Hydrographisch-chemische Veränderungen in der … anläßlich des Baltic Open...

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51 Den Untersuchungen lag wiederum der ozeanologische Längsschnitt durch die tiefen Becken der Ostsee zugrunde (Abb. 1), dessen Stationen anläßlich. des Internationalen Ostseejahres 1969/70 (4) festgelegt wurden. In der west- lichen Ostsee, im Arkona- und Bornholmbecken, im Gdansker Tief sowie im Südteil des östlichen Gotland- beckens wurden zusätzliche Stationen bearbeitet. Diese Stationen' sind in den Ab' gen 1-6 nur berücksichtigt, wenn ihre Meßwerte für die Charakterisierung der ozeano- logischen Bedingungen von besonderer Bedeutung· waren. Infolge ungünstiger Wetterbedingungen mußte die Februar- Meßfahrt bereits im Gdansker Becken beendet werden. Aus dem gleichen Grunde konnten auch die für November geplanten Untersuchungen im Südteil des Kattegats, die zur Abschätzung der ozeanologischen Voraussetzungen eines Salzwassereinbruchs von Bedeutung sind, nicht durch- geführt werden. Folgende' ozeanologischeParameter wurden bestimmt,: t °C, S %0, 02,H 2 S, P0 4 -P, N0 3 -N, N0 2 -N und NH 4 -N. Im Mai, August und September 1977 wurde außerdem der Gehalt an organisch gebundenem Phosphor und Stickstoff in un- filtrierten Meerwasserproben nach UV-Bestrahlung unter- sucht. Darüber hinaus wurden auf allen Meßfahrten meteo- rologische und biologische Beobachtungen durchgeführt, deren Auswertung jedoch nicht Gegenstand dieses Beitra- ges ist. Die Entnahme der Wasserproben geschah fast ausschließ- lich mittels, der ozeanologischen Meßkette OM 75 des In- stituts für Meereskunde in Rostock-Warnemünde. Diese Tiefseesonde gestattet die Datenerfassung und -bearbeitung "on line" durch einen Prozeßrechner,der unmittelbar mit der Meßanordnung gekoppelt ist. Neben der quasikonti- nuierlichen Registrierung der Wassertemperatur und an- derer ozeanologischer Größen können mit dieser Sonde 12 Wasserproben während einer Serie entnommen werden. 2. Hydrographisch-chemische Veränderungen Die hydrographisch-chemischen Meßergebnisse wurden wiederum in Form ozeanologischer Längsschnitte durch die tiefen Becken und Mulden' der' Ostsee dargestellt. Diese Darstellungsform gibt die Veränderungen im Jahresverlauf gut wieder und gestattet den Vergleich mit den Unter- suchungen früherer Jahre, auch wenn die Messungen auf den einzelnen Stationen aus technischen Gründen 'nur seI ten völlig termingleich erfolgten. Dargestellt wurde die Verteilung der Wassertemperatur (Abb. 2), des Salzgehalts (Abb. 3), der Sauerstoffkonzentra- tion (Abb.4) und des Phosphatgehalts (Abb. 5). Diese Para- meter reichen zur aJlgemeinen Charakterisierung der hydrographisch-chemischen Veränderungen in der Ostsee aus. Da der Nährstoffgehalt in der lichtdurchfluteten Ober- flächenschicht für die Bioproduktivität von besonderer Be- deutung ist, wurde die Phosphatverteilung in der Schicht von 0-50 m Tiefe (Abb.6) gesondert dargestellt. ydrographisch-chemische Veränderungen in der Ostsee im Jahre 1977 R. NE 1-1 RIN GUN D E .F RANCKE N'S TI TUT FÜR ME E RES KU N DER 0 ST0 CK- "V ARNEMÜNDE ER AKADEMIE DER WISSENSCIIAFTEN DER DDR Der Einstrom größerer Mengen salzreichen Wassers, der sich mit Unterbrechungen über den Zeitraum August bis Dezem- ber 1976 erstreckte (4, 9) und damit nicht als Salzwasserei'nbruch im eigentlichen Sinne bezeichnet werden kann (12), teührte im Verlaute des Jahres 1977 in der gesamten Ostsee zu einer Erneuerung des Tieteenwassers. Damit verbunden war eine Verbesserung derSauerstoffverhältnisse. Erstmals seit mehr als 10 Jahren wurde i1n Mai 1977 in keinem der tieteen Becken Schweteelwasse-rstoff nachgewiesen. Die zu' Beginn des Jahres 1977 im Gotlandtief beobachteten Temperaturen waren die höchsten, die bisher im Tiefen- wasser dieser Region gernessen Extrem hohe Werte wies auch der Salzgehalt auf, während die Phosphatkonzen- tration niedrig war. Nach der Umschichtung, die in den einzelnen Becken zu verschiedenen Terminen erfolgte, begann eine weitere Sta- gnationsperiode, in deren Verlauf sich die Sauerstoffverhältnisse im Tiefenwasser des Bornholm-, Gdansker.:. und Got- land-Beckens wieder verschlechterten. Die Untersuchungen über die Nährstoffverhältnisse haben erneut bestätigt, daß das einströmende Kattegatwasser einen nennenswerten Beitrag zur Eutrophierung der Ostsee leistet und teils direkt, teils indirekt zu einer Verschlechterung der Sauerstotefverhältnisse beiträgt. Einleitung om In.stitut für Meereskunde der Akademie der Wissen- haften der DDR vverden seit 1957 in der \vestlichen Ost- sowie im Arkona- und Bornholmbecken systematisch rminbeobachtungen über die Verteilung der Wasser- eratur, des Salzgehalts und der Sauerstoffkozentra- "hrt. Ab 1969 wurden diese Untersuchu ' samte Ostsee mit Ausnahme des Bottnischen und eerbusens ausgedehnt und um die Bestimmung ikronährstoffe und anderer produktionsbiologischer n ervveitert. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen n kurzfristige Veränderungen der hydrographisch- mischen Bedingungen in der Ostsee erkennen und ge- ten darüber hinaus Schlußfolgerungen über langfristige iationen sowie über den chemisch-biologischen Stoff- islauf. nso wie in früheren Jahren wurden auch 1977 im Fe- ar, März/April, Mai, August und Oktober/November minbeobachtungen durchgeführt. Im September erfolg- ten anläßlich des Baltic Open SeaExperiment' "BOSEX'77" zusätzliche Messungen. Teilergebnisse -dieser Untersuchun- gen werden in dem vorliegenden Bericht ebenfalls berück- sichtigt. Für alle Meßfahrten stand das Forschungsschiff "Prof. Albrecht Penck" zur Verfügung. Fischerei-Forschung Wissenschaftliche', Schriftenreihe '18 (1980) 1 Abh.l Stationskarteund Gebiete fischereilich ungünstiger Lebens- bedingungen im Tiefenwasser der Ostsee .

