I 22 Gleichberechtigt, aber nicht gleich - rpp-institut.org · stadt-Ordination neh-men...

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Lebensart Montag I 3. September 2018 I www.kurier.at/lebensart 22 TOM_COULTAS/ISTOCKPHOTO Gleichberechtigt, aber nicht gleich Geschlechter. Zu wenig männlich, zu wenig weiblich: Der Wiener Psychiater Raphael Bonelli geht in seinem neuen Buch dem kränkelnden Liebesleben der jungen Erwachsenen auf den Grund. VON JULIA PFLIGL Mit seinem neuen Buch begibt sich Psychiater Raphael Bonelli auf dünnes Eis. Schon der Titel klingt–knappvordemJahrestag der #metoo-Bewegung – nach Provokation: „Frauen brau- chen Männer“ heißt der mit Fallbeispielen aus seiner Praxis gespickte Beziehungsratge- ber, Untertitel: „Und umge- kehrt.“ „Das ist eigentlich der wichtigste Satz“, betont der 49- Jährige. „Ich bin kein Gesell- schaftskritiker,aberichmöchte, dass die Leute wissen, woran die Millennials im Geheimen leiden. Sie erzählen mir Sachen, die sie öffent- lich nie sagen wür- den.“ Auf seiner Couch in der Wiener Innen- stadt-Ordination neh- men mittlerweile viele Paare Platz, die zwischen 1980 und 2000 geboren wur- den – eine Generation, der der Therapeut eine zunehmende Bezie- hungsunfähigkeit attestiert. Jedoch plagen die Millennials ganz andere Proble- me als ihre Eltern und Großeltern. Woran also laboriert das Liebesleben der jungen Erwachsenen? Bonelli ortet eine „Ver- drängung der eigenen Männlich- bzw. Weib- lichkeit“. Ausschlaggebend für sein Buch sei eine junge Patientin gewesen, schön, erfolg- reich und dennoch unglücklich, quasi der Pro- totyp der Generation Y: „Sie hat sich beklagt, dass ihr Mann zu wenig männlich sei. Als sie ihn darauf angesprochen hat, antwortete er: Wie soll ich männlich sein, wenn du zu wenig weib- lich bist? Das war für mich ein Aha-Erlebnis.“ Klischee oder Wissenschaft? Je mehr sich ein Mann von seiner „Männlich- keit“ bzw. sich eine Frau von ihrer „Weiblich- keit“ entfernt, desto schlechter steht es um das potenzielle Liebesglück, so die These des Au- tors. Was die Frage aufwirft, wie denn nun „weiblich“ und „männlich“ definiert sind. „Es gibt keine festgefahrenen Geschlechterrollen, kein ‚Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus‘“, betont Bonelli. „Jeder hat sein indivi- duelles Muster.“ Sobald es im Buch nach Klischee riecht, zitiert er Studien, die beweisen: Frauen sind empathischer, besitzen eine höhe- re Sozialkompetenz und emotionale Intelli- genz, Männer neigen zur Sachlichkeit, zum Spezialistentum und weisen eine höhere emo- tionaleStabilitätauf.„Esgehtnichtdarum,dass ein Geschlecht dem anderen überlegen ist“, sagt Bonelli. „Aber wenn die Geschlechter zu sehr aneinandergeschoben werden, gibt es keinen Eros mehr, also keine Anziehung zwi- schenMannundFrau.“Wassichauchdarinma- nifestiere, dass die Millennials viel weniger Sex haben als die Generationen vor ihnen. Gendermedizin Frei nach Freud kommt es bei den überdurch- schnittlich gut gebildeten und um politische Korrektheit bemühten Millennials zu einem Konflikt zwischen dem Über-Ich, das durch gesellschaftliche Werte und Erziehung geprägt ist, und dem Es, den Trieben. Ist die Lösung alsoeinRetro-Szenariomit Heimchen am Herd und selbstbewusstem Karrieremann? Der Psychiater verneint vehement und plä- diert für einen Mit- telweg zwischen den starren Rollenbildern des 19. Jahrhunderts (Bio- logismus) und dem Genderis- mus, der davon ausgeht, dass Unterschiede zwischen den Geschlechtern erst durch die Gesellschaft geformt werden. Das relativ junge Gebiet der Gendermedizin mache es vor. „Es gibt keine gute alte Zeit. Mann und Frau dürfen unterschiedlich sein und müssen trotzdem glei- che Rechte haben, vor allem in Hin- blick auf die berufliche Entfaltung. Man darf sich nur nicht verkramp- fen. Etwa im Haushalt: Statt um jeden Preis halbe halbe durchzuziehen, soll je- der dort anpacken, wo es notwendig ist. Nichtsovielnachdenken,einfachmachen.