Ich, Tessa und das Erbsengeheimnis - BELTZsagt, kann man sich sicher sein, dass etwas kein bisschen...

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Leseprobe aus Hach, Ich, Tessa und das Erbsengeheimnis, ISBN 978-3-407-74857-7 © 2018 Gulliver in der Verlagsgruppe Beltz, Weinheim Basel http://www.beltz.de/de/nc/verlagsgruppe-beltz/gesamtprogramm.html? isbn=978-3-407-74857-7

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Leseprobe aus Hach, Ich, Tessa und das Erbsengeheimnis, ISBN 978-3-407-74857-7

© 2018 Gulliver in der Verlagsgruppe Beltz, Weinheim Baselhttp://www.beltz.de/de/nc/verlagsgruppe-beltz/gesamtprogramm.html?

isbn=978-3-407-74857-7

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1.

Warum ich ausgerechnet dich beobachtet habe? Es war einfach total praktisch. Immerhin wohne ich in der Akazien-straße 12 und du in der 13, also direkt mir gegenüber. Du meinst, ich hätte genauso gut die anderen Nachbarn zu Beobachtungssubjekten machen können? Das glaubst du ja wohl selbst nicht!

Links wohnen die Müllers und die sind genauso langweilig wie sie heißen. Vater Müller, Mutter Müller und die Zwillinge, die noch nicht einmal krabbeln kön-nen. Man könnte ja denken, dass es spannend sei, richtige echte Zwillinge in der Nachbarschaft zu haben. Aber Tatsache ist: Bei Babys ist das absolut nichts Besonderes, weil die eh immer alle gleich aussehen.

Na, und rechts von uns wohnt die alte Frau Hasel, die man eigentlich die uralte Frau Hasel nennen müsste, weil sie nächstes Jahr 100 wird. Ungelogen. Aber sonst geht in ihrem Haus nichts Besonderes vor sich, vor allem nichts Verdächtiges. Das Einzige, was man der uralten Frau Hasel vorwerfen kann, ist, dass sie mir bei jeder Be-gegnung in die Wange kneift. Und dass ihre Karamell-bonbons so hart sind wie tiefgefrorene Kieselsteine.

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Es lag also nahe, dass ich mir dein Haus aussuchte, um das Observieren zu üben.

Übrigens waren alle Akazienstraßen-Bewohner neugierig, wer in die Nummer 13 einziehen würde.

»Ich wette, das Haus steht in zehn Jahren noch leer«, sagte mein Vater. »Die wollen schlicht und einfach zu viel Geld dafür.«

Immer, wenn mein Vater »schlicht und einfach« sagt, kann man sich sicher sein, dass etwas kein bisschen schlicht und einfach ist. Wenn ich zum Beispiel wieder mal mit einer unterirdischen Mathe-Note nach Hau-se kam, zog er die Augenbrauen nach oben und sagte: »Paul, du musst schlicht und einfach mehr üben.« Aber so einfach war das mit dem Üben nicht: Alleine klappte es nicht, mein Vater hatte keine Zeit dafür und wenn ich es mit meiner Mutter versuchte, kriegten wir uns sofort in die Haare. Bevor du fragst: Mit Tom zu üben war genau-so unmöglich. Selbst meine Mutter war strikt dagegen. Sie sagte, sie würde es nie zulassen, dass ihre Söhne sich gegenseitig umbrächten. Immerhin kämpfen auch die Klitschkos nie gegeneinander.

Aber zurück zu eurem Haus. Am vorvorletzten Tag der Osterferien parkte auf einmal ein enormer Lastwa-gen davor. »Schneller Umziehen« stand in babyblauen Buchstaben auf der Plane. Aber besonders schnell waren

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die zwei Männer, die aus der Fahrerkabine stiegen, ei-gentlich nicht.

Das weiß ich, weil ich auf den Apfelbaum in unse-rem Vorgarten geklettert war, um das Ganze zu obser-vieren. Alles, was die Möbelpacker ins Haus schleppten,notierte ich auf meinem Spiralblock. Immerhin warendas wertvolle Indizien, um herauszufinden, wer dortdrüben einziehen würde.