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Den Untersuchungen lag wiederum der ozeanologischeLängsschnitt durch die tiefen Becken der Ostsee zugrunde(Abb. 1), dessen Stationen anläßlich. des InternationalenOstseejahres 1969/70 (4) festgelegt wurden. In der west­lichen Ostsee, im Arkona- und Bornholmbecken, imGdansker Tief sowie im Südteil des östlichen Gotland­beckens wurden zusätzliche Stationen bearbeitet. DieseStationen' sind in den Ab' gen 1-6 nur berücksichtigt,wenn ihre Meßwerte für die Charakterisierung der ozeano­logischen Bedingungen von besonderer Bedeutung· waren.Infolge ungünstiger Wetterbedingungen mußte die Februar­Meßfahrt bereits im Gdansker Becken beendet werden.Aus dem gleichen Grunde konnten auch die für Novembergeplanten Untersuchungen im Südteil des Kattegats, diezur Abschätzung der ozeanologischen Voraussetzungeneines Salzwassereinbruchs von Bedeutung sind, nicht durch­geführt werden.Folgende' ozeanologischeParameter wurden bestimmt,: t °C,S %0, 02,H2S, P04-P, N03-N, N02-N und NH4-N. Im Mai,August und September 1977 wurde außerdem der Gehaltan organisch gebundenem Phosphor und Stickstoff in un­filtrierten Meerwasserproben nach UV-Bestrahlung unter­sucht. Darüber hinaus wurden auf allen Meßfahrten meteo­rologische und biologische Beobachtungen durchgeführt,deren Auswertung jedoch nicht Gegenstand dieses Beitra­ges ist.Die Entnahme der Wasserproben geschah fast ausschließ­lich mittels, der ozeanologischen Meßkette OM 75 des In­stituts für Meereskunde in Rostock-Warnemünde. DieseTiefseesonde gestattet die Datenerfassung und -bearbeitung"on line" durch einen Prozeßrechner,der unmittelbar mitder Meßanordnung gekoppelt ist. Neben der quasikonti­nuierlichen Registrierung der Wassertemperatur und an­derer ozeanologischer Größen können mit dieser Sonde12 Wasserproben während einer Serie entnommen werden.

2. Hydrographisch-chemische VeränderungenDie hydrographisch-chemischen Meßergebnisse wurdenwiederum in Form ozeanologischer Längsschnitte durch dietiefen Becken und Mulden' der' Ostsee dargestellt. DieseDarstellungsform gibt die Veränderungen im Jahresverlaufgut wieder und gestattet den Vergleich mit den Unter­suchungen früherer Jahre, auch wenn die Messungen aufden einzelnen Stationen aus technischen Gründen 'nurseIten völlig termingleich erfolgten.Dargestellt wurde die Verteilung der Wassertemperatur(Abb. 2), des Salzgehalts (Abb. 3), der Sauerstoffkonzentra­tion (Abb.4) und des Phosphatgehalts (Abb. 5). Diese Para­meter reichen zur aJlgemeinen Charakterisierung derhydrographisch-chemischen Veränderungen in der Ostseeaus. Da der Nährstoffgehalt in der lichtdurchfluteten Ober­flächenschicht für die Bioproduktivität von besonderer Be­deutung ist, wurde die Phosphatverteilung in der Schichtvon 0-50 m Tiefe (Abb.6) gesondert dargestellt.