“ Das Buch sei durchaus autobiografisch, gesteht Bonelli, seit fünf Jahren verheiratet und Vater zweier Söhne. „Meine Frau hat mich zu einem besseren Mann gemacht. Weil ich früher sehr scharf war, sehr analytisch, manchmal beleidigend.“ Denn ein Zuviel an Männlichkeit, weiß der Psychiater, ist für die Liebe genauso schädlich wie zu wenig. FRANZ GRUBER SAMARSKAYA/ISTOCKPHOTO SAMARSKAYA/ISTOCKPHOTO LEBENSART 21 GILBERT NOVY Plastik-Sünden beim Einkauf Unverpackte Lebensmittel sind nach wie vor die Ausnahme im Regal. „Frauen brauchen Männer und umgekehrt“ von Raphael M. Bonelli (li.) erscheint heute im Kösel-Verlag. 352 Seiten, 22,70 € VON HEDWIG DERKA Ein kleiner Stich kann schwe- re Folgen haben: Allein von 70 verschiedenen Moskito- Arten ist derzeit bekannt, dass sie beim Blutsaugen die Larve des Herzwurms über- tragen. Im Hund (selten in der Katze) entwickelt sich der Parasit dann weiter, wird mit dem Blutstrom in den Vorhof des Herzen bzw. in die Lunge geschwemmt, wo er nach drei bis sechs Monaten bei einer Länge von ca. 30 cm Nachkommen produziert und damit das Leben seines Wirtes bedroht. „Noch zählt Dirofilaria immitis zu den Reisemit- bringseln. Mit der Erderwär- Reisekrankheit. Die Parasiten werden durch Stechmücken übertragen. Sie können ihren Wirt töten mung könnte dieser Faden- wurm aber bei uns heimisch werden“, sagt Zoodoc Katha- rina Reitl. Der KURIER-Tier- coach weiß, dass Experten die Schmarotzer daher auf ihrem Radar haben. Veteri- närmediziner sollten nach der Urlaubszeit bei Hunden, die matt und fiebrig sind, be- reits jetzt an die Diagnose „Herzwurm“ denken. Von Bulgarien bis Portu- gal: Der Herzwurm ist in Europa weit verbreitet. Vor allem die Mittelmeerländer sind betroffen. „Der beste Schutz ist, den Vierbeiner nicht in Hochrisikogebiete mitzunehmen“, sagt Reitl. Wer auf einen Urlaub mit Hund nicht verzichten will, sprüht Insekten-Repellents auf sein Fell, richtet den Schlafplatz hinter Netzen ein und geht nicht früh morgens und nicht in der Abenddäm- merung Gassi. Jeder Stech- mückenkontakt muss ver- mieden werden. „Vorbeugend kann man schon bei Reiseantritt mit dem Entwurmen beginnen“, sagt die Tierärztin aus der Or- dination Tiergarten Schön- brunn. Spätestens mit Ende der Ferien sollte die Prophy- laxe starten. Je früher die Be- handlung ansetzt, desto we- niger Chemie-Keule ist not- wendig, desto eher besteht die Chance auf Heilung. Der Veterinärmediziner des Ver- trauens ist bei der Erstellung eines individuellen Thera- pieplans gefragt. „Besitzer bemerken die kleinen Würmer nicht“, cherheit. Die medikamentö- se Abtötung der Parasiten hat gefährliche Nebenwirkun- gen, in besonders schweren Fällen müssen die Herzwür- mer in einer Operation ent- fernt werden. Der KURIER- Tiercoach betont: „Vorsorge ist besser als Nachsorge.“ kennt Reitl ein Problem. Erst wenn der Hund rasch ermü- det, sein Immunsystem schwächelt und sich z.B. Wasser in den Beinen sam- melt, kommt der Patient zum Tierarzt. Röntgen und Ultra- schall helfen bei der Diagno- se, ein Bluttest verschafft Si- Herzwürmer möglichst früh behandeln TIERCOACH Probleme mit der Katze, Sorgen um den Hund, Fragen zu Sittich, Schildkröte & Co? Schreiben Sie an: [email protected] Reisemitbringsel: Herzwürmer sind ums Mittelmeer weit verbreitet

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Geschlechter.Zu wenigmännlich, zuwenig weiblich:Der WienerPsychiater RaphaelBonelli geht inseinem neuen Buchdem kränkelndenLiebesleben derjungenErwachsenenauf denGrund.

