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Member of the www.kup.at/urologie P.b.b. 02Z031116M, Verlagspostamt: 3002 Purkersdorf, Erscheinungsort: 3003 Gablitz Homepage: www .kup.at/urolog ie Online-Datenbank mit Autoren- und Stichwortsuche Indexed in Scopus Physikalische Eigenschaften künstlicher Harnsteine aus natürlichen Materialien (BON(N)-STONES) im Vergleich zu natürlichen und anderen künstlichen Harnsteinen Heimbach D, Hesse A, Jacobs J Müller SC, Preminger GM, Zhong P Journal für Urologie und Urogynäkologie 2000; 7 (1) (Ausgabe für Schweiz), 11-20 Journal für Urologie und Urogynäkologie 2000; 7 (1) (Ausgabe für Österreich), 14-24

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Autoren- und Stichwortsuche

Indexed in Scopus

Physikalische Eigenschaften

künstlicher Harnsteine aus

natürlichen Materialien

(BON(N)-STONES) im Vergleich zu

natürlichen und anderen künstlichen

Harnsteinen

Heimbach D, Hesse A, Jacobs J

Müller SC, Preminger GM, Zhong P

Journal für Urologie und

Urogynäkologie 2000; 7 (1) (Ausgabe

für Schweiz), 11-20

Journal für Urologie und

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für Österreich), 14-24

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14 J. UROL. UROGYNÄKOL. 1/2000

ZUSAMMENFASSUNG

Aus klinischer Sicht sind diebisher bekannten künstlichenHarnsteinmodelle ausartefiziellen Materialien (z. B.Gips) für in vitro-Untersuchungenzur Lithotripsie ein Kompromiß.Für Experimente zur Chemolysesind sie völlig ungeeignet, da sie

humanen Nierensteinen nichtentsprechen. Das Ziel der vorlie-genden Arbeit bestand darin, diephysikalischen Eigenschaften vonkünstlichen Steinen aus natürli-chen Steinmaterialien (BON(N)-STONES) mit natürlichen Harn-steinen gleicher chemischerZusammensetzung zu verglei-chen. Im einzelnen wurdenkünstliche Harnsteine aus Apatit,Struvit, Brushit, Zystin, Harnsäure

und Kalziumoxalat systematischuntersucht.

Die Dichte der Steine wurdegemäß dem ArchimedischenPrinzip mit einem Pyknometeruntersucht. Die Messung derMikrohärte erfolgte mit einemVickers-Stempel. Mittels einerUltraschall-Puls-Transmissions-technik wurden longitudinale undtransversale Wellengeschwindig-keiten untersucht. Wellen-impedanzen sowie dynamischeModule wurden errechnet.

Die neuen künstlichen Steine(BON(N)-STONES) haben eineKugelform und sind einheitlichbezüglich Durchmesser, Volumenund Gewicht, Dichte und Mikro-härte. Die akustischen Eigen-schaften und dynamischen Modu-le der BON(N)-STONES sindinsbesondere mit natürlichenSteinen aus Apatit, Struvit, Brushitund Harnsäure vergleichbar.

Die Ergebnisse zeigen, daß dieBON(N)-STONES in bezug aufihre physikalischen Eigenschaftenmit Ausnahme von Zystin undKalziumoxalat natürlichen Stei-nen gleicher chemischer Zusam-mensetzung weitgehend entspre-chen. Sie sind geeignet, umstandardisierte und reproduzier-bare in vitro-Untersuchungendurchzuführen und substanz-spezifische Informationen zugeben und können zur Qualitäts-kontrolle und für wissenschaftli-che Experimente eingesetztwerden.

D. Heimbach, J. Jacobs, A. Hesse, S. C. Müller, P. Zhong, G. M. Preminger

PHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTENKÜNSTLICHER HARNSTEINE AUSNATÜRLICHEN MATERIALIEN(BON(N)-STONES) IM VERGLEICHZU NATÜRLICHEN UND ANDERENKÜNSTLICHEN HARNSTEINEN

Summary: Physical properties ofartificial stones made of naturalmaterials (BON(N)-STONES) incomparison to natural and otherartificial stones

From a clinical point of view theartificial stone phantoms knownso far are a compromise for invitro investigations. Concerningexperiments on chemolysis theyare not useable because they arenot comparable to natural renalcalculi. Therefore it was the aimof this study to compare thephysical properties ofstandardized artificial stonesmade of natural materials(BON(N)-STONES) with naturalstones of the same composition.These artificial stones arecomposed of apatite, magnesiumammonium phosphate hydrogen,brushite, cystine, uric acid andcalcium oxalate.

The density of the stones wasmeasured by a pycnometeraccording to Archimedes’principle. The microhardness wastested using a Vicker’s indentor.

Longitudinal and transversal wavespeeds were investigated using anultrasound puls transmissiontechnique. Wave impedances anddynamic moduli were calculated.

The new stone phantom(BON(N)-STONES) is ball-shapedand uniform concerning diameter,volume and weight. Density andmicrohardness as well as acousticproperties and dynamic mechanicmoduli are in good accordance tonatural stones of the samecomposition especially regardingapatite, struvite, uric acid andbrushite stones.

