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Hunsrücker Geschichtsverein e.V. NR. 126 JAHRGANG 45 APRIL 2005

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HunsrückerGeschichtsverein e.V.

NR. 126JAHRGANG 45

APRIL 2005

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Wilfried Theiß

Buchvorstellung der Lebenserinnerungen Friedrich KarlStröhersLasse Sie mäich zum Beginn dieser Buch-vorstellung einiche Worte sahn, bevor imFestvortrag die in Buchform jetzt druck-frische Lewenserinnerungen von uhsemMoler Friedrich Karl Ströher gewürdigtwere. Eich will do niemand vorgreife.Als eich das erste Mol die Uffzeichnungein Schreibmaschineschrift vom FriedrichKarl Ströher geles' honn, war ich fasze-nert von der starke Ausdruckskraft, sei-ner persönlich geprägte Schilderungenvon seinem beruflichen Werdegang. Dieerduldete Lehrjohr, unn dann de unstill-bare Wannertrieb als Handwerker, de endurch ganz Europa gejäät hott (er selbstschwätzt von einer Reisewut in ihm).Und dann immer wiere sei sozialkritischeBetrachtungen vom Handwerkerstandunn spärer vom Studente- und Künst-lerlewe. Wenn er 5 Marik verdient hat,horrer 4 vor die Eisebahn ausgenn undde eine Marik hott gereicht, damit er nittverhungert ist.Domais saht eich mehr, das Geschri-ewene vom FKS ist genau so interessantund wertvoll wie sei Molerei - das muß inBuchforem erscheine!Genauso iss es seinem Freund demSchriftsteller und Dichter Jakob Kneipschon in de 20-er Johre gang, doch diedomolige schlechte wirtschaftliche Ver-hältnisse honn das einfach nitt zugeloß.Das kann ma in de Briefe von Jakob Kneipan die Witwe Ströher nohlese, die Gott seiDank alles, awer aach werklich alles uff-bewahrt hott.Unn ebbes honn eich aus seine Uffzeich-nungen gelehrt - wenn man in Ziel hott,derf mer sich nitt dovon abbrenge losse- und wenn man dofor Geilsfleisch essemuß!Immer wiere war ich de Motor im Freun-deskreis unn honn mich defor ingesatzt,dass die Lewenserinnerungen in Buch-forem erscheine misse. Mehr honn'sgeschafft, unn deshalb iss vor de Freun-deskreis hout en Feiertag!

Noch ein Wort zu de berrelarme Huns-rückregion. Das iss im Baedeker unnannere Biecher um 1900 mol geschriebwor und werd bis hout nogebät. Mehrwäre nitt ärmer und reicher wie all die Mit-telgebirgslage um uhs herum.Wer Irmenach kennt und es sich genauanguckt, kann erkenne, dass das Doreffor Hunsrücker Verhältnisse in gewisseWuhlstand ausgestrahlt hot (Das hat aachschon Jakob Kneip erkannt).

Zu dem Mythos bettelarme Hunsrück-regionSo Äußerungen stere mich, weil se einfachnitt stimme! Nitt nor, weil ich aus der glei-che soziale Schicht stamme. Im Gegen-satz zu hout, hat der Bauerestand nochvor 40 Johrein hohes Ansiehn, besonnersdann, wenn die Familie genug Grund undBorem besess hott, um gut dovon lewese kenne (nateerlich wäre vor Sperenzierkeine Platz).Denn so ganz arem war die Familie Strö-her aus Irmenach aach nitt. Sei Vadder, soschildert er auf den erschte Seite seinerErinnerunge, hatt ein hohes Ansiehen inder Gemään.Das wäre Voraussetzunge, die ihm dasSelbstbewusstsein genn hon, in die Weltse ziehe und was Großes se were!Aach die monatliche Paachtzahlunge vonseinem Bruders an ihne, von dene er alsKunststudent in Paris und Berlin gelebthott - nohr so könnt er es mit seinemunerschütterliche Wille - bis zu einemanerkannte Künstler seiner Zeit brenge.Nachspann: Hunsrücker Dialekt werdgeschwätzt und nur ganz selte geschrieb.Seit Rottmanns Zeite hott es sich dasaach starik verännert. Mehr sinn gezwung,hout Werter aus em Hochdeutsch se ver-wenne, um sich iwerhaupt ausdricke sekenne. Jeder schreibst eh bisje annersch-ter - unn so mache eich es aach.

