Heimatbuch Hennersdorf_101-150

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Blick auf Wartenberg - im Hintergrunde der die Landschaft prägende Roil mit der Burgruine auf dem Gipfel SchloßWartenberg - früherer Sitz der Grundherrschaft - der Eingang zum Schloßhof von der Anhöhedes Schloßberges aus r*'. A-PDF Split DEMO : Purchase from www.A-PDF.com to remove the watermark

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Blick auf Wartenberg -im Hintergrunde der die Landschaft prägende Roil mit der

Burgruine auf dem Gipfel

Schloß Wartenberg -früherer Sitz der Grundherrschaft - der Eingang zum Schloßhof

von der Anhöhe des Schloßberges aus

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Nachdem durch die Abschaffung der Leibeigenschaft im Jahre 18s0 keine Abga-beverpflichtungen an die Grundherrschaft mehr bestanden, konnte das gesamteanfallende wirtschaftseigene Futter auch in der eigenen Wirtschaft zum Einsatzkommen. Das hatte zur Folge, daß sich der Viehbesatz erhöhte und analog dazuauch der Anfall von Stallmast als Humusquelle. Die von ihrer Entstehung herhumus- und kalkarmen Böden konnten nur durch eine ständige Stallmistzufuhrfruchtbar gehalten werden, worauf das System der "Fünffelderwirtschafl" mit ei-nem hohen Anteil an natürlichem Grünland und demzufolge hohem Viehbesatzbasierte.

Der allgemeine Aufschwung nach 1850 und insbesondere auch die Entstehungvon industriellen Zentren in Nordböhmen lösten einen neuen Land-zur-StadtTrend aus, denn der Aufschwung der Industrie hatte zur Folge, daß zur Arbeitauch Menschen aus ländlichen Gebieten angezogen wurden. Viele Berufstäfige,die mit ihren Familien in Hennersdorf in Häuseln wohnten, fanden durch <JieseEntwicklung nun auch außerhalb des Ortes neue Verdienstnrö$lichkeiten. Dertägliche, mitunter allwöchentliche Weg von und zur Arbeitsstelle erforderte oft-mals über Stunden lange und beschwerliche Fußmärsche, die, sofern sich der Ar-beitsplatz in Reichenberg und Umgebung befand, über den Jeschkenkamm, das"Ausgespann", führten. Eine fühlbare Erleichterung trat erst vom Jahre 1900 anein, als die Nordböhmische Eisenbahnstrecke Teplitz - Aussig - Tetschen - Rei-chenberg in Betrieb genommen wurde. Hennersdorf lag weit entfernt, etwa durch-schnittlich 8 - 10 km von den Zusteigebahnhöfen: Großgrünau - Brins/L'h - Wal-ten - Deutsch Gabel - Lämberg - Ringelshain - Schönbach - Kriesdorf. Die Be-und Entladung der Bahnfracht konzentrierte sich insbesondere auf den BahnholGroßgrünau, denn auf dieser Wegstrecke war der geringste Höhenunterschiecl fürMensch und Zugtier zu überwinden (siehe Streckenskizze unten).

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Die Streckenführung der Nordböhmischen Eisenbahn

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Die Hennersdorfer Bau- und Industriearbeiter hatten es seit dem Aufkommen die-ser Berufsstände immer schwer, ihren Arbeitsplatz der weiten Entfernung wegenzu erreichen. Oft blieben sie vom Montag bis Samstag am Arbeitsplatz in Quartie-ren und kamen nur über Sonntag zu ihren Familien nach Hause. Schon in derZeit vor und nach 1900 war es so, daß vor allem die Bauarbeiter den Winter übermitunter ohne Arbeit und finanzielle Einkünfte waren.

Sofern diese Arbeiterfamilien zu Hause keine bäuerliche Hauswirtschaft betrie-ben, wurde deren allgemeine Lebenslage, wenn die Familie kinderreich war, sehrprekär. In dieser einkommenslosen Zeit der Väter wurde bescheidenen Verdienst-quellen durch Handwebearbeiten, Besenbinden, Körbeflechten, Waldarbeiten oderArbeiten in Steinbrüchen nachgegangen. Dieser Zuverdienst und die aufgespar-ten Notgroschen mußten ausreichen, daß die Familien durch den Winter kamen.

Der allgemeine Wohlstand im Lande Böhmen und insbesondere im nordböhmi-schen Raum verbesserte sich ganz wesentlich durch die Konzentration von Indu-striezweigen, wovon die ansässige Bevölkerung in hohem Maße materiell und fi-nanziell profitierte

Dennoch war die sozial-wirtschaftliche Lage, insbesonder der "Häusler" im Dorfe,zu jener Zeit und eigentlich schon lange nicht gut. Bei ihnen setzte sich zuneh-mend das Bestreben durch, zur Absicherung des eigenen Lebensunterhaltes soviel wie möglich Land als Eigentum oder in Pacht zur Bewirtschaftung unter dieFüße zu bekommen, um von den Erträgen eine kleine Viehhaltung und die Siche-rung des Bedarfes an Brotgetreide zu ermöglichen. Sehr zugute kam diesem Be-streben zur Eigenversorgung, daß im Jahre 1878 vom Herrschaftsbesitz des Gra-fen Cfam-Gallas die "Schwarzwaldflur" autparzelliert an Hennersdorfer Interes-senten, hauptsächlich aus dem Oberdorfe, verkauft wurde. Weitere Möglichkeitenzum Erwerb von Feld- und Wiesenparzellen boten sich durch den Verkauf ausmehreren Wirtschaften im Dorfe an, wie z. B. im Jahre 1895 aus dem Besitz vonNr.97, im Jahre 1903 aus dem Besitz von Nr.100, im Jahre 1904 aus dem Besitzvon Nr.112, im Jahre 1905 aus dem Besitz von Nr:5, im Jahre 1909 aus dem Be-sitz von Nr.21, im Jahre 1910 aus dem Besitz von Nr.37 sowie der gesamte zuNr.38 gehörende Teilstreifen "Am unteren Viehwege" und im Jahre 1934 ausdem Besitz von Nr.54. Diese aufparzellierten Verkäufe von Wirtschaften sind dieAusnahme, daß historisch entstandene Wirtschaftsstreifen innerhalb der Waldhufevon Hennersdorf aus existenziellen Gründen durch Verkauf zer:schlagen wurden.Desweiteren gab es auch ganz oder teilweise verpachtete Wirtschaften, derenFlächen von Feldgärtnern und Häuslerbetrieben bewirtschaftet wurden. In derEndphase dieser Entwicklung waren aus einer großen Anzahl von Häuslerstellenin Hennersdorf kleine landwirtschaftliche Nebenerwerbsbetriebe in der Größenord-nung von t ha und mehr entstanden, wozu in der Folge dann auch kleinere Stall-und Scheunenbauten erforderlich waren. Diese Möglichkeit, daß nach 1850 auchdie Häusler Bodenbesitz durch Kauf oder Pacht enrerben konnten, war die großeund auch genutzte Chance für Hennersdorf. Die so entstandenen landwirtschaftli-chen Kleinstbetriebe nahmen gleich jenen der Feldgärtner und Bauern an der all-gemeinen Aufwärtsentwicklung des Dorfes aktiv teil. Gleiche berufliche Interessenam Landbau bei der überwiegenden Zahl der Ortsbewohner halfen, daß sozialeSpannungen durch unterschiedliche Besitzgrößen stark abgebaut werden konn-ten.

Aus dieser Sachlage gleicher Interessen an einer wirtschaftlichen Aufwärtsent-wicklung Hennersdorfs resultiert von 1850 an die große Kraft, durch die sich einebäuerliche Dorfgemeinschaft aufbauen konnte, die in Gründung und Organisationdes späteren örtlichen Genossenschafts- und Vereinswesens beispielhaft arbeite-te und bis zur Vertreibung ihresgleichen suchte.

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Nicht unerwähnt darf bleib€n, daß sich in dieser Zeit auch die Handwerksbetriebe,die im Nebenenrerb meistens auch noch etwas Land bewirtschafteten, gut ent-wickelten. Auch der örtliche Handel kam auf. Der am längsten ansässige Hand-werksbetrieb in einem der historisch ältesten Gebäude von Hennersdorf ist die"Obere", die Wobischmühle. lm 16. Jahrhundert wurde die Mühle an der engstenStelle unterhalb des Kirchhügels, noch vor der Umverlegung der Dorfstraße vonoberhalb der Kirche dorfabwärts, mitten in der Ortslage gebaut. Wahrscheinlichgeschah das schon vor der "Wartenberger Erbteilung" im Jahre 1544 (sieheDorfplan).

Unter Beibehaltung der ursprünglichen Schichtung der Holzbalkenlagen wurde m1nur einem massiven Anbau an der hinteren Hausfront die baufältig gewordeneObere Mühle um das Jahr 1900 einer gründlichen Renovierung unterzbgen. Dasneue Dach und die Giebelgestaltung sind dabei besonders zu erwähnen.

Die Wobischmühle mit St. Florian an der Hausfront. Von dem aus hussitischerZeit stammenden Wetterhahn auf dem Hausgiebel zur Kirche hin ist leider nur dieSitzstange angedeutet. Am Gartenzaun ist där btzte Besitzer, Raimund Wobisch,mit seiner Familie zu sehen.

Bis zum Jahre 1752 war die Mühle im Besitze der Grundherrschaft. Mit dem Na-men Wobisch war aber die Mühle bereits über 100 Jahre früher verbunden. Dieauf der nächsten Seite aufgeführte Ahnenfolge ist der beste Beweis dafür.

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Georg Wobisch

Anton Wobisch

Josef Wobisch

Josef Wobisch

Anton Wobisch

Josef WobischAnton Wobisch

Karl Wobisch

Raimund Wobisch

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- geb. 16?2, gest. 1694 - henschaftlicher Obermüller

- geb. 1694, erwirbt die Mühle durch Kauf im Jahre 1752

- geb. 1752, gest. 1823

- geb. 1774, Besitzer beider Mühlen, der Oberen Mühlein Nr.135, der Unteren Mühle in Nr.222

- geb. 1812, Besitzer beider Mühlen von 1835 - 1863

- Besitzer beider Mühlen- Besitzer beider Mühlen

- geb. 1842, Besitzer der Oberen Mühle von 1880 an,Verkauf der Unteren Mühle Nr.222 ;

- geb. 1885, Besitzer der Mühle von 1907 an. Nach sei-nem frühen Tode im Jahre 1938 Weiterführung derMühle bis 1945 durch die Ehefrau Anna Wobisch unddem ältestem Sohn

- geb. 1920Max Wobisch

Die Niederlage Osterreichs in der Schlacht bei Königgrätz 1866

Seit dem Ende des Siebenjährigen Krieges blieb Böhmen von Kriegen verschont.Doch dann erschütterten in den Sommermonaten des Jahres 1866 Kriegsereig-nisse den nordböhmischen Raum. Weil sich Österreich weigerte, die entferntenHerzogtümer Schleswig und Holstein an Preußen. abzutreten, kam es zu einemKriege zwischen beiden Mächten. ,

Mit der Strategie des "getrennt marschieren - vereint schlagen" rückten diepreußische Elbarmee und die schlesische Armee mit insgesamt 278.000 Mannaus mehreren Richtungen in Böhmen ein und auf die Räume Jitschin-Königgrätzztr, wo clie österreichische Nordarmee mit 240.000 lvtann aufmarschiert war.Während des Aufmarsches der Preußen kam es in den Hennersdorf nächstliegen-den Räumen von Benatek, Hühnerwasser und Münchengrätz zu Vorgefechten mitden Österreichern

Unter dem persönlichen Oberbefehl des Königs von Preußen, Wilhelm ll., der am1. Juli in Jitschin eingetroffen war, kam es am 3. Juli 1866 zur g.roßen Schlachtbei Königgrätz. Sie endete mit einer dramastischen Niederlage Osteneichs, wo-rauf sich Kaiser Franz Josef l. (1848 - 1916) veranlaßt sah, durch die VermittlungFrankreichs mit den Preußen Friedensverhandlungren aufzunehmen. Dennoch be-setzten die Preußen am 8. Juli auch Prag und am 12. Juli Brünn. Nur der Waffen-stillstand von Nikolsburg verhinderte es, daß nicht auch Wien besetzt wurde.

fun 23. August 1866 kam es zwischen Preußen'und Österreich in Prag zu einemFriedensabschluß, der Österreich harte Bedingungen auferlegte und einen großenPrestQeverlust zur Fol0e hatte, so u. a.:

- die Abtretung von Schleswig und Holstein an Preußen,- die Auflösung des Deutschen Bundes und Neugestaltung Deutschlands ohne

den Einfluß Österreichs und- die Verpflichtung Österreichs zur Zahlung von 20 Millionen für Kriegskosten.

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Noch zur Schulzeit in den zwanziger Jahren wurde gelehrt, daß in dem von Hen-nersdorf etwa 30 km entfernten Hühnerwasser noch eine von Einschüssen durchKanonenkugeln durchlöcherte Scheune von 1866 stehe. Auch die sich an denl0ieg von 1866 noch erinnernden Großeltern erzählten von ihren Erlebnissen, daßdie Preußen durch den Ort zogen, aus der Richtung von der Burgruine Bösig Ka-nonendonner zu hören gewesen sei und vom 20. August an bis zum 2. Septem-ber 460 preußische Solddaten mit ihrem Troß einquartiert waren.

Obzwar Hennersdorf in den kriegerischen Sommermonaten von 1866 auch etwaszu Schaden gekommen war, besonders durch die Requirierung von Lebens- undFuttermitteln während der Zeit der Einqquartierung der 460 Preußen und ihresTroß, kann von weiteren nennenswerten Schäden an Gebäuden u. a. nichts be-richtet werden. Die gute Entwicklung seit 1850 konnte sich fortsetzen.

Die große Zeit des Bauens,der Vereins- und Genossenschaftsgründungen

Beginn einer regen Bautätigkeit

Jene Gehöfte, Gebäude von Feldgärtnern und Häuslern, die den DreißigjährigenKrieg heil überstanden hatten oder bald danach aufgebaut wurden, waren im Ver-laufe der folgenden zwei Jahrhunderte stark baufällig geworden und zum Abbruchreif. Diese baulichen Erfordernisse hatten zur Folge, daß schon vom Beginn des19. Jahrhunderts an, aber ganz besonders nach 1850, im Dorfe eine rege Bau-tätigkeit begann, die sich in abklingender Form bis in das 20. Jahrhundert fort-setzte. Es wurden Häuser, einschließlich der anschließenden Stallungen und auchScheuneR, von Grund auf neu gebaut. Mit der bautechnischen Lösung und derenVerwirklichung wurde schon sehr früh den Erfordernissen einer verbessertenWohnkultur auf dem Dorfe und einer sich vorwärts eitwickelten LandwirtschaftRechnung getragen. Die Wohnräume und Stallungen wurden geräumiger und mitviel Tageslichteinfall gebaut. Die z. T. deckenlastigen Scheunen waren in ihrerProjektierung so ausgelegt, daß in großen Bansen beiderseits der Tenne unddarüber alles anfallende Druschstroh und das Heu gelagert werden konnten. Diebreite Tenne und weitere Überdachungen boten gentigend Fläche zum Abstellender Fuhrwerke, der Gerätschaften und Maschinen. Das Wochenende über in je-dem Falle und auch durch den ganzen Winter standen dieselben unter Dach. Eswar dies eine vorbildliche Abstellordnung, die für einen ausgeprägten Ordnungs-sinn der Hennersdorfer sprach.

Aber nicht nur die allgemeine wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung nach 1850 warfür Hennersdorf bedeutsam. Noch um vieles wichtiger, geradezu die Vorausset-zung dafür, war die Persönlichkeitsentwicklung aller Ortsbewohner.

Die Abschaffung der Erbuntertänigkeit und in der Folge davon auch der Wegfallder Abhängigkeit vom Grundherrn waren dafür entscheidend. Sie lösten dieseEntwicklung aus und förderten sie.

Aus der Persönlichkeitsentwicklung durch Arbeit auf eigenem Grund und Boden,die feder nach seiner ihm innewohnenden Willenskraft und seinen geistigenFähigkeiten auf eigene Weise gestalten konnte, erwuchs schon mehrere Jahr-zehnte vor der Jahrhundertwende bei den Bauern der Wille zu gemeinsamer Ar-beit, im Sinne des Begründers genossenschaftlicher Gedanken, Friedrich WilhelmRaiffeisen: "Einer für alle - alle für einen!".

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Außer den Gründungen von Genossenschaftertkam es auch zu Gründrnn"n ,onVereinen, deren Ziele gemeinnütziger und gesellschaftlicher Art waren. Mit denfolgenden Ausführungen ist beabsichtigt, ü6er das Genossenschafts- und ver-einswesen in Hennersdorf ausführricn zü berichten.

Die Gründung der freiwilligen Feuerwehr

1 8 6 7 wurde die freiwillige Feuerwehr gegründet. Dem Feuerwehrverein war ei-ne freiwillige Krankenunterstützungst<assö flr in Not geratene, insbesondere älte-re Mitglieder, angeschlossen. Eiie heruori"g"^de iat soziaien Gemeinschafts-denkens zu so früher Zeit. Die langgestrecktä ortslage von s km gab im Intöres-se eines schnellen Einsatzes der Fäuerwehr im Ernstfalle den Anlaß dazu,daß imJahre 1898 im oberdorfe ein zweites Feuerwehr-Gerätehaus errichtet und ausge-stattet wurde' so verfügte der ort danach über zwei Löschzüge: ober- und Nie-derdorf und einen steigerzug, der seine e"rritrJ;;;'iärarrigen spritzen_haus des Niederdorfes abgeötetlt hatte. Von Anbeginn durften der Feuerwehr nurunbescholtene Männer angehören- Eine unehrenhafte Handlung führte zum Aus-schluß aus den Reihen der Feuerwehr. Der Dienst in der Feuerweh r war Ehrensa-che!Kornplettiert und in ihrem Einsatz wirksamer wurde die Feuerwehr durch den Kaufeiner Motorspritze im Jahre 19?.9, die im spritzenhaus des Niederdorfes in ständi-ger Einsatzbereitschaft abgestellt war.Die Hauptzeit der Feuerwöhrübungen lag in den Monaten Mai/Ju,.,r und erstrecktestch auf 6 ubungen der beiden t-oscnzlge, des steigerzuges und als Abschlußerner Großübung aller drei Züge.Diese Feuerwehrübungen gehiren zu den schönen Erinnerungen an frühere Zei-ten, wenn an den Übungssonntagen frühmorgens um 5.30 uhr die Feuerwehrdurch Hornsignale zu einär Übung zusammengerufen wurde. Auf Fahrrädern undzu Fuß eilten die wehrmänner in unifomro"k- und Helm herbei und es begannauf den Stellplätzen an den spritzen um 6.00 uhr ein emsiges Treiben. Der stel-gerzug übte am und im Turme des Spritzenhauses im Niederdorfe. Die beidenLöschzüge hingegen übten die Handhaoungen und alle Handgriffe beim Einsatzder Feuerwehrspritze sowie den umgang *t o"n wasserschläichen, wobei danndie Hornsignare "wasser marsch"-rnä ,,wasser

hart,, gegeben wurden. Matorndungs-, d' h' leichten Exerzierübungen, o"i denen "r"r,'

steigerleitern mrt-geführt wurden und der Hornist die fofende Marschmelodie blies, wurden dreFeuerwehrübungen beendet.

