um diese Zwangsar-beiter ist immer noch sehr begrenzt.Bekannt ist etwa, dass es in Koblenzzeitweise 1.265 Fremdarbeiter gab,vor allem Russen und Polen. lnKoblenz-Moselweiß existierte ein"Russenlager" und in Koblenz-Lützelein "Ostarbeiterlager".rzt Die Zwangs-arbeiter waren bei öffentlichen Betrie-ben und bei Privatfirmen beschäftigtund kehrten vielfach nach der Arbeitin die Sammelunterkunft zurück. Bei-spielsweise wissen wir auch in Umris-sen, dass einem recht großen Teilschwangerer Zwangsarbeiterinnenihre Leibesfrucht im städtischen Kran-kenhaus Kemperhof abgetriebenwurde bzw. dass die Neugeborenenalsbald starben."'

lmmerhin besitzen wir aufgrundeines Strafverfahrens und der dabeientstandenen Strafakte einen willkür-lichen aber durchaus interessantenEinblick in die Lage solcher Zwangs-arbeiter. Davon betroffen war ein Polenamens Mieczylaus J. aus Posen"',der nach dem Überfall auf Polenschon bald verwundet wurde und indeutsche Gefangenschaft geriet.Nach seiner Genesung entließ manihn nicht nach Hause, sondern beor-derte ihn als "Zivilarbeiter" nach Tra-ben-Trarbach. Dort beging er wohleinen Diebstahl, jedenfalls wurde erdeswegen vom SchöffengerichtKoblenz zu sechs Monaten Gefängnis

verurteilt. Nach seiner Entlassung ausder Haft im Koblenzer Gefängnis kamer zu einem Winzer in einem anderenMoselort. Dort blieb er nur zweiWochen. Er fiel auf, nachdem er dreiGläser mit eingekochtem Fleischgeöffnet, teilweise verzehrt und dannwieder an ihren alten Platz gestelltsowie aus dem Keller eine angebro-chene Flasche Wein ausgetrunkenhatte. lm anschließenden Strafverfah-ren ließ er sich dahingehend ein, erhabe das Fleisch gegessen, weil ernach der Rückkehr aus dem Gefäng-nis viel Hunger gehabt habe und auchviel habe arbeiten müssen; leergeges-sen habe er die Gläser nicht, damitdas nicht auffiele.

Das Koblenzer Sondergericht ver-urteilte ihn wegen Diebstahls und derinzwischen neu geschaffenen Polen-strafrechts-Verordnung zu drei Mona-ten Straflager - das war nach derPolenstrafrechts-Verordnung die Min-dest-Freiheitsstrafe. Dabei rechnetesie ihm die Untersuchungshaft an, sodass er von der Strafe her nichts mehrzu verbüßen hatte. - Also alles inallem eine glimpfliche Entscheidungfür drei halbe Gläser eingekochtesFleisch und eine ausgetrunkene Fla-sche Wein. Soweit ja, wenn da nichtnoch mehr gewesen wäre... Schon beider ersten Vernehmung hatte sich dieGestapo Koblenz eingeschaltet undverfügt, dass Mieczylaus J. nach derStrafverbüßung bzw. - wenn es garnicht zu einer Bestrafung käme - ihrunmittelbar zugeführt werden sollte.So konnte das Sondergericht Koblenzmit dem Polen "gnädig" sein, wusstees doch, dass er - gleichgültig wie esentschied - nicht freikam, sondern ausder Haft der Gestapo zur "Sonderbe-handlung" zugeführt wurde. So kames dann auch. Unmittelbar aus derUntersuchungshaft übernahm ihn dieGestapo. Was mit Mieczylaus J. ausPosen dann geschah, ergibt sich auskeiner Akte. Nach Lage der Dinge istaber von der Verschleppung in einKonzentrationslager auszugehen ...

Wegen der vielfach sehr hartenArbeits- und Lebensbedingungen unddes latent ohnehin vorhandenenUnmutspotentials waren es vor allemdie Zwangsarbeiter, die in die Kriegs-maschinerie - und nicht nur dort -

Sand statt Öl kippten. Sie waren es,die die meisten Sabotagakte ausführ-ten, wenn auch exakte Zahlen dazu

naturgemäß fehlen. Überhaupt ist die-ser Bereich nur sehr schwer faßbar.Um wenigstens einen gewissen Ein-druck davon zu ermitteln, seien hier -ohne weitere Kenntnis der Personenund der näheren Umstände - zweiMeldungen des Reichssicherheits-hauptamts über wichtige staatspoliti-sche Ereignisse mitgeteilt.

Ausweislich der ersten Meldungvom 13. August 1943 wurden von derStaatspolizeistelle Koble nz zw ei lran-zösische "Zivilarbeiter" namens Ray-mond P. und Roger C. festgenommen,weil sie, die sie bei einem wehrwichti-gen Betrieb beschäftigt gewesenwaren, Teile für Wehrmachtsfahrzeu-ge sowie eine Werkzeugmaschine inSabotageabsicht beschädigt hatten.l,4Die zweite Meldung vom 10. Dezem-ber 1943 betraf einen "Ostarbeiter"und zwei "Mitwisser" von ihm. DerSabotageakt war das Überwerfeneines Blechstreifens an einer 11000Volt Starkstromleitung in Ahrweiler.Dadurch gab es einen Kurzschlussund einen einstündigen Stromausfallan der Ahr von Ahrweiler an aufwärtsund in einem großen Teilder Eifel. DieStapostelle Koblenz nahm deswegenden "Ostarbeitel'Gregori P. und seine"Mitwisser" Victor K. und lwan I. fest.''u

XXV. Die Verfolgung des Volkes

Bisher wurde immer von Verfol-gungssituationen und von widerstän-digem Verhalten von Personen be-richtet, die Mitglieder von Gruppenund deshalb widerständig und/oderOpfer von Verfolgung waren. DerBetreffende wurde verfolgt, weil erKommunist, "Marxist" oder sonstigertatsächlicher oder vermeintlicher Geg-ner des Nationalsozialismus, weil erZeuge Jehovas, katholischer Priester,Sinti, Jude, Zwangsarbeiter o.ä. war.Auf der Höhe des Terrors wurdepotentiell jedes nonkonformes Verhal-ten, ja jede abweichende, "defätisti-sche" Meinungsäußerung zum Ver-brechen. Damit erreichte die Verfol-gung eine ganz neue Dimension: Eskam zur Verfolgung des Volkes.

Pastor Martin Niemöller, einer deraktivsten Köpfe der Bekennenden Kir-che und ab 1938 Schutzhäftling in denKZ Sachsenhausen und Dachau, hatdiese Entwicklung und die Unfähig-keit, dagegen wirksam protestieren zuwollen und später zu können, in die

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Heft Nr. 18 - 1/00 SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz 2',1

treffenden Worte gekleidet:

Als die Nazis die Kommunistenholten, habe ich geschwiegen, ichwar ja kein Kommunist.Als sie die Sozialdemokraten ein-sperrten, habe ich geschwiegen,ich war ja kein Sozialdemokrat.Als sie die Gewerkschafter holten,habe ich geschwiegen, ich war jakein Gewerkschafter.Als sie die Juden holten, habe ichgeschwiegen, ich war ja kein Jude.AIs sie mich holten, gab es keinenmehr, der protestieren konnte.

Eine recht häufige Form von -unorganisiertem - widerständigen Ver-halten im weiteren Sinne warenUnmutsäußerungen gegen Hitler,gegen die Nationalsozialisten undgegen den immer aussichtsloser wer-denden Krieg. Zum Gegenstand vonStrafverfahren und anderen Maßnah-men des NS-Staates wurden sie inaller Regel durch Denunzinationen.

