Document

20
2 4 12 Philippinen vor den Wahlen Servants-Prinzipien: Ganzheitlichkeit Fussballprofis im Slum SERVANTS Nr.41 / Mai 2004 NEWS to Asia's Urban Poor

description

http://www.onesimo.ch/dateien/newsletter/newsletter_maerz.pdf

Transcript of Document

2

4

12

Philippinen vor den Wahlen

Servants-Prinzipien: Ganzheitlichkeit

Fussballprofis im Slum

SERVANTS Nr. 41 / Mai 2004

N E W Sto Asia's Urban Poor

Ich darf mich als SchweizerVorbild fühlen. Denn ich fülle regelmäs-sig meinen Stimmzettel aus und schickeihn rechtzeitig in die Schweiz. Neulichwar den Abstimmungsunterlagen einekreativ gestaltete Broschüre beigelegt. Sieinformierte über die Stimmbeteiligungund warb für eine aktivere Teilnahme.Ich fand dieses illustrierte Heft sehrunterhaltsam und staunte über dieSchweizer Bemühungen, um die Bürgerbei Laune und an der Urne zu halten.

Im Mai werden auf den Philippi-nen die Präsidentin oder der Präsidentund der Senat gewählt. Mein NachbarRolan will an den Wahlen teilnehmen.Bedingung ist eine vorgängige Registrie-rung, um welche sich Millionen von Bür-gern bemühen. An einem Samstagnach-mittag verabschiedete sich Rolan frühervon der Arbeit als sonst. Er fuhr zurStadtkanzlei mit der Absicht, sich regis-trieren zu lassen. Dort traf er auf eineWarteschlange, wo sich Menschen überviele Dutzend Meter einreihten. Weilviele Bürger nur am Wochenende Zeit fürdie Registrierung haben, war er daraufvorbereitet. Er kam allein, andere hattenkleine Kinder dabei, weil sie offenbarnicht für den ganzen Tag einen Babysitterfanden. Die Schlange bewegte sich biszum Abend nur sehr langsam vorwärts.

Gegen neunzehn Uhr wurde Rolan klar,dass er nicht mehr vor Schalterschlussans Ziel kommen konnte. Egal, wie vieleLeute noch warten, um zwanzig Uhr wirdgeschlossen. Erbarmungslos. Rolan wollteheimgehen, erkundigte sich aber noch,um welche Zeit er morgen wieder kom-men sollte. Von den Umstehenden erfuhrer, dass um drei Uhr früh bereits wiedersehr viele Leute kämen. Viele verbringendie ganze Nacht dort, um in der Schlange

weiter vorne zu sein, wenn der Schalterum acht Uhr wieder öffnet. Auch Rolanentschied sich, in dieser Reihe zu über-nachten. Sogar zahlreiche Eltern bliebenmit ihren Kindern da.

Auf Schubkarren wurden einfa-che Speisen gekocht und dann verkauft.Die Wartenden hatten nun stundenlangZeit, um miteinander zu plaudern, auf dieKinder zu achten oder zu versuchen, zwi-schendurch einzunicken. Tatsächlich tra-fen um drei Uhr früh wieder neue Men-schen ein, die ganz hinten anstehen muss-ten. Vermutlich rechneten sie damit, dieErsten zu sein um diese Zeit.

Der Schalter öffnete am Sonn-tagmorgen punkt acht Uhr. Rolan kamum elf Uhr dran. Die Bearbeitung undAbgabe der Unterlagen brauchte dannauch noch eine Zeitlang. Um dreizehnUhr war er zurück zu Hause, wo er für denRest des Wochenendes noch etwas ausru-hen konnte. Endlich.

Regula Hauser

Die ganze Nacht in der Warteschlange, nur umzu wählen

Qualen der Wahlen

Die Wartenden

verpflegen sich am rollenden

Verkaufswagen

2

P h i l i p p i n e n

Wahlplakate dominieren

auch die Armenviertel

Am falschen Ort parkiert.

Auswüchse der Korruption

3

P h i l i p p i n e n

Herausforderungen der neuen Regierung

Wieder sind vier Jahre vorbei.Wahlen stehen vor der Tür. Wieder setzenviele ihre Hoffnung auf einen neuenPräsidenten. Die Herausforderungen sindallerdings überwältigend:

● BevölkerungZu den 84 Millionen Einwohnern kommt jährlich ein Geburtenüberschuss von gegen 2 Millionen.

● ArmutÜber ein Drittel ist arm. 40% der Kin-der unter 6 Jahren leiden an Fehl- oder Mangelernährung. Untergewicht verlangsamt die geistige Entwicklung undbeeinträchtigt später die Produktivität.

● BildungZu den 17 Mio. Schulkindern kommen über 10 Mio. Kinder ohne Schule. DieRegierung hat zu wenig Geld für Lehrerund Schulhäuser.

● LöhneDer obligatorische Mindestlohn beträgtin Manila sFr. 6.50. Das Leben einer Fa-milie mit vier Kindern kostet aber dasDoppelte! Ausserdem erhalten wohl viele Tagelöhner nicht einmal den Mindestlohn.

● ProstitutionIn den Philippinen arbeiten gegen eine halbe Million Prostituierte. Viele Frauensind mangels Alternativen dazu ge-zwungen.

● KriegSeit 1972 sind im Bürgerkrieg 42 000 Filipinos umgekommen. Die Armee kämpft gegen Guerillas in den Bergen und Wäldern. Ein neuer Krieg gegen eine moslemische Minderheit im Süden kostet täglich über 4 Mio. sFr.

● VerschuldungDie Regierung bezahlt jährlich rund 12 Mia. Schuldzinsen. Das ist mehr als die Hälfte der Staatsausgaben.

● KorruptionLaut einer Studie der Weltbank hat der philippinische Staat während zweiJahrzehnten 48 Mia. US-Dollars durch Korruption verloren.

Christian Schneider

Zahlen aus der Zeitung „Inquirer“,15. Februar 2004

schaften inklusive ihrer sozialen undwirtschaftlichen Strukturen. Was für eineNachricht, für uns und für die Armen!

Jesus sagt: "Mit mir ist der Geistdes Herrn, weil er mich berufen hat. Erhat mich beauftragt, den Armen die froheBotschaft zu bringen. Den Gefangenensoll ich die Freiheit verkünden, den Blin-den sagen, dass sie sehen werden, undden Unterdrückten, dass sie bald vonjeder Gewalt befreit sein sollen. Jetzterlässt Gott alle Schuld." Als Christen istJesu Auftrag auch unser Auftrag. Jesusmöchte, dass alle Menschen in denGenuss seiner frohen, frei machenden,ganzheitlichen Botschaft kommen.

Wir versuchen, unseren Nach-barn und Freunden im Slum ganzheitlichzu dienen. Das ist leichter gesagt als ge-tan. An besonderen Anlässen können wirsie zu einem guten Essen einladen. Dannwerden ihre Mägen wieder mal so richtiggut gefüllt. 220 Menschen aus unsererNachbarschaft kamen am letzten Weih-nachtsfest in den Genuss eines solchenEssens. Wir boten ihnen gebratene Hühn-chenstückchen an. Das können sie sichnormalerweise nur einmal im Monat leis-ten. Das stillte ihren Hunger für einenTag; vielleicht musste es auch für zwei,drei Tage reichen. Aber wie soll es danachweitergehen? Dann sind sie wieder aufsich alleine gestellt. Dann gibt es wiedernur Reis und Linsen, nicht ausgewogengenug, um gesund zu bleiben. Wir kön-nen nicht Tausende von Nachbarn ge-sund ernähren. Wir wollen auch nichtMenschen von uns und unserer Hilfeabhängig machen. Und wir wollen auchkeine Ungleichheiten schaffen: Wenn wirnicht allen helfen, gibt es immer Benach-teiligte – und Eifersucht. Hier im Slum le-ben die Menschen sehr dicht beieinan-der. Da weiss immer jeder, was der anderebesitzt, sogar, was im Kochtopf der Nach-barn vor sich hin brät.

