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HISTORISCHE KOSTBARKEITEN DER SAMMLUNGEN DER GEOLOGISCHEN BUNDESANSTALT IN WIEN HISTORIC TREASURES IN THE COLLECTIONS AT THE GEOLOGICAL SURVEY, VIENNA, AUSTRIA Irene Zorn, Barbara Meller, Ilse Draxler, Rouben Surenian & Holger Gebhardt Mit 7 Abbildungen / with 7 figures Schlüsselwörter: Österreich, Geologischer Dienst, Geologische Reichsanstalt, Geologische Bundesanstalt, Geo- wissenschaftliche Sammlungen, Dokumentation Keywords: Austria, Geological Survey, Geologische Reichsanstalt; geoscientific collections, documentation Zusammenfassung Die Sammlungen der Geologischen Bundesanstalt in Wien bergen auf Grund ihrer langen Geschichte zahlreiche historische und wissenschaftliche Schätze, insbesondere aus den Ländern der ehemaligen Monar- chie. Begründet im Jahre 1835, und von 1849 bis 2005 im Palais Rasumofsky angesiedelt, umfassen die Sammlungsbestände geschätzte 300.000 Objekte (mehr als 8500 Laden Makrofossilien, 1500 Holotypen, 50.000 digital erfasste Objekte), die sich auf die Teilbereiche makropaläontologische Typensammlung, Beleg- sammlung (Fossilien, Gesteine, Mineralien), mikropaläontologische Sammlung und die historische Sammlung „Montanistisches Museum“ verteilen. Nach der Übersiedlung der Geologischen Bundesanstalt in den Neubau in der Neulinggasse wurde die digitale Erfassung der Sammlungsbestände verstärkt. Von besonderem wissen- schaftlichen und historischem Interesse sind das Belegmaterial zu den Erstbeschreibungen von Ettingshau- sen (Pflanzenfossilien), Mojsisovics (Weichtiere) oder D’Orbigny (Foraminiferen). Abstract Due to its long history, the collections of the Geological Survey of Austria in Vienna accommodate nume- rous historical and scientific treasuries, in particular from the countries of the former empire. Founded in 1835, and located in the „Palais Rasumofsky“ from 1849 until 2005, the collections comprise estimated 300.000 objects (more than 8500 drawers with macrofossils, 1500 holotypes, 50.000 recorded objects), which are distributed to the sub-collections macropaleontological types, documentation (fossils, rocks, mi- nerals), micropaleontology and the historic „Montanistic Museum“-Collection. The digital record of all ob- jects has been intensified after the move into the new building at Neulinggasse. Original descriptions of Et- tingshausen (plant fossils), Mojsisovics (molluscs) or D’Orbigny (foraminifers) with its fossil material are of special scientific and historic interest. 165 Geo.Alp, Sonderband 1, S. 165–173, 2007 Geologische Bundesanstalt Wien, Neulinggasse 38, 1030 Wien, Österreich

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Irene Zorn, Barbara Meller, Ilse Draxler, Rouben Surenian & Holger Gebhardt

Mit 7 Abbildungen / with 7 figures

Schlüsselwörter: Österreich, Geologischer Dienst, Geologische Reichsanstalt, Geologische Bundesanstalt, Geo -wissenschaftliche Sammlungen, DokumentationKeywords: Austria, Geological Survey, Geologische Reichsanstalt; geoscientific collections, documentation

ZZuussaammmmeennffaassssuunnggDie Sammlungen der Geologischen Bundesanstalt in Wien bergen auf Grund ihrer langen Geschichte

zahlreiche historische und wissenschaftliche Schätze, insbesondere aus den Ländern der ehemaligen Monar-chie. Begründet im Jahre 1835, und von 1849 bis 2005 im Palais Rasumofsky angesiedelt, umfassen dieSammlungsbestände geschätzte 300.000 Objekte (mehr als 8500 Laden Makrofossilien, 1500 Holotypen,50.000 digital erfasste Objekte), die sich auf die Teilbereiche makropaläontologische Typensammlung, Beleg-sammlung (Fossilien, Gesteine, Mineralien), mikropaläontologische Sammlung und die historische Sammlung„Montanistisches Museum“ verteilen. Nach der Übersiedlung der Geologischen Bundesanstalt in den Neubauin der Neulinggasse wurde die digitale Erfassung der Sammlungsbestände verstärkt. Von besonderem wissen-schaftlichen und historischem Interesse sind das Belegmaterial zu den Erstbeschreibungen von Ettingshau-sen (Pflanzenfossilien), Mojsisovics (Weichtiere) oder D’Orbigny (Foraminiferen).