Eine Marschmelodie der Feuerwehr

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Von Hennersdorf sind seit 1848 folgende Brancl- und

1 848 in Nr. 65

1879 - 6.8. in Nr. 71

1895 - Juni in Nr.162

1895 - Jul i in Nr. 97

1897 - 30.7.

1904 - 7.4. in Nr . 130

1913 - Jun i

1922

i n N r . 1 1

1 925 in Nr. 57

1929 - im Jul i

Naturkatastrophen bekannt:

Blitzschlag in der Mittags-stunde, Haus und Wirt-schaftsgebäude branntennieder

Blitzschlag am Nachmittag-die Scheune brannte ab

Der Besitzer WenzelSchröter wurde auf demFelde vom Blitz getroffen.Durch Wiederbelebungs-,versuche blieb er am Le-ben.

Der Besitzer wurde durchBlitzeinschlag getötet unddas Wohnhaus brannte ab.

Große Hochwasserkata-strophe, bei der Seifers-dorf und die Jeschken-bachwiesen in der Hen-nersdorfer Flur über-schwemmt wurden.

furchtbare Gewitternacht,Blitzeinschlag in dieScheune, die total nieder-brannte

in schwerer GewitternachtBlitzeinschlag

schweres Hagelwetter aufder Westseite (Tolzberg-Postrum)

durch defekten Schorn-stein Schwelbrand in derScheune

schweres Hagelwetter aufder Silberstein Spitzbergseite

Scheune abgebrannt -

Brandursache ungeklärt

Scheune abgebrannt -Brandursache ungeklärt

Scheune abgebrannt -Brandursache ungeklärt

1931 - 16.2.

1934 -

1935 - 19.3.

in Nr. 145

in Nr . 1 19

in Nr. 87

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1936 - in Nr. 105

in Nr. 210

Scheune abgebrannt -Brandsache ungeklärt

Haus (Blodek) abgebranntBrandursache ungeklärt

Itta

I

Neben den sehr ernsthaften Aufgaben der Feuerwehr pflegte man im Verein auchdie Geselligkeit. Oftmals waren im Frühsommer Feuerwehrfeste. Vormittags be-gannen diese beliebten Feste mit einer Inspektionsübung und beim Festzug amfrühen Nachmittag nahmen auch Familienmitglieder der Feuerwehrmänner teil.Danach saßen die Feuerwehrleute mit ihren Familien und weiteren Teilnehmerndes Festes bei Blasmusik der Dorfkapelle und guter Bewirtung auf dem Festplat-ze in gemütlicher Runde beisammen.

Doch der Höhepunkt im Jahre war der Feuenrehrball. Er leitete in der Regel dieFaschingszeit ein. Aktive und ausgediente Wehrmänner feierten mit ihren Ehe-frauen und Gästen auf Riegers Saale. Wenn dann die Tanzkapelle die Feuer-wehrpolka aufspielte, erreichten Jubel, Trubel und Heiterkeit ihren Höhepunkt.

Ein weiteres besonderes Ereignis der Freiwilligen Feuerwehr von Hennersdorf wardas Feuenrehrfest anläßlich ihres 60-jährigen Bestehens im Jahre 1927. Die Ge-staltung desselben und die Teilnahme daran waren eine Angelegenheit des gan-zen Dorfes. Nicht nur die Aktiven trugen die Ehrenuniform, sondern auch die Re-servisten, die Männer der Gründergeneration. Als Gäste waren alle Vereine ver-treten, so der Veteranenverein, der Turnverein, die Gemeindevertretung und dieOrtsblaskapelle. Das Erinnerungsbild an dieses Feuerwehrfest ist ein bleibendesErinnerungsstück an Hennersdorfs beste Jahre.

Erinnerungsbild zum 60-fährigen Gründungsfestder Freiwilligen Feuerwehr

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Allseits gefördert und respektiert genoß die Ferlerwehr im Dorfe ein'großes Anse-hen. lhr letzter, langjähriger und umsichtiger Kommandant war Rudolf Prokop ausNr.128.

Die Gründung des Militär - Veteranen - Vereins

In der Folge der Niederlage Osterreichs im Jahre 1866 wurde in der gesamtenOsterreich-Ungarischen Monarchie die allgemeine Wehrpflicht eingeführt. Die ge-dienten Soldaten schlossen sich in Erinnerung an ihre Militärzeit und der Pflegemifitärischer Traditionen im Jahre 1 I7 2 zu einem "Militär - Veteranen - Verein"zusammen. Die mehrfachen Umbenennungen desselben sind bezeichnend fürBöhmen und die geschichtliche Tragik dieses Landes. lm Jahre 1920, eine eige-ne Tschechoslowakische Republik war aus dem 1. Weltkrieg hervorgegangen,mußte der Verein in einen " Kameradschaftsverein gedienter Soldaten" umbe-nannt werden und vom Oktober 1938 an wurde aus diesem Verein eine Ortsgrup-pe des "Reichskriegerbundes". Der Verein hatte insbesondere auch repräsentati-ve Aufgaben zu verschiedenen Anlässen zu erfüllen. Es waren dies Erlebnissebesonderer und würdiger Art, wenn der Verein mit dem Fahnentrager, seinen bei-den Adjutanten und der Blasmusik voran, unter dem Kommando seines letztenKommandanten, Max Wobisch aus Nr.82, aufmarschierte.

Die Gründung des Theater - Dilettantenvereins

1 8 7 2 : Zur Gestaltung kultureller Arbeit und unterhaltsamer Darbietungen auchauf dem Lande wurde sehr früh der Tlreater - Dilettantenverein gegründet. DieserVerein bestand bis zum Jahre 1945. Seine vornehmlichste Aufgabe war es, Thea-terstücke, insbesondere aus dem Volke, aufzuführen. Sehr verdient um den Ver-ein machte sich in den zwanziger und dreißiger Jahren Emil Werner, Lehrer i. R.,Bauer auf Nr.157. lhm oblagen die Vergabe von Rollen" die Einstuclierung dersel-ben und die Regieführung bei den Aufführungen. Erne stattliche Anzahl fähigerund begeisteter Laienspieler standen ihm zur Seite, wodurch es möglich war, mrtguten Inszenierungen aufzuwarten. Zeitpunkte von Theateraufführungen warendie Advents- und Fastenzeit, weil zu der Teil z. B. öffentliche Tanzveranstaltun-gen aus Glaubensgrunden nicht stattfanden. Diese Feststellung schließt allerdingsnicht aus, daß auch belustigende Theaterstücke gespielt wurden. Zu Anfang derdreißrger Jahre wurden die Requisiten zur Gestaltung der Bühnenbilder malerisclrerneuert und erwettert. Die Theateraufführungen fanden in weiten Bevölkerungs-kreisen stets viel Zuspruch.

Die Gründung des Landwirtschaftlichen Ortskasinos

1 8 7 4 : In diesem Jahre wurde das Landwirtschaftliche Ortskasino gegrundet.Es war dies eine genossenschaftliche Einrichtung, die zum Vorteil aller landwirt-schaftlichen Betriebe den gemeinsamen Bezug von Saatgut, Sämereien undDüngemitteln preisgünstiger als im Einzelhandel organisierte. Dem Landwirt-schaftlichen Ortskasino schloß sich zu späterer Zeit eine weitere Einrichtung an:der Notschlachtungsverein zur gegenseitigen Hilfe der Bauern und eine gegensei-tige Viehversicherung. Wenn auch vorwäfisstrebend, so war die wirtschaftliclreLage auch in der Landwirtschaft zu keiner Zeit so, daß man hätte aus cJern "Vot-len" schöpfen können. Mit den Betriebsmitteln sorgsam umzugehen und nichtüber die Verhältnisse zu leben, war das Maß aller Dinge. So war es nictrt nur dergemeinsame Bezug durch das Landwirtschaftliche Kasino, der finanzielle Vorteileeinbrachte, auch die Notschlachtungsversicherung in dieser vorbildlichen Ge-meinschaftseinrichtung verminderte das Risiko von zu großen finanziellerrSchäden bei Ausfällen in der Viehhaltung. Mit der vorgenannten Versicherung

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waren die Bauern,größeren finanziellen Härtefällen dann enthoben, wenn es inderen Rinderbeständen zu einer Notschlachtung oder gar Verendung kam. Beitierärztlich angeordneten Notschlachtungen waren die tvtitgtieder verpflichtet, eineentsprechend ihres Viehbestandes bemessene, schon portionierte Fleischmengevom notgeschlachteten Rind, verbilligt käuflich zu übernehmen. Die so eingenom-menen Gelder und ein gemeinsamer Rücklagefond boten die Gewähr daf-ür, daßiedes Mitglied für Verluste in seinen Rinderbeständen angemessen entschädigtwurde.Der letzte und sehr umsichtige Obmann des Landwirtschaftlichen Kasinos warFranz Lehmann, Bauer auf Nr.127.Von der ökologisch-klimatischen Lage her gehörte Hennersdorf zu jenen Gebie-ten, in denen die Viehhaltung als wichtigster Erwerbszwerg den Vorräng hatte. Sobefaßten sich schon sehr früh besonders interessierte unä aufgeschlossene Bau-ern damit, nicht nur Haustiere zu halten, sondern unter Anwendgng dem Nut-zungszweck dienlicher Selektionskriterien, Haustiere auch zu züchten.

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Die Gründung der schweinezuchtgenossenschaft

1 8 9 6 : Wieder die Gedanken zu gemeinsamen Zielen verwirklichend, wurdeals erste Vereinigung dieser Art in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie ei-ne Schweinezuchtgenossenschaft gegründet. Obwohl mit einer geripgeren Anzahlvon Mitgliedern als noch folgender Gründungen gemeinnütziger Art, erzielte clieseInteressentenvereinigung, insbesondere durch Zukauf von Vätertreren und eigeneZuchtauslese, sehr beaclrtliche Zuchterfolge. Hochprämierte Zuctrttiere bei Aus-stellungen, deren Einstufung in erste Zuchtwertklassen bei Verkaufsauktionenund der nachfolgende Verkauf von Jungtieren schlugen sich sehr zu finanziellenVorteilen der Züchter nieder. Die Hennersdorfer Schweinezuchtgenossenschaftwar durch ihre hervorragenden Leistungen landesweit bekannt. Bis zu Ende derzwanziger Jahre wurde das veredelte Landschwein gezüchtet und danach dasDeutsche Edelschwein. Dem Aufbau dieser neuen Zuihtricfrtung diente der sehrkostspielige Ankauf von Mutter- und Vatertieren, ^2. T. durch lmporte aus derrrDeutschen Reiche. Diese älteste Genossenschaft in Hennersdort leistete vorr ih-rem Gründungsjahre 1896 bis 1945 eine besondere Pionierarbert, die dern Ortefandesweit zu Anerkennung und Ansehen verhalf. Letzter Vorsrtzender derSchweinezuchtgenossenschaft war der Bauer Josef Gürlich auf Nr.137.

Es muß an dieser Stelle abermals vermerkt werden, daß sich der Aufbruch zurngetlossenschaftlichen, d. h. zum gemeinschaftlichen Denken und Halr1eln tnHennersdorf sehr früh vollzog. Eine Gruppe dieser Sache besonders aufgesclrlos-sener Bauern tat sich zusammen und gab diesem Gedankengut einen besorrde-ren Auftrieb- Zu den Hauptlnitiatoren der Gründungen von g"nors"lschaftlictrerrEinrichtungen im Dorfe gehörte der Bauer Wenzel Zimmerrnann aus Nr.173. Inseinen geistigen Regungen der Entwicklung stets voraus, verstand er os, fürHennersdorf immer das Richtige anzustreben. Er hat so als geistiger Urheber unclgemeinsam mit anderen Mitgestaltern sehr zur Entwicklung, Gättung unc1 demAnsehen seiner Heimatgemeinde beigetragen. Wenzel Zimmermann gab zu vie-len Genossenschaftsgründungen rn Hennersdorf den Anstoß. Alle diese Genos-senschaften dienten dem Wohlergehen und Wohlstand der Bewohner im Dorfe.

Was den bäuerlichen Betrieb in der Innenwirtschaft zu der Zeit wohl am rneistenbelastete, war die Verarbeitung der Milch zu Butter, Käse und Quark in ledemGehöft für sich. Ganz abgesehen von den sicher recht oft fraglichen hygienrschenVoraussetzungen, war die Verarbeitung der Milch, eben

"rr di"s"m Grunoe, rnrt

Risiken belastet, unproduktiv und eine große Arbeitsbelastung, vor allern tur dieBäuerin.

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Die Gründung der "Ersten,Molkereige4ossenschaft G.m.b.H. zuHennersdorf"

1 I 9 7 : Für die weitere Entwicklung der Landwirtschaft auf Orts- und Landes-ebene war es eine Pioniertat von außerordentlicher Bedeutung, als die Henners-dorfer Bauern im Jahre 1897 den Beschluß faßten, eine Molkereigenossenschaftzu gründen. Als die erste milchverarbeitende Einrichtung dieser Art in Böhmentrug sie die Bezeichnung: "Erste Molkereigenossenschaft m. b. H. zu Henners-dorf". Die Initiatoren, d. h. die Hauptgründer dieser Molkerei, waren die Bauern:Wenzel Zimmermann - Nr.173, Josef Lehmann - Nr.161, Josef Gürlich - Nr.137,Anton Jaksch - Nr.133 und Josef Prokoph - Nr.62.

Bei der Auffindung eines geeigneten Standortes der Molkerei, möglichst mitten imDorfe und zentral gelegen, kam es zu einem Disput in der Weise, daß man sei-tens des Genossenschaftsrates an die Wartenberger Kirche, die bekanntlich dieLiegenschaften der Hennersdorfer Pfarrwidmut bis 1945 verwaltetö, das Ansinnenstellte, für den Bau der Molkerei ein Wiesengrundstück zwischen der Ortsstraßeund dem Mühlgraben zur Verfügung zu stellen. Die Kirche verweigerte dazu aberihre Zustimmung. So fand man dann bei Verhandlungen mit dem Besitzer desGehöftes von Nr.130 die Lösung durch ein Grundstück, das für den Bau der Mol-kerei zum Kauf angeboten wurde. An diesen Baugrundverkauf war allerdings dieBedingung geknüpft, daß Franz Künstner, der Bruder des Verkäufers, naöh er-folgter fachlicher Ausbildung im Molkereiwesen, die Leitung der HennersdorferMolkerei übernimmt. Diese personelle Auflage stellte sich als richtig heraus, dennals erster Molkereileiter wirkte Franz Künstner sehr erfolgreich.

Auf die Vorteile, welche die Molkereigenossenschaft den Bauern brachte, wurdenauch Kreise der Bauernschaft in den Nachbarorten aufmerksam. Sehr bald undbis zur Gründung ortseigener Molkereien schlossen sich der Hennersdorfer Mol-kereigenossenschaft auch Bauern aus Wartenberg bis 1900, Seifersdorf bis 1g07,Kriesdorf bis 1909 und Johnsdorf bis 1g4S an.

Die Leitung der Genossenschaft war organisatorisch so aufgebaut, daß ihr ober-stes und beschlußfassendes Gremium die Vollversammlung war. Der fünfköpfigeVorstand und die gleiche Anzahl Mitglieder im Aufsichtsrat bedurften cjer Bestäti-gung durch die Vollversammlung. Dem Vorstand oblag die Aufgabe produktions-und leistungsseitig auf den Betriebsablauf Einfluß zu nehmen, dem Aufsichtsrathingegen kam mehr eine Kontrollfunktion zu.

Anläßlich des zehnjährigen Bestehens der Molkereigenossenschaft wurde der 1.Obmann des Vorstandes Josef Gürhch, Bauer auf Nr.137, von Kaiser Franz Jclsell. mit dem "Goldenen Verdienslkreuz mrl Krone" lür hohe landwirlsctraftliclre Ver-dienste ausgezerchnet. Josef Gürl ictr war von 1891 - 1Bg4 Gemeindevorsrehervon Hennersdorf und durch 12 Jahre Bezirksobmann tn Deutsch-Gabel. SeinNachfolger in dieser Funktion wurde Wenzel Glathe, Bauer auf Nr.182.

Nach dem Tode des ersten Molkereileiters führte sein Sohn Friedrich Künstnerden Betrieb mit den glerchen guten Erfolgen von 1921 bis 1g4S weiter. Bei imnrermehr Konzentration auf Qualität, erweiterte sich in den zwanziger Jahren das Sor-timent an Hennersdorfer Molkereiprodukten um mehrere Käse- und Quarksorten.

Eine in diesem Zeitraum einsetzende Stergerung der Milchproduktion fiel mit dereinhergehenden allgemernen Rezession der Volkswrrtschaft zusammen. Der im-mer spürbarer werdende Schwund der Kaufkraft hatte auch bei Molkereiproduk-ten Absatzschwierigkeiten zur Folge und löste einen härteren Konkurrenzkampfder Molkereien untereinander aus.

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Mittel- und Oberdorfmit Molkerei

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Die Molkerei vor Inbetriebnahme im Jahre 1898

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Die Butterabsatzkrise hielt viele Jahre, eigentlich-bis zum Jahre 1938, an. So wares denn auch eine wohldurchdachte und kaufmännisch folgerichtige Entschei-dung, das Qualitätsangebot der Hennersdorfer Molkerei rechtzeitig so zu erwei-tern, daß das Absatzrisiko durch neue Artikel aus der Käse- und Quarkproduktionverringert werden konnte.

Zu diesem Zwecke unterzog sich der langjährige Molkereigehilfe Franz Koch ander Molkerei-Fachschule zu Friedland in Böhmen einer fachlichen Spezialausbil-dung auf dem Gebiete der Käsezubereitung. Nach Abschluß dieser Ausbildungrichtete er in den Kellerräumen der Molkerei eine Käserei ein, die alsbald die Pro-duktion des folgenden Sortimentes aufnahm:

im Jahre 1925 - die Käsespezialitätim Jahre 1926 - die Käsespezialitäten

im Jahre 1929 - die Käsespezialitätim Jahre 1931 - die Quarkspezialität

" Romadur"," Jeschkengebirgskäse ","Frühstückskäse" und"Joghurt", . '"Edamer" Schnittkäse,"Sahnequark",

die der Molkereigenossenschaft einen besonders hohen Absatz einbrachte.

Außer dem Absatz im Orte in Form des Rückkaufes der Butter durch die Bauernund weitere Ortsbewohner, der überdies eher stagnierte als anstieg, war der Ab-satz nach außerhalb sehr mühselig und aufwendig. Landwirtschaftliche Produkti-onshändler, vielfach auch Frauen, kamen mit Tragekörben oder zogen Handwa-gen und kauften die Molkereierzeugnisse zum Weiterverkauf in anderen Ortenund Städten, besonders auch in Reichenberg. Ein weiterer Einzelkundenkreis vonHennersdorfer Molkereiprodukten erstreckte sich über den ganzen nord- undnordwestböhmischen Raum. Dabei sind so bekannte Städte wie Gablonz a. N.,Reichenberg, Tetschen, Bodenbach, Aussig, Teplitz und Karlsbad zu nennen.Diese Einzelkunden, unter ihnen auch Einzelhändler,. wurden durch Pakete imPostschnelldienst beliefert.