VON JULIA PFLIGL

Mit seinem neuen Buch begibtsich Psychiater Raphael Bonelliauf dünnes Eis. Schon der Titelklingt–knappvordemJahrestagder #metoo-Bewegung – nachProvokation: „Frauen brau-chen Männer“ heißt der mitFallbeispielenausseinerPraxisgespickte Beziehungsratge-ber, Untertitel: „Und umge-kehrt.“ „Das ist eigentlich derwichtigsteSatz“,betontder49-Jährige. „Ich bin kein Gesell-schaftskritiker,aberichmöchte,dass die Leute wissen, worandieMillennialsimGeheimen

leiden. Sie erzählen mirSachen, die sie öffent-

lich nie sagen wür-den.“AufseinerCouch

in der Wiener Innen-stadt-Ordination neh-

men mittlerweile vielePaare Platz, die zwischen

1980 und 2000 geboren wur-den – eine Generation, der derTherapeut eine zunehmende Bezie-hungsunfähigkeit attestiert. Jedochplagen die Millennials ganz andere Proble-me als ihre Eltern und Großeltern.

Woran also laboriert das Liebesleben derjungen Erwachsenen? Bonelli ortet eine „Ver-drängung der eigenen Männlich- bzw. Weib-lichkeit“. Ausschlaggebend für sein Buch seieine junge Patientin gewesen, schön, erfolg-reich und dennoch unglücklich, quasi der Pro-totyp der Generation Y: „Sie hat sich beklagt,dassihrMannzuwenigmännlichsei.Alssieihndarauf angesprochen hat, antwortete er: Wiesoll ich männlich sein, wenn du zu wenig weib-lich bist? Das war für mich ein Aha-Erlebnis.“

Klischee oder Wissenschaft?Je mehr sich ein Mann von seiner „Männlich-keit“ bzw. sich eine Frau von ihrer „Weiblich-keit“ entfernt, desto schlechter steht es um daspotenzielle Liebesglück, so die These des Au-tors. Was die Frage aufwirft, wie denn nun„weiblich“ und „männlich“ definiert sind. „Esgibt keine festgefahrenen Geschlechterrollen,kein ‚Männer sind vom Mars, Frauen von derVenus‘“, betont Bonelli. „Jeder hat sein indivi-duelles Muster.“ Sobald es im Buch nachKlischeeriecht,zitierterStudien,diebeweisen:

Frauen sind empathischer, besitzen eine höhe-re Sozialkompetenz und emotionale Intelli-genz, Männer neigen zur Sachlichkeit, zumSpezialistentum und weisen eine höhere emo-tionaleStabilitätauf.„Esgehtnichtdarum,dassein Geschlecht dem anderen überlegen ist“,sagt Bonelli. „Aber wenn die Geschlechter zusehr aneinandergeschoben werden, gibt eskeinen Eros mehr, also keine Anziehung zwi-schenMannundFrau.“Wassichauchdarinma-nifestiere, dass die Millennials viel wenigerSex haben als die Generationen vor ihnen.

GendermedizinFrei nach Freud kommt es bei den überdurch-schnittlich gut gebildeten und um politischeKorrektheit bemühten Millennials zu einem

Konflikt zwischen dem Über-Ich, dasdurch gesellschaftliche Werte und

Erziehung geprägt ist, und demEs,denTrieben.IstdieLösung

alsoeinRetro-SzenariomitHeimchen am Herdund selbstbewusstemKarrieremann? DerPsychiater verneint

vehement und plä-diert für einen Mit-

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des 19. Jahrhunderts (Bio-logismus) und dem Genderis-mus, der davon ausgeht, dassUnterschiede zwischen denGeschlechtern erst durch dieGesellschaft geformt werden.Das relativ junge Gebiet derGendermedizin mache es vor.„EsgibtkeinegutealteZeit.Mannund Frau dürfen unterschiedlichsein und müssen trotzdem glei-che Rechte haben, vor allem in Hin-blick auf die berufliche Entfaltung.Man darf sich nur nicht verkramp-fen. Etwa im Haushalt: Statt um jedenPreishalbehalbedurchzuziehen,soll je-der dort anpacken, wo es notwendig ist.Nichtsovielnachdenken,einfachmachen.“

