Heinz Wermuth, 1953. Systematik Der Rezenten Krokodile

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(Aus dem Zoologischen Museum der Humboldt-Universitat i n Berlin)

SYSTEMATIK DER REZENTEN KROKODILEVonHEINZ WERMUTH

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 Allgemeiner Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 AuDere Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 Skelett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 Beziehungen zur Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 Systematik und Nomenklatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 Spezieller Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 Alligatoridae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 Alligator CUVIER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 Alligator sinensis F A U V E L . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Alligator mississipiensis (DAUDIN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 Melanosuchus GRAY . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 Melanosuchus niger (SPIX) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 Caiman SPIX . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 Caiman latirostris (DAUDIN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 Caiman crccodilus (LINNB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 C . c . yacare (DAUDIN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 C. c . fuscus (COPE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 C. c . crocodilus (LINNB). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 Paleosuchus GRAY . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 Paleosuchus trigonatus (SCHNEIDER) . . . . . . . . . . . . . . . .452 . Paleosuchus palpebrosus (CUVIER). . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 Crocodylidae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 Osteolaemus COPE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 Osteolaemus tetraspis COPE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 0. t . tetraspis COPE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 0. t . osborni (K. P. SCHMIDT). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 Crocodylus LAURENTUS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 Crocodylus niloticus LAURENTUS . . . . . . . . . . . . . . . . . .468 . Crocodylus palustris LESSON . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 C. p . palustris LESSON . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 C . p . kimbula DERANIYACALA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 .Vorwort

Inhaltmerzeichnis

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............ .............. . . . . . . . . . . . . . . . 504 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 Namensregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511VorwortSeit dem Erscheinen des ,,Catalogue of the Chelonians, Rhynchocephalians, and Crocodiles in the British Museum (Natural History)"von G. A. BOULENGER im Jahre 1889 ist uber ein halbes Jahrhundert vergangen, das nicht nur eine Anzahl neubeschriebener Arten und Rassen, sondern auch weitere Erkenntnisse in systematischer und nomenklatorischer Hinsicht gebracht hat. In der Zwischenzeit haben verschiedene Autoren, wie MOOK, KALIN, WERNER, v. WETTSTEIN und MERTENS,die Gruppe der Krokodile nach allgemeinen, allatornixhen, systematischen oder nomenklatorischen Gesichtspunkten zusammenfassend behandelt, doch entfernten sie sich mehr oder weniger von der Darstellungsweise, die den Katalog von BOULENGER auch heute noch zu einem unentbehrlichen Werkzeug des Museums-Zoologen macht, namlich der konzentrierten, pragnanten Diagnostizierung aller bekannten Vertreter der behandelten Kategorien im Verein mit klaren, iibersichtlichen Bestimmungsschlusseln. Am nachsten kommt noch WERNERdiesem Ziel, doch erfordern nicht nur die allzu grof3e Gedrangtheit der Bestimmungstabellen, die inzwischen geanderte Auffassung iiber die Validitat einiger von ihm erwahnter Arten und das Fehlen der seither vorgenommenen Neubeschreibungen, sondern auch die von ihm angewandte und zum Teil auf irrigen Auffassungen beruhende Nomenklatur eine starkere uberarbeitung seines Werkes. Aber auch der BOULENGERsche Katalog ist nicht ganz frei von Nachteilen, die sich in der Praxis unliebsam bemerkbar machen. Dies gilt besonders fur die zu starke Verquickung anatomischer und morphologischer Merkmale in den Bestimmungstabellen, die nur bei gleichzeitiger Beriicksichtigung zum ge-

CrocodylusacutusC~~I~~ . Crocodylus moreletii C. & A . DUMBRIL . Crocodylus siamensis SCHNEIDER . Crocodylus rhombifer CUVIER Crocodylus porosus SCHNEIDER Crocodylus novae-guineae K. P. SCHMIDT . C. n. novae-guineae K. P. SCHMIDT . C. n. mindorensis K. P. SCHMIDT . . . . Crocodylusintermedius GRAVES . , . Crocodylus cataphractus C U V l E R . . . . . Crocodylus johnsoni KREFFT. . Tomistoma S. MOLLER . . . . . . . . . . Tomistoma schlegelii (S. MULLER) . GaVialidae . . . . . . . . . . . . . . . . Gavialis OPPEL . Gavialisgangeticus ( G M E L I N ) . . . . .

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wunschten Ziele fuhren. Bei der Bestimmung eines praparierten Schadels ist es jedoch ebenso abwegig, Besonderheiten der Pholidosis hierfur heranziehen zu wollen, wie sich andrerseits die Artzugehorigkeit eines lebenden, ausgestopften oder in Spiritus konservierten Krokodils nicht ohne Schwierigkeiten auf Grund der Lage oder Gestalt von Schadelknochen ermitteln laijt. Auch vermiBt man bei BOULENGER leider jegliche Abbildungen, die die Richtigkeit der vorgenomrnenen Bestimmungen bestatigen konnten. Die vorliegende Arbeit stellt nun den Versuch dar, die gesamte neuere Literatur uber die Systematik der Krokodile in der Weise fur die Museumspraxis zu verarbeiten, daij die Vorteile der verschiedenen Publikationen gewahrt und ihre Nachteile moglichst weitgehend ausgeschaltet werden. In der Erkenntnis, daij ein reines Bestimmungsbuch nicht ausreicht, um auch dem Systematiker ein einigermaoen abgerundetes Bild von einer Tiergruppe zu geben, erschien es vorteilhaft, in einem I . , allgemeinen Teil auf die Morphologie, Anatomie und allgemeineren Probleme der Systematik und Nomenklatur so weit einzugehen, daij der z . , spezielle Teil mit seinen Diagnosen und Bestimmungstabellen nicht als ein Konglomerat unvermittelt nebeneinanderstehender Tatsachen, sondern als das Resultat der vorausgegangenen Erorterungen empfunden wird. Aus diesem Grunde beschaftigt sich der allgemcine Teil der Arbeit hauptsachlich mit der Erlauterung und dem taxonomischen Wert der Merkmale, die im speziellen Teil zu Unterscheidungszwecken herangezogen werden, wobei besonderer Wert auf die Behandlung ihrer Variabilitat gelegt wird. Obwohl die Biologie der Krokodile in diesem Zusammenhang von geringerer Bedeutung ist, sol1 sie doch der Vollstandigkeit halber nicht ganz ubergangen werden. Sehr ausfuhrlich wird selbstverstandlich die Validitat der verschiedenen, insbesondere der in letzter Zeit beschriebenen Arten und Rassen behandelt und auf einige noch offene oder besonders wichtige Fragen der Nomenklatur eingegangen. I m nachfolgenden speziellen Teil wurde beim Aufbau der Bestimmungstabellen in erster Linie darauf geachtet, daij die darin zusammengestellten Merkmale ausreichen, um gleichermaoen vollstandigen Tieren und praparierten Schadeln gerecht zu werden. Wie die Bestimmungstabellen selbst, SO sind auch die kurzen Zusammenfassungen, die den einzelnen Krokodilforrnen gewidmet sind, nach dem Grundsatz moglichst strenger und absoluter Gegensatzlichkeiten aufgebaut, wenn sich auch das gelegentliche Zuhilfenehmen nur relativ gultiger Merkrnale nicht vermeiden lie& Diese Zusammenfassungen stellen nicht so sehr Beschreibungen im eigentlichen Sinne dar, sondern eher Auffuhrungen charakteristischer und unterschiedlicher Merkmale gegenuber den koordinierten Kategorien. Somit bringen sie auch bei den gleichgeordneten Gruppen keine Wiederholungen gemeinsamer Merkmale, denn diese sind bei den naheren Ausfuhrungen zur iibergeordneten Kategorie abgehandelt und

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stellen dort wiederum Gegensatze zur Parallelgruppe dar. Der aui3ere Aufbau der Zusammenfassungen ist einheitlich gegliedert, u m ihre vergleichende Benutzung fur den Fall zu erleichtern, daB die Bestimmungstabellen allein nicht zur Identifizierung der fraglichen Krokodile ausreichen. Es braucht wohl kaum erwahnt zu werden, daB die Brauchbarkeit und Zuverlassigkeit der zusammengestellten Bestimmungstabellen auf den Untersuchungen a n einem umfangreichen Material beruhen. Fur diese Zwecke untersuchte der Verfasser insgesamt 5 50 Krokodile, davon 290 Totalpraparate (in Alkohol, ausgestopft oder abgebalgt) und 360 Schadel. Hinter der vorwiegend systematischen Aufgabe des Buches tritt die Behandlung der Synonymie-Listen insofern etwas zuruck, als es nicht beabsichtigt ist, mit ihnen eine vollstandige bibliographische ubersicht oder ,,kritische Synonymie-Listen" im Sinne von R. RICHTER (1948) zu geben. Durch die hier gewahlten Zusammenstellungen der Synonyma soll lediglich erreicht werden, daB jeder, der sich in der Museumspraxis mit Krokodilen beschaftigt, in der Lage ist, ein Tier mit dem heute fur gultig erachteten Namen zu belegen, unter welcher Bezeichnung es auch beschrieben oder etikettiert ist. u b e r die gesamte Literatur, die fur die Abfassung der Arbeit benutzt wurde, gibt ein Literaturverzeichnis Auskunft, das dem speziellen Teil folgt. Ein alphabetisches Namensregister soll schlieBlich das Auffinden aller im speziellen Teil erwahnten Namen erleichtern. Dem kritischen Leser werden sicherlich allerlei Mange1 auffallen. E r wird gebeten, diese Arbeit als einen Versuch oder eine Grundlage aufzufassen, die mit dem Wunsch veroffentlich t wird, recht viele Anregungen zu Verbesserungen und Erganzungen auszulosen, um spater einmal zu einem Krokodilbuch zu fuhren, das restlos allen musealen Anforderungen entspricht. Folgenden Herren und Instituten, die a m Gelingen der Arbeit einen hervorragenden Anteil haben, ist der Verfasser zu besonderem Dank verpflichtet : Herrn Direktor Prof. Dr. A. KASTNER (Zoologisches Museum Berlin), der durch seine weitgehende Forderung und durch die Beseitigung vieler Schwierigkeiten das Zustandekommen der Publikation uberhaupt ermoglicht h a t ; HerrnDirektor Prof. Dr. R. MERTENS (Senckenberg-Museum Frankfurt a m Main) fur die uberaus freundliche Aufnahme in seinem Museum und die hier gewahrte groazugige Unterstutzung bei den Sammlungs- und Literaturarbeiten sowie seine personliche Anteilnahme a n dem Thema; Herrn Hauptkonservator Dr. W. HELLMICH (Zoologische Staatssammlung Munchen), der trotz seiner Abwesenheit die Benutzung seiner Sammlung in vertrauensvoller Weise gestattete, sowie auch der Assistentin Frl. SCHMELCHER die liebenswurdige Betreuung. fur

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Mein weiterer Dank gilt Herrn G. RICHTER, dem Zeichner des Zoologischen Museums Berlin, fur die Anfertigung der vielen Original- und Urnzeichnungen, deren gutes Gelingen auch seinern groijen fachlichen Interesse zu verdanken ist. Nicht zuletzt aber danke ich rneiner Frau fur ihre unermudliche Hilfe bei den Untersuchungen der Krokodilpraparate und fur die Korrekturarbeiten.

