Häuser im Stiftsbezirk · 2021. 2. 4. · Historischer Verein für Stift und Stadt Essen...

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Historischer Verein für Stift und Stadt Essen Denkmalpfad Seite 1 von 1 Häuser im Stiftsbezirk Westlich der Kettwiger Straße, gegenüber dem Essener Münster, wurden im Winter 1924/1925 und 1925/1926 bei der Errichtung der Geschäftshäuser Baedeker und Blum zwei große Baugruben geöffnet, die auf einer Fläche von ca. zweitausend Quadratmetern Bauten und Kulturgut aus dem Essener Mittelalter zutage förderten. Unter der Leitung von Ernst Kahrs, dem damaligen Leiter des Ruhrlandmuseums, wurden hier die ersten umfassenden Ausgrabungen in der Essener Innenstadt durchgeführt. In der Baugrube Baedeker stieß er auf eine in Lehm gesetzte Bruchsteinmauer, die rechtwinklig verlief (2 x 5m lang) und aufgrund von Scherben in die frühe Karolingerzeit (8. Jahrhundert) datiert wird. Damit wurde der bis heute älteste Steinbau der Essener Innenstadt gefunden. In der anderen Baugrube wurde ein 4,5 m hoch erhaltenes vierkantiges Gebäude (6,5 x 6,8 m), vielleicht ein Turm, freigelegt. Daneben kamen eine Kloake und ein Brunnen zum Vorschein. Sie waren aus Bruchsteinen, die in Lehm gesetzt waren, errichtet. In den unteren Schichten der Gebäude fanden die Ausgräber zahlreiche gut erhaltene Holzgefäße, beschriebene Wachstäfelchen, Fragmente von Gläsern und Keramik, darunter so genannte Kugeltöpfe und Siegburger Kannen aus dem 14. – 16. Jahrhundert. Diese Zeugnisse aus dem spätmittelalterlichen Alltag stammen vermutlich aus den Haushalten Essener Stiftsangehöriger, denn das Grundstück befand sich in der Stiftsimmunität, dem durch eine Mauer abgegrenzten Bezirk des Stifts in der Stadt. Rechteckiger Gebäuderest (Turm?) in der Baugrube nördlich Baedeker (Blum), 1924 Reste eines karolingerzeitlichen Hauses in der Baugrube Baedeker, 1925 Holzbecher und -flasche: Funde aus der Kloake, 16. Jahrhundert

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  • Historischer Verein für Stift und Stadt EssenDenkmalpfad

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    Häuser im Stiftsbezirk Westlich der Kettwiger Straße, gegenüber dem Essener Münster, wurden im Winter 1924/1925 und 1925/1926 bei der Errichtung der Geschäftshäuser Baedeker und Blum zwei große Baugruben geöffnet, die auf einer Fläche von ca. zweitausend Quadratmetern Bauten und Kulturgut aus dem Essener Mittelalter zutage förderten.

    Unter der Leitung von Ernst Kahrs, dem damaligen Leiter des Ruhrlandmuseums, wurden hier die ersten umfassenden Ausgrabungen in der Essener Innenstadt durchgeführt. In der Baugrube Baedeker stieß er auf eine in Lehm gesetzte Bruchsteinmauer, die rechtwinklig verlief (2 x 5m lang) und aufgrund von Scherben in die frühe Karolingerzeit (8. Jahrhundert) datiert wird. Damit wurde der bis heute älteste Steinbau der Essener Innenstadt gefunden.

    In der anderen Baugrube wurde ein 4,5 m hoch erhaltenes vierkantiges Gebäude (6,5 x 6,8 m), vielleicht ein Turm, freigelegt. Daneben kamen eine Kloake und ein Brunnen zum Vorschein. Sie waren aus Bruchsteinen, die in Lehm gesetzt waren, errichtet. In den unteren Schichten der Gebäude fanden die Ausgräber zahlreiche gut erhaltene Holzgefäße, beschriebene Wachstäfelchen, Fragmente von Gläsern und Keramik, darunter so genannte Kugeltöpfe und Siegburger Kannen aus dem 14. – 16. Jahrhundert. Diese Zeugnisse aus dem spätmittelalterlichen Alltag stammen vermutlich aus den Haushalten Essener Stiftsangehöriger, denn das Grundstück befand sich in der Stiftsimmunität, dem durch eine Mauer abgegrenzten Bezirk des Stifts in der Stadt.

    Rechteckiger Gebäuderest (Turm?) in der Baugrube nördlich Baedeker (Blum), 1924

    Reste eines karolingerzeitlichen Hauses in der Baugrube Baedeker, 1925

    Holzbecher und -flasche: Funde aus der Kloake, 16.

    Jahrhundert