Ein Beispiel hierfür, das zugleichden Einsatz der Justiz als Terrorinstru-ment zeigt, ist der Fall des KoblenzerMedizinalrates Dr. Paul Kolf. Er wurdeam 18. Oktober 1943 vom Volksge-richtshof in Berlin unter dem Vorsitzvon Roland Freisler, dem "Mörder inroter Robe", wegen ,,Zersetzung derWehrkraft" zum Tode verurteilt"u.Wozu die Justiz in Teilen damals ver-kommen war, macht schon derTenor(!) der Entscheidung deutlich,der wie folgt lautete: "Paul Kolf hatseinen Treueid als Beamter dem Füh-rer gegenüber gebrochen, denn aufoffener Straße sagte er gegenSchluss des vierten Kriegsjahres, beiuns könne es kommen wie in ltalien,Italien falle von uns ab, und wir könn-ten uns dann auch nicht mehr halten,dann werde das Militär die Sache indie Hand nehmen. Brauchitsch seischon wieder da. Durch die Zerset-zungspropaganda im Dienste unsererKriegsfeinde ist er für alle Zeil ehrlos.Er wird mit dem Tode bestraft."

Auf knapp mehr als einer Seite(!)wird dann das Todesurteil "begrün-def'. Die Gründe beginnen mit: "Einekurze Unterredung ist es freilich nur,aber in ihr hat Paul Kolf sich alsgewissenloser und gefährlicherDefätist entlarvt." lm Rahmen derBeweiswürdigung heißt es dann: "Kolfversuchte zwar bis zulelzt, an diesemoder jenem Wort etwas zu deuteln,

aber ernstlich kann er das Gesprächnicht bestreiten. Es ist zudem durchdie Aussage des einwandfreibewiesen." Das Urteil endet dann:"Wenn es auch nur eine kurze Unter-redung war - ein solches Versageneines Mannes, der gebildet sein willund deshalb ein besonderes Maß anVerantwortung hat, ist Verrat an unse-rem kämpfenden Volk. Es schwächtunsere Siegesfestigkeit, gefährdetalso den Sieg. Es machte ihn zum füralle Zeil ehrlosen Hetzer im Diensteder Zersetzung für unsere Kriegsfein-de (§ 5 KSSVO, § 91 b SIGB). Daraufkann es nur eine Antwort geben, wennwir unseren Sieg nicht gefährden wol-len: die Todesstrafe."

Diese Entscheidung stand - vonder Form ganz zu schweigen - nichtnur in einem unerträglichen Missver-hältnis zu der "begangenen Tät", son-dern war sogar unter Beachtung dervom NS-Staat aufgestellten Gesetzeschlichtweg falsch. Denn zum Tatbe-stand der Wehrkraftzersetzung gehör-te es, dass die Tat "öffentlich" began-gen worden war. Hiervon konnte aberkeine Rede sein, wenn - wie hier - dieBemerkung "über den Gaftenzaun" ineinem (vertraulichen) Gespräch miteinem Nachbarn erfolgte. Diese vomVolksgerichtshof vorgenommeneäußerst extensive Auslegung desBegriffs "Öffentlichkeit" und der hart-näckige Einsatz mehrerer Familienan-gehöriger führten dann aber wenig-stens dazu, dass die Todesstrafe ineine achtjährige Zuchthausstrafe

umgewandelt wurde.Wie geradezu beliebig die Reak-

tionen des nationalsozialistischenStaates auf derartige Meinungsäuße-rungen waren, zeigt der Fall der sei-nerzeit in Koblenz-Moselweiß leben-den Gastwirtsfrau Anna Speckhahn."'lhr "Vergehen" war nicht einmalAnlass für ein Strafverfahren, sondernführte statt dessen unmittelbar ins KZund in den Tod.

"Die Jugend im Bund deutscherMädel und in der Hitler-Jugend wirddurch die gemeinsamen Fahrten sehrverdorben. Ein Film wie 'Die GoldeneStadt' sollte man der Jugend erst garnicht zeigen. Viel besser wäre es,wenn die Jugend wieder kirchlichererzogen würde." Diese Worte AnnaSpeckhahns beim Gespräch im Milch-laden nebenan wurden ihr zum Ver-hängnis. Eine Mitlauscherin verriet siean die Gestapo. Noch am selben Tag,dem 5. Oktober 1943, wurde sie fest-genommen und in Koblenz in "Schutz-haft" genommen. Dort war sie keineUnbekannte. Sie war schon längerbeobachtet worden, man hatte abernichts "Gerichtsverwerlbares" feststel-len können. Die Koblenzer Gestapobehielt sie bis zum 10. Dezember1943 in Haft. Dann ging sie "aufTransport" ins Frauen-Konzentrati-onslager Ravensbrück. Wie man nochweiß, wurde sie am 22. Dezember1943 dort eingeliefert und am 4.Februar 1944 - sechs Wochen später- war sie tot. Dem Ehemann teilte dieLagerleitung mit, sie sei an Alters-

Das Todesurteil des Volksgerichtshofs vom 18. Oktober 1943 gegen den KoblenzerMedizinalrat Dr. Paul Kolf (teilweise anonymisierte vollständtge Abschrift).

ImNamendes Deutschen Volkes

In der Stafs&he geg@

dm Medizinalrat Dr. Paul K o I f aus KobleM, geborm m 23. Fettru 1891 itrBoud Zeit itr Polizeihaft,wegmWehkafomghd ds volksgqichbhot 1. Sma! auf Gnmd ds HaupFerhedlüg rcm 18.

Okobf, 1943, m wel€hs teilg@I)@@ habetr

als fuchtsiPräsideil des Volksge.ichßhofs Dr. Freisls, Vorsim,Lmdgerichbdirekor Dr. Schlm&n,NsKKob€rgruppofflhrtr Otr@Gauhaupbtellenleitq AhrEls,Ss-Brigadeffjtuer Z@er,als Verkets des Obe[eichsmwalts:Imdgfüchtsdircktor Schulze,fir Recht trkatutiPaul K o I f hat seinen ?Itrid als Bemts d@ Führ6 gegaübd gebroohen,

tlem auf ofener Sftße sagt€ 6 geg@ Schluß des viefr@ Kdegsjahres,bei ms köme es k()@@ wie in Italieq lälim falle votr m ab, ud v;t köd@u d@ auch nicht mehr haltm; dm w6de das Militär die Sache in die IIatrdreh@, Bmrchibch sei sch@ wied6 da.

Duch di6e Zqstugspropagdda im Ditrt msser Kriegsleinde ist er ftr alle

An 6 8 km er dr dem Vs (voftsgenossen. der Veri) ( ) H St, der h selben

lianse wohl. auf der Stde ins Gespräch Er sagre, er habe enen Bnefbekomnen. dil cr scHechl ve.duilele St be$äigte das Nun neü1e er ..Achwas. das ist ja alles Unsmr, jn \ier Wocheo ist der hee doch aus" St

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Ma, bcdenke, Kolfsill eh gebildet€r Mmn seinr er ßr Me&hüat Er hat aßBemler ( ) dem F&er deD Treneid eeleßtet As sebildeter Mann hat er inbesonderem Male üe Pflicht, Beispiel ud Vorbild ar schi die Fe$rgkell MsererHdturg a süuen. Er aber hal sie eßchüfiefr, Lmd zsr hoch$ getxfich heDeD Ausenblick. h den cs bcsonders darauf nrm, Hä1M8 a rvtueD,!tuilicl mch dem Badoe]io-Veml m Duce

Wem es auch nur eine turze Unteredus sil - exi solches versager eines

Marnes. der sebildel sein sill ed deshdb eh beson&res Maß io.Vermt{otu8lat, isr Verat d userem ktuptindcD Volk. Es schwacht usereSiegesfeslgkeit, 8etudel dso den Sieg. Es macile h zm lur alle Zeit el.losetrHetär h Dierstc der Zersetzmg fü msere Kdegslende (§ 5 KSSVO , § 9l bS1GN ]

Dmaü kail es nB ere tusofr geben. ivem rü mseren Sieg nicht gelährden

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schwäche gestorben - diese resolute,gerade 61jährige Gastwirtsfrau!Gegen Einzahlung von 50.-- Reichs-mark erhielt die Familie eine Urne mitAsche. Nach dem Begräbnisamt in

Koblenz nahm der Pfarrer die Urne inseine Hände und sagte leise: "Ob daswohl die Frau Speckhahn ist? Nie imLeben!"