AAbbssttrraaccttDue to its long history, the collections of the Geological Survey of Austria in Vienna accommodate nume-

rous historical and scientific treasuries, in particular from the countries of the former empire. Founded in1835, and located in the „Palais Rasumofsky“ from 1849 until 2005, the collections comprise estimated300.000 objects (more than 8500 drawers with macrofossils, 1500 holotypes, 50.000 recorded objects),which are distributed to the sub-collections macropaleontological types, documentation (fossils, rocks, mi-nerals), micropaleontology and the historic „Montanistic Museum“-Collection. The digital record of all ob-jects has been intensified after the move into the new building at Neulinggasse. Original descriptions of Et-tingshausen (plant fossils), Mojsisovics (molluscs) or D’Orbigny (foraminifers) with its fossil material are ofspecial scientific and historic interest.

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Geologische Bundesanstalt Wien, Neulinggasse 38, 1030 Wien, Österreich

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Die Geschichte der Sammlungen an derGeologischen Bundesanstalt reicht bis in das Jahr1835 zurück, indem durch Fürst August Lonzin vonLobkowitz eine „mineralogisch-geognostische Cen -tral sammlung“ an der kaiserlich königlichenHofkammer für Münz- und Bergwesen in Wiengegründet wurde, in die alle Hofämter der Mona r -chie Gesteine, Mineralien, Erze und Verstei ne -rungen von Tieren und Pflanzen einzusenden hat-ten. Diese Sammlung sollte in erster Linie Unter -richtszwecken in den Kursen für Bergbeamte die-nen und wurde in vier Sälen des Münzgebäudes aufdem Glacis der Landstraße untergebracht. Kustosder Sammlungen war der berühmte MineralogeFriedrich Mohs. Nach seinem Tod 1839 auf einerSammelreise nach Italien wurde 1840 derMineraloge Wilhelm Haidinger nach Wien gerufen.Er ordnete die bereits umfangreichen Bestände anMineralien, Gesteinen und Fossilien, und brachtediese Ausbildungsstätte mit den Sammlungen, diein der Folge „kaiserlich königlich MontanistischesMuseum“ genannt wurden, zu einer bedeutendenwissenschaftlichen Institution.

1849 wurden diese etwa 40.000 Positionen ent-haltenen Sammlungsbestände der neu gegründeten

k.k. Geologischen Reichsanstalt übergeben, die 1851mit den Sammlungen in dem prächtigen PalaisRasumofsky (Abb. 1) untergebracht wurde. Unterden 10 Sälen, in denen die Sammlungsteile alsSchausammlung für die Öffentlichkeit aufgestelltwurden, gab es einen Saal mit etwa 10.000 Fossilien.Darunter befanden sich auch besondereGlanzstücke, wie die prachtvolle Ammoniten samm -lung des Bergmeisters Johann Georg Ramsauer ausder Hallstätter Trias (Abb. 2). 1858 begann man mitder Inventarisierung.

Intensive paläontologische Forschungen in der 2.Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jh. brachtenden paläozoologischen und -botanischen Samm -lungs beständen bedeutende Zuwächse und auchmuseale Schauobjekte aus allen Gesteinsschichtender Länder der Monarchie, auch aus der Lombardei,Venetien und Bosnien-Herzegowina. Eine Samm -lungsaufstellung im Spiegelsaal um 1890 ist inAbb. 3 dargestellt. Die ständigen Zuwächse derSammlungen erforderten immer wieder derenNeuordnung und Neuaufstellung, wobei sich beson-ders D. Stur, G. Stache und eine Reihe weitererAnstaltsgeologen verdient gemacht haben.

Die Bedeutung des Museums ging zu Beginn des20. Jahrhunderts zurück. Während des zweitenWeltkrieges wurde ein Teil der Sammlungen durch

Bombenangriffe vernichtet.Die genaue Zahl derObjekte ist nicht bekannt,der Großteil aber blieberhalten. Nach dem 2.Weltkrieg gab es keinMuseum mehr. Das Inter -esse an der historischenSammlung war gering unddie Neuordnung derSammlungen wurde hint-angestellt. Erst RudolfSieber widmete sich wiederden Sammlungen von1959-1971. Nach HaraldLobitzer folgte 1974-2003Franz Stojaspal, der vorallem die Ordnung derTertiär- und Kreidefossilienvornahm. Er führte im Zugeder Neuaufstellung derTypensammlung die heute

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Abb. 1: Palais Rasumofsky um 1850 (Bibliothek GBA, Graphische Sammlung).