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Franz-Josef Heyen

Friedrich Karl Ströhers Erinnerungen - Einige Beobach-tungen

Am 28. November vorigen Jahres wareine erfreulich große Zahl von Bürgerinnenund Bürger von nah und fern und in brei-tem Altersspektrum in den Festsaal desSimmerner Schlosses gekommen, um ander Vorstellung des vom „Freundeskreisdes Werkes von Friedrich Karl Ströher"und vom Hunsrück - Museum Simmernherausgegebenen „Lebenserinnerungendes Malers Friedrich Karl Ströher 1876-1925" teilzunehmen. Nach der Begrü-ßung durch Bürgermeister Manfred Faustkonnte Dieter Merten als 1. Vorsitzenderdes Freundeskreises und (damals noch)Vorstandsvorsitzender der Kreisspar-kasse Rhein-Hunsrück mitteilen, dass esgelungen sei, auch den künstlerischenund persönlichen (schriftlichen) NachlassFriedrich Karl Ströhers von dessen SohnPeter Ströher für das Hunsrück-Museumzu erwerben.Diese Sicherung des Verbleibs desbedeutenden und in seiner Fülle bisherkaum bekannter Skizzen, Zeichnungenund Gemälde, aber auch privat - persön-licher Dinge Friedrich Karl Ströhers beste-henden Nachlasses für dessen Hunsrück- Heimat war gewiss die herausragende,bedeutendere Nachricht dieser Fest-stunde. Darum galt insbesondere auchder Dank aller dem anwesenden SohnPeter Ströher dafür, dass er sich vondem überkommenen Erbe seines Vatergetrennt und es dem Museum in Simmernund damit namentlich dem Hunsrück,aber auch darüber hinaus dem Land zwi-schen Mosel, Rhein und Nahe anvertrauthatte. Zu danken war ebenso der Ehe-frau Friedrich Karl Ströhers und MutterPeter Ströhers, der Berlinerin CharlotteStröher, die nach dem frühen Tod ihresMannes 1925 über fast sieben Jahrzehntehin - sie starb am 5. Juni 1991 im Alter

von 96 Jahren - diese Hinterlassenschaftihres Mannes in ihrem Haus am Waldrandvon Irmenach gehütet und bewahrt hatte.Aber auch der Kreissparkasse war herz-lich zu danken, weil sie - mit Dieter Merten- den Erwerb des Nachlasses ermöglichthat. Dessen Erschließung, Bereitstellungund Auswertung ist eine wichtige und sehrgroße Aufgabe, die dem Museum, demFreundeskreis, dem Landkreis und derRegion nun aufgegeben ist.Eine kleine Ausstellung von bisher unbe-kannten Aquarellen zeigt in beeindru-ckender Weise, was hier in Simmern- geprägt vom künstlerischen Schaffeneines großen Hunsrücker Malers und des-sen Suchen nach eigener Form zwischenParis und Berlin in den ersten Jahrzehntendes 20. Jahrhunderts - künftig als kultu-relles Erbe des Landes und Objekt auchregionaler Identität präsent ist.Das großformatige, 295 Seiten starkeBuch der „Lebenserinnerungen desMalers Friedrich Karl Ströher", der pri-märe Anlass der Veranstaltung am 28.November, erhielt durch diese Mitteilungüber den Erwerb des Nachlasses einenzusätzlichen Akzent. Neben dem Werkdes Künstlers aber, das - etwa in einerRetrospektive - nicht Anlass der Zusam-menkunft war, wurde das Leben diesesMannes in seinen 1922/23 niederge-schriebenen Erinnerungen in besondererWeise zum Thema der Betrachtung.Es sind keine Memoiren der Selbstdar-stellung, wie sie zunehmend in Mode sind,es ist vielmehr ein Bericht, eine Schilde-rung des chronologischen Ablauf einesLebens, zwar aus der Erinnerung, abernicht anhand von (Tagebuch-)Aufzeich-nungen, jedoch in Daten und Fakten,offenbar sorgfältig recherchiert; Ströhersim Nachlass überlieferte Bibliothek ent-