69 beschriftete Umzugskartons2 Matratzen2 Bettgestelle1 dunkelblaues Sofa1 geblümter Ohrensessel1 Kommode mit zugeklebten Schubladen1 Esstisch4 unbequem aussehende Holzstühle3 Stehlampen, eine davon ohne Schirm1 Waschmaschine1 Trockner2 gerollte Teppiche1 schiefe Zimmerpalme

mehrere Schrankteile noch mehr Regalbretter

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Es lag also nahe, dass ich mir dein Haus aussuchte,um das Observieren zu üben.

Übrigens waren alle Akazienstraßen-Bewohnerneugierig, wer in die Nummer 13 einziehen würde.

»Ich wette, das Haus steht in zehn Jahren noch leer«,sagte mein Vater. »Die wollen schlicht und einfach zuviel Geld dafür.«

Immer, wenn mein Vater »schlicht und einfach«sagt, kann man sich sicher sein, dass etwas kein bisschenschlicht und einfach ist. Wenn ich zum Beispiel wiedermal mit einer unterirdischen Mathe-Note nach Hau-se kam, zog er die Augenbrauen nach oben und sagte:»Paul, du musst schlicht und einfach mehr üben.« Aberso einfach war das mit dem Üben nicht: Alleine klappte es nicht, mein Vater hatte keine Zeit dafür und wenn ich esmit meiner Mutter versuchte, kriegten wir uns sofort indie Haare. Bevor du fragst: Mit Tom zu üben war genau-so unmöglich. Selbst meine Mutter war strikt dagegen.Sie sagte, sie würde es nie zulassen, dass ihre Söhne sichgegenseitig umbrächten. Immerhin kämpfen auch dieKlitschkos nie gegeneinander.

Aber zurück zu eurem Haus. Am vorvorletzten Tagder Osterferien parkte auf einmal ein enormer Lastwa-gen davor. »Schneller Umziehen« stand in babyblauenBuchstaben auf der Plane. Aber besonders schnell waren

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die zwei Männer, die aus der Fahrerkabine stiegen, ei-gentlich nicht.

Das weiß ich, weil ich auf den Apfelbaum in unse-rem Vorgarten geklettert war, um das Ganze zu obser-vieren. Alles, was die Möbelpacker ins Haus schleppten, notierte ich auf meinem Spiralblock. Immerhin waren das wertvolle Indizien, um herauszufinden, wer dort drüben einziehen würde.

69 beschriftete Umzugskartons 2 Matratzen2 Bettgestelle1 dunkelblaues Sofa 1 geblümter Ohrensessel1 Kommode mit zugeklebten Schubladen1 Esstisch4 unbequem aussehende Holzstühle3 Stehlampen, eine davon ohne Schirm 1 Waschmaschine1 Trockner2 gerollte Teppiche1 schiefe Zimmerpalme

mehrere Schrankteile noch mehr Regalbretter

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Die Teppiche schienen mir besonders interessant. Ich hatte mal einen Krimi gesehen, in dem eine Leiche in einen Perserteppich eingewickelt wurde, um möglichst unauffällig entsorgt werden zu können. Aber bestimmt hätten die Möbelpacker gemerkt, wenn der Teppich ver-dächtig schwer gewesen wäre. Damit eines klar ist: Na-türlich braucht ein angehender Meisterdetektiv eine or-dentliche Portion Fantasie – aber sie darf eben niemals mit ihm durchgehen!

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Als später am Abend ein nachtblauer VW auf derStraße hielt, stiegen zwei Leute aus. Ich machte michgleich an die Personenbeschreibungen.

Person 1Geschlecht: männlichAlter: 40–50Haar: braun, strubbelig(Vermutung: letzter Friseurbesuch ist lange her)Figur: schlank, aber mit deutlichem BauchansatzKleidung: helle Jeans, weißes HemdBesondere Merkmale: silberne Brille

Person 2Geschlecht: weiblichAlter: etwa so alt wie ich, also 11Haar: dunkelbraun, mittellang, sehr lockigFigur: schlankKleidung: grünes FlatterkleidBesondere Merkmale: kleiner roter Koffer