Die Voraussetzungen zur raschen Abkühlung und temperaturkonstanten Lagerungdes aus der Milch zentrifugierten Rahms und der Butter waren durch die Einrich-tung eines geräumigen Kühlraumes geschaffen. Bis zum Beginn der dreißigerJahre, als eine elktrische Kühlanalage installiert wurde, behalf man sich in der tra-ditionellen Weise des Einlagerns von Eis. Diesem Zwecke diente der " Molkerei-teich", ein Wasserstau vor dem Jeschkenbach, auf dem Grundstück von ehemalsNr. 5 und Eigentum der Molkereigenossenschaft. Sobald die Eisschicht eineStärke von etwa 10 cm erreicht hatte, setzte ein emsiges Treiben um die Ber-gung des Eises ein, zu der alle Genossenschaftsmitglieder verpflichtet waren. Je-ne ohne Pferdegespann fanden sich an Ort und Stelle ein, um mit Spezialsagen,Eishaken an Stangen und hölzernen Transportrutschen die Eisblöcke formgerechtzu sägen und dann die bereitstehenden Pferdefuhrwerke, äffi besten waren dazudie "Kastenschlitten" geeignet, zu beladen. An der Molkerei standen wiederumHeffer bereit, um die Fuhrwerke zu entladen und die Eisblöcke im Eiskeller fach-gerecht einzustapeln. Selbst an kältesten Wintertagen waren die Arbeiten mit derEisbergung irgendwie faszinierend. Vor allem auch dadurch, wenn ein Teil der 58Pferdegespanne mit klingendem Glockengeläut im Dorfe unterwegs waren, umdie Eisblöcke vom Teich an Ort und Stelle zu bringen.

Nachdem die Molkerei voll versorgt war, wurden im gleichen Arbeitsgang und ge-gen Bezahlung auch die in Hennersdorf ansässigen drei Fleischereien mit Eis fürihre Kühlräume versorgt. Als auch diese auf Elektrobetrieb umgestellt waren, wur-de das Dorf um eine an sich schöne Tradition ärmer.

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Die Anlieferung der Milch war in,vier Einzugsteilbereiche:,Niederdorf - Mitteldorl -

Oberdorf - Johnsdorf eingeteilt. Die Wirtschaften mit Pferdegespannen stelltenden Fuhrdienst und, die ohne Pferde, die Beifahrer. Bei 29 Gespannen, z. B. imNiederdort, war demzufolge im Turnus von 29 Tagen die "Milchfuhre" organisiert,die sich ohne einen besonderen Einsatzplan von selbst abwickelte. Die Anlie-ferung der Milch war organisatorisch wie folgt geregelt:

1. Fuhre - Niederdorf2. Fuhre - Mitteldorf3. Fuhre - Oberdorf4. Fuhre - Niederdorf5. Fuhre - Johnsdorf

Die Abfertigung in der Molkerei ging sehr zügig vonstatten und untergliederte sicltin die tolgenden Arbeitsgänge:

- Elnordnen der Milchkannen in der fortlaufenden Reihenfolge der Lieferbetrie-be auf der Südrampe der Molkerei (Haus-Nr. an den Kannen),

- Ubernahme der Milch, Feststellen der Milchmenge, Probenahme bezuglichFettgehalt und Michreinheit, Abgabe an die Zentrifuge und

- Abfüllen der Milchkannen mit Mager- oder Buttermilch und Übernahme der-selben an der Nordrampe der Molkerei.

Das zweimalige Auf- und Abladen voller Milchkannen mit 15 oder 10 Liter Inhaltwar eine sehr kraftaufwendige Arbeit. Dennoch wurde die " Milchfuhre" mit be-sonders gepflegten Pferdegespannen zu einem schönen Höhepunkt und Erlebnisin der immer wiederkehrenden Zeitspanne von 29 Tagen im Niederdorfe, 1 1 Ta-gen im Mitteldorfe und 16 Tagen im Oberdorfe.

Die Gründung der "Ersten Molkereigenossenschaft m.b.H. zu Hennersdorf" war,zumal ihr alle milchproduzierenden Betriebe, d. h. Bauern, Feldgärtner undHäusler angehörten, für den Ort eine Pioniertat von großer wirtschaftlicher Bedeu-tung.

Bezüglich der finanziellen Genossenschaftsanteile hat Willi Hanig, Bauer aufNr.1 1 7, die folgende Niederschrift htnterlassen:

"Beim Eintritt in die Genossenschaft mußte je Kuh ein Genossenschaftsanteil von40 österreichischen Gulden gezeichnet werden, um die Jahrhundertwettde istdann die österreichische Kronenwährung gekommen und der Anteil hat dann 80Kronen betragen.

Schon in den ersten Jahren bis 1900 lieferte auch Wartenberg in unsere Molke-rei, desgleichen Seifersdorf bis 1907 und Kriesdclrf bis zum Jahre 1909, auchJohnsdorf gehörte zu den auswartigen Lreferanten bis 1945. In den ersten dreiGemeinden wurden dann eigene Genossenschaften gegründet. Diese auswärti-gen Lieferanten konnten auch schon die Mitgliedschaft erwerben, wenn sie nureinen Anteil zeichneten, ja sie durtten sogar nicht mehr erwerben, weil die aus-wärtigen Lieferanten nicht die Malorität in der Genossenschaft gewinnen sollten,da doch aut 4 Anteile eine Stimnre tiel. Uber die Zeit, in der wtr der Tschechoslo-wakei angehörten, blieb alles wie zu Österreichs Zeiten. Nach der Angliederungan das Reich kam die Urnwertung in Reichsmark 1 : 12 und ein Anteil betrug4,80 RM. Nach dieser Angliederung kam bald die Annahme des Einheitsstatutsfür Molkereigenossenschaften, in dem ein Anteil mit 10,- RM festgelegt war undinfolgedessen der Anteil von 4,80 RM auf 10,00 RM erhöht werden rnußte."

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Es ist erstaunlich, wie es'die Gründer,der,Mo-lkereigenossenschaft.", H"nn"rr-dorf und alle weiteren Mitglieder derselben verstanden, genossenschaftliches Ge-dankengut in die praktische Verwirklichung zum Wohle aller umzusetzen.

Seit der Inbetriebnahme dieser so wichtigen und zu der Zeit einmaligen Genos-senschaftseinrichtung erschloß sich für alle Beteiligten bis zum Jahre 1945 einesichere und ständig fließende Einnahmequelle aus der Viehwirtschaft, die auchrelativ krisenfest war. Auf der Basis eines für das ganze Jahr geltenden Festprei-ses kaufte die Genossenschaft die Milch auf und bezahlte diese an den Lieferan-ten nach Menge und Fettgehalt. In einem für jeden Milchlieferanten eingerichteten"Milchbüchel" wurden die täglichen Anlieferungen, die in Stichproben ermitteltenFettprozente und die Reinheit eingetragen, wodurch eine laufende bzw. monatli-che Einsichtnahme und Kontrolle über die täglichen Anlieferungen durch den An-lieferer möglich war. Für die Haushalte der Genossenschaften erfolgte derRückkauf der Butter aus der Molkerei bargeldlos, d.h. für jede Mengeneinheit voneinem Pfund geformter Butter mußte ein "Butterblechl", ein rundgestanztes Alu-miniumblechstück mit eingeprägter Hausnummer darauf, abgegeben werden. Zuprozentualen Anteilen wurde täglich Magermilch und in Zeitabständen auch But-termilch rückgeliefert, die der Wirtschaft in Form von hausgemachten Quark oderder direkten Verfütterung, vor allem an die Schweine, zugute kam. Die abgeliefer-te Milchmenge wurde, abzüglich des Wertes der verbrauchten Butter, monatlichabgerechnet und bezahlt. Sehr zum Vorteil aller Beteiligten hatte es sich im Laufeder Zeit so entwickelt, daß mit den monatlichen Einnahmen aus der Milchwirt-schaft ein Großteil der laufenden Ausgaben für den Haushalt, für die Löhne undfür den Privatverbrauch abgedeckt werden konnten.

Das wichtigste und große genossenschaftliche Ereignis war die Jahreshauptver-sammlung der Molkereigenossenschaft, die in der Regel im Februar jeden Jahresstatüand, wenn der finanzielle Jahresabschluß der Genossenschaft vorlag.

lhr Höhepunkt war der wirtschaftliche Rechenschaftsbericht des abgelaufenenJahres. Bei Einbehaltung eines feststehenden Reservefonds floß der Reinertragallen Mitgliedern der Molkereigenossenschaft anteilig zu. Auf der Grundlage derangelieferten Jahresmilchmenge bzw. der Milch-Fettmenge wurden aus dem Jah-resgewinn die anteiligen Beträge errechnet, die in ihrer Höhe etwa einem 13.Milchliefermonat und mehr gleichzusetzen waren. In der ortsüblichen Bezeich-nung wurde der Empfang dieser Gelder die "Große Milchauszahlung" genannt.

In der letzten engeren Leitung der Molkereigenossenschaft war der folgende Per-sonenkreis vertreten:

Der Vorstand -

Der Aufsichtsrat -

Betriebsleiter -Buchhalter

Willi HanigEmil WernerHeinrich ProkophKarl HillebrandRudolf WernerFranz DittrichFriedrich KünstnerFranz Dreßler

Bauer auf Nr.1 17Bauer auf Nr.157Bauer auf Nr.162Bauer auf Nr. IBauer auf Nr. 29Bauer auf Nr.145aus Nr.239aus Nr. 89

Mit der Bemerkung: "Ein kleiner Betrieb, aber ein sehr guterl", übernahmen imJahre 1945 die Tschechen diese erste im Jahre 1897 in Böhmen erbaute Genos-senschaftsmolkerei. Bald wurde ihr Betrieb wegen mangelnder Auslastung infolgedes rapiden Milchrückganges im Dorfe eingestellt. Auch die maschinellen Einrich-tungen und die Bausubstanz waren leider dem Verfall preisgegeben. Wer jemalsnach 1945 vor dieser Molkerei verweilte oder in der folgenden Zeit vor ihr verwei-len wird, möge daran gedacht haben und sich dessen bewußt werden, daß eskühne Gedanken und Bauernfleiß waren, die diesen Bau der "Ersten Molkereige-

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nossenschaft m.b.H." in Hennersdorf im Jahre J 897 schufen und dies zu jener7etl, zu Ende des l9.Jahrhunderts, eine genossenschaftliche Pioniertat erstenRanges der Hennersdorfer Bauern war.

Die Gründung des Gesangvereines

1 I 9 7 : lm gleichen Jahre der Gründung der Molkereigenossenschaft wurde alsweiterer Kulturträger im Dorfe der Gesangverein gegründet. SangesfreudigeMänner taten sich zusammen, um im vierstimmigen Chor das deutsche Liedergutzu eigener und anderer Freude zu pflegen. Bald wurde der Gesangverein durcheinen Frauen-, d. h. gemischten Chor, erweitert. Gründer und Förderer des Ge-sangvereins war im ersten Jahrzehnt seines Bestehens der verdiente Henners-dorfer Josef Schröter (Nr.38), seinerzeit Steuerassessor in Deutsch-Gabel. Erkam von Gabel aus zu Fuß allwöchentlich ein- bis zweimal nach Hennersdorf, umdie Chorproben zu leiten. Nach seiner Versetzung nach Karlsbad dirigierte seinBruder Alois Schröter (Nr.52) die beiden Chöre. Er hatte mit finanzieller Un-terstützung seines Bruders Josef ein Studium an der Musikschule in Petschauabsolviert, welches er mit Erfolg als geprüfter Dirigent und Musiklehrer für ver-schiedene Instrumente abschloß.

Ein besonderer Verdienst des Alois Schröter war es, daß er außer seinerFeldgärtnerei den Nebenberuf eines Musiklehrers ausübte. Das spätere Entste-hen der Ortsblaskapelle und des Salonorchesters, worüber noch berichtet wird,wäre ohne seine vorbereitende Kleinarbeit als Musiklehrer niemals zustande ge-kommen.

Nachdem im Jahre 1925 Edmund Thum Oberlehrer in Hennersdorf wurde, über-nahm er um die gleiche Zeit auch die Leitung der beiden Chöre, d. h. desMänner- und gemischten Chores. Seiner Bestätigung als Oberlehrer, für die sichauch maßgebliche Kreise aus der Gemeinde einsetzten, ging der gute Ruf eineshervorragenden Musikers, eines Klavier- und Geigenspielers und auch Dirigenten,voraus. Sein Stellvertreter war Emil Werner, der als Lehrer und Dirigent eines be-kannten Chores in Warnsdorf sehr erfolgreich tätig war und nun seinen Wohnsitzwieder in Hennersdorf auf Nr.157 hatte. Außer seinem Können als Dirigent be-herrschte Emil Werner auch ganz hervorragend das Klavier- und Orgelspiel.

Oberlehrer Thum leitete als Dirigent den Gesangverein bis 1945. Unter seinerStabführung gelang es ihm, die beiden Chöre zu einem guten Leastungsstand zuführen.

Nahezu all.jährlich bereiteten sich in den Wintermonaten die Chöre zur Auffuhrungeiner Liedertafel vor, die dann zu Ostern auf Riegers Saale stattfand und stets ei-nen guten Zuspruch hatte. Unter Mitwirkung des Salonorchesters, dessen Diri-gent ebenfalls Oberlehrer Thum war, ging man zu Ende der zwanziger Jahre vonnur gesanglichen Darbietungen zu gemischten Konzerten über. Wenn man vonder Tatsache ausgeht, daß es sich bei den Aktiven sowohl im Gesangverein alsauch im Salonorchester fast ausschließlich um Menschen handelte, die in derLandwirtschaft beschäftigt waren, dann kann ohne Zögern nach lnhalt, Schwierig-keitsgrad und Vortrag dieser Konzertprogramme von einem erwähnenswertem ho-hen Leistungsniveau gesprochen werden. Besondere Höhepunkte der musikali-schen Darbietungen waren in den dreißiger Jahren Konzerte, die dem Gedenkenbekannter Komponisten galten. So ein Schubert-Konzert im jahre 1932, aus des-sen Programmfolge u. a. das Vorspiel zu "Rosamunde" (Salonorchester), Liedervon Schubert (Männer- und gemischter Chor), Solovorträge aus dem Lied erzy-klus von Schubert (Tenor und Sopran) und ein Orchestersatz aus der "Unvollen-deten" noch in guter Erinnerung sind. Sehr einfühlsam und gekonnt begleiteteEmil Werner die gesangssolistischen Darbietungen am Klavier. In förmlich über-

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mütiger Freude am Musizieren gestalteten die Hennersdorfer Sängerinnen,Sänger und Musiker ein Straußkonzert drei Jahrb später. Eingeleitet mif der Ou-vertüre zu der "Waldmeister" folgten am laufenden Bande Walzer, polkas undMelodien aus Operetten. Eine besondere musikalische Delikatesse waren dieWalzer "An der schönen blauen Donau", "wein, weib und Gesang.,,,,Geschich-ten aus dem Wenenrald" und "Dorfschwalben aus Österreich", gesungen vomgemischten Chor und begleitet durch das Salonorchester. Dieses Strau-ßkonzertwurde wegen des großen Erfolges noch zweimal wiederholt. Anerkennenswertund mit voller Hingabe waren die musikalischen Leistungen aller, doch zwei tra-gende Stimmen sollten besonders enrähnt werden: der reine Sopran der MarthaKünstner aus Nr.237 und der wuchtige Bariton des Bruno Zimmermann, Bauerauf Nr.l73.

Anläßlich des gelungenen Straußkonzertes im Jahre' 193S wurde für die Aktivendas folgende Erinnerungsfoto entworfen. Darauf ist der Dirigent, OberlehrerThum, in Karikatur als Johann Strauß dargestellt. Ein seltenes Stucf der Erinne-rung an Hennersdorfs beste Zeiten.

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Besonders der Männerchor trat auch zu ernsten Anlässen auf. Den Kirchgängernund den Sängern war es ein bewegendes Erlebnis, wenn zu einer frt. MessL inder Dorfkirche, so zum Muttertag, die Deutsche Messe von Schubert gesungenwurde, die des öfteren auch Emil Werner dirigierte. Zum Gedenken an äie totendes 1. Weltkrieges sang am frühen Abend zu Allerheiligen der Männerchor vordem Kriegerdenkmal, und wenn ein ehematiger Sänger zü Grabe getragen wurde,verabschiedeten sich die Aktiven mit einem würdigen Lied, welches den Ab-schiedsschmerz eher noch schwerer werden ließ.

Was wäre Hennersdorf ohne den Gesangverein gewesen. Die schönen Stundenuntereinander bei Gesang und Humor und das Wirken des Chores in der öffent-lichkeit bereicherten das kulturelle Leben im Dorfe in einem besonderen Maße.Langiähriger und letzter Obmann des Gesangvereines war Franz prokop, Bauerauf Nr. 2.

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Die Gründung'der'Spar- und Darlehnskasse "Raiffeisen"

1 9 0 0 : Nach den guten finanziellen Auswirkungen durch die Gründung derMolkereigenossenschaft in Hennersdorf war es eigentlich nur eine Frage der Zeit,daß wenige Jahre später auch die Gründung einer "Spar- und Darlehenskasse -

Raiffeisen" folgen mußte. Vom Gründungsjahr bis 1945 befand sich derGeschäftsraum zentralgelegen mit im Verwaltungsteil der Molkerei. Sehr zumWohle aller und in uneigennütziger Weise arbeitete diese Gemeinschaftseinrich-tung. Zu günstigen Zinssätzen wurden Spareinlagen und laufende Konten ange-legt und Darlehen gewährt. Finanzielle Manipulationen aus privater Hand, die oft-mals zu Wucherzinsen getätigt wurden, gerieten seit dem Bestehen der Darlehns-kasse zunehmend ins Hintertreffen. Zu späterer Zeit wurden von den Kontoinha-bern auch die Vorteile des bargeldlosen Zahlungsverkehrs erkannt, wodurch sichdurch die Einrichtung von laufenden Konten der Geldumsatz der Sparkasse we-sentlich erhöhte. Die Spar- und Darlehnskasse führte jedoch nicht nur Privatkon-ten, sondern auch alle Genossenschaften und Vereine hinterlegten ihre Gelderzinsbringend bei dieser Sparkasse. Unter der zielstrebigen Geschäftsführung deslangjährigen Zahlmeisters bis 1945, Heinrich Prokoph, Bauer auf Nr.162, war dieSpar- und Darlehnskasse in allen finanziellen Belangen eine vorteilhafte Einrich-tung für die Ortsbewohner von Hennersdorf. Aus Rücksichtnahme auf die wo-chentags arbeitenden Bauern, Handwerker und sonstigen Benutzer, fanden dieKassenstunden Sonntag vormittags statt. So wurde es zur Regel, daß die Bauernje nach Bedarf nach dem sonntäglichen Krichgange und vor einem wohlverdien-ten Frühschoppen noch die "Kassenstunde" aufsuchten.