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hält auch Reise- und Stadtführer und -plane. Andererseits wird man freilich beimanchen Schilderungen, Be- und Verur-teilungen von Begegnungen und Erleb-nissen mit Menschen und Ereignissenauch dieser Erinnerungen oftmals Über-legungen und Interpretationen zu berück-sichtigen haben, wie wir alle sie auch beiunseren eigenen Erinnerungen immerwieder feststellen, vielleicht auch bedrü-ckend erfahren.Friedrich Karl Ströher, am 3. September1876 in Irmenach geboren, berichtet kurzvon seiner Kindheit mit vier Geschwis-tern auf einem Bauernhof, von Volks-schule und Lehre als „Stubenmaler" (derersten Qualifikationsstufe eines „Anstrei-chers") in Trarbach und Bernkastei. ImMärz 1894, also mit 18 Jahren, begin-nen dann für ihn die damals keineswegsnur, wenn auch insbesondere für Hand-werker üblichen Wanderjahre, die einenVergleich mit heute üblichem Auslands-studium keineswegs zu scheuen haben.Sein berufliches Ziel ist die Qualifikationfür „Dekorationsmalerei", worunter mansich einerseits Nachahmung und preis-günstigen Ersatz des dekorativen, kost-baren Wandteppichs und andererseits diegewiss sehr viel aufwendigere Vorstufeder gedruckten Tapete vorstellen kann.Oftmals mag es für einen begabten Malersehr reizvoll- erfüllend gewesen sein, einegroße Wand, zum Teil auch mit starkenPapierbahnen überklebt, in einem reprä-sentativen Wohn- oder Esszimmer mitdem Bild einer Landschaft oder einemgroßflächigen Ornament zu gestalten.Aber wenn Friedrich Karl Ströher dannschildert, dass er 1903 in Berlin- Schö-neberg in einem vierstöckigen Mehrfa-milienhaus (wie sie damals aufkamen)mit zwei Wohnungen in jeder Etage denDecken der Speisezimmer jeder der achtWohnungen vier Stillleben zu malen hatte,dann mag es uns heute schwer fallen, danoch die Bandbreite zwischen Brotarbeitund Facharbeit zu ermessen. Und dochschreibt Friedrich Karl Ströher dazu in sei-

nen Erinnerungen: „Hier war ich in mei-nem Element. Die Stillleben wurden in Ölgemalt. Ich malte jeden Tag zwei. Meis-ter und Architekt waren sehr mit meinerArbeit zufrieden" (S. 132).