XXVI. Widerstand im Umfeld des20. Juli 1944

Bisher war hier nur von dem "klei-nen" Widerstand die Rede, vomWiderstand bzw. widerständigem,nonkonformem Verhalten von Leutenmit unterschiedlichen politischen, vorallem linken, und religiösen Anschau-ungen, mit Problemen, Krankheiten,mit andersartiger "Rasse", Herkunftund Lebensphilosophie. Viele, viel zu

viele Jahre waren diese Menschen,Nachbarn, Mitbürger kein Thema derGeschichtsforschung. Die Ursachenhierfür sind vielfältig und sind in einemgroßen poltisch-gesellschaftlichenKontext zu sehen. Dies kann in die-sem Rahmen nicht dargestellt wer-den. Festzuhalten ist aber, dass es inden 70er Jahren die ambitionierteRegionalforschung war, die diese par-

tielle Geschichtslosigkeit zu beseiti-gen begann. Man entdeckte dieGeschichte vor Ort, "grub da, wo manstand" und arbeitete in einer lokalenoder regionalen "Geschichtswerk-statt". Die ersten Arbeiten befasstensich mit der regionalen Nachzeich-nung des Völkermordes an denJuden. Später kamen andere Wider-stands- und OPfergruPPen hinzu.Schließlich nahm -man - wie es auchhier versucht wird - die gesamte Ver-

folgung und auch den gesamtenWiderstand vor Ort - so gut es nachvielen Jahren der Untätigkeit und desSchweigens möglich war - in denBlick.

Diese Beschäftigung mit dem "klei-nen" Widerstand vor Oft weckte dannandererseits auch neu das lnteressean dem "großen" Widerstand, an demWiderstand des 20. Juli 1944, undzwar insofern, als man ihn nicht nurals lokales Ereignis in Berlin undanderen bestimmten Orten verstand,sondern auch den Personen diesesWiderstandes in ihren regionalenWurzeln und den Auswirkungen die-ses Widerstandes in den Regionennachforschte.

Der "große" Widerstand des 20.Juli 1944, d.h. das gescheiterte Atten-tat des Obersten i.G. Claus SchenkGraf von Stauffenberg im Führer-hauptquartier Wolfschanze in Ost-preußen auf Hitler anlässlich einerLagebesprechung und die sich darananschließende Operation "Walküre",mit der der Umsturz im Reich bewerk-stelligt werden sollte, haben allerdingskeine unmittelbaren Bezüge zt)

Koblenz und seiner Region. lndessenwar der zum Attentat führende militäri-sche Widerstand kein isoliertes Phä-nomen. Er war eingebunden und - um

eine gewisse Chance auf einen poli-

tisch-gesellschaftlichen Umsturz zuhaben - angewiesen auf andereWiderstandskreise und -gruppen. Es

waren aber nun Mitglieder dieser Krei-se, die Bezüge zu Koblenz und seinerRegion hatten.

Einer von ihnen war der Armee-pfarrer und Professor der PhilosophieDr. Friedrich Erxleben, der im Jahre'l 883 in Koblenz geboren wurde.l'8Hier machte er Abitur und ließ sichzum Sänger und Violinvirtuosen aus-bilden. Später studierte er Theologie,nahm als Armeepfarrer am ErstenWeltkrieg teil, war Dozent für Verglei-chende Religionswissenschaften anden Universitäten Prag und Wien,Professor für alte Sprachen im Jesui-tenkolleg in Rom sowie ExPerte fÜr

asiatische, insbesondere indischeKultur; auch war er ein hervorragen-der Tenor und Oratoriensänger. Erhatte Kontakte und Freundschaften zu

vielen Persönlichkeiten des öffentli-chen Lebens, zu Dr. Carl Sonnen-schein, Prof. Dr. Theodor Heuß, CarlZuckmayer und zum französischenBotschafter Francois-Poncet.

Außerdem war er Mitglied desSolf-Kreises. Dieser zu Beginn der30er Jahre um den ehemaligen deut-schen Botschafter in Tokio WilhelmSolf gebildete Kreis war eine lockere"Teegesellschaft" mit Gesprächenüber Kunst, Literatur und Politik. Nach

dem Tod Wilhelm Solfs waren seineEhef rau Johanna und deren ihregemeinsame Tochter Gräfin Lagi Bal-lenstrem die Gastgeberinnen. Es warein Kreis von Gleichgesinnten, die inSorge das drohende Unheil f Ür

Deutschland erkannten und die unterWissenschaftlern, Künstlern, Politi-kern und hohen Militärs ein Netz von"sympathisanten" knüpften für die Zeit"nach Hitle/'. Der Kreis gab auch vie-

len Juden und politisch Verfolgten tat- :

kräftige Hilfe. lm Laufe der Zeit gelang ,

es der Gestapo, einen SPitzel in denSolf-Kreis einzuschleusen. Er be-zeichnete Erxleben als die "treibende

Kraft bei den defätistischen Unterhal-tungen im Hause Solf". lm Mai 1944wurde Erzleben wegen seiner Verbin-dungen zum Solf-Kreis verhaftet. Man

hielt ihn gefangen in den Konzentrati-onslagern Ravensbrück und Sach-senhausen sowie im Gefängnis Ber-lin-Plötzensee. lm Oktober 1944 ver-legte die Gestapo Erxleben in dasGestapogefängnis Lehrter Straße inBerlin. Man machte ihm mit anderenMitgliedern des Solf-Kreises wegenWehrkraftzersetzung und Feindbe-günstigung den Prozess vor derVolksgerichtshof . lhm drohte dieTodesstrafe, doch erging in seinemVerfahren kein Urteil. ln der letztenPhase des Krieges, nach der Bombar-dierung des Volksgerichtsho{s durchdie Alliierten und den Tod FreislersAnfang Februar 1945, konnte nämlichdie Haupverhandlung nicht mehr"geordnet" durchgeführt werden. Bei

der Auflösung des Gestapogefängnis-ses Ende April 1945 wäre Erxlebenwie manche andere politische Gefan-gene von den sich absetzendenGestapoleuten fast noch ermordetworden. Durch eine glÜcklicheFügung gelang es ihm aber freizu-kommen. Unter der Haft hat er aberviel zu leiden gehabt, seelisch undauch physisch, so war er beisPiels-weise wochenlang in einem Käfig ein-gesperrt, in dem er weder sitzen noch

aufrecht stehen konnte.

Ein anderes Opfer des "großen"Widerstandes war die in BoPPard am

Rhein geborene Maria Terwiel."e Siewar die Tochter eines an das Boppar-der Lehrerseminar versetzten Leh-rers. Kaum war Maria ein Jahr alt,nahm der Vater eine Stelle im Ostenan. Nach dem Ersten Weltkrieg kehfiedie Familie in das Rheinland zurück,zunächst war der Vater Prorektor am

Lehrerseminar in Wittlich, dann Schul-rat beim Regierungspräsidium in Köln

und schließlich Regierungsdirektor in

Düsseldorf. Zulelzl wurde er Vizeprä-sident des Oberpräsidiums von Pom-mern in Stettin. Dort machte MariaTerwiel ihr Abitur und studierte an-schließend Rechtswissenschaft. Nach

der "Machtergrei{ung" wurde ihr Vaterwegen "politischer Unzuverlässigkeit"entlassen und in den Ruhestand ver-setzt. Als Maria Terwiel feststellen