The results show that BON(N)-STONES are comparable to theirnatural counterparts concerningphysical properties withexception of cystine and calciumoxalate. They are suitable toperform standardized andreproducible investigations invitro and give substance-specificresults. They may be used forquality controls and for scientificexperiments.

PHYSIKALISCHEEIGENSCHAFTEN

KÜNSTLICHERHARNSTEINE AUS

NATÜRLICHENMATERIALIEN

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EINLEITUNG

Zur Durchführung vonForschungsprojekten auf demGebiet der Urolithiasis und zurBestimmung von Qualitäts-kriterien sind standardisierte undreproduzierbare in vitro-Untersu-chungen erforderlich. Die Ver-wendung natürlicher Steine insolchen Versuchen ist jedochproblematisch, da es sich hier inden meisten Fällen um Misch-steine verschiedenster chemischerZusammensetzung handelt, die inForm, physikalischen Eigenschaf-ten und Verhalten höchst unter-schiedlich sind. SystematischeVersuche sind daher nur mitkünstlichen Steinen sinnvoll.Diese sind in ausreichenderMenge verfügbar, und es lassensich standardisierte undreproduzierbare Untersuchungendurchführen. Solche künstlichenSteine werden aus Kreide,Spachtelmasse, Gips, Zahn-zement und keramischem Materi-al hergestellt [1, 2]. Untersuchun-gen zur Chemolitholyse sind mitden bekannten künstlichen Harn-steinen jedoch nicht durchführ-bar, da diese nicht aus natürli-chen Steinmaterialien bestehen.

Die bisher bekannten künstlichenSteine sind auch aus klinischerSicht für wissenschaftliche Experi-mente nicht geeignet. Sie entspre-chen humanen Nierensteinenweder in Form und chemischerZusammensetzung noch in ihrenphysikalischen Eigenschaften. Esist jedoch von großer Bedeutung,diese physikalischen, d. h. me-chanischen und akustischenEigenschaften von Harnsteinen zukennen. Besonders zum Verständ-nis der physikalischen Aspekte

der Lithotripsie spielen sie einewichtige Rolle. Ein Vergleichdieser physikalischen Eigenschaf-ten zwischen verschiedenenSteinarten sollte eine qualitativeGrundlage für die relative Anfäl-ligkeit eines Steines gegenübereiner Lithotripsiebehandlunggeben. Diese Informationenkönnen verwendet werden, umdie Effektivität verschiedenerLithotriptersysteme zu untersu-chen und effizientere Systeme zuentwickeln.

Deshalb wurde ein Verfahrenentwickelt und patentiert, mitdem Standardkonkremente ausnatürlichen Steinmaterialien(BON(N)-STONES) hergestelltwerden können [3]. Im einzelnenwurden künstliche Harnsteine ausApatit, Struvit, Brushit, Zystin,Harnsäure und Kalziumoxalatangefertigt. Das Ziel der vorlie-genden Arbeit war, zu überprü-fen, ob die BON(N)-STONES inbezug auf ihre physikalischenEigenschaften mit natürlichenHarnsteinen gleicher chemischerZusammensetzung gut überein-stimmen und substanzspezifischeInformationen geben, so daß siefür standardisierte und reprodu-zierbare in vitro-Untersuchungengeeignet sind.

MATERIAL UND METHODIK

Als Ausgangsmaterialien für dieHerstellung der künstlichenHarnsteine (BON(N)-STONES,Deutsches Patent Nr.19505591.8-41) wurden handels-übliche chemische Substanzenverwendet (Struvit (Stru) Fa.Riedel de Haen, No. 04255 ;Apatit (CA) Fa Merck; Brushit

(Bru) Fa. Riedel de Haen, No.04231; Kalziumoxalat (CaOx) Fa.Roth, No. 6145.1; Zystin (Zys) Fa.Fluka, No. 30200; Harnsäure (HS)Fa. Sigma, No. U2625). DieÜbereinstimmung mit den realenHarnsteinmaterialien wurdeinfrarotspektroskopisch überprüft.Die Herstellung erfolgte mittelsder pharmazeutischen Standard-verfahren des Granulierens,Tablettierens und Dragierensunter Hinzufügen von Gelatine,welche die natürliche Steinmatrixsimulieren sollte [3].

Die Dichte der Steine wurdegemäß dem ArchimedischenPrinzip mit einem Pyknometer(Fa. Thomas Scientifics) nachfolgender Formel bestimmt:

ρs(W) = (WS(w) x ρw) / (WS(w) + WW -W(S+W))

wobei ρs(W) die Steindichte innaßem Zustand, WS(w) das Stein-gewicht in naßem Zustand, ρw dieWasserdichte, WW das Gewichtdes Pyknometers gefüllt mitWasser und W(S+W) das Gewichtdes Pyknometers gefüllt mit demStein und mit Wasser darstellt.