Die Hütten unserer Nachbarnfallen fast auseinander. Wir könntenihnen helfen, sie zu renovieren; Geldspenden, damit Material gekauft werdenkann. Aber früher oder später wird unsereganze Slumnachbarschaft entlang derBahnlinie vertrieben. Warnungen gab esschon viele, und manchmal sind ganze

In dieser Reihe schreiben Praktikervor Ort über die fünf Prinzipien von Servants.Nach diesen Prinzipien leben und arbeitenalle Servants-Mitarbeiter.

Bei „Ganzheitlichkeit“ denke ichzuerst an „ganzheitliche Medizin“: Medi-zin und Pflege für den ganzen Menschen,in seinen physischen und psychischenNöten. Und genau so ganz soll auch unse-re Mission sein, ein Dienst für den ganzenMenschen.

Vor einigen Jahren besuchte ichServants in Manila. Ein paar Mitarbeiternahmen mich mit zu dem grossen undstinkenden Abfallberg. Ich war zu Tränenschockiert, als ich das Elend sah, in dem

die Menschen dort le-ben. Da wurde mir be-wusst, dass Worte nichtreichen, um den Men-schen in den Slums zuhelfen. Es reicht nicht,ihnen zu sagen, dass sievon ihren sündigen We-gen umkehren müssen,weil sie sonst in dieHölle kommen. DieseMenschen, genauso wieeine Milliarde Menschenweltweit, leben hier undjetzt in der Hölle. DasLeben, wie Gott es sichvorstellt, sieht nicht soaus, dass ein Sechstelder Menschheit in un-

würdigen Umständen auf Abfallbergenund in Slums leben muss. Darum kam ervor 2000 Jahren auf unsere Welt und ver-kündete ein ganzheitliches Evangelium.Die gute Nachricht, die Jesus gebrachthat, will alle Bereiche des Lebens positivverändern: die Beziehung zu Gott, die Be-ziehung zu meinen Mitmenschen und zumir selbst, die Beziehung zur Schöpfung.Und nicht nur einzelne Menschen sollenverändert werden, sondern auch Gesell-

Servants-Prinzipien Teil III: Ganzheitlichkeit

Wenn wir die

Slumbewohner zu einem

guten Essen einladen,

werden ihre Mägen endlich

wieder mal so richtig gut

gefüllt

Servants

4

5

Das Evangelium gibt Trost,

Mut, Orientierung und mehr;

Brot und Wasser für die Seele

Servants

Polizeieinheiten aufgetaucht, um dieSlumbewohner fortzuschicken. Das obersteGericht hat entschieden, dass die Hüttender illegalen Bewohner auf dem Land derEisenbahn durch Bulldozer niedergewalztwerden. Warum sollen da die Menschenviel investieren? Unsere Nachbarn flickendie Löcher in den Wänden mit Karton,Plastik und Stoffstücken. Während derRegenzeit wird einfach noch ein StückPlastik auf dem Dach festgemacht. JedesJahr wieder. Renoviert wird nicht. Ver-ständlicherweise.

Ja, warum verdienen diese Men-schen nicht einfach mehr? Dann wärenNahrung und Wohnung weniger einProblem. Aber regelmässige Arbeit, faireLöhne, gute Arbeitsbedingungen undeine sinnvolle Tätigkeit, die ihnen Würdeund mehr Selbstvertrauen gibt – das allesist für die Armen ein Fremdwort: Sie wer-den ausgenutzt, schlecht behandelt undnoch schlechter bezahlt. Eine Frau ausder Mittelklasse wollte unsere Nachbarinim Slum für 3.50 SFr. im Monat als Haus-haltshilfe anstellen. Dasist sogar für lokale Ver-hältnisse eine Zumu-tung.

Offen gesagt,lässt die Arbeitsmotiva-tion unter den Armenauch oft zu wünschenübrig. Manche nehmenes mit dem Arbeitenwirklich nicht so ernst.Aber neben den faulengibt es auch sehr harteArbeiter. Nur: Die ver-dienen auch nicht vielmehr. Die schlechte Ar-beitseinstellung liegt oftdaran, dass die Men-schen gar keine Hoff-nung mehr haben, dass sich in ihremLeben überhaupt etwas positiv verändernkann.

Viele Hilfeleistungen könnenmaterielle Not lindern. Aber wir erleben,dass die emotionalen Nöte grösser sindund schlimmer. Wie also können wirihnen ganzheitlich helfen? Wir glauben,dass es unser Auftrag ist, ihnen emotionaleine Stütze zu sein, ihnen Freude weiter-zugeben. Freude am Leben, Freude amKleinen, Freude an den guten Seiten desTages, sogar wenn ihre Lebensbedingun-gen ausweglos scheinen. Wir versuchen,sie oft in ihren Hütten zu besuchen, mitihnen Zeit zu verbringen, mit ihnenzusammenzusitzen und ihnen zuzuhö-ren. Sie fühlen sich geehrt, wenn sie unssüssen Tee und einen Snack anbietenkönnen. Wir lernen ihre Freuden, ihreNöte und ihre Lebenskraft kennen undwerden Freunde. (Es ist für sie ein Privileg,Ausländer bei sich zu Besuch zu haben.Sie vergessen unseren Besuch ihr Leben

● Wir wollen, dass das gesamte Evan-gelium in Wort, Tat und Kraft zum Ausdruck kommt.

● Wir sind dazu berufen,die Botschaft von Jesus zu verkünden, Menschen zu Jüngern Jesu zu berufen, Gemein-den zu gründen, mitzuleiden, Zer-störerischem entgegenzutreten, mit-zuwirken, dass ganze Armenviertel sich zum Guten verändern, und in der Vollmacht des Geistes zu leben und zu arbeiten.

● Wir sind uns bewusst: Ein Dienst unter den Armen bewirkt kaum et-was, es sei denn, das ganze Evan-gelium wird auf alle Bedürfnisse der Armen angewendet.

● Wir versuchen, Ungerechtigkeit auf-zudecken und zerstörerischen Struk-turen entgegenzutreten – jedoch ohne dabei irgendeine Form von Gewalt anzuwenden. Jesus liess kei-nen Zweifel an seinem ganzheitli-chen Auftrag:

„Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Ent-lassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zer-schlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.“ Lukas 4, 18 - 19

s e r v a n t s

p r i n z i p i e n

Diener seinGanzheitlichkeit

GemeinschaftTeil werden

chen sind! Oft erzählen sie aus ihremLeben, von schwierigen Umständen,schlimmen Erlebnissen. Wir versuchen,ihnen emotionale, psychische Unter-stützung zu geben. Aber wir kommen oftan unsere Grenzen. Wie gut, dass wir ei-nen Gott haben, der an unseren Grenzenerst so richtig loslegt.

