Händel IM HeRBST...Ouverture – Gavotte – Bourée – Menuet – Trio – Chaconne für 2...

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PROGRAMM EIN HEFT – ALLE VERANSTALTUNGEN HÄNDEL IM HERBST 13. BIS 17. NOVEMBER 2013 IN HALLE (SAALE)

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  • PROGRAMMEIN HEFT – AL

    LE VERANSTALTUNGEN

    Händel IM HeRBST 13. BIS 17. nOVeMBeR 2013 In HAlle (SAAle)

  • DANKESCHÖN

    MEDIEN- UND KULTURPARTNER

    Die Händel-Festspiele Halle bedanken sich bei allen Spendern, Künstlern, Zuschauern, Sponsoren, Partnern, Agenturen, Dienstleistern, Medien, Hotels, Festivals, Helfern und vielen weiteren für das Engagement und die Unterstützung. Jeder Beitrag hat geholfen, damit die traditionsreichen Händel-Festspiele auch weiterhin in Halle, der Geburtsstadt Georg Friedrich Händels, ausgerichtet werden können. Wir sagen Danke und freuen uns mit Ihnen auf die Händel-Festspiele 2014 vom 5. bis 15. Juni!

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    Schirmherr Dr. Reiner Haseloff

    Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt

    Händel IM HeRBST 13. BIS 17. nOVeMBeR 2013 In HAlle (SAAle)

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 20132

    InHAlT

    Grußwort des Schirmherrn Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt 3

    Grußwort Maren Sieb und Klaus Scharrenberg, Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt 4 Geistliche Konzerte | 13. november 2013 5Johann Christian Schieferdecker: Operngraben & Orgelbank (Simone Eckert) 7Künstlerbiografien 13Das Textbuch 16 november lounge | 14. november 2013 20Zum Konzert 23Künstlerbiografien 25 Cantate Italiane | 15. november 2013 29 Zum Konzert (Annette Landgraf) 31Künstlerbiografien 34Das Textbuch 36 Festkonzert mit William Christie und les Arts Florissant | 16. november 2013 43Zum Konzert (Teresa Ramer-Wünsche) 44 Künstlerbiografien 48Das Textbuch 52 Handel with Care | 17. november 2013 55 Zum Konzert (Silke Leopold) 58 Künstlerbiografien 60 Almira | 17. november 2013 63Almira, Königin von Kastilien (Teresa Ramer-Wünsche) 64 Wissenschaftliche Konferenz | 14. bis 16. november 2013 67 In eigener Sache 72 Künstlerverzeichnis 77 Museumsshop im Händel-Haus 78 die Händel-Festspiele 2014 80

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    GRUSSWORT

    Liebe Musikfreunde,

    erstmals seit 1952 fanden in diesem Jahr keine Händel-Festspiele in Halle statt. Die Entscheidung, die Festspiele abzusagen, fiel der Stadt Halle nicht leicht. Aber sie war angesichts der dramatischen Hoch-wassersituation richtig. Es wäre unverantwortlich gewesen, in dieser für viele Menschen bedrohlichen und existenziellen Lage ein großartiges Musikfest zu feiern. Händel, der nicht nur als Komponist empathisch sein konnte, hätte die Absage bestimmt verstanden.

    Die dramatischen Tage und Wochen im Juni 2013 werden wir nicht vergessen. Unvergessen bleiben auch die Solidarität, die Entschlossenheit und der selbstlose Einsatz zigtausender Menschen. Wenn es darauf ankommt, stehen wir solidarisch zusammen. Aber wir wollen auch nach vorne blicken. Die „Händel im Herbst“-Tage sollen ein klares Zeichen setzten: Die Händel-Festspiele leben, sie werden 2014 stattfinden, und sie sind aus dem kulturellen Leben unsers Bundeslandes nicht wegzudenken.

    Darüber hinaus sind die „Händel im Herbst“-Tage ein Dank an alle Händel-Liebhaber in Deutschland und der Welt. Sie haben nicht nur Verständnis gezeigt für die Entscheidung, die diesjährigen Festspiele abzu-sagen. Viele von ihnen haben auch auf die Rückerstattungen von Eintrittskarten verzichtet oder Geld gespendet. Musiker, Techniker und andere Beteiligte haben auf ihre Forderungen verzichtet. Das sind imponierende Bekenntnisse zu den Händel-Festspielen in Halle!

    Umso mehr freue ich mich, Sie, liebe Musikfreunde, als Schirmherr zu den „Händel im Herbst“-Tagen begrüßen zu können. Sie erwartet in den kommenden Tagen ein sehr anspruchsvolles Programm. Die „Händel im Herbst“-Tage sind Händel-Festspiele im Kleinen, quasi das Präludium zu den großen Händel-Festspielen im kommenden Jahr.

    Mein Dank gilt allen, die die „Händel im Herbst“-Tage ermöglicht haben, in Sonderheit den Künstlerinnen und Künstlern sowie dem Intendanten der Händel-Festspiele, Clemens Birnbaum.

    Dr. Reiner HaseloffMinisterpräsident des Landes Sachsen-Anhalt

    dR. ReIneR HASelOFF MInISTeRpRäSIdenT deS lAndeS SACHSen-AnHAlT UndSCHIRMHeRR deR „Händel IM HeRBST“-TAGe

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 20134

    GRUSSWORT

    Liebe Musikliebhaber,

    als Georg Friedrich Händel vor über 250 Jahren seine weltberühmte „Wassermusik“ geschrieben hat, da hat er wohl keinesfalls daran gedacht, dass Wasser den renommierten Händel-Festspielen einmal einen Strich durch die Rechnung machen wird.

    Wir alle haben noch die Bilder der unglaublichen Flut in diesem Frühjahr vor Augen. Viele von uns waren selbst betroffen, haben Sand geschippt und an den Deichen Sandsäcke gestapelt, haben beim Aufräumen danach unermüdlich mit angepackt. In dieser Zeit, in der wir alle zusammengehalten haben, um noch schlimmere Schäden zu verhindern, war es unmöglich, die Händel-Festspiele zu feiern. Dafür hatten wir alle Verständnis.

    LOTTO Sachsen-Anhalt ist den Händel-Festspielen seit Jahren sehr gern ein verlässlicher Partner. Und so ist es für uns selbstverständlich, dass wir „Händel im Herbst“ genauso engagiert begleiten. LOTTO liebt Kultur.

    „Händel im Herbst“ macht ganz viel Lust auf die Händel-Festspiele 2014. „Händel im Herbst“ ist ein Dankeschön an alle Fluthelfer. „Händel im Herbst“ zeigt die tiefe Verbundenheit der Hallenser zu ihrem Komponisten. Lassen Sie uns gemeinsam „Händel im Herbst“ zu einem ganz besonderen Musikereignis machen. Wir freuen uns darauf.

    Maren Sieb und Klaus ScharrenbergGeschäftsführer der Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt

    MARen SIeB & KlAUS SCHARRenBeRGGeSCHäFTSFüHReR deR lOTTO-TOTO GMBH SACHSen-AnHAlT

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    GeISTlICHe KOnzeRTe

    dorothee Mields, Sopran

    Klaus Mertens, Bass

    Hamburger RatsmusikChristop Heidemann, Gabriele Steinfeld, Barockvioline Bettina Ihrig, BarockviolaUlrich Wedemeier, TheorbeAnke Dennert, Cembalo /OrgelBarbara Hofmann, VioloneSimone Eckert, Viola da gamba / Leitung

    Begrüßung des Oberbürgermeisters der Stadt Halle (Saale)Dr. Bernd Wiegand,Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Händel-Haus

    Grußwort des Schirmherrn der „Händel im Herbst“-TageDr. Reiner Haseloff,Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt

    MITTWOCH | 13. nOVeMBeR 2013 | 19.00 UHR | MORITzKIRCHe

    GEISTLICHE KONZERTE

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 20136

    dAS pROGRAMM

    Johann Christian Schieferdecker (1679–1732)„Triumph, Triumph, Belial ist nun erleget“Geistliches Konzert für Bass, 2 Violinen, Viola und Basso continuoTextdichter: unbekannt

    Concert IX g-MollQuverture – Courante – Sarabande – Aria – Menuet – Bourée – Trio für 2 Violinen, Viola und Basso continuoaus XII Musicalische Concerte, Hamburg 1713

    Georg Friedrich Händel (1685–1759)„O qualis de coelo sonus“ HWV 239Motette für Sopran, 2 Violinen und Basso continuoTextdichter: unbekannt

    Johann Christian Schieferdecker „Auf, auf, mein Herz, Sinn und Gemüte“ Geistliches Konzert für Bass, 2 Violinen und Basso continuoTextdichter: unbekannt

    Pause

    Johann Christian Schieferdecker„Weicht, ihr schwarzen Trauerwolken“ Geistliches Konzert für Bass, 2 Violinen und Basso continuoTextdichter: unbekannt

    Concert X c-MollOuverture – Gavotte – Bourée – Menuet – Trio – Chaconnefür 2 Violinen, Viola und Basso continuoaus XII Musicalische Concerte, Hamburg 1713

    Georg Friedrich Händel „Coelestis dum spirat aura“ HWV 231Motetto (in festo S. Antonii de Padua) für Sopran, 2 Violinen und Basso continuoTextdichter: unbekannt

  • 7GEISTLICHE KONZERTE

    zUM KOnzeRT

    Johann Christian Schieferdecker: Operngraben & Orgelbank

    In der Musikgeschichte taucht er meist nur als Fußnote auf, selbst sein Kollege, der Hamburger Musik-schriftsteller Johann Mattheson, gönnt ihm keinen eigenen Artikel in seiner Sammlung von Musikerbio-graphien, der Grundlagen einer Ehrenpforte (Hamburg 1740). Sucht man nach Johann Christian Schiefer-deckers Namen, wird man dort erst im Anhang und in den Korrigenda fündig. Aus den wenigen Details lässt sich bruchstückhaft ein Porträt erstellen, das sich vor allem vervollständigt durch seine erhaltene Musik und diese in ihrem musikhistorischen Kontext. Dabei hat er mit den ganz Großen im Operngraben zusammen gesessen und gearbeitet: Reinhard Keiser, Johann Mattheson und Georg Friedrich Händel!

    1702 holt ihn der Hamburger Operndirektor Keiser als Korrepetitor und „Clavierspieler“ in das Haus am Gänsemarkt. Die beiden kennen sich aus frühester Jugend: Wie der nur fünf Jahre ältere Reinhard Keiser stammt auch Johann Christian Schieferdecker aus dem mitteldeutschen Teuchern nahe Weißenfels. Am 10. November 1679 geboren, wächst er dort als das dritte von vier Geschwistern auf. Schieferdeckers Vater Christian wirkt als Kantor, Organist und Lehrer am örtlichen Gymnasium, das sowohl Schieferdecker junior als auch Reinhard Keiser besuchen. Beide wechseln an die renommierte Thomasschule in Leipzig und anschließend an die dortige Universität. An der von Nicolaus Adam Strungk begründeten Leipziger Oper wirken mehrere zukünftige Hamburger Opernkoryphäen, darunter Christoph Graupner, Gottfried Grüne-wald und Georg Philipp Telemann. Hier werden während Schieferdeckers Zeit zwei seiner Opern – Justinus und Medea – aufgeführt. Aus der engen Verbindung Reinhard Keisers zu allen musikalischen Institutionen der Stadt Leipzig und ihren Mitgliedern, Thomasschule, Universität, Oper und dem Collegium musicum, entwächst die enge Verbindung zwischen der mitteldeutschen Musikszene und der Hamburger Oper. Aus diesem Pool wählt Keiser seinen Jugendfreund Schieferdecker als Verstärkung nach Hamburg.Hier öffnet 1678 die Oper, ermöglicht durch den Wohlstand der prosperierenden und vom 30-jährigen Krieg weitgehend verschont gebliebenen Stadt zwischen Nord- und Ostsee. Dieses erste bürgerliche Opernhaus außerhalb Italiens lockt junge Begabungen in das „Venedig des Nordens“.