Während der Messung der Mikro-härte mit einem Vickers-Stempel(Fa. Wilson) wird eine glatt polier-te Steinfläche mit einem Stempel-gewicht von 100 g beladen, umeinen Stempeleindruck in einerhomogenen Region der Stein-oberfläche herzustellen. DerVickers-Stempel verursacht einekleine Impression mit zwei ortho-gonalen gleich langen Diagona-len. Mit Hilfe des Stempel-gewichtes, geteilt durch dieFläche der Impression, wird dieHärte des Steinmaterials alsDruckeinheit bestimmt, ein Indexdes Steinwiderstandes gegenüber

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einer Penetrationskraft. DieMikrohärte wird wie folgt berech-net:

HV = 1,854 x (P / d2)

wobei HV in kg / mm2, P(Stempelgewicht) in g and d (diemittlere Länge der Diagonaleeiner Vickers-Impression) in µmgemessen wird.

Im einzelnen wurden folgendeakustischen Eigenschaften be-stimmt: Geschwindigkeit longitu-dinaler und transversaler Ultra-schallwellen, longitudinale undtransversale Wellenimpedanz.Sechs Gruppen künstlicher Harn-steine mit verschiedener chemi-scher Zusammensetzung (s. o.)wurden untersucht. NatürlicheHarnsteine aus Struvit, Brushit,Apatit, Kalziumoxalat, Zystin undHarnsäure dienten als Referenz[4].

Für die verschiedenen Messungenwerden jeweils 4 Steine benötigt.Als Vorbereitung für die Messun-gen zur Bestimmung der Wellen-transmissions-Geschwindigkeitenwerden die Steine in einer Fas-sung aus selbsthärtendem kaltemHarz fixiert und mit einerDiamantsäge mit geringer Ge-schwindigkeit in dünne Scheiben(ca. 2–3 mm) geschnitten. BeideSeiten der Scheiben werden miteiner Schleifmaschine mit einerSerie von Silikon-Karbid-Papier(200–600 Korngröße) poliert. VorBeginn der Messungen werdendie Präparate in eine 0,9 %igeKochsalzlösung eingetaucht.

Eine Ultraschall-Puls-Trans-missionstechnik wird zur Mes-sung der Wellengeschwindigkeitbenutzt [5]. Ein Paar Ultraschall-Wandler wird an den gegenüber-

liegenden Seiten des Präparatesfixiert, wobei einer als Senderund einer als Empfänger fungiert.Mittels einer Ultraschall-Puls/Empfänger-Einheit (Panametrics5052PR, Fa. Waltham) wird einHochvolt-elektrischer Impuls (220V bei 50 Ohm) auf den Senderappliziert, der dann einen kurzenUltraschall-Puls in seiner Reso-nanzfrequenz aussendet. Der sichdurch das Steinpräparat ausbrei-tende Ultraschall-Puls wird vomEmpfänger auf der gegenüberlie-genden Seite nach einer Trans-missionszeit ∆t gemessen. DerVorgang wird von einem digitalenOszilloskop aufgezeichnet. DieWellentransmissions-Geschwin-digkeit wird als H/∆t berechnet,wobei H die Dicke des Präparatesdarstellt, welche mit einer Genau-igkeit von 0,01 mm mit einemdigitalen Meßgerät bestimmtwird.

Für die Messung der longitudina-len Wellengeschwindigkeit wirdein Paar 10 MHz Wandler(Panametrics, Modell V129-RM)verwendet, zur Bestimmung dertransversalen Wellen-geschwindigkeit ein Paar 5 MHzWandler (Panametrics, ModellV157-RM). Zur Verbesserung derAnkopplung zwischen Wandlerund Steinpräparat wird Ultra-schall-Gel appliziert. Bei jedemPräparat werden 4 Messungendurchgeführt, wobei das Präparatum 90° längs der Achse derWellenausbreitung gedreht wird.Die Mittelwerte werden alsErgebnis für jedes Präparat ver-wendet.

Die Wellenimpedanzen wurdenals Produkt aus Wellen-geschwindigkeit und Dichteberechnet. Folgende dynamischeModule wurden bestimmt;

Dehnungs- oder Elastizitätsmodul(E), Kompressibilität (K), Torsions-oder Schubmodul (G) undPoisson-Zahl (ν). K ist die Mengean Druck, die benötigt wird, umeine Volumenänderung einesMaterials um eine Einheit zubewirken. G mißt die Torsions-kräfte, die erforderlich sind, umeine Formveränderung um eineEinheit, gemessen im Winkel θhervorzurufen. E ist die Kraft proEinheit eines Querschnittareals,welches den Dimensionswechsel(Ausdehnung oder Verkürzung)um eine Einheit bewirkt. DiePoisson-Zahl gibt das Verhältnisvon relativer Durchmesser-veränderung zu relativer Längen-veränderung eines Materials an.Die dynamischen Module werdenrechnerunterstützt ermittelt [5].

Zum Vergleich mit natürlichenHarnsteinen und BON(N)-STONES wurden künstlicheSteine aus Gips der Firmen Storz,Dornier und HMT untersucht.Dabei wurden die oben genann-ten akustischen und mechani-schen Eigenschaften bestimmt.