Die Gründung der 1. Entwässerungsgenossenschaft

1 9 0 0 : Auf Teilflächen der Hennersdorfer Flur gab es einen zu hohen Grund-wasserstand und demzufolge mitunter auch stauende Nässe auf den Feldern undWiesen. Mit'dem Ziele, die Wasserführung auf diesen Flächen zu regulieren unddie Flächen dadurch einer besseren Fruchtbarkeit zuzuführen, taten sich interes-sierte Bauern zusammen und gründeten die 1. Entwässerungsgenossenschaft,die auch eine der ersten Einrichtungen dieser Art in der Monarchie gewesen seinsoll. Die Meliorationsarbeiten zogen sich über mehrere Jahre hin und obwohlnoch nicht alle Flächen drainiert waren, was sicher an der Weigerung der Besitzergelegen hat, wurde diese vorbildliche Genossenschaftseinrichtung noch vor dem1. Weltkrieg wieder aufgelöst. Zu Beginn der zwanziger Jahre konstituierte sichdie 2. Entwässerungsgenossenschaft, worüber noch berichtet wird.

Die Gründung einer Ortsgruppe des "Bundes der Deutschen in Böhmen"

1 I 0 0 : In diesem Jahre wurde auch eine Ortsgruppe des Bundes der Deut-schen in Böhmen gegründet, deren Dachorganisation der Deutsche Kulturverbandmit Sitz in Prag war. Die vornehmlichste Aufgabe dieser national betonten Verei-nigung war es, das Nationalbewußtsein im deutsch-böhmischen Raume zu hebenund die fflege der Kultur zu tördern. Die Arbeit der Ortsgruppe vollzog sich ge-genüber andern Vereinigungen weniger öffentlichkeitsbetont.

Die Gründung des Pferdezucht- und Perdeversicherungsvereines

1 9 0 2 : Eine weitere, der Landwirtschaft dienliche, aber mehr spezielle Einrich-tung war die Gründung des bis 1945 bestehenden Pferdezucht- und Pferdeversi-cherungsvereines. Dessen übergeordnete Stelle war der Landesverband für Pfer-dezucht in Böhmen, der aus seinen Gestüten auch die Deckhengste zur Ver-fügung stellte. Die nächstgelegene Beschälstation war im Wirtschaftsteil der

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Land- und Gastwirtschaft des Gustav Futter in Deutsch-Gabel - Markersdorf. Pas-sionierte Pferdezüchter, von denen es in Hennersdorf eine stattliche Anzahl gab,nutzten die Gelegenheit, die Zuchtstuten dort decken zu lassen, denn es war ei-ne, wenn auch zeitaufwendige, so doch lohnende Aufgabe, die Fohlen von derGeburt an bis hin zum Arbeitspferd selbst aufzuziehen. Besondere Höhepunktewaren die auf Bezirksebene und überbezirklich veranstalteten Fohlenschauen, beidenen die Stutfohlen in Zuchtwertklassen eingestuft sowie Medaillen und Urkun-den verliehen wurden. Spezielle Verkaufsauktionen für Jungpferde gab es imnordböhmischen Raume nicht. Sofern derlei Absichten zum Kauf oder Verkaufbestanden, so sprach sich dies in Bauernkreisen bald herum oder es wurde inden Bauernzeitungen der "Landpost" oder im "Dorfboten" annonciert.

Vielfach wurden die Gebrauchspferde auch von Pferdehändlern gekauft, von de-nen einer im Gehöft von Nr.1 19 auch in Hennersdorf ortsansässig war. Unterdem letzten Besitzer Heinrich Patzelt wurde der Pferdehandet iedocfr zu Anfangder dreißiger Jahre eingestellt. lm ein- bis zweijährigem Rhythmus, meistens imFebruar/März, kamen bekannte Reichenberger Pferdehändler nach Deutsch Ga-bel, um in den Stallungen des "Hotel zum Löwen" und "Futters Gasthaus" zwei-und dreiiährige Pferde zum Verkaufe feil zu bieten. Zu solchen Tagen trafen sichnicht nur an Kauf oder Verkauf interessierte Bauern beim Pferdehandel, sondernauch Schaulustige zog es dorthin.

firiloit patrelt, {osrhlndlrr in ficnnurdorf bci } 6rbel i. $.

Diese Aufnahme stammt aus der ZeiI vor dem 1. Weltkrieg

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Die Gründung des Deutschen Turnvereines

1 9 0 7 : Der Deutsche Turnverein von Hennersdorf wurde im Frühjahr des Jah-res 1907 gegründet. Zum Auftakt der Gründungsversammlung wurde am glei-chen Tage von turnbegeisterten Jugendlichen ein Wettlauf durch den Ort veran-staltet. Als die Gründer des Turnvereines sind bekannt:

Friedrich LehmannAnton BöhmJosef Prokop

Ludwig GürlichAnton GürlichBruno BöhmRudolf ProkopFranz VogtFranz SchaffranekFranz HanigAnton Hanig

aus Nr. 38aus Nr. 59aus Nr.100

aus Nr. 34aus Nr. 34aus Nr. 59aus Nr. 62aus Nr. 83aus Nr. 96aus Nr.106aus Nr .113

Richard GürlichFranz GürlichWilli HanigRudolf ProkopFranz RiegerJosef GürlichFranz DittrichFriedr. Künstner

a u s N r . 1 1 6aus Nr .116aud Nr.'t t 7aus Nr.128aus Nr.132aus Nr.137aus Nr.145aus Nr.239

Heinrich Hanig aus Nr.113Ernst Prokop aus Nr.128Bruno Güdich aus Nr.'157

Weitere im Verein aktiv tätige Turner waren:

Vom Beginn des 1. Weltkrieges an, am 1. August 1914, kam die aktive Tätigkeitim Turnverein ganz zum Erliegen. Alle wehrfähigen jungen Väter und Burschenmußten an die Fronten und zu viele von ihnen kamen nicht wieder zurück. Ausden Reihen der Vereinsgründer und ersten aktiven Generation sind die folgendenOpfer des 1. Weltkrieges zu beklagen:

Anton GürlichFriedrich LehmannBruno BöhmRichard GürlichBruno Gürlich

aus Nr. 34aus Nr. 38aus Nr. 59aus Nr.1 16 {

aus Nr.157 (im t . Weltkrieg zuHause verstorben)

Nach dem 1 . Weltkrieg wurde erst im Jahre 1920 die Turnerschaft unter denveränderten Bedingungen des neu entstandenen Staales, der Tschechoslowaki-schen Republik, wieder organrsatorisch formiert. Der Turnverern von Hennersdorfgehörte zum Turnbezirk 5 - Deutsch Gabel, im Jeschken - lser Turngau, mit ser-nem Sitz in Gablonz a.d. Neiße.

Zu dieser Zett wurde Rudolf Prokop (Nr.128) erster Nachkriegsturnwart. Noch inrJahre 1920 fand ein Gauturnfest auf der Königshöhe im lsergebirge statt. EineHennersdorfer Auswahlmannschaft beteiligte sich daran im Kräftemessen beimTauziehen und errang nach einem Unentschieden in einem Wiederholungskampfebei einem nachfolgenden Turnerfest in Seifersdorf dann doctr den Gaurneister indieser Disziplin.

Dieser Erfolg gab der Turnbewegung im Dorfe einen großen Auftrieb. Es wurdenicht nur in der Leichtathletik eifrig trainiert, man übte auch an den inzwrschen er-worbenen Turngeräten wie Reck, Barren und Seitenpferd. Zu einem tolgendenGauturnfest in Galonz konnte der Spitzenturner und spätere Turnwart Willi Hanig(Nr.1 17) einen beachtlichen 1 . Sieg im Zwölfkampf und einen weiteren Sieg imKunstturnen erringen.

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Die Turnerschaft im Jahre 1923

Die Aufnahme der aktiven Turnerschaft in Hennersdorf und der Förderer desTurnvereines stammt aus dem Jahre 1g23.

1. Reihe sitzend von l .n.r. :Anton Lehmann (87), Franz Hanig d.ä. (106), Franz Dittrrch (145), Rudolf Prokop(128), Willi Hanig (1171, Franz Förster (Deutsch Gabel - Bez. Turnwart), FranzGürl ich (116), Josef Prokop (100), Rudolf Prokoph (62), Franz Hanig (t0O), Hein-r ich Prokoph'(162), Anton Gürl ich (209).

2. Reihe von l .n.r. :Raimund Wobisch (135), Josef Schwertner (174), Raimund Sprenger (157), KarlRieger (118), Karl Scharfen (138 - Gemeindevorsteher), Franz Gürlich (93), Wen-zel Scharfen (71), Franz Künstner (130), Anton Hanig (113), Hernrich Thaun(120) .

3. Reihe von l .n.r. :Franz Koch (2431, Josef Meier (149 - Briefträger), Bruno Zimmermann (179),Ludwig Gürlich (34), Emil Hofmann (223), Rudoll Schmutzer (140), Gusrav Würfel(55), Rudolf Fleischer (131), Anton Vogt (65).

4. Obere Reihe von l.n.r.:

Rudolf Künstner (91), Anton Prokop (236), Rudolf Gürlich (34), Franz Wobisch(82), Rudolf Scharfen (146), Friedrich Künstner (239), Rudolf Lehmann (SO),Heinrich Patzelt (119), Anton Teubner (176).

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Ebenfalls in den ersten zwanziger Jahren wurdg durch Josef Prokop (1OO), ",n"tMitbegründer des Turnvereines, eine Damenriege aufgestellt, deren spätere Leite-

rin von 1925 an bis 1945 die verdiente Martha Künstner (2371war. Josef Prokopbekleidete durch mehrere Jahre die Funktion des Turnwartes der Turnerinnenrie-ge. Aus dem Jahre 1923 existiert die folgende Aufnahme:

Die Turnerinnenriege in den zwanziger Jahren

1. Reihe sitzend von l .n.r. :Hilda KÜnstner (239), Berta Hergesell (131), Ludmilla Lehmann (72), Josef Pro-kop (100 - Turnwart), Agnes Gürlich (137), Martha Künstner (2gzl, RosaKünstner (239).

2. Reihe von l.n.r.:Rosa Schröter (52). Rosa Böhm (271, Rosa Reichelt (170), Martha Schäfer (141),Anna Lehmann (721, Ludmilla Lehmann (56), Martha Pirzkall (1241, unbekannt(106), Marie Möser (71).

3. Reihe von l .n.r. :Anna Möse (711, Hedwig Schäfer (141), Emilie Pohl (105), Anna Schäfer (4/r,Anna Schäfer (141), Anna Beran (50), Marie Hanig (1go), Berta Beran (s0).

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Mit einem sehr großen Geschick und besonderen Fähigkeiten nahm sich FranzRieger (Nr. 132) als Jugendturnwart des turnbrischen Nachwuchses an. Insbe-sondere im Training der leichtathletischen Diszipline war er sehr erfolgreich.

Die Vereinsstätte des Turnvereines war "Riegers Gasthaus". Der Besitzer undGastwirt Karl Rieger (Nr.118) stand der Turnbewegung sehr aufgeschlossen ge-genüber.

Eine Aufnahme aus der Zeit vor dem 1. Weltkriege - im Hintergrunde der Tolz-berg und links das Wäldchen, der "Heideberg,'.

lm geräumigen Saale dieser Gaststätte wurden insbesondere Geräteturnen,Freiübungen und Bodenturnen geübt. lm Nebenraum des Saales wurden dieTurngeräte und in einem Schrank dre Vereinsfahne aufbewahrt. Als sichtbaresZeichen des Vereinshauses der Turnerschaft stand in einem umzäuntenGärtchen, auf einem Sockel postiert, die Büste des Turnvaters Friedrich LudwigJahn. Schon im Mai 1945 wurde dieselbe zertrümmert und vom Sockel geworfen.

Oberhalb der "Oberen Schmiede" (Nr.2371, am oberen Viehwege, war ein Turn-platz eingerichtet, der bei gutem Wetter von Mai bis August den übungsablaufauch im Freien gestattete. Die Gerätschaften dazu, wie Stoßkugeln, Bälle, Hoch-sprungständer und eine Reckstange wurden in einem Schuppen des vorgenann-ten Grundstückes aufbewahrt.

fm Jahre 1923 rüstete der Verein zur Ausrichtung und Organisation einesBezirksturnfestes mit Fahnenweihe in Hennersdorf. Die Organisation und der Ab-lauf dieses Turnertreffens und das Abschneiden der Hennersdorfer Turnerschaftbei Wettkämpfen waren das wohl größte Vereinsereignis. Bei der Austragung vonWettkämpfen gelang es der Hennersdorfer Turnerschaft, drei erste Siege iu er-ringen:

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im Zwölfkampf der.Männer / Oberstufe

im Zwölfkampf der Männer / Unterstufe

im Fünfkampf der Frauen

1. Preis anWilli Hanig (117)1. Preis anFranz Gürlich (116)1. Preis anRosa Reichelt(170)

Nach der Festrede und vollzogener Fahnenweihe, deren Wappenspruch lautete:"Enrählt sind wir zu Arbeit, Kampf und Opfer", formierte sich in den frühen Nach-mittagsstunden der Festzug durch den Ort, an welchem, nach den Aussagen desersten Fahnenträgers Josef Gürlich (Nr.137), "an einem heißen Juni-Sonntageviel Schweiß geflossen ist".

Für den gastgebenden Verein war das Turnfest ein voller Erfolg. Nachfolger desdamals sehr erfolgreichen Turnwartes Rudolf Prokop (128) wurde der erste Sie-ger des Bezirksturnfestes Willi Hanig. 7u seiner Turnerschaft gehörten Aktive, dieschon 1923 dabei waren und weitere jüngere Turner, die in der Generationsfolgenachrückten. Dank seiner Erfolge bei Wettkämpfen, der Hingabe für die Sacheder Leibeserziehung und der Fähigkeit die Turnerschaft anzuleiten und zu führen,machte sich Willi Hanig um den Turnverein besonders verdient.

Nachfolger des Turnwartes Willi Hanig wurde zu Ende der zwanziger Jahre Ru-dolf Lehmann aus Nr.56 und nach ihm Franz Scharfen aus Nr.l. Als beste unddisziplinierte Turner und durch ihr gutes eigenes Beispiel, insbesondere dem Tur-nernachwuchs gegenüber, verstanden es beide Turnwarte vortrefflich, auf denguten Leistungen ihrer Vorgänger aufzubauen und die Turnerschaft für Sport undSpiel zu begeistern.

Das allgemeine Aufleben der Vereinstätigkeiten im Dorfe von den zwanziger Jah-ren bis 1938 schlug sich auch besonders auf die Aktivität des Turnvereines nie-der. Die Anzahl an aktiven Turnerinnen und Turnern hatte in der gleichen Zeit ei-ne steigende Tendenz. Die Jugendturnstunden wurden zunehmend stark besuchtund hatten eine überaus gute Breitenenüaltung.

Für die allgemein gute turnerische Arbeit spricht die zielstrebige Vorbereitung derTurnerschaft zur Teilnahme an Wettkämpfen und Massenübungen. Zu allen Be-zirksturnfesten in Postrum, Großwalten, Hermsdorf, Ringelshain, Deutsch-Gabel,Deutsch-Pankratz, Großherrndorf, Wartenberg, Oschitz und Hennersdorf war dieTurnerschaft aktiv vertreten. Sowohl an Einzelkämpfen wie auch in Vereins-Wettkämpfen wurden beachtliche erste, zweite und weitere Siege errungen.

Es'seien hier erste Siege im Zwölfkampf von Willi Hanig (1 17), Rudolf Lehmann(56), Anton Hanig (113), Franz Scharfen (1) und Gustav Jaksch (155) erwähnt.Jedoch gebührt allen Teilnehmern, die weitere Siege errangen und an den Mas-senübungen teilnahmen, das gleiche Lob, zumal es darum ging, mit dabei gewe-sen zu sein.

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Die Jugend- und Schülerinnenriege im Turnverein

Mittelinksrechts

Mitte im Bildlinks im Bildrechts im Bild

LeiterinMitbetreuerinMitbetreuerin

der Vereinsobmannder Turnwartder Jugendwart

Martha KünstnerRosl KünstnerMariechen Werner

Josef ProkopFranz ScharfenBruno Brand

(237',)( 61 )( 45)

Die Jugend- und Schülerriege im Turnverein

(100)( 1 )(154)

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t 2 1

Desweiteren und bestens'vorbereitet beteiligte-sich die Turnerschaft auch anWettkämpfen zu Gauturnfesten, deren Austragungsorte in den dreißiger JahrenGrünwald bei Gablonz, Ruppersdorf bei Reichenberg und Kratza, *arän. h Ver-einswetturnen srrang die Hennersdorfer Auswahlmannschaft, in der.ihr zugeord-neten Leistungsstufe und Mannschaftsstärke, einen "ersten" und zwei "zweire,,Gausiege.

l.Reihe sitzend von l.n.r.:Gustav Jaksch (155), Rudolf Lehmann (56), Turnwart Franz Scharfen (1), BrunoBrand (154), Edmund Werner (29)

2.Reihe von l .n.r. :Wiffi Bienert (126), Franz Gürlich (175), Franz Bienert (74), Franz Scharfen (71),Josef Künstner (35), Bruno Gärtner (155), Bruno Lehmann (56), Bruno Hillebiand(8) .

Nicht minder erwähnenswert ist die Teilnahme von Hennersdorfer Turnern an be-zirksoffenen Wettkämpfen, so z.B. auf der Königshöhe/lsergebirge und in Hain beiOybin i. Sachsen. Auch an solchen Wettkämpfen wurden Ourön Gustav Jaksch(155) und Franz Scharfen (1) Siege errungen.

lm Jahre 1933 fand ein zentrales Verbandsturnfest in Saaz statt. Vertreter derHennersdorfer Turnerschaft waren unter den tausenden von Teilnehmern aus dendeutschsprachigen Gebieten Böhmens, Mährens und der Slowakei mit dabei. Eswar eine eindruckvolle Veranstaltung des Deutschen Turnverbandes mit erlebnis-reichen Tagen.

Ein ganz besonderer Beweis von begeisterter Mitarbeit im Turnverein war dieTeilnahme von Bruno Brand (154) an einem Lehrgang für Leibesübungen an derVerbandsturnschule in Asch. Nach Abschluß desselben wurde er in eine Auswahl-mannschaft des Turnverbandes berufen, die zu turnerischen Darbietungen, u.a.auch im Ausland, auftrat. Seit Mitte der dreißiger Jahre war Bruno Brand Jugend-turnwart.

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122

Sehr erstrebenswert war tür die Turnerschaft d-er Erwerb des Leistungsprtrtungs-abzeichens. Dieses wurde an Turnerinnen und Turner dann verliehen, wenn dieErfüllung von vorgegebenen Leistungen bei bestimmten sportlichen Disziplinenerbracht wurden. Die wohl letzte Auszeichnung dieser Art an Hennersdorfer Tur-ner erfolgte beim Bezirksturnfest in Oschitz. lm Anschluß an die Siegerehrung er-hieften die Turner Edmund Werner (29), Franz Bienert (74) und Willi Bienert (126)das Leistungsprüfungsabzeichen verliehen (s. Abb. von l.n.r.).