Allgemeiner TeilXuDere MerkmaleDie Krokodile ubertreffen in der Groije bei weitern alle anderen rezenten Reptilien. Neben Riesenformen, wie Crocodylus porosus und Crocodylus nilolicus, die Ausmaije bis zu 10 m erreichen konnen, finden sich jedoch in den Gattungen Paleosuchus und Osteolaemus auch ausgesprochen kleine Arten, deren Korperlange irn erwachsenen Zustand nur wenig uber 1,5 m betragt. Da die schlupfenden Jungen irn allgerneinen kaurn mehr als etwa 2 5 crn messen, vermogen die Angehorigen der groijen Arten das 4ofache a n Lange zuzdnehmen, was wohl die groijtrnogliche Langenzunahrne unter sarntlichen Wirbeltieren bedeutet. Die Grundfarbung der Krokodile zeigt im Durchschnitt auf dem Riicken einen dunkel-oliv-ahnlichen Farbton, der jedoch betrachtlichen individuellen, alters- oder artbedingten Schwankungen unterliegt und sowohl in hell-oliv (Crocodylus acutus) als auch in schwarz (Melanosuchus niger, Osteolaemus tetvaspis) abandern kann. I n der Jugend zeigen sich bei den helleren Arten dunkele, bei den schwarzlichen Forrnen dagegen hell-gelbliche Querbinden oder Flecken auf der Rucken- und Seitenflache des gesarnten Korpers; sie verschwinden irn Alter zuerst a m Rurnpf, spater auch a m Schwanz rnehr oder weniger vollstandig, wahrend die Grundfarbung nachzudunkeln pflegt. Die gesarnte Bauchseite ist irn allgerneinen einfarbig weiijlich ; nur bei einigen Forrnen (z. B. den Angehorigen der Gattungen Paleosuchus und Osteolaemus wie auch bei Crocodylus cataphractus) finden sich a m Bauch schwarzliche Flecken, die sich iiber die gesarnte Unterseite ausdehnen konnen. Ein spontaner Farbwechsel ist nach eigenen Beobachtungen in gewissen Grenzen rnoglich. Der Kopf der Krokodile ist verhaltnismaflig flach gebaut und wirkt durch die starke Entwicklung des Schnauzenteiles sehr langgestreckt. Die Verlangerung der Schnauze ist als sekundare Anpassung a n das Wasserleben aufzufassen und findet sich deshalb bei den fortgeschrittenen Forrnen in weitaus starkerem Maf3e als bei den ursprunglicheren. I n ihrern Verhaltnis zur Breite wechselt die Schnauzenlange rnehrmals im Verlaufe der individuellen E n t wicklung. Anfangs erscheint die Schnauzenpartie ausgesprochen kurz und streckt sich dann bis zu ihrer maximalen Lange; im spateren Alter tritt ihre relative Lange infolge des verstarkt einsetzenden Breitenwachsturns wieder

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zuruck. Einen unverhaltnismaflig kurzen Schnauzenteil, der geradezu in Mopskopfigkeit ausarten kann, findet man bei Krokodilen, die unter raumlich ungunstigen Gefangenschaftsbedingungen gehalten wurden (KALIN 1937). Aus allen diesen Grunden ist das Merkmal der relativen Schnauzenlange nur dann fur taxonomische Zwecke brauchbar. und zuverlassig, wenn es zur Unterscheidung solcher Arten oder Gruppen herangezogen wird, deren diesbezugliche Variationsbereiche sich nicht oder nur wenig uberschneiden. I m speziellen Teil der Arbeit ist bei den langschnauzigen Familien die Schnauzenund bei den kurzschnauzigen Alligatoriden die Kopflangc bei allen Arten in ihrem Verhaltnis zur zugehorigen Schnauzen- bzw. Kopfbreite, die stets = I gesetzt ist, angegeben. Man miflt die Schnauzenlange von dem Mittelpunkt einer gedachten Verbindungslinie zwischen den vorderen Augenwinkeln bis zur Schnauzenspitze; als Schnauzenbreite wird der auf derselben Transversallinie abzulesende Abstand zwischen den Schnauzenrandern betrachtet. Unter der Kopflange ist dieEntfernung zwischen Schnauzenspitze und Occiput, und unter Kopfbreite der Abstand zwischen den Auflenseiten der Maxillarcondyli zu verstehen. Weder die Mundspalte noch die Schnauzenrander verlaufen geradlinig, sondern zeigen mehr oder weniger starke Ausbuchtungen in der Vertikal- und Horizontalebene, deren Ausbildungsgrad als starkere oder schwachere Festonierung bezeichnet wird. Besonders stark ist die Festonierung in beiden Ebenen bei den Crocodyliden, schwacher dagegen bei den Alligatoriden ausgebildet; bei Gavialis findet sie sich nur in auBerst schwachem MaBe im Vorderteil der Schnauze. Wie aus der - auch im folgenden zu vergleichenden - Abb. I hervorgeht, stellen die hochsten Erhebungen auf dem Kopf die auf einer halbkugeligen Anschwellung der Schnauzenspitze gelegenen Nasenoffnungen sowie der Gesichtsund Hirnteil des Schadels dar, wodurch Atmung und Sicht auch dann gewahrleistet sind, wenn die ubrige Oberflache des Tieres vom Wasser bedeckt wird. Auch das Ohr uberragt den Wasserspiegel und weist bei den Krokodilen als einzigen lebenden Reptilien einen auBeren Gehorgang auf, der zum Schutz gegen das Eindringen von Wasser durch eine hautige Klappe verschlossen werden kann. Ebenso lassen sich die Nasenoffnungen und die Schlundoffnung in Anpassung a n die aquatische Lebensweise mit Hilfe von Hautklappen abdichten. D a die Choanenmundungen hinter der Schlundklappe liegen, konnen die Krokodile trotz geoffneten Maules auch dann unter Wasser atmen, wenn nur die Nasenoffnungen uber die Oberflache ragen, und werden beim Ergreifen der Beute nicht durch das Eindringen des Wassers in die Atemwege gehindert. Die gesamte Oberflache des Kopfes ist mit einer Hornbekleidung versehen, die auf der Oberseite eine einheitliche Bedeckung bildet und nur durch nebeneinanderliegende kleinere, polygonale Felder gegliedert wird. Auffallend sind drei grooere, ungefahr rechteckige Felder auf der Oberseite der Schadelflache, die

SchP

Pocc

Nu

Do

\ I II

7

\

SchK

Abb. 1. Habitus eines Krokodils (Crocodylus rhombifer CUVIFR). - SchP = Schadelplatte, FOcc = Postoccipitalschilder. Nu = Nuchalschilder, Do = Dorsalschilder, SchK = Schuppenkamm an den Hinterseiten der GliedmaDen. - Zeichnung : G. RICHTER, 2001.Mus. Berlin.

MDrColl

Abb. 5 Ventralansicht eines juvenilen Krokodils (Crocodylus palustris kimbula DLRANIYAGAT.A). - MDr = mandibulare Moschusdriisen, Coll = Collare, A = Afterfeld und -spalte. - Zeichnung: G. RICHTER, 2001. Mus. Berlin.

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besonders gut bei jungen Krokodilen erkennbar sind. Im Alter verwachst die Kopfhaut mit Hilfe kutaner Knochenbildungen fest mit der Schadeloberflache und laflt sich nicht von ihr trennen. Eine Anzahl von Krokodilen, insbesondere die Gattungen Melanosuchus und Caiman, aber auch viele Angehorige der Gattung Crocodylus, zeichnen sich durch ein Schnauzenrelief aus, d. h. durch erhabene Leisten oder andere Bildungen auf der Schnauzenoberflache, die eine wertvolle Hilfe fur das Erkennen der Artzugehorigkeit darstellen konnen. MERTENS (1943) vermutet, dafl es sich hierbei vielleicht um Einrichtungen handelt, welche die Augen der Tiere beim Schwimmen von den auf dem Wasser treibenden Pflanzen freihalten sollen. Bei den Alligatoriden besteht das Schnauzenrelief der Gattungen Melanosuchus und Caiman im wesentlichen aus zwei schwacheren, von den vorderen Augenwinkeln aus rostrad divergierenden Praeorbitalleisten, zu denen eine kraftige, brillenstegartige Interorbitalleiste als Querverbindung zwischen den beiden vorderen Augenwinkeln ,hinzutritt (Abb. 2 a). Beide Reliefbildungen gehen vor den Augenwinkeln mehr oder weniger vollstandig ineinander uber und vereinigen sich zudem mit den oft wulstig abgesetzten oberen Orbitalrandern. Vollstandig vermii3t wird ein Schnauzenrelief bei den beiden Glattstirnkaimanen der Gattung Paleosuchus, die sich jedoch - wie auch Osteolaemus tetraspis - durch einen unterschiedlich deutlichen Rostralcanthus auszeichnen, d. h. durch eine gratartige Grenze zwischen dem flachen Ober- und dem stark abfallenden Seitenteil der Schnauze. Auch bei Alligator mississipiensis kann man bis auf eine kurze Leistenbildung vor den vorderen Augenwinkeln kaum ein Schnauzenrelief feststellen, wahrend Alligator sinensis nicht nur verhaltnismaflig kraftige, kurze Praeorbitalleisten, sondern auch eine in der Mitte unterbrochene Interorbitalleiste erkennen IaiOt, die durch die starke Aufwulstung der orbitalen Vorderrander zustande kommt. Die praeorbitalen Reliefbildungen der Crocodyliden sind auflerordentlich mannigfaltig in ihrer Gestalt. Die Praeorbitalleisten, die sich besonders scharf abgesetzt bei Crocodylus porosus und etwas schwacher auch bei Crocodylus novae-guineae finden, divergieren nicht von Anfang an, sondern konvergieren rostrad (Abb. 2 b). Eine Interorbitalleiste ist nirgends ausgebildet. Eine andere Form der Praeorbitalbildungen stellt die langliche, beulenartige Anschwellung auf der Schnauze von Crocodylus acutus und Crocodylus moreletii dar (Abb. 2 c) ; sie kommt hauptsachlich durch die Aufwolbung der Nasalia zustande. Nicht immer ist sie bei allen Individuen sehr deutlich sichtbar, sondern t r i t t insbesondere bei jungen oder in der Gefangenschaft aufgewachsenen Exemplaren zuruck. Das gleiche gilt fur die im Umrifl dreieckige, scharf abgesetzte Praeorbitalflache von Crocodylus rhombifer und Crocodylus siamensis. Diese im folgenden als Praeorbitaldreieck bezeichnete Bildung geht in die zwischen den Augen gelegene Stirnflache uber und laii3t zusammen mit den wulstig a b -

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a

b

c

d

Abb. 2 Gliederung des Schnauzenreliefs bei a) C a i m a n crocodilus yacare (DAUDIN), b) Crocodylus fiorosus SCHNEIDER,Crocodylus acutus CUVIER, d) Crocodylus rhombifer c) CUVIER. - Zeichnung: G. RICHTER, 2001. Mus. Berlin.

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gesetzten oberen Orbitalrandern eine etwa rautenformige Figur erkennen (Abb. z d), nach der Crocodylus rhombifer seinen wissenschaftlichen Namen erhalten hat. Eine sehr schwach angedeutete praeorbitale Dreieckflache kommt nach MERTENS (1943) bei einigen ostafrikanischen Vertretern von Crocodylus niloticus vor, durfte jedoch kaum AnlaB zu Verwechselungen mit den vorigen Arten geben. AuBer der praeorbitalen Dreieckflache besitzt der Schadel von Crocodylus siamensis eine auffallende Medianleiste zwischen den Augen (Abb. 48), wie sie - wenn auch in schwacherem MaBe - bei der Gattung Alligator auftritt. SchlieBlich waren in diesern Zusammenhang noch die rundlichen Aufwolbungen uber dem oberen Schnauzenrand zu erwahnen, die sich bei vielen Krokodilarten uber dem a m starksten ausgebildeten Zahnpaar des Oberkiefers finden. Im Gegensatz zu den anderen Praeorbitalbildungen kommt ihnen jedoch keinerlei taxonomischer Wert zu. Wahrend die Hornbekleidung der Kopfoberseite kaum gegliedert erscheint, nehrnen die Schilder auf dem Nacken betrachtlich a n GroBe und Selbstandigkeit zu. Sie bilden einzelne Hockerschilder mit kraftigen Kielen, von denen sich die Gruppen der Postoccipital- und Nuchalschilder durch die auffallende GroBe und die im allgemeinen regelmaBige, oft artspezifische Anordnung ihrer Hocker auszeichnen (vgl. Abb. I ) . I n seltenen Fallen kann die RegelrnaBigkeit durch MiBbildungen verdeckt sein. Die Postoccipitalschilder zeigen manchmal recht unterschiedliche GroBenverhaltnisse, so dai3 es nicht imrner leicht zu entscheiden ist, ob bestimrnte Schilder auf Grund ihrer geringen GroBe uberhaupt zu den Postoccipitalhockern gerechnet werden durfen, oder ob andere, die durch ihre besondere Starke und ihre isolierte Stellung auffallen, nicht schon als Nuchalhocker zu betrachten sind. Diese Zweifel gelten vor allem fur die Gattung Alligator, bei der zwei einzelne groBere Hockerschilder vor und hinter den Nuchalia stehen und rnit ihnen in Verbindung treten. Bei den rneisten Krokodilarten gruppieren sich die Postoccipitalhocker in mehr oder weniger regelmaoige Querreihen, deren Anzahl nicht selten ein brauchbares taxonornisches Unterscheidungsmerkrnal darstellt ; es bewahrt sich vor allem bei den Alligatoriden, deren gesamte Nackenbeschilderung uberhaupt weit mannigfaltiger gestaltet ist als bei den anderen Farnilien. So zeichnet sich nicht nur die Gattung Melanosuchus durch die groBe Anzahl ihrer postoccipitalen Querreihen aus, sondern es unterscheiden sich auch die beiden Paleosuchus-Arten durch die im allgemeinen verschiedene Anzahl der Postoccipital- Querreihen. Gegenuber den Alligatoriden ist bei den Crocodyliden eine wesentliche Reduktion der postoccipitalen Beschilderung festzustellen, was ich als ein fortschrittliches Merkmal werten mochte. Meist tritt hier nur eine aus wenigen Hockern gebildete Querreihe auf, die durch eine breite rnediane Lucke geteilt