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musste, dass sie als "Halbjüdin" - ihreMutter war Jüdin - im Zuge der "Nürn-berger Rassengesetze" nach demStudium keine Anstellung als Referen-darin erhalten werde, brach sie ihrStudium ab. Sie ging daraufhin nachBerlin und arbeitete in einem franzö-sisch-schweizerischen Textilunterneh-men. Wegen der Rassengesetze wareine Heirat mit ihrem Lebensgefähr-ten Helmut Himpel nicht möglich.Durch einen Patienten Himpels, derZahnarzl war, erhielten die beidenKontakt zu der Harnacl</Schulze.Boy-sen-Organisation, die die Nazis "RoteKapelle" nannten. Maria Terwiel warbesonders aktiv bei der Verbreitungvon Schriften und Flugzetteln, insbe-sondere bei der Publizierung derberühmten Predigten des Münstera-ner Bischofs von Galen gegen die"Euthanasie". Diese schrieb sie aufder Schreibmaschine mit zahlreichenDurchschlägen ab und versandte sie.lm September 1942 wurden MariaTerwiel und Helmut Himpel verhaftetund am 26. Januar 1943 wegen"Hochverrat und Feindbegünstigung"vom Reichskriegsgericht zum Todeverurteilt. Helmut Himpel wurde am13. Mai 1943 getötet. Maria Terwielfolgte ihm am 5. August 1943 in denTod. Sie wurde im Gefängnis Berlin-Plötzensee hingerichtet - zusammenmit weiteren Widerstandskämpferin-nen, wie es hieß "im lnteresse derKostersparnis". Die Ablehnung desGnadengesuchs trägt Hitlers eigen-händige Unterschrift.

Den engsten Kontakt zum 20. Julihatte von den hier erwähnten dreiWiderständlern Professor Dr. AdolfReichwein.'30 Geboren wurde er imJahre 1898 in Bad Ems als Sohneines aus Heckholzhausen imWesterwald stammenden Volksschul-lehrers. ln Bad Ems verbrachte erseine frühe Kindheit, bis sein Vater mitder Familie im Jahre 1904 nach Ober-Rosbach bei Friedberg in Hessenübersiedelte. Geprägt durch dieJugendbewegun g des "Wandervogel",nach Abitur, Kriegseinsatz, einemsehr breit angelegten Studium inFranHurUMain sowie in Marburg/Lahnund Promotion war der PädagogeReichwein in vielen Funktionen fürden Aufbau von Volkshochschulen, fürdie Lehrerfofibildung und f ür dieErwachsenenbildung, speziell für dieBildung der Arbeiter, tätig. Er wurdeProfessor für Geschichte und Staats-bürgerkunde an der neueröffneten

Pädagogischen Akademie in Halle/Saale und dort aus politischen Grün-den im April 1933 entlassen. Danachwar er Lehrer einer Dorfschule beiBerlin, entwickelte ein alternativesSchulmodell und war von 1939 bis1944 Museumspädagoge in Berlin.Seit 1940 hatte er sich dem Freun-deskreis um Helmuth James Graf vonMoltke und Peter Graf Yorck von War-tenburg, dem "Kreisauer Kreis", ange-schlossen. Reichwein nahm nicht nuran den Tagungen dieser Widerstands-gruppe teil, sondern war auch maß-geblich am bildungs- und kulturpoliti-schen Programm der "Kreisauer"beteiligt; er galt als Kultusministerkan-didat für eine Regierung nach Hitler.Anfang '1944 arbeitete der "KreisauerKreis" auf den Staatsstreich mit demAttentat hin, dadurch wurde dieZusammenarbeit mit Stauffenbergimmer intensiver. Auch nahmen dieAnstrengungen zu, den Kontakt zuWiderstandszellen unter alten Sozial-demokraten und Gewerkschaftlernsowie gerade zum kommunistischenWiderstand zu verbessern. TreibendeKraft war neben dem sozialdemokrati-schen Arbeiterf ührer Julius Lebergerade auch Adolf Reichwein. MitWissen und Billigung Stauffenbergskam es zu einem Treffen von Reich-wein und Leber mit KPD-Funk-

tionären, u.a. mit Anton Saefkow.Hierbei hatte sich ein Gestapo-Agenteingeschlichen, der alles verriet unddie Verhaftung Reichweins und deranderen Beteiligten am 4. Juli 1944bewirkte. Nicht zuletzt diese Verhaf-tungswelle war für StauffenbergAnlass, kurzentschlossen und persön-lich das Attentat auf Hitler am 20. Juli1944 auszulühren. Reichwein wurdedann 3 1/2 Monate in den Folterkel-lern der Gestapo festgehalten, dabeiwurde er nicht nur schwer misshan-delt, sondern nachts sogar mit einerKette an Beinen und Armen gefesselt.Am 20. Oktober 1944 begann derProzess gegen ihn und andere Sozi-aldemokraten vor dem Volksgerichts-hofs unter Vorsitz von Freisler. Trolzaller Misshandlungen und Demütigun-gen war er ungebeugt und aufrecht.Später sagte ein Mitangeklagter:"Mich packte eine tiefe Sympathie fürdiesen Mann. So wie er da stand, warer das Symbol alles Menschlichen,von dem selbst in diesem Augenblickalle Qual des Leidens abfiel." AdolfReichwein wurde dann mit weiterenSozialdemokraten wegen "Landesver-rats" zum Tode durch den Strang ver-urteilt und Stunden später im Hinrich-tungsschuppen des GefängnissesBerlin-Plötzensee erhängt.

Hinrichtungsraum rm Hrnrichtungsschuppen des Gefängnisses Berlrn-Plötzensee

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XXVll. Die Verfolgung der ..Sippen-

häftlinge"

Das Attentat auf Hitler im Führer-hauptquartier in Ostpreußen und diesich daran anschließende Operation"Walküre" hatte unmittelbare Auswir-kungen bis hin nach Koblenz undseine Region. Grund hierfür war dievon den Nazis an Angehörigen vonWiderständlern des 20. Juli 1944praktizierte "Sippenhaft,,.

Diese traf u.a. Lina Lindemannund ihre Tochter Marie-Luise.,,, Ver-heiratet war Frau Lindemann mit demArtilleriegen eral Frilz Lindemann. Erwar an der Verschwörung des 20. Julibeteiligt. Als die Gestapo dies erfuhr,fahndete man nach ihm und verhafte-te ihn nach einer Denunziation am 3.September 1944- Dabei verletzte manihn schwer, so dass er am 22. Sep-tember 1944 in einem Krankenhausstarb.

Frau Lindemann befand sich imJuli 1944 im Schtoss Namedy beiAndernach. Dort f ührte sie ihrerSchwester, Ilse-Margot von Hohenzol-lern-Sigmaringen, die nach einemUnfall in der Klinik lag, den Haushalt.Am 28. Juli 1944 erschienen in Name-dy zwei Gestapobeamte und brachtensie nach Koblenz ins Karmeliterge-fängnis. Es folgten nicht endenwollen-de Verhöre, die erst nach dem Todihres Mannes, von dem sie allerdingsnichts erf uhr, auf hörten. Bei denschweren Luftangriffen auf KoblenzEnde 1944 wurde das Gefängnisdurch Bomben zerstört. Frau Linde-mann überlebte in einem Bunkeraußerhalb der Haftanstalt. ln dem sichanschließenden Chaos hätte sie flie-hen können, unterlleß es aber ausRücksicht auf ihre Tochter und dieübrige Familie. Nach kürzeren Aufent-halten im Gefängnis in Vallendar undim Ausländergefängnis in Altenkirchenwurde sie schließlich im Januar 1945in das Frauen-KZ Ravensbrück undnoch im selben Monat in das KZ Stutt-hof bei Danzig verbracht. ln Stutthoftraf sie mit aus anderen TeilenDeutschlands herangeschafften*Sip-penhäftlingen" der Familien Stauffen-berg, Goerdeler und anderer Beteilig-ter des 20. Juli zusammen. Vor denanrückenden russischen Truppen ver-schleppte man diese "sippenhäftlin-ge" dann in mehrere Konzentrations-lager im Westen und Süden, bis sieEnde April 1945 im KZ Dachau anka-

men. Von dort transporlierte man sienoch nach Tirol, wo sie Anfang Mai1945 von den Amerikanern in ihreObhut genommen wurden.