ERGEBNISSE

Die hergestellten künstlichenSteine sind kugelförmig undeinheitlich bezüglich Durchmes-ser, Volumen und Gewicht (Tab.1). Der Variationskoeffizient derSteindurchmesser zeigt, daß einhoher Grad an Standardisierungerreicht wird.

Die Dichte der BON(N)-STONESzeigt eine gute Übereinstimmungmit natürlichen Steinen gleicherchemischer Zusammensetzung.Die künstlichen Steine aus Gips

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weisen hingegen deutlich gerin-gere Werte auf (Tab. 2).

Die mit dem Vickers-Stempelgemessene Mikrohärte künstlicherund natürlicher Steine unterschei-det sich deutlich bei den ver-schiedenen Steinarten (Tab. 3,Abb. 1). Kalziumoxalat- undBrushitsteine weisen die höchstenWerte auf, gefolgt von Apatit- undHarnsäuresteinen mit Struvit- undZystinsteinen am Ende der Härte-skala. Im Vergleich künstlicherund natürlicher Steine findet sicheine gute Übereinstimmungbeider Gruppen. Die künstlichenSteine aus Gips liegen am unterenEnde der Härtewerte und mitAusnahme der Steine von Storzunterhalb der natürlichen Grenze.

Die Messungen von longitudina-len und transversalen Wellen-geschwindigkeiten aller sechs

Tabelle 1: Durchmesser, Volumen und Masse künstlicher Steine: Mittelwert(± Standardabweichung), Variationskoeffizient (%), n = 10

Durchmesser Gewicht Volumen(cm) (g) (cm3)

Struvit 0,8167 0,4847 0,2877(± 0,0465) (± 0,0764) (± 0,0494)1,8 % 5,0 % 5,4 %

Apatit 0,786 0,6096 0,257(± 0,051) (± 0,1131) (± 0,051)2,1 % 5,9 % 6,3 %

Brushit 0,8157 0,6623 0,2852(± 0,0298) (± 0,0703) (± 0,0311)1,2 % 3,4 % 3,4 %

Kalziumoxalat 0,8967 0,7023 0,3787(± 0,0312) (± 0,0578) (± 0,039)1,1 % 2,6 % 3,3 %

Zystin 0,9225 0,5576 0,4147(± 0,0531) (± 0,0953) (± 0,0704)1,8 % 5,4 % 5,4 %

Harnsäure 1,0203 0,3543 0,5570(± 0,0235) (± 0,0569) (± 0,0383)0,7 % 5,1 % 2,2 %

Tabelle 2: Dichte und akustische Eigenschaften natürlicher und künstlicher Harnsteine, n = 4

Steinart Dichte Longitudinale Transversale Longitudinale TransversaleWellengeschw. Wellengeschw. akust. Impedanz akust. Impedanz

(kg x m-3) (km x s-1) (km x s-1) (kg x m-2 x s-1 x 106) (kg x m-2 x s-1 x 106)

CaOx (100%) 2.038 ± 34 4.535 ± 58 2.132 ± 25 9.242+274 4.345 ± 124CaOx (künstl.) 1.174 ± 80 2.903 ± 66 1.634 ± 33 5.037 ± 113 2.047 ± 376Zystin (100%) 1.624 ± 73 4.651 ± 138 2.125 ± 9 7.553 ± 574 3.451 ± 170Zystin (künstl.) 1.369 ± 45 3.929 ± 168 1.613 ± 56 5.380 ± 230 2.208 ± 77Brushit (95%) 2.157 ± 16 3.932 ± 134 1.820 ± 22 8.481 ± 354 3.926 ± 78CaOx (5%)Brushit (künstl.) 1.701 ± 50 3.659 ± 180 1.976 ± 90 6.230 ± 307 3.362 ± 154Harnsäure (100%) 1.546 ± 12 3.471 ± 62 1.464 ± 12 5.366 ± 138 2.263 ± 36Harnsäure (künstl.) 1.482 ± 60 3.318 ± 179 1.759 ± 139 4.919 ± 266 2.608 ± 206CA (95%) 1.732 ± 116 1724 ± 75 1.313 ± 20 4.178 ± 455 2.274 ± 189COD (5%)CA (künstl.) 1.745 ± 74 2.772 ± 130 1.641 ± 87 4.838 ± 227 2.817 ± 151Struvit (90%) 1.587 ± 68 2.798 ± 82 1.634 ± 25 4.440 ± 326 2.593 ± 152CA (10%)Struvit (künstl.) 1.371 ± 41 2.603 ± 77 1.409 ± 72 3.570 ± 106 1.932 ± 99Storz (künstl.) 1.170 ± 625 3.195 ± 60 1.293 ± 64 3.738 ± 70 1.933 ± 73Dornier (künstl.) 1.111 ± 135 3.086 ± l54 1.522 ± 57 3.428 ± 170 1.691 ± 64HMT (künstl.) 1.146 ± 042 2.096 ± 055 1.189 ± 059 2.404 ± 064 1.363 ± 068