Doch wo bleibt da der in Kunstausstellun-gen unserer Museen bewunderte Künst-ler? Eine kunsthistorische und mehr nochdie ästhetisch - künstlerische Schilderungoder gar Würdigung des Malers FriedrichKarl Ströher ist nicht Sache dieser Erin-nerungen, die zudem mit dem Jahre 1911abbrechen und auch deshalb kaum vonErfolgen in Ausstellungen oder gar vonspektakulären Verkäufen der letzten Vor-kriegsjahre in Berlin berichten. Aber fastnebenbei schreibt Friedrich Karl Ströherzu seinem ersten, immerhin zwanzigmo-natigen Aufenthalt in Paris 1899/1901:„Wenn ich auch noch kein Künstlergeworden war, so hatte sich mir dochdie Kunst offenbart und ich hatte wirklichgroße Kunst verstehen gelernt" (S. 122),und ein andermal sagt er, ebenfalls zuParis, über seinen Weg von der figürlichenMalerei des Portraits und des Aktes zurLandschaftsmalerei durch die Beschäf-tigung mit dem Werk anderer Künstler:„Von jedem nahm ich mir, was meinemCharakter entsprach. Daraus entstandwieder etwas, was ich doch selbst war"(S. 89). Eine solche gewiss sehr markanteReflektion des 47-jährigen (1913) überden „Bildungsprozess" des 25-jährigen(1900) mag freilich auch verdeutlichen,wie Erinnerung zu verstehen ist.Doch das ist nur das eine Bild dieser Erin-nerungen eines Menschen, eines Malers,eines Künstlers. Das andere, vordergrün-dig hier gar nicht erwartete Bild, sind dievielen anschaulichen und oft verblüffendunmittelbar konkreten Schilderungeneines jungen Handwerkers von Städten,Straßen, Gebäuden, von Verkehrsmit-teln (Eisenbahn, Schiff), von Unterkünf-ten und Herbergen konfessioneller undpolitischer Verbände und Gesellschaften,und nicht zuletzt von Menschen, denen er

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dort begegnete. Das kann hier - so reiz-voll es auch wäre- nicht im Detail geschil-dert werden; das muss man lesen, mit-und nacherleben. Da geht es um Halle,Zürich, Wien, Budapest und Bukarest,um viele Jahre und Erlebnisse in Paris.Und um Berlin (1905-1911; Akademie derKünste): „Es waren sicher die schönsten,aber nicht die glücklichsten Jahre meinesLebens, die nun folgten. Ich fühlte michin Berlin nicht wohl. Die Stadt, die eigent-lich nur aus Straßen und uninteressantenHäusern besteht, lastete auf mir" (S.171,geschrieben 1924).Diese Schilderungen, Erinnerungen einesfast 50jährigen an seine „Lehr- und Wan-derjahre" zwischen 20 und 35, sind Zeit-geschichte der Jahre zwischen 1895und 1910 in Großstädten Europas, ausder Erlebniswelt eines gut evangelischerzogenen Dorfjungen aus dem Huns-rück und von der Mosel. Es ist die Weltder ersten großen Industriealisierung vordem 1. Weltkrieg und der damals vehe-ment aufbrechenden gesellschaftspoli-tischen Auseinandersetzungen. Schonin Halle (1894-1896) und besonders inZürich (1896-1899) begegnete FriedrichKarl Ströher in seinen Handwerker-Hei-men den damals zahlreichen Variantenvon Sozialdemokraten, Gewerkschaft-lern und „Anarchisten"- eine Vokabel, fürderen „Übersetzung" man heute freilichzum Fachlexikon greifen sollte, um dievon Ströher mehrfach zitierte, um 1900bereits vom individualistischen Anar-chismus eines Proudhon („Eigentum istDiebstahl") zum kollektivistischen Anar-chismus mutierende politische Bewegungangemessen einzuordnen.Vor allem Leo Tolstoj (1828-1910) ist hierzu nennen, dessen Werk Friedrich KarlStröher offensichtlich bis in die spätenJahre in Irmenach geprägt hat. Von der„Kreuzersonate" (1886, Sexualität), dieStröher in Zürich kennen lernte, schreibter: „Sein Buch hat so tief auf mich einge-wirkt, dass mein ganzes späteres Lebenunter diesem Einflussstand"(S.124), aber