Ich hoffe, du hast euch erkannt? Dich und deinenVater? Ich muss zugeben, dass der rote Koffer mich neu-gierig gemacht hat. Es musste doch einen Grund dafürgeben, dass du ihn nicht den Möbelpackern überlassen

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Die Teppiche schienen mir besonders interessant.Ich hatte mal einen Krimi gesehen, in dem eine Leiche ineinen Perserteppich eingewickelt wurde, um möglichstunauffällig entsorgt werden zu können. Aber bestimmthätten die Möbelpacker gemerkt, wenn der Teppich ver-dächtig schwer gewesen wäre. Damit eines klar ist: Na-türlich braucht ein angehender Meisterdetektiv eine or-dentliche Portion Fantasie – aber sie darf eben niemalsmit ihm durchgehen!

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Als später am Abend ein nachtblauer VW auf der Straße hielt, stiegen zwei Leute aus. Ich machte mich gleich an die Personenbeschreibungen.

Person 1Geschlecht: männlichAlter: 40–50Haar: braun, strubbelig (Vermutung: letzter Friseurbesuch ist lange her)Figur: schlank, aber mit deutlichem Bauchansatz Kleidung: helle Jeans, weißes HemdBesondere Merkmale: silberne Brille

Person 2Geschlecht: weiblichAlter: etwa so alt wie ich, also 11Haar: dunkelbraun, mittellang, sehr lockigFigur: schlankKleidung: grünes Flatterkleid Besondere Merkmale: kleiner roter Koffer

Ich hoffe, du hast euch erkannt? Dich und deinen Vater? Ich muss zugeben, dass der rote Koffer mich neu-gierig gemacht hat. Es musste doch einen Grund dafür geben, dass du ihn nicht den Möbelpackern überlassen

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hattest! Ich bekam Gänsehaut bei dem Gedanken an all das wunderbar kriminelle Zeug, das man in so ei-nem Koffer transportieren kann: Lösegeld, Falschgeld, Schmuggelware, Knarren, Diamanten.

Das war der Moment, in dem ich dich offiziell zu meiner sogenannten Zielperson (ZP) machte. Wobei ich zugeben muss, dass es nicht nur mit dem roten Koffer zu tun hatte. Und auch nicht damit, dass es total praktisch war …

Vor dem Einschlafen malte ich ein Phantombild von dir und heftete es in dem Ordner ab, in dem ich alle meine Zeichnungen aufhebe. Natürlich vor allem Phan-tombilder, aber auch Lagepläne von den wichtigsten Ge-bäuden in unserer Stadt, auf die ich ein wachsames Auge habe. Dazu gehören die Sparkasse und der Supermarkt, die jederzeit ausgeraubt werden können. Aber auch mein Gymnasium – es war ein Ort, von dem Gefahr ausging. Zumindest für mich. Womit ich sagen will: Meine Ver-setzung stand mal wieder auf dem Spiel. Versetzung. Das Wort treibt mich immer noch in den Wahnsinn. Schüler sind doch keine Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Figürchen, die man einfach so rausschmeißen und auf das Feld in der Ecke setzen kann!

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2.

Jeder Detektiv weiß, dass Observieren etwas ganz ande-res ist als eine Verfolgungsjagd. Die größte Gefahr be-steht nicht darin, von einem Auto gerammt und übereine Klippe gestoßen zu werden – sondern darin, dassdie Aufmerksamkeit nachlässt, weil man sich langweilt.Dann kann es schnell passieren, dass man den entschei-denden Moment verpennt!

Weil ich festgestellt hatte, dass Zucker mein Ge-hirn wachhält, ließ ich aus unserem Vorratsschrankeine Tüte Gummischlangen mitgehen. Dann kletterteich auf meinen Beobachtungsposten im Vorgarten.Mit meinem Block in der Hand setzte ich mich auf dendicksten Ast und wartete. Hin und wieder machte ichLockerungsübungen, wie sie in meinem Handbuch fürJunior-Detektive empfohlen werden. Ich kreiste einbisschen mit den Armen und wackelte mit den Zehen,damit die Füße nicht einschliefen. Das ist nämlich hin-derlich, wenn plötzlich voller Einsatz gefragt ist.