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gültige Inven tarisierungs weise ein, und entsprachsomit wieder den Anforderungen eines Kustos. Dermikropaläontologische Sammlungsteil wurde bis1996 von Manfred E. Schmid betreut und 1997 vonRouben Surenian übernommen, der die umfangrei-chen Bestände neu aufgestellt hat und laufendinventarisiert. Von 1979-1985 wurde dasTriasmaterial von Franz Tatzreiter neu sortiert.Unter der Direktion von Felix Ronner wurden dieSammlungen 1981 der Fachabteilung Paläontologiezugeordnet. Stojaspal (1999) beschreibt ausführlichden Werdegang der Sammlungen an der Geolo -gischen Bundesanstalt.

Vor dem Umzug der Geologischen Bundesanstaltin den Jahren 2004/2005 in die Neulinggasse warendie Sammlungsbestände aus Platzmangel auf ver-schiedene Teile des Palais und seinen Anbauten(Keller, Dachboden, Erdgeschoß) verteilt. Im Zugeder Übersiedlungstätigkeiten konnten die verstreutliegenden Sammlungskomplexe nach mühevollerReinigung und teilweiser Sortierung zusammenge-führt und eine erste digitale Gesamterfassungdurchgeführt werden. Es kamen glücklicherweiseauch immer wieder vereinzelte Originale zutage,wie z.B. von Bittner und Stur.

Seit der endgültigen Übersiedlung derGeologischen Bundesanstalt im Februar 2005 befin-den sich nun alle erdwissenschaftlichen Samm -lungs teile (exkl. Expositur Bohrkernlager Erzberg)am neuen Standort in der Neulinggasse 38. Dieursprünglich auf Ladenthemen bzw. Fundorte aus-gerichtete Datenbank wurde auf eine objektbezoge-ne Dateneingabe umgestellt, wie sie schon für dieTypen- und Mikropaläontologische Sammlung seitJahren durchgeführt wird. Die Makrofossilien -sammlung mit mehr als 8500 Schubladen und dieMikrofossiliensammlung sind die bedeutendstenSammlungsteile, daher beschränken sich die folgen-den Ausführungen auf sie.

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Die große Bedeutung der Sammlungen beruhtauf der umfangreichen paläontologischen Typen -sammlung (inkl. Mikro- und Nannofossilien) mitihrer Vielzahl an nomenklatorischen Originalen(publiziertes Fossilmaterial) und ist von internatio-nalem Interesse für Vergleichs- und Revisions -arbeiten. Sie beinhaltet mehr als 1500 Holotypenund 270 Lectotypen von Erstbe schreibungen.

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Abb. 2: Pinacoceras metternichi (Hauer, 1846) und Clydonautilus noricus Mojsisovics, 1902 aus der Sammlung von Bergmeister J. G.Ramsauer (1795–1874), derzeit aufgestellt in der Eingangshalle der Geologischen Bundesanstalt.

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Der Umfang der makropaläontologischen Typenentspricht 17% der Paläontologischen Ladensamm -lung. Der Großteil ist inventarisiert und digitalerfasst und im „Catalogue of Palaeontological Typesin Austrian Collections“ (www.oeaw.ac.at/-oetyp/pal-home.htm) abfragbar. In dieser von der Österrei-chischen Akademie der Wissenschaften finanziertenund am Naturhistorischen Museum Wien zentralverwalteten Datenbank ist die Geologische Bundes -anstalt mit ca. 15.000 Datensätzen vertreten.

Die Paläobotanik umfasst insgesamt 675 Laden.Den größten Komplex bilden mit ca. 200 Laden dievon Krasser (1909 u. a.) bearbeiteten triassischenPflanzenfossilien aus dem Gebiet um Lunz inNiederösterreich. Weitere größere Bestände (ca. 130Laden) beinhalten die von Stur (1885 u. a.) bearbei-teten Karbonpflanzen aus dem schlesischen Stein -kohlengebiet sowie das von Ettingshausen (1851u.a.) beschriebene Material aus dem Paläogen undNeogen von Österreich und der TschechischenRepublik, dem Paleogen Sloweniens, dem Meso -zoikum und dem böhmischen Karbon (Abb. 4).Mehrere Publikationen befassten sich auch mitPflanzenfossilien aus dem österreichischen Karbon.Berger (1960) beschrieb Pflanzenfunde aus denAuernigschichten von Kärnten, Jongmans (1938)bearbeitete Pflanzen der Stangalpe und Kerner

(1898) untersuchte Materialvom Steinacher Joch.

