SAR Forum talk fin · Dekanülierungsmanagement Ulrike/Frank,/Ph.D.,/Patholinguis7n/...
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Dekanülierungsmanagement
Ulrike Frank, Ph.D., Patholinguis7n
Universität Potsdam, Swallowing Research Lab
REHAB Basel, Zentrum für Querschni<gelähmte und Hirnverletzte
Tracheotomie – eine der ältesten Opera7onsformen
• wurde wahrscheinlich schon vor 3500 Jahren von den Ägyptern durchgeführt
• Erste Berichte über Tracheotomien von Aretaeus (AD 117-‐138) und Galen (AD 131-‐201), erste bekannte Durchführung von Asclepiades von Prusa (124 BC)
• Bis Anfang 1800 Berichte über nur 28 erfolgreiche Tracheotomien
• Trousseau (1833): Tracheotomie bei Diphterie in 50 von 200 Fällen erfolgreich
• Beschreibung und erste Standardisierung der Technik durch Chevalier Jackson (1909, 1921)
Tracheotomie -‐ Indika7onen
Respiratorische IndikaAon Ermöglichen / Unterstützen der Atmung, z.B. bei:
• Langzeitbeatmung • Verengung des Atemweges • Laryngektomie
AspiraAonsindikaAon • Schutz der Lunge i.d.R. bei massiver Speichelaspira7on
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Tracheotomie -‐ Indika7onen
Respiratorische Indikation Ermöglichen / Unterstützen der Atmung, z.B. bei:
• Langzeitbeatmung • Verengung des Atemweges • Laryngektomie
Aspirationsindikation • Schutz der Lunge i.d.R. bei
massiver Speichelaspiration
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TK & Schluckfunk7on
• Schutz der unteren Atemwege • effek7ve Beatmung
• unklare Effekte auf biomechanische Aspekte des physiologischen Schluckablaufs (Larynxeleva7on, Hyoidbewegung ...)
• kein subgloischer Druck • reduzierte laryngeale Reflexe • ineffek7ves Husten • keine olfaktorische / gustatorische
Wahrnehmung • Komplika7onen
Bonanno 1970; Ding et al. 2005; Logemann et al. 1998; Leder & Ross 2010; Terk et al. 2007; Eibling & Gross 1996; Muz et al. 1989; Graumüller et al. 2002
Bartholomé et al. 1999
Atem – Schluck -‐ Koordina7on
EX – EX paDern: Gesunde 75% (Mar7n – Harris et al. 2003)
Mar7n-‐Harris et al. 2005; n= 76 healthy adults
IN – IN paDern: Gesunde 3 % (Mar7n – Harris et al. 2003)
TK Pa7enten > Gesunde (Gross, Tedla & Ross, 2007)
EX – EX PaDern:
• unterstützt laryngeale Reinigung bei Aspira7on
• ermöglicht Aurau von subgloischem Druck (‚subgloic pressure theory‘, Gross et al. 2003)
TK & Atmung
funk7onelle Trennung von oberem und unterem Atemweg
• laryngeale Sensibilität und Reflexak7vität
• Husten
• mucociliäre Clearance
• Atem-‐ Schluck – Koordina7on => häufiger In – In Pa<ern
Bartholomé et al. 1999
Klinische ImplikaAonen: • ineffek7ve mucociliäre und tussive Clearance respiratorische Dysfunk7on
• unphysiologische Atem-‐ Schluck-‐ Koordina7on erhöhtes Aspira7onsrisiko,
erschwerte Aspira7onsclearance
TK -‐ Weaning
WER? WANN?
WIE?