    In Hamburg taucht Schieferdecker sofort in die hyperaktive und kreative Atmsophäre der Oper ein. Im Jahr seiner Ankunft herrscht mit allein zehn Neuinszenierungen noch immer Aufbruchstimmung, wie Matthe-son in Grundlagen einer Ehrenpforte (S. 283) dokumentiert: „Es wurden im Jahr 1701. vier, und 1702. gar zehn neue Opern, worunter Matthesons zwote, nehmlich Porsenna, mit war, auf den Schauplatz gebracht, welches vielleicht in der Welt niemahls geschehen seyn mag. Eine derselben hieß Berenice, und es stehet irrig im musikal. Patrioten p.185. daß sie Schieferdecker verfertiget habe; indem die Musik von Bronner, die Worte aber von Hinsch herrühren. Mattheson agirte den Lucius Verus, die Hauptperson. Das Stück ist nicht über zweimahl gespielet, und daher sind die Umstände in Zweifel gerathen.“ Das kreative Chaos dieses Jahres lässt den diesmal vielleicht doch überforderten Mattheson die Oper Berenice fälschlich Schieferdecker zuschreiben. Zwei der Neuproduktionen von 1702, Alaricus und Regne-rus, ein Jahr zuvor in Weißenfels unter J. Ph. Krieger uraufgeführt, sind Schieferdeckers eigene Kompositio-

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 20138

    nen. Eine dritte, Victor, Hertzog der Normannen, ist eine Beteiligung bei einer gemeinschafllichen Produktion mit seinen Kollegen Mattheson und Georg Bronner, einem weiteren Hamburger Komponisten und Orga-nisten. Es handelt sich dabei um eine Festoper zum Anlass der Krönung der englischen Königin Anne. Da zwischen dem Tod ihres Vorgängers Wilhelm III. am 8. März und ihrer Krönung am 4. Mai noch ein eigens dafür gedichtetes Libretto entsteht, drängt die Zeit für dessen Vertonung sehr. Deshalb arbeiten die drei Hamburger Komponisten gemeinsam „im Akkord“. Die Aufführung ist der Höhepunkt eines von der eng-lischen Kompanie in Hamburg veranstalteten Krönungsfestes. Im Text von Hinrich Hinsch findet sich in einer Arie des Königs Lahardt das Sturm und Drang vorwegnehmende Bild der „Schwarzen Trauer-Wolcken“, das viel später bei Schieferdecker in einem seiner Geistlichen Konzerte wieder auftauchen wird:„Die Schwarzen Trauer=Wolken sindVon schweren Keilen niemals leer;Und ein verwirrter Wirbel=Windt /Stürmt auf den morschen Thron von allen Ecken her.“

    Komponieren, Kopieren der Noten, die Proben, die weiteren Aufführungen und deren Vorbereitungen müssen ein straffes Tagespensum und einen engen Zeitplan mit sich gebracht haben. An diese Anfangs-erfolge von 1702 kann Schieferdecker später kaum heranreichen. Über die Gründe können wir nur spe-kulieren: Kann er sich nicht gegen seine Kollegen behaupten?

    Ein Jahr später trifft Georg Friedrich Händel aus Halle in Hamburg ein. Damit arbeitet jetzt ein illustres Vierergespann am Haus am Gänsemarkt. Eine Blütezeit bricht an, in der alle gegenseitig voneinander profitieren und sich stilistisch prägen, allerdings durchsetzt von Turbulenzen und Intrigen: das legendäre Degenduell zwischen Händel und Mattheson oder Keisers Flucht vor Gläubigern, währenddessen Händel die Uraufführung der Almira an sich reißt – Johann Christian Schieferdecker ist immer Augenzeuge.Aber nach und nach ziehen sich alle vier Musikerkollegen aus dem Operngeschäft zurück. Ist die Atmo-sphäre des „Haifischbeckens Operngraben“ schuld oder die finanzielle Unsicherheit des Betriebs? Was treibt die vier in alle Himmelsrichtungen auseinander?

    Den ersten Anlauf unternehmen Mattheson und Händel an einem Augusttag 1703, an dem sie von Hamburg nach Lübeck reisen, um sich dort bei Dietrich Buxtehude vorzustellen, als dieser bereits um einen Nachfolger für sein Amt sorgt. Die beiden Hamburger Grünschnäbel, zu diesem Zeitpunkt 21 und 18 Jahre alt, testen einen Tag lang sämtliche Orgeln, Cembali und Spinette von Buxtehude, lassen sich fein bewirten – und reisen wieder ab, im Nachhinein habe sie – laut Mattheson – die Bedingung, Bux-tehudes älteste Tochter heiraten zu müssen, von einer Bewerbung abgehalten. Machen sich die beiden auch lustig über die bereits 28-jährige Anna Margareta, mag ihre Zurückhaltung von dieser Bewerbung doch andere Gründe haben. Händel zieht es schon 1705 nach Italien, Mattheson erhält 1704 in Ham-burg die höher angesehenen Posten als Hofmeister, Sekretär und Korrespondent des englischen Gesand-ten und später als Musikdirektor am Hamburger Dom. Mit sicherem Auskommen bis ins hohe Alter. Keiser tingelt an den Höfen von Schwerin-Ludwigslust, Stuttgart und Kopenhagen, wo er den Titel des Königlichen Dänischen Kapellmeisters erhält. Nach wie vor der Hamburger Oper verbunden – unter Telemann werden weitere Opern von ihm aufgeführt – wirkt er noch als Kantor am Hamburger Dom und verschreibt sich ganz der Kirchenmusik.

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    LOTTO liebt Kultur

    LOTTO fördert Kunst und Kultur in Sachsen-Anhalt.

    Händel im Herbst

    Lotto wünscht gute Unterhaltung bei

    und freut sich jetzt schon auf die Händel-Festspiele 2014.

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  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201310

    Johann Christian Schieferdecker seinerseits testet ein Jahr lang von Hamburg aus, offensichtlich mit Bedacht, das Lübecker Stellenangebot. Schließlich locken hier Bürgerrecht, Sesshaftigkeit und beständig Lohn und Brot, die „Sehnsucht nach einem ruhigeren Leben“ mutmaßt schon die übernächste Generation der Musikhistoriker (E. L. Gerber, Tonkünstler-Lexicon, IV. Teil, Leipzig 1814). Seit 1706 assistiert er dem angeschlagenen Buxtehude an der Orgel, wohl wissend um die Bedingungen der Nachfolge.

    Parallel wird in Hamburg Schieferdeckers letzte Oper Justinus aufgeführt, währenddessen sich schon Buxtehude um ihn bei seinem Kirchenvorstand bemüht: „18/ ferner ist der Werckmeister Diederich Bux-tehude seine an die sampliche H. Vorsteher übergebene Supplicatum verlasen, darinnen er verlanget, daß die H. Vorsteher eine von seinen Töchtern nach seinem Tode mit seinen dienste Begünstigen wollen, wozu er ein gutes Subjectum im vorschlage hette. Darauff ist beliebet worden, wan sich künfftig würde ein gutes Subjectum angeben, so die H. Vorsteher anständig, und derjenige einen von seinen Töchtern heyraten würde, so würde derselbe auch ein gütlich resolution zu gewarten haben“. (zit. nach Kerala Snyder, Diete-rich Buxtehude, Leben und Werk, Kassel, 2007, S. 513) Schon ein Jahr später überstürzen sich die Ereignisse: Am 9. Mai verstirbt Dietrich Buxtehude, am 23. Juni wird Schieferdecker vom Lübecker Stadtrat als sein Nachfolger gewählt und am 19. August leistet er den Bürgereid. Am 5. September heiratet er die vier Jahre ältere, inzwischen 32-jährige Anna Margareta Buxtehude. „Johann Christian Schiefferdecker legte sich hernach näher zum Ziel, führte nach des Vaters, Buxtehuden, Tode, die Braut heim, und erhielt den schönen Dienst …“ schreibt Mattheson in seinem Reisebericht (in Grundlagen einer Ehrenpforte) wiederum nur beiläufig. Aus der Ehe geht eine Tochter, Johanna Sophia, hervor. Doch schon 1709 verstirbt Anna Marga-reta. Schieferdecker ist nun alleinerziehender Vater. Ob die Tochter in seinem Haushalt aufwachsen darf, ist nicht überliefert. Immerhin bleibt sie im sozialen Umfeld ihres Vaters, denn später heiratet sie wiederum einen Organisten, nämlich den von St. Aegidien. Ihr Sohn Gerhard Friedrich wird ebenfalls Organist, nun an St. Petri; ihre Tochter Catharina Magdalena heiratete den Sohn des Marienorganisten und Nachfolger seines Schwiegervaters an St. Aegidien. Zu deren Kindern gehört dann Buxtehudes Ururenkel, der in Lübeck als „Informator der Musik“ tätig ist.

    Machen sich auch Johann Mattheson und Georg Friedrich Händel einst lustig über die Bedingung zur Heirat von Buxtehudes Tochter bei der Bewerbung um seine Nachfolge, so ist es seinerzeit nicht unge-wöhnlich in den Musikerfamilien, sondern wie innerhalb der Zünfte sogar üblich, dass ein Mann die Witwe oder Tochter des Amtsvorgängers heiratet. Schon Buxtehude selbst ehelicht eine Tochter seines Amtsvor-gängers Franz Tunder.

    „Ich werde lediglich von einigen ihrer Gewohnheiten Notiz nehmen, worin sie sich von Holland unter-scheiden. Wenn ein Barbier, Schuster oder Handwerker unter Hinterlassung von Witwe und Kindern stirbt, so ist es einem anderen vom selben Gewerbe nicht gestattet, sich als Meister zu etablieren; es sei denn, daß er mit der Witwe um ein Stück Geld akkordiert, oder sonst sie selbst oder mit ihrer Zustimmung eine ihrer Töchter heiratet“ berichtet William Carr, der englische Konsul in Amsterdam, über seinen Besuch in Hamburg und Lübeck in den 1670er Jahren (zit. nach K. Snyder, a. a. O.). Sinn dieser Regelung und Ver-pflichtung ist, dass der neue Amtsinhaber die Verantwortung für die Hinterbliebenen seines Vorgängers übernimmt als Form der sozialen Absicherung. Durch diese „Heiratspolitik“ sind alle Musiker Lübecks seit Generationen miteinander verwandt. Die musikalische Begabung bleibt in der Familie und generiert neue

  • 11GEISTLICHE KONZERTE

    musikalische Begabung. Neben dem so entstehenden sozialen Netzwerk ist ein weiterer Vorteil dieser Zweckehen, dass die Frauen aus den Musikerhaushalten musikalisch ausgebildet sind, Noten kopieren, singen und mitreden können, wenn es um fachliche Dinge geht – eine hervorragende Grundlage für eine partnerschaftliche Kommunikation und Zusammenarbeit!

    In Johann Christian Schieferdeckers Lübecker Haushalt ist auch ein Schüler nachweisbar: Wieder nur im Anhang, der Zugabe einiger zu spät erhaltenen Nachrichten von Matthesons Ehrenpforte (S. 402) schreibt Christian Friederich Fischer, geboren 1698: „Als nun meine Mutter 1720. auch das Zeitliche gesegnete, nahm mich der vor einigen Jahren verstorbene Organist an der H. Marien-Kirche, Johann Christian Schie-ferdecker, aus freien Stücken, zu sich ins Haus, und brachte mir, da ich von Natur einen Trieb zur Musik bezeigte, die Composition bey. Auf Gutbefinden des Rectoris und Cantoris wurde ich so dann anfänglich Concert-Tenorist …“Der Lübecker „Buxtehude-Tourismus“ mit den Reisen Johann Sebastian Bachs (1705/06), Johann Mat-thesons und Georg Friedrich Händels geht in die Geschichte ein. Weniger diskutiert sind die nachweisli-chen Aufenthalte Dietrich Buxtehudes in Hamburg. Das legendäre Gemälde von Johannes Voorhout, heute beheimatet im Hamburger Museum, porträtiert 1674 die Musiker und Komponisten Adam Reinken und Johann Theile zusammen mit Buxtehude. Da sitzen die Gründungsmitglieder der Hamburger Oper in trauter Eintracht mit dem Lübecker Marienorganisten beisammen. Längstens vierzehn Jahre später, 1687, reist Buxtehude zur Begutachtung Arp Schnittgers neuer Nicolai-Orgel erneut nachweisbar nach Hamburg. Die enge Freundschaft zwischen Johann Theile, dem ersten Kapellmeister der Oper, mit dessen Oper Adam und Eva das Haus eröffnet wird, und Buxtehude ist dokumentiert in dem auf dem Gemälde abgebildeten Kanon über „Siehe, wie fein und lieblich es ist, wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen“. Von größter Wahrscheinlichkeit ist zudem eine persönliche und musikalische Beziehung zwischen Buxtehude und dem ihm stilistisch sehr nahe stehenden Opernkomponisten Johann Wolfgang Franck. Buxtehude ist Zeitzeuge der Begeisterung für Musik und Theater am Gänsemarkt und vermutlich selbst infiziert. Dass seine erste dramatische Abendmusik Die Hochzeit des Lammes aus dem Jahr 1678, dem gleichen Jahr wie der ersten Hamburger Opernaufführung, stammt, ist sicher kein Zufall!