ydrographisch-chemische Veränderungen in der Ostsee im Jahre 1977

R. D~ N E 1-1 R I N GUN D E .F R A N C K E

N'S TI TUT FÜR ME E RES KU N DER 0 S T 0 C K - "V A R N E M Ü N D E

ER AKADEMIE DER WISSENSCIIAFTEN DER DDR

Der Einstrom größerer Mengen salzreichen Wassers, der sich mit Unterbrechungen über den Zeitraum August bis Dezem­ber 1976 erstreckte (4, 9) und damit nicht als Salzwasserei'nbruch im eigentlichen Sinne bezeichnet werden kann (12),teührte im Verlaute des Jahres 1977 in der gesamten Ostsee zu einer Erneuerung des Tieteenwassers. Damit verbundenwar eine Verbesserung derSauerstoffverhältnisse. Erstmals seit mehr als 10 Jahren wurde i1n Mai 1977 in keinem dertieteen Becken Schweteelwasse-rstoff nachgewiesen.Die zu' Beginn des Jahres 1977 im Gotlandtief beobachteten Temperaturen waren die höchsten, die bisher im Tiefen­wasser dieser Region gernessen wU1~den. Extrem hohe Werte wies auch der Salzgehalt auf, während die Phosphatkonzen­tration niedrig war.Nach der Umschichtung, die in den einzelnen Becken zu verschiedenen Terminen erfolgte, begann eine weitere Sta­gnationsperiode, in deren Verlauf sich die Sauerstoffverhältnisse im Tiefenwasser des Bornholm-, Gdansker.:. und Got­land-Beckens wieder verschlechterten.Die Untersuchungen über die Nährstoffverhältnisse haben erneut bestätigt, daß das einströmende Kattegatwasser einennennenswerten Beitrag zur Eutrophierung der Ostsee leistet und teils direkt, teils indirekt zu einer Verschlechterungder Sauerstotefverhältnisse beiträgt.

Einleitungom In.stitut für Meereskunde der Akademie der Wissen­haften der DDR vverden seit 1957 in der \vestlichen Ost­

sowie im Arkona- und Bornholmbecken systematischrminbeobachtungen über die Verteilung der Wasser­

eratur, des Salzgehalts und der Sauerstoffkozentra­"hrt. Ab 1969 wurden diese Untersuchu '

samte Ostsee mit Ausnahme des Bottnischen undeerbusens ausgedehnt und um die Bestimmung

ikronährstoffe und anderer produktionsbiologischern ervveitert. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen

n kurzfristige Veränderungen der hydrographisch-mischen Bedingungen in der Ostsee erkennen und ge­ten darüber hinaus Schlußfolgerungen über langfristigeiationen sowie über den chemisch-biologischen Stoff-islauf.nso wie in früheren Jahren wurden auch 1977 im Fe­ar, März/April, Mai, August und Oktober/Novemberminbeobachtungen durchgeführt. Im September erfolg­

ten anläßlich des Baltic Open SeaExperiment' "BOSEX'77"zusätzliche Messungen. Teilergebnisse -dieser Untersuchun­gen werden in dem vorliegenden Bericht ebenfalls berück­sichtigt. Für alle Meßfahrten stand das Forschungsschiff"Prof. Albrecht Penck" zur Verfügung.

Fischerei-ForschungWissenschaftliche', Schriftenreihe '18 (1980) 1

Abh.lStationskarteund Gebiete fischereilich ungünstiger Lebens-bedingungen im Tiefenwasser der Ostsee .

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19,4821,0322,0622,0622,5022,96

17. 11. 1977Tiefe (111) S v!co

1,04,99,7

14,419,527,1

14,6014,6515,2217,2419,0619,2G

19. 10. 1977Tiefe (m) S %0

2,05,0

10,214,921,025,8

Tab. 2Vertikale Salzgehaltsverteilung auf Station 010 im Herbst1977

die Zunahme in der Oberflächenschicht bis etwa 10 m Tiefeähnlich hohe Werte wie 1976 erreichte, war der Anstieg inder Tiefenschicht 1977 um 1,3 bis 1,8 %0 niedriger. Die po­sitive Salzgehaltsanomalie. in der grundnahen Wasser­schicht des Fehmarnbelts, die auf dem Novembermittel­wert der Jahre '1952-1956 basiert (12), betrug daher nur2-3 %0, im Gegensatz zum Vorjahr (9), wo 4-5 %0 festge­stellt wurden.

Fischerei-ForschungWissenschaftliche Scl1ri.ftenreil1e 18 (1980)' 1

Im Verlauf des Jahres 1977 trat eine zum Teil erheblicheAussüßung des Tiefenwassers, die im Bornhohn- undGdansker Becken rund 1 %0 und im Gotlandtief 0,2 %0 be­trug, ein. Bemerkenswert ist umgekehrt der Anstieg desSalzgehalts im Tiefenwasser des Landsorttief sowie allerStationen des westlichen Gotlandbeckens, der im Zeitraumzwischen Mai und November 1977 eingetreten war und0,2-0,4 %0 ausmachte.Für die Prognostizierung von 8alzwassereinbrüchen ist derSalzgehalt im Südteil des Kattegats (13) sowie im Fehmarn­belt (12) von Bedeutung. Mit einer stark positiven Salz­gehaltsanomalie im Herbst ist wahrscheinlich die \vichtigsteozeanologische Voraussetzung dafür erfüllt, daß es zu einemverstärkten Einstrom größerer Mengen salzreichen Was­sers in die Ostsee kommen kann.Im Jahre 1977 kann nur auf Messungen im Fehrn1anbelt,die in1 Oktober und November erfolgten, bezug genommenwerden. Tabelle 2 enthält Angaben über den Salzgehalt aufStation 010. Ebenso wie im Vorjahr wurde auch im Zeit­raum Oktober-November 1977 ein starker Anstieg desSalzgehalts im Fehmarnbelt festgestellt. Während jedoch