Bildung und Unterweisung sindbestimmt wichtig für diese Frauen. Aberin diesem Land regiert das Kastensystem.Und weil sie arm sind, werden dieseFrauen ihr Leben lang in eine Kaste einge-teilt. Aus der zu entkommen, scheint un-möglich.

Nur durch Jesus kann da Befrei-ung geschehen: Vor ihm ist die ärmsteHaushaltshilfe dem reichsten Hausherrngleichgestellt! Bei Jesus ist jeder Menschgleich wichtig. Das ist die beste Nachrichtfür die Armen. Wir glauben, dass dieseNachricht der Kern aller ganzheitlichenHilfe für die Slumbewohner ist. Der Glau-be an Jesus Christus ist eine Kraft, die denMenschen komplett verändert. Diese Kraftist die Antwort auf psychische, physische,emotionale und vor allem geistliche Not!Ganzheitliche Hilfe verstehen wir kurzgesagt so: Menschen zu einem Leben mitJesus einladen und ermutigen – und unsgleichzeitig für Bedingungen einsetzen,in denen dieses neue Leben blühen undgedeihen kann. Denn Gott möchte dasHerz, das Denken, die Arbeitseinstellung,die ganze Lebens- und Zukunftsperspek-tive eines Menschen verändern! Und ver-änderte Menschen können ihre Nachbar-schaft, ihre Stadt, ihr Land verändern.

M. & K.

6

Ganzheitlichkeit schliesst

auch das Geld mit ein

Bild: © Friedel Ammann

Servants

lang nicht.) In unsererArbeit mit jungen Frau-en aus den Slums erle-ben wir das innere Va-kuum des fehlendenSelbstwertes immer wie-der sehr stark. Als Frauist man in diesem Landnicht viel wert. EineFrau ist bereits ein Fluch,wenn sie geboren wird;wenn sie überhaupt ge-boren wird, da sehr vieleweibliche Föten gleichabgetrieben werden. Das

Sparen für die Mitgift bei ihrer Heiratbeginnt sofort nach der Geburt und bela-stet eine Familie, bis sie ihre Tochter„los“ ist; das heisst, bis die Familie einenEhemann für sie „gekauft“ hat. Frauenhaben immer einen Mann, der über siebestimmt: zuerst der Vater, dann derEhemann, später der Sohn. Frauen sindin diesem Land dazu bestimmt, einLeben lang ihre Mannschaft zu bedie-nen. Die meisten Frauen im Slum habenTeilzeitjobs als Haushaltshilfen oder müs-sen zuhause bleiben und das Haus hüten.Schulbildung wird ihnen nur etwa biszur vierten Klasse zugestanden, danachwerden sie zuhause oder in einemMittelklassehaushalt als Hilfe angestellt.Wir arbeiten mit jungen Frauen, die indiesen Umständen aufgewachsen sindund leben.

Sie erhalten eine sechsmonatigeAusbildung im Nähen und in der Her-stellung von Papierprodukten, in Eng-lisch und in christlichen Werten. Danacharbeiten sie an Bestellungen und werdenpro Stück bezahlt. Unzählige Male amTag müssen wir sie ermutigen und ihnenBestätigung geben. Sie brauchen es, im-mer wieder ein „Du schaffst es!“ zu hö-ren. Sie haben sehr wenig Selbstvertrau-en. Viele haben bisher ständig gesagtbekommen, dass sie zu nichts zu gebrau-

immer noch dort und die Schmerzen quä-len sie. Eine saubere Wundreinigung istim Strassenschmutz kaum möglich. Alseine zwanzig Zentimeter grosse Brand-blase aufplatzt, fährt Daniel mit ihr insSpital, begleitet von zwei Teenagermäd-chen. Joshua bleibt bei der Tante zurück.Das Spital will sie zuerst abweisen. DieHartnäckigkeit und die weisse Hautfarbevon Daniel verhelfen nach stundenlan-gem Warten zu einer Behandlung.

Nika hat Angst vor der Infusionund will zurück zu ihrem Bruder. Mit derZeit werden auch die beiden Teenies un-geduldig und einige Überredungskunstist nötig, um ihnen klar zu machen, dasssie nun gebraucht werden, um auf Nikaaufzupassen und sie zu verpflegen. Das isthier Sache der Angehörigen, Kranken-schwestern gibt es keine. Um einer Infek-tion vorzubeugen, muss Nika drei Tageim Spital bleiben. Aber was kommt nach-her, zurück auf der Strasse? Steht für dieseSituation eine Hilfsorganisation bereit?

Kindliches GottvertrauenNach ihrer Entlassung wohnt

Nika einige Tage bei Onesimo, zusammenmit ihrem Bruder. Die Wunden verheilennur langsam. Unzählige Telefonate sindnötig, bis das Hilfswerk CMC Help Inter-national die beiden Geschwister proviso-risch aufnimmt. In der Zwischenzeit ha-ben sie sich dort gut eingelebt und habenauch die Zusage, bei CMC bleiben zu dür-fen. Später darf Nika einmal das neue Team-zentrum von Onesimo besuchen. Ihr kind-liches Gebet vor dem Essen ist von tiefemGottvertrauen geprägt, gewachsen in jenenschmerzhaften Tagen im Spital.

Nika sieht aus wie ein Geist. Ge-sicht, Bauch, Beine und Arme des sieben-jährigen Mädchens sind mit einer dickenSchicht Zahnpaste eingestrichen, um sei-ne Verbrennungen ein wenig zu kühlen.Für ein besseres Mittel fehlt den Leutenhier in Quiapo/Manila das Geld.

Vom Feuer entstelltAls eine Dose im Müll explodiert

ist, hat Nika ihren zweijährigen BruderJoshua mit ihrem eigenen Körper vor demFeuer geschützt. Die Flammen haben ihrGesicht entstellt und ihre Haare ange-sengt. Ihr Körper ist voll von schmerzhaf-ten Brandblasen. Am Unfallstag kommtauch ein Team von Onesimo mit DanielWartenweiler nach Quiapo. Als sie an-kommen, stürzt eine Kinderschar auf siezu: „Kommt schnell, Nika hat sich ver-brannt!“ Zuerst braucht Nika viel zu Trin-ken und dann müssen ihre Wunden ge-reinigt werden. Schliesslich setzen sichdie Helfer von Onesimo mit den Kindernum Nika herum und beten, dass sie wie-der gesund wird. Mehr lässt sich an die-sem Abend nicht tun.

Nikas Eltern konsumieren Dro-gen und sind zur Zeit wegen Diebstahl imGefängnis. Die Mutter ist mit zwanzig an-deren Frauen in eine kleine vergitterteZelle eingepfercht. Nun ist Nika allein fürden kleinen Joshua verantwortlich. Einweiterer Bruder ist vier Jahre alt und seiteinem Jahr verschollen. Jetzt gehen sietäglich zusammen auf die Strasse, um zubetteln.

Spital ohne Kranken-schwesternNika hat auch eine Tante, die aber

kaum für ihre eigenen acht Kinder auf-kommen kann und ihr Geld jeweils raschverspielt. Dennoch verspricht sie, Nika amnächsten Tag zum Arzt zu bringen. DasOnesimo-Team fährt wieder nach Hause.Daniel Wartenweiler schaut an den fol-genden Tagen wieder vorbei. Nika ist

Mädchen rettet den kleinen Bruder

7

Gefängniszelle von Nikas

Mutter

Nika und ihr kleiner

Bruder Joshua

Nika nach vier Tagen

Spitalaufenthalt

P h i l i p p i n e n

Die siebenjährige Nika ist nun allein für ihrenkleinen Bruder verantwortlich.