CaOx = Kalziumoxalat, CA = Apatit, COD = Kalziumoxalat-Dihydrat

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Gruppen künstlicher und natürli-cher Steine sind in Tabelle 2gemäß ihrer chemischen Zusam-mensetzung von Kalziumoxalat,Zystin, Brushit, Harnsäure über

Apatit bis Struvit zusammenge-faßt. Dabei fällt der generellabsteigende Trend der Meßergeb-nisse bei künstlichen und natürli-chen Steinen in Hinblick auf ihre

chemische Zusammensetzungauf. Jedoch sind die Werte derkünstlichen Steine in der Regelniedriger. Zystin- und besondersKalziumoxalatsteine erreichennicht die hohen Werte wie ihrenatürlichen Gegenstücke. DieWellengeschwindigkeiten wurdenmit den Resultaten der Dichte-bestimmungen kombiniert, umdie Wellenimpedanzen zu be-rechnen (Tab. 2). Hierbei findensich ähnliche Ergebnisse wiezuvor bei den Resultaten derWellengeschwindigkeiten darge-stellt (Abb. 2). Die künstlichenSteine aus Gips weisen insgesamtdie niedrigsten Werte in allenMessungen auf.

Die kalkulierten Torsions- undDehnungsmodule sowie dieKompressibilität zeigen wie beiden akustischen Eigenschafteneinen ähnlichen absteigendenTrend der Meßergebnisse sowohl

Tabelle 3: Mechanische Eigenschaften und Mikrohärte natürlicher und künstlicher Harnsteine, n = 4

Steinart Dehnungsmodul Schubmodul Kompressibilität Poisson-Zahl Vickers-Härte

(GPa) (GPa) (GPa) (kg/mm2)CaOx (100 %) 24,51 9,20 24,27 0,33 104,6CaOx (künstl.) 6,917 2,50 11,30 0,40 86,0Zystin (100%) 20,07 7,33 2,36 0,37 2,.8Zystin (künstl.) 9,95 3,57 16,42 0,40 n.u.Brushit (95 %) 19,50 7,20 23,80 0,36 72,7CaOx (5%)Brushit (künstl.) 17,12 6,66 13,96 0,29 75,7Harnsäure (100 %) 9,20 3,30 14,20 0,39 31,2Harnsäure (künstl.) 11,89 4,62 10,21 0,29 46,3CA (95 %) 8,05 2,99 8,87 0,35 55,6COD (5 %)CA (künstl.) 11,16 4,56 7,37 0,23 55,9Struvit (90 %) 10,52 4,24 6,78 0,24 25,7CA (10 %)Struvit (künstl.) 7,00 2,73 5,66 0,29 33,5Storz (künstl.) 8,41 3,20 7,68 0,32 32,1Dornier (künstl.) 6,88 2,58 7,17 0,34 20,4HMT (künstl.) 4,10 1,63 2,88 0,26 18,8

CaOx = Kalziumoxalat, CA = Apatit, COD = Kalziumoxalat-Dihydrat

Abbildung 1: Vergleich der Mikrohärte von BON(N)-STONES und künstlichenSteinen aus Gips mit natürlichen Harnsteinen

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bei künstlichen als auch beinatürlichen Steinen im Hinblickauf ihre chemische Zusammen-setzung von Kalziumoxalat,Zystin, Brushit, Harnsäure überApatit bis Struvit (Tab. 3). Derabsteigende Trend zeigt sich auchbei der Poisson-Zahl der künstli-chen Steine, wohingegen dievergleichbaren Werte ihrer natür-lichen Gegenstücke uneinheitli-cher sind (Tab. 3). Die Ergebnisseder Messungen künstlicher Steineaus Gips liegen erneut am unte-ren Ende der Skala (Tab. 3).

DISKUSSION

Harnsteine bestehen im wesentli-chen aus Kristallen und nicht-kristalliner Matrix. Die Kristallemachen über 95 % des Stein-gewichtes aus, während sich dieMatrix aus Protein, zelluläremDebris und anderem organischenMaterial zusammensetzt [6]. Dieakustischen und mechanischen

Eigenschaften von Harnsteinenunterscheiden sich unter in vivo-Bedingungen deutlich von ihrerUmgebung, d. h. von Weichteil-gewebe und Urin. Die akusti-schen Eigenschaften der Nieren-steine bestimmen, wie die an-fängliche Lithotripsie-Energie aufdie Steine übertragen und an ihrerGrenzoberfläche reflektiert wird.Diese Eigenschaften beschreibenaußerdem die charakteristischeWellenausbreitung innerhalbeines Steines. Die Wellen-impedanz ist dabei die wichtigsteakustische Eigenschaft.

Die Kenntnis um die mechani-schen Eigenschaften der Harn-steine ermöglicht die quantitativeBeschreibung des Verhaltenseines Steines auf eine Lithotripsie-belastung. Dies ist wichtig, umdie Mechanismen der zugrundeliegenden Steinfragmentation zuverstehen. Kompressibilität (K),Torsions- bzw. Schubmodul (G)und Dehnungs- bzw. Elastizitäts-modul (E) und die Poisson-Zahlsind die wichtigsten mechani-

schen Eigenschaften. Diesedynamischen Module bestimmendie Beziehung zwischen Bela-stung und Deformation vonNierensteinen bei unterschiedli-chen Belastungsarten. Die physi-kalischen Eigenschaften sind beiden verschiedenen Stein-zusammensetzungen intrinsischvorhanden und können beispiels-weise mit der Ultraschall-Transmissionstechnik bestimmtwerden.