Eine Besonderheit bildetauch ein Pflanzenfossil ausder italienischen Trias, wel-ches von Richthofen (1856)aus der Region von Corvaragesammelt und von Stur(1868) als Thinnfeldia richt-hofenii n. sp. erwähnt, abernicht abgebildet wordenwar. Die italienische Paläo -botanikerin E. Kustat scherwurde auf das Stück auf-merksam und fand heraus,dass es sich um das einzigeStück von Scytophyllumbergeri Borne mann aus demitalienischen Ladin handelt.Da andere Funde dieserPflanzenart aus jüngerenSchichten stammen (Kustat -

scher et al. in Druck), ist es der älteste Beleg dieserArt aus dieser Region.

Die Paläozoologie umfasst ca. 800 Laden mitFossilmaterial zu mehr als 550 Publikationen (exkl.Wiederveröffentlichungen). Besonders hervorzuhe-ben sind die Typen zu den Publikationen überCephalopoden von Mojsisovics (1882, 1893, 1902 u.a.), die mit 158 Laden den mengenmäßig bedeu-tendsten Teil darstellen. Mojsisovics arbeitete von1865-1900 an der k. k. Reichsanstalt und wurde mitden grundlegenden Arbeiten über Stratigraphie undAmmonitenfaunen der alpinen Trias weltbekannt.Als Pionier der Cephalopodenforschung im Meso -zoikum gilt Hauer. Abbildung 5 zeigt die Holotypenvon Goniatites decoratus und Ammonites bicrena-tus aus dem triassischen Hallstätter Kalk aus derSammlung des Fürsten von Metternich, die 1846von Hauer beschrieben und von Mojsisovics, 1893wiederveröffentlicht wurden (s. Originaletikett inder Handschrift von Mojsisovics mit neuenGattungszugehörigkeiten). Neben der Arbeit vonD’Orbigny (1846, s.u.) handelt es sich um die ältestePublikation in der Sammlung der GBA. Weitereumfangreiche Sammlungsbestände sind von Bittnerzu erwähnen, der mit Material von ca. 30Publikationen über vor allem Brachiopoden, Echino -dermaten, Crustaceen und Bivalven vertreten ist.

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Abb. 3: Ehemalige Sammlungsaufstellung im Spiegelsaal des Palais Rasumofsky um 1890 (Bi-bliothek GBA, Graphische Sammlung).

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Die bedeutendste Monographie ist seine Arbeit überdie triassischen Brachiopoden (Bittner, 1890). VieleLaden umfasst auch das hinterlassene Material vonStache (inkl. Material zu Tafeln für einenAbhandlungsband, die nie zur Veröffentlichungkamen) und Vacek, sowie die Kollektion vonFossilien aus dem oberjurassischen StrambergerKalk, die von verschiedenen Autoren bearbeitetwurde.

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Die Makropaläontologische Belegsammlung ent-hält nicht publiziertes Fossilmaterial, unter dem sichjedoch auch weiteres publiziertes Material befinden

kann, wie die Erfahrungen zeigen (s. o.). Es ist nachder Ladenanzahl der größte paläontologischeSammlungsteil mit ca. 80%. Der Großteil derFossilien ist zumindest nach dem Ladenthema(Fundort, Stratigraphie) digital erfasst und wird lau-fend mit objektbezogenen Daten ergänzt und mitInventarnummern versehen.

Die Paläobotanik ist stratigraphisch und regionalgeordnet. Das paläozoische Material (1300 Laden)beinhaltet hauptsächlich Pflanzenfossilien aus demschlesischen und böhmischen Karbon. Weiterhingibt es umfangreiches Material aus dem böhmi-schen Devon (Hostin, Srbsko) und Perm (z. B. NovaPaka). Aus dem Karbon des Ruhrgebietes, vonSachsen, des Saarlandes (Deutschland), Frankreichs,

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Abb. 4: Holotypus von Neuropteris bohemica Ettingshausen, 1854 aus dem böhmischen Karbon, Vergleich des Originals mit der publizierten Zeichnung.