Unterdessen war ihre zehnjährigeTochter Marie-Luise - wie Frau Linde-mann erst nach der Rückkehr insNachkriegs-Deutschland erfuhrebenfalls zum "Sippenhäfiling,, derNazis geworden. Ein Gestapo-Beam-ter hatte das Kind am 25. August '1944

aus Namedy abgeholt. Wie andereKinder von "Verschwörern des 20.Juli" auch verschleppte man sie in einKinderheim in Bad Sachsa im Harz.Als der Plan, die Kinder zur l)merzie-hung in Nazifamilien zu geben, schei-terte, entließ man die Mehrzahl vonihnen zu Verwandten, 14 Kinder - da-runter auch Marie-Luise - blieben aberdort. Die Kinder, die zunächst an sichnicht schlecht behandelt wurden, soll-ten vor allem ihre Herkunft vergessen.Über das Schicksal ihrer Elternerzählte man ihnen nichts, die Fotosvon ihnen nahm man ihnen weg,trennte die Geschwister und verbotihnen, ihre Familiennamen zu gebrau-chen. Schließlich erhielten sie neueFamiliennamen, so sollte aus Marie-Luise Lindemann ,,Krause" werden.Auch nach Kriegsende lebten die Kin-der zunächst im Heim, wurden dannaber von einer Verwandten Stauffen-bergs befreit. Erst im Spätsommer1945 sahen sich Frau Lindemann undihre Tochter Marie-Luise in Namedywieder.

vom 20. Juli 1944 war ein BefehHimmlers vom 17. August 1g44, m..dem unter dem Decknamen ,,Aktior

Gewitter" reichsweit eine große Ver-haftungswelle angeordnet wurde. Eswar eine sehr weitreichende ,,präver.

tivmaßnahme", auf grund der allef rüheren Reichs-, Landtags- uncStadtverordnete (die Kreistagsabge.ordneten wurden hierbei vergesservon KPD und SPD, "gteichgüttig ..., o:diesen im Augenblick etwas nachzu.weisen ist oder nicht", festzunehme-waren. Lediglich über 70jährige, Krar.ke und solche, die sich mittlerweil=um das System "verdient" gemacr--hätten, sollten verschont werden. A-21. August wurde der Verhaftufehl auf frühere Abgeordnete der Ze-trumspartei ausgedehnt, jedoch zw:Tage später teilweise wieder eing:schränkt. ln welchem Umfang dKoblenzer Gestapostelle dieseHimmler-Befehl ausführte, ist niclbekannt. Wir wissen aber jedenfalvon einer Koblenzer Abgeordnete-dass sie im Rahmen dieser ,,Ak

Gewitte/' in Koblenz in Schugenommen wurde.

Dies war die frühere Zenlrutikerin Helene Rothländer.,., Siebis 1933 für das Zentrum MitgtiedKoblenzer Stadtverordnetesammlung und Mitglied des preu_:

schen Landtages. Am 23. Augu1944 wurde sie von zweiamten in ihrer Wohnung zur yernmung mitgenommen. lmbäude ,,lm Vogelsang" unterzog msie zahlreichen Verhören und

XXVII!. Die Verfolgung im Rahmender "Aktion Gewitter"

Eine weitere, eher mittelbareFolge des gescheiterten Attentats

te ihr dabei, dass man sie wegenfrüheren politischen Aktivitäten für dZentrum in "Schutzhaft" nehme.war dann mehrere Monate imzer Karmelitergefängnis inhaftiert.

Karmeliterkirche und stadtgefängnis in Koblenz nach der Zerstörung im Jahr 1944

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politischer Gefangenen drohte ihr dieDeportation ins KZ. Dies blieb ihr aberwegen des Wohlwollens einer Wacht-meisterin und des sie untersuchendenArztes erspart. Unterdessen nahmendie Bombenangriffe auf Koblenz imOktoberiNovember 1944 immer mehrzu.freffer schlugen auch im Karmeli-tergefängnis ein, so dass die sichereVerwahrung der Gefangenen nichtmehr gewährleistet war. Daraufhinließ man Helene Rothländer schließ-Iich frei.

XXIX. Schlusswort

Die hier vorgelegte Skizze vonVerfolgung und Widerstand in

Koblenz 1933 - 1945 kann nur unvoll-ständig sein. Vieles ist als Wissenunwiederbringlich verloren, da dieZeitzeugen inzwischen verstorbensind, sich auch früher nicht erinnernkonnten oder wollten, sowie Aktenvernichtet, unbekannt oder unzugäng-lich sind. Möglich war die Skizze -

zumal in diesem Umfang - überhauptnur, weil doch manche (auto-)biografi-schen Aufzeichnungen und Gerichts-urteile ausfindig gemacht werdenkonnten. Dies macht aber auch dieGrenzen unseres Wissens deutlich."Quod est in acta, id est in mundo".Was sich in Akten befindet, kann mitetwas Glück und Verständnis derArchive der Öffentlichkeit zugänglichgemacht werden. Was sich nicht inAkten befindet - ist weg. Alles in allemwar es aber sehr viel mehr, als manzunächst zu hoffen gewagt hatte.Möge dieser Aufsatz deshalb einAnstoß sein, in Koblenz und auchanderswo weiter nachzuhaken, autzu-klären und publik zu machen, und dasZiel des Koblenzer Fördervereins, einMahnmal für Opfer des Nationalsozia-lismus in Koblenz zu errichten, ver-wirklichen helfen.

Anmerkungen55) So die Begründung zur Siebten

D u rchf ü h ru n gsvero rd nu n g zu rKri e g sstrafu e rtah re n so rd n u n g v o m18. Mai 1940, zit. nach: GedenkstätteDeutscher Widerstand (Hg.): DasReichskriegsg e ri cht u nd d e rWiderstand gegen dien ati o n al sozi al isti sche He rrschaft ,Berlin 1993, S. 12.

56) Vgl. dazu die Anklageschrift desOberreichsanwalts beimVolksgerichtshof vom 28. März 1938,S. 19tt. und das Urteil desVolksgerichtshofs vom 10. Juni 1938,S. 14ff. - jeweils betreffend Georg S.u.a. - Aktenzeichen jeweils I J

684/37, in: Bundesarchiv (BA),Bestand VGH/Z S 85.

57) Vgl. dazu: Dieter Buslau: CarlVollmerhaus. Ein Leben für dieArbeitnehmer. Koblenz 1973, S.138f.,147, 178t.

58) Vgl. dazu und zum Folgenden:Landeswoh lfah rlsve rband H esse n(Hg.): "Verlegt nach Hadamar". DieG esch ichte ei n e r N S :' Euthanasi e" -Anstalt, 2. Aufl., Kassel 1994, S. 36f.und 69ff.

59) VgL dazu bereits den ersten Teildieses Aufsatzes in: Sachor, Heft 17- 1/99, S. 50 - 56t. -.

60) So das Bundesarchiv in seinemSchreiben vom 12. Januar 1999 anden Verfasser nach Auswertungeines Teils der Patientenkafiei (imBA, Bestand R 179 Kanzlei desFührers, Hauptamt llb - "Euthanasie"-Patientenakten).

61) Vgl. dazu insbes.: Günter Haffke:" Eugen i k" u nd "Euth anasie" wäh re n ddes Nationalsozialismus inAndernach, in: Historischer VereinAndernach (Hg.): Der AndernacherSpiegelcontainer. Mahnmal für dieO pfe r de r nationalsozi al istisch e nEuthanasie in der ehemaligenRheinprovinz. Andernach 1998, S. 13- 43.

62) So die Mitteilung von Frau Dr. Vaniavo m Lan deswoh lfah ftsve rbandHessen vom 17. November 1998 anden Vertasser.