2.3. 8 aue I' s t 0 f f ver t eil u n g

Verglichen mit den Untersuchungen im Herbst 1976 (9)wurde im Winter und Frühjahr 1977 generell eine Ver­besserung der Sauerstoffverhältnisse im Tiefenwasser derOstsee festgestellt, wenn auch die Werte im Bornholn1­becken niedriger waren als nach der Umschichtung zu Be­ginn des Jahres 1976. Im Mai 1977 war auf keiner der inder Ostsee bearbeiteten Standardstationen Schwefelvvasser­stoff vorhanden (Abb.1 und 4). In der grundnahen Wasser­schicht des Gotlandtiefs \vurden Anfang April zwischen1,5-2 ml O2/1 beobachtet (Tab. 1). Diese Konzentrationenentsprachen den Verhältnissen nach der Wassererneuerungim Jahre 1969 (3). Nach FONSELIUS (2) wurden im Ja­nuar am Grund des Gotlandtiefs (240 m) sogar Sauerstoff­werte von rund 2 mI/I gemessen.Im Landsorttief (Stat. 31 A) wurde im Mai eine inverseSauerstoffverteilung im Tiefenvvasser nachgewiesen, beider sauerstoffärmeres Wasser über etwas sauerstoffreiche....reh Wassermassen lagerte. Weitere Inversionen wurden aufdieser Station im November beobachtet, wobei sich jedochnunmehr etwas sauerstoffärmeres Wasser in 170-260 mTiefe eingeschoben hatte. Zwischenzeitlich scheinen nochgünstigere Sauerstoffverhältnisse vorgelegen zu haben. 80berichtet FONSELIUS (2) über Sauerstoffwerte im Tiefen­wasseI' des Landsorttiefs, die 1 rnl/l übertrafen und imJuni gemessen wurden.Die im November interlnediär auf 36 B beobachteten, ge­ringen Schwefelwasserstoffkonzentrationen lassen vermu­ten, daß während des Sommers anoxische Bedingungenim Tiefenwasser des westlichen Gotlandbeckens geherrschthaben. Erst mit der advektiven Wassererneuerung erfolgteauch eine Oxydation dieses lebensfeindlichen Gases, die je­doch zum Zeitpunkt der Untersuchungen noch nicht voll­ständig abgeschlossen war.Nach Beendigung der Wasserumschichtung begann im Tie­fenwasser des Arkona- und Bornholmbeckens, im GdanskerTief sowie im östlichen und nordöstlichen Gotlandbeckeneine erneute Stagnationsperiode. In ihrem Verlauf war derSauerstoffgehalt im Oktober/November verbreitet auf 0,1­0,3 mllI abgesunken. Diese ungünstige Entwicklung war imBornholmbecken, im Gotlandtief sowie im nördlichen Got-

toe

239,2 7,2'2 13;22 1,55 2,28 9,76239,6 7,32 13,16 0,61 2,14 9,40234,6 7,03 13,11 0,31 1,98 11,7823'5,8 7,05 13,06 0,15 3,44 0,26

2.1. Temperaturverteilung

Wie die Untersuchungen im Februar und März/April 1977zeigten, lagen die Wassertemperaturen in der Oberflächen­schicht der untersuchten Ostseeregionen zwischen 1,7 und2,3 !oC (Abb.2). Sie entsprachen damit oder übertrafengeringfügig die mittleren winterlichen Verhältnisse (5, 7, 8).Die im weiteren Jahresverlauf einsetzende Erwärmung derDeckschicht, die im Mittel im August ihr Maximum er­reicht (7, 8), zeigte ebenso wie die Temperaturen in derkalten Zwischenwasserschicht eine geringe negative Ano·­malie zu den langjährigen Mittelwerten.

Unterhalb der thermohalinen Sprungschicht wurden da­gegen relativ hohe Temperaturen gemessen, die erheblichüber denen des Vorjahres lagen (9). Zu Jahresbeginn über­trafen sie die langjährigen Mittelwerte (4) im Bornholm­und Gdansker Becken um 1-1,5 °C. Mit über 7,3 PC herrsch­ten darüber, hinaus in der grundnahen WasserschichtdesGotlandtiefs, extrem hohe Temperaturen (Tab. 1). DieseBeobachtungen stehen im Einklang mit Angaben, vonFONSEEIUS (2), nach denen im Januar 1977 sogar 7,43°'C,im März 7,31 PC und im Juni 7,23 °C in 240 m Tiefe ge­messen wurden.

Untersuchungen über die Verteilung der an.organischenStickstoffverbindungen Nitrat, Nitrit und Ammonium sindfür Fragen des Nährstoffhaushalts der Ostsee sowie in1Zusamlnenhang mit dem Abstoffeintrag und der Entste­hung anoxischer Bedingungen ebenfalls von hervorragen­derBedeutung. Die dabei gewonnenen Ergebnisse könnenjedoch in der vorliegenden Arbeit nur in dem Umfang be­rücksichtigt werden, wie dies für das Verständnis einigerhydrographisch-chemischer Besonderheiten notwendig ist.Ebenso müssen auch die Untersuchungen über die Vertei­lung des organisch gebundenen Phosphors und Stickstoffseiner späteren zusammenfassenden Analyse vorbehaltenbleiben.