Murata et al. [7] untersuchtenDichte und Bruchfestigkeit bzw.Härte natürlicher Harnsteine undzeigten die große Varianz derErgebnisse in Abhängigkeit vonder chemischen Zusammenset-zung der Steine auf. Verschiedenephysikalische Eigenschaften vonHarnsteinen wurden mit Hilfevon statischen Druckmessungen,Ultraschall- und Mikroeindruck-Techniken bestimmt [7, 8]. Einigebestimmten die longitudinaleWellengeschwindigkeit vonKalziumoxalat-Monohydrat-Steinen [9]. Andere beobachtetendie mechanischen Eigenschaftenvon Harnsteinen in statischemZustand mittels konventionellerKompressions-/Druck-Untersu-chungen [7, 10]. Jedoch konnteauf Grund der heterogenenSteinstruktur keine Korrelationzwischen physikalischen Eigen-schaften und Steinzusammen-setzung gefunden werden [7, 10].Dagegen bestimmten Cohen undWhitfield [11] Wellen-geschwindigkeiten und Young’sModulus verschiedener Steinartenund wiesen auf Unterschiede inAbhängigkeit von der Stein-zusammensetzung hin.

Chuong et al. [5] als auch Zhongund Preminger [4] führten erst-mals detaillierte Untersuchungen

Abbildung 2: Vergleich von longitudinalen und transversalen Wellenimpedanzenvon BON(N)-STONES und künstlichen Steinen aus Gips mit natürlichen Harn-steinen

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zu akustischen und mechani-schen Eigenschaften von Harn-steinen durch. Die Autorenberichteten, daß sich die akusti-schen Eigenschaften der verschie-denen Steinarten signifikantvoneinander unterscheiden. Siestellten fest, daß Kalziumoxalat-und Zystinsteine im allgemeinensignifikant höhere Wellen-geschwindigkeiten und Impedan-zen aufweisen als Apatit- undStruvitsteine, wobei die Wertevon Brushit- und Harnsäure-steinen in abfallender Reihenfolgein der Mitte lagen. Der Trend fürKompressibilität, Torsionsmodulund Dehnungsmodul war ähnlichdem der Wellengeschwindig-keiten und Impedanzen. Demge-genüber waren die Variationender Dichte und der Poisson-Zahlausgeprägter und vielfältiger ohneeinen Bezug zur Steinzusammen-setzung. Auch die Härte derHarnsteine zeigte große Unter-schiede in Abhängigkeit von derSteinart. Kalziumoxalat- undBrushitsteine waren am härtesten,gefolgt von Apatit- und Harn-säuresteinen. Struvit- undZystinsteine wiesen die niedrig-sten Härtewerte auf [8].Die Bruchfestigkeit von Harn-

steinen ist ebenfalls von derchemischen Zusammensetzungdes Steinmaterials abhängig,wobei neben den mineralischenAnteilen auch die Steinmatrixeine Rolle spielt. Dabei verhältsich die Bruchfestigkeit bei sprö-den Steinen wie Kalziumoxalat,Apatit, Struvit, Brushit und Harn-säure ähnlich der Härte derHarnsteine [12]. Nur die „dukti-len“ Zystinsteine bilden eineAusnahme. Trotz niedriger Härteist die Bruchfestigkeit aufgrundder Dehnbarkeit dieser Steinarthoch, wodurch die Des-integrierbarkeit durch Stoßwellenerschwert wird [4].

Zur Charakterisierung von physi-kalischen Eigenschaften künstli-cher Steine liegen nur wenigeUntersuchungen vor. Chuong etal. [13] arbeiteten mit drei Stein-modellen aus Gips mit unter-schiedlichen Mischungsverhält-nissen von Wasser und Pulver.Akustische und mechanischeEigenschaften wurden bestimmt.Im Vergleich zu natürlichenSteinen zeigten alle MessungenWerte im unteren Bereich naheApatit- und Struvitsteinen. AlsVorteil für die bisher verfügbaren

künstlichen Steine wird Uniformi-tät, welche für die Reproduzier-barkeit der Untersuchungenerforderlich ist, reklamiert. Tat-sächlich berichten Sass et al. [14]sowie Parr et al. [1], daß bis zu16 bzw. 26 % ihrer künstlichenSteine von den Versuchen ausge-schlossen werden mußten. Wei-terhin werden bei einigen künstli-chen Steinen Glasmikrosphärenhinzugefügt, um durch künstlicheSollbruchstellen eine gleichmäßi-ge Desintegration zu bewirken.Khan et al. [6] beobachtetenjedoch, daß insbesondere beiStruvitsteinen durch die ESWLDesintegrate unterschiedlicherGröße gebildet werden.