Das Buch sei durchaus autobiografisch,gesteht Bonelli, seit fünf Jahren verheiratetund Vater zweier Söhne. „Meine Frau hatmich zu einem besseren Mann gemacht. Weilich früher sehr scharf war, sehr analytisch,manchmal beleidigend.“ Denn ein Zuviel anMännlichkeit, weiß der Psychiater, ist für dieLiebe genauso schädlich wie zu wenig.

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Plastik-Sünden beim EinkaufUnverpackte Lebensmittel sind nachwie vor die Ausnahme im Regal.

„Frauen brauchen Männerund umgekehrt“ von Raphael M.

Bonelli (li.) erscheint heute imKösel-Verlag.

352 Seiten, 22,70 €

VON HEDWIG DERKA

Ein kleiner Stich kann schwe-re Folgen haben: Allein von70 verschiedenen Moskito-Arten ist derzeit bekannt,dass sie beim Blutsaugen dieLarve des Herzwurms über-tragen. Im Hund (selten inder Katze) entwickelt sichder Parasit dann weiter, wirdmit dem Blutstrom in denVorhofdesHerzenbzw.indieLunge geschwemmt, wo ernach drei bis sechs Monatenbei einer Länge von ca. 30 cmNachkommen produziertund damit das Leben seinesWirtes bedroht.

„Noch zählt Dirofilariaimmitis zu den Reisemit-bringseln. Mit der Erderwär-

Reisekrankheit. Die Parasiten werden durch Stechmücken übertragen. Sie können ihren Wirt töten

mung könnte dieser Faden-wurm aber bei uns heimischwerden“, sagt Zoodoc Katha-rina Reitl. Der KURIER-Tier-coach weiß, dass Expertendie Schmarotzer daher aufihrem Radar haben. Veteri-närmediziner sollten nachder Urlaubszeit bei Hunden,die matt und fiebrig sind, be-reits jetzt an die Diagnose„Herzwurm“ denken.

Von Bulgarien bis Portu-gal: Der Herzwurm ist inEuropa weit verbreitet. Vorallem die Mittelmeerländersind betroffen. „Der besteSchutz ist, den Vierbeinernicht in Hochrisikogebiete

mitzunehmen“, sagt Reitl.Wer auf einen Urlaub mitHund nicht verzichten will,sprüht Insekten-Repellentsauf sein Fell, richtet denSchlafplatz hinter Netzen einund geht nicht früh morgens

und nicht in der Abenddäm-merung Gassi. Jeder Stech-mückenkontakt muss ver-mieden werden.

„Vorbeugend kann manschon bei Reiseantritt mitdem Entwurmen beginnen“,sagt die Tierärztin aus der Or-dination Tiergarten Schön-brunn. Spätestens mit Endeder Ferien sollte die Prophy-laxe starten. Je früher die Be-handlung ansetzt, desto we-niger Chemie-Keule ist not-wendig, desto eher bestehtdie Chance auf Heilung. DerVeterinärmediziner des Ver-trauens ist bei der Erstellungeines individuellen Thera-pieplans gefragt.

„Besitzer bemerken diekleinen Würmer nicht“,

cherheit. Die medikamentö-se Abtötung der Parasiten hatgefährliche Nebenwirkun-gen, in besonders schwerenFällen müssen die Herzwür-mer in einer Operation ent-fernt werden. Der KURIER-Tiercoach betont: „Vorsorgeist besser als Nachsorge.“

kennt Reitl ein Problem. Erstwenn der Hund rasch ermü-det, sein Immunsystemschwächelt und sich z.B.Wasser in den Beinen sam-melt, kommt der Patient zumTierarzt. Röntgen und Ultra-schall helfen bei der Diagno-se, ein Bluttest verschafft Si-

Herzwürmer möglichst früh behandelnTIERCOACH

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Reisemitbringsel: Herzwürmer sind ums Mittelmeer weit verbreitet