Hirnverletzung Erscheinungsbild und neurologische Ausfälle · Pons Hirnstamm. copyright by REHAB...

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copyright by REHAB Basel Hirnverletzung Erscheinungsbild und neurologische Ausfälle [ Dr. med. Christian Kätterer [ FASMED Seminar Luzern [ 20. April 2015

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HirnverletzungErscheinungsbild und neurologische Ausfälle

[ Dr. med. Christian Kätterer

[ FASMED Seminar Luzern

[ 20. April 2015

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Übersicht

[ Epidemiologisches

[ Hirnverletzung - Mechanismen

[ Neuroanatomische Grundlagen

[ Akutphase - Hirnödem

[ Koma - Wachkoma - Minimal conscious state

[ Neuronale Plastizität

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Eine kleine Reise ins Gehirn

vorher

nachher

Es ist keine Blackbox….

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Fakten

[ In der Schweiz jährlich 3000 - 5000 SHT

[ 1400 davon gelten als „schwer“

[ 400 davon alleine in der Nordwestschweiz

[ Meistens jüngere Menschen (Alter 15-35)

[ Männer zu Frauen 3 : 1

[ Kombinationsverletzungen (Polytrauma)

[ Soziale Faktoren

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Erstversorgung < > ins Zentrumsspital

Erste Minuten…

Lagerung, Bergung, Transportfähigkeit erstellen

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Erste Minuten…

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Erste Minuten…

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Erste Minuten…

Albukassim 10. Jahrhundert (Cordoba)

Gesicherte Trepanationserfahrung

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Erste Minuten…

Laterales

Einklemmungs-

Syndrom

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Erste Minuten…

Epiduralhämatom - Der klassische Verlauf

[ 1. Initiale Bewusstlosigkeit

[ 2. Besserung der Bewusstseinslage für Stunden

(freies Intervall)

[ 3. Erneute, rasche Verschlechterung des Bewusstseins,

bis hin zur Mittelhirneinklemmung

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Hirnödem

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Die Stauungspapille

[ Mindestens 1mm über Niveau

[ = 3 Schaltstufen am Ophtalmoskop

[ Venöser Abfluss

[ Tearson bei Trauma

[ Neuritis anterior selten

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Mittelhirnsyndrom

[ Koma

[ Beuge-Streck-Synergismen

[ Hirnstammreflexe intakt

[ Maschinenatmung

[ Autonome Enthemmung

[ Prognose offen

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Baustein Nervenzelle

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Neuronales Netzwerk

Cortex im Lichtmikroskop

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Balken

Pons

Hirnstamm

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Kommissurale Bahnen

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Teilverlauf der Pyramidenbahn

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Arteria basilaris

[ Speisung aus Aa. vertebrales anterograd

[ Flow bidirectional

[ Normvarianten bei Versorgung bis 30%

[ Notfall-CT: keine spontane Kontrastierung !

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Albertus Magnus

(1206 – 1280)

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Gehirn – anatomisch (Wendt, 1889)

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Ventrikel I/II

Aquaedukt

Ventrikel III

Ventrikel IV

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Im 16. Jahrhundert

aus:www.alt.med-rz.uniklinik-saarland.de

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Ventrikelsystem

Im 16. Jahrhundert

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Hirnnerven – die Eingänge

IX

VIII

I

II

V

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Der motorische Cortex steuert die Muskeln

Pyramidenbahn

vorne hinten

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Der Thalamus: Das Tor zum Bewusstsein

Somatosensorischer

Cortex

hinten

vorne

hinten

vorne

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Die Sehbahn: Ein kurzer Weg zum Bewusstsein

Sehnervprimäre

Sehrinde

Chiasma

Thalamus

primäre

Sehrinde

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Ursachen eines Komas

KOMA

primär

cerebral

sekundär

systemisch/toxisch

vaskulär traumatischentzündlich psychisch hypoxischkardial/

zirkulat.metabolisch toxisch

Katatoner Stupor

Akinen.Mutismus

dissoziativ

Diabetisch

Urämisch

Hepatisch

Thyroidal

hypophysär

Alkohol

MedikamenteSchock

Hypertensive E.neuromuskulär

Ertrinken

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Beurteilung des Komas durch die

