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Die Initiative Gesundheit und Arbeit In der Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) kooperieren gesetz- liche Kranken- und Unfallversi- cherung, um arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren vorzu- beugen. Gemeinsam werden Präventionsansätze für die Ar- beitswelt weiterentwickelt und vorhandene Methoden oder Erkenntnisse für die Praxis nutz- bar gemacht. iga wird getragen vom BKK Dachverband, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), dem AOK-Bundesver- band und dem Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek). www.iga-info.de iga . Report 28 Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention I Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention – Zusammenstellung der wissenschaftlichen Evidenz 2006 bis 2012 Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes – Zusammenstellung der wissenschaftlichen Evidenz 2006 bis 2012 Dietmar Bräunig und Thomas Kohstall

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Die InitiativeGesundheit und Arbeit

In der Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) kooperieren gesetz-liche Kranken- und Unfallversi-cherung, um arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren vorzu-beu gen. Gemeinsam werden Präventionsansätze für die Ar-beitswelt weiterentwickelt und vorhandene Methoden oder Erkenntnisse für die Praxis nutz -bar gemacht.

iga wird getragen vom BKK Dachverband, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), dem AOK-Bundesver-band und dem Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek).

www.iga-info.de

iga.Report 28

Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention I Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention – Zusammenstellung der wissenschaftlichen Evidenz 2006 bis 2012

Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer

II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes – Zusammenstellung der wissenschaftlichen Evidenz 2006 bis 2012 Dietmar Bräunig und Thomas Kohstall

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iga. Report 28

Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

I WirksamkeitundNutzenbetrieblicher GesundheitsförderungundPrävention– Zusammenstellungderwissenschaftlichen Evidenz2006bis2012 Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer

II WirtschaftlichkeitundWirksamkeit desbetrieblichenArbeitsschutzes– Zusammenstellungderwissenschaftlichen Evidenz2006bis2012 Dietmar Bräunig und Thomas Kohstall

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Vorwort

Die gute Nachricht gleich vorweg, auch wenn sie nicht gänzlich neu ist (vgl. iga.Reporte 3 und 13): Sowohl für die betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention als auch für den betrieb-lichen Arbeitsschutz existiert trotz komplexer Wirkungsweisen wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit von bestimmten Maßnahmen. Insgesamt sind positive Effekte auf die Gesundheit von Mitar-beiterinnen und Mitarbeitern ebenso belegbar wie der öko-nomische Nutzen für Unternehmen. Gleichwohl verdeutlicht dieser Report auch, dass nach wie vor vielfältiger Forschungs-bedarf existiert. Die vorliegende Übersicht dürfte nicht nur für die entspre- chenden Fachkräfte in den Unternehmen hilfreich sein, die dadurch auf belastbare Erkenntnisse verweisen können. Auch Beraterinnen und Berater der Krankenkassen, der Unfallversi-cherungsträger und andere Akteure, die Unternehmen von der Wirksamkeit betrieblicher Gesundheitsförderung und betrieb-lichen Arbeitsschutzes überzeugen wollen, finden hier eine wichtige Argumentationshilfe – denn ein „Selbstläufer“ sind die beiden Themenkomplexe nach wie vor nicht. Zumindest zeigen Befragungen von Unternehmen regelmäßig auf, dass in beiden Bereichen erhebliches Entwicklungspotenzial existiert (vgl. Bauer & Jenny, 2012; Beck et al., 2012). Dabei besteht Handlungsbedarf. Beispielsweise steigen die Arbeitsunfähigkeitstage seit 2006 Jahr für Jahr, wobei ins-besondere die Bedeutung der psychischen Störungen stark zugenommen hat. Zwar ist diese Entwicklung nicht allein auf ungünstige Arbeitsbedingungen zurückzuführen, sondern eher einem komplexen Zusammenspiel mehrerer Faktoren geschuldet. Die Arbeitsbedingungen gehören aber auch dazu. So ergaben wissenschaftliche Berechnungen, dass sich ohne arbeitsbedingte Risiken bis zu 40 Prozent aller Rückenerkran-kungen und fast ein Drittel der Kosten, die durch arbeitsbeding-te Muskel-Skelett-Erkrankungen entstehen, vermeiden ließen (vgl. BKK Gesundheitsreport, 2013). Und der Krankenstand im Unternehmen ist nur die Spitze des Eisberges. Sind die Arbeits-bedingungen unzureichend, drohen sinkende Arbeitszufrieden-heit und Motivation und dadurch geringere Produktivität.