Vor einem Jahr habe ich begon-nen, Kinder auf der Strasse zu besuchen.Damals träumte ich davon, dass andereLeute die Leidenschaft für diese Kids mitmir teilen. Nun staune ich, was seitheralles entstanden ist. Heute sind wir einTeam von sechs Leuten, vor allem aus denOnesimo-Gemeinschaften. Junge Men-schen aus zerbrochenen Familien, ehe-mals Süchtige und Kriminelle kümmernsich nun um vernachlässigte Strassen-kinder.

Im Herbst konnten wir ein erstesLager mit 23 Strassenkindern zwischenvier und zwölf Jahren im Camp Rockdurchführen. Die grosse Herausforderunghat mir die beiden Dimensionen unsererArbeit bewusst gemacht: die jungen Mit-arbeiter und die Kinder. Seit letztemSommer verbringen wir zwei Abende inder Woche als Outreach auf den Strassenvon Quiapo in Manila. Dort treffen wirdie Kinder, die im Camp Rock dabeiwaren. Die Freundschaften haben sichüber die Kinder auch auf die Eltern undNachbarn der Strassenfamilien ausge-dehnt.

Im Februar haben wir unserTeamzentrum im Slumgebiet San Roque

eröffnet, wo ich seitanderthalb Jahren lebe.Das Zusammenleben in-spiriert uns für die Ar-beit und unsere Bezie-hungen können sichvertiefen.

Daniel Wartenweiler

Neu: Onesimo Kids

8

Mitarbeiter von Onesimo Kids berichten

„Ich darf in einem ganz neuenDienst von Onesimo unter kleinerenStrassenkindern mitarbeiten. Die Kinderkommen aus verschiedenen Orten, gehennicht mehr zur Schule und ihnen fehltdie Liebe der Eltern. Heute war Outreachund wir haben die Kinder wieder gese-hen. Wir haben einander vermisst. Diemeisten Kinder haben viele Wunden,sind schmutzig und riechen übel. Aberviel wichtiger ist unsere Beziehung zuihnen und zur Nachbarschaft. Wir habenmiteinander gespielt und nachher auf derStrasse etwas gegessen. Wenn ich mitihnen zusammen bin, fühle ich michglücklich und leicht. Ein Mädchen hatmir gesagt: ‚Ich bin nur glücklich, wennihr hier seid. Sonst habe ich niemandenzum Reden.’ So habe ich ihr etwas Zeitgeschenkt und danke Gott für diese un-vergesslichen Erfahrungen. Ich bin glück-lich, hier helfen zu dürfen und glaube,dass sich auch Gott darüber freut. ImDezember durfte ich an einem Leiterkursmeine Begabung zur Leiterin entdecken.Das Gelernte kann ich in einem Sommer-camp anwenden. Ich habe viel gelernt fürmein Leben als Christin und bin stärkergeworden für die Probleme, die noch aufmich zukommen werden.“

Cherry Mae

Cherry Mae entfremdete sichvon ihrer Familie, weil sie missbrauchtwurde, und ging dann auch nicht mehrzur Schule. Vor zwei Jahren ist sie in dieMädchengemeinschaft von Onesimo ein-getreten.

P h i l i p p i n e n

Daniel Wartenweiler und

sein Team im neuen Zentrum

9

Cherry Mae engagiert sich

für Strassenkinder

Cherry Mae (zweite von

rechts) freut sich, dass sie

gebraucht wird

Daniel Wartenweiler mit

Onesimo-Strassenkindern

P h i l i p p i n e n

„Am letzten Outreach vergassich beim Spielen die Zeit. Wir spieltenmit den Kindern Ballspiele, Seilziehenund Seilspringen. Das war lustig und dieKinder waren begeistert. Später sangenwir gemeinsam und Daniel verarztete dieWunden. Nach dem Zvieri gingen wirheim und vergassen, mit den Kindern zubeten. Aber Gott versteht das und segnetuns trotzdem.“

Boy

den verrückten Stadtverkehr im Schattenund trinke ein Glas eisgekühltes Wasser.

Bei einem Ausflug in den Stadt-park nehme ich die wohltuende Aussichtauf Bäume, Blumen und grüne Wiesen inmich auf und vergesse dabei für einenMoment den alltäglichen Blick auf Ab-wasserkanäle, rohen Zement und herum-liegenden Abfall.

Nach einer strapaziösen Heim-reise aus Mindoro finden wir unsereHütte aufgeräumt und sauber. Im Kühl-schrank steht ein Krug mit gekühltem,gefiltertem Trinkwasser. Meine Freundinund Nachbarin, Jessica, hat die Staub-und Russschicht, die sich in Manila jedenTag auf alles legt, weggeputzt und mir da-mit eine grosse Freude bereitet.

Yieng, eine andere Nachbarsfrau,bringt uns die Kleider zurück, die sie füruns gewaschen hat. Der frische Duft desWaschmittels vertreibt für einen Momentdie vielen unangenehmen Gerüche desSlums. Ein kurzer Schwatz mit Yieng beieinem Glas kaltem Eistee macht michglücklich und ich bin ihr dankbar, dasssie diese grosse Arbeit für mich erledigt.

Nun sind wir wieder zurück inBasel. Täglich treffen neue Briefe und Un-terlagen ein, für die wir ein gutes Ablage-system brauchen. In unserem Keller stehtein grosser grauer Registerschrank – ideal,um unsere Papierberge darin abzulegen.Aber: Er ist abgrundhässlich, stört meinÄsthetikgefühl und passt einfach nicht inunser Haus. Ausserdem stört das unange-nehme Metallgeräusch der Schubladen.Wochenlang ringe ich mit mir undkomme zum Schluss, dass ich mit diesemwüsten Kasten leben kann und will. Chrisist erleichtert. Von den Armen in Manila

Dienstag, den 13. Januar 2004.Ein wenig aufgeregt machen wir uns aufden Weg zum Fernsehstudio, um in derSendung "Fenster zum Sonntag" ein Inter-view zu geben.

Während wir auf das Schminkenwarten, setzt sich der Begleiter eines an-deren Studiogastes zu uns, und wir kom-men ins Gespräch. Als wir seine Fragennach unserem Leben mit den Armen be-antworten, werden seine Augen gross undentsetzt-ungläubig fragt er nach: "Wiebitte, ihr habt in einem Slum gelebt? Ha-be ich euch recht verstanden?"

Im Aufnahmeraum wer-den ein paar Szenen aus Manilaeingeblendet, die den Blick frei-geben in unsere Hütte, am Randdes Abfallbergs in Payatas. Mansieht unser WC auf grauem Ze-mentboden ohne eingebauteSpülung, dafür steht eine rostigeWassertonne mit Schöpfbecherdaneben. Die anwesenden Re-daktoren und Techniker reagie-ren fassungslos: "Unglaublich,dass man als Schweizer so lebenkann!"