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Belgiens, Großbritanniens und der USA gibt es eini-ge Laden. Einzelne Stücke aus dem Karbon konntenjüngst anhand von beiliegenden Briefen aus demJahre 1881 durch einen spanischen Kollegen einemFundgebiet in Spanien zugeordnet werden. DasMesozoikum ist weniger umfangreich vertreten(400 Laden). Das Material aus dem rumänischenKohlengebiet Anina-Steierdorf (die letzte Grubewird demnächst geschlossen) verteilt sich auf etwa

100 Laden. Aus den Dogger -schichten von Grojec in Polen liegtMaterial in 35 Laden vor. Pflanzen -fossilien der Kreide gibt es ausLesina (Kroatien), der Tschechi -schen Republik als auch aus Öster-reich. Die Pflanzen fossilien ausdem Paläogen und Neogen (700Laden) stammen überwiegend ausdem Gebiet der ehemaligenMonarchie. Allein aus Sloweniengibt es über 200 Laden. Teilweisekann es sich dabei sogar umBelegmaterial zu der vonEttingshausen (1885 u. a.) bearbei-teten Flora von Sagor handeln,jedoch fehlen Etiketten. Zahlreicheneogene Pflanzenfossilien stam-men aus Böhmen und aus derSteiermark.

Im Zuge der Übersiedlung konn-ten diverse Kostbarkeiten wiederentdeckt und entsprechend sor-tiert werden. So wurde z.B. dasMaterial, welches während der1873 durchgeführten österrei-chischen Polar-Expedition gesam-melt worden war, wieder zusam-mengeführt.

Die Paläozoologie umfasst über4200 Laden und ist zweigeteilt. Dergrößere Teil ist stratigraphisch undregional nach Fundorten geordnetund beherbergt im Großen undGanzen Fossilien aus dem Gebietder Österreichisch-UngarischenMonarchie. Nur das Quartär undNeogen sind systematisch-taxono-misch geordnet. Den größtenUmfang haben das Neogen und die

Trias, in regionalstratigraphischer Hinsicht liegennennenswerte Bestände der Gosaugruppe und desHallstätter Kalkes vor. Der zweite Sammlungsteilbeinhaltet derzeit nach Übersiedlungsladennum-mern geordnet das Material „aus dem Rest derWelt“, aber auch einen großen Komplex BöhmischesSilur. Die getrennte Aufstel lung der historischenFischsammlung (180 Laden) erfolgte am altenStandort aus Platzgründen und wurde beibehalten.

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Abb. 5: Die Holotypen von Goniatites decoratus und Ammonites bicrenatus Hauer,1846 (Trias, Hallstätter Kalk) aus der Sammlung Metternichs (wiederveröff. von Mojsi-sovics, 1893 (s. Originaletikett).

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Sie ist stratigraphisch und regional geordnet.Erwähnenswert sind die Bestände aus dem Eozänvon Monte Bolca und der Kreide von Lesina (Hvar).Weitere 80 Fossilladen lagern in der Suiten -sammlung, die Gesamtauf samm lun gen von Kartie -rungen, Reisen, Expedi tionen etc. enthält, z.B.Gesteine und Fossilien des Perm bis Kreide vonAmpferers Kartierungen in Tirol oder Fossilien vonSturs Reise 1865 nach Deutschland und in dieSchweiz. 100 Fossilladen stammen aus der ehemali-gen Ausstellung „Geologie von Österreich“. In einerseparaten Aufstellung sind die ca. 200 erdwissen-schaftlichen Großobjekte deponiert.

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Dieser Sammlungsteil beinhaltet Mikro- undNannofossilien, Schliffe und Schlämmrückstände.Folgende Fossilgruppen sind vertreten: Forami -niferen (ca. 75%), Ostracoden (ca. 5%), Nanno -fossilien (ca. 10-15%), Conodonten (ca. 5%), sowie

Pollen und Sporen, etc. (ca. 5%). Zum Großteil sinddie Bestände nach Autoren/Aufsammlern geordnet.Die Schlämmrückstände sind teilweise alphabetischnach Fundorten oder ÖK 1: 50.000 Blättern undteilweise nach Aufsammlern sortiert. In denRäumlichkeiten der MikropaläontologischenSammlung befinden sich auch die kristallingeologi-schen Dünnschliffe. Wie auch die anderen Samm -lungsteile wird die Mikropaläontologische Samm -lung digital erfasst und laufend aktualisiert. Zurzeitsind mehr als 15.000 mikropaläontologische Daten -sätze in der Datenbank zum Abruf vorhanden. DerSammlungsbestand hat seinen geographischenSchwerpunkt natürlich in den österreichischenBundesländern, umfasst aber den gesamten Alpen -raum und jene (Übersee-)gebiete, in denenMitarbeiter der GBA tätig waren. Von besonderemInteresse sind zahlreiche Proben aus heute nichtmehr zugänglichen Bohrungen und Baugruben.