Der vorliegende iga.Report 28 analysiert nun die Wirksamkeit von Maßnahmen für die beiden genannten Bereiche: betrieb-liche Gesundheitsförderung und Prävention einerseits sowie betrieblicher Arbeitsschutz andererseits. Daher besteht er aus zwei Teilen: Teil I geht der Frage nach, welche wissenschaftliche Evidenz zur Wirksamkeit und zum Nutzen von Maßnahmen der be-trieblichen Prävention und Gesundheitsförderung existiert. Der Report aktualisiert damit die stark nachgefragten iga.Reporte 3 und 13 aus den Jahren 2003 und 2008 und wertet wissenschaftliche Übersichtsarbeiten des Zeitraums von 2006 bis März 2012 aus. In Erweiterung der beiden Vorgänger nimmt dieser Report in Teil II erstmals den betrieblichen Arbeitsschutz explizit in den Fokus und geht der Frage nach, wie es um dessen Wirtschaft-lichkeit und Wirksamkeit bestellt ist. Anhand ausgewählter Veröffentlichungen der Jahre 2006 bis 2012 erfolgt eine vergleichende Darstellung einschlägiger Publikationen, die beispielhaft einen Überblick über die Studienlage geben soll. Im Unterschied zu Teil I erfolgt hier also ein anderer metho-discher Ansatz, der aber auch starke Indizien für den positiven Nutzen liefert. Michael Blum BKK Dachverband e.V.

Literatur Bauer GF, Jenny GJ: Anspruch und Wirklichkeit: Zum aktuellen Stand der Betrieblichen Gesundheitsförderung. In: Faller G (Hrsg.): Lehrbuch Betriebliche Gesundheitsförde-rung. 2., vollständig überarbeitete Auflage. S. 66–75. Bern: Hans Huber. 2012 Beck D, Richter G, Ertel M, Morschhäuser M: Gefährdungs- beurteilung bei psychischen Belastungen in Deutschland. Verbreitung, hemmende und fördernde Bedingungen. Prävention und Gesundheitsförderung. 7(2):115–119. 2012 BKK Gesundheitsreport 2013: Gesundheit in Bewegung. Schwerpunkt Muskel- und Skeletterkrankungen. Berlin: BKK Dachverband e.V.

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iga. Report 28

Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

I WirksamkeitundNutzenbetrieblicher GesundheitsförderungundPrävention– Zusammenstellungderwissenschaftlichen Evidenz2006bis2012 Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung – Maßnahmenbewertung in der betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention 11