    Die Leidenschaft für die Oper verbindet Buxtehude mit seinem Schwiegersohn. Vermutlich fehlen dem passionierten jungen Opernkomponisten in der Marienkirche nur die Balletteinlagen und Maschinen für Naturgewalten, Sturm und Gewitter. Nun kann er mit den legendären Abendmusiken dort sein Betätigungs-feld von der Oper in die Kirche verlagern. Dabei handelt sich um schon von Franz Tunder eingeführte Kirchenkonzerte in der Adventszeit – aber außerhalb der Liturgie, und damit im 17. Jahrhundert einzigartig. „Sonst nirgends wo“ bringen es Dietrich Buxtehude und andere Beschreibungen auf den Punkt, denn nirgendwo sonst gibt es öffentliche Konzerte in einer Kirche, die wie in Lübeck von privaten Sponsoren, speziell von den Kaufleuten finanziert werden. In diesem Rahmen kann schon Buxtehude eine eigene musikalische Gattung etablieren mit dramatischer, sogar opernartiger Musik: „… sie sind ein vollkommenes Drama per Musica (wie der Italiäner redet) und es fehlet nichts weiter, als daß die Sänger agiren, so wäre es eine geistliche Opera …“ (Caspar Ruetz, Widerlegte Vorurtheile von der Beschaffenheit der heutigen Kirchenmusic …, Lübeck 1752, zit. nach K. Snyder, Lübecker Abendmusiken, aus 800 Jahre Musik in Lübeck, hrsg. von A. Edler, W. Neugenauer, H.W. Schwab, Teil II, Lübeck 1983).

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201312

    Buxtehude entwickelt den Typus des biblischen Oratoriums von etwa einer Stunde Dauer bestehend aus Rezitativen, Arien, Duetten für Solostimmen, mehrstimmigen Chören, oft auch Choräle aus dem Gesang-buch, die von den Besuchern mitgesungen werden. Diese Tradition setzt Schieferdecker fort, wenn auch vermutlich mit dem neueren Kompositionsstil seiner Generation. Auch er komponiert eigens Abend-musiken, immer fromme Geschichten in der weltlichen Sprache der Oper. Diese dümpeln allerdings in der Musikgeschichtsschreibung wieder im Schatten seines großen Schwiegervaters: „Der berühmte Organist Diederich Buxtehude hat schon zu seiner Zeit die Abend-Musicken prächtig ausgezieret … Sein Nach-folger, Herr Schiefferdecker, hat auch nichts ermangeln lassen, den Ruhm dieser Musicken zu erhalten und zu vermehren …“ (C. Ruetz, a. a. O.)

    Tragischerweise sind sie sämtlich verschollen, vermutlich schon ein früher Verlust verursacht durch den allzu sorglosen Umgang seiner Nachfolger mit den Musikalien ihrer Vorgänger: „Alles, was diese Männer mit saurer Mühe und Arbeit geschrieben, oder mit vielen Kosten gesamlet und abschreiben lassen, hat nicht den geringsten Wert mehr, ob gleich kein geringes Kapital darinnen steckt. Es ist diese Menge musicalischer Papiere von vielen Jahren her wohl bey nahe biß auf die Hälffte geschmoltzen, indem ein gar vieles dem Ofen zu Theil, und an statt der Spähne gebraucht worden, vieles zum häuslichen Gebrauch gewandt, und vieles an solche Leute, die zu ihren Geschäfften allerley Maculatur und Papiere gebrauchen, dahin gegeben worden … weil nichts unbrauchbarer als alte Noten“ (C. Ruetz, a. a. O.).

    Die erhaltenen drei Kantaten für Bass und Streicher des Konzertes lassen vielleicht erahnen, wie die Abendmusiken und Opern Schieferdeckers geklungen haben könnten. Schieferdecker übernimmt darin gerne die Vorliebe für Ostinati, oder besser Pseudo-Ostinati, vorgetäuschte und dann frei weitergeführte Ostinato-Motive, wie seine Kollegen Kusser, Mattheson, Keiser und der junge Händel. Unisono-Takte als Steigerung oder Zusammenfassung erinnern ebenfalls an seinen Freund Keiser. Die Libretti dieser Kantaten sind von unbekannten Autoren.

    Schieferdeckers weiteres Werk umfasst ursprünglich nachweisbare 23 Abendmusiken aus den Jahren 1707–1729, von denen nur einige Libretti erhalten sind. Auch von einem Kantatenjahrgang ist die Rede (Johann Moller, Cimbria literata II, Kopenhagen 1740), mit seinen Geistliche Cantaten nach Ordnung der Sonn- und festtäglichen Evangelien muss er kontinuierlich auch für die Gottesdienste in St. Marien komponiert haben. Auch diese sind leider verloren (K. Snyder, Dieterich Buxtehude, a. a. O., S. 131–133). Zwei Hochzeitsmusiken befanden sich in der leider bis heute verschollenen, so genannten Musikmappe 1, die seit der kriegs- bedingten Auslagerung aus der Stadtbibliothek Lübeck in den Weiten Russlands vermutet wird.

    Ein Jahr vor seinem eigenen Tod, im Sterbejahr seiner Mutter, hört er mit Komponieren auf. Am 3. April 1732 verstirbt Schieferdecker in Lübeck.

    Steht Johann Christian Schieferdecker für die Musikgeschichtsschreibung im Schatten seiner Kollegen und Vorgänger, ist es dennoch sein Verdienst, Buxtehudes Vision von „Oper in der Kirche“ übernommen und sie für die nächste Musikergeneration auch stilistisch weiter transportiert zu haben.

    Simone Eckert

  • 13GEISTLICHE KONZERTE

    KünSTleRBIOGRAFIen

    dorothee Mields ist eine der führenden Interpretinnen für die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts und wird von Publikum und Presse besonders für ihr einzigartiges Timbre und ihre berührenden Interpretatio-nen geliebt. Ihre makellose Technik und die schwerelose Klarheit ihrer Stimme prädestinieren sie ebenso für die Werke zeitgenössischer Komponisten. Sie konzertiert regelmäßig mit dem Collegium Vocale Gent, dem Bachcollegium Japan, der Nederlandse Bachvereiniging, dem Freiburger Barockorchester, dem RIAS Kammerchor, dem Orchestra of the 18th Century, L’Orfeo Barockorchester, der Lautten Compagney und dem Klangforum Wien sowie mit Dirigen-ten wie Stefan Asbury, Ivor Bolton, Frans Brüggen, Beat Furrer, Paul Goodwin, Philippe Herreweghe, Gustav Leonhardt, Emilio Pomárico, Hans-Christoph Rademann, Masaaki Suzuki und Jos van Veldhoven.Dorothee Mields ist gern gesehener Gast internationaler Festspiele wie Bachfest Leipzig, Suntory Music Foundation Festival in Japan, Boston Early Music Festival, Festival van Vlaanderen, Wiener Festwochen, Händel-Festspiele Halle und Tanglewood Festival.Eine stetig wachsende Diskographie mit etlichen preisgekrönten Aufnahmen dokumentiert ihr künstleri-sches Schaffen. Die Künstlerin hat in Bremen und Stuttgart studiert und lebt heute mit ihrer Familie in der Nähe von Hage.

    Klaus Mertens, geboren in Kleve/Niederrhein, erhielt schon während seiner Schulzeit Gesangsunterricht. Nach dem Abitur studierte er Musik und Pädagogik, darauf folgte zunächst eine pädagogische Laufbahn. Seine Gesangsausbildung, welche er mit Auszeichnung abschloss, absolvierte er bei den Professoren Else Bischof-Bornes und Jakob Stämpfli (Lied/Konzert/Oratorium) und Peter Massmann (Oper). Unmittelbar nach Erhalt des Gesangsdiploms begann eine rege Konzerttätigkeit im In- und Ausland. Klaus Mertens

    Dorothee Mields Klaus Mertens

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201314

    arbeitet zusammen mit vielen bedeutenden Spezialisten für Alte Musik. Hieraus ergab sich eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit mit renommierten Orchestern wie z. B. Amsterdam Baroque Orchestra, Concertgebouw-Orchester Amsterdam, Rotterdam Philharmonic Orchestra, den großen Orchestern Berlins, Saint Louis Symphony Orchestra, Chicago Symphony Orchestra, Tokyo Metropolitan Symphony Orchestra u. v.a. Bei den bedeutenden Festivals in Europa, USA und Japan ist der Künstler regelmäßig zu Gast. Klaus Mertens gilt als herausragender Interpret insbesondere der barocken Oratorienliteratur und widmet sich zugleich mit großem Erfolg dem Liedgesang von seinen Anfängen bis zur Moderne. Sein Repertoire im Konzertbereich spannt einen großen Bogen von Monteverdi bis zu zeitgenössischen Komponisten, welche ihre Werke teilweise sogar dem Sänger widmen. Seine Diskographie von derzeit mehr als 130 CDs und DVDs sowie zahlreiche Rundfunk- und Fernsehaufnahmen belegen Klaus Mertens’ Kompetenz als vielseitigen Sänger.

    Die Hamburger Ratsmusik: Ein Ensemble mit 500-jähriger Geschichte, die zum kreativen Dialog zwischen Tradition und Gegenwart reizt. Die Anfänge der Hamburger Ratsmusik reichen zurück bis ins 16. Jahrhundert. Nach dem Grundsatz „Gott zu Ehren und Hamburg zur Lust, Ergötzlichkeit und Nutz“ leistete sich die Stadt ein Eliteensemble von acht Ratsmusikern, das vielen fürstlichen Hofkapellen Konkurrenz machen konnte und seine erste Blüte im 17. und 18. Jahrhundert unter führenden Musikern wie William Brade, Johann Schop, Georg Philipp Telemann und Carl Philipp Emanuel Bach erreichte. Wieder auferweckt 1991 von der Gambis-tin Simone Eckert, hat das Ensemble mit Hingabe und Enthusiasmus ein umfangreiches und außergewöhn-liches Repertoire erarbeitet. Immer wieder lockt das Abenteuer der Neuentdeckung unbekannter alter Musik, die in Europas Bibliotheken schlummert. In Editionen für internationale Verlage, Konzerten, Rundfunk- und inzwischen über 20 CD-Einspielungen für die Labels Carus, cpo, Thorofon, NCA, Christophorus und Phoenix Editions präsentieren die Ratsmusiker ihre Entdeckungen dem Publikum. Seit 2009 veröffentlicht die Hamburger Ratsmusik deren Notenmaterial in einer eigenen Editionsreihe beim Verlag Walhall.

    Hamburger Ratsmusik

  • 15GEISTLICHE KONZERTE

    Das Ensemble konzertiert auf den wichtigen Festivals in Deutschland, darunter sind die Göttinger Händel-Festspiele, die Barockfestspiele Bad Arolsen, die Händel-Festspiele Halle, das Bachfest in Hamburg, Bay-reuther Barock, die Thüringer Bachwochen, das Gottorfer Barockfest, die Darmstädter Residenzfestspiele, das internationale Buxtehudefest in Lübeck, die internationalen Heinrich-Schütz-Tage in Hamburg, das Bachfest Leipzig, die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern, der MDR-Musiksommer, das Rheingau Musik-festival, die Internationalen Orgelwochen Nürnberg, das Festival Sandstein und Musik in Dresden, die Landshuter Hofmusiktage, die Europäischen Wochen Passau, das Festival Mitte Europa, das Musikfest Stuttgart, der Mainzer Musiksommer und das Fest für Alte Musik Köln besonders hervorzuheben.Die internationale Presse lobt die „Subtilität“ und die „exzellente Kenntnis des barocken Stils“ ihrer Interpretationen und die Hamburger Ratsmusik als „führendes Ensemble für Alte Musik“. 2006 wurde das Ensemble mit dem ECHO Klassik für die CD Lübecker Virtuosen ausgezeichnet. Seine CD Thomas Selle – Chorale Concertos & Chorale Variations erhielt den ECHO Klassik Sonderpreis 2010.

    Simone eckert lebt und arbeitet heute als freischaffende Musikerin bei Hamburg. Nach einem Musik-studium an der Musikhochschule Hamburg bei Professor Ingrid Stampa und an der Schola Cantorum Basiliensis bei Hannelore Mueller und Jordi Savall, das sie 1990 mit dem Diplom für Alte Musik abschloss, gründete sie 1991 das Ensemble Hamburger Ratsmusik. Seit 1992 ist sie Dozentin am Hamburger Kon-servatorium und leitet Seminare für Viola da gamba an verschiedenen Institutionen in Deutschland und England. Neben dem Repertoire aus Renaissance, Barock und Frühklassik beschäftigt sie sich intensiv mit neuer Musik für Viola da gamba. Zahlreiche Werke sind ihr gewidmet und von ihr uraufgeführt worden. Regelmäßige Engagements führen sie als Solistin, Ensembleleiterin und Dozentin durch ganz Deutschland, zahlreiche Länder Europas und Japan.