Tab. 1Temperaturen und Konzentrationen ausgewählter ozeano­logischer Parameter in der grundnahen Schicht des Got­landtiefs (Station 15 A)

2.2. 8 a I z geh alt s ver t eil u n g

Die Verteilung des Salzgehalts in der Oberflächenschichtund die Tiefenlage der 8alzgehaltssprungschicht entsp'ra­ehen 1977 den von'BOCK (1) beschriebenen mittleren Ver­hältnissen (Abb.3). Im Tiefenwasser wurden dagegen zuJahresbeginn positive Ab\veichungen beobachtet.

Gegenüber den Messungen im Oktober/November 1976 warder Salzgehalt in der grundnahenWasserschicht' des Born­holm-" und" Gdansker Beckens' sowie im Gotlandtief um0,8-1,6 %0 angestiegen. Auf Station 15 Ades Gotlandtiefswurden im April 13,22 %0 in 239 m Tiefe gemessen (Tab. 1)und damit der seit 1962 höchsteSalzgehalt registriere.FONSELIUS (2) berichtete über eine Konzentration von13,28 %0 in 240 m Tiefe, die im Januar 1977 auf dieser sta­tion beobachtet wurde. Gegenüber dem Novemberwert desVorjahres, der 12,55 %0 (237 m Tiefe) betrug, war damit einAnstieg um rund 0,7 %0 eingetreten.

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Während im Tiefenwasser des Arkonabeckens eine Tempe­raturzunahme eintrat, die dem Jahresgang folgte (7, 8),wurde in den anderen Becken unterhalb der thermohalinenSprungschicht ein Temperaturrückgang beobachtet, der imBornholmbecken im Mittel 0,6 PC, im Gdansker Becken1,6°C und im Gotlandtief 0,3 oe betrug. Am Westhang desBornholmbeckens zeichnete sich ferner ab August 1977 derEinstrom relativ warmen Wassers, ab, der im Septemberbesonders stark in' Erscheinung trat und offenbar die Ur­sache für die im Oktober beobachtete geringfügige Tempe­raturerhöhung in der grundnahen Wasserschicht war.

Bemerkenswert sind ferner die Temperaturinversionen imTiefenwasser des Landsorttiefs, die im November 1977 be­obachtet wurden. Sie lassen auf eine noch nicht vollständig,beendete Wasserumschichtung schließen.

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Karlsö­tief

Abb.2

Temperaturvertei l ungoe

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5".-12.2.1977

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Wissenschaftliche Schriftenre"ihe 18 (1980)Fischeret-Forschung

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Abb.3

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Fischerei-ForschungWissenschaftliche Schriftenreihe 18 (1980) 154

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5.14.16. I 8.113102 142 4 B 5A 7A

112.2.1977233

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Abb.5

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Abb.6

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26.3.-3.4.1977

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Abb.7Vertikalverteilung .ausgewählter ozeanologischer Parameterim·Fehmarnbelt und im Arkonabecken

Fischerei-ForschungWissenschaftliche Schriftenreihe 18 (1980) 1

Sinne vor (4). Der Wechsel zwischen Einstrom- und Aus­stromlagen war ferner die Ursache dafür, daß sich keinegrößeren Mengen salzreichen Wassers im Arkonabeckenansammeln konnten. Zwischen den verschiedenen Einstrom­perioden hatte das salzreiche Wasser vielmehr Zeit, in dieweitel" östlich und nördlich gelegenen Becken abzufließen.Da der verstärkte Einstrom bereits in1 August begann, wardas der Ostsee zugeführte Kattegatwasser relativ warm.Die Wassertemperatur kann daher benutzt werden, um dieAusbreitung dieser Wassermassen zu verfolgen.Aus der Temperaturverteilung im Oktober/November 1976ist zu erkennen (9), daß die in die Ostsee eingeströmtenWassermassen das Bornholmbecken zunächst in mittlerenTiefen passierte. Erst im weiteren Verlauf des Einstromsdrangen sie bis zum Boden vor und führten dort zu einemAnstieg des Salzgehalts und zu einer Verbesserung derSauerstoffverhältnisse.Die Wasserrnassen, die zunächst das Bornholmbecken pas­sierten, ohne zu einer Umschichtung zu führen, müssensehr schnell in nordöstlicher Richtung vorangekommensein und das Tiefenwasser des östlichen Gotlandbeckenserneuert haben. Diese Umschichtung, die nach schwedi­schen Untersuchungen bereits in1 Januar 1977 eingetretenwar (2), führte zu einem extrem starken Anstieg der Was­sertemperatur und" zu einer deutlichen Zunahme des Salz­und Sauerstoffgehalts, während umgekehrt der Phosphat­gehalt auf relativ niedrige Konzentrationen absank. Es istbemerkenswert, daß die zu Beginn des Jahres 1977 beob­achteten Temperaturen die höchsten waren (2), die bisherim Tiefenwasser dieses Beckens gemessen wurden. Außer­dem erfuhr die im Mittel abnehmende Tendenz des Salz­gehalts, die seit 1952 andauert· (6), eine deutliche Unter­brechung.Aufschlußreich für den Wasseraustausch zwischen denTiefenbecken der Ostsee waren ferner die hydrographisch­chemischen Veränderungen im Landsorttief (Stat. 31 A).Nachdem auf dieser Station bereits im Hetbst 1976 eine'Vassererneuerung beobachtet wurde (9), die sicher eineFolge des Salzwassereinstroms zu Beginn dieses Jahres war,konnte im Mai-Juni 1977 (vgl. auch 2) eine erneute Was­serumschichtung mit ähnlichen Konsequenzen wie im Got­landtief, jedoch ohne die dortigen Extremwerte, festgest2lltwerden.Die Telnperatur- und Sauerstoffinversionen, die im No­vember 1977 im Tiefenwasser des Landsorttiefs vorhandenwaren, deuten auf eine weitere Wassererneuerung in die­ser Jahreszeit hin. Der Salzgehalt kann nicht für eine Be­urteilung herangezogen werden, weil uns für den Zeitraumzwischen Mai und November keine Meßergebnisse vor­liegen. Es kann daher nicht entschieden werden, ob derim November beobachtete Salzgehaltsanstieg auf die ersteoder auf die zweite Umschichtung zurückzuführen ist.Die rasche Folge der Wasserumschichtung im Landsorttiefkann verschiedene Ursachen haben. So ist es denkbar, daßder Wechsel zwischen Einstrom- und Ausstromperioden,der in der 2. Jahreshälfte 1976 beobachtet wurde, sich auchin den nördlichen Ostseeregionen noch bemerkbar macht.