-' -r;114.1il

Abschlußappell beim Bezirksturnfest in OschitzNach der Siegerehrung die Verleihung

des Leistungsprüf ungsabzeichens

In Anerkennung und voll des Lobes ist von der Turnerrinneriege, unter der Lei-tung der verdienten und unvergessenen Martha Künstner (297), zu berichten. Siebesaß die hervorragende Eigenschaft, dre Turnerinnen in allen Diszrpfinen ge-konnt und mit Erfolg anzuleiten. Auch die Turnerinnen beteiligten sich aktrv anBezirks- und Gauturnfesten und errangen Siege, wie u.a. Rosa Kusntner (61),Anna Bienert (126), Anna Jaksch liSS;, R-osa Reichelt (170) und MarttraKüsntner (2371. Insbesondere zu erwähnen sind die Auftritte der Turnenlrnen alsGymnastik- oder Tanzgruppe zu Veranstaltungen des Vereines und zu weiterenAnlässen. Musikalisch umrahmt wurden diese Darbietungen durch Klaviermusik,die von Emil Werner (157) gekonnt vorgetragen wurde.

Die folgende Aufnahme erinnert an die Teilnahme einer Auswahl-Turnerinnenmannschaft an einem Vereinswettkampf anläßlich eines Gauturnfe-stes. An dem zufriedenen Lächeln der Turnerinnen ist zu erkennen, wie groß dieFreude über den errungenen Sieg war.

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123

l.Reihe sitzend von l.n.r.:Anna Dreßler (89), Anna Glanz (133), Martha Künstner (Zgzl, Marie Bienert (126),Marie Glanz (139)

2.Reihe von l.n.r.: .Marie Werner (45), Herta Lehmann (87), Rosa Künstner (61), Gerta Hanig (113),Marie Künstner (61), Anna Bienert (126), Hilda Schäfer 1aj, Waltraut Thum Oaol

Eine traditionelle und alljährlich am l.Sonntag nach Neujahr stattfindende Veran-staltung des Turnvereines auf "Riegers Saale" war die "Julfeier". Es war dies ei-ne besondere und unterhaltsame schau Über den Leistungsstand und die vielsei-tigen turnerischen Ubungsmöglichkeiten und erinnerte inJgeheim an altgermani-sches Brauchtum zur "Wntersonnenwende.,.

In Zeitabständen von etwa 3 Jahren veranstaltete der Turnverein zur Faschings-zeit einen "Turnerball", der die Aktiven des Vereines zu einem gemutlchen Ber-sammensein in gehobener Stimmung vereinigte.

Von der Pflege der Volksbräuche bleiben auch die alljährlich am 21. Juni stattge-lundenen Feiern zur "sommersonnenwende" in guter Erinnerung. Gemeinsämmit andersn Vereinen, so dem Gesangverein, der Blasmusik und dem Bund derdeutschen Landlugend wurde diese Feierstunde in Hennersdorf veranstaltet. Eskam immer eine besondere Stimmung auf, wenn nach der Ansprache durch denSprechwart des Turnvereines beim Abbrennen des "sonnenwendefeuers,' dasLied "Stimmt an mit hellem hohem Klang, stimmt an das Lied der Lieder. ge-meinsam gesungen wurde.

Wie sehr begeisterungsfähig und diszipliniert die aktive Turnerschaft war, dietagsüber überwiegend z. T. schwere körperliche Arbeit in der Landwirtschaft zuverrichten hatte, sei daran gemessen, daß die Übungsabende dienstags und frei-tags für die Turner und mittwochs für die Turnerinnän, mit nur wenigän Ausnah-

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124

men, stets vollzählig'besucht waren. Vom Mai an bis August wurde viel im freenauf dem Turnplatze trainiert und die weiteren acht Monate des Jahres im Vereins-saale, wo die schon erwähnten Turngeräte zur Verfügung standen.

Mit zunehmender Beteiligung wurde in den dreißiger Jahren von der Turner-schaft auch Wintersport betrieben. Die Sonntagnachmittage, mitunter auch Wo-chentage, beim Schlittschuhlaufen auf dem "Molkereiteich" bleiben ebenso un-vergessen, wie auch die Skiwanderungen durch die verschneite, heimatliche Win-terlandschaft, in welcher sich die Berge ringsum majestätisch abhoben. Beson-ders gerne wurde auf den Hängen zum Silberstein hin gefahren. Von seinerhöchsten Stelle aus war der unvergleichlich schöne Rundblick auf das Panoramader Heimat im Winterkleide überwältigend und danach ebenso die Abfahrt aufHennersdort zu. Erlebnisse dieser Art waren ein Stück unvergessener Heimat!

Besonders erlebnisreich waren auch die Skiwanderungen zum Gipfel des 1010 mhohen Jeschken. Von Hennersdorf aus konnte die Strecke hin und zurück in ei-ner allerdings strapaziösen Tageswanderung, die reich an Naturerlebnissen war,bewältigt werden.

Vom Sammelplatz, der Anhöhe des "Kickelsberges", verlief die Tour querfeldeinzum "Silberstein" und weiter über die südlich von Seifersdorf und Kriesdorf gele-genen Feldfluren bis zum Anstieg der Straße oberhalb Kriesdorfs in Richtung Rei-chenberg . Zu lener Teit gabe es im Winter auf dieser Straße nur wenig Kraft- undFuhrwerksverkehr, man konnte entlang derselben ungehindert Ski fahren. Vom"Ausgespann" aus war der weitere Anstieg zum Gipfel sehr beschwerlich. DerBaumwuchs wurde immer spärlicher. Es begann die mit Steingeröll zunehmenddurchsetzte Knieholzzone, in der sich die niedrigen, völlig verschneiten Bergkie-fern wie Schneehaufen ausnahmen, die bei strengem Frost über und über kristal-len glitzerten.

Das "Ausgespann" ist die höchstgelegene Stelle der Jeschkenstraße. Diese Be-zeichnung leitet sich von früheren Teiten ab, in der schwer beladene Fuhrwerkevon und nach Reichenberg vom Anstieg dieser Straße bis zur höchstgelegenenStelle zweigespännig gezogen wurden. Dort angelangt wurde das Vordergespannweggenommen, d.h. ausgespannt.

Yot Gipfel des Jeschken bot sich bei guter Fernsicht ein herrlicher Rundblick.Uber den tief verschneiten Wäldern und Fluren breitete sich eine friedliche Stilleaus. Den Lausitzer Gebirgszug mit Hochwald, Lausche, Kleis und werteren vorge-lagerten Bergen konnte man gut erkennen. In nächster Umgebung von Henners-dorf sah man den Tolzberg, Limberg, Roll, Silberstein und Spitzberg bei Audis-horn. Vom Roll aus erstreckte sich ern bewaldeter Hügelzug in Richtung Hammeram See mit dem Hirschberg, dem Hammer Spitzberg, der Burgrurne Dewin amHammersee und den Krassaer Berg. Von Hennersdorf selbst konnte man vomJeschken nur wenige Häuser erkennen und Wartenberg war wegen des vorgela-gerten Schloßberges nicht zu sehen. In südlicher Blickrichtung waren noch dreKfeinstädte Oschitz und Böhmisch Aicha zu sehen. Der Jeschkengebirgszugsetzte sich südostwärts fort, an deren Ende der "Jaberlich" mit dem bekanntenRiesenfaß, einer Gaststätte, gut sichtbar war. Dem Osten und Norden zu bot sichder Blick auf das nähere lsergebirge und das weiter entfernte Riesengebirge. Bei-de Gebirgszüge flossen ineinander über. In einem sich lang dahinziehenden Tal-kessel zwischen dem Höhenzug des Jeschken und dem lsergebirge lagen diebeiden nordböhmischen Metropolen Reichenberg und Gablonz a.d.Neiße, be-kannt durch eine hochentwickelte Textil- und Schmuckwarenindustrie.

Selbstverständlich gehörte zu diesem weiten Skiausflug auch ein Aufenthalt inden Gasträumen des Jeschkenhauses, wo es reichlich zu essen und zu trinkengab. Die ständige Bewegung in Gottes freier Natur regte den Appetit an, dennoch

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1 2 5

I

bfieben wir bescheidene Zecher. Am frühen Nachmittag rüsteten wir zurRückfahrt. Vom Ausgespann wurde den Kammweg entlang äuf die Moiselkoppezu gefahren. Dann ging es entweder in steiler Abfahrt auf Kriesdorf zu oder denKammweg weiter und von den Schönbacher, Höhen aus über Seifersdorf Rich-tung Hennersdorf. Wieder daheim überwog dann die Faszination der erlebtenEindrücke einer einmaligen Winterlandschaft die nunmehr aufkommende Müdig-keit von der langen skifahrt auf den Jeschken und zurück.

Der Jeschkenin bezaubernder Winterlandschaft

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Das Jeschkenlied

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t26

I

2" Wie's treue Vateraugebewahrst du meine Ruhund glaub ich mich verlassenzieh einsam meine Straßen,du siehst mir immer zu,du siehst mir immer zu.

3. Als Haus und Hof und Gartender Kindeswelt noch war,da hat ins Herz des Knabenein Bild sich eingegraben,drin weilt es immer dardrin weilt es immer dar.

4. Empfängt einst meine Seeleaus Gottes Vaterhandzum letäen Flug die Flügelgrüßt dich mein Grabeshügelim teuren Heimatlandim teuren Heimatland.

Von Beginn der dreißiger Jahre war Josef Prokoph (100) Obmann des Turnverei-nes. Nach seinem zu frühen Tode wurde Emil Werner (157) Nachfolger und bliebObmann des Turnvereines bis 1945. In Würdigung seiner besonderen Verdinestewurde ihm anläßlich seines 50. Geburtstags im September 1936 die Ehrenmit-gliedschaft im Turnverein verliehen.

Um die Mitte der dreißiger Jahre hatten die Turnerinnen- und Turnerschaft ihrenHöchststand an Aktiven erreicht.

Die Hennersdorfer Turnerinnen- und Turnerschaftum das Jahr 1994

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lm Vorlauf zu den Ereignissen von 1938, die den Anschluß der deutr"nrpr""ni-gen Gebiete von Böhmen und Mähren an das Reich zur Folge hatten, wurde diezwar völkisch orientierte, aber bis dahin politisch neutrale Turnbewegung, von po-litischen Strömungen stark unterlaufen.

Mit der Durchführung des letzten Bezirksturnfestes im Jahre 1937 wurde die Tur-nerschaft von Hennersdorf anläßlich des dreißigjährigen Bestehens ihres Vereinesbeauftragt. Dieses zentrale Treffen der Turnerschaft des Turnbezirkes Deutsch-Gabel war gleichsam schon der Ausklang einer, wenn auch jungen, so doch tradi-tionsreichen Turnbewegung. Zum letzten Male waren es die Hennersdorfer Tur-ner Willi Hanig (117\ und Gustav Jaksch (155), die als erste Sieger im Wettkampfauf dem Siiegespodest standen.

Gleichermaßen als Vorbote für das, was der Turnerschaft an Schicksalen bevor-stand und ebenfalls symbolisch für den Wappenspruch auf der Vereinsfahne undfür die Tragik ihres frühen Verlustes, kam diese Fahne der Turnerschaft schon imJahre 1938 abhanden. In den Wirren des August und September dieses ereignis-reichen Jahres waren Angehörige der Tschechoslowakischen Armee im Vereins-saale einquartiert. Als sie infolge des Münchner Abkommens abgezogen waren,fehlte die in einem verschlossenen Schrank aufbewahrt gewesene Turnerfahne.

Die folgende Zeit war bereits von politischen Entwicklungen geprägt, die schließ-lich den 2. Weltkrieg entfachten. Nach dem Ausbruch dieses unheilvollen Kriegesam 1. September 1939, standen bald alle aktiven Turner an den Fronten und ihrgroßes Leiden und Sterben begann.

An die Stelle des Turnwartes Franz Scharfen (1) trat wieder Willi Hanig (1171, derAltturnwart aus den zwanziger Jahren. Er vertrat in seiner Funktion auch gleich-zeitig den Verein im Bezirksturnfachausschuß von Deutsch-Gabel.

Um es der Nachwelt zu erhalten, sei die aktive Turnerschaft von Mitte der dreißi-ger Jahre an namentlich genannt:

Die Turnerinnenschaft:Hilda Schäfer, Ludmilla Schäfer, Hedwig Schäfer (4), Martha Hillebrand (B), MarieZimmermann (15), Annemarie Schröter (38), Marie Werner (45), Waltraud Böhm,llse Böhm (59), Rosa Künstner, Marie Künstner (61), Martha Lehmann (63), ErnaEberl (741, Hertha Lehmann, Ehrentraud Lehmann (87), Ana Dressler (89), LuiseGröschel (108), Gerta Hanig (113), Marie Bienert, Anna Bienert (126), AnnaGlanz, Marie Glanz (133), Anna Gürl ich (126), Martha Angelmann (191), AnnaProkop (217), Martha Künstner (237, Waltraut Thum (240\.

Die Turnerschaft:aus Nr. im 2. Weltkrieg

Franz ScharfenBruno HillebrandErwin HantscheEdmund WernerRudolf GürlichJosef KünstnerErich KünstnerRudolf LehmannBruno LehmannFranz ScharfenFriedrich ScharfenMax ScharfenFranz Bienert

1I1 629343535565671717174

vermißtvermißtverstorben

vermißtgefallen

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Walter JahneFranz DresslerWilhelm HanigWilhelm BienertAnton BienertAnton GlanzGustav GrohHeinz SchmutzerBruno BrandGustav JakschBruno GärtnerFranz LehmannEmil LehmannFranz GürlichErnst GürlichGustav KünstnerFriedrich KünstnerErnst ProkopMax ScholzeErnst GrafErnst KönigFriedrich Künstner

gefallengefallengefallen

vernrißt

gefallengefallen

gefallengefallen

gefallen

Furchtbar ist diese Aussage über das Schicksal der Turnerschaft, einer im 2.Weltkrieg so maßlos geschundenen Generation. So wurden auch die Hennersdor-fer Turner im "Reiche aller Deutschen" um ihre ldeale betrogen. Einern Reiche,das den 2. Weltkrieg mit allen seinen fürchterlichen Folgen auslöste und den Ver-fust der Heimat und Existenz zur Folge hatte.

Bald nach dem Kriegsende am 8. Mai 1945 wurde die an Riegers Gasthause ste-hende Büste des Friedrich Ludwig Jahn zertrümmert und der Sockel umgewor-fen.

Wer jemals von der ehemaligen Turnerschaft nach 1945 die Dorfstraße von Hen-nersdorf entlang ging und in Gedanken an Riegers-Gasthause verweilte, dem ka-men sicher Rückerinnerungen an jene schönen und guten Zeiten in den Sinn, indenen der Turnverein hier seine Heimatstätte hatte.

Die Grundung der Blasmusik - Kapelle

1 9 0 7 : Es bleibt ern Verdienst des Feldgärtners und nebenberulhclren Musrk-lehrers Alors Schroter (52), durch seinen Unterricht Schulern und auclr Erwactrse-nen das Spielen verschiedener Instrumente beigebracht zu haben. Damrt hat erauch die Voraussetzung für den im Jahre 1907 gegründeten Musikverein ge-schaffen. Zuerst formierte sich aus diesem Verein die Blaskapelle. Durch vieleJahre war Alois Schröter auch ihr Kapellmeister. Zu verschiedenen Anlassen, zuerfreulichen, feierlichen und traurigen, spielte die Blaskapelle. Es ist schwer vor-stellbar und das ländlich-kulturelle Leben wäre sicher um ein Vielfaches ärmer ge-wesen, wenn es den Musikverein nicht gegeben hätte. Dle feierlichen und mehrgetragenen Jubeltöne zu kirchlichen Anlassen (Ostern, Fronleichnam) bleibenebenso in Erinnerung wie die Marsch- und Konzertklänge zu Vereinsveranstaltun-gen oder die Trauermusik bei Beerdigungen. Am eindruckvollsten war aber einOsterbrauch der Blaskapelle. Mit einem feierlichen Geläut frühmorgens, das vonkrachenden Böllerschüssen auf "Lurzen's Berge" (Schäfer Nr.44) begleitet wur-de, begann der Ostersonntag. Längst hatte sich zu dieser frühen Zeit auch schondie Blaskapelle auf einer Anhöhe des Ortsanfanges im Oberdorfe eingefunden,um in den vorerwähnten Weckruf durch Geläut und Böllerschüsse, mit Musik ein-

128

84891171261261331391401541551551 6 11 6 11751751 9 61 9 62 1 7226234238239

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zustammen. Mit einem Zeitaufwand bis zu Stunden und persönlichen Opt"rn ;"-des Musikers, besonders bei unfreundlichem Wetter, zog die Kapelle durch denOrt und spielte an verschiedenen markanten Stellen ihre Weisen, daß sich jederOrtsbewohner an den Klängen zu früher Stunde am Ostermorgen erfreuen konn-te. An Anerkennung für die Musiker mangelte es nicht. Man bedankte sich beiden Musikaktiven in Form eines Umtrunkes, durch Geldzuwendungen oder auchdurch ein Frühstück mit Kuchen und Kaffee. Gegenüber anderen Tagen kam esdadurch am Ostermorgen zu einer ganz besonderen Stimmung. Das schon be-gonnene Frühlingserwachen, das "Alleluja" am Vorabend bei der Auferstehungs-feier, das Glockengeläut, die Böllerschüsse und die Klänge der Blasmusik verei-nigten sich zu einer österlichen Symphonie für alle, die sie vernahmen und zu-tiefst miterlebten.

Vom Gründungsjahre 1907 an bis zum Ausbruch des 1 . Weltkrieges am 1,.August1914 und von 1920 an bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges am 1. September1939 musizierte die Blaskapelle unter der Leitung ihrer Kapellmeister AloisSchröter (52) und Anton Schäfer (49) zur Freude und Unterhaltung aller Henners-dorfer. Die Blasmusiker konnten für sich in Anspruch nehmen, mit ihrer Musiksehr zur Freude der Ortsbewohner und zur Bereicherung des kultureilen Lebensim Dorfe beigetragen zu haben.