Als ich alle Gummischlangen aufgefuttert hatte, bistdu endlich aufgetaucht. Mit Schwung flog die Haustürauf, du bist über die Schwelle gesprungen und Richtung

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hattest! Ich bekam Gänsehaut bei dem Gedanken anall das wunderbar kriminelle Zeug, das man in so ei-nem Koffer transportieren kann: Lösegeld, Falschgeld,Schmuggelware, Knarren, Diamanten.

Das war der Moment, in dem ich dich offiziell zumeiner sogenannten Zielperson (ZP) machte. Wobei ichzugeben muss, dass es nicht nur mit dem roten Koffer zutun hatte. Und auch nicht damit, dass es total praktischwar …

Vor dem Einschlafen malte ich ein Phantombildvon dir und heftete es in dem Ordner ab, in dem ich allemeine Zeichnungen aufhebe. Natürlich vor allem Phan-tombilder, aber auch Lagepläne von den wichtigsten Ge-bäuden in unserer Stadt, auf die ich ein wachsames Augehabe. Dazu gehören die Sparkasse und der Supermarkt,die jederzeit ausgeraubt werden können. Aber auch meinGymnasium – es war ein Ort, von dem Gefahr ausging.Zumindest für mich. Womit ich sagen will: Meine Ver-setzung stand mal wieder auf dem Spiel. Versetzung. DasWort treibt mich immer noch in den Wahnsinn. Schülersind doch keine Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Figürchen,die man einfach so rausschmeißen und auf das Feld inder Ecke setzen kann!

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2.

Jeder Detektiv weiß, dass Observieren etwas ganz ande-res ist als eine Verfolgungsjagd. Die größte Gefahr be-steht nicht darin, von einem Auto gerammt und über eine Klippe gestoßen zu werden – sondern darin, dass die Aufmerksamkeit nachlässt, weil man sich langweilt. Dann kann es schnell passieren, dass man den entschei-denden Moment verpennt!

Weil ich festgestellt hatte, dass Zucker mein Ge-hirn wachhält, ließ ich aus unserem Vorratsschrank eine Tüte Gummischlangen mitgehen. Dann kletterte ich auf meinen Beobachtungsposten im Vorgarten. Mit meinem Block in der Hand setzte ich mich auf den dicksten Ast und wartete. Hin und wieder machte ich Lockerungsübungen, wie sie in meinem Handbuch für Junior-Detektive empfohlen werden. Ich kreiste ein bisschen mit den Armen und wackelte mit den Zehen, damit die Füße nicht einschliefen. Das ist nämlich hin-derlich, wenn plötzlich voller Einsatz gefragt ist.

Als ich alle Gummischlangen aufgefuttert hatte, bist du endlich aufgetaucht. Mit Schwung flog die Haustür auf, du bist über die Schwelle gesprungen und Richtung

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Gartentörchen gelaufen. Deine weißen Shorts und dein dunkelrotes T-Shirt ließen mich an die beste Eissorte der Welt denken: Sahnekirsch. Aber das schrieb ich nicht auf, weil es unsachlich ist. Immerhin will ich Detektiv werden und nicht Dichter, der natürlich sofort drauflos-gereimt hätte, etwa so:

Du siehst aus wie mein Lieblingseis,Sahnekirsch! Ganz ohne Scheiß!

Wie schon gesagt, an mir ist kein Goethe verloren ge-gangen.

An eurem Briefkasten angekommen, hast du ein Namensschild angebracht. Kaum warst du wieder im Haus verschwunden, beschloss ich, das Schild genauer unter die Lupe zu nehmen. (Das ist übrigens nur eine Redewendung: Meine Lupe ließ ich natürlich zu Hause. Es wäre zu auffällig gewesen.)

Als ich meiner Mutter anbot, freiwillig eine kleine Tour zum Altglas-Container zu machen, war sie schwer begeistert. Beladen mit zwei Taschen, in denen die Fla-schen bei jedem Schritt klirrten, hatte ich einen super Vorwand, um an eurem Grundstück vorbeizuschlendern und einen Blick auf das Namensschild zu werfen.