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wird. Wie in anderer Hinsicht, so nirnrnt auch in dieser Beziehung die Gattung Osteolaemus insofern eine vermittelnde Stellung zwischen den Alligatoriden und den Crocodyliden ein, als bei ihr noch die Postoccipitalschilder verhaltnismaDig zahlreich und - wenigstens a n den Seiten - zweireihig entwickelt sind. Als einzige Art zeigt Crocodylus porosus gewohnlich keine differenzierten Postoccipitalhocker; nur in Ausnahrnefallen treten einige wenige groBere Schilder vor den Nuchalia auf. Bei den ceylonesischen Vertretern dieser Art (1936a) haufiger zwei bis vier wohlfinden sich jedoch nach DERANIYAGALA ausgebildete Postoccipitalhocker, was von dernselben Autor als neotenische Erscheinung aufgefaot wird, d a das gleiche Merkmal oft bei Jungtieren dieser Art angetroffen wird. Noch auffalliger als die Postoccipitalhocker treten die Nuchalhocker in Erscheinung und geben ebenfalls in ihrer Anzahl und Anordnung ein gutes taxonomisches Unterscheidungsmerkmal ab. Wiederum erweisen sich die Alligatoriden auch in diesern Merkmal weit formenreicher als die anderen Familien. Dies gilt insbesondere fur die Anzahl der nuchalen Querreihen. Wenn man hier ebenfalls die groi3ere Anzahl der Nuchalia als primitives Kennzeichen auffassen will, so uberrascht die Tatsache, dai3 die in anderen Merkmalen recht ursprungliche Gattung Alligator nur verhaltnismaflig wenige Nackenhocker aufweist. Bei den ubrigen Alligatoriden finden sich - abgesehen von individuellen Variationen - vier bis funf Querreihen mit je vier bis zwei dicht beieinanderstehenden Nuchalia; hinsichtlich dieses Merkrnals lassen sich die beiden Caiman-Arten meist gut voneinander unterscheiden. I m Gegensatz zu den recht zahlreichen Nuchalhockern der Alligatoriden ist fur die Crocodyliden eine Verringerung ihrer Anzahl und ihre quadratische Anordnung zu zwei hintereinanderliegenden Paaren typisch. Meistens gesellt sich jederseits noch ein weiteres, oft etwas kleineres Hockerschild hinzu, das entweder in der Mittellinie des Quadrates steht oder sich bis zur Hohe des ersten Hockerpaares vorschiebt. Hinsichtlich der Nuchalbeschilderung spielt Osteolaemus tetraspis allerdings nicht seine sonstige Vermittlerrolle zwischen den Alligatoriden und Crocodyliden, sondern erweist sich als echter Angehoriger der zweiten Familie, bei dem sogar das seitliche Hockerpaar riickgebildet ist. Aber auckandere Mitglieder derselben Familie lassen das distale NuchaliaPaar vermissen, wie z. B. Crocodylus acutus, bei dem das Hockerpaar zuweilen unterdruckt ist, oder Crocodylus catapkractus, bei dem dieser Zustand die Regel zu sein scheint. Besondere Verhaltnisse herrschen hinsichtlich der Nackenbeschilderung bei Tomistoma schlegelii und Gavialis gangeticus; hier verschmelzen die Nuchalschilder mit den darauffolgenden Dorsalschildern zu einer rnorphologischen Einheit. Auch den Alligatoriden fehlt eine deutliche Trennung beider Schildergruppen, die sich jedoch hier auf Grund ihrer unterschiedlichen GroDe und Kielung im allgerneinen gut auseinanderhalten lassen. Bei den CrocodylidenH W e r m u t h . Sysfematik der rezenten Krokodile .2s

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sind Nacken- und Ruckenschilder meistens durch einen Zwischenraum voneinander gesondert, der bei einigen Arten, z. B. bei Crocodylus niloticus, durch ein vereinzeltes, von DERANIYAGALA (1939) als Postnuchalia bezeichnetes Schilderpaar ausgefullt sein kann. Die Ruckenschilder oder Dorsalia sind groBe, stark verhornte Platten und weisen jeweils einen hohen, dachformigen Hockerkiel auf ; sie lassen dadurch 4 bis 10 Langsreihen kraftiger Kiele uber die gesamte Ruckenflache hervortreten. In transversaler Richtung sind die Ruckenschilder metamer angeordnet und bilden etwa 16bis 19 Querreihen. Das mediane Langsreihen-Paar der Dorsalia kann durch auffallend niedrige Kielung (Paleosuchus trigonatus) oder seitliche Verbreiterung (Crocodylus palustris palustris) Abb. 3 Mediane Riickenleiste bei Melanosuchus abweichend von den ubrigen nieev (SPIX). im Zusammenhang mit der VerbreiReihen gestaltet sein. Bei M e t e k g der.Neurapophysen. -- Zeichnung (nach I..MULLER 1924a): G . RICHTER, 2001. Mus. Berlin. lanosuchus niger u n d in abgeschwachter Form auch bei Alligator sinensis bildet es gemeinsarn eine breite, erhohte Longitudinalleiste uber die Ruckenmitte, die durch die erhohten und verbreiterten Dornfortsatze der darunterliegenden Wirbel zustande komrnt (Abb. 3). Eine ziemlich unregelmaBige Anordnung der Ruckenschilder zeigen Paleosuchus trigonatus, Crocodylus acutus und Crocodylus moreletii, bei denen die Quer- und Langsreihen recht undeutlich hervortreten. Meistens sind die Ruckenschilder im UmriB rechteckig und grenzen eng aneinander; es gibt jedoch auch Ausnahmen, wie z. B. Crocodylus porosus, bei denen die Ruckenschilder - wenigstens in den distalen Langsreihen - oval geforrnt und durch winzige Schildchen voneinander getrennt sind. Bei vielen Arten liegen a n den Seiten noch einzelne groDere Schilder, die nicht mehr irn Zusarnrnenhang mit den eigentlichen Ruckenschildern stehen; sie konnen sich sogar zu einer kurzen Langsreihe zusammenschliei3en (vgl. Abb. I ) . Die Anzahl der in den Quer- und Langsreihen vereinigten Schilder kann mitunter von taxonomischer Bedeutung sein und ist deshalb im speziellen Teil dieser Arbeit bei jeder Art angegeben. Man beginnt die Zahlung der Querreihen rnit der ersten Reihe hinter den Nuchalhockern, die eine Verrnehrung der Schilder gegenuber der vorangehenden Querreihe erkennen l a a t , sofern sie nicht durch eine deutliche Trennung von der vorangehenden Schildergruppe einwandfrei als Dorsalia- Querreihe kenntlich ist ; als letzte DorsaliaQuerreihe wird diejenige angesehen, die mit dem Hinterrand der Oberschenkel abschlieot. Die Anzahl der Langsreihen wird in der Rumpfmitte festgestellt, wobei nur die zusammenhangenden Reihen, nicht aber seitliche, isoliert stehende Schildergruppen berucksichtigt werden.

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b

Abb. 4 Verlauf der beiden medianen Kielreihen auf der Schwanzwurzel. - a = paralleler VerCrocodylus - Arten, Tomistoma schlegelii lauf bei Alligntor mississipiensis (DAUDIN), (S. MBLLER) und Gavialis gangeticus (GMELIN) = Konvergieren bei Melanosuchus nigev :b (SPIX)und Caiman-Arten; c = Divergieren bei Alligator sinensis FAUVEL Paleound suchus palpebrosus (CUVIER)d = Fehlen einer Kielung bei Osteolaemus tetraspis COPE; ; e = Unterbrechung des medianen Kielreihenpaares durch mediades Zusammenriicken des lateralen Paares bei Paleosuchus trigonatus (SCHNEIDER).Zeichnung : G. RICHTER, Zool. Mus. Berlin.25.

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Ahnlich wie auf dern Rucken ist auch die Beschuppung auf der Oberseite des muskulosen, seitlich abgeflachten und nicht vom Rumpf abgesetzten Ruderschwanzes beschaffen. In sehr charakteristischer Weise fur die gesamte Ordnung der Krokodile erheben sich hier zwei hohe Schuppenkamme aus dreieckigen, blattformigen Hockerbildungen und konvergieren etwa in der Schwanzmitte zu einem einzigen Langskamm, der sich in abnehmender GroBe bis zum Schwanzende hinzieht. Mitunter ist die Rangfolge des Wirtels, hinter dern sich die Vereinigung vollzieht, von taxonomischer Bedeutung.

(195 DERANIYACALA I ) weist auf einen bemerkenswerten Unterschied zwischen Mississippi- und China-Alligator hin, der in der Kielung der dorsalen Schwanzwurzel zum Ausdruck kommt. Die Kiele der beiden mittleren Langsreihen verlaufen hier bei Alligator mississipiensis parallel und nehmen caudad immer mehr a n GroBe ab, bis sie schliei3lich zwischen dem emporwachsenden groBen Schuppenkamm ganzlich verschwinden. Bei Alligator sinensis biegt dagegen das mittlere Langsreihen-Paar nach auBen aus und geht jederseits in den groBen Schwanzkamm iiber. Bei den ausgedehnten Reihenuntersuchungen, die der Verfasser im Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit durchfuhrte, bestatigte sich nicht nur die Gultigkeit der von DERANIYAGALA hinsichtlich der beiden Alligator-Arten getroffenen Feststellung, sondern es ergab sich auch weiterhin, daB der Kielungsverlauf der mittleren Langsreihen auf der Schwanzwurzel ebenfalls f u r andere Krokodilgruppen typisch ist. Es konnen hierbei drei grundsatzliche Anordnungsmoglichkeiten auftreten:I . Die Kiele der mittleren Schilder-Langsreihen verlaufen auf der Schwanzwurzel bis zu ihrem volligen Verschwinden parallel (Abb. 4 a). Diese Anordnung findet sich aui3er bei Alligator mississipiensis bei allen Crocodyliden-Gattungen und bei Gavialis gangeticus. Nur Osteolaemus tetraspis weicht insofern etwas hiervon ab, als die Kiele auf der Schwanzwurzel kaum noch in Erscheinung treten und die mittleren Schilder daher fast glatt erscheinen (Abb. 4d).

2. Die Kielung der mittleren Schilder-Langsreihen divergiert auf der Schwanzwurzel und geht in den hohen Schwanzkamm uber (Abb. 4c). Wie bei Alligator sinensis, so ist diese Anordnung auch bei der Gattung Paleosuchus in grundsatzlich gleicher Weise zu finden; sie deckt sich bei Paleosuchus palpebrosus vollig mit der von Alligator sinensis, weicht aber bei Paleosuchus trigonatus etwas davon ab. Bei dieser Art finden sich zwischen den Ansatzstellen der Hinterbeine nur zwei langsgerichtete Kielreihen, die caudad divergieren und bald vollig zurucktreten, wahrend zwischen ihnen auf der Schwanzwurzel ein neues Langsreihen-Paar auftritt und unter seitlichem Ausbiegen in den hohen Schwanzkamm ubergeht (Abb. 4e). Es hat den Anschein, als sei dieses neu in Erscheinung tretende Langsreihen-Paar die Fortsetzung des unterbrochenen mittleren

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Ruckenschilder-Paares, von dem es durch das mediade Zusammenrucken der zwischen den Hinterbeinen gelegenen lateralen Langsreihen getrennt wurde.

3. Die Kiele der beiden mittleren Schilder-Langsreihen konvergieren auf der Schwanzwurzel und vereinigen sich zu einem einzigen Kiel, der sich in abnehmender Hohe und Deutlichkeit noch uber mehrere Schwanzwirtel hinzieht (Abb. 4 b). Diese Moglichkeit ist bei Melan.osuchus niger und den beiden Caiman-Arten verwirklicht.Die Korperseiten und die Auoenseiten der GliedmaBen sind mit kleineren, zum Teil hockerigen oder gekielten Schildern besetzt, bei denen das - nicht immer einwandfrei zu konstatierende - Fehlen oder Vorhandensein einer Kielung manchmal zu taxonomischen Zwecken herangezogen werden kann, z. B. zur Unterscheidung von Crocodylus acutus und Crocodylus moreletii. Bei allen Krokodilen mit Ausnahme der Alligatoriden und der Gattung Osteolaemus tragen die Hinterseiten der Unterarme und -schenkel einen Iangsverlaufenden Kamm aus erhohten Schuppenkielen (vgl. Abb. I ) , der bei den Crocodyliden an den VordergliedmaBen meistens schwacher entwickelt ist. Die gesamte Unterseite des Korpers wird von kleineren rechteckigen, regelmaBig in Quer- und Langsreihen stehenden und nebeneinanderliegenden Schildern eingenommen (Abb.S), deren Regelmaoigkeitin der Umgebung der Iangsgerichteten Afterspalte dadurch unterbrochen wird, daB hier sehr kleine Schildchen ein Iangsovales Afterfeld urn diese Korperoffnung bedecken. Wie in einem spaAbb. (hell) Riicken teren Kapitel noch aus- eines 6 Dermalossifikationenpalustris auf dem DERANIKrokodils (Crocodylus kimbula einandergesetzt wird, kann YAGALA) . - Nach DBRANIYAGALA 1936c.