Glasgow-Koma Skala

Geeignet für akute, insbesondere traumatische Hirnverletzungen

Leichtes SHT GCS 15-13

Moderates SHT GCS 12-9

Schweres SHT GCS 8-3

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Verlauf eines Komas

Akute Hirnschädigung

mit Koma

TodProlongiertes Koma

>1 MWachkoma

Erholung

mit oder ohne

Defektzustand

Dissoz.

Hirntod

Anhaltend

Wachkoma

Minimally

Conscious

State

Erholung

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Bewusstsein

Erleben von Reizen?

Fähigkeit Gedanken zu haben?

Individualität

Reaktion auf Reize?

Wachbewusster Zustand

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Transient/Persistent/Permanent/Chronisch?

Erleben von Reizen?

Fähigkeit Gedanken zu haben?

Individualität

Reaktion auf Reize?

Wachbewusster Zustand

Anaesthesist 2004, 53:1195-1202

NEJM 1994, 330:1572-1579

Veraltet!

Verwirrtheits-zustand

Fortschreitende Unabhängigkeit

MinimalerBewusstseins-

zustand Persistierender, vegetativerZustand

> 1 Monat

PermanenterVegetativer

Zustand� 3 / > 12 Monate� Irreversibilität

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Neue Einteilung

Disorders of Consciousness

Unresponsive

Wakefullness

(VS)

MCS

(Blickfolge,

Fixation, Weinen,

aber keine

Kommunikation)

MCS +

(Befolgt

Aufforderungen,

Lautbildung)

Funktionell

Locked-in

(Covert behaviour

in z.B. f-MRI)

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Schädelhirntrauma

[ Leicht

Commotio cerebri (kurz bewusstlos sec/min-std.), CT unauffällig, Neurol. i.o.). Amnesie Minuten bis Stunden; i.d.R. kein neurochirurgischer Eingriff

[ Mittelschwer

Contusio cerebri (Bewusstlosigkeit von wenigen Minuten bis24h), CT i.o, flüchtige neurol. Defizite oder aber Neuropsych!); Neurochirurgie evtl. Hirndrucksonde. Amnesie > 24 h

[ Schwer

Contusio/-pressio cerebri (Bewusstlosigkeit >24 h), CT & EEGpathologisch, neurol. und neuropsychologische DefiziteAmnesie für Tage bis Wochen; i.d.R. neurochirurg. Noteingriffe

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Medikamentöse Therapie

1. Awakenings and and awareness recovery in disorders of

consciousness: is there a role for drugs?

Pistoia F, Mura E, Govoni S, Fini M, Sarà M.

CNS Drugs Aug 2010

2. Vegetative state and minimally conscious state: a

review of the therapeutic interventions.

Georgiopoulos M, Katsakiori P, Kefalopoulou Z, Ellul J,

Chroni E, Constantoyannis C

Sterotac funct Neurosurg May 2010. 5852 Publikationen,

davon nur 16 ausgewählt wegen schlechter Methodik

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Maximale Punkte 24, Pat kann 1 Min seine Aufmerksamkeit halten, hat eine intakte Wahrnehmung und verständliche Sprachproduktion sowie eigengetriggerteSpontanmotorik

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EEG

[ Unterschiedliche Muster je nach Ätiologie der Hirnschädigung

[ bei traumatischen Schäden oft „benignere“ Verlangsamungsmuster,

Herdbefunde

[ Burst-suppression-Muster oder ein isoelektrisches nach Hypoxie sind häufig mit

einer schlechten Prognose assoziiert

Aufgrund des grossen Spektrums an EEG-Mustern bei

schweren Bewusstseinsstörungen ist das EEG als

diagnostisches Kriterium nicht brauchbar und auch für

prognostische Einschätzung nur bedingt zu verwenden

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Ereigniskorrelierte Potentiale