Ich versuche, mich indieses Hüttenleben zurückzuversetzen.War es wirklich so schlimm? Zugegeben:Dieses WC entsprach nicht meinen Vor-stellungen von Ästhetik. Aber viele Fa-milien in Slums haben gar kein eigenesWC. Ich erinnere mich an das erfrischen-de Duschen nach heissen Tagen. Aus ei-nem grossen Becher giesst man einfachWasser über sich aus. Die rote Färbungund der Geschmack durch die rostigenLeitungen spielten keine grosse Rolle.Kühles Wasser auf der verschwitzen Hautwurde oft zum unendlich erlösenden Hö-hepunkt des Tages.

Ich durfte noch viele andere sol-che Höhepunkte erleben: So sitze ichnach einer mehrstündigen Fahrt durch

Dieser abgrundhässliche Kasten

10

Servants CH

Familie Schneider,

März 2004

Regenzeit im Slum 1996:

Christine Schneider mit

Töchterchen Isabel

Stabwechsel beim Newsletter

11

Servants CH

in der ich fitter wurde am PC (das istmittlerweile lang her...). Und dann kamMarkus dazu. Er hat das Layout übernom-men und die strukturelle Verantwortung.“Markus Reist war von Mai bis August 1998auf der Müllhalde in Payatas in den „Fe-rien“ gewesen. Wieder daheim, stiess erzum Newsletter dazu.

Danke für all das, was ihr anZeit, Herz, Ideen und Festplattenspeicherin den Newsletter gesteckt habt!

Ein herzliches Dankeschön auchan Judith Baier und das Ehepaar Tanner,die jahrelang den Versand des Newslet-ters organisiert haben. Ohne euch wäredie Arbeit von Monika und Markus um-sonst gewesen.

Den Newsletter wird es weiter-hin geben: Herzlich willkommen, MarkusSiegenthaler und Rita Binkert, im Redak-tionsteam! Und für den Versand ist auchgesorgt: den haben zwei Jugendgruppenübernommen. Herzlichen Dank!

habe ich gelernt, dass Glück und Zufrie-denheit nicht davon abhängen, wie schöndie Wohnung aussieht, wie angenehmoder wie beschwerlich das Leben ist undob sich alle Probleme lösen lassen. ImGegenteil: Auch nach bald einem Jahrangenehmem Leben in der Schweiz den-ken wir gerne an die vielen glücklichenMomente in Manila zurück, die trotzallen Widrigkeiten auch zu unserem Le-ben dort gehörten.

Die Bibel ermutigt uns, dankbarund froh durchs Leben zu gehen: "Freut euch immerzu, weil ihr mit Jesus ver-bunden seid. Und noch einmal sage ich euch:Freut euch! ... Macht euch keine Sorgen, son-dern wendet euch in jeder Lage an Gott undbringt eure Bitten vor ihn.Tut es mit Dankfür das Gute, das er euch schon erwiesen hat"(Philipper 4, 4+6).

Christine Schneider

Mit dem Newsletter 40 vom De-zember 2003 haben sich Monika Thielund Markus Reist aus dem Redaktions-team verabschiedet. Markus Reist hatsechs und Monika Thiel sogar ganze zehnJahre den Newsletter gestaltet! Sie habendafür gesorgt, dass mehr als tausend Ser-vants-Freunde in der Schweiz und inDeutschland regelmässig Anteil nehmenkonnten am Leben mit den Armen undan dem, was Gott bei ihnen in Bewegungsetzt.

„1994 habe ich den Newslettervon Christine Schneider übernommen“,erinnert sich Monika Thiel. „Das warnoch die Zeit ohne Computer. Da wurdendie Texte getippt und dann mit denBildern zusammengeklebt. Eine Freundinhat mir dann beigebracht, wie das mitdem Computer funktioniert. Eine Zeitlang habe ich das Layout sogar selber amComputer gemacht, mit viel Hilfe vonStephan, meinem Mann. Das war die Zeit,

Begeistert haben sie den

Newsletter geprägt: Monika

Thiel und Markus Reist

Zur Eröffnungsfeier im März reis-ten noch zwei weitere brasilianischeFussballprofis an. Sie motivierten dieJungs und gaben den Ankick zum erstenoffiziellen Spiel. Die Slumgemeinschaftempfing die Brasilianer herzlich undhilfsbereit. In ihrer Vorfreude bauten dieJungs eine Bühne auf und dekorierten siemit vielen farbigen Flaggen. Ein Lautspre-cher verstärkte die Reden der Ehrengäste.Der Match wurde für die vielen Zuschau-er zu einem freudigen Ereignis.

Besonders freuen konnten sichauch die jungen Frauen von Conne-Xions, die fünfzig Fussballshirts herstel-len konnten. Die gelb und grün leuchten-den Tricots markierten die Teams underfüllten auch die Frauen mit Stolz, dassihre Arbeit gebraucht wird. Nun hoffensie auf viele grosse und kleine Aufträge,auch von der eigenen Slumgemeinschaft.

K. & M.

Der letzte Newsletter hat überConneXions berichtet, einer Arbeit unterindischen Frauen. Mitarbeiter von Ser-vants haben dieses Zentrum gegründet,wo junge Frauen aus den Slums eineAusbildung und Arbeit finden. Das Zielist die berufliche Selbstständigkeit, damitsie sich und ihren Familien selber helfenkönnen.

Über dreissigtausend Menschenleben in diesem Slum, das sich fünfKilometer der Bahnlinie entlangzieht.Eine brasilianische Partnermission hatdort im Februar ein Fussballtraininggestartet und konnte zwei professionellebrasilianische Trainer dafür gewinnen.Zweimal wöchentlich trainieren sie nunvierzig Jungs in zwei Altersgruppen. DasTraining findet ganz in der Nähe derSlumhütten in einem Park auf der ande-ren Seite der Bahnlinie statt. Die Jungssind sehr stolz darauf, dass erfolgreicheSportler Zeit für sie investieren. Um siekümmert sich sonst keiner freiwillig.

Brasilianische Fussballprofistrainieren indische Slumjungs

Näherinnen von

ConneXions arbeiten an

ihrer Selbstständigkeit

Junge Fussballer mit ihren

neuen Tricots

Slumjungs mit ihren

brasilianischen Trainern

Indien

Junge Frauen aus den Slums finden eine Arbeit.

13

P h i l i p p i n e n

los: Ich beschloss, für einen Monat nachManila zu gehen, um Servants und dasLeben dort näher kennen zu lernen.

Was ich in dieser Zeit erlebt ha-be, gab mir den Anstoss, mich definitivals Mitarbeiter zu bewerben. Zu meinerFreude habe ich Grünes Licht erhalten.

Während der Zeit bei IGW un-terrichtete ich in der reformierten Landes-kirche in Mühleberg teilzeitlich kirchlicheUnterweisung. Dabei entdeckte ich meineFreude und Gabe am Unterrichten vonKindern und Jugendlichen. Darum be-schloss ich nach meinem Abschluss beiIGW, eine einjährige Weiterbildung in Er-ziehung und Schulung bei Jugend mit ei-ner Mission in Texas, USA, zu absolvieren.

Seit Sommer 2003 bin ich wiederin der Schweiz und habe in diesem Gebietgearbeitet. Ich könnte mir gut vorstellen,mich auch in Manila auf diese Art undWeise zu engagieren. Aber ich will michjetzt noch nicht festlegen. Erst mal geheich hin und werde einfach mit denMenschen leben, ihre Sprache lernen,neue Freundschaften aufbauen – unddann herausfinden, wo mein Platz seinkönnte.