Eine a.ndere Ursache kann die Geschwindigkeit sein, mitder die verschiedenen Wassermassen vorangekommensind. So deutet FONSELIUS (2) an, daß die im Juni in1Landsorttief beobachtete Erneuerung auf Wassermassenzurückzuführen ist, die unterhalb der Salzgehaltssprung­schicht in n1ittleren Tiefen rasch nordwärts vorgedrungensind. Die Wasserumschichtung im November kann dagegendurch Tiefenwasser erklärt werden, das aus anderen Bek­ken verdrängt und beim Passieren der untermeerischenSchvvellen in seiner Fortbewegung gehemmt wurde. Fürehemals stagnierendes Tiefenwasser spricht auch der rela­tiv niedrige Sauerstoffgehalt. Eine endgültige Klärungdieser Fragen ist mit dem zur Verfügung stehenden Daten­material nicht möglich.Das wichtigste Ergebnis der Wasserumschichtung in derOstsee war die Verbesserung der Sauerstoffverhältnisse.Erstmals seit mehr als 10 Jahren war im Mai 1977 dasgesanlte Tiefenwasser frei von Schwefelwasserstoff (Abb. 1).Außerdem herrschten die günstigsten Sauerstoffverhältnisseseit Beginn dieses Jahrzehnts. Im Südteil des östlichen Got­landbeckens waren mit 1-2 mlJl bis in 150 m Tiefe fische­reilich ausreichende Sauerstoffkonzentrationen vorhanden.Im Anschluß an die Wasserumschichtung, die in den ver­schiedenen Becken zu unterschiedlichen Terminen erfolgte,begann eine weitere Stagnationsperiode, die zu einer er­neuten Verschlechterung der Sauerstoffverhältnisse im Tie­fenwasser der Ostsee führte. So waren im Oktober/Novem­ber 1977 fischereilich ausreichendeSauerstoffkonzentra.tio-

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Parallel zur Verbesserung der Sauerstoffverhältnisse hatteder Phosphatgehalt im Tiefenwasser der Ostsee stark ab­genommen und übertraf kaum 3 /hg-at./l (Abb~ 5). Nur imGdansker Becken war in der 2. Jahreshälfte ein starkerAnstieg zu verzeichnen, der mit der erneuten Verschlechte-·rung der Sauerstoffverhältnisse im Einklang stand.Mit Werten um 2/hg-at./1 (Tab. 1) wurden im Gotlandtief(Stat. 15 A) die niedrigsten Phosphatkonzentrationen seit1969, dem Beginn unserer systematischen Nährstoffunter­suchungen in diesem Gebiet, festgestellt. Erst im Herbstkam es zusammen mit der Verschlechterung der Sauerstoff­verhältnisse auch zu einem stärkeren Anstieg des Phosphat­gehalts im Tiefenwasser dieser Station.Bemerkenswert sind ferner die Inversionen in der Vertei­lung des Phosphatgehalts im Landsorttief, die im Einklangmit den Sauerstoffverhältnissen stehen. Sie sind auch imwestlichen Gotlandbecken vorhanden. Da sie nur 0,2­0,3/hg-at./l betragen und innerhalb des vorgegebenen 1so­linienbereichs liegen, treten sie in Abb. 5 nicht in Erschei­nung.Im Gebiet des Fehmarnbelts wurden im Februar 1977 mit0,7-0,9 /h'g-at./l PO~-P, 5-8 /hg-at./l NO:~-N und 0,7-1,4 /hg-at'/lNH4-N in der gesamten vVassersäule sehr hohe Nährstoff­konzentrationen festgestellt. Besonders auffällig war, daßdie höchsten Nitratkonzentrationen in der salzärmerenDeckschicht auftraten. Im Arkona- und Bornholmbeckenwurden mit 3-4/hg-at./1 in der Oberflächenschicht und5-8/hg-at./1 im Tiefenwasser die der Jahreszeit entspre­chenden Nitratwerte gemessen. Ähnlich verhielt es sich mitdem Amlnoniumstickstoff, der nur im grundnahen Bereichdieser Becken vereinzelt Werte über l/hg-at./I erreichte.In Abhängigkeit von der Frühjahrsentwicklung des Phyto­planktons nahm nicht nur der Phosphatgehalt, sondernauch die Nitratkonzentration in der lichtdurchflutetellOberflächenschicht ab, bis schließlich im Mai eine weit­gehende Verarmung dieser Nährstoffe eingetreten war.Dagegen war der Ammoniumgehalt noch verhältnismäßighoch. Mit Werten um l/hg-at./l lag er über der Nitrat­konzentration. Erst im August konnte in allen Ostsee­gebieten eine weitere Abnahme auch dieses Nährstoffesbeobachtet werden.Im August und September waren ferner die Anreicherun­gen des Nitrit- und Ammoniumstickstoffs im oberen Be­reich der thermohalinen Sprungschicht (40-60 m) bemer­kenswert. Dabei wurden Nitritkonzentrationen von 0,3 bis0,5 /hg-at./l und Ammoniumkonzentrationen von 1-2 /hg-at';lerreicht. Während der Untersuchungen im Oktober/Novem­ber wurden entsprechend hohe Konzentrationen dieser bei­den Stickstoffverbindungen in der gesamten Oberflächen­schicht der Gotlandsee beobachtet, wobei Ammonium­stickstoff die in dieser Jahreszeit noch geringe Nitratkon­zentration übertraf.Im: Tiefenwasser der westlichen Teilgebiete der Ostseewurden 1977 zeitweilig extrem hohe Ammonium;" undNitritkonzentrationen nachgewiesen. Beispiele aus demFehmarnbelt und dem Arkonabecken sind in Abb.7 dar­gestellt. Auf die beginnende Denitrifikation im Tiefenwas­ser einiger Ostseeregionen, die infolge' ungünstiger Sauer­stoffverhältnisse zu einem starken Rückgang des Nitrat­gehalts geführt hatte, wurde bereits hingewiesen.