A. und T. Huchel stand in gleichmäßigen Block-buchstaben auf dem Schild, das genau in der Mitte über

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dem Briefkastenschlitz prangte. Ob du A. oder T. warst?Ich vermutete, dass der Erwachsene, also dein Vater, anerster Stelle stand. (Weil Erwachsene sich auch an derSupermarktkasse gern vordrängeln.) Dann blieb für dichdas T übrig. Unterwegs zum Container sammelte ich inmeinem Kopf Mädchennamen: Tina, Tine, Tanja, Tif-fany, Thea, Tara. Auf dem Rückweg fiel mir sogar nocheiner ein: Traudel. (So heißt meine Großtante. Die michimmer Paulchen nennt. Statt Paul. Ich hasse das!)

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Gartentörchen gelaufen. Deine weißen Shorts und deindunkelrotes T-Shirt ließen mich an die beste Eissorte derWelt denken: Sahnekirsch. Aber das schrieb ich nichtauf, weil es unsachlich ist. Immerhin will ich Detektivwerden und nicht Dichter, der natürlich sofort drauflos-gereimt hätte, etwa so:

Du siehst aus wie mein Lieblingseis,Sahnekirsch! Ganz ohne Scheiß!

Wie schon gesagt, an mir ist kein Goethe verloren ge-gangen.

An eurem Briefkasten angekommen, hast du einNamensschild angebracht. Kaum warst du wieder imHaus verschwunden, beschloss ich, das Schild genauerunter die Lupe zu nehmen. (Das ist übrigens nur eineRedewendung: Meine Lupe ließ ich natürlich zu Hause.Es wäre zu auffällig gewesen.)

Als ich meiner Mutter anbot, freiwillig eine kleineTour zum Altglas-Container zu machen, war sie schwerbegeistert. Beladen mit zwei Taschen, in denen die Fla-schen bei jedem Schritt klirrten, hatte ich einen superVorwand, um an eurem Grundstück vorbeizuschlendernund einen Blick auf das Namensschild zu werfen.

A. und T. Huchel stand in gleichmäßigen Block-buchstaben auf dem Schild, das genau in der Mitte über

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dem Briefkastenschlitz prangte. Ob du A. oder T. warst? Ich vermutete, dass der Erwachsene, also dein Vater, an erster Stelle stand. (Weil Erwachsene sich auch an der Supermarktkasse gern vordrängeln.) Dann blieb für dich das T übrig. Unterwegs zum Container sammelte ich in meinem Kopf Mädchennamen: Tina, Tine, Tanja, Tif-fany, Thea, Tara. Auf dem Rückweg fiel mir sogar noch einer ein: Traudel. (So heißt meine Großtante. Die mich immer Paulchen nennt. Statt Paul. Ich hasse das!)

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3.

Tessa! Nie wäre ich auf Tessa gekommen. Dass so ein schöner Name überhaupt existiert, erfuhr ich am nächs-ten Tag. Da hieß die Kirchberg dich nämlich herzlich in unserer Klasse willkommen.

»Das ist Tessa Huchel«, sagte sie und legte ihren Arm um deine Schulter. »Sie ist eure neue Mitschülerin.«

Ich konnte mein Glück kaum fassen. Für einen De-tektiv gibt es doch nichts Besseres, als seine Zielperson

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täglich zu sehen! So konnte ich dich stundenlang beob-achten, ohne dass ich dafür extra auf einen Baum klet-tern musste.

Neben mir pfiff Sefa leise durch die Zähne. »Der Frauenanteil wird endlich erhöht«, flüsterte er

zufrieden. Die Kirchberg legte die Stirn in tiefe Mopsfalten. »Wo setzen wir dich denn am besten hin?«, mur-

melte sie. In dem Moment bedauerte ich, dass der Stuhl neben mir schon belegt war – und das, obwohl Sefa mein bester Freund ist.

Du bist dann in der zweiten Reihe gelandet, neben Sophie. Das war kein schlechter Platz, denn Sophie ist nicht nur Klassenbeste, sondern hat auch nichts gegen Abschreiber. Also eine perfekte Kombination.

Das wollte ich dir in der Pause gleich verraten. Schließlich kann man einen Grund zur Freude gut ge-brauchen, wenn man neu in eine Klasse kommt, noch dazu mitten im Schuljahr.