63) Vgl. zu dieser Sonderproblematik:Reiner Pommerin: "Sterilisation derRhei nl and- Bastard e". D as Sch icksalei ne r farbi g e n deutschen M i nde rhe it1918 - 1937. Düsseldorf 1979; sowieden Aktenband "Rheinland-Bastarde", in: BA, Bestand R 18,1271.

64) Vgl. zu Böhmer: Herbert Heuß:Darmstadt. Auschwitz. DieVerto@ung der Sinti in Darmstadt.Frandurt/M 1995, S. 82 - 85; sowie:Vertasser: Arbeit im Steinbruch imAlter von erst zehn Jahren, Rhein-Zeitung (RZ) vom 20. Januar 1999

65) in: Stadtarchiv Koblenz, Bestand 623Nr.6105.

66) Vorgang in: Stadtarchiv Koblenz,Bestand 623 Nr. 6105.

67) Vgl. zu Reinisch u.a.: KlausBrantzen (Hg.): Pater FranzReinisch. Märtyrer derGewissenstreue, Bd. 1, 2. Aufl.,Vallendar-Schönstatt 1 987; Bd. 2,Vallendar-Schönstatt 1 987; HeinrichKreutzberg: Franz Reinisch. EinMäfirer unserer Zeit, Limburg 1953;Jutta Dirksen: Wagnis Freiheit. PaterFranz Reinisch. Vallendar-Schönstatt1993; sowie die Kurzbiografie in:Helmut Moll (Hg.): Zeugen fürChristus. Das deutscheMafirologium des 20. Jahrhunderts.2 Bände, Paderborn 1999, Bd. 2, S.836-840.

68) Vgl. dazu und zum Folgenden denunveröffentlichten, am 20. Juli 1998in Koblenz gehaltenen Vortrag desVerfassers: NS-Militär- und -Strafjustiz am Beispiel Koblenz.

69) Die Akten befinden sich imBundesarchiv - ZentralnachweisstelleKornelimünster.

70) Vgl. die Vertahrensakte des Gerichtsder Division Nr. 172 - ZweigstelleKoblenz- E h re nbre itste i n -,

Strafsachenliste lll Nr. 107/42.71) Zit. nach: Bundesminister der Justiz

(Hg.): lm Namen des DeutschenVolkes. Justiz und Nalionalsozialis-mus, Köln 1989, 5.209.

72) Vgl. dazu den bereits oben (Anm.68) erwähnten nicht veröffentl ichtenVortrag des Verfassers.

73) Aktenzeichen 2 S Ls 90/42,Landeshau ptarch iv Koble n z (LH AKO), Bestand 584,1 Nr. 2329; s.auch: Ministerium der JustizRheinland-Pfalz (Hg.): Justiz imD ritte n Re i ch. N S - S ond e rge ri chtsve r-fahren in Rheinland-Pfalz. EineD oku me ntati on. F ran kf u rt/M u. a.1994, S. 294 - 295.

74) Nach einem SS-Befehl, zit. nach:Marc Steinhoff: Widerstand gegendas Dritte Reich im Raum derkatholischen Kirche. Frankfurt/M u.a.1997, 5.89-

75) Vgl. Engelbert Monnerjahn: HäftlingNr. 29392. Der Gründer desSchö n stattwe rke s als Gefang e ne rder Gestapo 1941 - 1945, 2. Aufl.,Vallendar-Schönstatt 1 973, S. 42tf .

76) Vgl. Engelbert Monnerjahn, a.a.O.(Anm.75), S.52tf.

77) Vgl. zu Pater Fischer: MaurusMünch: Unter 2579 Priestern inDachau, Trier 1970, S. 157 - 158; s.auch: Engelberl Monnerjahn, a.a.O.(Anm. 75), S. 48 und 69f.

78) Vgl. zu Pater Eise u.a.: ElisabethSchmäh: Pater Albert Eise, o.O., o.J.(wohl: 1963); Eugen Schmidt: PaterAl bert Eise. Val I e n dar- Schönstatt1981 ; Albert Eise: Seine Handschrift -G esch ichte (m it) g esch riebe n. Lebe nund Wirken von Pater Albert Eise, 2.Aufl., Vallendar-Schönstatt 1 992 ;sowie demnächst die Kurzbiografiein: Helmut Moil (Hg.), a.a.O. (Anm.67), 8d.2,5.823-826.

79) Vgl. u.a.: Engelberl Monnerjahn,a.a.O. (Anm.75), S.72ff; sowieauch: ders.: Pater Josef Kentenich.Ein Leben für die Kirche, 3. Aufl.,Vallendar-Schönstatt 1 990, S. 1 87ff;Josef Kentenich: Am Montagabend.Mit Familien im Gespräch, Bd. 1, 2.Aufl., Vallendar 1994, S.51ft.

80) Vgl. dazu: Eugen Caspary:Hauptlehrerin Maria Hilfrich (1889 -1965). Eine Schönstätterin imWiderstand, in: Archiv fürM ittel rhei n i sch e Ki rchengesch ichte,1997, S. 293 - 318; lnternationaleF ra u e n b e g e g n u n g sstätt eRave n sb rück. Förderue re i n ( Hg. ) :Christliche Frauen im Widerstehengegen den Nationalsozialismus,Berlin 1998, S. 25 - 27.

81) Vgl" zu ihr: Elisabeth Schmäh:Adsum. Lebensbild von LotteHolubars + im KZ. Wangen imAllgäu 1 954; lnternationaleF rau e n b e g e g n u n g sstätt e.Förderverein (Hg.), a.a.O. (Anm. 80);sowie die Kurzbiografie in: HelmutMoil (Hg.), a.a.O. (Anm.67), Bd.2,s.898-901.

82) Vgl. zu Hedwig Birnbach:I nte rn atio n ale F rau enbegeg n u n g s-stätte Raven sb rück. Fö rde rve re i n(Hg.), a.a.O. ( Anm. 80), S. 57 -58.

83) Vgl. zu Maring demnächst dieKurzbiografie in: Helmut Moll (Hg.),a.a.O. (Anm. 68), Bd. 2, S" 791-795.

84) Vgl. zu ihm: Michael Hoellen: PfarrerJoseph Bechtel. Kaplan Peter

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26 SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz Heft Nr. 18 - 1/00

Schl icke r. M e ndi g e r M ärtYre r.Leutesdorl 1991; Martin Persch:"Meine Zeit hier ist reich ..." DieTrierer Mäfi rerqriester imKonzentrationslager Dachau 1940 -1945, in: Kurtrierisches Jahrbuch1997, S. 157 - 182 ( 170 - 17a);sowie demnächst die Kurzbiografiein: Helmut Moll (Hg.), a.a.O. (Anm.68), 8d.1, S. 565-568.

85) VgL zu Kaplan Schlicker: MichaelHoellen, a.a.O. (Anm. 84); MaftinPersch: "Meine Zeit hier ist reich...",a.a.O. (Anm. B4), S. 166 - 170; sowiedemnächst die Kurzbiografie in:Helmut Moll (Hg.), a.a.O- (Ann. 68).86 Vgl. zu ihm: Mariin Persch:"Meine Zeit hier ist reich ...", a.a O.(Anm.84), S. 158 - 162; sowie seineKurzbiografie in: Helmut Moil (Hg.),a.a.O. (Anm. 68), 8d. 1, 5. 574'577-

86) Vgl. zu Zilliken: Martin Persch:,,Meine Zeit hier ist reich...", a. a. O.(Anm. B4), S. 158-162 sowie dieKurzbiografie in: Helmut Moll (Hg.),a. a. O. (Anm. 68), Bd. 1, S. 584-587.

87) Vgl. zu ihm: Marlin Persch: "MeineZeit hier ist reich ...", a.a.O. (Anm.84), S. 162 - 166; sowie dieKurzbiografie in: Helmut Moil (Hg.),a.a.O. (Anm. 68), 8d. 1, S. 577-580.