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in der GroBeund Anordnung der Schildchen des Afterfeldes ein Geschlechtsunterschied zum Ausdruck kornrnen. Mitunter ist eine vor denvorderextremitaten gelegene Querreihe der Kehlschilder in longitudinaler Richtung vergroBert und wird dann als Halsband oder Collare bezeichnet (vgl. Abb. 5 ) . DERANIYAGALA (1936~) benutzt unter anderern dieses Merkrnal, urn die beiden Rassen des Surnpfkrokodils (Crocodylus pa-, Zustris) zu unterscheiden, doch laBt die Deutlichkeit der Schuppenverlangerung so viele Abstufungsrnoglichkeiten zu, daB es schwierig ist, rnit Sicherheit das Vorhandensein oder Fehlen eines Collare zu konstatieren. An der Schwanz -Unterseite verlangern sich alle Schilder- Querreihen so weit, dai3 sie in ihrer longitudinalen Ausdehnung denen der Schwanz - Oberseite entsprechen und sich rnit ihnen zu Wirteln ung irn eigentlichen t bei den Krokodilen , sondern die abgenutzten Stellen der Oberhaut ich allrnahlich ab. I n tragen die einzelnen Hornschilder je ein punktforrniges rgan (vgl. Abb. 5 ) , das bei den Hockerschildern auf deren hochster Erhebung liegt. Spater bilden sich diese Organe Abb. 7 Dermalossifikationen (ausgezog. Linien) zuriick, bleiben aber auf den auf dem Riicken von Crocodylw~ +OYOSUS Ventralschildern noch 1angere SCHNEIDER.Nach DERANIYAGALA 1939. Zeit sichtbar. Als weitere Horngebilde waren schliefllich noch die kraftigen Krallen zu erwahnen, rnit denen die drei proximalen Endphalangen der 5zehigen Vorderund der 4zehigen Hinterextrernitaten enden; sie sind in ihrer urtiirnlichen Struktur den Krallen der Arnphibien und Schildkroten, nicht aber denen der Lacertilier und Saugetiere gleich (KALIN & KNUSEL 1944a). Stets sind die Zehen der Hinterbeine rnehr oder weniger vollstandig durch Schwirnrnhautc verbunden, wahrend diese Hautbildungen a n den Vorderbeinen nur a m Grunde der Finger auftreten oder auch ganzlich fehlen. Bei Alligator mississipiensis

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sind die Schwimrnhaute der Vorderextremitaten allerdings recht ansehnlich und reichen fast bis zur Halfte der Finger. Die dorsalen groi3en Hornschilder des Nackens, Ruckens und ersten Schwanzdrittels, aber auch die der Seiten und GliedmaBen, sind rnit tafelforrnigen Hautverknocherungen unterlegt, die irn allgemeinen in der GroBe den daruberliegenden Hornschildern entsprechen (Abb. 6). Nur bei Crocodylus porosus sind nach DERANIYAGALA (1939) die Ossifikationen elliptisch und vie1 kleiner als die Hornschilder, so daB sie uberall weit voneinander getrennt stehen (Abb. 7 , 8 ) . Die Alligatoriden und einige wenige Vertreter der Crocodyliden (Osteolaemustetraspis, Crocodylus cataphractus) besitzen ahnliche Knochentafeln auch auf der Bauchseite. Sie finden sich bei der Gattung Alligator und bei Crocodylus cataphractus nur sehr schwach ausgebildet und irn wesentlichen auf die vordere Bauchregion beschrankt, wahrend sie bei der KairnanGruppe (Gattungen Melano- Abb. 8 Lagebeziehungen zwischen den Hornschildern suchus, Caiman und Paleo- (dunkel) und den darunterliegenden Hautknochen und Osteolaemus te- (hell) bei Crocodylus IporosusA S C H N E I D E R . - Nach DERAN YAGAL 1939. traspis iiberall und durchaus kraftig entwickelt sind. Bei allen Krokodilen, jedoch nach DERANIYAGALA (1939) mit Ausnahme von Crocodylus porosus, verwachsen die beiden rnittleren Langsreihen der dorsalen Knochentafeln vermittels Nahten rniteinander. An den Seiten und a m Bauch bleiben die Knochentafeln getrennt; nur bei der eben erwahnten Kaiman- Gruppe treten seitliche Nahtverbindungen zwischen den dorsalen Knochenplatten einerseits und zwischen den ventralen andrerseits auf, wobei sich die in der Langsrichtung aufeinanderfolgenden Tafeln unter Ausbildung von Gleitflachen caudal uberdachen (HUXLEY 1860). Weitere Hautverknocherungen kornmen in den oberen Augenlidern vor. Hier findet sich rneist n u r eine kleine Knochenplatte im vorderen Teil des Lides, doch kann auch die gesarnte Lidflache ossifiziert sein, wie bei den Gattungen Paleosuchus und Osteolaemus. Die vollstandige Verknocherung der oberen Augenlider rnacht sich rneist durch die Glatte ihrer Oberflache bemerkbar, wahre;d im anderen Falle die AuBenseite des Lides runzelig und hockerig erscheint. Es laBt jedoch die verhaltnisrnaoig glatte Oberseite des Lides nicht irnrner ohne weiteres auf dessen totale Ossifikation schlieoen, wie aus den Verhaltnissen bei Melanosuchus niger hervorgeht. Andrerseits zeigt wiederurn das

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Oberlid von Alligator sinensis, in das ein verhaltnismaflig groi3er Hautknochen eingelagert ist, eine durchaus rauhe und hockerige Oberflache.

SkelettDer Schadel der Krokodile (s,iehe Abb. 9) zeigt einen deutlich diapsiden Aufbau rnit je einem Paar oberer und unterer Schlafenfenster, die durch eine Verbindung des Postfrontale mit dem Squamosum voneinander getrennt werden. Nicht immer sind die oberen Schlafenfenster - oder Supratemporalforamina - ausgebildet ; sie obliterieren bei der Gattung Paleosuchus regelmai3ig und konnen auch bei den Caiman-Arten und Osteolaemus tetraspis im Alter weitgehend verschlossen sein. In der Jugend erscheinen die oberen Schlafenfenster langgestreckt und rostrad divergierend, nehmen aber spater ein mehr rundliches Aussehen a n (KALIN1933b). Nicht n u r hinsichtlich ihrer Form, sondern auch ihres gegenseitigen Abstandes herrschen betrachtliche altersmaoige und individuelle Variationen. Die Schnauzenspitze wird von den beiden Praemaxillaria eingenommen, die auf der Oberseite des Schadels die Nasenoffnungen begrenzen. Im Alter zeigen die Praemaxillaria bei vielen Crocodyliden-Arten und bei Caiman cvocodilus oft eine Durchbrechung zur Aufnahme des ersten Unterkieferzahnes. Bei den Gattungen Tomistoma und Gavialis findet sich a n der gleichen Stelle je eine nach auflen offene Furche, so daB die beiden ersten Mandibularzahne auch bei geschlossenem Maul frei zutage treten. Jederseits folgen den Praemaxillaria ein Maxillare, Jugale, Quadratoj ugale und schliei3lich ein unbeweglich mit dem ubrigen Schadel verbundenes Quadratum, das fest mit dem Prooticum verwachst, wahrend Opisth- und Epotica Verbindungen rnit den Occipitalia eingehen. Die Knochen, die den Gehirnschadel seitlich und ventral begrenzen, sind zum groi3ten Teil - hauptsachlich durch das Jugale - verdeckt und aui3erlich kaum sichtbar. Es sind dies das Basisphenoid mit einem praesphenoidalen Fortsatz und jederseits ein groi3es Ali- bzw. Laterosphenoid. Epipterygoidea (Columellae cranii) werden nur embryonal angelegt und fehlen den Krokodilen in den spateren Altersstadien vollstandig. Durch cutane Kalkauflagerungen nimmt die Schnauzenoberseite des Krokodilschadels im Alter ein stark zerkluftetes Aussehen an. Hier liegen hinter den Praemaxillaria und zwischen den Maxillaria die beiden langen und schmalen Nasalia, die meist keilformig in die Nasenoffnung hineinragen und bei den Gattungen Alligator und Osteolaemus den hinteren Teil eines knochernen und mehr oder weniger vollstandigen Nasenseptums bilden, dessen vorderer Teil durch einen caudalen Fortsatz der Praemaxillaria zustande kommt. Bei Gavialis, Tomistoma und den longirostren Vertretern der Gattung Crocodylus (C. intermedius, C. cataphractus, C. johnsoni) erreichen die Nasalia in der Regel nicht

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Q

b

C

dAbb. 9 Aufbau eines Krokodilschtidels (Cvocodylus d o t i c u s LAURENTUS). PMx = Praemaxillare, Mx = Maxillare, J = Jugale, Q J = Quadratojugale. Q = Quadraturn, N = Nasale, La = Lacrimale, PrFr = Praefrontale, Fr = Frontale, PoFr = Postfron, tale, Squ = Squarnosum, Pa = Parietale, SOcc = Supraoccipitale, P = Palatinum1 Pt = Pterygoid, Tr = Transversum (Ectopterygoid), Dent = Dentale, Ang = Angulare, SAng = Supraangulare, A r t = Articulare, Sp = Spleniale, Cor = Coronoid. Zeichnung: G. RICHTER, 2001. Mus. Berlin.

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mehr die Kaseno:fnung, die dann nur noch durch die Praemaxillaria begrenzt wird. Als individuelle Variation kann jedoch auch bei vielen anderen Krokodilen zum Teil recht brevirostrer Arten der oberflachliche Kontakt der Nasalia mit der Nasenoffnung fur eine kurze Strecke dadurch unterbrochen werden, dai3 die Praeniaxillaria den rostralen Auslaufer der Nasalia uberwachsen und in die Tiefe abdrangen. Am weitesten ist die Ruckverlagerung der Nasenbeine bei Gavialis gangeticus fortgescliritten, indem hier durch die mediade Verbreiterung der Maxillaria eine vollige Trennung zwischen Nasalia und Praemaxillaria erreicht wird. Auf die Nasalia folgen caudal die embryonal paarig angelegten, spater aber unpaaren Deckknochen des Frontale und des Parietale, von denen das zweite niemals ein Parietalforamen aufweist. Den Vorderrand jeder Orbita begrenzen ein Praefrontale und ein Lacrimale, die sich beide im allgemeinen bis zu den Nasalia erstrecken. Nur bei den beiden Alligator-Arten wird durch die rostrale Verlangerung der Praefrontalia der Kontakt zwischen Lacrimalia und Nasalia unterbunden. Meist schiebt sich das Frontale mit einem rostralen spitzen Fortsatz keilformig zwischen die Nasalia ein, doch vermogen sich die Praefrontalia soweit mediad zu verbreitern, dai3 sie das Frontale ganzlich von den Nasalia trennen. Diese Erscheinung, die der Verfasser besonders haufig bei Caiman crocodilus vorfand, betrachtet KALIN (1933a) als eine taxonomisch bedeutungslose individuelle Variation, die selbst bei geographisch einheitlichem Material auftritt. Praefrontale, Frontale und Postfrontale begrenzen den Oberrand der Augenhohle; Postfrontale, Squamosum und Parietale umschlieaen jederseits die Supratemporalforamina. Das Frontale scheint nur in Ausnahmefallen einen direkten Anteil a n der Begrenzung der oberen Schlafenfenster zu nehmen; das Vorhandensein dieser Verbindung, die K. P. SCHMIDT (1919) als charakteristisch fur das Typusexemplar seines Osteoblepharon osborni (= Osteolaemus tetraspis osborni) beschreibt, durfte nach CHABANAUD (1920) und INGER (1948) rein zufallig sein. Die Augenhohle und das untere Schlafenfenster - oder Infratemporalforamen - werden ventral in der Hauptsache durch das Jugale abgeschlossen. Ein als Columna postorbitalis bezeichneter Knochenpfeiler, der gemeinsam vom Jugale, Ectopterygoid und Postfrontale gebildet wird, trennt die beiden Schadeldurchbruche voneinander. Nach KALIN (1933a) setzt die Postorbitalsaule bei Gavialis dorsal auf dem Jugale an, bei den anderen Familien aber a n dessen proximaler Seite. Die hintere Begrenzung des lnfratemporalforamens wird durch das Quadratojugale und in einigen Fallen auch durch das Quadratum erreicht. KALIN (1933a) betrachtet es als ein familientypisches Merkmal, dai3 das Quadratum bei den Crocodyliden a n der hinteren Begrenzung des Infratemporalforamens teilhat, bei den Alligatoriden aber durch einen dorsalen Fortsatz des Quadrato-