Ich freue mich auf die kommen-de Zeit, bin angefüllt mit guten Erwar-tungen. Gleichzeitig weiss ich, dass esbestimmt nicht nur einfach sein wird.Aber ich bin überzeugt von diesem erstenSchritt und bete, dass Jesus mir den wei-teren Weg zeigt, damit ich den Menschendort ein Segen sein kann – und sie mir.

Vor der Ausreise

Simon Fankhauser wird

Ende Juni nach Manila aus-

reisen und das Servants-Team

verstärken

Ende Juni wird Simon Fankhau-ser nach Manila ausreisen und das Ser-vants-Team verstärken. Hier stellt er sichvor:

Ich bin 28 Jahre alt (oder jung)und in Langnau im Emmental aufge-wachsen. Nach meiner Schulzeit entschiedich mich für eine kaufmännische Lehrein der Versicherungsbranche. Die Lehr-zeit waren stürmische Jahre in meinemLeben: Ich war orientierungslos und such-te verzweifelt nach einem sinnvollenLeben. In dieser Lebensphase fand ichzum Glauben an Jesus Christus.

An meinem Beruf fand ich keinebleibende Freude. Unmittelbar nach derAusbildung orientierte ich mich neu.Nach der Rekrutenschule und verschiede-nen Berufspraktika nahm ich ein halbesJahr lang an einer Jüngerschaftsschule beiJugend mit einer Mission in England teil.Dazu gehörte auch ein Einsatz in Ams-terdam/Holland. Da habe ich das ersteMal „Missionsluft“ geschnuppert: Ich lern-te Menschen aus anderen Kulturen ken-nen und schätzen. Wir halfen mit beiProjekten für obdachlose und drogenab-hängige Menschen im Rotlichtviertel.Dort realisierte ich: Mein Herz schlägt fürMenschen in Not und am Rand der Ge-sellschaft. In mir wuchs der Wunsch, meinLeben für solche Menschen zu investie-ren und gleichzeitig das Leben in eineranderen Kultur hautnah kennen zu lernen.

Wieder zu Hause angekommen,hörte ich von der theologischen Ausbil-dung beim Institut für Gemeindebau undWeltmission (IGW). Das war die Chance,mich auf dieses Ziel vorzubereiten. Imersten Kurs über Mission referierte Chris-tian Schneider. Ich hörte zum ersten Malvon Servants und den Projekten in Ma-nila. Die Bilder und Erzählungen vonChris und die Grundsätze dieser Orga-nisation haben mich tief beeindrucktund berührt. Diese Eindrücke liessenmich auch in den folgenden Jahren nicht

14

einer der neuen Mitarbeiter. In diesemNewsletter stellt er sich vor.

Aufgerüttelt hat uns DorothysBericht über den Umbruch, der dabei ist,das Gesicht der weltweiten Kirche zu ver-ändern:

So, wie wir sie kennen, wird essie in Zukunft nicht mehr geben. DieMehrheit der Kirche des 21. Jahrhundertskommt nicht aus dem Westen, sondernaus armen Ländern. Das wird sich aufdem Missionsfeld widerspiegeln. Die Zahlder westlichen Missionare nimmt stetigab – in armen Ländern entstehen hinge-gen ganze Missionsbewegungen. Die chi-nesischen Hauskirchen beispielsweise ha-ben die Vision, in den kommenden Jah-ren 200 000 Missionare in die westlichenNachbarländer zu entsenden.

Diesen grundlegenden Verände-rungen will Servants begegnen. Einigeder Herausforderungen sind bereits zu er-kennen:

Ein philippinisches Pastoren-ehepaar aus einem Slum in Manila möch-te als Servants-Mitarbeiter in ein bud-dhistisches Land ausreisen. Die Mitglie-der ihrer Slumgemeinde werden sie fi-nanziell nicht zu hundert Prozent unter-stützen können. Ihr Einkommen reichtoft kaum für ihre eigene Familie. Wiekönnen asiatische Servants-Missionareunterstützt werden, ohne sie von reichenGeldgebern abhängig zu machen?

Servants sieht Möglichkeiten, ent-stehende Missionsbewegungen unter Ar-men in Asien beratend und unterstüt-zend zu begleiten. Wie lassen sich Part-nerschaften aufbauen, auch in den Län-dern, in denen bisher keine Servants-Teams arbeiten?

Im Oktober 2004 treffen sich alleServants-Mitarbeiter in Manila zu einemForum und Leitertreffen (ILT). Auch dortwerden diese Fragen weiter bewegt.

Wir sind inspiriert von DorothysBegeisterung für Jesu Weg mit seiner welt-weiten Gemeinde und dankbar für ihrVertrauen, die offenen Fragen innerhalbvon Servants mit uns zu teilen. Es tat gut,für diese überwältigenden Veränderun-gen miteinander um Gottes Sicht undWeisheit zu bitten und staunend dankezu sagen, für das, was er gerade in Bewe-gung setzt.

Vor ihrem Besuch in der Schweizwar Dorothy übrigens in Deutschland. Zu

Dorothy Mathieson ist die inter-nationale Koordinatorin von Servants:Sie besucht und begleitet die Teams inAsien und in den Heimatländern derMissionare (sog. Homeends, dt. Heimat-basis). Vom 24. bis 28. März war sie zu

Gast beim Schweizer Homeendin Basel. Einen Samstag Nach-mittag lang nahm sie sich Zeit,um sich bei Limo und Keksenmit Servants-Freunden und In-teressierten auszutauschen.

Das Treffen sollte ur-sprünglich in Thiels Wohnzim-mer stattfinden. Zu unserer Freu-de meldeten sich täglich mehrGäste an, und das Treffen wurdespontan in die Thomas-Kircheverlegt. Dorothy weitete unserBlickfeld für die Arbeit von Ser-vants in ganz Asien. Wir staun-ten darüber, wie weit die Arbeitdes fünfköpfigen Servants-Teamsin Kambodscha Kreise zieht.

Zusammen mit dreissig einheimischen Mit-arbeitern und zahlreichen Freiwilligenbegleiten sie AIDS-Kranke und ihre Fa-milien (siehe Artikel S. 20). AIDS-Waisenwerden nicht in Heimen untergebracht.Stattdessen sucht und unterstützt dasHalo-Projekt Familien aus ihrem eigenenSlum, die bereit sind, diese Kinder bei sichaufzunehmen. Diese Arbeit wurde vonUnicef im vergangenen Jahr ausgezeich-net und wird dieses Jahr ganz in einhei-mische Hände übergeben. In Nachbarlän-dern soll es als Modell für ähnliche Pro-jekte anderer Organisationen dienen.

Sehr ermutigt hat uns, von sieb-zehn neuen Bewerbern zu hören. Einigereisen bereits in diesem Jahr aus; zwei derneuen Servants-Mitarbeiter liessen unsteilhaben an ihrem bisherigen Weg, ihrerEntscheidung für Servants und dem, wassie in der Zeit von Abschied und Vorbe-reitungen bewegt. Simon Fankhauser ist

Dorothy Mathieson (links)

beim Nachmittag mit schwei-

zerischen und deutschen

Servants-Freunden

International

Kekse, Limonade und Inspirationen

15

Servants gehören eine deutsche Familieund ein Ehepaar, zwei junge Frauen ausDeutschland stossen diesen Sommer dazu.Es besteht der Wunsch, auch für sie eineHeimatbasis zu schaffen.