88) Vgl zu ihm: Eva Wetzler: DieKatholische Kirche und derNationalsozialismus in Ludwigshafen1933 -1945. Speyer 1987, S. 46 - 52;sowie seine Kurzbiografie in: HelmutMoll (Hg.), a.a.O. (Anm. 68), Bd. 1,

s.561-564.89) Vgl. zu Pfarrer Ziegler: Mafiin

Persch: "Meine Zeit hier ist reich ...",a.a.O. (Anm. 84), S. 174 - 177; sowiedemnächst die Kurzbiografie in:Helmut Moll (Hg.), a.a.O. (Anm. 68),Bd"l 5.581-583

90) Vgl. zu Andreas Hoevel u.a.: AntjeMüller: Widerstand während desNationalsozialismus in der RegionKoblenz unter besondererBe rücksi chtig u ng des Ged e n ke n sund der didaktischen Vermittlung.Wissenschaftliche Prüfungsarbeit ande r lJ n ive rsität Kobl e n z-Landau i nKoblenz, 1999, 5.69 - 74; sowieVerfasser: Der Roman "Nackt unterWölfen" wurde ihr "Denkmal", RZvom 5. Januar 1999.

91) Vgl. zu Hugo Salzmann:Biographisches Handbuch derde utsch sp rach i g e n E mi g ration nach1933, Bd. 1, München u.a. 1980,Stichwort: Salzmann, Hugo; sowievor allem zu Julianna Salzmann:Lore Wolf: Ein Leben ist viel zuwenig, 2. Aufl., (Ost-)Berlin 1979, S.72 - 84, 125 - 126.

92) Vgl. zu Thielen: Martin Schumacher:M.d. R. Die Reichstagsabgeordnetender Weimarer RePublik in der Zeitdes Nationalsozialismus, 3. Aufl.,Düsseldorf 1 994, Stichwort: Thielen,Nikolaus; sowie: Günter Bers: EineRegionalgliederung der KPD. DerBezirk Mittelrhein und seineParteitage in den Jahren 1927/1929.Reinbek bei Hamburg 1981 , S. lBg '190.

93) Vgl. zu Geisen: DeutscheWiderstandskämPfer 1933 - 1945,Bd.2 (Ost-) Berlin 1970, S.301 -302; Biographisches Handbuch derd e utsch sprachi g e n E mi g ration nach

1933, a.a.O" (Anm" 91), Stichwort:Geisen, Hermann.

94) Aktenzeichen 17 J 454/34, in: BA,Bestand R 3017 ORANGH.

95) Vgl. zu ihr die Meldung wichtigerstaatspol iti sch e r E rei g ni sse vom 6.

Oktober 1941 , in: BA, Bestand58/197, fol. 1- 171 Nr. 3.

96) lnformation vom Stadtarchiv Koblenz(Herr Kleber).

97) Vgl. das Schreiben Hugo Salzmannsvom 2. September 1948, in: BA,Bestand Z 42/lV/4531, Bl. 134f.

98) Aktenzeichen 9 J 124/42, in: BA,Bestand NJ 7702.

99) Vgl. Anm. 95.l7?)Aktenzeichen 9 J 162/42 g, in: BA,

BestandVGH/Z,G-58.101)Vgl. dazu Sachor, Heft 17 - 1/99, S.

50 - 55.1l2)Aktenzeichen 15 J 734/33, in: BA,

Bestand 3017.113)Aktenzeichen 6 O. Js 656/35; von

dem lJrteil existiert nur noch derlJrleilseingang und die Ufteilsformel,weiter vorhanden ist dieAnklageschrift der Generalstaatsan-waltschaft Hamm vom 29. Juli 1936,be ides i n : N ord rh ei n-Westf äli sche sStaatsarch iv M ü n ster, S ig natu r :Generalstaatsanwaltschaft Hamm, 1 .

lnstanz, 1933 - 1945, Nr.8363 undNr.8364.

104Vgl. Detlev Peukerl: Die KPD imWiderstand. Verlolgung undlJntergrundarbeit an Rhein und Ruhr1933 bis 1945. WuPPertal 1980, S.

270.1?S)Aktenzeichen 9 J 907/35, in: BA,

Bestand VGH B 536 (Angaben nachDetlev Peukert: Die KPD imWiderstand, a.a.O., Anm. 104); sowiedie Hinweise in der Anklageschriftde r G e ne ralstaatsanwaltsch aftHamm vom 29. Juli 1936 -Aktenzeichen 6 O. Js 656/35 -,

a.a.O., Anm. 103).1?0)Aktenzeichen 9 J 684/37, in: BA,

Bestand VGH/Z S 85.107)Vgl. dazu bereits oben bei Anm. 90;

speziell zu Anneliese Hoevel: Juttavon Freyberg/Ursula Krause-Schmitt:Moringen. Lichtenburg. Ravensbrück.Frauen im Konzentrationslager 1933- 1945, Frankfutt/M 1997, S. 65 - 67;sowie zur "GruPPe Hoevel-Noetzel":Lothar BembeneU Axel Ulrich:Widerstand und Vetlolgung inWiesbaden 1933 - 1945, Gießen1990, S. 93 - 98.

1??)Urteil vom 1. Dezember 1934 -Aktenzeichen O. J. 145/34, in: BA,Bestand NJ, Nr. 9225.

11?)Aktenzeichen 6 O. Js 656/35, s. dazubereits Anm. 103

11?)Aktenzeichen O Js 41/42, in: BA,Bestand NJ, Nr.2548

111)Zit. nach: Rolf Eilers (Hg.): Der BundNeudeutschland im Dritten Reich'Mainz 1985, S. 13.

112)Vgl. dazu: Helmut KamPmann:"Weiße Bose" erinnert an KoblenzerGrauen Orden, RZ vom 7. November1994.

113)Aktenzeichen 2 Kls 8/40.ll4)Aktenzeichen I J 162/40, in: BA,

Bestand NJ, Nr. 10143, Bd. 1.

11 5)Vorgang in: LHA KO, Bestand 517,1Nr. 155.

11i)Vorgang in: LHA KO, Bestand 517,1Nr. 179.

117)Vgl. dazu im Einzelnen: Elmar Ries:

Die Deportationen von iüdischen IMitbürgern aus Koblenz und I

Umgebung. in: Sachor. Heft 5, 1993, Is. 52 - 4s-. I

119)Vgl. zu Dr. Treidel: Verfasser: Boykotlund Depoftation für zwei mutigeRechtsanwälte, RZ vom 16./17.Januar 1999; seine General-/Personalakten als Referendar undRechtsanwalt befinden sich in: LHAKO, Bestand 583,1 Nr. 1701 .

119)Vgl. zu Dr. Brasch ll: Hildburg-HeleneThill: Lebensbilder iüdischerKoblenzer und ihre Schicksale,Koblenz 1987, S. 200, 310 und 363;Erich Klinge: Geschichte derAnwaltschaft im de rzeitigen Bezi rkdes Landgerichts Koblenz von derBeendigung der FranzösischenRevolution bis zum Ende desZweiten Weltkrieges, in: Geschichteder Rechtsanwaltschaft imObe rl and esge richtsb ezi rk Kobl e nz.Neuwied und Berlin 1997, S. 1 - 51(45).

120)Vgl. hierzu und zum Folgenden die"Zigeunerakten" des Polizeipräsidi-ums Koblenz in: LHA KO Bestand517,1 Nr.210 und 211.

121)Vgl. dazu: Hildegard Brog:Hingerichtet, weil er ein Paar Schuhestahl, RZ vom 23./24. SePtember1995.

122)Akten über im städtischenKrankenhaus Kemperhof in Koblenz-Moselweiß "behandeltef'Zwangsarbeiterlnnen befinden sich -noch ungesichtet - im StadtarchivKoblenz.