    Simone Eckert

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201316

    dAS TeXTBUCH

    Johann Christian Schieferdecker (1679–1732)„Triumph, Triumph, Belial ist nun erleget“Geistliches Konzert für Bass, 2 Violinen, Viola und Basso continuoTextdichter: unbekannt

    Triumph, Triumph, Belial ist nun erleget, und die Spieß er so beweget, sind durch Gott nunmehro stumpf.Triumph, Triumph.

    Zwar sah der Krieg gefährlich auß, den unsre Feinde hielten. Sie macheten zu Ach und Grauß, was nun die frohe Hand erjagte, doch wie sie vollends Meister spielten, so stellte sich der Himmels Herzog ein, der sie weit härter plagte und ihre Macht erschlagen hieße seyn. Wenn die Boßheit denkt zu siegen, schläget Gott die Raserey, wie der Wind den Schaum entzwey. So muß Satans Heer erliegen, der mit Boßheit und mit Wutschreckete der Christ en Blut.Drum lobt den Herren alle Welt, weil Er der Höllen Macht zerfällt. Es sind des Satans Waffen benebst der Riesen Macht entschlafen,den Christen steht der Himmel offen, derweil der Friede ist getroffen, indessen nimm den Dankes Thon von ir, o Davids Sohn. Jauchzet ihr Himmel besinget die Thaten, welche höchst rühmlich und herrlich gerathen, bringet die Palmen der Ehren herbey, Laßet anmuthige Sayten erthönen, um diese prächtigen Siege zu kröhnen, macht daß sein Ruhme verherrlicht sey. Heie liegt der stoltze Belial die Höllen Bürger allzumahl Sind samt der Schwefel Burg zerstöhrt, kein Feind sich wieder uns empöhrt.

    Georg Friedrich Händel „O qualis de coelo sonus“ HWV 239Motette für Sopran, 2 Violinen und Basso continuoTextdichter: unbekannt

    Sonata

    AccompagnatoO qualis de coelo sonus tamquam advenientis spiritus vehementis totam reple domum amore? Et suavis aurae sibilus mortalium corda dum perflat, ad sanctos amoris aestus improvisus invitat?

    Was für ein Klang vom Himmelgleich wie herannahenderstürmischer Geistdie ganze Welt mit Liebe füllt?Und das Säuseln der lieblichen Luftdie Herzen der Sterblichen durchweht,und lässt sie plötzlich die Glut der heiligen Liebe genießen?

  • 17GEISTLICHE KONZERTE

    AriaAd plausus, ad jubila pellantur cordis nubila, recedat culpae nox. Lux micat coelo fulgida, aura spirat cordi turgida,sancti amoris blanda est vox.

    RezitativEja ergo, mortalis, ignarae caecitatis procul pelle timores, et tu, turba fidelis, decantare divinos summi regis amores.

    AriaGaude, tellus benigna, decora, sanctus amor descendit ad te. Cordis laus sit plena, sonora, mentes nostras invitet ad se.Alleluja.

    Johann Christian Schieferdecker „Auf, auf, mein Herz, Sinn und Gemüte“ Geistliches Konzert für Bass, 2 Violinen und Basso continuoTextdichter:

    Auf auf mein Hertz Sinn und Gemüthe, stimme frohe Lieder an.Rühme deines Gottes Güte, was er hat an dir gethan.

    Wie soll das Dank-Lied schlafen ein, da Gott nur läßet fröhlich seyn. Nein! Nein! Ich will des Höchsten Nahmen jetzt zu Ehren, mit einem Dank-Lied auch vermehren; denn deine Gnad hat unser Feld, mit Früchten wohl bestellt, und selbige mit reichen Seegen, in unser Scheuern laßen legen.

    So soll mein Geist dich Gott im Himmel oben, mit allem was nur danken heist, aus allen Kräften loben.

    Es steige dieses Lob biß an des Himmels Thür ja was nur Odem haterthöne jetzt mit mir.

    Düstere Herzen werden zum Beifall, zum Jauchzen bewegt,die Nacht der Schuld weicht zurück.Schimmerndes Licht funkelt vom Himmel,wogende Luft erfüllt Herzen,verlockend ist die Stimme der heiligen Liebe.

    Wohlan also, ihr Sterblichen,vertreibt die unwissendeblinde Furcht fortund du, treues Gefolge,besinge die göttliche Liebedes höchsten König.

    Freue dich, gütige, herrliche Erde, die heilige Liebe steigt zu dir herab.Möge der Herzen Lob erfüllt,wohlklingend sein,und unsere Gedanken nähren.

    (Übersetzung von Ewa Wessel)

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201318

    Da unser Feld und Acker grünet, so grünt auch meine Dankbarkeit.Sei jetzo und zu jederzeitvon mir o Seegens Gott gepriesen,für das was Du mir hast erwiesen. Gott Vater dir sey Preiß hier und im Himmel oben Gott Heilger Geist dein Ruhm erschalle mehr und mehr o Herr dreieinger Gott, dir sey Lob, Preiß und Ehr.

    Johann Christian Schieferdecker„Weicht, ihr schwarzen Trauerwolken“ Geistliches Konzert für Bass, 2 Violinen und Basso continuoTextdichter: unbekannt

    AriaWeicht, ihr schwarzen Trauerwolken, denn das Licht bricht jetzt herfür.Jesus dämpft der Höllen Wolken,da er aus des Grabes Tür Heldenmütig tritt herfür.

    RezitativDer Wolf gedachte zwar, den Löwen zu erschlagen, es hat der Löw doch ohn Gefahr, nach ausgestandnen Kriegden Sieg mit Ruhm davongetragen. Es können jetzo Christi Schafein sichrer Ruhe schlafen, dieweil ihr Hirt sie will beschirmen, wenn sie der Wolf gedenket zu bestürmen.Es ist nun alle Noth durch Christi Pein und Tod gehoben, drum will die Christenheit für die erwiesne Gütigkeit den Heyland loben,und da sie singet dankes Psalmen,so rühm ich die erfochtne Palmen.

    AriaTriumph! Die Feinde sind geschlagen.Spieß, Waffen, Schwerter sind ganz stumpf, drum will ich jauchzend sagen: Triumph!Es kommt mit Macht der Siegesfürst heut aus der Schlacht.Der seines Reiches Untertan schau heute sein Triumphfest an.Halleluja!

  • 19GEISTLICHE KONZERTE

    Georg Friedrich Händel „Coelestis dum spirat aura“ HWV 231Motetto (in festo S. Antonii de Padua) für Sopran, 2 Violinen und Basso continuoTextdichter: unbekannt

    Sonata

    RezitativCoelestis dum spirat aura, divinus dum coelo ignis in mortalium corda descendit, humana captivitatis vincula de terra solvens Antonius thriumphans ad astra conscendit.

    AriaFelix dies, praeclara, serena, o quam cara, quam amoena, toti mundo jucunda tu es. Immortali es gaudio plena, nostri cordis dulcissima spes.Felix dies …

    Rezitativ Vestro, religiosi principes, munere clarum de coelo sidus nobis fulget Antonius, et lucidos protectionis radios pro te, Julianelle, difundens divini amoris ignem ascendit in te.

    AriaTam patrono singulari corda licet immolari laudis in obsequium. Tibi optamus famulari, et cum audis invocari, dona patrocinium.Tam patrono …

    Alleluja.

    Himmlischer Hauch weht,und göttlicher Feuer steigt in die Herzen der Sterblichen herab,da Antonius, die menschlichen Fesselnder Knechtschaft von der Erde lösend,sich im Triumph zu den Sternen emporschwingt.

    Glücklicher Tag, strahlend, heiter,wie teuer, wie lieblich,der ganzen Welt bist du zur Freude.Ewige Freude erfüllt dich,du unseres Herzens süßeste Hoffnung.Glücklicher Tag …

    Mit eurer Hilfe, himmlische Fürsten,strahlt Antoniusals heller Stern vom Himmel.Indem er leuchtende Strahlenüber dich ausgießt, Julianellus,steigt das Feuer der göttlichen Liebe in dir empor.

    Einem solch einzigartigen Schutzherrnsoll man die Herzen opfernin hingebendem Lob.Wir wollen dir dienen,und wenn du unseren Ruf hörst, schenke uns deinen Schutz.Einem solch …

    Halleluja

    (Übersetzung©Christophorus digital)

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201320MDR SINFONIEORCHESTER

  • 21

    nOVeMBeR lOUnGe – neUe MUSIK Und BAROCK IM dIAlOG

    IMpUlS-FeSTIVAl

    Chad Hoopes, Violine

    Stefan Oppenländer, Raum- und Lichtkonzept

    Fauré QuartettErika Geldsetzer, ViolineSascha Frömbling, ViolaKonstantin Heidrich, VioloncelloDirk Mommertz, Klavier

    MdR Sinfonieorchester

    Kristjan Järvi, Musikalische Leitung

    Händel-FeSTSpIele„Songs without Words – Händels Opern in zeitgenössischem Gewand“

    Johannes Malfatti, Komponist /DJ

    elbipolis Barockorchester HamburgAnna Fusek, BlockflöteJürgen Groß, ViolineAlbrecht Kühner, ViolineJochen Grüner, ViolaHannah Freienstein, VioloncelloOphira Zakai, TheorbeJörg Jacobi, Cembalo

    IMPULS-Festival in Kooperation mit dem MDR Sinfonieorchester und den Händel-Festspielen Halle

    dOnneRSTAG | 14. nOVeMBeR 2013 | 19.30 UHR | STeInTOR VARIeTé

    NOVEMBER LOUNGE

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201322

    dAS pROGRAMM

    Michael Gordon (*1956)Beijing HarmonyEuropäische Erstaufführung

    John Adams (*1947)Body through which the dream flowsKonzert für Violine und Orchester(---) – Chaconne: Body through which the dream flows – Toccare

    Pause

    Sven Helbig (*1969)Pocket SymphoniesAm Abend – Gone – Rise – Schlaflied– Eisenhüttenstadt – Autumn Song – Frost – Zorn – A Tear – Sing For The Moment – Urban Perfume

    Pause

    „Songs without Words – Händels Opern in zeitgenössischem Gewand“

    Georg Friedrich Händel (1685–1759)Giulio Cesare for a FluteOuverture„Priva son” – Traurig„Se infiorito” – Noch’n Blumenstück

    Concerto in B for Recorder and StringsAllegro (1. movement)

    Rinaldo curiosly fitted & Contriv’d for a Single FluteOuverture – Staccato – Jigg„Lascia ch’io pianga” – ein trauriges Stück„Bel piacere e godere” – Heiter„Abruggio, avampo e freno” – Furios

  • 23NOVEMBER LOUNGE

    zUM KOnzeRT

    Mitten im kalten November verwandelt sich das Steintor Varieté in eine gemütliche Lounge, in der man in Sesseln und auf Sofas mit einem Drink ein Konzert der Extraklasse erleben kann. Dabei werden die Grenzen zwischen Genres, Stilen und Epochen aufgebrochen: Jazzige Grooves treffen auf Minimal Music, barocke Melodien auf elektronische Klänge. In Verbindung mit einem außergewöhnlichen Raum- und Lichtkonzept entsteht das Erlebnis direkter Nähe zu Musikern und Musik — in einer Atmosphäre, in der Neue Musik, Barock und DJ-Sounds aus New York, Dresden, San Francisco und Hamburg zum vibrierenden Puls der Metropolen verschmelzen.

    Michael Gordon wurde 1956 in Florida geboren. Er sammelte Erfahrungen in New Yorker Underground-Rockbands und studierte Komposition bei Martin Bresnik an der Yale University. Beides schlägt sich in Michael Gordons Werken nieder, die u. a. den Strömungen des Post-Minimalismus zugerechnet werden. Neben Ensemble- und Orchesterwerken ist er mit Musiktheater-Kompositionen hervorgetreten, darunter What to Wear, uraufgeführt in Los Angeles, und Aquanetta für die Oper Aachen. Videokunst und experi-mentelle Präsentationsformen sind oft wichtige Gestaltungselemente seiner Werke. Michael Gordon ist außerdem mit Julia Wolfe und David Lang Gründer des Festivals Bang on a Can und des gleichnamigen legendären New Yorker Ensembles.

    Rhythmische Kraft und physische Energie zeichnen das Violinkonzert von John Adams aus, das er als Metapher auf ein Gedicht des kalifornischen Poeten Robert Hass schrieb. Das Orchester steht dabei für den Körper aus Blut, Gewebe und Knochen, die Violine für den Traum der hindurchfließt.