Dorothy betonte, wie wichtigeine Heimatbasis für die Missionare vorOrt ist. Sie dankte den Schweizer Ser-vants-Freunden für ihre wertvolle Unter-stützung, die sich auf die internationaleArbeit sichtbar auswirkt.

Im Anschluss an die Schweizreist Dorothy weiter nach England, denUSA und Neuseeland, bevor es zurück-geht nach Australien. Dort wird sie be-reits erwartet von ihrem Mann George,der sie auf ihren Reisen für Servants nor-malerweise begleitet.

Melanie Wilhelm und Daniel Böhm

International

Servants SwitzerlandHegenheimerstrasse 193CH-4055 BaselTelefon +41 61 381 55 46E-Mail [email protected]

Bank: PC 40-4614-0, UBS Basel, Konto 907846.40J-233, Servants Switzerland

Auflage: 1400 ExemplareRedaktion: Markus Siegenthaler, Melanie WilhelmLayout: Rita Binkert

Impressum www.servantsasia.orgwww.onesimo-foundation.orgwww.kamay-krafts.orgwww.bornpoor.com

Servants Kambodscha G.P.O. Box 538Phnom Penh Cambodia Telefon/Fax +855 23 425 045 E-Mail [email protected]

Servants PhilippinenP.O. Box AC-5691109 Quezon CityMetromanila, PhilippinesTelefon +632 926 76 88E-Mail [email protected]

Links

Philippinische

Slumbewohner studieren die

Bibel und nehmen den

Missionsauftrag wahr.

16

P h i l i p p i n e n

Der Feueralarm erreicht uns am1. Mai 2004 nach dem Abendessen. Inwenigen Sekunden verwandelt sich unserdicht bevölkertes Slumgebiet in einenAmeisenhaufen, die engen Gassen sind so-fort verstopft. Ich renne der Feuersäuleauf der andern Seite des Slumgebiets ent-gegen – ganz in der Nähe, wo ich frühergewohnt habe. Kinder rennen. Men-schen weinen. Sie tragen Fernseher, voll-gestopfte Säcke, Kochherde, Pfannen. DieLöschfahrzeuge können das Feuer nichterreichen. Die Häuser aus Sperrholz undWellblech brennen in der trockenenSommerhitze wie Zunder. Wirhelfen, Wertgegenstände auf denBasketballplatz zu tragen, wäh-rend die Bewohner Wasserkesselum Wasserkessel schleppen. Esscheint ein Tropfen auf den heis-sen Stein zu sein. Das Feuerkommt auch unserem Hausimmer näher und ist nur nochetwa hundert Meter entfernt. DieFeuerwehr dringt bis zumBasketballplatz vor und verstopftdie einzige Strasse, die in denSlum führt. Hunderttausend Men-schen haben ihre Häuser geräumt

Das Leben geht unter der

Plastikplane weiter

Trümmer des abgebrann-

ten San Roque

Feuer in San Roque

und füllen mit ihrem Hab und Gut dieanderen Strassen. Um zwei Uhr morgenshaben auch wir alles hinausgeräumt, alsdas Feuer endlich gelöscht werden kann.In wenigen Stunden sind die Häuser vonüber 1300 Familien abgebrannt. Sie habenkein Bankkonto, keine Versicherung undkein Geld. Das Feuer hat San Roque inzwei Welten geteilt: Die einen hattenGlück wie wir und die anderen hattenPech.

Und doch staune ich über dieunglaubliche Lebenskraft meiner Freunde,die immer noch lachen, auch in Ruinenund unter Plastikblachen. Sie machenweiter, bauen wieder auf, fangen wiedervon vorne an und hoffen auf eine bessereZukunft. Wir versuchen zu helfen. Amersten Abend verteile ich meine Kleider,Seife, Wasser, Medizin. Ich besuche Men-schen im Brandgebiet und höre mir ihreGeschichten an. Ausser Nahrung ist nochkeine Hilfe angekommen und die Leutezweifeln, dass die Regierung etwas tut.Sie sind wütig und fühlen sich im Stichgelassen. Ich möchte mit Leitern der Ge-meinschaft und der Kirche ein Hilfsko-mitee gründen, um die grösste Not zuerfassen und gezielte Hilfe anzubieten.Mit 25 sFr. kann man einer Familie in derersten Not helfen. Ich hoffe auf 20 000 sFr.,für die Bedürftigsten. Alle Spenden wer-den ohne Abzug nach Manila überwie-sen. Herzlichen Dank!

Daniel Wartenweiler

Spendenkonto: PC 40-38079-9, ServantsSwitzerland, CH-4055 BaselVermerk: Manila Fire San Roque

Die „Faith in Jesus Christ

Church“ ist völlig ausge-

brannt, die Pastorenfamilie

haust nun unter dem

Zeltdach

Hier wohnte Daniel

Wartenweiler früher im obe-

ren Stockwerk – gebaut aus

Pavatex, Holz und Blech

17

P h i l i p p i n e n

Onesimo steht auch vor einigenaktuellen Herausforderungen. Der Ge-samtleiter, Noel Gabaldon, tritt zurück,steht aber weiter als Jugendpastor zur Ver-fügung. Für die Nachfolge hoffen wir, dasssich eine geeignete Filipina oder ein Fili-pino rechtzeitig dieser Verantwortungstellen wird.

Im April und Mai finden wiedersieben Freizeiten im Camp Rock statt.Gegen fünfhundert Jugendliche aus denArmenvierteln werden erwartet. Wir glau-ben, dass aus diesen Ferienwochen vielLebensfreude und Neuorientierung in dieSlums einkehren wird.

Neues Ausbildungszentrum geplantSeit drei Jahren unterstützt One-

simo Jugendliche und ehemalige Stras-senkinder bei der Alphabetisierung undhilft Späteinsteigern, sich auf staatlicheSchulexamen vorzubereiten. Die Infra-strukturen der Slums sind für eine Schu-lung völlig ungenügend und die Raum-

miete ausserhalb ist teuer. Darum willOnesimo ein eigenes Ausbildungszen-trum errichten und benötigt dazu eingeeignetes Grundstück. Auch die Selbst-hilfeprojekte für den Erwerbseinstieg wa-ren bisher nur beschränkt möglich. Dasneue Zentrum soll mehr jungen Men-schen einen Berufskurs oder eine An-lehre ermöglichen. Dazu ist auch eineAutowerkstatt geplant. Das Bauland solldurch einen Sponsorenlauf des BaslerCVJM finanziert werden. Noch nicht ge-deckt sind die Baukosten. Die OJC Offen-sive Junger Christen in Deutschland hatihre Unterstützung zugesagt.

Christian Schneider

Neue Lebensfreude für Strassenkinder

18

Die Freude dieser Filipinos

steckt an

Abschlussfeier mit Liedern

und Theater

P h i l i p p i n e n

Im Februar war ich für einen kur-zen Besuch in Manila. Viele negative Be-richte über Schwierigkeiten und Misser-folge prägten meine Erwartung. Umsomehr freute ich mich dann aber, als ichdort auf die treu engagierten Mitarbeitervon Onesimo traf. Nach unserem Weg-zug in die Schweiz konnte sich eine ernst-hafte Identitätskrise ausbreiten. Nun abersind alle fest entschlossen, die Arbeits-zweige zu stabilisieren und sie arbeitenam weiteren Wachstum.