Die Mitglieder der Musikkapelle vor dem l.weltkrieg waren:

Afois Schröter 52Anton Schäfer 49Rudolf Prokop 1ZgJohann Künstner 91Franz Gabler 1OsFranz Wobisch g2Anton Scholze 1TAdolf Steier 111Wifli Hanig 117 {

Alois Dressler BgFranz Hanig 106Anton Hanig 1 13Karl Hoffmann 213Anton Brand 154Franz Hoffmann 2ZgRudolf Werner 29

Vom Jahre 1920 an bis zum Jahre 1939 verstärkteHinzukommen weiterer junger Musiker:

KapellrneisterFlügelhornTrornpeteTrompeteBaßflügelhornBaßflügelhornEs-KlarinetteB-KlarinetteB -KlarinetteB -KlarinettePikkolo-FlöteHelikonHornHornGroße TrommelKleine Trommel

sich die Musikkapelle durch

Schäfer Anton

Prokoph RudolfLehmann RudolfWürfel GustavKünstner JohannTeumer AntonHillebrand BrunoScharfen RudolfScholze AntonProkoph AntonBasler EmilBrand Bruno

49

128565591

1768

1461 7

2366

154

Flugelhorn u. Kapell-meisterFlügelhornFlügelhornTrompeteTrompeteTrompeteTrompeteKontrabaßKlarinetteKlarinetteKlarinetteTrompete

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König ErnstWobisch FranzGlathe FranzBrand AntonHoffmann EmilKoch FranzHanig WilliSchröter EmilSchröter FranzSteier Adolf

DirigentKlavrer

Violine

BratscheBaßgeige

1 3 0

23882

18215422324311733

1 6 51 1

TrompeteBaßflügelhornBaßflügelhornHornHornPosauneKlarinetteFlöte/PikkoloGroße TrommelKleine Trommel

Die Gründung des Salonorchesters

1 91 9: In den Jahren nach 1900 hatte es der schon erwähnte Musikleh(er er-reicht, über eine größere Anzahl fortgeschrittener Schüler anlverschiedenen In-strumenten zu verfügen. Diese Erfolge veranlaßten ihn, öffentliche Schülerkonzer-te durchzuführen. Aus dem Orchester eines solchen Schülerkonzertes um dasJahr 1910, welches durch ältere ehemalige talentierte Musikschüler verstärkt wur-de, entwickelte sich einn kleines "Salonorchester", dessen Dirigent vor und meh-rere Jahre nach dem 1. Weltkrieg Alois Schröter war. Besonders fördernd kamhinzu, daß sich ein außerordentlich talentierter Klavierspieler, der aus RiegersGasthaus stammende Anton Rieger, Student, und später wohnlraft in Wien, desOrchesters zu Urlaubszeiten besonders annahm, selbst mitspielte und entspre-chendes Notenmaterial besorgte. In den bescheidenen Anfängen von damals mu-sizierte das orchester nrrt folgender Instrumentalbesetzung:

Alois SchröterAlois Schröter undFranz RiegerFranz Wobisch,Franz Dittrich undFranz ScharfenFriedrich KünstnerRudolf Scharfen

Friedrich Tenker (205), Emil Werner (157)Berta Engelmann (240), Emil Werner (1571,Walter Prokop (2)Franz Koch (243)Franz Dittrich (145)Rudolf Schmutzer (140)Edmund Werner (29)Bruno Hillebrand (8)Ernst König (238)Friedrich Künstner (239)Rudolf Scharfen (146)Rudolf Lehmann (56)

52521 1 8821 4 5146239146

Nach der Ubernahme der Leitung des Salonorchesters durch Oberlehrer Thum inrJahre 1924 erfuhr das Orchester durch Hinzukommen weiterer Instrumente einebeachtliche Verstärkung und durch intensive Probearbeiten auch eine qualitativeVerbesserung. Es ist bemerkenswert, wie es der Dirigent verstand, das Orchesterzu efnem guten Klangkorper zu formen, was er an Leistungen aus dem Orchestervon Laienmusikern herausholte und an welche z.T. schwierige Kompositionen erdas Orchester heranführte. Unter diesem Dirigent, Oberlehrer Thum, hatte dasHennersdorfer Salonorchester in den dreißiger Jahren folgende Instrumentalbe-setzung:

KlavierHarmonium

1. Geige1. Geige2. Geige2. Geige2. Geige2. GeigeCelloBaßTrompete

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PosauneKlarinettePicollo-FlöteOboeSchlagzeug

1 3 r

Franz Glathe (182)Emil Basler (6)Emil Schröter (33)Erwin Hantsche ('16)Rudolf Böhm (27)

Von Mitte der zwanziger Jahre an gehörte es zur guten Tradition, daß zu Ostern

eine Konzertaufführung des Salonorchesters, mitunter auch gemeinsam mit den

beiden Chören des Gesangvereines, stattfand. Schon im Herbst, wenn die Feld-

arbeiten abgeschlossen waren, wurde mit den Probearbeiten begonnen, die in

den folgenden ohnedies arbeitsärmeren Wintermonaten dann allwÖchentlich fort-gesetzt wurden.

Als erstes seien hier die musikalischen Beiträge zum Gelingen des HennersdorferHeimatfestes im Jahre 1928 genannt, worüber noch ausführlich berichtet wird.

Von all den erfolgreichen Osterkonzerten verdienen es zwei, besonders erwähnt

zu werden. lm Jahre 1933 veranstaltete das Salonorchester unter Mitwirkung des

Gesangvereines ein Konzefi zu Ehren von Franz Schubert. Der musikalischeHöhepunkt aller Konzerte war das zu Ostern 1935 durchgeführte Straußkonzert,in dessen Vortragsfolge die beschwingt gespielten und gesungenen Melodien von

Strauß Vater und Sohn wahre Ovationen auslösten. Bei stets voll besuchtemHause wurde dieses Konzert im Dorfe dreimal aufgeführt. In machem Jahre wur-

den auch Konzerte in Nachbargemeinden gegeben, die letztlich Mittler rnusikali-

schen Kulturgutes von Hennersdorfer Musikern in die Nachbarorte waren.

Die Musikalität von Hennersdorfern in der Blaskapelle, dem Gesangveretn uttddern Salonorchester war deshalb so stark ausgepragt und einmalig fÜr eirt Bau-

erndorf, weil schon vor der Jahrhundertwende und die folgenden über dreißigJahre lnteressierte und musikalisch talentierte Schüler im Spielen von Instrumen-ten und dem Notenlesen zielstrebig unterwiesen wurden. Nach weiterem Übenüber das Schulalter hinaus bot sich dann die Gelegenheit, in der Blaskapelle,dem Salonorchester oder im Gesangverein mitzuwirken. Für alle Aktiven seiendrei besonders herausragende Talente genannt: Rudolf Lehmann (56) - er be-herrschte virtuos das Trompetenspiel in der Blaskapelle und im Salonorchester,Martha Künstner (2371- war eine führende Sopranistin im gemischten Chor, sangals Sofist und im Duett gemeinsam mit dem wuchtigen Bariton Bruno Zimmer-mann (173) .

Unter seinen Kapellmeistern und Dirigenten vollbrachten die Blaskapelle, der Ge-sangverein und das Salonorchester in den zwanziger Jahren und dreißiger JahrenGlanzleistungen zur Freude aller Ortsbewohner, bis der 2. Weltkrieg diesem edlenSchaffen für immer ern Ende setzte.

Die Pflege der Kirchenmusik und damit die Tätigkeit des Kirchenchores darlebenfalls nicht unerwähnt bleiben. Langjähriger Dirigent desselben und Orgarrrstbis 1945 war Alois Schröter (52). Sangesfreudige Sängerinnen und Särtger, die tn

der Meh rzahl auch im Gesangverein mitwirkten, waren in den Stimmlagen So-pran, Alt, Tenor und Bafl im Kirchenchor vertreten.

Zu besonderen kirchlichen Hochfesten, wie Ostern, Pfingsten, dem 1. Kirchenlest"Mariä Heimsuchung" (den Sonntag nach dem 2. Juh), dem Patronatsfest "Mariä

Geburt" (8. September), der Kirchweih und Weihnachten, wurde der Kirchenchordurch eine Instrumentalgruppe von Bläsern und Streichern verstärkt. Die Fest-messen dirigierte dann der schon genannte Lehrer i.R. Emil Werner und an derOrgel spielte der Kirchenorganist Alois SchrÖter.

lm Dienste der "musica sacra" tätig zu sein, war für die Aktiven im Kirchenchoreine Selbstverständlichkeit. Sie waren stets zur Stelle, zu festlichen und traurigen

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Anlässen. Sie musizierten unter dem Schutze dFr über dem Chorgestühl in derDorfkirche bildhaft dargestellten Patronin der Kirchenmusik, der hl. Cäcilia.

Blick zum Chorgestühl in der Dorfkirche"St. Mariä Geburt" zu Hennersdorf

Die Gründung der Maschinen- und Dreschgenossenschaft

1 9 0 9 : Wieder waren es genossenschaftliches Gedankengut und wirtschaftli-cher Weitblick, die den Bauern und späteren Landeskulturratsleligierten, WenzelZimmermann (173'), dazu veranlaßten, mit einer Gruppe von weiteren interessier-ten Bauern eine Landwirtschaftliche Maschinen- und Dreschgenossenschaft zugründen. Der Gründung dreser Genossenschaft lag der Gedänke zugrunde, inden landwirtschaftlichen Betrieben die Voraussetzungen für einschneidende fu-beitserleichterungen zu schaffen, damit der Getreidedrusch in kürzester Zeit, d.h' noch zu günstiger Jahreszeit abgeschlossen werden konnte und nicht mehrwie bisher bei jedem Bauem noch viele Winten^rochen in Anspruch nahm.

Noch im gleichen Jahre wurden, vorerst auf Kredit, eine Dreschgarnitur, eineStrohpresse und eine Lokomobile, alles Fabrikate aus dem Deutschön Reich, ge-kauft. Durch die AufschlÜsselung der Anschaffungskosten auf die Anteile anAckerland iedes Genossenschaftsmitgliedes und die Berechnung von antealigenBenutzergebühren wurde die Amortiiation des Beschaffungskrädites sicher-ge-stellt.

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Sofange ,noch mit Dampfantrieb gedroschen wurde, waren ständig zwei P"rron"nals Bedienungspersonal beschäftigt,, Vom Jahre 1909 an bis 1921 waren diesals Heizer: Johann Brand (154), Josef Prokoph (128),

Rudolf Schäfer (22), Ernst Prokoph (128),Franz Schäfer (4) und von 1909 bis 1945

als Einleger: Anton Brand (1S4),Franz Künstner (46),Josef Reichelt (170), Franz Brosch (186),Fritz Michel (57),Emil Basler (6) undBruno Brand (154)

Auf der Grundlage einer bestehenden Druschordnung legte der Geschäftsführerdem Genossenschaftsvorstand alljährlich einen Druschablaufplan vor, wobei soverfahren wurde, daß abwechselnd im Oberdorfe und im darauffolgendem Jahr imNiederdorfe mit dem Getreidedrusch begonnen wurde. lm Interesse der Werter-haltung der Maschinen legte man besonderes Gewicht darauf, daß man unnützeund umständliche Transportwege möglichst ausschaltete. Die Zu- und Abfuhr derMaschtnen geschah durch Gespanne in Nachbarschaftshilfe, wobei das Betreu-ungspersonal der Dreschgarnitur eine besondere Verantwortung trug. Für die Be-reitstellung von Heizmaterial und hinreichend Wasser war der Bauer, bei dem ge-droschen wurde, verantwortlich. Solange das Preßstroh noch mit Langstrohseilengebunden werden mußte, waren für den Druschablauf, einschließlich des Heizersund Einlegers, bis zu 15 Personen erforderlich. Beim Drusch beschäftigte mannur wenige Leute im Tagelohn, man half vielmehr einander von Wirtschaft zuWirtschaft in Nachbarschaftshilfe. Die Druschzeit war stets auch eine "hohe"Zeit. Bald nach der Getreideernte, schon im September, wurde damit begonnen.7ur Zeit der Kartoffelernte trat eine Druschpause ein, doch bald danach wurdeder Drusch fortgesetzt. Als großer technischer Fortschritt kam der vollrfiechani-sierte Getreidedrusch den Bauern und Feldgärtnern sehr zugute. Vorbei war dieZeit, daß man an kalten Wintertagen in den Scheunen arbeiten mußte und einPferdegespann den Göpel unentwegt zog. Man half einander nunmehr in gegen-seitiger Hilfe und jeder erfreute sich des neuen Erlebens und des Fortschrittsdurch die verhältnismäßig bequeme und schnelle Arbeitsleistung dieser neuenGroßnraschinen. In kurzer Zeit war das Getreide ausgeclroschen und Korn undStroh unter Dach und Fach gebracht.

Der Mitgliederstand erhöhte sich von Jahr zu Jahr. Nachdem im Jahre 1g21 dieElektrifizierung von Hennersdorf abgescchlossen war, wurde beschlossen, einenzweiten kompletten Druschsatz, Fabrikat Deutsches Reich, zu kaufen und beideDreschgarnituren elektrisch anzutreiben. Der Dampfkessel wurde verkauft. Vonder Zeit an war für jede Dreschgarnitur nur noch ein Maschrnrst verantwortltch,der gleichzeitig auch Einleger war. Um die Mitte der zwan ziger Jahre wurden vonden Herstellerfirmen in die Strohpressen Selbstbindevorrichtungen eingebaut. Da-durch konnte die Druschbesatzung um 4 Arbeitskräfte reduziert werden, die vor-dem das Preflstroh mit Strohseilen binden mußten.

Der Maschinenpark der Dreschgenossenschaft erfuhr durch weitere Zukäufe vonSpezialmaschinen eine beachtliche Erweiterung. So wurden im Laufe der Jahreein Langstrohdrescher, eine Saatgutreinigungsanlage für Getreide, eine Reini-gungsmaschine für Feinsämereien (Mohn, Rotklee), eine Schrotmühle und eineKreissäge zur allgemeinen Benutzung angeschafft. Qualifizierte Maschinisten(Feldgärtner) besorgten die wartung und Bedienung der Maschinen:

Langstrohdrescher und Kreissäge

Schrotmühle, stationärSaatgutaufbereitung, stationär

Emil Basler (6)Bruno Brand (154)Rudolf Prokoph (128)Emif Hoffmann (223')

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Sowohl der Einsa tz der großen DreschgarniturerL als auch alter weiteren U"r"ni-nen wurde im Stundensatz zu vereinbarten Tarifsätzen in Rechnung gestellt. Der-lei Benutzungsgebühren wurden bei jeder Milchgeldauszahlung, die moantlichstattfand, durch den Geschäftsführer erhoben und umgehend auf das Konto derGenossenschaft bei der örtlichen Raiffeisenkasse eingezahlt. Die Geschäftsführerder Maschinen- und Dreschgenossenschaft waren: bis 1932 Josef Schröter (3g),bis 1945 Wil l i Hanig (1171.

60 Betriebe waren die Benutzer der Dreschgarnituren und eine weit größere An-zahl benutzten die schon erwähnten anderen Maschinen. Jene Kleinb-etriebe, de-ren Scheunenraum zu beengt war, um darin mit Großmaschinen das Getreide zudreschen, kauften auf eigener Gemeinschaftsbasis einen kleineren Dreschsatz,der von einem Benzinmotor, im Volksmund "Teff-Teff" genannt, angetrieben wur-de. Wenzel Wendler (153) war der Leiter und Maschinist dieser Kleingenossen-schaft in einer Person.

Für beide Dreschgenossenschaften galt die Regel, daß die Verköstigung des Ma-schinisten und bezahlter Mithelfender ganztägig erfolgte. Für die auf Gegenseitig-keit Mithelfenden gab es um g Uhr Frühstück, Kaffee und Butterbrot, deigleichenauch nachmittags 15 Uhr. Zur letzten Vesper vor dem Ausdrusch, dem "Bansen-recht", gab es Kaffee mit Kuchen oder Butterhörnchen. Bej viel Fröhtichkeit undspaß zog sich diese letzte vesper auch manchmal in die Länge.

In der gemeinsamen Arbeit mit und in diesen genossenschaftlichen Einrichtungenbekam man die innere Befriedigung, die Errungenschaften der Technik in äerLandwirtschaft und die gegenseitige Hilfe im besonderen Maße zu spüren. VomGründungsjahre 1909 an bis 1945 waren die folgenden Bauern Obmann derMaschinen- und Dreschgenossenschaft von Hennersdor-f:

Wenzel Zimmermann (173), Wenzel Glathe (182), Franz Lehmann (161), FranzGürf ich (1 16), Franz Künstner (190).

Außerhalb der Druschzeiten waren die beiden Dreschgarnituren, Pressen, Motor-wagen und der Langstrohdrescher in einem stets gutem Pflegezustand tn derScheune des genossenschaftseigenen Grundstückes von Nr.1g abgestellt.

Der letzte Geschäftsführer der Genossenschaft, Bauer willi Hanig (117), berichtetvon der Situation im Jahre 1945 wie folgt wörtlich: "Als jedoch einige Wochennach dem Zusammenbruch des 2. Weltkrieges ein tschechischer Beauftragter bermir erschien und sämtliche Unterlagen zur Ubergabe forderte, war das Ende desgenossenschaftlichen Eigentumsbegriffes, wie so vieler anderer Einrichtungen,gekommen. Die Form der Enteignung ohne Entschädigung schien so, als hä1tenwir alles auf unehrliche Weise erworben."

Die Landwirtschaftliche Maschinen- und Dreschgenossenschaft von Hennersdorfwar in ihrem Wertbestand und der innergenossenschaftlichen Organisation eineeinmalige Einrichtung am Bezirk Deutsch-Gabel und darüber hinaus vorbildlich imLande Böhmen.

Die Gründung der Jagdgesellschaft

Die Geschichte der Jagdgesellschaft ist ein vortrefflicher Beweis der schon zusehr früher Zeit stark entwickelten Persönlichkeitsentfaltung der Hennersdorfer.Zwei anonym gebliebene begeisterte Jäger berichten über diese Jagdgesellschaftwie folgt: "Um das Jahr 1880 übernahmen ortsansässige Bewohner das Eigen-tumsrecht zur Ausübung der Jagd von der damaligen Herrschaft Wartenberg.bererste Jagdpächter war Herr Josef Lehmann aus Nr.161. Als seinerzeitigerärster

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Obertreiberfungierte der Schmiedemeister, Herr Josef Dittrich, aus ttr;r+gf1ag.Dieser Zustand dauerte bis zum Jahre '1907, als aufgrund der mißlichen Verhält-nisse im Orte die Jagd an Herrn Siebeneichler aus Gablonz a.d.N. auf einePachtperiode bis zum Jahre 1914 vergeben wurde. Zu dieser Zeit entfachte sichim Orte ein große Auseinandersetzung wegen der Eigenausübung des Jagdrech-tes. Da sich die Mehrheit der Bewohner für die Eigenausübung der Jagd einsetz-te, wurde dieselbe von Herrn Wenzel Glathe aus Hennersdorf Nr.1B2 zu jederBedingung zurückgepachtet. Dabei übernahm das Amt des ersten ObertreibersHerr Wagnermeister Franz Gabler aus Nr.165 und nach dessen Ableben derLandwirt Franz Glathe aus Nr.7.

Es wäre dabei noch zu erwähnen, daß alle 40 beigetretenen Mitglieder erheblichefinanzielle Opfer zu tragen hatten. (Der Beitrag betrug S0 Kronen einmalig, unver-zinslich rückzahlbar).

Nach Beendigung des ersten Weltkrieges hatte auch unsere Jagdgenossenschaftdrei Opfer zu beklagen: Anton Dittrich (145), Josef Horn (21) und Heinrich Suske(231) .

Als oberster Grundsatz galt dem Jagdpächter, Herrn Wenzel Glathe, die Jagd inder Form auszuüben, daß weder Land- noch Forstwirtschaft durch den bestenen-den Wildbestand geschädigt werden konnten. Zu diesem Zwecke wurde einJagdausschuß gewählt, welcher die Bestimmungen hinsichtlich der Jagdbarkeittraf . Diesem ersten Ausschuß gehörten an: Jagdpächter, Geschäftsleiter,Schriftführer, Wildmeister sowie 4 weitere Ausschußmitglieder. Unter anderem sa-hen die Bestimmungen vor, daß jeder unbescholtene Bürger ein Mitglied derJagdgesellschaft werden konnte. Um die Verbundenheit zwischen Stadt und Landzum Ausdruck zu bringen, hegte der Jagdpächter den Grundsatz, auch auswärti-gen Personen den Beitritt als Mitglied zu gestatten. Um sich als einzelner Jägermit der Waffe frei im Jagdrevier bewegen zu dürfen, mußte jedes Mitglied eineschriftliche Erlaubnis vom Jagdpächter haben

In den dreißiger Jahren trat unsere Jagdgesellschaft dem Verband DeutscherJäger "St. Hubertus" als 239. Zweigverein bei. Verbandsobmann war Major a.D.Herr Hugo Fischer aus Reichenberg, welcher sich später in unserem Heimatorteansiedefte. Als Zweigvereinsobmann fungierte der Landwirt Herr Franz Prokopaus Nr.2, die Geschäfts- und Schriftführung übernahrn der Geschäftsleiter derJagdgesellschaft Landwirt Herr Heinrich Hanig aus Nr.1 13.