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jugale vom Hinterrand des unteren Schlafenfensters abgedrangt wird. Obwohl diese Regel bei den Alligatoriden durchaus zutrifft, bildet sie doch bei den Crocodyliden haufig individuelle Ausnahmen, indem auch hier ein AusIaufer des Quadratojugale einen mehr oder weniger vollstandigen Abschlui3 des Quadratum vom Hinterrand des Infratemporalforamens bewirkt; bei Osteolaemus scheint sogar dieser Zustand die Regel zu sein. Ein weiterer rostraler Fortsatz des Quadratojugale erstreckt sich als Spina quadratojugalis in das Infratemporalforamen. Die Spina pflegt bei den longirostren Krokodilen verhaltnismai3ig lang und spitz, bei den brevirostren Arten aber wenig entwickelt zii sein oder sogar ganzlich zu fehlen. Als taxonomisch brauchbares Merkmal kommt jedoch dieses stark variierende Merkmal wohl kaum in Betracht. Die Orbitae sind durch ein knorpelig-membranoses Interorbitalseptum in der Sagittalebene voneinander geschieden. Die zwischen den Augen gelegene Stirnflache heiBt Spatium interorbitale und ist in der Jugend ziemlich plan, im Alter dagegen meist mehr oder weniger konkav, was durch Aufwulstungen der obercri Augenrander noch starker in Erscheinung treten kann. Auch die relative Breite des Interorbitalspatiums im Verhaltnis zum Vertikaldurchmesser der Augenhohle nimmt mit fortschreitendem Alter dadurch zu, dai3 sich die Orbitac merklich abflachen. Taxonomisch sind diese Merkmale nur bedingt verwendbar, d a sie - a i e gesagt - erst im Alter ihre definitive Ausbildung erreichen. Durch den hinteren Teil des Frontale sowie durch das Parietale, die Postfrontalia und Squamosa wird eine scharf abgegrenzte, erhohte Flache des Gehirnschadels gebildet, die hier als Schadelplatte bezeichnet wird. An ihrer Oberflache nimmt das Supraoccipitale bei den Crocodyliden meist nur in sehr geringem Mai3e in der Jugend teil, wahrend es im Alter vom Parietale nach unten abgedrangt wird. Bei den Alligatoriden aber kann es auch im Alter sehr ansehnlich auf der Oberflache der Schadelplatte in Erscheinung treten oder sogar das Parietale vollig von der Begrenzung des Hinterrandes verdrangen. Einige altersbedingte Variationen beschreibt KALIN (1933b) f u r die Form der Schadelplatte, die in der Jugend einen annahernd parallelen Verlauf ihrer Seitenrander und eine plane Oberflache aufweist. Im Verlaufe des Wachstums verbreitern und erhohen sich meist ihre Hinterecken betrachtlich, so dai3 die Seitenrander immer starker rostrad konvergieren. Die Oberflache der Schadelplatte senkt sich im Alter in der Mitte ein und wird dadurch konkav, was durcli die bei einigen Arten zu beobachtende Aufwulstung der Seitenrander - insbesondere bei Crocodylus niloticus und Crocodylus porosus - sehr deutlich zuni Ausdruck kommt. Diese Altersvariationen sind jedoch nicht bei allen Arten in gleich starkem MaBe zu beobachten; die Angehorigen der Gattungen Paleosuchus, Osteolaemus und Gavialis sowie anderer Arten zeigen auch in den spatesten Altersstadien eine parallelseitige, plane Schadelplatten-Oberflache. Ganz allgernein aber ist im Alter eine Abnahme der relativen Grofle der Schsdelplatte gegenuber den iibrigen Schadelpartien festzustellen.

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In der Hinterhauptsregion des Schadelsfindensich neben dem Supraoccipitalc noch ein P a a r Occipitalia lateralia und ein Basioccipitale. Am Zustandekommen des unpaaren Condylus occipitalis ist fast ausschlieijlich das Basiocci pitale beteiligt. Durch die Verbreiterung der Praemaxillaria, Maxillaria, Palatina und Pterygoidea wird ein sekundares, knochernes Gaumendach geschaffen, in dem nur das unpaare Praemaxillarforamen und die beiden Palatalforamina ausgespart sind. Hier findet jedoch keine Kommunikation zwischen Nasen- und Rachenhohle s t a t t , sondern nur durch die a m caudalen Ende der Pterygoidea gelegene Choanenoffnung. Die Mundung der Choanen liegt bei jungen Krokodilen verhaltnismaijig weiter zentral zu den Pterygoidea als bei erwachsenen Exemplaren. KALIN (1933a) sieht in der Aufwulstung des Hinterrandes cler Choanen und in ihrer Langsteilung durch ein hohes knochernes Medianseptum ein familientypisches Merkmal der Alligatoriden gegenuber den Crocodyliden und Gavialiden, bei denen die Aufwulstung fehlt und das Septum flach und nur a m Grunde entwickelt ist. Bei seinen Untersuchungen fand der Verfasser den Unterschied hinsichtlich der Randwulste vollauf bestatigt, doch erwies sich der Ausbildungsgrad des Choanenseptums bei einigen Crocodyliden, insbesondere bei Crocodylus niloticus, Crocodylus pplustris, Crocodylus acutus und gelegentlich auch bei Vertretern anderer Arten als so kraftig entwickelt, daB diesem Unterscheidungsmerkmal zwischen den Familien Icein absoluter Wert beigemessen werden kann. Ein langer Nasen-Rachen-Gang, a n dessen Zustandekommen auch die gewohnlich in das Schadelinnere verlagerten Praevomeres beteiligt sind, stellt die Verbindung zwischen den auijeren und den inneren Luftwegen her. Nur bei Melanosuchus niger und Tomistoma schlegelii nehmen die Vomeres direkt an der Bildung des knochernen Gaumendaches teil und treten auf der Gaumenseite des Schadels sichtbar zutage. Sie zeigen sich bei dfelanosuchus in der Hohe der Praemaxillo-Maxillar-Sutur, bei Tomistoma jedoch an der Maxillo-PalatalNaht in der Hohe der Vorderriinder der Palatalforamina. Auffallig sind bei einigen Krokodilen die als Bullae bezeichneten blasigen Auftreibungen der Knochen, die den Nasen-Rachen-Gang umschlieijen. Nach MERTENS (1943) finden sie sich unter den Alligatoriden anschcinend nur bei Alligator sinensis, wo sie ausschlieijlich durch die Palatina zustande kommen, wahrend sie bei Gavialis gangeticus nur im Bereich der Pterygoidea auftreten. Bei den Crocodyliden kennt man sie von Osteolaemus tetraspis tetraspis, Crocodylus niloticus, Crocodylus palustris, Crocodylus porosus, Crocodylus cata phractus und Tomistoma schlegelii; hier sind a n ihrem Zustandekommen Palatina und Pterygoidea gleichermaijen beteiligt. D a sie nicht bei allen Individuen dieser Arten anzutreffen sind, liegt die Vermutung nahe, dai3 es sich uni sekundare Geschlechtsmerkmale handelt. Auf ihre vermutliche biologische Bedeutung wird in einem spateren Kapitel eingegangen werden. Bei Osteolaenius

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tetraspis und Crocodylus porosusstellen die Bullae keine sekundaren Geschlechtsnierkmale d a r (MERTENS1943). Jeder Unterkieferast setzt sich aus insgesamt 6 Knochenelementen zusammen: dem groBen, zahntragenden Dentale, dem Angulare und dem Articulare, denen ein Supraangulare oberseits sowie ein Spleniale und ein Coronoideum an der Proximalseite zugefugt sind. Auffallend und typisch fur den Krokodilschadel ist ein weit nach hinten ragender Fortsatz des Articulare. Auf der proximalen und distalen Seite wird das Knochengefuge des Unterkiefers durch ein auBeres und ein inneres Mandibularforamen durchbrochen. Die relative Groije des aui3eren Mandibularforamens lafit sich z. R.bei der Gattung Paleosuchus zur Unterscheidung der Arten heranziehen. Ein taxonomisch gut brauchbares Merkmal ist die Lange der Unterkiefersymphyse, die deshalb im speziellen Teil der Arbeit bei jeder A r t angegeben ist. Es interessiert hierbei, bis zu welchem Unterkiefer-Zahnpaar die beiden Mandibularaste miteinander verwachsen sind. Die Lange der Symphyse steht in engem, gleichsinnigem Verhaltnis zur Lange des Schnauzenteiles ; bei den besonders langschnauzigen Krokodilen der Gattungen Tonzistoma und Gavialis erstreckt sich die Symphyse so weit caudad, daij die Splenialia in sie einbezogen werden. Die einspitzigen, kegelformigen und an der Wurzel offenen Zahne stehen in Alveolen und finden sich nur Abb, auf den Kieferknochen. Ihr Ersatz geschieht durch seit- zahne ejnes adulten liches Nachwachsen neuer Zahnanlagen von unten her, KrokodiIs(Crocodylus wobei die alten und verbrauchten Zaline teilweise auf- I)roximal gesehen. gelost und aus den Alveolen hinausgedrangt werden (vgl. a = unverbrauchter, Abb. 10). Die Zahne sind insofern etwas differenziert, b = abgenutzter und als einige durch ihre besondere GroBe auffallen; m a n bezeichnet diese als Fangzahne. Bei den Arten, die besonders , \vETTSTEIN 1937, . hartschalige Nahrung in Form von Krabben oder Mollusken zu sich nehmen, wie z. B. Osteolaepnzrs tetraspis, sind die Kronen der hinteren Zahne deutlich abgeplattet. In Ausnahmefallen kann eine Alveole mehrere Zahne enthalten (siehe Abb. g c , 5 . Maxillarzahn rechts).I~Z~O~~CUSLAURENTUS),

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Die Anzahl der vorhandenen Zahne wird durcli eine Zahnformel zum AUSdruck gebracht, die sich nach Art eines arithmetischcn, Bruches aus zwei durch einen Querstrich getrennte Zeilen zusamniensetzt, von denen die obere die Zahl der Praemaxillar- und, durch das Zeichen + getrennt, der Maxillarzahne wiedergibt ; die untere Zeile laBt die Anzahl der Mandibularzahne erkennen. Im allgemeinen ist die Zahnzahl bei Alligatoriden und Crocodyliden nicht sehr unterschiedlich. Sie betragt fur beide Gruppen

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14 - 2 2 (lies: 4 bis 5 Praernaxillar-, 1 2 bis 17 Maxillar- und 14 bis 2 2 Mandibularzahne). Eine Vermehrung oder Verrninderung dieser Zahnzahlen im Zusarnrnenhang mit der groi3eren oder geringeren Schnauzenlange bei den verschiedenen Arten ist nicht festzustellen; es zeigen sogar die verhaltnismaflig kurzschnauzigen Alligatoriden fur die Unterkieferbczahnung etwas hohere Werte a19 die relativ longirostren Crocodyliden. Eine wesentliche Vermehrung der Zahnzahlen in beiden Kieferteilen tritt nur bei den extrem langschnauzigen Arten Tomistoma schlegelii und Gavialis gangeticus ein. Die ursprungliche Anzahl der Praemaxillarzahne betragt jederseits 5 . Eine Reduktion auf 4 Praemaxillarzahne kommt bei den Alligatoriden gesetzmaoig nur in der Gattung Paleosuchus, bei den Crocodyliden jedoch in allen Gattungen und bei vielen Arten vor; sie wird stets durch die Unterdruckung des 2 . Praernaxillarzahnes erreicht, dessen Entwicklung in diesem Falle durcli direkte Druckeinwirkung vom ersten Unterkieferzahn her gehemmt wirtl (L. MULLER 1924a). Da sich die endgultigen Verhaltnisse in der Praemaxillarbezahnung erst im spateren Alter herausbilden, findet man bei jungeren Exemplaren solcher Arten, deren praemaxillare Zahnzahl im Alter reduziert ist, den spater obliterierenden 2. Zahn noch ausgebildet ; seine auffallend geringe GroBe lai3t jedoch dann Ruckschlusse auf die zu erwartende definitive Zahnzahl des Zwischenkiefers zu. Als individuelle Besonderheit kann aber auch bei Krokodilarten, die normalerweise in allen Altersstadien 5 Praemaxillarzahne besitzen, deren zweiter im Alter mehr oder weniger unterdruckt sein, wie es beispielsweise bei Crocodylus niloticus beobachtet wird. Die praemaxillare Zahnzahl dcr Jungtiere erscheint in der Zahnforniel eingeklammert, wenn sie sich irn Alter verandert. Von familientypischer Bedeutung ist die Stellung der Ober- und Unterkieferzahne zueinander. Bei den .Alligatoriden und Crocodyliden beiBen die Zahne beider Kieferteile lotrecht gegeneinander; hierbei stehen in der ersten Gruppe die Unterkieferzahne einwarts von denen des Oberkiefers, wahrend in der zweiten Gruppe die Zahne des Unterkiefers in gleicher Vertikalebene zwischen die des Oberkiefers beif3en. Das gegenseitige Lageverhaltnis dieser beidcn Zahnreihen laf3t sich auch a m Oberkiefer allein aus den dort befindlichen Zahnabdrucken ersehen. Bei den Gavia.liden stehen die Zahne beider Kiefer etwas nach aui3en gerichtet ; sie ,,scheren" beirn ZubeiBen zwischen einander, und ihre Spitzen liegen dann auBerhalb der Kieferrander. Von gleicher Wichtigkeit ist es fur die Unterscheidung der ersten beiden Farnilien, ob der 4. Unterkieferzahn in eine ringsum geschlossene Grube des Oberkiefers eingreift und daher bei gcschlossenern Maul aui3erlich nicht sichtbar ist (Alligatoriden), oder ob er in einen seitlich offenen Ausschnitt des Oberkiefers paBt und daher auch bei ge-