Gründliche ArbeitIch freue mich über die fünfzehn

neuen Kinder, die vor einem halben Jahrdas wilde Strassenleben hinter sich gelas-sen haben. An einer Feier erscheinen etwazweihundert Freunde und hören die per-sönlichen Berichte aus den fünf Onesi-mo-Gemeinschaften. Mit Tanz, Theaterund Liedern zeigen die ehemaligen jungenMüllsammler ihre neue Lebensfreude.

Im Vorstand engagieren sichehrenamtliche Filipinos aus der Mittel-schicht. An einer Sitzung treffen sie aufdie Leiter aus verschiedenen Bereichen,aus Camparbeit, Schule und Mitarbeiter-schulung. Mich beeindruckt, wie sie sichvolle fünf Stunden durch all die Berichteund Fragen durcharbeiten. Regula Hauser,die Leiterin von Servants Manila, bestä-tigt mir, dass diese Leute immer so gründ-lich arbeiten, auch wenn ich nicht da bin.

Licht in dunkle GassenBesonders freut micht der neue

Arbeitszweig unter vier- bis zwölfjährigenStrassenkindern des Schweizers DanielWartenweiler. Ich begleite einen nächt-lichen Einsatz im Herzen der Grossstadt.Absolventen des Onesimo-Programmskümmern sich um die körperlichen undseelischen Wunden dieser kleinen Ver-gessenen. Mit Wundpflaster, Liedern, Spie-len und mit viel zärtlicher Berührung brin-gen sie ihre Liebe in die dunklen Gassen.

Samstagnachmittag 28. August 2003Gartenbad Bachgraben, Basel

Der Basler CVJM/F unterstützt das ge-plante Ausbildungszentrum von Onesimomit seinem diesjährigen Sponsorenlauf.Die Teilnehmer messen sich im Laufen,Inlineskaten und Schwimmen und su-chen persönliche Sponsoren, die sie jenach Leistung mit einem Beitrag fürOnesimo honorieren. Weitere Attraktio-nen sind Konzerte und ein Openairkino.

Samstag, 28. August 200414.00 Uhr Beginn14.30 Uhr Start Laufen16.15 Uhr Start Inlineskating19.30 Uhr Start Schwimmen: kurz + lang

Rahmenprogramm14.30 - 21.30 Uhr● Movimento: Jazztanz + Hip-Hop● Support: Folkrockgospeljazz● Chris2Sticks: Diaboloshow● Well … : on stage● Lollipop: Rock-’n’-Roll-Show● Openairkino● Spiele● Verkaufsstände

Sonntag, 29. A ugust 200417.00 Uhr Gottesdienst Thomaskirche

Infos und AnmeldungDomino 2004, Jungstrasse 27, 4056 Baselwww.domino-basel.ch

KontoBasler Kantonalbank PC-Konto 40-61-4 zu Gunsten von 16 569.057.73.770,CVJM/F-Regionalverband, 4000 Basel

Sponsorenlauf „Domino 2004“

19

Laufen gegen die Zeit

und für einen guten Zweck

Servants CH

Für Ausbildungszentrum Onesimo

Kambodscha

20

Briefe aus dem Slum Teil l

Sarah Aulie studiert Fotografie ander Wheaton Universität in den Vereinig-ten Staaten. Ende letzten Jahres besuchtesie Servants in Kambodscha: ein Monat,der ihr Leben veränderte. In dieser Zeitschickte sie Fotos und Briefe nach Hause.Sie spiegeln die Hoffnung wider, der siegerade dort begegnete, wo sie es am we-nigsten erwartet hätte: in den Gesichternvon Menschen, die an AIDS erkrankt sindund im Sterben liegen.

Die HoffnungLiebe Mama, lieber Papa,heute Morgen habe ich Soreem

bei ihren Hausbesuchen begleitet. Soreemist eine liebenswerte Krankenschwesterungefähr in meinem Alter. Sie arbeitet fürServants und besucht in den Slums Men-schen, die AIDS haben.

Letzte Woche habe ich mich soerschöpft gefühlt, wie ich es gar nichtvon mir kenne. Vielleicht wegen der Hitzehier. Aber diesen Morgen spürte ich, wiemeine Energie zurückkam. Ich habe Hoff-nung gesehen. Mein erster Lichtblick seit-dem ich hier bin.

Soreem kam mit einem ganzenKoffer voller Medikamente und eineandere Khmer-Frau kam mit ihrer Bibel.Eine Patientin konnte nicht mehr atmen.Ich dachte, sie würde sterben. Soreem gabihr eine Tablette, die ihre Lungen aus-dehnte. Da wurde ihre Atmung wiedernormaler. Dann schlug die Khmer-Frauihre Bibel auf und fing an, der Frau dar-aus vorzulesen. Wir drei legten ihr dieHände auf und beteten für sie. Ich konntesehen, wie Jesus die Angst von ihremGesicht wegnahm und die Linien umihren Mund herum glatt strich. Es gibtHoffnung! Und diese Hoffnung heisstJesus, und sonst nichts.

Die ganzen Ärzte, Krankenschwes-tern und Sozialarbeiter kämpfen gegendie Zeit. Ich schaue ihnen zu, wie siePäckchen mit Medikamenten verteilenoder Schälchen mit einer heissen Suppe

drin. Aber all das hält die Menschen nurkurze Zeit über Wasser. Es gibt ihnenkeine Hoffnung. Es verschafft ihnen einbisschen mehr Zeit. Momentan fliesstjede Menge ausländischer Hilfe nach Kam-bodscha. Aber irgendwann wird dieserGeldstrom vertrocknen; die Missionsärztewerden heimgehen. Und was dann? Dieletzten Tage ging mir ständig durch denKopf: „Wozu das Ganze? Diese Menschenwerden doch sowieso sterben.“

Aber genau darum geht es. DieseMenschen werden sterben. Jeder einzelneKranke, den wir heute Morgen besuchthaben, und jeder Kranke, den wir heuteNachmittag besuchen, wird sterben. Undgenau deshalb müssen wir sie besuchen!Denn wir bringen wirklich ein Heilmittelmit. Das Gesicht dieser Frau entspanntesich, als für sie gebetet wurde. Das lässtmich daran glauben, dass es ein Mittelgibt gegen AIDS.

Ich war mir sicher, die Besuchebei den AIDS-Patienten würde ich abstos-send finden: Es muss deprimierend sein,den ganzen Tag Leute zu besuchen, dieim Sterben liegen – und nichts dagegentun zu können. Aber genau diese Besuchehaben mir wieder Hoffnung gegeben. Ichhabe keine medizinische Ausbildung. Ichhabe keine Ahnung von der Kultur derKhmer. Ich bin ein einfältiges Mädchen,das mal in Kambodscha vorbeischauenwollte, um „kulturelle Erfahrung“ zu sam-meln – du meine Güte, wie sich das schönanhört. Aber heute Morgen wurde ichZeuge, dass es Hoffnung gibt in den Slums.

Gott war für mich weit weg. Ichhatte den Eindruck, dass er diesen Ortvielleicht ganz vergessen hatte. Aber die-ser Morgen lässt mich glauben, dass er viel-leicht schon die ganze Zeit hier.

Sarah Aulie

Die Gesichter spiegeln

die Hoffnung wider, welcher

Sarah Aulie dort begegnete,

wo sie es am wenigsten

erwartete