Nachdem Herr Wenzel Glathe aus Nr. 182 sein Amt als Jagdpachter niedergelegthatte, pachtete die Hennersdorfer Gemeindejagd der Landwirt Herr Josef Gürlichaus Nr.137 und zwa( bis zu unserer Ausweisung im Jahre 1945. Bis dahin hattenalle frÜheren Bestimmungen ihre Gültigkeit und es herrschte ein geselliger Ver-kehr untereinandern.

Als Förderer und Gönner unserer Jagdgesellschaft hatte auch unser Burgermei-ster, Obmann des Fischereivereins, Herr Josef Schröter aus Nr. 38, wesentlichenAnteil. Nach Aussagen und Empfinden aller Jäger sowie Ortskinder galt die Jagd-gesellschaft in Hennersdorf, weil sie sich ganz und gar unpolitisch betätigte, älseine der schönsten Vereinigungen im Orte."

Die Hennersdorfer Jagdflur umfaßte eine Fläche von t5B1 ,42 ha. Diese Flächewar in die folgenden sieben Jagd-Teilreviere unterteilt:

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Waldjagden:1 .2.3.4.Kreisjagden:5.6.7.

OberbuschjagdFinkenbergjagdHölzeljagdSpitzbergjagd

Feldfluren / WestseiteFeldfluren / OstseiteFeldfluren / Nordseite

Die zwei eifrigen Jäger berichten über die Organisation und den Ablauf der Wald-und Feldjagden weiter: "Vor jeder Jagd wurde in Vogts-Gasthause eine 'Ver-

sammlung abgehalten, wo in erster Linie die Jagdleitung und weitere Einzelheitenhinsichtlich der Durchführung der Jagd bekanntgegeben wurden. Einige Tage vorAbhaltung einer jeden Jagd ergingen an alle einzelnen Mitglieder Einladungen.Am Jagdtage selbst versammelten sich die Teilnehrner schon frühzeitig am Be-stimmungsorte. Dort wurden von den beiden Jagdleitern zwei Gruppen gebildetund die einzelnen schützen auf ihre Posten eingewiesen.

Zum Gelingen elner solchen Jagd trug der Obertreiber mit seinen Treibern we-sentlich bei. Der einmalige Hornruf gab den Teilnehmern das Zeichen zum Be-ginn und die Treiber trieben mit lautem Rufen und auch Klopfen an den Bäumendas Wild den scttußbereiten Jägern zu. Wegen Gefährdung des Lebens war esdem Schützen verboten, in den Trieb zu schießen. Den Abschluß eines jeweiligenTriebes bildete abermals, jedoch dreimal ertönend, ein Hornsignal. Anschliellendwurde das erlegte Wild waidmännisch hingelegt, die Strecke besichtigt, gezählt,notiert und vom Wildmeister übernommen. Als erster Wildmeister dieser Paclrt-periode fungierte Herr Josef Prokoph aus Nr. 128 und nach seinem Ableben derOberpostoffizial a.D. Herr Stefan Wörfel aus Nr.143; beide bekleideten ihr Amtehrenamtlich.

Hierauf begaben sich die Jäger und Treiber in das nächstgelegene Gasthaus, wovorerst der geschäftliche Teil abgewickelt wurde; dann beschloß ein gemütlichesBeisammensein, bei dern viel gescherzt und gelacht wurde, einen solchen herrli-chen Tag und jeder freute sich schon wieder auf das nächste Treiben.

Alllährlich nach Beendigung der Jagden wurde immer eine große Abschlußfeier,der sogenannte "Letzte Trreb" veranstaltet, zu welchem auch särntl iche Jagdtrau-en, die Treiber und vtele Gonner des edlen Waidwerkes eingeladen wurden. ZurHebung der Strmmung wurden al le "Missetaten", z.B. Vergehen wegen Nrchtbe-herrschung der waidrnannrschen Sprache, sowie Verstöße der Anordnungen vrrrsetten der Jagdleitung, welche die einzelnen Jager bei den Jagden begangen hat-ten aufgezählt und mit erner kleinen Geldstrafe geahndet; so wurde u.a. der Jagd-pächter Herr Wenzel Glathe zu einer Geldstrafe verdonnert, weil er ernmal angeb-lich in den Trreb geschossen hatte. Nach der Urterlsverkundung sagte Genannterseelenruhig: 'Ja, ich zahle die 10 Kronen, aber in den Trieb habe ich nicht ge-schossen.' Bei Musik und Gesang verging auch ein solcher schöner Abend furdie Beteiligten viel zu schnell."

Eine kleine Episode, jedoch eine wahre Begebenheit, wäre noch wegen ihrer Her-terkeit zu erwähnen. Da ging eines schönen Nachmittags ein braver Waidmannauf den Anstand, wohl ausgerüstet mit Patronentasche, Feldstecher, Stock undJägerhut. Seine Nachbarin sah ihn entgegenkommen und als sie sich begegne-ten, bemerkte sie: "Fitz, wu machste denn hie?", worauf die seelenruhige Ant-wort kam: "Nu halt uf de Jahd!" Jetzt sagte die biedere Frau erstaunt und la-chend: "Du host jo kejne Flinte!"Wie schon erwähnt, umfaßte die Hennersdorfer Jagd sieben Teilreviere, in denerrzur Herbstzeit große Jagden stattfanden. Zu jeder ganztägigen Jagd fuhr der Flei-

ganztagshalbtagsganztagsganztags

ganztagsganztagsganztags

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scher und Gastwirt, Heinrich Vogt, ,mit'einem Pferde-Einspännerwagen'ninaus zu

den Rastplätze, um die hungrigen und durstigen Jägermäuler zu sättigen. Es gab

da warme und kalte Speisen, Räucherwürgte, Krenwürstel, Schnitzel und zu trin-

ken.

Die Waldjagden:1. Jagd

2. Jagd

2. Kreisjagd-Ostflur

3. Kreisjagd-Nordflur

Prokop, Franz Nr.2Hillebrand, Karl Nr.8Zimmermann, Friedrich Nr.5

die "Obere Buschjagd, ganztags, am 2. Sonntag imOktober, Mittagspause im "Rehgraben".

die "Finkenbergjagd", halbtags, alljährlich amHennersdorfer Kirchweih-Montag Nachmittag(Kaiserkirmst - am 3. Sonntag im Oktober).

die "Hölzeljagd", ganztägig, mit einer Mittagspause am"Gabler Steg", fand den Sonntag nach der Hennersdor-fer Kirchweih statt.

die "spitzbergiagd", ganztägig, mit einerMittagspause bei "SchrÖters Teiche", 14 Tage nach der -

Hennersdorfer Kirchweih.

3. Jagd

4. Jagd

Die Feld- oder Kreisjagden:1. Kreisjagd-Westflur - ganztags, Auslauf bei Hanig (190)'

MittagsPause bei Gürlich (137)'Ende bei Pohl (105).

ganztags, Auslauf bei Prokop (2)und Ende bei Lehmann (73).

ganztags, Auslauf bei Scholz (98)und Ende bei Anders (771,

Zur Jagdgesellschaft von Hennersdorf zählten in ien dreißiger Jahren bis 1945

folgende ausübende Jäger:

Gürlich, Ludwig Nr.34

Glathe, JosefFischer, HugoWerner, Rudolf

Schäfer, FranzLehmann, RudolfProkoph, JosefScharfen, WenzelHillebrand, WenzelJahne, FranzWobisch, MaxJahne, WenzelGürfich, Franz

Hanig, HeinrichGürfich, Franz

Hanig, WilliLehmann, FranzGürlich, JosefSchäfer, AntonWörfel, StefanDittrich, FranzScharfen, RudolfJaksch, AdolfWerner, EmilLehmann, FranzProkop,HeinrichProkop, BrunoZimmermann, BrunoGlathe, WenzelPracht, WilhelmZenker, FriedrichGürlich, AntonHanig, AntonWerner, HeinrichGraf, ErnstThum, Edmund

Nr.20Nr.28Nr.29

Nr .1 1 7Nr .127Nr .137N r . 1 4 1Nr .143Nr .145Nr .146Nr.1 55Nr .157N r . 1 6 1Nr .162Nr .170Nr.1 73Nr.1 82Nr.1 88Nr.205Nr.209Nr .210Nr.212Nr.234Nr.240

Nr.53Nr.56Nr.62Nr.71Nr.74Nr.81Nr.82Nr.84Nr.93

Schraffraneck, Franz Nr.96Hanig, Franz Nr.106

N r . 1 1 3Nr .1 16

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Die Hennersdorfer Jagdgesellschaft beieiner Mittagspause an "Schröters Teiche,,

Die Waidmänner von Hennersdorf haben es gut verstanden, die Jagd mit der He-ge und Pflege des Wildes in einem guten Einklang zu betreiben. Der Besatz aniagdbaren Wildarten war gebietstypisch: {Rehwild, an Niederwild Hasen, Kaninchen, Rebhühner, Fasanen und, bis zu Be-ginn der dreißiger Jahre, auch Birkwild. Der letzte Hirsch wurde im Hennersdor-fer, damals noch herrschaftlichen Jagdrevier, im Jahre l8O0 geschossen, der Be-satz an Raubwild wurde durch iagdliche Maßnahmen in Grenien gehalten. Es wa-ren Fuchs, Marder, lltis, Wiesel, selten der Dachs und noch seltener der Fischot-ter, welcher'vom Polzen aus den unteren Lauf des Jeschkenbaches in seinFischraubgebiet mit einbezog. An Greifvöglen nisteten im Hennersdorfer Jagdre-vrer der Bussard, der Habicht, der Sperber, Eulen und waldkauze.

Die soziale und rechtliche Stellung gestattete es den Bauern, ebenso wie demFeldgärtner, das Jagdrecht in der Dachorganisation, der ör1ichen Jagdgesell-schaft, organisiert auszuüben. Man war nicht nur Herr auf seinem Besitz,lJndernauch Heger und Pfleger der ihn umgebenen Fauna und Flora.

Die Gründung det 2. Entwässerungsgenossenschaft

1 9 2 0 : Während des Bestehens der 1. EntwässerunEsgenossenschaft wurdennicht alle Feuchtflächen in der Hennersdorfer Flur melioriert. Die Gründe dafürwaren sicher auch finanzieller Art, in einem Tuge die Entwässerung alter Wirt-schaftsflächen durchzuführen. Die finanzietle Belastbarkeit der Wirtschaften durchKreditaufnahme war damals schon begrenä.

Nach dem l.Weltkrieg, im Jahre 1920, kam es zur Gründung der 2.Entwässe-rungsgenossenschaft, unter deren Regie weitere großangelegte Feld- und Wie-senmeloirationen durchgeführt wurden. Die Trockenlegung dieser Restflächen

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wirkte sich sehr zur Hebung der Bodenfruchtbarkeit aus..Ebenfalls unter der Re-gie der Entwässerungsgenossenschaft und der Gemeinde als Auftraggeber, er-fofgte um die Mitte der zwanziger Jahre die Regulierung des Ortsbaches, in de-ren Gefolge auch mehrere massive Brücken und Laufstege neu gebaut werdenmußten. Die Regulierung des Ortsbaches, der kurze Zeit danach die Neubefesti-gung der Ortsstraße folgte, war bereits eine Maßnahme in Vorbereitung desdenkwürdigen Heimatfestes im Jahre 1928, worüber noch ausführlich berichtetwird. Zur Neubefestigung der Ortsstraße trug Wenzel Glathe, Bauer auf 182, inseiner Eigenschaft als Bezirksobmann sehr wesentlich mit bei.

Zu damaliger Zeit wurden die anfallenden Meliorationsarbeiten nur in Handarbeitdurchgeführt. Dennoch war es erstaunlich, welche Längen an Draingräben,' jenach Bodenbeschaffenheit, an einem Tage ausgehoben wurden. Der Hennersdor-fer Fefdgärtner, Wilhelm Gärtner aus Nr. 225, war für derlei Arbeiten besondersspezialisiert und ein gesuchter Fachmann. Zur Sicherung und Aufbesserung ihrerExistenzgrundlage waren viele Feldgärtner zu allen Zeiten auf einen gewissen Zu-verdienst angewiesen.

Durch den Zusammenschluß der Bauern in den Entwässerungsgenossenschaftenvon 1900 und 1920 war es möglich, daß in genossenschaftlicher Gemeinschaft inder Hennersdorfer Flur alle entwässerungsbedürftigen Acker und Wiesen drainiertund so einer bessseren Ertragsfähigkeit zugeführt wurden. Das Ergebnis dieserEinrichtung kam dem Wohlstand der Bauern und dem ganzen Dorfe zugute.

Die Elektrifizierung des Dorfes

Mit Ausnahme größerer Städte gelangten im gesamten nordböhmischen Raumedie ländlichen Gebiete erst nach 1920 zur Elektrifizierung. Auf der Wegstrecke,bis das elektrische Licht auch in Hennersdorf im Jahre 1921 aufleuchtete, kam esvor allem in Belangen der Finanzierung des Unternehmens zu dramatischen Si-tuationen. Zu dieser Zeit stellte die tschechoslowakische Regierung landesweitfür die Elektrifizierung auf dem Lande jährlich 75 Millionen Kronen zur Verfügung.Einen weiteren sehr beachtlichen Restbetrag mußten die Gemeinden, die sich derElektrifizierung anschlossen, mit ihren Bewohnern dafür aufbringen. Auf Bezirkse-bene war in Belangen dieses Vorhabens besonders der schon erwähnte Henners-dorfer Bauer auf Nr.182, Wenzel Glathe, verdienstvoll tätig. Er war im zivilen Be-reich Bezirksvertreter und später Bezirksobmann. In seinen Aufzeichnungendarüber berichtet er, daß es die ursprüngliche Absicht war, die ländliche Elektrifi-zierung in einem Zuge in den Räumen vom Milleschauer bei Leitmeritzilobositza.d. Elbe bis zum Jeschken durchzuführen. Dieses Vorhaben scheiterte jedocham Einspruch der Bezirksvertretung von Dauba. Die vielen weiteren Absprachender beteiligten Bezirke untereinander blieben ohne Ergebnis und so beschlossendie Bezirksvertreter von Deutsch-Gabel, ihr Gebiet im Alleingang zu elektrifizierenund entsprechende Vorbereitungen dafür zu treffen.

Zu diesem Zwecke wurde auf Bezirksebene eine Interessenversammlung einbe-rufen, die in den Räumen des Gabler Schützenhauses stattfand. Mit den Grob.vorstellungen, daß der Bezirk die Kosten für die Hochspannungsleitung trage unddie Gemeinden die Anschlußkosten in ihren Territorien übernehmen, trat man andie versammelten Vertreter der Gemeinden heran. Als Dachorganisation wurdedie Gründung einer Jeschkengau-Elektrizitätsgenossenschaft in Vorschlag ge-bracht, deren vorbereitendes Komitee mit Herrn Oberlehrer Bruscha, Kriesdorf,als Obmann, sich noch am gleichen Tage konstituierte. Nachdem die weiteren or-ganisatorischen und rechtlichen Formalitäten erledigt waren und dieGenossenschaft-G.m.b.H.- in das Handelsregister eingetragen war, ging es umdie Entscheidung, welche Firmen von den vielen Baubewerbungen das Elektrifi-zierungsprojekt durchführen sollten. Zu gleicher Zeit wurden auch örtliche Elektri-

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zitätsgenossenschaften gegründet, die in der größeren bezirklichen Dachorgani-sation ihre Interessen und,örtlichen 'Belange zu vertreten hatten. ln der Folgezeitwurde mit der Elektrifizierung nicht nur begonnen, sondern wie Wenzel Glatheberichtet, "einfach drauf los gebaut", zumal die Baufirmen in ihren Auftraggebernnur finanzkräftige Bauern sahen. Die ganze Angelegenheit uferte soweit aus, daßdie 2.500 Mitglieder der Jeschkengau-Elektrizitätsgenossenschaft eines Tagesvor einem Schuldenberg von 24 Millionen Kronen standen. Die heimischen Geld-institute waren an dieser Summe mit 10 Millionen beteiligt. Lehrer Bruscha undWenzel Glathe legten den Vorsitz nieder und neuer Vorsitzender wurde der Hen-nersdorfer Bauer Karl Teumer aus Nr.176. Damals schon Mitglied in der Bezirks-vertretung, dem höchsten zivilen Gremium irn Bezirk und später Obmann dersel-ben, war Wenzel Glathe in das Geschehen und die finanziellen Regelungen desElektrifizierungsprogrammes auch weiterhin aktiv eingeschaltet. Das Ergebnis vonGesprächen, wie dieser hohe Schuldenberg abgebaut werden kann, war dann ei-ne Einigung darüber, daß nicht nur die 2500 registrierten Genossenschaftsmitglie-der finanziell belangt werden sollen, sondern der gesamte Inteiessentenkrers ein-zubeziehen ist, deren Grundstücke an das Energienetz angeschlossen wurden. Ineiner daraufhin einberufenen großen Versammlung im Schutzenhause in Gabelwurde außerordentlich lebhaft und teilweise erregt über diesen Entschluß disku-tiert. Dennoch karn es zu einer Entscheidung in der schon erwährrten Richtung.

Es blieben aber noch viele Fragen, bis hin zu Verhandlungen bei Regierungsstel-len in Prag, offen. Hier stellte man fest, daß das ganze Elektrifizierungsprogrammim nordböhmischen Raume zu wenig gründlich mit Prag abgestimmt worden war.Ohnedies wurde darüber auch deswegen die kalte Schulter gezeigt, weil es sichum eine Angelegenheit in einem deutschen Siedlungsraum in Nordböhmen han-delte, für den man staatlicherseits nur ungern finanzielte Mittel bereitstellte. Da-durch entstand im gesamten Elektrifizierungsgebiet eine Situation, die viele Betei-ligte in Zahlungsschwierigkeiten gebracht hätte, wenn am Ende nicht doch nochein Ausweg gefunden worden wäre.