ebenso von „Was ist Kunst" (Qu'est-ceque l'Art, 1895; ein Exemplar der franzö-sischen Ausgabe von 1898 befindet sichim Nachlass Ströhers! Deutsche Über-setzung 1911): „Das Buch ... brachteeine ebenso nachhaltige Wirkung auf denKünstler hervor (wie die Kreuzersonate),der ich noch heute unterliege, wenn ichauch manchmal glaubte, mich davon frei-gemacht zu haben" (S. 125). Zum drittenAufenthalt in Paris heißt es: „Nach Tols-toi soll die Kunst dem Volke gehören unddasselbe moralisch heben. Unsere Kunstist eine Kunst der Reichen, einer privile-gierten Klasse geworden" (S. 125). Undschließlich als Meisterschüler in Berlin(nach 1905): „Auch Tolstois Lehre vonder Kunst für das Volk lastete auf mir.Ich sah, dass ich hier immer mehr voneiner Volkskunst abkam. Ich konnte mei-ner Arbeit nicht froh werden. Ich wurdefinster, melancholisch, und meine Bilderwurden es mit mir. Ich liebte Lampen-stimmungen und die tiefen dunklen Far-ben" (S. 171).Wahrscheinlich ist dies der Weg, derFriedrich Karl Ströher nach den Erfahrun-gen des Weltkrieges und in den gerade inBerlin gärenden Nachkriegsjahren 1921veranlasste, ja psychisch gezwungen hat,zurück zu den Bauern in seinem Huns-rückdorf Irmenach zu gehen und dort einanderer Künstler zu werden. Darüber isthier nicht zu reflektieren. Ströhers Erin-nerungen, die er 1923/24 niedergeschrie-ben hat, enden im Berliner Jahr 1911. Esmag sein, dass seine Krankheit ihn hin-derte, fortzufahren. Vielleicht waren esaber auch die innere Notwendigkeit undder Wille, erst über die eigenen „Erfolge"im Berlin der Vorkriegs-, wie der unmittel-baren Nachkriegszeit eine (ernüchternde)Bilanz zu ziehen. Der Mensch FriedrichKarl Ströher dieser letzten knapp fünfJahre seines Lebens in Irmenach mit derdamals 27 Jahre alten Charlotte Geisler,die er im Mai 1922 in Berlin heiratete undvon der wir so wenig wissen, und mit demEnde Juni 1923 in Irmenach geborenen

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Bislang unbekanntes Aquarell Ströhers aus dem Jahre 1923, das sich seit 80 Jahrenim Besitz der Familie von Professor Dr. H.U. Bambauer, Ostbevern-Brock, befindetund das er freundlicher Weise zum Druck freigegeben hat.

Sohn Peter spricht in Aquarellen, meister-haft kolorierten Holzschnitten, überzeu-gend gestalteten Weinetiketten und gro-ßen Skulpturen bis hin zu Wandbildern inKlassenräumen heimischer Volksschuleneine andere, eine neue Sprache.Am 14.Dezember 1925 stirbt FriedrichKarl Ströher in Irmenach.Das handschriftliche Manuskript der Erin-nerungen scheint verloren. Es soll anfangsder SOiger Jahre in der Regierung in Bir-kenfeld (?) in Schreibmaschine abge-schrieben worden sein. Ob das Originaldamals vernichtet wurde oder vielleichtauf nicht haltbarem Holzschliff-Papiergeschrieben war, ist nicht bekannt. DieAbschrift (oder ein Exemplar derselben)kam in den Besitz von Charlotte Ströher.

Schon 1926, also bald nach dem TodFriedrich Karl Ströhers, hat der 1881in Morshausen geborene Schriftstel-ler Jakob Kneip (gest. 1958) eine Ver-öffentlichung der Erinnerungen und vonTeilen des graphischen (Spät-) Werkesvon Ströher angeregt, hat dies aber trotzverschiedener Zusagen bis 1933 nichterreichen können. Die gesellschaftspoli-tischen Einstellungen Ströhers wie auchsein Verständnis sowohl von der Aufgabedes Künstlers wie auch der Ausdrucks-form bildender Kunst haben eine weitereBeschäftigung mit Werk und Leben Fried-rich Karl Ströhers während der Jahre derNS-Herrschaft wenn nicht verboten, sodoch verhindert.