3. Diskussion der Ergebnisse

Nicht nur der Beginn, sondern auch das Ende des Jahres1976 war durch'den verstärkten Einstrom salzreichen Was­sers in die Ostsee gekennzeichnet (9). Da sich dieser Ein­strom diskontinuierlich über einen längeren Zeitraum er­streckte, liegt kein Salzvvassereinbruch im eigentlichen

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im Bornholmbecken nur noch bis 70 m, im GdanskerBecken bis 80 m und im Südteil des östlichen Gotland­beckens bis 120 m Tiefe vorhanden (Abb. 1).Diese rapide Verschlechterung der Sauerstoffverhältnissewurde durch die relativ hohen Temperaturen, die unter­halb der thermohalinen Sprungschicht herrschten und sichfördernd auf die sauerstoffzehrenden biochemischen Ab­bauprozesse auswirkten, noch beschleunigt.Wie weit die Sauerstoffverarmung im Herbst 1977 schonfortgeschritten war, wird durch Denitrifikationsprozesseunterstrichen, die im Tiefenwasser des Bornholmbeckensund Gotlandtiefs sowie im östlichen und westlichen Got­landbecken bereits zu einer Nitratverarmung geführt hat­ten. Diese Prozesse beginnen etwa bei Sauerstoffkonzen­trationen von 0,1-0,2 mlll (10) und sind ein Zeichen dafür,daß in naher Zukunft mit anoxischen Bedingungen imTiefenwasser dieser R~gionen zu rechnen ist. Trotz derungünstigen Entwicklung der Sauerstoffverhältnisse konnteim Oktober/November 1977 nur auf einer Station des nörd­lichen· Gotfandbeckens Schwefelwasserstoff in Grundnähefestgestellt werden (Abb. 1). Auch im westlichen Gotland­becken wurde Schwefelwasserstoff beobachtet, allerdingsnicht am Grunde, sondern im unteren Bereich der Salz­gehaltssprungschicht. Eine derartige Verteilung läßt aufeine Wasserumschichtung in diesem Becken schließen undkommt dadurch zustande, daß das ehemals stagnierendeTiefenwasser durch advektive Wasserzufuhr angehobenwurde.Ebenso wie im Vorjahr (9, 11) wurden auch 1977 zu Jahres­beginn erhebliche. Nährstoffmengen im Oberflächenwasserder westlichen Ostsee und des Arkonabeckens beobachtet,die über .den mittleren K.onzentrationen lagen. Damit wurdeerneut bestätigt, daß der Einstrom größerer Mengen K.atte-gatwasserseinezusätzlicheEutrophierung in de.n westlichenTeilgebieten der Ostseebewirkt.. Die Reaktivierung·· von

ährstoffenaus dem .. Tiefenwasser als .. Folge·. der Wasser-mschichtung ist dagegenrür 1977 von untergeordneteredeutung, ""eil·.... es •. nach dem Salzwassereinstrom des-llor­

'ahresnoch nicht wieder zu nennenswerten Nährstoff­nreicherungen in· den tiefen Becken der Ostseegekommenare

1. BOCK, K.-H.:Monatskarten des Salzgehalts der Ostsee dargestellt für ver­schiedene TiefenhorizonteDt. Hydrogr. Zeitsch., Erg. H., R. B. Nr. 12 (1971), 147 S.