1.1 Wandel des Krankheitsgeschehens 11

1.2 Evaluation im Rahmen von §§ 20 und 20a SGB V 11

1.3 Die Grenzen von ökonomischen Evaluationen 11

1.4 Der aktuelle Bericht 12

1.5 Was bedeutet Evidenz? 12

1.6 Was sind die spezifischen Herausforderungen der Evidenzbasierung in der Prävention und Gesundheitsförderung? 13

1.7 Literatur 13

2 Suchstrategie und Einschlusskriterien 14

2.1 Literatur-Datenbanken und Suchmaschinen 14

2.2 Internetseiten relevanter Organisationen und Handsuche 15

2.3 Einschlusskriterien 15

3 Wirksamkeit arbeitsbezogener Maßnahmen zur Förderung der generellen Gesundheit und des Wohlbefindens 16

3.1 Programme zur Förderung physischer Aktivität 16

3.2 Programme zur Förderung gesunder Ernährung 19

3.3 Programme zur Nikotinentwöhnung und Tabakkontrolle 21

3.4 Programme zur Alkoholprävention 23

3.5 Programme zur Gewichtskontrolle 24

3.6 Mehrkomponenten-Programme 26

3.7 Partizipative ergonomische Maßnahmen 32

3.8 Zusammenfassung 32

3.9 Literatur 32

4 Wirksamkeit arbeitsweltbezogener Prävention von psychischen Erkrankungen 35

4.1 Programme zur Prävention von psychischen Erkrankungen 35

4.2 Zusammenfassung 44

4.3 Literatur 45

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5 Wirksamkeit arbeitsweltbezogener Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen 47

5.1 Muskel-Skelett-Erkrankungen allgemein (work-related musculoskeletal disorders) 47

5.2 Muskel-Skelett-Erkrankungen bei Pflegekräften 50

5.3 Muskel-Skelett-Erkrankungen bei Bildschirmarbeitskräften 51

5.4 Nacken-, Rücken- und Kreuzschmerzen 52

5.5 Karpaltunnelsyndrom 60

5.6 Zusammenfassung 60

5.7 Literatur 62

6 Ökonomischer Nutzen betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention 64

6.1 Ökonomischer Nutzen allgemein 64

6.2 Ökonomischer Nutzen von Mehrkomponenten-Programmen 65

6.3 Ökonomischer Nutzen von Programmen zur Gewichtskontrolle 65

6.4 Ökonomischer Nutzen von Nikotinentwöhnungsprogrammen und Tabakkontrolle 66

6.5 Ökonomischer Nutzen von Programmen zur Prävention von psychischen Erkrankungen 66

6.6 Zusammenfassung 66

6.7 Literatur 66

7 Zusammenfassung 68

Anhang 72

Abkürzungsverzeichnis 108

Glossar 109

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

1 Einleitung – Maßnahmen-

bewertung in der betrieblichen

Gesundheitsförderung und

Prävention

Bereits im iga.Report 13 wurde das Konzept der evidenzbasierten Medizin (EbM) und der systematischen Reviews umfassend und anschaulich dargestellt und beschrieben, inwieweit eine Übertra- gung auf den Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention möglich ist (Sockoll et al., 2008).

Es existiert mittlerweile eine enorme Zahl von Veröffentlichun- gen zur Evaluation bzw. wissenschaftlichen Evidenz von Maßnah-men der betrieblichen Prävention und Gesundheitsförderung. Metaanalysen, als systematische Bewertung von Evaluationsstu-dien mit dem Ziel, deren Qualität zu bestimmen und ihre Kern- aussagen zusammenzufassen, bieten hier eine Orientierung.

1.1 Wandel des Krankheitsgeschehens

Die Spitzenverbände der Gesetzlichen Krankenkassen veröffent-lichen regelmäßig Daten zum Arbeitsunfähigkeitsgeschehen. Darin zeigt sich, dass es bei den bis 24-Jährigen mehr Fälle von Arbeitsunfähigkeit (AU) pro 100 Beschäftigten gibt als bei den 50- bis 64-Jährigen. Allerdings steigt in den mittleren Altersgrup-pen die Zahl der AU-Tage kontinuierlich mit zunehmendem Alter an (SUGA, 2010). Der Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKK Bundesverband)

1 registrierte für das Jahr 2009 die höchste

Anzahl von AU-Fällen für die Altersgruppe der unter 20-Jährigen. Sie fehlten im Schnitt zweimal jährlich, was über dem Durchschnitt aller Beschäftigten lag. 50- bis 59-Jährige waren hingegen im Durchschnitt nur 1,3-mal im Jahr arbeitsunfähig. Dabei waren unter 25-Jährige weniger als eine Woche erkrankt, während die Altersgruppe der über 55-Jährigen fast drei Wochen je AU-Fall arbeitsunfähig war. Insbesondere Langzeitfälle mit AU-Dauern von über sechs Wochen fielen in diese Gruppe (SUGA, 2010).