    Musik für die Hosentasche In seinem neuesten Projekt, den Pocket Symphonies, gelingt es dem Allrounder Sven Helbig, die unter-schiedlichen Einflüsse miteinander zu verschmelzen. Es sind kurze Stücke „mit sinfonischer Tiefe“ (Helbig), die den Hörgewohnheiten in Zeiten kurzer MP3-Clips entgegenkommen. „Wenn man eine dreieinhalb-minütige Sinfonie schreibt, entsteht automatisch ein Song. Es gibt da eine genetische Verwandtschaft. Damit meine ich das Kräftespiel von zwei dominanten Melodien. Viele gute Songs verdanken ihre starke Wirkung der polaren Spannung des Strophen- und Refrain-Themas. Oft kann man in solchen Songs sogar die Bestandteile eines Sonatenhauptsatzes ausmachen. Es gibt die Themen, die Durchführung, manchmal eine Modulation, Reprise. Natürlich ist es eine entfernte Verwandtschaft, aber wenn man eine Sinfonie in allen Dimensionen von Länge, Dynamik und Affekten staucht, bleibt ein Song übrig. Insofern sind die ‚Pocket Symphonies‘ tatsächlich sinfonische Songs.“ Dass die Stücke oft mit Filmmusikclips verglichen wurden, sieht Helbig gelassen: „Sobald man eine schöne Melodie schreibt, die zudem noch reflektiert, was man als heutiger Künstler empfindet, entsteht die Assoziation zum Film. Viele Komponisten wären total verunsichert, wenn man ihre Musik mit Filmmusik vergleichen würde. Ich finde das hingegen schön, denn diese Stücke sind kleine Spaziergänge durchs Leben.“ Und weiter: „Ich liebe ,gefällige‘ Musik und auch monochrome Alben, die in einer Stimmung verbleiben. Seit Beethoven wurde Musik immer mehr zu einer Sache auf Leben und Tod, zu Mozart, Bach und Palestrina hingegen, konnte man sich entspannen. Ich habe überhaupt nichts gegen Musik, die ,gut zum Essen funktioniert‘ – oder von mir aus ,gut im

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201324

    Fahrstuhl‘ – das ist für mich ein Kompliment! Qualität hat nichts mit dem Grad an Anstrengung zu tun, den der Hörer aufwenden muss, um sich Musik anzuhören. ,Air‘ aus Bachs 3. Suite für Orchester oder Mozarts ,Kleine Nachtmusik‘ sind doch keine schlechten Musiken, das kann mir doch niemand erzählen!“ (Dr. Harald Hodeig, gekürzt)

    Songs without Words: Das verspricht ein aufregendes Experiment zu werden. Im Konzert kommunizie-ren Musiker, die auf historischem Instrumentarium spielen, mit einem Künstler der elektronischen Avant-garde. Das Klangerlebnis im Konzert wird den Hörer überraschen. Werke von Georg Friedrich Händel werden remixt oder gesampelt, die Themen aus Händels Opern live gespielt und natürlich improvisiert, wie es im 18. Jahrhundert üblich war. Das Wechselspiel von barocken Klängen bringt Johannes Malfatti ganz zeitgenössisch auf Touren. Er arbeitet live an seinem Mischpult, verfremdet die Klänge des Orches-ters, manipuliert sie in Echtzeit. So entsteht ein ebenso subtil-musikalischer wie humorvoller Dialog mit dem Orchester.

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  • 25

    KünSTleRBIOGRAFIen

    Der amerikanische Violinist Chad Hoopes tritt, seit er den Yehudi Menuhin Preis gewonnen hat, mit zahlreichen Ensembles weltweit auf. Im Alter von vier Jahren begann er mit dem Violinunterricht. Später studierte er am Cleveland Institute of Music bei David Cerone und Joel Smirnoff. In der Saison 2011/2012 war Hoopes der dritte Artist in Residence in der Geschichte des „Classical Minnesota Public Radio“. Zu seinen jüngsten Debüts gehören Konzerte mit Orchestern wie dem Vancouver Symphony, dem San Francisco Symphony, dem Cleveland Orchestra, dem Kammerorchester Brüssel, dem Orchestra of the Welsh National Opera und dem Trondheim Symphony. Chad Hoopes ist seit 2009 regelmäßiger Gast beim Menuhin Festival in Gstaad. Er konzertierte beim Tuscan Sun Festival in Cortona und erhielt Einladungen u. a. zum Mecklenburg-Vorpommern Festival und den Dresdner Musikfestspielen. Der 1994 geborene Hoopes lebt in Cleveland. Er spielt eine Stradivari von 1713.

    Das Fauré Quartett gründete sich 1995 und sorgt in der Welt der Kammermusik seit Jahren für Furore. Das Ensemble erforscht neue Klangfelder der Kammermusik. Es bringt Kompositionen auf die Bühne, die bislang oft wenig Beachtung fanden. Mittlerweile gelten die vier Musiker als Visionäre ihres Fachs. Ihre Auftritte mit Künstlern wie Rufus Wainwright, der NDR Big Band oder Sven Helbig haben dem Quartett Kultstatus eingebracht. Im Jahr 2010 erhielt das Ensemble den ECHO Klassik für „Klassik ohne Grenzen“, bereits der zweite nach den Klavierquartetten von Brahms 2008. Die Ehrungen reichen vom Preis des Deutschen Musikwettbewerbs und internationalen Wettbewerbspreisen über die Deutsche Schallplatten-kritik bis hin zum Brahmspreis der Brahms Gesellschaft Schleswig-Holstein 2012.

    Das älteste Radio-Orchester Deutschlands ist der Botschafter für die reiche mitteldeutsche Musiktradition von Johann Sebastian Bach bis heute. Weltweit sind die Musiker auf Gastspielen und Tourneen oder über die Europäische Rundfunkunion zu hören und wurden für ihre Aufnahmen mehrfach ausgezeichnet. Über

    NOVEMBER LOUNGE

    Chad Hoopes Fauré Quartett

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201326

    die Tradition hinaus überschreitet das MdR SInFOnIeORCHeSTeR als moderne Klanginstitution von Rang gern mit zeitgenössischen Kompositionen und innovativen Formaten die klassischen Grenzen und verlässt für musikalische Experimente den Konzertsaal. Ein besonderes Anliegen sind den Musikern die musikpädagogischen Programme des MDR SINFONIE-ORCHESTERS, die kommende Generationen begeistern. Chefdirigent ist seit der Saison 2012/13 Kristjan Järvi, selbst ein Garant für neue musikalische Wege.

    Kristjan Järvi ist seit September 2012 Chefdirigent des MDR Sinfonieorchesters in Leipzig. Er wurde 1972 in Tallinn, Estland geboren und ist in den USA aufgewachsen. Er studierte Klavier bei Nina Svet- lanova an der Manhattan School of Music und Dirigieren bei Kenneth Kiesler an der University of Michigan in Ann Arbor. Nach seinem Studium arbeitete Järvi beim Los Angeles Philharmonic, dem Opern- und Sinfonieorchester Norrland, dem Königlichen Philharmonieorchester in Stockholm, Schweden, und dem Tonkünstler-Orchester Niederösterreich in Wien. Järvi ist Gründer und künstlerischer Leiter des Baltic Youth Philharmonic und ist Dirigent bei zahlreichen Orchestern, wie dem London Symphony Orchestra, dem City of Birmingham Symphony Orchestra, dem Orchestre de Paris, der Sydney Symphony und den Berliner Philharmonikern. Sein Engagement für Musik aller Genres spiegelt sich wider in der Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Komponisten wie John Adams, Benny Andersson, Goran Bregovic, Tan Dun, Renée Fleming, HK Gruber, Eitetsu Hayashi, Marcel Khalifé, Arvo Pärt, Paquito D’Rivera, Esa-Pekka Salonen und Joe Zawinul. Kristjan Järvi lebt mit seiner Familie in Florida und Leipzig.

    Johannes Malfatti ist ein in Berlin lebender und arbeitender Komponist und Diplom-Tonmeister, und Absolvent der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg. Mit seiner Band Transformer di Roboter ist er seit 2002 auf Bühnen in ganz Europa zu Gast, als Mitglied des Noise-Kollektivs Chlor-ge-schlecht, das für sein Album Unyoga eine Honorary Mention bei der ARS Electronica 2004 erhielt, trat er 2009 in Royan und Bordeaux auf. Mit dem kanadischen Pop-Trio „Ensemble“ arbeitete er mit Björk, Cat Power, Lou Barlow und Dominique A. zusammen. Malfatti komponiert elektronische Musik, macht

    Johannes Malfatti Kristjan Järvi

  • 27

    klassische Arrangements für kleine Besetzungen oder großes Orchester und schreibt Musik für zahlreiche Filme. Seit 2005 ist er in Tanz- und Theaterproduktionen unter anderem für Laurie Young, Mikel Arístegui und Rainer Strecker tätig und arbeitet mit Künstlern wie Candice Breitz, Arno Coenen, D-L Alvarez und Benny Nemerofsky Ramsay zusammen.

    Das Hamburger elbipolis Barockorchester (Elbipolis = Stadt an der Elbe) versteht sich als Ensemble mit regionalen Wurzeln und Verbindungen zur eigenen Musikgeschichte, das offen für vielfältige internatio-nale musikalische Entwicklungen und Traditionen ist. 1999 gegründet, kann das Barockorchester eine rege Konzerttätigkeit sowie zwei CD-Veröffentlichungen vorweisen. Einladungen in die Kölner Philharmonie und zum Alten Werk des NDR Hamburg, zu Festivals wie dem Schleswig-Holstein Musik Festival, den Händel-Festspielen Halle, den Musikfestspielen Potsdam-Sanssouci, den Tagen Alter Musik Herne, dem Bremer Musikfest, dem Festival Musica Antiqua Brügge und dem Rheingau-Musik Festival markieren Meilensteine in der Biografie. 2010 wurde das Ensemble vom Goethe-Institut zu Konzerten in Süd- amerika eingeladen, 2011 debütierte Elbipolis in Brüssel auf Einladung des Palais des Beaux Arts.

    NOVEMBER LOUNGE

    Elbipolis Barockorchester Hamburg

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201328

    Die Wellemit KulturFIGARO ist Radiogenuss der schönsten Art.Ein werbefreies Programm mit handverlesener Musik für Hörer mit Geschmack und Köpfchen. Abwechslungsreich und wohltemperiert,anregend und besinnlich.Kurz: Kultur und gut.

    Frequenzenund Livestream:

    fi garo.de

    HörerinSophia Baron

  • 29

    CAnTATe ITAlIAne

    Yetzabel Arias Fernandez, Sopran

    Maria Hinojosa Montenegro, Sopran

    la RisonanzaTrompete: Paolo BacchinVioline 1: Elin Gabrielsson, Silvia Colli, Chiara ZanisiVioline 2: Rossella Croce, Rossella Borsoni, Ulrike Slowik Viola: Gianni de RosaVioloncello: Caterina Dell’Agnello Kontrabass: Roberto Stilo

    Musikalische Leitung: Fabio Bonizzoni, Cembalo

    FReITAG | 15. nOVeMBeR 2013 | 19.30 UHR | löWenGeBäUde (AUlA deR MARTIn-lUTHeR-UnIVeRSITäT HAlle-WITTenBeRG)

    CANTATE ITALIANE

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201330

    dAS pROGRAMM

    Georg Friedrich Händel (1685–1759)Diana cacciatrice: „Alla caccia” Kantate für Sopran mit Chor und Instrumente HWV 79 Textdichter: unbekannt (wahrscheinlich Franceso Mazziotti)

    Georg Friedrich Händel Aminta e Fillide: „Arresta il passo“ Kantate für 2 Soprane und Instrumente HWV 83Textdichter: unbekannt (wahrscheinlich Francesco Mazziotti)

  • 31CANTATE ITALIANE

    zUM KOnzeRT

    Angeblich soll Gian Gastone de Medici Georg Friedrich Händel in Hamburg getroffen und ihn nach Italien eingeladen haben, um sich dort auf dem Gebiet der Musik weiterzubilden, den italienischen Stil und den italienischen Geschmack kennen zu lernen. Händel ließ sich inspirieren; er fuhr erst nach Florenz und traf spätestens im Dezember 1706 in Rom ein. Dort komponierte er zunächst für den Marchese Francesco Maria Ruspoli. In Italien hielt er sich in Florenz, Neapel, Venedig und Rom auf, schrieb die Opern Agrippi-na und Rodrigo, die Oratorien Il Trionfo del Tempo e del Disinganno und La Resurrezione, die Serenata Aci, Galatea e Polifemo, lateinische Kirchenmusik, einige Kammerduette und -terzette, zahlreiche Kantaten für Solo und Basso continuo und große Kantaten mit Instrumenten. Zu letzteren zählen auch die in diesem Konzert gespielten „Alla caccia“ und „Arresta il passo“.

