HELIOSEISMOLOGIE & ASTEROSEISMOLOGIE
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HELIOSEISMOLOGIE & ASTEROSEISMOLOGIE
Markus Roth & Svetlana BerdyuginaFakultät für Mathematik und PhysikAlbert-Ludwigs-Universität Freiburg
Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik
III. Pulsierende Sterne
Beobachtungen von pulsierenden SternenHistorisches:
Sterne, die ihre Leuchtkraft in merklichem Maße über beobachtbare Perioden ändern, sind schon seit Beginn des 17. Jh. bekannt
1596 Fabrizius: Mira (o Cet)
1639 Holwerda: ¢ m = 4 … 6; ¦= 331 d
1667 Boulliau
1784 Goodrike± Cep ¢ m =1; ¦ = 5,4 d´ Aql
Ab Ende 19. Jhd. Viele
Kataloge: Kukarkin 20‘000 im Katalog 1969¢ m ≥ 10-2 … 10-3
Sonne: ¢ I / I ¼ 10-6 ¼ ¢ m
Veränderliche Sterne
• Bei physisch veränderlichen Sternen sind die verantwortlichen physikalischen Mechanismen vielfältig und für viele Arten noch nicht genau verstanden.
• Alle Sterne sind veränderliche Sterne, allerdings auf langen Zeitskalen.
Auf kurzen Zeitskalen veränderliche Sterne unterscheidet man nach den Lichtkurven (z. T im Radio- oder Röntgenbereich) und nach Veränderungen der Spektralklasse oder im Spektrum
– pulsierende Veränderliche, – Bedeckungs-Veränderliche– eruptiv Veränderliche, und – magnetische (oder Rotations-) Veränderliche
Nomenklatur: neu entdeckte veränderliche Sterne werden nach ihrem Sternbild und mit einer Buchstabenkombination versehen benannt.
Der erste in einem Sternbild gefundene Veränderliche erhält den Buchstaben R, der zweite S usw. bis Z. Danach geht es mit RR, RS, ... bis ZZ weiter und schließlich über AA bis QZ. Weitere Veränderliche werden mit V335, V336 etc. bezeichnet.
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Sterntypen im HR - Diagramm
Pulsierende Veränderliche• Pulsierende Veränderliche zeigen
Linienverschiebungen synchron mit mehr oder weniger regelmäßigen Helligkeitsvariationen
• Linienverschiebung: – Dopplerverschiebung einer pulsierenden
Atmosphäre – entsprechen 40 ... 200 km s-1
• Helligkeitsvariation: – Temperaturänderung– Änderung des Radius ist vergleichsweise
klein
• Pulsierende Veränderliche sind meistens Riesensterne, es gibt sie aber auch auf der Hauptreihe und unter Weißen Zwergen
C. Aerts, Univ. Leuven
KlassifizierungGrobe Vorstellung nach drei
verschiedenen Gesichtspunkten
a) Geometrisches Muster
– Radial-symmetrische Schwingung
Oberschwingung: sphärisch-symmetrische Knotenlinien
„Oberton“ Nr. n hat n Knotenlinien zwischen r=0 und r=R*
Analog: Atomphysikn: radiale Quantenzahll:m:
KlassifizierungGrobe Vorstellung nach 3 verschiedenen Gesichtspunkten
– Nicht-radiale Schwingungen
zusätzlich zu nl= Gesamtzahl der Knotenkreisem= Knotenkreise durch PoleMathematisch: Kugelflächenfunktionen, z.B. vertikale Auslenkung
Orthogonales System!Eigenfunktion des Wellenoperators in sphärischer Geometrie!
Sterne: nur l=0,…,3 möglich wegen Auflösung!