123)Vgl. zu ihm: Verfasser: "... weil ichHunger hatte und so viel arbeitenmusste", RZ vom 13. Januar 1999;Strafakte des SondergerichtsKoblenz - Aktenzeichen 2 S 80/42,in: LHA KO Bestand 584,1 Nr. 503; s'auch: Ministeriumder Justiz Rheinland-Pfalz (Hg.):Justiz im Dritten Reich. NS-Son de rge richtsve rf ah re n i nRheinland-Pfalz. Eine Dokumentati-on. Frankfurl/M u.a. 1994, Teil 3, S.291f.

1 24) M eld ung w i chti ge r staatspoliti sch e r' Ereignisse vom 13. August 1943, in:BA, Bestand R 58/211 Nr.2 5.4.

1 2 5) M el d u n g wichti g e r staatspol iti sch e rEreignisse vom 10. Dezember 1943,in: BA, Bestand R 58/212 Nr. 2 S' 6.

126)Vgl. dazu: Adalbert Rückerl: NS'Verbrechen vor Gericht. 2. Aufl.,Heidelberg 1984, S. 85f; Strafakte 2J 584/43 in: BA, Bestand VGH/Z Nr'K 683

127)Vgl. zu Anna Speckhahn demnächstdle Kurzbiografie in: Helmut Moll(Hg.), a.a.O. (Anm.67), Bd.1, S.590-593.

128)Vgl. zu Erxleben: Wilfried Meyer(Hg.): Verschwörer im KZ. Hans vonDohnanyi und die Häftlinge des 20.Juli 1944 im KZ Sachsenhausen.Berlin 1998, S. 228 - 231 ; sowie:Vertasser: Mut, Leidenschaft undHeiterkeit - das waren seineVermächtnisse, RZ vom 23./24.Januar 1999.

129)Vgl. zu Maria Terwiel: JohannesTuchel: Maria Terwiel und HelmutHimpel: Christen in der HotenKapelle, in: Hans CoPPi/JürgenDanyel/Johannes Tuchel (Hg.): DieRote Kapelle im Widerstand gegen

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Heft Nr. 18 - 1/00 SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz 27

den Nationalsozialismus. Berlin 1 994,S. 213 - 225; Rund um Boppard,1959, Nr.1 vom 3. Januar 1959"Maria Terwiel. Ein Bopparder KindOpfer des Widerstands", sowie:Vertasser: Für die "Halbjüdin" hießes: "Har7 werden! Fest bleiben!, RZvom 7. Januar 1999; neuestens dieKurzbiografie in: Helmut Moll (Hg.),a. a. O. (Anm.67), Bd. 1,5.146-149.

130)Vgl. zu Adolf Reichwein u.a.: UlrichAmlung: "... in der Entscheidung gibt

es keine Umwege." Adolf Reichwein1898 - 1944. Reformpädagoge,Sozial i st, Wide rstands kämpf e r. 2 "

Aufl., Marburg 1999.131 )Vgl. zu ihnen: Bengt von zur Mühlen

(Hg.): Sie gaben ihr Leben.Unbekannte Opfer des 20. Juli 1944.General Fritz Lindemann und seineFl uc hth e lfe r. Be rl i n - Kle i n mach n ow1995, S. 86 - 93, 334f; HeleneRothländer: "ln Deinen Händen ruhetmein Geschick." Erinnerungen aus

schwerer Zeit. Privatdruck, S. 16 -18. Vgl. zu ihr: Helmut Kampmann:Frauen in Koblenz machtenGeschichte. Bonn 1999, S.95 - 98;sowie die autobiografischeSchilderung Helene Rothländers: "1 nDeinen Händen ruhet meinGeschick." Erinnerungen ausschwe re r Ze it, P rivatdruck.

. inhaltliche und methodischeGemeinsamkeiten und Unterschie-de aufzeigen, um sowohl dieGemeinsamkeit als auch dasjeweils eigene Profil klarer hervor-treten zu lassen.

Nach außen soll sie. Stellung zu aktuellen, die Gedenk-

stättenarbeit direkt oder auch indi-rekt berührende (2. B. Gewalttatenvon Rechtsextremisten) Fragenbeziehen,

. die Öffentlichkeit systematisch überdie Arbeit der Gedenkstätten undErinnergsinitiativen informieren (u.a. in einer eigenen Homepage imlnternet),

. Gesprächspartner für die verant-wortlichen Politiker in Wiesbadenoder auch Berlin sein.

Die Gründungsversammlung inMarburg wählte aus ihrer Mitte vierSprecher: Pfarrer Walter Ullrich (För-derverein Jüdische Geschichte undKultur im Kreis Groß-Gerau), Doro-thee Lottmann-Kaeseler (FörderkreisAktives Museum Deutsch-JüdischerGeschichte in Wiesbaden), PD Dr.

Georg Lilienthal (Gedenkstätte Hada-mar) und Prof. Dr. Dietfrid Krause-Vilmar (Gedenkstätte Breitenau). Wei-tere lnitiativen werden gebeten, sichmit einem der Sprecher in Verbindungzu setzen.

Gedenkstätten in Hessenschließen sich zt sammenvon Prof. Dr. Dietfrid Krause-Vilmar und PD Dr. Georg Lilienthal

In Marburg wurde im Septembereine ,,lnteressenvertretung derGedenkstätten und Erinnerungsinitia-tiven zur NS-Zeit in Hessen" gegrün-det. lhr gehören zwölf Gedenkstättenund Erinnerungsinitiativen im Bundes-land Hessen an. Lokale Erinnerungsi-nitiativen, die sich beharrlich seit Jah-ren um den Erhalt einer in der Nazi-zeit zweckentfremdeten Dorfsynago-ge und um deren Wiederherstellungbemühen wie z.B. der ArbeitskreisLandsynagoge Roth bei Marburg oderder Förderverein Jüdische Geschich-te und Kultur im Kreis Groß-Gera zugehören ebenso dazu wie die vomLand Hessen institutionell geförderteGedenkstätte Hadamar bei Limburg.Das Dokumentations- und lnformati-onszentrum in Stadtallendorf erinnertan das damalige Außenkommandodes KZ Buchenwald, in dem ausUngarn deportierte Frauen Zwangsar-beit verrichten mussten.

Der Arbeitskreis Spurensuche imDGB Schwalmstadt geht derGeschichte des großen Kriegsgefan-genenlagers lXA, aus dem der heuti-ge Ort Trutzhain entstanden ist, nach.ln Laubach hat sich die Baracke einesehemaligen Zwangsarbeitslagerserhalten und in Breitenau bei Kasselist ein Gedenkort eingerichtet, der andie gefangenen Menschen im Kon-zentrationslager und Arbeitserzie-hungslager in der Nazizeit erinnert.

Da sich in den letzten Jahren neue

Gedenkstätten und lnitiativen in Hes-sen gebildet haben, erscheint einegemeinsame Beratung und lnteres-senvertretung überfällig. ln Baden-Württemberg und in Nordrhein-West-falen sind die dort arbeitenden Ein-richtungen längst zusammenge-schlossen; sie bilden nicht zuletztauch einen Gesprächspartner für diejeweiligen Landesregierungen. Unmit-telbarer Anlass für den Zusammen-schluss war die Absicht der Bundes-regierung, dem Deutschen Bundestagein Konzept zur Förderung derGedenkstätten vorzulegen. Und daerscheint es sinnvoll, die fast zwanzi-gjähringen Erfahrungen in Hessen zuformulieren und auch in Berlin zurSprache zu bringen.

Die lnteressenvertretung will dieWirkung der in den hessischenGedenkstätten und Erinnerungsinitia-tiven geleisteten Arbeit bündeln unddadurch stärken. Zu diesem Zwecksoll sienach innen. einen landesweiten lnformations-

austausch untereinander fördern(vielleicht auch durch einen Rund-brief bzw. durch ein lnformations-heft),

. Kooperationen bei Veranstaltungen(Ausstellungen, Gedenktagen undProjekten) erleichtern,

. Rat und Unterstützung bei lokalenKonf likten oder Schwierigkeitengeben,