    „Alla caccia“ (Diana cacciatrice) HWV 79

    „Alla caccia“ ist eine Jagdkantate, besetzt mit Solosopran, Chorsopran, Trompete, zwei Violinen und Basso continuo. Händel komponierte sie für seinen Gönner Francesco Maria Ruspoli. Dem neuesten Forschungs-stand zufolge war sie vermutlich zur Aufführung bei einer Rotwildjagd mit Pferden und Hunden auf Ruspolis Anwesen in Cerveteri im Februar 1707 bestimmt. Anhand von Dokumenten aus Ruspolis Besitz kommt Ursula Kirkendale zu dem Schluss, dass Diana cacciatrice am Abend des 23. Februar während einer conversazione, eines Gesellschaftsabends, erklungen sein muss. Die Hauptakteure waren die Sängerin Margherita Durastanti und Händel. Wer den Chorsopran (übrigens ebenfalls eine Solostimme) gesungen und wer die Instrumente gespielt hat, ist nicht bekannt.Bis heute konnte nicht vollständig geklärt werden, wie die Kantate in ihrer ursprünglichen Gestalt aussah. Ruspolis Rechnungsbüchern zufolge soll die Abschrift des Kopisten Antonio Angelini 52 Seiten umfasst haben (eventuell gehörten hier noch die ausgeschriebenen Stimmen dazu). Es sind bisher jedoch nur 12 Seiten von Händels originaler Handschrift aufgefunden worden. Das Autograph gelangte zunächst in den Besitz von Fortunato Santini, eines römischen Komponisten und Priesters, der Musikhandschriften sam-melte. Dieser zertrennte das Manuskript und verschenkte die einzelnen Teile an verschiedene Empfänger. Auch nach dem Fund eines weiteren Notenblattes aus dem Autograph (publiziert 2004) mit dem Rezita-tiv Tacete, olà, tacete, das in der Hallischen Händel-Ausgabe (1994/1999) noch nicht enthalten ist, und einer gestrichenen Version des Solo e Coro Alla caccia, von der man nicht weiß, ob Händel sie selbst verworfen hat oder ob sie aufgeführt wurde, ist es nicht sicher, ob nicht noch weitere Bestandteile fehlen. Wäre die Streichung vom Komponisten selbst, dann müssten die überlieferten Sätze folgendermaßen angeordnet werden: 1. La Marche, 2. Recitativo Alla caccia, 3. Aria Foriera la tromba, 4. Coro Alla caccia (2. Version), 5. Recitativo Tacete, olà, 6. Arietta Di questa selva. Fabio Bonizzoni hat sich dafür entschieden, die Kantate mit beiden Versionen des Coro Alla caccia aufzuführen. „Diana cacciatrice“ beginnt mit einem Marsch. Dann ruft Diana ihre Nymphen zur Jagd auf. Sie sollen ihre Waffen herrichten, die Hunderudel zusammenstellen und noch vor Sonnenaufgang zu Pferde in den Wald aufbrechen. Nicht das Horn, wie man es bei einem solchen Anlass erwarten würde, sondern die Trompete erklingt. Im Chor erschallt der Aufruf, den Gott der Liebe vorübergehend zu vergessen, sich ganz dem

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201332

    Vergnügen der Jagd hinzugeben und die Beute zu hetzen. Diana und ihre Nymphen nähern sich schwei-gend dem Wald. So lange der treue Melampo Diana auf den unsicheren Wegen begleitet, fühlt die Göttin der Jagd sich im Wald sicher. (Melampo war einer der Hunde des Jägers Aktaeon, den Diana in einen Hirsch verwandelte und von seinen Hunden zerreißen ließ, weil er sie beim Baden beobachtet hatte.)Da die Kantate nach Abschluss der Jagd aufgeführt wurde, könnte man vermuten, dass dem Aufruf zur Jagd ursprünglich auch noch eine Beschreibung derselben folgte.Im gesamten Verlauf der Kantate sind deutlich die typischen Motive der Jagdmusik herauszuhören. Der Marsch beginnt mit Tonrepetitionen, nachempfunden dem Begrüßungssignal zur Jagd. Charakteristisch im weiteren Verlauf sind die Dreiklangsmotive und Quartsprünge. Mit einem Quartsignal beginnt auch das erste Rezitativ. Besonders reizvoll ist der Coro Alla caccia mit seinen zweifachen Echoeffekten: erst der zweite Sopran, dann die Trompete imitieren nacheinander das Motiv des ersten Soprans. Die Arie Di questa selva ist ein Menuett. Händel entlehnte dafür die Musik der Arie Hebet und senket den fertigen Fuß aus der Oper Die edelmütige Octavia, die der Geiger, Komponist und Tanzlehrer Pantaleon Hebenstreit 1705 für Reinhard Keisers Werk komponiert hatte. Als Abschluss erklingt die kurze Fassung des Coro und umschließt so den zweiten Teil der Kantate wie einen Rahmen.

    Aminta e Fillide: „Arresta il passo“ HWV 83

    „Arresta il passo“ ist eine dramatische Kantate für zwei Soprane, Streicher und Bassi von außergewöhn-licher Länge. Textdichter ist vermutlich Francesco Mazziotti. Es gibt verschiedene Meinungen darüber, wann Händel das Werk komponiert haben könnte, doch die Theorie von Ursula und Warren Kirkendale, Händel habe sie für sein Debüt in Rom bei Marchese Francesco Maria Ruspoli geschrieben, wo sie ver-mutlich am 26. Dezember 1706 zu einer seiner regulären conversazioni aufgeführt wurde, ist sehr über-zeugend. „Arresta il passo“ kann die Aufforderung an den Neuankömmling Händel sein, bei Ruspoli zu bleiben. Dass die Aufführung bei der conversazione zu Weihnachten stattgefunden haben könnte, schließt Ursula Kirkendale aus der Textstelle „Dio bambin“ in der Arie Nr. 6. Man kann annehmen, dass Margherita Durastanti und Pasqualino Tiepoli die Sopranpartien gesungen haben. Die Kantate wurde noch erweitert: Die Arie „Chi ben ama“, das Rezitativ „E pur, Filli vezzosa“, die Arie „Non si può“ und das Rezitativ „O felice in amor“ wurden nachträglich eingeschoben. Später ließ Ruspoli das Werk am 14. Juli 1708 zur „Sommerweihnacht“, die die Accademia degli Arcadi zelebrierte, wie aus dem Bericht ihres Präsidenten Giovanni Maria Crescimbeni hervorgeht, noch einmal in seinem Garten in der via Merulana aufführen. Anna Maria de Piedz sang die Rolle des Aminta, Margherita Durastanti die der Fillide.Der Hirt Aminta hat sich in die schöne Nymphe Fillide verliebt. Sie weist ihn zurück und flieht vor ihm, er verfolgt sie. Es entspinnt sich ein Wortwechsel. Aminta wirft Fillide Grausamkeit vor, Fillide hält es für eine Torheit, jemanden anzubeten, der die Liebe verschmäht. Aminta versucht, sie zu überzeugen, dass Liebe etwas köstliches ist, doch die Nymphe will frei sein und kein Liebesleid erdulden müssen. Allmäh-lich zeigen jedoch Amintas Worte eine Wirkung auf Fillide, die sie aber nicht zulassen will. Er soll schwei-gen, denn seine Worte besitzen zu große Macht. Doch Aminta redet weiter und erweicht Fillides Wider-stand, bis sie sich schließlich nicht mehr wehren kann. In der Arie Nr. 6 „Sento il Cieco Dio bambin“ gibt sie zu, dass Amors Pfeil sie getroffen hat. Sie kann sich der Liebe nicht mehr entziehen. Aminta hat ge-siegt, und er verspricht Fillide die Treue. Der süße Liebesschmerz bringt beiden schließlich Freude und

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    Zufriedenheit. Beharrlichkeit und Treue können mit Hilfe der Götter ein unerbittliches und grausames Herz doch besiegen.Händel greift geschickt die Grundstimmung der einzelnen Handlungsabschnitte auf und zeigt schon kurz nach seiner Ankunft in Italien die große Palette seiner ihm zur Verfügung stehenden Gestaltungsmöglich-keiten. Die Struktur der Orchesterbegleitung in den verschiedenen Sätzen ist sehr abwechslungsreich, und er verwendet viele Tanzsätze. Die Kantate beginnt mit einer getragenen französischen Ouverture (später für Rinaldo in gleicher Funkti-on verwendet), die in einen furiosen Teil (Flucht der Fillide vor dem sie verfolgenden Liebhaber) übergeht, der durch Amintas atemlosen Ausruf „Arresta, arresta il passo“ abrupt beendet wird. Aminta bittet die Nymphe, ihn anzuhören, die Instrumente begleiten den Gesang im A-Teil unisono. Der B-Teil, lyrisch und bittend, wird nur vom Continuo begleitet.Die folgende Arie „Fiamma bella“, entlehnt aus Reinhard Keisers Orpheus Ander Theil (Hamburg 1702), ist ein koketter Walzer im 9/8-Takt, ein richtiger Ohrwurm, den Händel in seiner Oper Agrippina gleich wieder verwendete, so wie auch viele der anderen Sätze dieser Kantate in den späteren Opern Händels neues Leben eingehaucht bekamen. „Forse ch’un giorno“ ist eine Continuo-Arie, charakterisiert von einem lebendigen Thema der Basslinie mit einem Dezimensprung am Anfang, das kontinuierlich in Sequenzen wiederholt wird. In „Fu scherzo, fu gioco“ animierte der Text Händel zu musikalischen Spielereien, die Leichtigkeit, Schwung und Humor in die Musik zaubern. Das sind beispielsweise die Kontraste zwischen Forte und Piano, Trio-lenpassagen, die einen reizvollen Kontrast bilden, und Wechsel zwischen Soli und Tutti. Wunderbar, elegisch und verführerisch ist die Arie Nr. 5 „Se vago rio fra sasse frange“ im 12/8-Takt. Das Orchester spielt pizzicato. Händel verwendete sie als Arie für zwei Sirenen „Il vostro maggio de’bei verdi anni“ in der zweiten Fassung von Rinaldo wieder. Nach dieser Arie Amintas gibt Fillide ihren Widerstand auf, und in der folgenden lyrischen Arie „Sento il Cieco Dio bambin“, überschrieben mit amoroso, gesteht sie, dass sie verwandelt ist. Verwandelt ist auch ihr musikalischer Tonfall, sie wirkt nicht mehr widerspenstig. Freudig bejubelt Aminta seinen Sieg in „Al dispetto“ in langen Koloraturen auf dem Rhythmus eines Menuetts. Fillides Arie „È un foco quel d’amore“ ist eine feurige Gigue mit retadierenden Momenten, die den Kon-trast der Gefühle der von Liebesglut durchdrungenen Nymphe eindrucksvoll widerspiegelt. Diese Arie wurde ebenfalls in Agrippina übernommen. Aminta besingt Beständigkeit und Treue in einer Bourrée: „Chi ben ama non paventi“. Die Streicher agieren hier im Wechsel zwischen tutti und soli, Liebe und Treue werden mit lang ausgehaltenen Tönen und ausgedehnten Koloraturen untermalt, die Arie verklingt im Pianissimo. Für Fillides letzte Arie, in der sie Glück und Liebesglut schildert, wählte Händel den Grundrhythmus eines Passepied, eines leichten französischen Rundtanzes, der den Hörer in eine heitere fröhliche Stimmung versetzt. Die Kantate schließt mit einem kontrapunktisch gearbeiteteten virtuosen Duett der zusammen-geführten Liebenden.

    Annette Landgraf

    CANTATE ITALIANE

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201334

    KünSTleRBIOGRAFIen

    Die Sopranistin Yetzabel Arias Fernandez wurde in Kuba geboren und studierte Chorleitung am Ama-deo Roldán Konservatorium und Gesang am Instituto Superior de Arte in ihrer Heimatstadt Havanna. In Mailand vervollständigte sie ihre Studien bei Vincenzo Manno und Fernando Cordeiro Opa. Sie gewann zahlreiche Preise und arbeitete mit den besten italienischen Ensembles barocker Musik wie der Accademia Bizantina, La Risonanza, Academia Montis Regalis, dem Arion Ensemble, Orchestra Milano Classica, La Venexiana, I Barocchisti, Sinfonieorchester der RAI Turin mit Dirigenten wie Ottavio Dantone, Diego Fasolis, Antonio Florio, Ruben Jais, Helmuth Rilling. In Händels Il Trionfo del Tempo e del Disinganno sang sie die Rolle der Piacere. Mit Fabio Bonizzoni nahm sie mehrere CDs für das Label Glossa auf, dar-unter Händels Clori, Tirsi e Fileno.