Die Typensammlung der mikropaläontologischenSammlung beherbergt eine der umfangreichsten

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Abb. 6: Alcide d’Orbigny mit dem Titelblatt seiner Monographie über die Foraminiferen des Wiener Beckens und einem Beispiel fürOriginalabbildung und moderne REM-Fotographie (aus Papp & Schmid, 1985).

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und wertvollsten Sammlungen fossiler Foramini -feren aus der Frühzeit der Erforschungs geschichtedieser Tiergruppe, nämlich das Belegmaterial zuAlcide d’Orbigny’s 1846 erschienenen Monographie„Foraminifères fossiles du Bassin Tertiaire deVienne„ (Abb. 6). Das Material enthält mehr als 100gültige Erstbeschreibungen (Papp & Schmid, 1985).Zusätzlich befinden sich weitere zahlreicheHolotypen und Belegmaterial von ehemaligenMitarbeitern der Geologischen Bundesanstalt indiesem Sammlungsteil. Hier seien stellvertretend dieArbeiten von Fuchs, Noth, Oberhauser, Plöchinger,Schmid, Papp und Turnovsky aus den 1950er bis1970er Jahren erwähnt. Umfangreiches Beleg ma -terial der jetzigen GBA-Mitarbeiter ist ebenfalls indie Sammlung integriert und leicht zugänglich.Diese relativ jungen Jahreszahlen belegen diezuneh mende Bedeutung der Mikropaläontologie fürdie laufende Arbeit an der GBA.

In naher Zukunft wird der Rest des mikropaläon-tologischen Belegmaterials digital erfasst sein unddamit für Recherchearbeiten und weiterführendeStudien (Revisionen, paläobiogeographische undbiostratigraphische Studien) in umfassender Weisezur Verfügung stehen.

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Diese ca. 80 Laden umfassende historischeSammlung beinhaltet die mit altem Etikett desMontanistischen Museums versehenen Objekte undist komplett digital erfasst. Mehr als die Hälfte derLaden enthält Gesteine und untergeordnetMinerale, ansonsten handelt es sich um Fossilienvom Paläo zoikum bis zum Quartär. Während dieGesteine aus dem Gebiet der ehemaligen Monarchie(v. a. Böhmen, Mähren, Österreich, Ungarn) stam-men, ist der Großteil der Fossilien vom „Heidel -berger Comptoir“ erworben (Abb. 7). Dabei handeltes sich hauptsächlich um deutsche und französischeFundstellen. Zahlreiche französische Fossilien erhieltdas Montanistische Museum auch von der „l’ecoledes mines à Paris„. Neogene Fossilien aus Österreichstammen in erster Linie von Aufsammlungen F.Hauer’s.

In den anderen Sammlungsteilen, wie derTypensammlung (s. o.) sind ebenfalls Fossilien ausder Zeit des Montanistischen Museums enthaltenoder würden nach langwierigen Recherchen zuerwarten sein, jedoch gingen vielfach Hinweisedarauf – wie ursprüngliche Etiketten – im Laufe derZeit verloren. Eine Publikation über den Werdegangdes Montanistischen Museums mit abgebildetenEtiketten lieferten Exel & Stojaspal (1995).

AAuussbblliicckk

Die paläontologische Samm -lung der Geologi schen Bun -des anstalt, die zu den größtenin Mittel eu ropa zählt, stellteinen unschätzbaren Wertdar und ihre wissenschaftli-che Bedeutung ist vielfältig(Biodiversität, Ver gleichs-und Revisions arbei ten, Grund -lagenfor schung, geologischeLandes auf nah me). Den zahl-reichen in- und ausländi-schen Fachkol le gen undInteres sierten kön nen wirnun nach erfolgter Neuauf -stel lung einen leichterenZugang zum gewün schtenMaterial bieten.

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Abb. 7: Fossile Schnecken aus Frankreich mit Originaletikett des Montanistischen Museums.

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LLiitteerraattuurr

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Manuskript eingelangt: 1. September 2006 / manuscript sub-mitted September 1, 2006Manuskript angenommen 1. Oktober 2006 / manuscript ac-cepted October 1, 2006

Page 10: HISTORISCHE KOSTBARKEITEN DER SAMMLUNGEN DER … · Begründet im Jahre 1835, und von 1849 bis 2005 im Palais Rasumofsky angesiedelt, umfassen die Sammlungsbestände geschätzte 300.000

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