Aber als Sefa und ich eine Runde über den Schulhof drehten, konnte ich dich nirgends entdecken. In der Ca-féteria nicht, beim Klettergerüst nicht und auch nicht bei den Fahrradständern, wo die Großen abhängen.

Sefa plapperte die ganze Zeit von irgendeinem scharfen Mädchen, das er irgendwo kennengelernt hatte.

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Ich hörte nur mit halbem Ohr zu, weil Sefa ständig vonirgendwelchen scharfen Mädchen erzählt, die er irgend-wo kennengelernt hat. Sich zu verlieben, ist so etwas wiesein Hobby. Deshalb liest er jede Frauenzeitschrift, die erin die Finger kriegen kann. Aus Recherchegründen.

»Ich muss doch wissen, worauf die Ladys so ste-hen«, sagt Sefa immer. Das hat den Nebeneffekt, dass erkomplizierte Fachgespräche über sämtliche Königsfami-lien führen kann. Was meine Oma ziemlich klasse findet.(Aber ich bezweifle doch sehr, dass es Mädchen in unse-rem Alter nur annähernd beeindruckt.)

Während Sefa so vor sich hin quatschte und ich inregelmäßigen Abständen nickte, hielt ich die ganze Zeitnach dir Ausschau. Aber die Fahndung verlief ohne Er-folg.

Erst als es zur nächsten Stunde klingelte, sah ichdich wieder. Du hast regungslos wie eine Wachsfigur vonMadame Tussauds im Flur gestanden und aus dem Fens-ter geguckt. Es schien, als hättest du dich die ganze Pauseüber nicht bewegt.

Ich machte einen Schritt auf dich zu und genau indem Moment hast du dich umgedreht. Wir haben unsdirekt in die Augen gesehen. Ich kann dir sagen, daswar vielleicht ein Gefühl. Das ging so wusch direkt bisin meine Zehen. Wie damals, als ich aus Versehen an

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täglich zu sehen! So konnte ich dich stundenlang beob-achten, ohne dass ich dafür extra auf einen Baum klet-tern musste.

Neben mir pfiff Sefa leise durch die Zähne.»Der Frauenanteil wird endlich erhöht«, flüsterte er

zufrieden.Die Kirchberg legte die Stirn in tiefe Mopsfalten.»Wo setzen wir dich denn am besten hin?«, mur-

melte sie. In dem Moment bedauerte ich, dass der Stuhlneben mir schon belegt war – und das, obwohl Sefa meinbester Freund ist.

Du bist dann in der zweiten Reihe gelandet, nebenSophie. Das war kein schlechter Platz, denn Sophie istnicht nur Klassenbeste, sondern hat auch nichts gegenAbschreiber. Also eine perfekte Kombination.

Das wollte ich dir in der Pause gleich verraten.Schließlich kann man einen Grund zur Freude gut ge-brauchen, wenn man neu in eine Klasse kommt, nochdazu mitten im Schuljahr.

Aber als Sefa und ich eine Runde über den Schulhofdrehten, konnte ich dich nirgends entdecken. In der Ca-féteria nicht, beim Klettergerüst nicht und auch nicht beiden Fahrradständern, wo die Großen abhängen.

Sefa plapperte die ganze Zeit von irgendeinemscharfen Mädchen, das er irgendwo kennengelernt hatte.

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Ich hörte nur mit halbem Ohr zu, weil Sefa ständig von irgendwelchen scharfen Mädchen erzählt, die er irgend-wo kennengelernt hat. Sich zu verlieben, ist so etwas wie sein Hobby. Deshalb liest er jede Frauenzeitschrift, die er in die Finger kriegen kann. Aus Recherchegründen.

»Ich muss doch wissen, worauf die Ladys so ste-hen«, sagt Sefa immer. Das hat den Nebeneffekt, dass er komplizierte Fachgespräche über sämtliche Königsfami-lien führen kann. Was meine Oma ziemlich klasse findet. (Aber ich bezweifle doch sehr, dass es Mädchen in unse-rem Alter nur annähernd beeindruckt.)

Während Sefa so vor sich hin quatschte und ich in regelmäßigen Abständen nickte, hielt ich die ganze Zeit nach dir Ausschau. Aber die Fahndung verlief ohne Er-folg.