WEANING – WER ??
physician / pneumologist
respiratory therapist / physiotherapist
nurse - ICU qualification
speech language pathologist
WANN? So früh wie möglich
Kriterien -‐ Literatur (e.g. Braine & Sewby 2006, Dikeman & Kazandjian 2003)
• ausreichendes orales Sekretmanagement, kein exzessives drooling
• intakter Hustenreflex
• keine akuter pulmonaler Infekt
• Pa7ent ist medizinisch stabil
Kriterien – klinische Praxis
• kein akutes Erbrechen / Reflux
• kein akuter pulmonaler Infekt
• Pa7ent ist medizinisch stabil
WARUM ? Rehabilita7on translaryngealer Funk7onen
Entblocken & Verschließen der TK
sukzessive Verlängerung der Intervalle
Atemtherapie
Schlucktherapie
Hustenunterstützung
Fokus 1: translaryngeale Atmung Sekretmanage-‐ment ausreichend lange
Verschlusszeiten SprechvenAl / Kappe
Olfaktorische / gustatorische Reize
Phona7onsübungen
Verbale Kommunika7on
ggf. Sprachabklärung
Fokus 2: Sekret-‐management
Phona7on
WANN? TK und Beatmung
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kontrolliert beatmet schwere Dysphagie
geblockte TK
Tag X: Spontanatemphasen
stabil keine weiteren
Kontraindika7onen
ATEMTHERAPIE
Spontanat
emphasen:
• möglichst w
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patient xy:
WANN? TK und Beatmung
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kontrolliert beatmet schwere Dysphagie
geblockte TK
Entblocken, spezielles Sprechven7l (z.B. PM 007) und entsprechende Einstellung des Respirators
ATEMTHERAPIE
patient xy:
Sprechven7l: posi7ve Effekte bei beatmeten Pa7enten
• Wiederherstellung oraler Kommunika7on
• Etabilierung / Verbesserung translaryngealer Funk7onen (Schlucken, Phona7on, Husten....)
• intrinsischer PEEP des Ven7ls verbessert Oxygenisierung (Mason et al. 1992)
Manzano et al. 1993:
• Rückläufige tracheobronchiale Sekretmenge
• verbesserte Hustenfunk7on
• Wahrnehmung olfaktorischer und gustatorischer Reize
Dikeman & Kazandjian 2003, p 210 ff; Manzano et al. (1993): Crit Care Med, 21.
3. Dekanülierungsmanagement
Dekanülierungskriterien (REHAB Basel 2000)
interdisziplinäre Entscheidung
Aspiration
Schluckfrequenz
intakter oberer Atemweg
ausreichende translaryngeale
Respiration
(> 90% SPO2)
kein Erbrechen / Reflux
Mundhygiene und Lagerung
für Speicheldrooling
möglich
Vigilanz
REHAB Basel 2000; Frank, Mäder & S7cher Dysphagia 22, 2007
Dekanülierungsprotokoll (REHAB Basel 2003)
Checkliste Platzhalter Phase
Evaluation 3 -5 Tage
• Weitere TK-Versorgung
• Fortführen d. Atem- und Schlucktherapie (bzw. TK Weaning)
• später erneute Evaluation
positiv negativ
Abbruch
Dekanülierung mit Platzhalterphase
Red Bu<on bzw. Prima Seal (Fa. Heimomed) Entwickelt im Therapiezentrum Burgau
Silikonbu<on, Vollgußmodell Standardgrößen: 35 mm, 40 mm – andere Längen bis 62 mm möglich
TracheoSafe™ (Fa. Fahl) Silikon, Rohrform => Absaugmöglichkeit Größen: 35mm, 70 mm
REHAB Basel, 2011; Frank, Czepluch, S7cher, Mätzener, Schlaegel & Mäder, Rehabilita0on, 65, 2012