Es erwies sich als sehr vorteilhaft, daß sich das nordböhmische Elektrifizierungs-programm bis in den Sprachgrenzraum des Bezirkes Münchengrätz erstreckte. Indiesem Gebiet setzte sich der Ortspfarrer von Gablonz bei Wolschen, Herr Byli,ein gebürtiger Tscheche, für diese Belange in besonderem Maße ein. NachdemPfarrer Byli schon einmal Mitglied einer Gruppe von Abgesandten war, die in pragwegen der Sanierung der Jeschkengau-Elektrizitätsgenossenschaft leider erfolg-los vorgesprochen hatten, erklärte er sich bereit, in dieser Angelegenheil nocheinmal irn Alleingang bei der Landesbehörde vorstellig zu werden. In erner darauf-hin erfolgten Versammlung, an welcher geladene Vertreter aller Gerrrertclen desBezirkes teilnahmen, gab Plarrer Byli bekannt, daß es ihm gelungen ser, drezustärtdige Regierungsstelle von der Notwendigkeit einer staatlicherr Mitfurranzie-rung des Elektriflzierungsprojektes zu überzeugen. In folgenden gefuhrten Ver-handlungen wurde entschieden, daß es zu einem Zusammenscfrlrrß der örtlichenInteressenvertretungen, zu einer den Bezirk umfassenden Zweckgerrossenschaftkommt, die stellvertretend für alle die weiteren Verhandlungen firhrte. Die Stinr-mung war zu der Zeil, wegen der auf der Gemeinde und ihrer Bewohner lasten-den Schulden, die durch das ökonomisch und organisatorisch rnangelhaft durctr-dachte Elektrifizierungsprogramm entstanden waren, kritisch und erregt.

lm Ertdergebnis aller weiteren Entscheidungen lastete auf der Geuteilrde vonHennersdorf eine zusätzliche Schuldensumme von 201.240 tschechoslowaki-schen Kronen. Bei einem damals jährlichen Gesamtverbrauch an Lichtstrom von13.000 KWh im Dorfe lag zu der Teit der Stromabgabepreis mit 7 Kronen 1e KWhim Vergfeich zu 3 Kronen bei Kraftstrom, relativ hoch. Weil zu Anfang der zwand-ger Jahre die Mechanisierung in der Landwirtschaft aber noch in ihren Anfängenstand, war die Inanspruchnahme von Kraftsrom außerordentlich gering.

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Vom Stromlieferanten, den Nordböhmischen Elektrizitätswerken (NEW) mit inremSitz in Bodenbach, lag der Elektrizitätsgenossenschaft des Bezirkes ein Angbotvor, wonach die NEW bereit war, die KWh Lichtstrom mit 3,4 Kc zu berechnenund das gesamte Außenleitungsnetz bis hin zu den Hausanschlüssen in ihr Ei-gentum und damit in lhre Verantwortung zu übernehmen. Um die auf den Ge-meinden lastenden Elektrifizierungskostenverschuldung in einer möglichst kurzenZeitspanne zu tilgen, einigte man sich darauf, für weitere 4 Jahre und 4 Monatedie KWh nicht mit 3,4 Kc, sondern den Altpreis von 7 Kc zu berechnen. Für Hen-nersdorf und dessen Bewohner war die Elektrifizierung des Ortes das wohlschwierigste und aufregendste Unternehmen in der jüngeren Geschichte des Dor-fes seit 1850.

Die Elektrifizierung Hennersdorfs brachte den Ortsbewohnern einen längst täiigenFortschritt. Schon einmal um die Jahrhundertwende hatte man dieses Vorhabenaufgegriffen, doch wegen der voraussehbaren Schwierigkeiten wieder fallengelas-sen. Von allen seit 1898 gegründeten Genossenschaften im Dorfe löste die Elek-trizitätsgenossenschaft die größten, aufregendsten und kostspieligsten Problemeaus.In den ersten zwanziger Jahren kam es zur Gründung von vier weiteren Verei-nen:

Der Kleintierzucht- und Obstbauverein

lm Kleintierzuchtverein vereinigte sich jener Personenkreis von Interessenten, diesich der Kleintierhaltung, besonders von Tauben, Hühnern und Kaninchen, ver-schrieben hatten. Uber die Anzahl der Vereinsmitglieder, die Leitung des Vereinsund die Leistungen liegen leider keine überlieferten Mitteilungen vor.

Vom Obstbauverein ist bekannt, daß er im Dorfe sehr aktiv war. Zu Versammlun-gen waren Wanderlehrer zugegen, die Fachvorträge hielten und Beratungendurchführten. Bekannt ist außeidem, daß sich in einem der geraumigen Keller derSchule eine vereinseigene Mosterei befand, die gegen ein gennges Entgeld beieigener Mithilfe jedem zur Vermostung von Obst 2ur Verfügung stand. Die Moste-rei wurde vom Vereinsmitglied, dem Feldgärtner und Zimmermann Gustav Thaunaus Nr.1 63, verantwortlich beaufsichtigt.

Trotz der Besonderheiten, mit Bienen umzugehen, gab es in Henrrersdorf mehre-re lmker. Aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg bis Ende der zwan ziger Jahre ist derGroflirnker Schwarz, ein Häusler und Handweber in Nr.228, bekannl. Weitere klei-nere lmkereien wurden, wenn auch nur zeitweilig, bei folgenden Bauern, Feldgärt-n e r n u n d H ä u s l e r n b e t r i e b e n : i n N r . 2 , 2 9 , 6 3 , 6 9 , 7 s , 9 1 , 1 1 1 , 1 9 7 , 1 4 3 , 1 6 1 , 1 8 2 ,187, und 188. Vonr Beginn der dreißiger Jahre an erfuhr rjas rrrrkerliche Vereirrsle-ben durch das Hinzukommen der lmker Stetan Worfel Nr.143 uncJ Heinrich Pro-koph Nr.162 etnen beachtlichen Auftrieb.

Die Gründung des Fischereivereines

Sehr aktiv und in seinen Bestrebungen fortschrittl ich war der Fischereiverein,dessen Gründer, Initiator und Vorsitzender vom Beginn der zwanziger Jahre bis1945 Josef Schröter aus Nr.38 war. Sern hervorragendes theoretisches Wissenund praktisches Können erwarb er sich insbesondere in den Jahren seiner Tätig-keit als Steuerdirektor in Karlsbad. Dort fing der begeisterte Angler in der mit Fi-schen stark besetzten Tepl vorwiegend Forellen. lm Fisclrereiverein fanden sichInteressierte aus allen Schichten der Ortsbevölkerung. Die lautlose Jagd nach Fi-schen war das Gegenstück zur Jagd auf Wild, worüber schon berichtet wurde.Das Hauptfischgewässer war der Jeschkenbach und in geringem Umfange auchder Ortsbach, in dem man an der Wartenberger Grenze ganz prächtige Forellenangeln konnte. Das Angeln im Mühlbache war ein Vorrecht der beiden Mühlenbe-sitzer.

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Bald wurde erkannt,'daß man im Interesse eine$ kontinuierlichen Besatzes an Fo-rellen etwas tun mußte. So kam es zu Ende der zwanztger Jahre zum Bau einerForeffenzuchtanlage, die zu der Zeit im weiten Umkreise einmalig und mu-stergültig eingerichtet war. Auf dem Grundstück von Nr.55 wurde am Ostufer desJeschkenbaches eine an einem Hange hervortretende Quelle so abgefangen, daßdas Quellwasser, ohne an die Oberfläche zu gelangen, der massiv gebauten undzweckmäßig eingerichteten Zuchtanlage zufloß. In verteilten Zuleitungen gelangtedas Quellwasser, um es mit Sauerstoff anzureichern, in mäßiger Fallhöhe inrechteckige Behälter, in deren Boden ein Gitter mit dicht aneinandergereihtenGfasrundstäben eingelassen war. Zwei weitere an den Längswänden angebrachteBehälter, in die ebenfalls Wasser ständig zu- und abfloß, dienten der geschlecht-lich getrennten zeitweiligen Aufnahme der Zuchtforellen. Die Zuchtforellen'wur-den auf der ganzen Länge des in der Hennersdorfer Flur fließenden Jeschkenba-ches, in aus Drahtgeflecht gefertigten Reusen gefangen. Nachdem der Rogenden Zuchtforellen entnommen und besamt war, mußten in einzuhaltenden Zeit-abständen die nicht befruchteten Eier und abgestorbenen Embryos mit einer Pin-zette von den Glasstäben in den Brutkästen abgehoben werden. Das Fangen derZuchtforellen in Reusen, die spezifischen Arbeiten in der Zuchtarrlage bis hin zumSatzfisch, waren sehr zeitaufwendig und basierten auf dem Prin zip der freiwilligenMitarbeit von Mitgliedern im Fischereiverein.

Es gehÖrte zu den großen Erfolgserlebnissen der Petrijünger, in Feierabend- oderSonntagsstunden dem Angeln nachzugehen. Das ruhig dahinfließende, an man-chen flachen steingründigen Stellen auch plätschernde Wasser des Jesckenba-ches, der beschwingte Flug der Libellen und Schmetterlinge zur Sommerzeit, diemannigfaltige Flora zu beiden Ufern des Baches, die Fauna im und außerhalb desGewässers und das alles noch in einer heilen Natur, waren schönste Stunden er-lebter Heimat.

An KÖdern für die Angel mangelte es nicht. An warmen Sommertagen brauchteman auf den umliegenden Wiesen die Heuschrecken nur zu fangen. Zu günsti-ger, vor allem schwülwarmer Zeit, sprangen die Forellen förmlich danach, diesenKÖder zu schlucken. Vor allem nach Gewittergüssen, wenn der Jesckenbach da-nach mit trüben lehmigen Wasser anschwoll, bedurfte es mitunter großer Geduld,die ruhig stehenden Forellen mit einem Regenwurm als Köder zu angeln. Zu sol-cher Zeit, wenn die Feldarbeiten wegen zu großer Bodenfeuchte ruhten, konnteman es sich auch ab und zu mal erlauben, an Wochentagen tagsüber zu angeln.Das war aber die Ausnahme.

An einlgen besonders ruhig fließenden, tieferen Wasserslellerr gab es Standorlefür den einzigen Raubfisch im Jeschkenbach, die "Aalrute". Ein kurzer gedrunge-ner, breitkÖpfiger und in seiner Form mehr rundlicher Fisch, der des nachts klei-neren Forellen nachstellte. Man konnte diesen Räuber in den Abendstunden auchangeln, wozu allerdings viel Geduld- und Zeitaufwand erforderhch waren.

Bis zu Beginn der dreißiger Jahre verirrten sich manchmal auch Fischottern, diemehr den Unterlauf des Jesckenbaches für ihre Jagd nach Beute bevorzugten.Bei Kontrollgängen im Winter waren die Fährten der Otter und auch jene Stellengut auffindbar, wo sie auf Plattformen, oftmals auf Eis, ihre Beute verzehrten undin der Regel auch Rückstände hinterließen. Von den dreißiger Jahren an nistetensich auch, vom Polzen her kommend, an geeigneten Uferstellen Bisamratten ein.

Mit der Ablieferung der gefangenen Forellen an den Wildmeister Stefan Wörfel inNr.143 wurde sehr großzügig verfahren. Jeder im Verein organisierte Angler durf-te in begrenzter Menge gefangene Fische auch für sich behalten. Die übrigen Fo-rellen wurden nach Stückzahl und Gesamtgewicht übernommen und in die umlie-genden Städte, vor allem Reichenberg und Gablonz, verkauft. Der Erlös floß indie Vereinskasse, womit die laufenden Unkosten bestritten wurden. In guten

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Fangjahren gelangten mitunter überschüssige Gelder, anteilig nach der Gewi"ntr-menge an abgelieferten Forellen, zur Vollversammlung in den Wintermonaten zvrAuszahlung. Eine gute Sache, der Fischereiverein in Hennersdorf, dessen Tätig-keit nicht in Vergessenheit geraten sollte.

lm Anschluß an den Bericht über den Fischereiverein von Hennersdorf soll nun-mehr darüber berichtet werden, daß es außer dem einen Teich in der Ortslagedes Oberdorfes, der aber nicht mehr angestaut war, noch drei weitere Teichegab, die um die Jahrhundertwende und später entstanden, dem Fischereivereinjedoch nicht unterstellt waren.

Der "Molkereiteich" entstand in der Folge der Gründung der Molkereigenossen-schaft im Jahr 1897. Derselbe war nur während des Winters über angestaut unddiente lediglich der Eisgewinnung für die Kühlräume der Molkerei und der Flei-schereien im Orte. Den Sommer über wuchsen darinnen Binsen, Soggen undweitere Sauergraser, die als Heu im Winter an die Pferde verfüttert wurden. SeinStandort war vor dem Jeschkenbache auf dem Grundstück der vor dern 1. Welt-krieg autparzelliert verkauften Eichlerschen wirtschaft von Nr.S.

Ein <Jem "Molkereiteich" nächstgrößter Teich, "der Teichen", hatte seinen Stand-ort in einer sehr idyllischen teilweise von Wald und Gebüsch umgebenen Lage ei-nes Grunstückes von Nr.38. In diesen Teich mündete auch der ortsbekannte "Al-te Graben", der die Grenzwiesen der Wirtschaften von Nr.2g, Nr.34, Nr.3S undNr.165 durchfloß.7u Beginn der dreißiger Jahre wurde der schon bestehendeDamm neu aufgeschüttet und befestigt. Wieder angestaut diente der Teich mehrder Fischzucht als dem Bade, denn auch an heißen Sommertagen war sein Was-ser kühl, insbesondere an jener Stelle, wo der Quellbach aus dem Walde in denTeich mündete. In den kritischen Septembertagen des Jahres 1g3B wurde derTeichdamm am Wasserausfluß stark beschädigt, so daß bis 1g4S kein Wassermehr angestaut wurde. Auch das zur Teichanlage gehörende Blockhaus wurdezu gfeicher Teit niedergebrannt.

Der dritte und kleinste, "scharfens Teich" genannt, befand sich in der Ortslagedes Oberdorfes, in der Aue des Ortsbaches angestaut und gehörte zur Wirtschaftvon Nr.71.

Die Gründung des Milchkontrollvereines

fun Beispiel erner schon bestehenden Einrichtung im Friedlän<Jer Raum wurde zuEnde der zwanztger Jahre der Hennersdorfer Milchkontrollverein gegrundet.Durch die monatliche und über die Milchleistungsjahre andauernde Kontrolle derMilch- und Milchfettleistung jeder Kuh sowie deren werbliche Nachkommen wur-den Leistungsunterlagen geschaffen, deren Daten dre Grundlage zu selektivenEntscheidungen und Leistungsnachweisen waren. Ernher mit den monatlichenKontrollen ging auch eine intensive Futterberatung, anhand des vorhandenen wirt-schaftseigenen Futters und Zukäufen von Kraftfutter. Durch den Erfolg seinerTätigkeit erfuhr der Milchkontrollverein in den ersten Jahren sernes Bestehens er-nen ständigen Mitgliederzuwachs von Bauern, die den Milchkontrollen und derRinderzucht aufgeschlossen gegenüberstanden. Die Arbeil des Kontrollvereineserstreckte sich nicht nur auf Hennersdorf, auch interessierle Bauern aus Nach-bargemeinden, wie Kriesdorf, Seifersdorf, Johnsdorf, Ringelshain, die Domänenvon Neufalkenburg bei Deutsch-Gabel, Klein-Walten und Bauern von Postrum,traten dem Milchkontrollverein bei. Tur Aufbesserung der eigenen Zucht wurdenwertvolle Zuchtbullen und gute Vererber aus anderen bekannten Landeszuchtenzugekauft.

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Von Mitte der dreißiger Jahre an kam es zu ersten Erfolgen der Kontrollver-einstätigkeit in der Weise, daß Spitzenkühe, die in Form und Leistung dem Zucht-typ entsprachen, in das Rinderleistungsbuch aufgenommen wurden. Daraus re-sultierten in den darauffolgenden Jahren die Leistungsschauen und Verkaufs-auktionen von Jungbullen und Färsen für den nordböhmischen Raum inBöhmisch -Leipa. Entsprechend den Milch- Fettleistungen ihrer Eltern und derKonstitution der Jungtiere zum Rassetyp hin, wurden die zum Auftrieb gelangen-den Bullen und Färsen in drei Zuchtwertklassen eingestuft und preislich differen-ziert zum Verkauf angeboten. Aus der Sicht der qualitativ-materiellen und finan-ziellen Erfolgschancen waren die im Milchkontrollverein organisierten Bauern aufdem besten Wege zu wachsenden Erfolgen, die mit dem Kriegsende am B. Mai1945 für immer zerschlagen wurden.

Initiator, Gründer und Obmann des Hennersdorfer Milchkontrollvereines war bis1945 Emil Werner, Bauer auf Nr.157. Die Milchkontroll- und Beratungsfunktionübten der Hauptassistent, zeitweilig auch ein zweiter Assistent, aus. Die Dachor-ganisation des Milchkontrollvereines war der Deutsche Rinderzuchtverband i.Böhmen.

Der "Bund der deutschen Landjugend"

Um die Mitte der zwan üger Jahre wurde in Hennersdorf eine Ortsgruppe der Ju-gendorganisation, der "Bund der deutschen Landjugend", gegründet. Träger die-ser Organisation war der "Bund der Landwirte", eine politische Partei der Bauern-schaft in den deutschsprachigen Räumen der Tschechoslowakei. Die Hauptzieledreser ländlichen Jugendorganisation waren vor allem: die Landjugend organisato-risch zu erfassen, das ländliche Brauchtum auf dem Dorf e zu pflegen und deut-sches Kulturgut auf dem Lande zu fördern und anzuregen.

In vielen Dörfern, in denen das Vereinsleben und die.kulturelle Arbeit, wie Thea-terspielen, Gesang, Musik und die Leibeserziehung'im Turnverein, nicht so aus-geprägt entwickelt waren wie in Hennersdorf, hatte der Bund der deutschenLandjugend sicher ein weites Betätigungsfeld und eine tragende Rolle im Bereichder gesellschaftlich-kulturellen Arbeit im Dorfe zu spieren.

Nach der Aufzahlung der Vereins- und Genossenschaftsgründungen in Henners-dorf vom Jahre 1867 bis 1930 soll noch einmal darauf erngegangen werden, wienahezu ausnahmslos sich alle Ortsbewohner am Öffentlrchkeitsleben beteiligten.An Beispielen der Mitgliedschaft in der Molkereigenossenschaft und denr Versi-cherungsschutz im Notschlachtungsverein und weiteren dem Gemeinwohle die-nenden Einrichtungen konnte dies sehr aufschlußreich nachgewiesen werden.

Die Volkszählung vom 17.5.1939 ermittelte u.a. das Ergebnis, dafJ Hennersdorfzu der Zeit 912 Einwohner hatte, die in 247 eigenen Haushalten lebten. Durch dieBewirtschaftung von Land, als Eigentum oder Pacht und einschließllich des Wald-besitzes, waren in den Wirtschaftsgrößen von 0,5 ha bis 80 ha 173 Haushattebäuerlich{ändlich geprägt. Nach dem Umfang der Acker- und Wiesenfläche rich-tete sich die Anzahl gehaltener Haustiere, wobei auch der Bedarf an Brotgetreidefür die Familie in jedem Falle abgesichert war. In Relation gesetzt waren TO o/o

"ller Hennersdorfer Haushalte landwirtschaftlich geprägt, die dann auch als Mitgliedin der Molkereigenossenschaft und der Viehversicherung eingebunden waren.

Zu den verbleibenden 74 landwirtschaftlich nicht geprägten Haushalten gehörten10 Handwerkshaushalte, 10 Angestelltenhaushalte, 4 Pensionärshaushalte und 50Häuslerhaushalte, die außer einem Hausgarten kein weiteres Land bewirtschafte-ten.