    Die spanische Sängerin María Hinojosa Montenegro wurde 1979 in Sabadell geboren und schloss ihr Diplom in Gesang und Lied an der ESMUC Barcelona mit dem höchsten Prädikat und einer Ehrenauszeich-nung ab. Es folgte eine intensive Tätigkeit als Sängerin bei den wichtigsten europäischen Festivals, in Südamerika und den USA in Interpretationen der Hauptrollen des barocken und des klassischen Reper-toires sowie des Belcanto. Sie arbeitet mit bekannten Formationen der Alten Musik zusammen, u. a. unter der Leitung von Gabriel Garrida, Ottavio Dantone, Rinaldo Alessandrini, Eduardo Lopez Banzo, Enrico Onofri, Pablo Heras Casado, Pablo Gonzalez und Martin Gester. Ihr Tätigkeitsfeld erstreckt sich auf Kom-positionen vom Barock bis hin zur zeitgenössischen Musik.Unter ihren zahlreichen CD-Produktionen finden sich beispielsweise Einspielungen von Gli Amori d’Apollo e di Dafne von Cavalli unter Gabriel Garrido, Peter Philips, un ingles en la Flandes espanola mit der Capella

    Maria Hinojosa MontenegroYetzabel Arias Fernandez Fabio Bonizzoni

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    Mediterranea, Vivaldis Juditha Triumphans unter Ottavio Dantone, J. Castels barocke Zarzuelas La Fontana del Placer, Boccherinis La Clementina und G. Bonos L’Isola Disabitata unter Pablo Heras. Zu ihren nächsten Projekten zählen u. a. Rollen in Porporas Oper Semiramide riconosciuta mit der Accademia Bizantina und Pergolesis La Salustia beim Festival Pergolesi Spontini in Jesi.

    la Risonanza, 1995 von Fabio Bonizzoni gegründet, ist ein Ensemble, das aus Sängern und Instrumen-talisten besteht. Das Kammerorchester musiziert auf historischen Instrumenten. Bevorzugtes Repertoire ist Musik im italienischen Stil vom Ende des 17. und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.Die erste CD, die das Ensemble 1996 einspielte, ist vollständig Girolamo Frescobaldi gewidmet. Es folgten CDs mit der Missa Non sine quare von Johann Caspar Kerll, Kantaten von Barbara Strozzi und Luigi Rossi, Giuseppe Sammartini, Michel Corrette und mit den Orgelkonzerten von Joseph Haydn. Seit 2002 arbeitet La Risonanza mit dem spanischen Label Glossa zusammen und spielte 2009 alle Kantanten mit Instru-menten von Georg Friedrich Händel ein. Die erste CD mit den Kantaten für Kardinal Pamphili wurde mit dem „Stanley Sadie Handel Recording Prize 2007“ ausgezeichnet.

    Fabio Bonizzoni ist ein italienischer Cembalist und Organist. Er studierte von 1987 bis 1994 unter Ton Koopman am Königlichen Konservatorium in Den Haag. Nachdem er, meist als Continuo-Spieler, in einigen der bedeutendsten Orchestern für Alte Musik wie Le Concert des Nations unter Jordi Savall, dem Amster-dam Baroque Orchestra unter Ton Koopman und Europa Galante unter Fabio Biondi gewirkt hatte, arbei-tet er jetzt vorwiegend als Solist und Leiter seines eigenen Ensembles La Risonanza.Fabio Bonizzoni ist Professor für Cembalo an den Konservatorien in Trapani (Italien), Lugano (Schweiz) und Den Haag (Holland). Er ist Präsident der Associazione Hendel, einer Gesellschaft, die sich dem Stu-dium von Händels Musik in Italien widmet.

    La Risonanza

    CANTATE ITALIANE

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201336

    dAS TeXTBUCH

    Georg Friedrich Händel Diana cacciatrice: „Alla caccia” Kantate für Sopran mit Chor und Instrumenten HWV 79 Textdichter: unbekannt wahrscheinlich Francesco Mazziotti)

    RecitativoAlla caccia, o mie ninfe seguaci, pria che il sol coi raggi il giorno indori, l’armi ognuna prepare, e il can veloce al proprio branco affidi. Già son pronti I destrieri, andiam su liete alla vicina selva, dei cignali alla preda e d’ogni belva.

    1. AriaForiera la tromba la meta c’addita, col suono c’invita a un sì lieto dì.E allorchè rimbomba con voce scolpita, un eco l’imita dicendo così:

    2. CoroAlla caccia,mie fide compagne, e solo un momento ognuna dal core del nume d’amore si privi e disfaccia.

    RecitativoTacete, olà, tacete,già vicina e la selva,ove il valor di Filli,di Clori ed Amarillipompa far dee.Su via, nimfe seguaci,sitibonda ogn’un sia di preda,e intanto in voi sia destoun nobile furore,e gareggin fra lorla destra e il colore.

    3. AriettaDi questa selva fra dubbie vieMelampo fido sia scorta al piè.Nulla pavento, sia notte o die,mentr sicura son di sua fè.

    4. CoroAlla caccia,mie fide compagne,

    Auf zur Jagd, zur Jagd, o meine getreuen Nymphen! Noch ehe die Sonne mit ihren Strahlen den Tag vergoldet, richte eine jede ihre Waffen her und teile den flinken Hund seinem rechten Rudel zu. Schon sind die Pferde bereit; lasst uns froh in den nahen Wald aufbrechen, den Eber jagen und alles Wild.

    Die weit tönende Trompete zeigt uns das Ziel,mit ihrem Klang lädt sie unszu einem solch frohen Tag.Und wenn sie schallt mit eherner Stimme,ahmt ein Echo sie nachund ruft so:

    Auf, zur Jagd, meine treuen Gefährtinnen,und für kurze Zeit lasse eine jede im Herzenab von dem Gott der Liebeund sage sich los von ihm.

    Schweigt, o schweigt,schon nah ist der Wald, wo die Tüchtigkeit von Phyllis,Cloris und AmarillisEindruck machen soll.Los, Nymphen, folgt hierher! Eine jede sei begierig auf Beute,und gleichzeitig sei in euch wachein edles Ungestüm, und in euch wetteiferedie Rechte mit dem Geist.

    Auf unsicheren Wegen in diesem Waldsei der treue Melampo* Geleit meinem Fuß.Ich fürchte nichts, sei es bei Tag oder Nacht,solange ich seiner Treue sicher bin.

    Auf, zur Jagd, meine treuen Gefährtinnen,

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    e solo un momento ognuna dal core del nume d’amore si privi e disfaccia.

    Georg Friedrich HändelAminta e Fillide: „Arresta il passo“ HWV 83Kantate für 2 Soprane und InstrumenteTextdichter: unbekannt (wahrscheinlich Francesco Mazziotti)

    RecitativoAmintaArresta il passo, ninfa, di questo cor empia, tiranna! E se il duol che m‘affanna, come figlio d‘amor udir non vuoi, soffri almen, spietata, come effetto crudel de scherni tuoi.

    1. Aria. AmintaFermati, non fuggir!lasciami pria morir,Fillide ingrata!

    Scorgi la mia costanza,poi, se rigor t‘avanza,scacciami del tuo sen,bella ostinata!

    RecitativoAmintaQuesta sol volta almeno odi le mie querele,ascolta i miei sospiri.FillideTu mi chiami crudele senz‘avvederti ancoraquanto lontan del giusto erri e deliri.AmintaDunque l‘amarti e l‘adorarti, o cara, stimiuna follia?FillideSeguir chi fugge e chi l‘amor disprezza è proprio d‘alma a delirare avvezza.

    2. Aria. FillideFiamma bella che la ciel s‘invia,s‘Euro infido gli nega l’effetto,cangia a forza l‘usato sentier.

    Così ancora se cruda, se ria,te discaccio da questo mio pettovolgi altrove l‘amante pensier.

    und für kurze Zeit lasse eine jede im Herzenab von dem Gott der Liebeund sage sich los von ihm.

    *ein Hund des Aktaeon (Ovid, Metamorphosen III)

    (Übersetzung von Frieder Flesch und Annette Landgraf)

    RezitativAmintaHalt an den Schritt, Nymphe, grausame Tyrannin über dieses Herz! Und wenn du von dem Leid, das mich quält als eine Folge der Liebe, nichts hören willst, so dulde es wenig-stens, Mitleidlose, als die grausame Wirkung deines Spotts.

    1. Arie. AmintaHalt an, fliehe nicht,erst lass mich sterben, undankbare Fillide!

    Sieh meine Beständigkeit, dann, wenn deine Härte bestehen bleibt,verjage mich aus deinem Herzen,hartnäckige Schöne!

    RezitativAmintaWenigstens dieses eine Mal höre meine Klagen, höre auf meine Seufzer!FillideDu nennst mich grausam, ohne auch nur zu bemerken, wie weit du von der Wahrheit abweichst und irre redest.AmintaAlso hältst du, o Geliebte, es für eine Torheit, dich zu lieben und anzubeten?FillideJemandem anzuhängen, der einen flieht und die Liebe ver-schmäht, ist einem Herzen eigen, von dem man gewohnt ist, dass es nicht bei sich ist.

    2. Arie. FillideDie schöne Flamme, die zum Himmel aufsteigt, muss ihre gewohnte Bahn ändern, wenn der unbeständige Euro [der Südostwind] ihr die Wirkung streitig macht.

    So wende auch du, wenn ich hart und grausam dich aus meinem Herzen verjage, woandershin deine verliebten Gedanken.

    CANTATE ITALIANE

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201338

    RecitativoFillideCredi a’ miei detti, Aminta, e lascia in pace me, che per genio e per costume antico ho troppo in odio l‘amorosa face.AmintaCome in odio aver puoi quella face d‘amor che ogni momento si vede sfavillar ne‘lumi tuoi?

    3. Aria. AmintaForse ch’un giorno il Dio d‘amorepotrebbe al corepiaga formartiche sia mortal.Che bel mirartiallor languire,penar, soffrirel‘aspre punture d‘acuto stral.

    Recitativo FillideInvano, invan presumi scuotere il mio pensierche di Cupido l‘arco schernisco e dello stral mi rido.

    AmintaDeh! per pietà rispondi, ninfa bella e crudele, se ti specchiasti mai nel rio, nel fonte, come amor non asconde di tua rara beltade?E se ami e se conosci del tuo volto gentil tutti i tesori perché non brami ancor che altri adori?

    FillidePerché non vuò, pastor, ch’il fonteo il rio s‘accrescan coll‘umor del pianto mio.

    4. Aria. FillideFu scherzo, fu giocochi disse ch’il focodel nume di Gnidocontento ci dà.Quel cor che non penanell‘aspra catenacosì per dilettocantando sen va.

    Recitativo FillideLibero piè fugga dal laccio e i giornicoll‘aura sol di libertà respiri.AmintaQuei che sembran martiriche han faccia di tormentid‘ogni amator nel seno, Fillide, in un balenosi cangiano in piaceri e contenti.

    RezitativFillideGlaube meinen Worten, Aminta, und lass mich in Frieden, die ich aus Vernunft und althergebrachter Gewohnheit Hass hege gegen die Flamme der Liebe.AmintaWie kannst du Hass empfinden gegen jene Fackel der Liebe, die man jeden Moment in deinen Augen strahlen sieht?

    3. Arie. AmintaVielleicht vermag eines Tages der Gott der Liebe dir eine Wunde zuzufügen, die tödlich sein wird.Wie schön, dich dann schmachten, leiden sehen, erdulden die scharfen Stiche des spitzen Pfeils.

    RezitativFillideUmsonst maßt du dir an, meine Meinung zu erschüttern, denn ich verachte Cupidos Bogen, und seinen Pfeil verlache ich.AmintaAch, um Himmels willen, antworte, schöne und grausame Nym-phe, wenn du dich jemals im Bach, in der Quelle gespiegelt hast, wieso verbirgst du nicht deine Liebe zu deiner auserlesenen Schönheit? Und wenn du alle Köstlichkeiten deines reizenden Antlitzes kennst und liebst, warum verlangt es dich nicht auch danach, dass ein anderer sie verehrt?FillideWeil ich nicht will, Schäfer, dass die Quelle und der Bach anschwellen von der Flut meiner Tränen.

    4. Arie. FillideEs war Scherz, es war Spaß, wer immer auch sagte, dass die Glut des Gottes von Gnido [Cupido]Zufriedenheit schenkt.So singt das Herz, das nicht leidet in harten Banden, vergnügt vor sich hin.

    RezitativFillideFrei soll der Fuß der Schlinge entfliehen, und alle Tage will ich nur die Luft der Freiheit atmen.AmintaWas Leiden zu sein scheint, was den Anschein von Qualen hat, wandelt sich, Fillide, im Herzen eines jeden Liebenden im Nu in Vergnügen und in Freude.

  • 39CANTATE ITALIANE

    Dunque se ciò t‘affrenavieni pur lieta, o cara,incontro alla dolcissima catena.FillideTaci, pastor, non più.AmintaCome dunque, crudele,più ascoltarmi non vuoi?FillideNo, perché han troppo forza i detti tuoi.AmintaAh! barbara, inumana,se la giusta cagione dell‘amor mionel mio parlar comprendi,come di pari ardor tu non t‘accendi?