Das Ziel bei der Entwicklung desneuen Steinmodells in der vorlie-genden Arbeit bestand darin,klinische Aspekte zu berücksichti-gen, um erstmalig substanz-spezifische standardisierte invitro-Untersuchungen vornehmenzu können. Dabei wurde ver-sucht, bei der Herstellung derkünstlichen Steine aus natürli-chen Materialien die Harnstein-bildung in vitro nachzuahmen.Die aus Pulver der Rein-substanzen gepreßten Mini-

Tabelle 4: Qualität künstlicher Steine im Vergleich zu natürlichen Steinen

Welleng. Welleng. Dichte Impedanz Impedanz Kompress.- Dehnungs- Schub- Poisson Vickers(Long.) (Trans.) (Long.) (Trans.) modul modul modul Zahl Härte

CaOx – – ++ – – – – – ++ ++Zystin ++ + ++ + – – – – +++ nuBrushit +++ +++ + + ++ – ++ +++ ++ +++HS +++ + +++ +++ ++ + + – + –CA +++ + +++ ++ + ++ – – – +++Struvit +++ ++ ++ ++ + ++ – – ++ +*Storz ++ – – – – – – – +++ –*Dornier ++ ++ – – – – – – +++ –*HMT – – – – – – – – + –

+++ = 0–10 %; ++ = 10–20 %; + = 20–30 %; – = > 30 %; *verglichen mit dem Durchschnitt natürlicher SteineCaOx = Kalziumoxalat, HS = Harnsäure, CA = Apatit

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tabletten sollen als Kern für dieHarnsteinbildung dienen. Ähnlichwie unter in vivo-Bedingungenwird mit Hilfe eines Dragier-verfahrens ein schichtweisesappositionelles Steinwachstumerzielt. Die hinzugefügte Gelatine(Polypeptid) soll die Steinmatrixsimulieren. Die Varianz derbestimmten physikalischen Eigen-schaften war sehr gering.

Zur Quantifizierung der Überein-stimmung künstlicher und natürli-cher Steine gleicher chemischerZusammensetzung sollten dieerhobenen Daten der verschiede-nen physikalischen Parametermiteinander verglichen undbewertet werden. Dabei wurdeeine Abweichung zwischen 0 und10 % als ein sehr gutes (+++),eine Abweichung zwischen 10und 20 % als ein gutes (++) undeine Abweichung zwischen 20und 30 % als ein befriedigendesErgebnis (+) angesehen. Es zeigtesich, daß insbesondere Brushit-,Harnsäure-, Apatit- und Struvit-

steine die Anforderungen an einSteinmodell, welches natürlicheSteine simulieren soll, erfüllen(Tab. 4).

Nur Kalziumoxalatsteine weisenbezüglich Wellengeschwindig-keiten, Wellenimpedanzen unddynamischen Modulen keineausreichende Übereinstimmungmit ihren natürlichen Gegenstük-ken auf. Die dynamischen Modu-le der künstlichen und natürli-chen Zystinsteine sind ebenfallsnicht in allen Meßdaten ver-gleichbar. Sowohl die Dichte-werte als auch die Poisson-Zahlund die Härtemessungen(Kalziumoxalat) bzw. die longitu-dinale Wellengeschwindigkeit(Zystin) der BON(N)-STONESzeigen eine gute Übereinstim-mung mit natürlichen Zystin- undKalziumoxalatsteinen als Hinweisfür eine gewisse Vergleichbarkeit.Betrachtet man die durchschnittli-chen Werte der künstlichenSteine aus Gips im Verhältnis zuden durchschnittlichen Werten

der natürlichen Steine gemitteltüber alle Steinarten, werden dieVorteile des neuen Steinmodellseindrucksvoll erkennbar (Tab. 4).Vergleicht man die physikalischenEigenschaften der künstlichenSteine aus Gips einzeln mit denverschiedenen natürlichen Stei-nen (Tab. 2 und 3), zeigt sich, daßdie künstlichen Steine von derFirma Storz am ehesten natürli-chen Harnsäure-, Apatit- undStruvitsteinen entsprechen, wäh-rend die künstlichen Steine vonDornier natürlichen Apatit- undStruvitsteinen ähnlich sind. Diekünstlichen Steine von der Fa.HMT gleichen natürlichenStruvitsteinen am meisten. DieseErgebnisse verdeutlichen, daßkünstliche Steine aus Gips nur zueinem gewissen Grad dazugeeignet sind, die physikalischenEigenschaften verschiedenernatürlicher Steinarten zu simulie-ren. Ein Vergleich der physikali-schen Eigenschaften vonBON(N)-STONES und künstlichenSteinen aus Gips mit natürlichenHarnsteinen entsprechend denoben erwähnten Kriterien zurQuantifizierung zeigt, daß dieÜbereinstimmung mit akustischenund mechanischen Eigenschaftennatürlicher Steine bei dem neuenSteinmodell wesentlich ausge-prägter ist als bei den künstlichenSteinen aus Gips (Abb. 3). Beson-ders die Ergebnisse von Dichte,Wellengeschwindigkeiten, Härteund Wellenimpedanzen derBON(N)-STONES übertreffendeutlich die Werte der bisherverfügbaren künstlichen Steine.