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schlossenem Maul sichtbar bleibt (Crocodyliden). Bei Gavialis entsprechen dem 4. Unterkieferzahn uberhaupt keine besonderen Einrichtungen des Oberkiefers. Ein weiterer Familienunterschied hinsichtlich der Bezahnung besteht in der Rangfolge des a m starksten entwickelten Maxillarzahnes. Bei den Alligatoriden zeichnet sich der 4. Maxillarzahn durch seine besondere GroBe aus, bei den Crocodyliden dagegen der 5 . Maxillarzahn. Bei den Gavialiden sind keinerlei GroBenunterschiede zwischen den Maxillarzahnen festzustellen. In einigen Ausnahmefallen kann bei einzelnen Alligatoriden die distale Seitenwand der zur Aufnahme des 4. Unterkieferzahnes bestimmten Oberkiefer-Grube infolge von Veranderungen des Knochengewebes aufgelost sein. Auf diese Weise wird ein- oder sogar beiderseitig eine seitliche Furche vorgetauscht, die scheinbar den Verhaltnissen bei den a b Crocodyliden gleichkommt. h b b . 11 Diese Abweichungen kommen LJnterschiedliche Ausbildung des Zungenbeins a anscheinend bei cyoeines Alligatoriden [Melalaosuchus lziger ( SPIX)] codilus ziemlich haufig vor und b eines Crocodyliden (Crocodylus porosus SCHNEIDER). Nach L. MULLER 1924a. und konnen hier selbst zu einem Durchbruch des 4. Unterkieferzahnes durch den Oberkiefer fuhren. Das Zungenbein besteht bei erwachsenen Krokodilen allein aus dem schalenformigen Zungenbeinkorper und dem ersten Bogenpaar. Wie aus Abb. I I hervorgeht, ist nach L. MULLER (1g24a) das Zungenbein bei Alligatoriden und Crocodyliden unterschiedlich gestaltet. Bei den Alligatoriden weist der Vorderrand des Zungenbeinkorpers zwei Einkerbungen auf und erscheint dadurch dreilappig; seine Horner verbreitern sich auBerdem betrachtlich in der Vertikalebene. Bei den Crocodyliden bewirken vier Einkerbungen des Vorderrandes eine funflappige Gestalt des Zungenbeinkorpers, dessen Horner jedoch keine Verbreiterungen aufweisen. Die Wirbelsaule der Krokodile gliedert sich in 9 Hals-, 14-15 Brust- und Lenden-, 2 Becken- und 34-40 Schwanzwirbel von einheitlich procoelem Bau. Eine Ausnahme bilden n u r der abweichend gestaltete Atlas und Epistropheus, die fast planen Sacralwirbel und der biconvexe erste Schwanzwirbel. Zwischen den einzelnen Regionen vermag sich die Anzahl der Wirbel innerhalb enger Grenzen zu verschieben. Die Wirbel sind durch selbstandige, mit einem ligamentosen Faserring umgebene Zwischenwirbelscheiben getrennt, wie man sie im Gegensatz zu allen anderen Reptilien nur noch bei Sphenodon findet

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(v. WETTSTEIN 1937) ; die Chorda ist a m Zustandekommen der Intervertebralscheiben nicht beteiligt. Unter allen rezenten Reptilien besitzen nur die Krokodile auch an den beiden ersten Halswirbeln Rippen, die hier durch die Reduktion des urspriinglich vorhandenen Tuberculums einkopfig und a m Atlas verhaltnismaflig lang sind. Alligatoriden und Crocodyliden unterscheiden sich hinsichtlich der Gestaltung des Atlas' und seiner Rippen dadurch, daB bei der ersten Familie die

(1

b

Abb. 12 L'nterschiedliche Ausbildung des Atlas' und der Atlasrippen a bei einem Alligatoriden, b bei einem Crocodyliden. - Nach L. M ~ L L E 1924a, Umzeichnung: G. RICHTER, R 2001. Mus. Berlin.

Gelenkflachen a m Wirbelkorper caudal und dicht beieinander gelegen sind, so daB hier die Rippen nur wenig divergieren (vgl. Abb. 1 2 ) . Bei den Crocodyliden dagegen stehen die Gelenkflachen fur die Atlasrippen caudolateral und sind weit voneinander getrennt, wodurch die Rippen weit auseinanderspreizen (L. MULLER 1g24a). Die Rippen des Epistropheus setzen nicht am eigentlichen Wirbelkorper, sondern a m Dens epistrophei an. Unter den heutigen Krokodilen zeigen die ehemals zur Gattung Caiman zusammengefaflten Gattungen Melanosuchus, Caiman und Paleosuchus insofern etwas primitive Verhaltnisse, als hier noch das Tuberculum a n den Epistropheus-Rippen recht deutlich entwickelt ist, und das Rippenpaar in direktem Zusammenhang mit dem Dens epistrophei steht. Bei allen anderen Krokodilen ist dagegen das Tuberculum mehr oder weniger reduziert, und die Verbindung der Rippen mit dem Dens epistrophei wird allein noch durch Bander hergestellt.

Systematik der rezenten Krokodile

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An den folgenden schlittenkufenforrnigen Halsrippen, durch deren eigenartige Form die horizontale Beweglichkeit des Halses stark herabgesetzt wird, stehen beide Rippenkopfe voll entwickelt und weit getrennt, rucken aber bei den dreigliederigen und mit Processus uncinati versehenen Brustrippen immer starker zusarnrnen. Ventral vereinigen sich die Brust0; ro rippenrnit demsehreinfachgebauten Sternum (Abb. 14), m rl das kalkknorpelig aufgebaut ist und keine Durch2 brechungen aufweist. Hinter den Brustrippen folgen > 4 bis 5 Paar zweiteiliger Lurnbarlippen, 2 P a a r SacralB rippen und 5 bis 10 Paar Caudalrippen in caudad ab$ nehmender GroBe und Differenzierung ; die am weiw n testen caudal gelegenen Rippen erwecken uberhaupt 4 nur noch den Anschein von Wirbel- Querfortsatzen, k sind jedoch embryonal noch von den Wirbelkorpern I durch Nahte abgeteilt (v. WETTSTEIN 1937). 3 Homolog zu den Rhynchocephaliern besitzen die CI iz Krokodile aul3er den eigentlichen Rippen noch 7 bis 8 z Paar zweiteiliger und metarner angeordneter Bauch5 v) rippen (vgl. Abb. 13), die ventral paarweise in der 2 Mittellinie zusammentreffen, ohne jedoch miteinanderMh

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zu verwachsen. Nach v. WETTSTEIN (1937) finden sich bei den Alligatoriden 7, bei den Crocodyliden aber 8 P a a r Bauchrippen. Der Brustgiirtel der Krokodile ist recht einfach gebaut und besteht allein aus den Scapulae, den Coracoidea und einer stabformigen Interclavicula

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(Abb. 14). An ihrn setzen die Vorderextremitaten 2 an, die nicht nur durch das perichondral verknocherte und rohrenformige Ulnare und Radiale, sondern auch durch die Verringerung der Metacarpalia-Zahl vorn .Jd normalen Reptilientypus abweichen (Abb. 15 a). Das Becken zeigt in seiner lotrechten Stellung zur Wirbel$ saule ebenfalls sekundare Urnbildungen. Es setzt sich ro rl aus den rostroventrad gerichteten Pubes, den caudop ventrad orientierten Ischia und den dorsad weisenden, 2 stark verbreiterten Ilia zusarnrnen, zu denen noch faserige Elemente hinzutreten (Abb. 16). Die Pubes stehen rnit dem letzten Bauchrippen-Paar in Zusammenhang und nehmen nicht a n der Bildung des durchbrochenen Acetabulurns teil. Bei den Hinterextrernitaten (Abb. 15 b) finden sich ebenfalls sekundare Veranderungen in der Metatarsalregion, zudern ist die 5. Zehe degeneriert. Die rneisten dieser sekundaren Veranderungen a n den Extremitaten und ihren

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H. W e r m i i t h , Systematik derrezenten Krokodile

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HEINZ WERMUTH

Gurteln deuten auf eine Abstamrnung der Krokodile von terrestrisch lebenden, bipeden Ahnen hin (KALIN & KNUSEL 1944b). In diesern Zusamrnenhang erscheint auch die Tatsache erwahnenswert, daB die hinteren Extremitaten in der Embryonalentwicklung die vorderen weit ubertreffen und fur die Tiere auch von groBerer biologischer Bedeutung sind, d a nur sie zum Zerstuckeln der Beute oder zum Kratzen des Korpers zu Hilfe genommen werden.

OrganeDie innere Organisation der Krokodile laBt eine sehr hohe Entwicklungsstufe erkennen. Dies gilt besonders fur das Nervensystern und die Sinnesorgane, die vielfach betrachtliche Abweichungen gegenuber den anderen Reptiliengruppen aufweisen. So zeigt das Gehirn der Krokodile den hochsten Differenzierungsgrad von samtlichen Reptilien und entbehrt als Ausnahrne zu allen Wirbeltieren jeder Anlage einer Epiphyse und eines Parietalorgans. Die Augen besitzen ein starker entwickeltes oberes und ein unteres Lid sowic eine Nickhaut, die vom inneren Augenwinkel aus uber die Vorderseite des Augapfels gczogen werden kann. Die relative AugengroBc erscheint in der Jugend betrachtlich, nimmt Abb. l4 Schultergurtel von A & jedoch infolge des verstarkten Schadelwachsgator mississipiensis (DAUDIN). turns im Alter immer starker ab. Skleralringe Knochen hell, Knorpel Sc = Scapula, SSc = Suprascakommen den heutigen Krokodilen nicht zu. pula, Co = Coracoid, ECo = Die Iris ist meist grunlich, seltener kastanienEpicoracoid, I = Interclavjcula, pst + MSt + XSt = Sternum. braun (bei den Gattungen Paleosuchus und - Nach K*LIN aus v. WETTsTEIN Osteolaemus) oder gelbbraun (bei Tomistoma 1937. schlegelii) ; die Pupille steht senkrecht und ist auflerordentlich erweiterungsfahig. Ein Tapetum lucidum bewirkt eine gute Ausnutzung der Lichtstrahlen und ist ebenso als Anpassung a n die niichtliche Lebensweise der Tiere zu werten, wie die Tatsache, daB in der Retina die Stabchen uberwiegen. Das Ohr der Krokodile zeichnet sich vor allen anderen Reptilien durch den Besitz einer Cochlea und eines aui3eren Gehorganges aus; es kann, wie bereits eingangs erwahnt, durch eine hautige Klappe zum Schutz gegen das Eindringen von Wasser beim Tauchen verschlossen werden. Eine Colurnella auris ist vorhanden. Die Paukenhohle steht vermittels eines luftgefullten Ganges (Siphonium) mit pneumatischen Raumen irn Quadratum und Articulare in Verbindung, die vielleicht fur den Druckausgleich bei tiefern Tauchen von Bedeutung sind.