    5. Aria. AmintaSe vago riofra sasse frangel‘amato argento,al fin contentoposa nel mare.Ma il ciglio mioche sempre piange,non trova senoche porge frenoal suo penare.

    Recitativo FillideD‘un incognito fuocogià sento a poco a pocole vampe entro del seno.Mia cara pace, addio!Vuol di me vendicarsi il cieco Dio.

    6. Aria. FillideSento il Cieco Dio bambincol strale suo divinm‘ha il sen piagato.E già questo mio corpiù non ricusa amored è cangiato.

    Recitativo AmintaFelicissimo punto in cui nel senola fiamma ti giunge, e l‘amoroso dardo il cor ti punge.

    7. Aria. AmintaAl dispetto di sorte crudelecostante e fedelequest‘alma sarà.Che se Filli ad amarmi si muove,son chiare le provedi sua fedeltà.

    Wenn also dies dich zurückhält, geh nur freudig, o Teure, den süßesten Banden entgegen.FillideSchweig, Hirte, nicht weiter!AmintaSo willst du also, Grausame, mich nicht länger anhören?FillideNein, denn deine Worte besitzen zu große Macht.AmintaAch, Grausame, Unmenschliche, wenn du den rechten Grund meiner Liebe aus meinen Worten erkennst, wieso entbrennst du nicht in gleicher Glut?

    5. Arie. AmintaWenn der liebliche Bach auch an den Felsen die geliebten Silberwellen bricht, ruht er am Ende doch zufrieden im Meer.Aber mein Auge, das ständig weint, findet kein Herz, das sein Leiden endet.

    RezitativFillideSchon fühle ich in meiner Brust allmählich die eines unbekannten Feuers. Mein geliebter Friede, lebe wohl! Der blinde Gott will sich an mir rächen.

    6. Arie. FillideIch spüre, dass der himmlische Knabe mit seinem göttlichen Pfeil meine Brust verwundet hat,und schon lehnt dies mein Herz Liebe nicht mehr ab und ist verwandelt.

    RezitativAmintaAllerglücklichster Augenblick, da meine Glut dich erreicht und der Pfeil der Liebe das Herz dir verwundet.

    7. Arie. AmintaDem grausamen Schicksal zum Trotz wird diese Seele beständig und treu sein;denn wenn Fillide sich dazu bewegen lässt, mich zu lieben, sind klar die Beweise ihrer Treue.

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201340

    RecitativoFillide:Vincesti, Aminta, e l‘amoroso affannoper dichiararmi affatto di libertade priva,già nell‘anima mia si fa tiranno;ma con tanta dolcezzausa i rigori che il rio martoro,quando mi giunge in senoveste manto di gioia e di tesoro.

    8. Aria. FillideÈ un foco quel d‘amoreche penetra nel core,ma come, non si sa.S‘accende a poco a pocoma poi non trova locoe consumar ti fa.

    RecitativoAmintaGloria bella di Aminta mirar Fillidevaga dalla sua fedeltà costretta e vinta.FillideSì, sì, vincesti.Aminta, FillideEd io fedele amante …Ed io sempre costante …Fillidedirò che non fu mai vana speranzavincer l‘altrui rigor con la costanza.Amintaridir potrò, che spargere querelenon fu mai vista indarno alma fedele.

    9. Aria. AmintaChi ben ama non paventidi trovar un dì pietà.Che ministre dei contentison costanza e fedeltà.

    Recitativo AmintaE pur, Filli vezzosa risolvi di dar pacealle mie pene?FillideLa mia gioia, il mio bene,altri non è che Aminta,e questo corearde tutto per te d‘immenso amore.

    10. Aria. FillideNon si può dar un corsì felice in amorcome il cor mio.Quel bene che mi piacesente la stessa face,

    RezitativFillideDu hast gesiegt, Aminta, und das Liebesleid macht sich schon zum Tyrannen über mein Herz, um mich für gänzlich der Freiheit beraubt zu erklären; aber mit solcher Süße gebraucht es seine Härte, dass die bittere Qual, wenn sie mein Herz trifft, in den Mantel von Freude und von Köstlichkeit gekleidet ist.

    8. Arie. FillideDie Liebesglut durchdringt das Herz, doch wie, das weiß man nicht.Sie entzündet sich allmählich, aber dann kennt sie keine Grenzen und verzehrt dich ganz.

    RecitativoAmintaEs ist Amintas schöner Ruhm, die reizende Fillide von seiner Treue bezwungen und besiegt zu sehen.FillideJa, ja, du hast gesiegt.Aminta, FillideUnd treu liebend …Und immer treu …Fillidewerde ich sagen, dass es niemals eitle Hoffnung war, eines anderen Strenge durch Beharrlichkeit zu besiegen.Amintawerde ich sagen können, dass man nie ein treues Herz vergeblich wehklagen gesehen hat.

    9. Arie. AmintaWer recht liebt, zweifle nicht, eines Tages erhört zu werden;denn die Dienerinnen der Glücklichen sind Beständigkeit und Treue.

    RezitativAmintaUnd nun willst du, reizende Fillide, meinen Leiden Frieden schenken?FillideMeine Lust, mein Glück ist kein anderer als Aminta, und mein Herz brennt ganz für dich in grenzenloser Liebe.

    10. Arie. FillideEs kann kein Herz geben, das so glücklich in der Liebe ist wie mein Herz.Der Geliebte, der mir gefällt, fühlt dieselbe Glut,

  • 41CANTATE ITALIANE

    ed hanno le nostre almeun sol desio.RecitativoAminta / FillideO felice in amor dolce tormento,se partorisce al fin gioie e contento!

    11. Duetto. Aminta / FillidePer abbatter il rigore d‘un crudel spietato core forte scudo è la costanza e il valor di fedeltà.Volga al cielo i sguardi, ai numichi al fulgor di quei bei lumi vuol nutrire la speranza di trovar un dì pietà.

    und unsere Herzen haben nur einen Wunsch.RecitativoAminta / FillideO glücklich der süße Liebesschmerz, wenn er am Ende Freuden und Zufriedenheit hervorbringt!

    11. Duetto. Aminta / FillideUm die Unerbittlichkeit eines grausamen, mitleidlosen Herzens zu besiegen sind ein starker Schild die Beharrlichkeit und die Tugend der Treue.Wer am Glanz jener schönen Augen die Hoffnung nähren will, eines Tages Erhörung zu finden, richte zum Himmel, zu den Göttern den Blick.

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201342

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    QUALITÄT IN OKTAVEN UND OKTANQUALITÄTGeorg Friedrich Händel begeistert

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    Musikalische Leitung: William Christie

    dAS pROGRAMM

    Georg Friedrich Händel (1685–1759)

    „The ways of Zion do mourn“ HWV 264Funeral Anthem for Queen Caroline (Trauer-Anthem für Königin Caroline)Text: nach verschiedenen Texten des AT zusammengestellt von George Carleton (?)

    Pause

    „Silete venti“ HWV 242 Motette für Sopran und obligate InstrumenteText: Paolo Antonio Rolli (?)

    Concerto grosso op. 6 Nr. 6 g-Moll HWV 324Largo (e) affettuoso – A tempo giusto – Musette: Larghetto – Allegro – Allegro

    „The King shall rejoice“ HWV 260 Coronation Anthem IIIText: Psalm 21, V. 1, 5, 3 (Book of Common Prayer)

    Das Konzert wird von MDR Figaro aufgezeichnet und am 17.11.2013, 19.30 Uhr, gesendet.

    SAMSTAG | 16. nOVeMBeR 2013 | 19.30 UHR | KOnzeRTHAlle UlRICHSKIRCHe

    FESTKONZERT MIT WILLIAM CHRISTIE UND LES ARTS FLORISSANTS

  • „HÄNDEL IM HERBST“-TAGE 201344

    zUM KOnzeRT

    Als Queen Caroline (Wilhelmine Karoline von Brandenburg-Ansbach) am 20.11.1737 nach langer Krankheit starb, verlor Großbritannien eine seiner beliebtesten und einflussreichsten Königinnen. Die Gemahlin von König Georg II. hatte sich nicht nur durch Toleranz, Klugheit und politisches Geschick ausgezeichnet, sondern auch durch ihr Engagement für Wissenschaft und Kunst. Einer ihrer besonderen Schützlinge ist Händel gewesen, den sie seit dessen Zeit in Hannover gekannt, geschätzt und hinsichtlich aller Belange, die mit seiner Position am Hof zusammenhingen, gefördert hatte. Wie hoch Händel in der Gunst der Königin – und des Königs – stand, zeigt sich nicht nur darin, dass er bereits zur Krönung von Georg II. und Caroline am 11. Oktober 1727 Musik komponieren durfte (Coronation Anthems), sondern auch in seiner Bevorzugung vor einheimischen Komponisten bei der Auswahl der Trauermusik für Königin Caroline.Händel arbeitete vom 5. bis zum 12. Dezember 1737 an dem Anthem „The ways of Zion do mourn“. Auf-grund komplizierter Baumaßnahmen, die vorab am Bestattungsort vorgenommen werden mussten, wurde die Königin erst am Abend des 17. Dezembers in einer etwa dreistündigen Zeremonie in der Henry VII’s Chapel in der Westminster Abbey beigesetzt. Den Abschluss des Gottesdienstes bildete Händels Musik. Ohne Solisten, ausschließlich für fünfstimmigen Chor und Orchester geschrieben, ist das Funeral Anthem Händels einziges echtes „Full Anthem“. Mit zwei Oboen, zwei Violinen, Viola, Fagott und Basso continuo steht es der Gruppe der kleiner besetzten Anthems für die Chapel Royal näher als den großbesetzten. 1737 jedoch wurde es in einer geradezu überwältigend starken Besetzung dargeboten. Die Literatur schwankt zwischen einer Zahl von 140 bis 180 Mitwirkenden, unter ihnen Musiker aus der königlichen Kapelle und dem Opernorchester und Choristen von der Chapel Royal, Westminster Abbey, St. Paul und Windsor. Obgleich kein öffentliches Begräbnis, wurde es einer Königin angemessen mit Pracht zelebriert. So ließ die königliche Familie eigens für die Aufführung von Händels Trauermusik vom hofeigenen Orgel-baumeister Christopher Shrider in der Kapelle eine Orgel errichten. Wie es in einem Brief des Bischofs von Chichester, Francis Hare, vom 18. Dezember 1737 an seinen Neffen geschrieben steht, wurde der englische Text des Funeral Anthem aus diversen Bibelversen vom „Sub-Dean“ zusammengestellt. Nach neuen Erkenntnissen handelt es sich hierbei wohl nicht, wie landläufig angenommen, um den Sub-Dean der Westminster Abbey, Edward Willes, sondern um den Sub-Dean der Chapel Royal, George Carleton. Vorlage für die Psalmverse war das Book of Common Prayer, für die üb-rigen Bibelstellen die King James Bible. Im Einzelnen sind dies (nach der Zählung Martin Luthers): Nr. 2: Klagelieder Jeremias 1, V. 4 und 11; 2, V. 10 Nr. 3: 2. Samuel 1, V. 19; Klagelieder Jeremias 1, V. 1 Nr. 4: Hiob 29, V. 14 Nr. 5: Hiob 29, V. 11 (mit Ersetzung der 1. Person Sing. durch die 3.) Nr. 6: 2. Samuel 1, V. 19; Klagelieder Jeremias 1, V. 1

    Nr. 7: Hiob 29, V. 12 (mit Ersetzung der 1. Person Sing. durch die 3.); Sirach 36, V. 25; Philipper 4, V. 8 (NT) Nr. 8: 2. Samuel 1, V. 19; Klagelieder Jeremias 1, V. 1 Nr. 9: Psalm 112, V. 6; Daniel 12, V. 3 Nr. 10: Sirach 44, V. 13

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    Nr. 11: Sirach 44, V. 14 und 15; Weisheit Salomos 5, V. 15 Nr. 12: Weisheit Salomos 5, V. 16 Nr. 13: Psalm 103, V. 17.Die genannten Bibelstellen wurden nur in Teilen in den Text des Funeral Anthem übernommen, um einen fortlaufenden Wortsinn zu erhalten. Händel behandelte den Text dabei als Einheit und unterteilte ihn selbst in inhaltliche Abschnitte, denen bestimmte Emotionen zugrunde liegen. Die auf psychologisch und theo-logisch durchdachte Weise geordneten Stimmungen führen von expressiver Klage (Nr. 2, 3, 6, 8), friedvol-ler Trauer und Lobpreis auf die verstorbene Königin (Nr. 4, 5, 7) hin zu Hoffnung und Gotteslob (Nr. 9–13). Händels Komposition setzt diese Inhalte in wunderba