Ausnahmen Doppler-Imaging (Auflösung der Oberfläche eines schnell rotierenden Sterns mittels Profilvariation der Spektrallinien) bis l=1
Analog: Atomphysikn: radiale Quantenzahll: Drehimpuls Quantenzahlm: magnetische Quantenzahl
Klassifizierungb) Rückstellkraft
– Sterne und Gaskugeln sind im hydrostatistischen Gleichgewicht
– Druckstörung: erhöhter Druckgradient „P Mode“Ausbreitung mit Schallgeschwindigkeit„Schallwellen“ oder „Akustische Schwingungen“ möglich für alle l
– Störung durch Anheben eines Teils und Absenken eines anderen (nur l ≠ 0)
– Rückstellkraft: Auftrieb (+ oder -)
„Schwerewelle“, „Internal Gravity Wave“, „G Mode“i.A. (bei l ≠ 0) beide beteiligt (aber p oder g dominant)
– Torsionsschwingung: nicht weiter behandelt
Klassifizierungc) Zeitskalen und Klassifizierung nach Schwingungsperiode
Freier Fall (P „abgeschaltet“) : tff = (2R/g)1/2
Schall-Laufzeit: ts = R/c; c= (P/½)1/2
Schwingungsdauer einer Fluid-Säule: tg = ¼ (2L/g)1/2
Darüber hinaus:
ts=R(½/P)1/2 = (R/g)1/2= tff
Im Stern alle 3 Zeitskalen zunächst ungefähr gleich, aber tg kann viel länger sein, da nicht Gewicht, sondern nur der Auftrieb wirksam ist
tff , ts = tD „dynamische Zeitskala“
Periode: ¦ ≤ tD p modes; ¦ ≥ tD g modes
tD¼ (r/g)1/2 ¼ (r3/GM)1/2 ¼ (1/G<½>)1/2
Beispiele: Sonne: <½>¯= 1,41 g/cm3 tD¼ 1 h Roter Riese: <½>=10-4 <½>¯ tD¼ 4 Tage
Weißer Zwerg: <½>=106 <½>¯ tD¼ 3s
Radiale Pulsationen• Ursache der Veränderlichkeit sind radiale
Pulsationen des Sternkörpers in seiner Grundschwingung oder einer Ober-schwingung
• Ungefährer Zusammenhang von Periode P und mittlerer Dichte
• "-Mechanismus": – Bei Kompression: Anstieg der Opazität in den H-
und He-Ionisationszonen am äußeren Rand des SternsNachfolgend: Komprimierte Schicht absorbiert mehr Strahlungsenergie, wird aufgeheizt und dehnt sich wieder aus
– Die während der Kontraktion absorbierte und bei der Expansion freiwerdende Energie kann die Oszillation aufrecht erhalten.
• Betrifft Sterne mit Teff = 8000K in der Nähe der Hauptreihe bis Teff = 5000K bei den Überriesen (Instabilitätsstreifen der Cepheïden). John Moores Univ., Liverpool
Gc
RP 1
Schall
Klassische Cepheïden• Anfang des 20. Jahrhunderts
erkannte Henrietta Leavitt, dass Veränderliche vom Typ Cephei eine starke Korrelation der Leuchtkraft mit der Periode haben
• Diese Erkenntnis erlaubte zum ersten Male die Bestimmung extragalaktischer Distanzen
• Die Perioden-Helligkeits-Beziehung ist heute wesentlich verfeinert und auf andere Klassen von Variablen (z.B. W Vir) erweitert worden.
Hipparcos catalogue
OGLE
Grundschwingung
1. Oberschwingung
Mira – Veränderliche
• Nach Mira ( Ceti) benannt, einer der auffälligsten Variablen
• Sehr kühle Riesensterne mit langen Perioden zwischen 80 ... 1000 Tagen und starken Sternenwinde zeigen.
• Mira selbst hat einen Durchmesser von 2 AU und zeigt Variationen von bis zu mV = 10 (12 ... 2-4).
• Bei der geringen Effektivtemperatur von ca. 2000 K führen schon leichte Temperaturschwankungen zu starken Helligkeitsschwankungen im SichtbarenWoodruff, H.C. et al., A&A 421, 703-714 (2004)
Bestimmung des Radius (Baade 1926; Wesselink 1946)
• Differenz:
V(t): Radialgeschwindigkeit des Sterns aus der Verschiebung von Spektrallinien1,2: Zwei Zeitpunkte im Pulsationszyklus
• zu Zeitpunkt 1,2: Spektraltyp bestimmen damit T1, T2
• Sei 1 der Zeitpunkt R1 = Rmax
Sei 2 der Zeitpunkt R2 = Rmin
• Nach dem Verhältnis R1 / R2 auflösen
• Daraus R1 und R2 bestimmen.