Systematik d e r rezenten Krokodile

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Auch die vegetativen Organe zeigen eine Reihe von Besonderheiten. In der Mundhohle fehlen die Speicheldrusen, auf3erdern ist das Jacobsonsche Organ rudirnentar entwickelt. Die dicke, polsterformige Zunge verwachst in ihrer ganzen Lange mit dern Mundhohlenboden und kann nicht vorgestreckt werden. Zusamrnen rnit einem hautigen Gaumensegel und dem Zungenbein-Mechanismus bewirkt sie den Verschluf3 der Schlundoffnung, wenn das Maul unter Wasser geoffnet wird. Da die Choanen hinter der Schlundklappe rnunden, ist ein Eindringen von Wasser in die Atmungswege hierbei ausgeschlossen. Der ruiidliche, zweigeteilte und sehr muskulose Magen liegt fast quer zur Langsachse der Tiere. E r enthalt rneist ansehnliche Gastrolithen oder eine Anzahl kleinerer Steinchen und ist rnit zwei sehnigen Reibplatten ausgestattet, wodurch eine auflerordentlich schnelle und grundliche Verdauungsarbeit geleistet wird. Ein Blinddarm ist nicht a ausgebildet. Der Enddarm rnundet zusamrnen mit den beiden Ureteren und den Gonodukten in den weiten, ovalen Kloakenraum, in dessen caudalem Teil Abb. 15 Skelett der a ) Vorder- und b) irn mannlichen Geschlecht das einfache, Hinterextremitaten von Alligator naissisausstulpbare und erektile, rnit einer ge- sipiensis (DAUDIN). NachMooK 1921 a , Umzeichnung: G. RICHTER, Zool. Mus. wundenen Langsfurcheversehene KopuBerlin. lationsorgan liegt. Neben ihm rnunden die noch zu besprechenden Kloakendrusen. Ferner steht die Kloake durch zwei Kanale noch unbekannter Funktion rnit der Peritonealhohle in Verbindung, wie man es auch bei einigen Schildkroten kennt. Nach den Angaben von v. WETTSTEIN (1937) sol1 die Wandung der Bauchhohle bei den Alligatoriden schwarz pigrnentiert, bei den Crocodyliden dagegen farblos sein. Die Nieren entsprechen denen der ubrigen Reptilien ; eine Harnblase fehlt. Bauch- und Brusthohle werden durch ein rnuskuloses Diaphragma getrennt, das nicht dem Zwerchfell der Saugetiere homolog ist, sondern durch bindegewebige und muskulose Verwachsungen zwischen Magen, Leber und Pleura zustande komrnt. Die mehrfach gekammerte Pleuralhohle enthalt die freihangenden, sehr kompliziert gebauten und auflerordentlich volurninosen LunI942 gen, deren Luftreserven ein stundenlanges Tauchen (K. SCHNEIDER a) und Unterwasserschwimmen ermoglichen. Ferner birgt die Brusthohle das voll-

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standig in vier Kammern geteilte Herz, durch das eine weitgehende Trennung zwischen arteriellem und venosem Blut bewirkt wird. Eine Vermischung beider Blutzustande erfolgt nur durch das Foramen panizzae, einer kleinen Durchbrechung a n der Wurzel der beiden Aortenstamme; ihre Bedeutung liegt nicht iiur darin, dai3 auch dem linken Aortenbogen arterielles Blut zugefuhrt wird,

Abb. 16 I3eckrn eines juvrnilen Alligator mississipiensis ( I ) A U D I N ) .A ventral, B von links gesehen. - I1 = Ilium, Is = Ischium, P = Pubis, F = Foramen obturatum, BB = letztes B = fibrose Membranen, Sy = knorpelige Symphyseder Ischia, Eauchrippenpaar, 1\1 1 4 11 = erster und zweiter Sakralwirbel. - Nach WIEUERSHEIM aus V. WEITSTEIN 1937. -

+

sondern dient auch zur Regulation der wahrend des langen Tauchens auftretenden Spannungsverhaltnisse im Blutkreislauf (v. WETTSTEIN1937). Das Lymphsystem ist recht hochentwickelt und zeigt einen mehr gefai3- als lakunenartigen Bau ; a n der Schwanzwurzel liegt jederseits ein grol3es Lymphherz. Der Korper der Krokodile weist verschiedene Drusenbildungen auf. Am Rucken liegt zu beiden Seiten der Medianlinie je eine Langsreihe von Talgdrusen unterhalb der Grenze zwischen den beiden ersten RuckenschilderLangsreihen. Die Drusen munden zwischen den einzelnen Platten aus und lassen beim Sonnen oder bei Erregung ein oliges, geruchloses Sekret austreten, das wahrscheinlich zum Einfetten der Oberhaut dient. Weitere Drusenbildungen stellen die beiden Geschlechtern zukommenden paarigen Mandibularund Kloakendrusen dar. Die Ausmtindungen der ersten sind schwer sichtbar auf der Unterseite der Schnauze und in der Hohe der hinteren Augenwinkel

Systematik der rczenten Krokodile

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iieben den Unterkieferasten gelegen (Abb. 5 ) ; sie werden in der Erregung zapfenformig ausgestulpt und entleert. Die Kloakendrusen miinden seitlich in den Kloakenraum ein und sind auf3erlich nicht sichtbar. Beide Driisenpaare produzieren - insbesondere wahrend der Fortpflanzungszeit - ein schmieriges, braunliches Sekret, das infolge seines intensiven Moschusgeruches wahrscheinlich beirn Zusammenfinden der Geschlechter eine Rolle spielt.

...

- = Crocodylidac Lngefahrcr i'bcrblick

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= Alligatoridae

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= Gavialidae

Abb. 11 iibcr d a s Verbreitungsgebiet der rezenten Iirokodile. - I n Anlehnung an DE SOLA 1033.

Beziehungen zur UmweltTropen und Subtropen aller Erdteile, rnit Ausnahme von Europa, bilden die Heirnat der Krokodile (Abb. 17). Die Tiere, unter denen man ausgesprochene Urwald- (Melanosuchus niger, Paleosuchus- Arten, Osteolaenzus tetraspis) und Steppenbewohner (Crocodylus niloticus, Crocodylus johnsoni) unterscheiden kann, besiedeln zunieist F1u:se und Seen dcs Binnenlandes. Nur Crocodylus povosus ist ein ausgesprochenes Brackwasserkrokodil, das sogar viele Seemeilen weit in das offene Meer vordringt und deshalb einen besonders meiten Verbreitungsraum einnimmt ; eigenartigerweise gehen jedoch nach DERANIYAGALA (193613) die ceylonesisclien Vertreter dieser Art nicht freiwillig in das Salz-

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wasser, wie aucli der sehr eng verwandte Cvocodylus tzovae-guiiieae als SUBwasserbewohner anzusprechen ist. Crocodylus niloticus, Crocodylus acutus und Crocodylus cataphractus scheuen ebenfalls das Brackwasser nicht. Tagsuber verlassen die Krokodile gern das Wasser, das ihrcn cigentlichen Lebensraum darstellt, u m sich in Gesellschaft z u sonncn, oder u m in ihren geraumigen, a m Ufer oder auf Sandbanken gelcgenen Wohnhohlen, deren Zugang unter Wasser zu liegen pflegt, in einen leichten Schlaf zu verfallen. Den mit offenem Maul ruhenden Nilkrokodilen sollen die als Krokodilwachtcr bekannten Vogel (Pluvianus aegyptius L I N N ~ die in dcr Mundhohle festsitzenden Egel ) oder Speisereste herauslesen, ohne von den Krokodilen behclligt zu werden, 1898). was jedoch stark angezweifelt wird (ANDERSON Wahrend die Alligator-Arten tiefere Temperaturen in einer Kaltestarre uberstehen konnen, vermogen sich andere Krokodile wahrend der heiBen Jahreszeit in den eintrocknenden Schlamm ihrer Wohngewasser zu vergraben und in eine Trockenstarre zu verfallen, sofern sie cs niclit vorziehen, auf dcm Landwegc zu einer ergiebigeren Wasseransammlung abzuwandern. Bei diescn Celegenheiten, die eine Heribsetzung oder sogar vollige Einstellung der Nahrungsaufnahrne mit sich bringen, kommen den Tieren die Fcttreserven zugute, die vor 1942 allem in der Schwanzwurzel gespeichert werden (K. SCHNEIDER b). Beirn Nahrungserwerb gehen die Krokodile in einer Weise vor, die den Eindruck von erstaunlicher Urnsicht macht und von fruheren Beobachtern als Zeichen beachtlicher geistiger Fahigkeiten gewertet wurde. Die Nahrung wird infolge des Fehlens von Mundspeicheldrusen nur im, jedoch nicht unter Wasser verschlungen; sie besteht hauptsachlicli aus kleinen Saugetieren, Wasservogeln und mhildkroten, Froschen und Fischen, doch werden auch - z. B. von Osteolaemus tetraspis - hartschalige Mollusken und Krebse, und von den Jungen sogar Insekten und Wurmcr gefrcssen. Alte Krokodile konnen auch groBere Saugetiere verzehren, indem sic diesc zuerst crtranken und dann unter Umstanden nach vorausgegangenem FaulnisprozeB - mit Hilfe des brechscherenartigen Gebisses zerstuckeln. Mitunter werden zu groBe Beutestucke von mehreren Krokodilen durch entgegengesetztes Drehen ihrer Korper u m die eigene Langsachse auseinandergerissen. Niemals zerkauen die Krokodile ihre Bissen, sondern schluclren sie stets im ganzen herunter. Die Teile der Beute, die im Magen keinen Platz mehr finden, bleiben in der Speiserohre stecken und rucken erst allmahlich in den Magen nach, wenn dort im Verlaufe der auBerst schnellen Verdauung Platz geschaffcn worden ist. Steine und andere mit der Nahrung verschluckte Fremdkorper, wie aucli rnenschliche Schmuckgegenstande, haben als Gastrolithen einen wesentlichen Anteil a n der grundlichen Verdauung der Nahrung; irn allgemeinen besitzen Krokodile aus fischreichen Gewassern weniger Magensteine als die Tiere des Binnenlandes, die 1941, T E N A I L L E I941j. sich rnehr von Saugern und Vogeln ernahren (FRIANT

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Einen interessanten Fall von Nahrungs-Bevorratung berichtet NEILL (1946). Hiernach wurde ein Exemplar von Crocodylus novae-guineae dabei uberrascht, als es die bereits stark i n Verwesung ubergegangenen Reste eines Wildschweines in einem Laubliiigel versteckte. Als sekundare Geschlechtsmerkmale werden fur die Mannchen neben der Verdickung der Schwanzwurzel, der massigeren Entwicklung des Unterkiefers und der kraftigeren Ruckenfarbung und Ausbildung des Schnauzenreliefs auch die bedeutendere Korpergro13e gcgenuber gleichalterigen Weibchen angegeben, doch stellt HSIAO (1934/35) bei Alligafor. sinensis und DE SOLA (1930) fur ~ ~ ~ ein umge- Abb. 18 Schnauzcnaufsatz bei einem miinn-~ ~ ~ d ~ l Itehrtes GroBenverhaltnis zwiv. HAYEK 1893. ychen den Geschlechtern fest. Bei Gavialis gangeticus ist das Mannchen durch einen knollen- oder muschelfijrmigen Aufsatz auf der Schnauzenspitze kenntlich (Abb. 18). Einen weitercn Geschlechtsunterschied gibt VIOSCA (1939) fur Alligator mississipiensis an. Hier sind die Schildchen des Afterfeldes bei den Mannchen groi.3, annahernd dreieckig, und bilden zu beiden Seiten d e r Afterspalte drei vollstandigc Langsreihen, zu denen distal noch Reste einer weiteren, unvollstandigen vierten Reihe hinzutreten. Bei den Weibchen dagegen stehen die kleineren und mehr rundlichen Schildchen des Afterfeldes jederseits in vier vollstandigen Langsreihen und lassen Reste einer unvollstandigen funften Reihe erkennen. Schon im Alter von 8-10 Jahren, also lange bevor sie ausgewachsen sind, ltonnen die Krokodile geschlechtsreif werdeii (DE SOLA1933). u b e r die Copula ist wenig bekannt. Nach DERANIYAGALA (1936b) sollen sich hierbei beide Partner von Crocodylus porosus in senkrechter Stellung im flachen Wasser u m armen und die aus dem Wasser herausragenden Schnauzen ineinander verschranken. Die Paarung von Crocodylus niloticus findet nach VOELTZKOW (1891)auf dem Lande s t a t t , wobei sich das Mannchen schrag uber das Weibchen legt, und beide Tiere ihre Schwaiize so gegeneinander drehen, da13 sich die Kloakenoffnungen beruhren. Die gleiche Stellung beobachtete K. SCHNEIDER (1941) a n gefangenen Exemplaren von Alligator mississipiensis im flachen Wasser; das Mannchen rieb hierbei seinen Unterkiefer gegen die Nackenschilder dcs Weibchens, wahrend beide Tiere LautauBerungen von sich gaben. Die Fortpflanzung geschieht durch huhner- bis ganseeigrofle Eier mit geschichteter und meist poriger Kalkschale, deren Oberflache bei den verschiedenen Arten alle ubcrgange zwischen einer glanzend-glatten bis z u einer vollig rauhen und zerklufteten Beschaffenheit zeigt, ohne daB hierbei irgendwelche systematischcn Zusammenhange zwischen den Arten zum Ausdruck kommenlichen Gavialis gnngeticus (GMELIN). - Nach