[ stellen die kognitive Verarbeitung von Reizen dar[ falls vorhanden, ein prognostisch günstiger Faktor

(90% erreichen Bewusstsein wieder)

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EEG-Frequenzanalysen /Ereigniskorreliertes EEGAbnahme einer vorherrschenden Frequenz, Desynchronisation, Zunahme einer Frequenz in Bezug auf ein Ereignis oder eine Aufgabe

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ReizverarbeitungFunktionelle BildgebungClickreiz

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Funktionelle Bildgebung(Neuroimaging)

Tennis spielen

im Kopf

Im Haus

umhergehen

Staubsaugen

Owen et al 2006

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Neurologische Probleme

[ Hydrocephalus

[ Epilepsie

[ Hemi – oder Tetraspastik

[ Schluckstörungen

[ Sprechstörungen

[ Motorische Lähmungen

[ Sensible Störungen

[ Ataxie

[ Tremor

[ Sehstörungen

[ Inkontinenz

[ Epilepsie auch als klinisches Zeichen

für „Verschlechterungen“ aller Art

(Hirndruck, Entzündung,

Elektrolytentgleisung...)

[ Gefässspasmen: häufige

Komplikation nach Trauma oder nach

neurochirurg. Eingriffen an

Hirngefässen (SAB), bis zu Infarkt

best. Hirnareale

[ Verhaltensstörungen

[ „Durchgangssyndrom“

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Sehstörungen

[ Cerebral bedingte Gesichtsfeldstörung

[ Störungen der visuellen Exploration

[ Beeinträchtigungen basaler Sehleistungen

- Form- und Farberkennung

- Verminderte Hell-Dunkel-Adaptation

- Visuelle Reizerscheinungen und Illusionen

[ Beeinträchtigung der Objekt- und Gesichter-Wahrnehmung(Objektagnosie und Prosopagnosie)

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Gesichtsfeldausfälle

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Visuell evozierte Potentiale

[ Norm 100-110MS

[ Latenz ++

[ Amplitude +

[ CgL

[ Späte Komp.

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Neuropsychologie

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Neuropsychologische StörungenÜbersicht

[ Gedächtnis

[ Konzentration

[ Aufmerksamkeit

[ Handlungsplanung

[ Handlungsdurchführung

[ Affektive Veränderung

[ Antriebsstörung

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Neuropsychologische Störungen

[ Alexie

[ Agraphie

[ Akalkulie

[ Amnesie

[ Anosognosie

[ (syn. Autopathoanosognosie)

[ Aphasie

[ Ideomotorische Apraxie

[ Konstruktive Apraxie

[ Neglect visuell

[ Neglect korporell

[ Objektagnosie

[ Prosopagnosie

[ Extinction

[ Orientierungsstörung

[ Affektstörung

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Übersicht: Störungsbilder Neglect

N

E

G

L

E

C

T

Vernachlässigungs-

phänomene

beeinträchtigte

Repräsentation

Anosognosie

visuell

akustisch

taktil

eigener Körper

externer Raum

Schematische Darstellung der unter dem Begriff

„Neglect“ zusammengesfassten Störungsbilder

nach Bodenburg, 2001)

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Neglektdiagnostik klinisch

visueller Neglekt

Sakkaden

Raumorientierung

+/- Hemianopsie

Korporeller Neglekt

Körperschema

"Dyspraxie"

"Hemi ohne Spastik"

Verhaltensbeobachtung

Kleider an / aus

"Paresen"

Essteller

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Neglect: Diagnostik Asymmetrische Zeichnungen

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„Linienhalbieren“

Verschiebung der markierten Mitte nach kontralateral bei einer linksseitigen Gesichtsfeldeinschränkung (oben) und nach ipsilateral bei einerlinksseitigen visuellen Vernachlässigung

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Neuropsychiatrische Abgrenzung