2. FONSELIUS, S. H.:An inflow of unusually warm water into the Baltic deep basinsMeddelande havesf.-lab. Lysekil 229 (1977), 15 S.

3. FRANCKE, E. und NEHRING, D.:Erste Beobachtungen über einen erneuten Salzwassereinbruchin die Ostsee inl Februar 1969 <

Beitr. Meeresk. 28 (1971), S.33-474. FRANCKE, E., NEHRING, D. und RECHLIN, 0.:

Oceanographic and fishery-biological effects of the inflow pat­tern in the western Baltic in autumn 1976Ann. Biol. 23 (1978), S. 40-41

5. LENZ, W.:Monatskarten der Temperatur der ostsee, dargestellt für ver­schiedene TiefenhorizonteDt. Hydrogr. Zeitsch., Erg. H., R. B. Nr. 11 (1971), 148 S.

6. MATTHÄUS, W.:Zur Hydrographie der Gotlandsee. I. Säkuläre Variationen vonSalzgehalt und TemperaturBeitr. MeeresIe 29 (1972), S. 35-51

Fischerei-ForschungWissenschaftliche Schriftenreihe 18 (1980)

Unter· oxischen Bedingungen sind hohe Ammoniumkon­zentrationen ein Hinweis auf eine noch nicht vollständigüberwundene, organische Belastung des Wassers (9). Diehohen K.onzentrationen dieser Stickstoffverbindung, die1977 zeitweise im Tiefenwasser der westlichen Ostseeregio­nen angetroffen wurden (Abb.7), lassen damit wichtigeSchlußfolgerungen über die Wasserqualität zu. Die unvoll­ständige Nitrifikation zeigt, daß das Tiefenwasser in diesenGebieten erheblich organisch belastet war bzw. die Folgeneiner organischen Belastung noch nicht überwunden hatte.Unter Berücksichtigung des Wasseraustausches an denOstseezugängen, der im Mittel durch den Einstrom .salz­reichen Tiefenwassers und dem Ausstrom salzarmen Ober­flächenwassers gekennzeichnet ist, liegt die llermutungnahe, daß die organisch belasteten Wassermassen mit demTiefenstrom in die Ostsee gelangt sind. Die Ursachen dieserBelastung sind somit außerhalb der Ostsee zu suchen.Da auf der Herbstreise 1977 keine Messungen im südlichenK.attegat durchgeführt wurden, kann eine Abschätzung derozeanologischen Voraussetzungen für einen Salzwasserein­bruch in die Ostsee nur aufgrund der Beobachtungen ,imGebiet des Fehmarnbelts erfolgen. Ähnlich wie im Vor­jahr (9) wurde auch im Zeitraum Oktober/November 1977ein starker Anstieg des Salzgehalts in diesem Gebiet fest­gestellt, dessen Ursache in der vorangegangenen intensivenEinstromlage zu suchen ist. Dieser Anstieg war im Tiefen­wasser jedoch gegenüber 1976 um 1,3 bis 1,8 %0 niedriger.Da bei Einstromlagen der Salzgehalt im Tiefenwasser desFehmarnbelts etwa dem des Oberflächenwassers im süd­lichen K.attegat entspricht, kann gefolgert werden, daß auchin· dem zuletzt< genannten Gebiet um 1-2 %0 niedrigereOberflächenwerte als im Vorjahr vorlagen.Durch die Erneuerung des Tiefenwassers, die sowohl 1976als auch 1977 erfolgte, war ferner derSalzgehalt in dengrundnahen· Schichten der ·0stsee.···angestiegen•. Um dieseWassermassen zu verdrängen, müßte das bei· einem· Salz­wassereinbruch .. in .die Ostsee einströmende K.attegatwasserrelativ salzreich ...sein.Selbst .. bei intensiven .Einstromlagenwaren somitjm November 1977· die Voraussetzungen fürden Einstrom salzreichenWassers mit nachfolgender Was­serumschichtung in den <tiefen Becken der Ostsee schlechterals im .Spätherbstdes .. "'\Torjahres.

7. MATTHÄUS, W.:Zur mittleren jahreszeitlichen Veränderlichkeit der Temperaturder offenen OstseeBeitr. Meeresk., 40 (1977), S. 117-155

8. MATTHÄUS, W.:Grundzüge der Hydrographie der Ostsee

~ Acta hydrochim. hydrobiol. 6 (1978), S. 3-149. NEHRING, D. und FRANCKE, E.:

Die Erneuerung des Tiefenwassers und andere hydrographisch­chemische Veränderungen in der Ostsee im Jahre 1976Fischerei-Forsch., Rostock, 18 (1978), (im Druck)

10. NEHRING, D,.:Untersuchungen über die Verteilung der anorganischen Stick­stoffverbindungen im Hinblick auf die zunehmende Wasserver­schlechterung in der Ostsee

11. NEHRING, D.:On the input nutrients into the Baltic through the Belts andthe SoundIntern. Council Explor. Sea C.M. 1977/C: 17, S.1-4

12. WOLF, G.:Salzwassereinbrüche im Gebiet der westlichen OstseeBeitr. Meeresk. 29 (1972), S. 67-77

13. WYRTKI, K.:Der große Salzwassereinbruch in die Ostsee im November undDezember 1951Kieler Meeresforsch. 10 (1954), S. 19-251

14. ------:The Baltic Year 1969170. Program manualGöteborg, 1968

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