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Bald nach Kriegsende bildete sich einKreis von - anscheinend schon in denletzten Kriegsmonaten in den Hunsrückevakuierten oder geflüchteten und z.T.auch von Charlotte Ströher aufgenomme-nen - meist weiblichen Personen, die sichmit Charlotte Ströher um eine Wieder-belebung der Erinnerung an Leben undWerk Friedrich Karl Ströhers bemühten.Genannt seien hier nur Mathilde Gan-tenberg (1927-1933, Gymnasiallehrerin inBad Kreuznach, Ende des Krieges Buch-händlerin in Trier, 1948-1951 Staatssek-retärin für Unterricht und Kultus), BertiBreuer(geb. 1911 in Bad Kreuznach, geb.Weber, Malerin und Schriftstellerin, insbe-sondere Autorin von Kinderbüchern, Ehe-frau des Malers Josef Breuer), Ina Bres-gen (Freundin von Jakob Kneip, Apothe-kerin in Bad Münstereifel). Das Ziel einerEdition der Erinnerungen soll damalswieder aufgegriffen worden sein. Ob diein der erhaltenen Schreibmaschinenfas-sung des Manuskriptes vorgenommenenstilistischen Korrekturen von Berti Breuerstammen, bedürfte näherer Untersuchun-gen, wie überhaupt es lohnend wäre,diese ersten Nachkriegsjahre im Hauseder Charlotte Ströher als Dokument die-ser Epoche zu dokumentieren.Die Edition der Erinnerungen gelangschließlich erst dem als Herausgebergenannten Freundeskreis. In der Ein-leitung ist kurz über die Herausgabeberichtet (S.9). Als Bearbeiter der Editionzeichnen im Titelblatt Dieter Merten, FritzSchellack, Christel Schumacher, KorneliaTheis und Wilfried Theiß.Eine textkritische Analyse des Schreib-maschinen - Exemplars, das gewiss keinepaläographfsch korrekte Umschrift derHandschrift ist, steht aus. Für die Edi-tion wurde „die Rechtschreibung auf dieneuen Regeln umgestellt", was mir ver-

ständlich ist. Inwieweit Personen-, Orts-und Straßennamen aktuellen Schreibfor-men angepasst wurden, ist nicht ersicht-lich, aber zumindest in einigen Fällenanzunehmen. Solche textkritischen Beo-bachtungen, die ohnehin an dieser Stellenicht den rechten Ort haben, dürfen abernicht den großen Dank an die Herausge-ber und Förderer für diese Edition min-dern.Die Lebenserinnerungen Friedrich KarlStröhers sind ein sehr wertvolles Doku-ment nicht nur über Leben und Werk einesbemerkenswerten Mannes und bedeu-tenden Künstlers, sondern ebenso sei-ner Hunsrücker Heimat und weit darüberhinaus in dieser denkwürdigen Epocheunserer Geschichte. Ein Buch, in demman sich fest liest.Der Edition der Erinnerungen sind sehrgute und für die Lektüre nützliche Bei-träge angefügt, nämlich:- Wilhelm Lategan, Zur Malerfahrt nach

Spanien, S. 217-228.- Klemens Kroh, Friedrich Karl Ströher.

Bemerkungen zu Leben und Werk. S.231-250.

- Karl Kaul, Die Aquarelle Friedrich KarlStröhers. S. 252-255.

- Wolfgang Heinemann, Auf den Spu-ren des Malers Friedrich Karl Strö-her (1876-1925). Historische Hinter-gründe. S. 256-271.

- Fritz Schellack, Die KunstsammlungFriedrich Karl Ströher im Hunsrück -Museum Simmern. S. 272-285.

- Ders. Literatur in Auswahl. S. 286.- Ders. Werkausstellungen seit 1901. S.

287-288.- Gesamtregister. S. 289-295.Hervorgehoben seien schließlich die vie-len, gut gewählten und edierten Abbil-dungen.