[ Plussymptome

[ Psychomotorische Verarmung

[ Mangelnde Reagibilität, „Stumpfsinn“

[ Depressiv-dysphorisch

[ Indifferenz, mangelnder Selbstwert,

Gefühllosigkeit

[ Appetitverlust, Rückzug,

Interessenlosigkeit, Isolation

[ Konzentrationsstörung,

Aufmerksamkeitsstörung,

Schlafstörung, Müdigkeit

[ Minussymptome

[ Antriebssteigerung

[ Hyperreagibilität, halluzinatorische

Verarbeitung

[ maniform-euphorisch

[ Selbstüberschätzung, Aggressivität,

Affektinstabilität

[ Hyperphagie, Hypersexualität,

Distanzlosigkeit,

[ Ablenkbarkeit, Ideenflucht,

vermindertes Schlafbedürfnis

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Kontusionsblutung im Bereich der Frontobasis

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Abgeräumte ausgedehnte frontobasale Blutung

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Frontale Dysfunktion

[ Affekt, Antrieb, „abweichende Verhaltensnorm“

[ Distanzlos

[ Perseverierend (klebrig)

[ Taktlos

[ Aufbrausend

[ „Soziopathisch“

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Frontale Dysfunktion

[ Neuropsychologisch bedingt testbar

[ Fremdanamnese

[ „Soziopathie“

[ Konflikte mit Gesetz

[ Streit mit Nachbarn, Arbeitgebern

[ Ausgrenzung

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Frontale Contusion

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Medizinische Komplikationen

1. Neurologische Krampfanfälle, Hydrocephalus, Shuntdysfunktionen, Bewegungsstörungen

2. BewegungsapparatSpastik, Kontrakturen

3. Verschiebungen im Elektrolythaushalt SIADH, Diabetes insipitus

4. Autonome StörungenTachykardien, Speichelfluss, Reflux, Erbrechen

5. Respiratorischezentrale Atemstörung, Infektionen

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Hydrocephalus

Polkappen

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Ambulante Nachsorge

[ Oft zeitlebens notwendig

[ Erfassung von Veränderungen für gezielte Zweit-, Dritt-, Viert- usw. Rehabilitation

[ Begleitung des beruflichen Wiedereinstiegs

[ Entlastung Hausarztpraxis

[ Versicherungsfragen, Gutachten, IV

[ Fahrtauglichkeit

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Spätfolgen

[ Neurologische „sichtbare“

[ Neuropsychologische Verlaufstestung

[ Sekundärstörungen psychiatrisch

[ Erkennen von Belastungslimiten > Patient funktioniert im Beruf, aber nicht mehr sozial

[ Versicherungsabschluss immer mit „Rückfallrecht“

[ Follow–Up (Jahreskontrollen) auch bei guten Verläufen

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Prognostische Indikatoren

[ Alter und Begleitverletzungen ++

[ Dauer des Komas +/-

[ Hirnstammbeteiligung

[ Verteilungsmuster neuropsychologischer Ausfälle

[ Belastbarkeit des Patienten (Antrieb)

[ Verhaltensneuropsychologie (Zugang)

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Syndrom der diffusen cerebralen Schädigung

� „Areaktives“ Koma� Keine oder schwache Reaktion

auf Schmerzreize� Hirnstammreflexe intakt aber u.U.

abgeschwächt� Prognose abhängig von der

Grunderkrankung

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Was sind Ziele in der Reha?

[ Alltagsbezogene Problemlösung

[ Selbständigkeit trotz bleibender Behinderung

[ Basis für berufliche Reintegration

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Aufgaben der Rehabilitation

[ Körpernaher Dialogaufbau unter Einbeziehung

von Angehörigen (Zieger 1993)

[ Basale Stimulation

[ Sensorische Regulation

[ Aufbau von Ja/Nein-Codes

[ Affolter, Bobath, FOT

[ Wachheit und Plastizität fördernde Pharmaka

[ Aufbau einer angenehmen Umgebung

[ Musiktherapie, Rekreationsangebote,

Tierbesuch

[ Begleitung der Angehörigen

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Danke für die Aufmerksamkeit