Zielgruppe: Patienten mit Dysphagie UND respiratorischen Erkrankungen, die in der Dekanülierungsphase (voraussichtlich) Schwierigkeiten mit der translaryngealen Atemanpassung haben
Platzhalter (Beispiele):
• Nur bei Dilata7ons -‐ Tracheostoma
• Interdisziplinäre Entscheidung, basierend auf festgelegten Kriterien
• spezifische Abbruchkriterien (generell, individuell)
• Bereitscha{ Arztdienst (ggf. Rekanülierung)
Checkliste
• Zustand Larynx / Trachea • Atemarbeit
• Effek7vität • Reagibilität
• aBGA • Frequenz • Effekt von Lagewechsel
• Schluckablauf • Schluckreflex • Sekretexpektora7on • Möglichkeiten f. Speicheldrooling
Evalua7on
Atmung Sekretmanagement Stresssymptome
translaryngeale Atmung: Frequenz, Atem7efe
Schluckfrequenz, -‐effek7vität Pulsfrequenz
SpO2-‐Werte ak7ve Sekretexpektora7on (Frequenz, Effek7vität)
individuelle Stressymptome (vorher definiert)
aBGA: TK vs. Platzhalter in situ Absaugen (Frequenz, Sekretquailität)
Vigilanz, Wachheit
Tägliche Evalua7on der Parameter, tägl. mind. 1x aBGA
Beispiel Ablauf
• Checkliste Kriterien für Platzhalterverwendung
• 1-‐tägige Probephase
• 3-‐tägige Probephase
• Dekanülierung
Kontraindika7onen und Abbruchkriterien
Kontraindika7onen
• instabiler AZ
• Obstruk7onen der OAW
• persis7erende massive Speichelaspira7on ohne Schutzreak7on
• Materialunverträglichkeit
• geplante OP oder Verlegung in der folgenden Woche
Abbruchkriterien:
• Ans7eg Ruhepuls und Atemfrequenz ( <30/min) nicht durch Lageveränderung beeinflussbar
• rascher Abfall SPO2 nicht durch ak7ves Sekretmanagement / Absaugen beeinflussbar
• akute Atemnot
• individuelle zuvor definierte Abbruchkriterien (s. Checkliste)
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INTERDISZIPLINÄRES WEANING &
SYSTEMATISCHE DEKANÜLIERUNGSPROTOKOLLE
IST DAS SINNVOLL?
EVALUATION
1. KOMMT ES DURCH EIN INTERDISZIPLINÄRES UND
SYSTEMATISCHES VORGEHEN ZU EINER VERKÜRZUNG DES TK -‐ WEANINGS?
2. WIE VERLÄUFT DIE FUNKTIONELLE REHABILITATION VON TRACHEOTOMIERTEN PATIENTEN VOR UND NACH DER
DEKANÜLIERUNG?
Frank, Mäder & Sticher, Dysphagia, 22, 20-29 2007
WEANING DAUER
Frank, Mäder & Sticher, Dysphagia, 22, 20-29 2007
Parameter Gruppe 1 n = 35
interdisziplinärer Ansatz
Gruppe 2 n = 12
monodisziplinärer Ansatz
Dekanülierungen 33 10
TK Weaning Dauer (Mi$el/SD/Md)
28.3 (43.7; 11)
75.4 (59.87; 72.5)
U = 65.0, p = .004
Pneumonien 1 Woche nach Dekanülierung
0 0
Re-‐kanülierungen 2 0
Rehaverlauf: FIM (Func7onal Independence Measure)
*
Rehaverlauf: EFA (Early Func7onal Abili7es)
*
Schlussfolgerung
Trachealkanülenmanagement ist eine interdisziplinäre Aufgabe
Aufgaben und Vorgehensweisen während des Weanings und der Dekanülierung müssen für alle transparent sein, dies kann z.B. durch systema7sche Ablaufschemata und Entscheidungskriterien erreicht werden
Ein solches Vorgehen ist zunächst Zeit-‐ und Personalintensiv -‐> insgesamt kann die Behandlungsdauer aber verkürzt und eine besserer funk7oneller Rehabilita7onserfolg erreicht werden
Danke für Ihre Aufmerksamkeit
Team Logopädie REHAB Basel D A N K E !!