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(W. J.SCHMIDT( S C H ~ N W E T T E1943). Die Eier werden in einer artlicli 8 Rund auch individuell verschiedenen Anzahl von 10-100 Stuck in selbstgegrabenen Erdgruben (z. B. bei Crocodylus niloticus) oder in Nester aus faulenden Vegetabilien (z. B. bei Crocodylus porosus) auf dem Lande in der Nahr des Wassers abgelegt. Auch der Nestbau ist bei den einzelnen Krokodilformen sehr unterschiedlich und laBt alle erdenklichen cbergange zwischen den beiden geschilderten Extremen erkennen; systematisch bedeutsame Zusammenhangr sind hierbei ebenfalls nicht festzustellen. Die Jungen liegen auBerordentlich stark zusarnrnengekrumrnt irn Ei und schlupfen bei einer GroBe von ungefahr 2 5 -30 cm etwa 2 - 3 Monate nach der Eiablage. Hierbei lassen sie noch im Ei ein deutlich vernehmbares Quaken ertonen, das das Muttertier herbeiruft und es veranlafit, das Gelege freizuscharren. Mit Hilfe heftiger 13ewegungen und ihres embryonalen Eizahner durchbrechen die Jungtiere die. Eihullen und werden von der Mutter sogleich zurn Wasser geleitet. Wahrend der ganzen Brutperiode halt sich das Weibchen in der Nahe des Nestes auf und verteidigt es im Notfall. Bei Crocodylus porosus bewacht das Muttertier den Nistliugel in einem selbstgegrabenen Schlarnmloch und befeuchtet das Gelege hin und wieder mit Hilfe von Schwanzschlagen. Das Wachsturn der Krokodile ist innerhalb der artbedingten Grenzen sehr unterschiedlich. Im allgemeinen vollzieht sich die relativ groBte Langenzunahme wahrend der erstcn drei Jahre, bis eine Gesamtlange v a n etwa 1-1,s Meter erreicht ist; spater verringert sich die Wachstumsgeschwindigkeit erheblich, bis sie im Alter schliefilich nur noch wenige Zentirneter irn Jahr betragt, ohne jedoch bis zum Lebensende ganzlich zu erloschen. I n Anbetracht der in der Freiheit erreichten Maximallangen einiger Arten (bei Crocodylus niloticus und Crocodylus porosus bis zu 10 Meter!) und der im Alter imrner geringer werdenden Wachstumsrate ersclieint es nicht ausgeschlossen, daB wenigstens diese groBeren Krokodilarten ein Alter von weit uber 100 Jahren erreichen konnen, zumal schon von gefangenen Alligatoren (Alligator mississipiensis) Altersangaben bis zu 85 Jahren bekannt sind (PELLEGRIN 1937). In der Gefangenschaft wachsen die Krokodile vie1 schwacher, nehmen aber gegenuber freilebenden Tieren weit mehr a n Gewicht und Breite zu. Ebenso bleibt die Schnauzenlange gefangengehaltener Krokodile sehr stark zuruck, was bis zur Mopskopfigkeit fuhren kann. D a auch die Reliefbildungcn auf dcr Schnauze solcher Tiere sehr undeutlich ausgebildet zu sein pflegen, ergeben sich rnitunter Schwierigkeiten beim Bestirnrnen von Krokodilen aus Zoologischen Garten. Weitere durch die Gefangenschaft bedingte MiBbildungen betreffen das Gebii3. Die Zaline werden in diesem Fall nur noch schwach e n t wickelt und stehen nicht mehr vertikal in den Kiefern, sondern neigen sich so weit nach auBen, dai3 sie im Extrem fast horizontal gerichtet sind, wie z. B. bei einem Mississippi-Alligator aus der Menagerie des Pariser Naturhistorischen Museums, der dieser Eigenart wegen als ,,Jean-qui-rit" bekannt war. Nach

Systematik

d e r rezenten Krokodile

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Feststellungen von MERTENS (1943) finden sich bei sehr lange Zeit gefangengehaltenen Krokodilen haufig v i d e kleine Zahne - in eine zementahnliche Fullrnasse eingebettet - gemeinsam in einer Zahnhohle; auch konnen die Alveolen uberhaupt keine Zahne enthalten, sondern allein rnit der erwahnten Zementsubstanz gefullt sein. Allerdings sind derartige Zahnanonialien keineswegs auf Gefangenschafts-Tiere beschrankt, sondern kornmen gelegentlich aucli bei freilebenden Krokodilen vor, wie DE JONG (1928) a n einern erbeuteten Corcodylus porost~sbemerkte. Dieses Tier zeigte nicht nur die geschilderte Verrnehrung der Zahne in fast allen Zahnhohlen, sondern fie1 auoerdern noch d a durch auf, dafl die Zahne in den eigenartigsten Stellungen in die Kiefer eingepflanzt waren und die Knochen nach den verschiedensten Richtungen hiti durchbrachen. Alle Krokodilc besitzen in der Jugend eine rnehr quakende, irn Alter aber rohrend-brullende Stimme. Weitere Lautauflerungen bestehen in einern kraftigen Fauchen. I h s Quaken, das entfernt rnit dern rnenschlichen Schluckauf verglichen werden kann, kommt vcrmutlich durch Kontraktionen der Zwerchfellrnuskulatur zustande (VOELTZKOW 1891); es wird hauptsachlich von j u n geren Tieren hervorgebracht und schcint sich ini Alter ganzlich zu verlieren. Nach den Bcobachtungen dcs Verfassers a n seinern uber I , I O rn langen Cazmarr crocodilus crocodilus \vird das gleiche Gerausch beim Anblick der Nahrung vor dern Fressen ausgcstooen und scheint hier ein Ausdruck lustbetonter Ernp(1941) und LEDERER(1941) brullt Allifindungen zu sein. Nach H E I N R O T H gator mississipiemis unter derart starkern Vibrieren seiner Flanken, dao das Wasser hoch aufspritzt, und vcranlaot darnit andere Krokodile verschiedener Artzugehiirigkcit z u gleichen Lautauoerungen. LEDERER (1941) beschreibt das Brullen der Alligatoren als eine gcradezu zerernonielle Handlung, die nach einern bestirnmten Ritual vorgenornmcn wird, und verrnutet hiernach Bcziehungen zum sozialen Leben der Krokodile. Auch durch kunstliche Gerausche, wie Trornpeten auf einer Giefikanne oder selbst Kanonendonner (HEINROTH I94I), lassen sich Krokodile zum Brullen provozieren. Nach EVANSk i QUARANTA (1949) und MURNIN & QUARANTA(1949) antwortet Alligator inississipieizsis auf Tone des Franzbsischen Horns und zeigt dabei paarungsmafiiges Verhalten. Die Einstellung des Menschen gegenuber den Krokodilen bewegt sich zwischen Furcht und Abscheu bis zu giittlichcr Verehrung. Insbesondere im a n tiken Agypten wurden die seinerzeit dort noch heirnischen Nilkrokodile i n grofier Anzahl muniifizicrt und mit hohen Ehren beigesetzt, wie j a auch die Gottheit Sebek krokodilkopfig gedacht war. Ebenso genieijen die Krokodile irn indo-malayischen .kchipel auch heute noch grofite Ehrfurcht als Reinkarnationen der Seelen verstorbener Menschen; ist man gezwungen, ein bestirnmtes Krokodil aegen allzu sehr uberhandnehrnender Menschenfresserei zii bestrafen, so geschieht dies erst nach vielen vorhergegangenen Ermahnungen

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und Warnungen sowie nach einer ausfuhrlichen Entschuldigungsansprache (G. SCHNEIDER 1915-16). Im groijen und ganzen ist jedoch der von Krokodilen dem Menschen unmittelbar zugefugte Schaden nicht allzu erheblich, wenn auch genaue Zahlen hieruber aus begreiflichen Grunden nur sehr sparlich vorliegen. Nach DERANIYACALA (1939) wurden in der Ostprovinz von Ceylon innerhalb von 2 5 Jahren nur 53 Menschen von Krokodilen gefressen; allerdings sol1 ein einziges Krokodil in einem Zeitraurn von 20 Jahren allein 10-12 Menschen getotet haben. Nach DE SOLA (1933) betragt der Verlust an Menschen durch Krokodilfraij im Tanganyikagebiet nur etwa 0,01401,, der Bevolkerung im Jahr. Die Angriffslust der Krokodile dem Menschen gegenuber hangt nicht nur von der Groi3e der Tiere, sondern auch von ihrer Artzugehorigkeit a b ; mitunter scheinen es auch nur einzelne Iridividuen zu sein, die dem Menschen gefahrlich werden. Selbst bei eng rniteinander verwandten Formen ist das Verhalten in dieser Beziehung sehr unterschiedlich. So zeigt sich nach DERANIYAGALA (1939) die Nominatrasse des Sumpfkrokodils friedfertiger als die auf Ceylon beschrankte Rasse Crocodylus palustris kirnbula. Als notorische Menschenfresser komrnen hauptsachlich wohl nur die groijen Exemplare von Crocodylus iziloticus und Crocodylus porosus in Frage, doch fand man nach DERANIYAGALA (1939) schon in einem nur 5,s Meter langen Exemplar der letztgenannten Art einen bis auf den Kopf vollstandigen menschlichen Leichnam. Einen bedeutenden komrnerziellen Wert besitzt die H a u t der Krokodile fur die Lederbereitung. Hierbei wird vor allem die nur wenig verknocherte Bauchhaut von Mississippi-Alligatoren verarbeitet, die eigens in Alligatoren-Farrnen geziichtet werden. Fur die Eingeborenen bedeuten die Moschusdrusen erbeuteter Krokodile ein begehrtes Objekt fur kosmetische Zwecke.

Systematik und NomenklaturDie Krokodile bilden eine Ordnung der Reptilien, die sich hinsichtlich ihres Skelettes einige primitive Zuge bewahrt hat, andrerseits aber in ihrer stammesgeschichtlichen Entwicklung die meisten Fortschritte unter samtlichen rezenten Kriechtieren erkennen lai3t. Ihre phylogenetische Herkunft ist bei den fossilen Thecodontiern zu suchen, rnit denen sie durch ihren diapsiden Schadelbau, die thecodonte Verankerung der Zahne in den Kiefern und das Fehlen eines Parietalforamens verbunden sind. Gerneinsarn mit Thecodontiern, Pterosauriern, Saurischia und Ornithischia bilden die Krokodile die Unterklasse der Archosauria, deren Angehorige sich unter anderem durch ihre Entwicklungstendenz zu bipeder Lokornotion auszeichnen (ROMER1950); es uberrascht daher nicht, wenn KALIN & KNUSEL (Ig44b) auf Grund der bereits erortertcn Besonderheiten des Gliedmaijenskelettes die als Pvocrocodilia bezeichneten Vorfahren der heutigen

Systematik der rezenten Krokodile

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Krokodile als ,,Reptilien mit arboricoler Sprungbipedie" ansehen. Alle drei rezent bekannten Krokodil-Familien sind bereits in der Kreidezeit vertreten. Nach den Ausfuhrungen von KALIN (1933a) und MERTENS (1943) sind die kurzschnauzigen Krokodile, und unter diesen die Alligatoriden, als die primitiveren aufzufassen. Dabei nimmt die Gattung Alligator auf Grund des Besitzes knocherner Nasensepten eine besonders ursprungliche Stellung ein. Recht primitive Verhaltnisse zeigt aber auch die sogenannte Kaiman-Gruppc (mit den Gattungen.'Vlelanosuchus, Caiman und Paleosuchus) hinsichtlich der auf Seite 400 erwahnten Beschaffenheit der Epistropheus-Rippen. Den a m weitesten fortgeschrittenen Zustand innerhalb der Alligatoriden 1aBt die Gattung Paleosuchus erkennen, die sich durch die Verminderung der praemaxillaren Zahnzahl und die a m starksten ausgepragte Tendenz zum VerschluB der oberen Schlafenfenster auszeichnet. M i t den Alligatoriden verbunden sind die Crocodyliden durch die - wenigstens morphologisch - vermittelnde Stellung der Gattung Osteolaemus. Sic laBt sich einerseits durch das Vorhandensein eines knochernen Nasenseptums, durch die reduzierte Anzahl der Praemaxillarzahne, die kurze Schnauzenform, die Neigung zur Ruckbildung der oberen Schlafenfenster, die braune Irisfarbung und die vollstandige Verknocherung der oberen Augenlider und Bauchschilder an die Alligatoriden anschliefien, erweist sich aber andrerseits durch die Besonderheiten des Gebisses, der ersten Halswirbel und des Zungenbeines als echter Vertreter der Crocodyliden. Die Crocodyliden stellen verrnutlich einen etwas jiingeren Entwicklungszweig als die Alligatoriden dar, dessen geringeres Alter nach MERTENS (1943) vielleicht auch aus der Tatsache ersichtlich ist, daB sich die Jungtiere der verschied