Beispiele:Π[d] R1/R2 <R>/Rʘ MBW/Mʘ
RR Lyr 0,57 1,072 5,5 0,5
δ Cep 5,37 1,119 44,6 5,4
η Aql 7,18 1,091 54,2 5,8
Typen von Pulsierenden VeränderlichenBezeichnung N P [d] Spektraltyp m
Klassische Cepheiden ( Cep, W Vir) 700 1 – 50 F – K I < 2
RR Lyrae 4400 < 1 B8 – F2 III < 0.7
Zwergcepheiden ( Scuti) 20 0.05 - 2 F III < 1
Cephei 20 0.1 – 0.25 B1 – B3 III < 0.1
Mira – Variable 4600 80 - 1000 M III > 2.5
RV Tauri 100 30 - 150 G – K I < 3
2 Can Ven 30 1/25/99 Ap < 0.1
Semiregulär 2300 30 - 1000 K – M I < 2.5
Irregulär 1700 - K – M I < 2
N: Zahl der bekannten Objekte
Nicht-radiale Oszillationen3 Gruppen im O,B-Bereich ¢ m= 0,01 … 0,1:
¯ Cep etwas oberhalb der Hauptreihe (Instabilitätsstreifen)¦= 4…6 h ¼ tD
lange Schwebungs-Perioden, 7d … 49 dDeutung: dicht nebeneinander liegende Frequenzen,unmöglich für l=0 ! l ≠ 0 für einige
53 Per oder SPB-Sterne („Slowly Pulsating B Stars“)im HRD in Umgebung der ¯ Cep
mehrere Perioden¦ > tD ! g modes
! l ≠ 0 Profilvariationen (meist bei langsamer Rotation)Deutung: Kombination von Rotation + Oszillation (l ≠ 0 ) (+ Markoturbulenz)
³ Oph (Ophiochi)ebenso im HRD bei ¯ Cepschnelle Rotation (200 km/s)Doppler-Imaging
Doppler-Imaging
Streifen parallel zur Rotationsachse haben gleiche Geschwindigkeit, d.h.eine feste Stelle im Linienprofil
Variationen in der Helligkeit der Oberfläche führen zu Variationen im Linienprofil ! bis Schwingungen bis l=16 auflösbar
(Strassmeier, 2006)
Doppler-Imaging
• Bsp.: HD 110432, Variation im Linienprofil von He I 667,8 nm
(Smith & Balona, 2006, ApJ 640, 491)
Doppler-Imaging
(Maintz et al., 2003)
Nicht-radiale Oszillationen± Scu (l ≠ 0, zusätzlich zu l=0)
Massen 1.5 – 2.5 M¯Auf der Hauptreihe wo Instabilitätsstreifen kreuztZentrales Wasserstoffbrennen / Schalenbrennen
Oszillationen durch · Mechanismus in der zweiten Ionisationszone von He angetrieben
p Modes: ¦ = 18 min – 8 h
Amplituden: mmag – 0.1 mag
Nicht-radiale Oszillationen• ro Ap-Sterne („rapidly oscillating“)
– Linien von seltenen Erden– B-Feld: „schiefer Rotator“– Amplituden: 0,001 mag– Perioden: 4…15 min << tD ! p modes (l=0 und l ≠ 0)– Zur Phase B=0 ist Amplitude ¼ 0 und Phase der Schwingung springt um ¼
– Modell: Oszillation l=1, m=0 mit Achse des Magnetfelds genauer: Triplett m=-1,0,1¢ ! = ¢ m ! Trot=2¼ / =2,5 dAsymmetrie: B!
für HD 83368 i=86° (Winkel Rotationsachse, Sichtlinie)¯=36° (Winkel Rotationsachse, B)
– Einige zeigen äquidistante Frequenzenz.B.: HD 24712:
2,6200 mHz2,65282,68752,72082,75562,7936) ¢º ¼ 53 ¹ Hz
Schlußfolgerung: abwechselnd l=0 und l=1 „Obertöne“
Nicht-radiale Oszillationen3 Gruppen entarteter Sterne (Weiße Zwerge)
¢ m < 0,3m
¦ = 100…2000 s >> tD ¼ 3 s ! g modes <½> >> <½¯>
• DOV (und PNNV = Planetary Nebulae Nuclei Variables)
auf dem Weg von PNN zum Weißen ZwergTeff = 50000 – 100000 K
Perioden der g modes näherungsweisefür festes l äquidistante Periodendauern:
(¢ P)1 / (¢ P)2 = √6/√2 = √3; Beobachtung: 1,72
P0 hängt von der Masse ab ! m=0.586 m¯
Aufspaltung innerhalb der Multiplets¢º = t/2¼ ¢ ¢ m
Prot= t/2¼ =1,38 d
Nicht-radiale Oszillationen• DBV (Weißer Zwerg mit Helium-Hülle)
Oszillation am deutlichsten bei den DBs mit dem meisten Helium
Teff: 23000 – 30000 KM=0,61 m¯
Peaks bei Summe u. Differenz von Frequenzen anderer Peaks ! Kopplung
Aufspaltung in den Multiplets abhängig von n,l! differentielle Rotation
B¼ 1300 G (Abhängigkeit der Aufspaltung von m2)
Nicht-radiale Oszillationen
• DAV (Weißer Zwerg mit Wasserstoff-Hülle)
Teff = 11000 – 13000 KZZ-Ceti
Nahe beieinander liegende Perioden mit Schwebungen:
213,132605 s212,768427 s! Schwebung 1,5 d
Nicht-radiale Oszillationen• Pulsation sonnenähnlicher Sterne
(Sonne ¢ I / I ¼ 3¢ 10-6 für einzelne Schwingung)
Atmosphärische Szintillation ¼ 10-4 typischerweiseLange Serien, große Teleskope erforderlich
Doppler-Signale ® Cen ¢º = 110¹Hz
Bedding, T., et al. 2004, ApJ, 614, 380