Erst als es zur nächsten Stunde klingelte, sah ich dich wieder. Du hast regungslos wie eine Wachsfigur von Madame Tussauds im Flur gestanden und aus dem Fens-ter geguckt. Es schien, als hättest du dich die ganze Pause über nicht bewegt.

Ich machte einen Schritt auf dich zu und genau in dem Moment hast du dich umgedreht. Wir haben uns direkt in die Augen gesehen. Ich kann dir sagen, das war vielleicht ein Gefühl. Das ging so wusch direkt bis in meine Zehen. Wie damals, als ich aus Versehen an

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den Stromzaun hinter unserem Haus gegriffen hatte. Nur, dass es nicht wehtat. Ganz im Gegenteil. Mir wur-de warm, vor allem im Bauch. Und meine Knie wurden ganz weich. Wenn ich in dem Moment auch nur einen weiteren Schritt gemacht hätte, wäre ich zusammenge-sunken wie ein Häufchen halbfertiger Wackelpudding. Ich schob es auf die Tatsache, dass ich vergessen hatte, mein Pausenbrot zu futtern.

Was wirklich Sache war, kapierte ich erst zu Hause: Ich saß am Schreibtisch und wollte mit den Hausaufga-ben anfangen. Doch ich wusste nicht, was wir aufhatten. Ich hatte keinen blassen Schimmer. Mir wurde klar, dass ich auch sonst nicht viel vom Unterricht mitbekommen hatte. Langsam aber sicher kam ich mir verdächtig vor. Also kramte ich den Block hervor und machte mir ein paar Notizen.

WELCHE BEOBACHTUNGEN MACHT DER DE-TEKTIV AN SICH SELBST?

– Konzentrationsschwierigkeiten, wenn ZP in derNähe ist. (Äußert sich in stundenlangem Starren auf ihren Lockenkopf.)– Entzugserscheinungen, wenn ZP nicht in der Näheist. (Äußert sich in krampfhaftem Ausschau halten in der Pause.)

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– Schwächeanfall bei Blickkontakt– HERBEISEHNEN DES NÄCHSTEN SCHUL-TAGS!

Ich stöhnte auf. Das letzte Indiz ließ keinen Zweifel:Ich hatte mich in dich verknallt. Aber so was von.

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den Stromzaun hinter unserem Haus gegriffen hatte.Nur, dass es nicht wehtat. Ganz im Gegenteil. Mir wur-de warm, vor allem im Bauch. Und meine Knie wurdenganz weich. Wenn ich in dem Moment auch nur einenweiteren Schritt gemacht hätte, wäre ich zusammenge-sunken wie ein Häufchen halbfertiger Wackelpudding.Ich schob es auf die Tatsache, dass ich vergessen hatte,mein Pausenbrot zu futtern.

Was wirklich Sache war, kapierte ich erst zu Hause:Ich saß am Schreibtisch und wollte mit den Hausaufga-ben anfangen. Doch ich wusste nicht, was wir aufhatten.Ich hatte keinen blassen Schimmer. Mir wurde klar, dassich auch sonst nicht viel vom Unterricht mitbekommenhatte. Langsam aber sicher kam ich mir verdächtig vor.Also kramte ich den Block hervor und machte mir einpaar Notizen.

WELCHE BEOBACHTUNGEN MACHT DER DE-TEKTIV AN SICH SELBST?

– Konzentrationsschwierigkeiten, wenn ZP in derNähe ist. (Äußert sich in stundenlangem Starren aufihren Lockenkopf.)– Entzugserscheinungen, wenn ZP nicht in der Näheist. (Äußert sich in krampfhaftem Ausschau halten inder Pause.)

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– Schwächeanfall bei Blickkontakt– HERBEISEHNEN DES NÄCHSTEN SCHUL-TAGS!

Ich stöhnte auf. Das letzte Indiz ließ keinen Zweifel: Ich hatte mich in dich verknallt. Aber so was von.

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Leseprobe aus Hach, Ich, Tessa und das Erbsengeheimnis, ISBN 978-3-407-74857-7 © 2018 Gulliver in der Verlagsgruppe Beltz, Weinheim Basel