Eine zusammenfassendeEvaluierung der physikalischenEigenschaften von künstlichenund natürlichen Steinen läßt denWert des neuen Steinmodellsdeutlich erkennen. Sicherlich sind

Abbildung 3: Vergleich verschiedener physikalischer Eigenschaften von BON(N)-STONES und künstlichen Steinen aus Gips mit natürlichen Harnsteinen

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KÜNSTLICHERHARNSTEINE AUS

NATÜRLICHENMATERIALIEN

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weitere Verbesserungen, vorallem bei Steinen, die ausKalziumoxalat und Zystin herge-stellt werden, wünschenswert.Insgesamt zeigt sich jedoch, daßmit diesem neuen Steinmodellstandardisierte und reproduzier-bare Untersuchungen in vitrovorgenommen werden können,die erstmals auch substanz-spezifische Informationen ermög-lichen. Nur die BON(N)-STONESerlauben Untersuchungen zurChemolitholyse.

Weder irgendein Lithotripter nochein klinisches Behandlungsregimeberücksichtigen gegenwärtig dieVariationen der unterschiedlichenSteinarten. Größe, Geometrie,Struktur und chemische Zusam-mensetzung eines Harnsteineskönnen jedoch die Desinte-grationsfähigkeit und damit denErfolg einer klinischen Behand-lung signifikant beeinflussen [15].Darum sollten die akustischenund mechanischen Eigenschaftenvon Harnsteinen unbedingt in dieÜberlegungen zur Entwicklungeiner optimalen Strategie für dieLithotripsiebehandlung derUrolithiasis eingeschlossen wer-den. Das neue Steinmodell ist fürdie erforderlichen Untersuchun-gen bestens geeignet. So konnteeine gute Übereinstimmung derDesintegrationsfähigkeit vonBON(N)-STONES mit natürlichenSteinen gleicher chemischerZusammensetzung unter Verwen-dung des Lithotriptors Lithostarplus (Fa. Siemens) beobachtetwerden [16]. Auch wurden dieBON(N)-STONES zur Bewertungvon verschiedenen Verfahren derintrakorporalen Lithotripsie undder Chemolyse erfolgreich einge-setzt [17–20].

Die Ergebnisse der Evaluierungder künstlichen Steine zeigenaber auch Grenzen auf. Diephysikalischen Eigenschaften vonnatürlichen Steinen werdenoffenbar nicht nur durch dasVorhandensein von Kristallen undnicht-kristalliner Matrix bestimmt.Harnsteine sind ein komplexesbiologisches Produkt; ihr Wachs-tum wird durch viele verschiede-ne Faktoren im Rahmen längerfri-stiger physikochemischerKristallisationsprozesse beein-flußt. Mit den BON(N)-STONESwerden die natürlichen Bedin-gungen simuliert. Die Eigenschaf-ten dieser Steine kommen inwichtigen Punkten denen dernatürlichen Steine nahe, so daßerstmals Modellsteine verschiede-ner Zusammensetzung für wissen-schaftliche Untersuchungen zurVerfügung stehen. Es ist geplant,nach weiterer Verbesserung dieBON(N)-STONES anderen Institu-tionen für experimentelle Zweckezugänglich zu machen.

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Eingelangt am: 13.9.99,angenommen nach Review am:17.12.99

PD Dr. Dirk Heimbach

Geboren 1959 in Mühlheim/Ruhr. Medizinstudi-um an der Universität Düsseldorf. 1988 Promoti-on am Institut für Humangenetik der UniversitätDüsseldorf („In vitro Untersuchungen über dieklastogene Wirksamkeit von Diazepam anmenschlichen Lymphozyten“). 1987 bis 1988Assistenzarzt an der Chirurgischen Klinik der Städtischen KlinikenDuisburg (Prof. Dr. Kivelitz). Von 1988 bis Anfang 1993 Assistenzarztan der Urologischen Klinik und Poliklinik der Universität Würzburg(Prof. Dr. Frohmüller). 1993 Assistenzarzt an der Urologischen Klinikund Poliklinik der Universität Dresden (Prof. Dr. Wirth). Von 1993 bisdato Oberarzt an der Urologischen Klinik und Poliklinik der Universi-tät Bonn. 1996 und 1997 Forschungsaufenthalte an der UrologischenKlinik der Duke University, North Carolina, USA.

1994 Maximilian Nitze-Preis der Deutschen Gesellschaft für Urologie.1995 Deutsches Patent für das Verfahren zur Herstellung von syntheti-schen Harnsteinen. 1996 Paul Mellin-Preis der Nordrhein-Westfäli-schen Gesellschaft für Urologie.

1998 Habilitation an der Urologischen Universitäts-Klinik und Polikli-nik Bonn („Untersuchungen zur Chemolitholyse und zur Lithotripsiemittels eines neuen Harnsteinmodells (BON(N)-STONES)“).

Korrespondenzadresse:PD Dr. med. D. HeimbachKlinik und Poliklinik für Urologie der Universität BonnD-53105 Bonn, Sigmund-Freud-Straße 25

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