Die relativ lange Dauer der Arbeitsunfähigkeitsfälle älterer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ist vor dem Hintergrund des alternden Arbeitskräftepotentials ein wichtiger Sachverhalt. Doch die das Krankheitsgeschehen dominierenden Volkskrank-heiten wie Muskel-Skelett- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch die in den letzten Jahren zunehmenden Erkrankungen der Psyche entwickeln sich meist über Jahre hinweg und sind nicht zwangsläufig eine Alterserscheinung. Vielmehr sind Gesundheit und Leistungsfähigkeit im starken Maße von den ausgeübten

1 Der BKK Bundesverband wurde zum Jahresende 2013 aufgelöst.

Seit Januar 2014 ist der BKK Dachverband e.V. die politische und

fachliche Interessenvertretung der betrieblichen Krankenversicherungen

in Deutschland.

Tätigkeiten, den damit einhergehenden Belastungen sowie den erfahrenen Anerkennungen oder Entmutigungen im Berufsleben abhängig (Grau, 2009, Siegrist, 2005).

Die Aufgabe der Unternehmen liegt damit nicht vordringlich in der kurzfristigen Vermeidung von Arbeitsunfähigkeit, sondern vielmehr in dem längerfristigen Erhalt und der längerfristigen Förderung der Gesundheit und damit der Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

1.2 Evaluation im Rahmen von §§ 20 und 20a SGB V

Die Krankenkassen sind Träger einer Vielzahl von Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention. Vor dem Hintergrund der Maßnahmenbewertung betrieblicher Gesundheitsförderung im Rahmen von §§ 20 und 20a SGB V wurden im Auftrag der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) entsprechende Instru- mente und Verfahren entwickelt und getestet. Kliche et al. (2010) berichten von der Erprobung eines umfangreichen Evaluations-systems. Hierbei werden als wichtige Evaluationsbasis Informati-onen zum Betrieb und zu den Beschäftigten erhoben. Aufgrund einer geringen Teilnahme bei der erforderlichen Zweiterhebung waren jedoch keine „belastbaren“ Aussagen möglich. Als Gründe für die Nichtteilnahme werden von Kliche et al. Angst um den Arbeitsplatz auf Beschäftigtenseite, z. B. bei Fragen nach der Leistungsfähigkeit vermutet. Auf Seiten der Leitungsebene wird ein möglicher Handlungsdruck als Hinderungsgrund angenom-men.

Des Weiteren wurde für die Bewertung von Maßnahmen der Krankenkassen zur Prävention und Gesundheitsförderung ein Routineevaluationssystem entwickelt (Kliche et al. 2011). Das Evaluationssystem stützt sich auf validierte Instrumente aus Gesundheitsberichterstattung und Klinik und ermöglicht die Kontrolle von Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht und Bil- dungsstand. Kliche et al. haben untersucht, inwiefern mit dem Evaluationssystem komplexe Wirkungen bei Setting-Projekten zu erfassen sind, darunter für den Setting-Ansatz „Betriebliche Gesundheitsförderung“. In sechs Betrieben wurden Projekte verschiedener Krankenkassen evaluiert. Kliche et al. berichten, dass die Projekte im betrieblichen Setting nach etwa einem Jahr positive Gesundheitseffekte bzw. positive Effekte bezogen auf die Organisationsstrukturen hatten. Diese Effekte waren von schwacher, bei Teilgruppen oder bei der Betrachtung von Untereinheiten von mittlerer Effektstärke.

1.3 Die Grenzen von ökonomischen Evaluationen

Abgesehen von der Wirksamkeit verschiedener verhaltens- und verhältnispräventiver Maßnahmen werden in diesem Bericht auch wieder Übersichtsarbeiten vorgestellt, die sich mit dem Kosten-Nutzen-Verhältnis betrieblicher Gesundheitsförderungs-programme beschäftigen.

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Risikofaktoren. Insbesondere auf dem weiten Feld der betrieb-lichen Gesundheitsförderung und Prävention ist es kaum mög- lich, alle vorstellbaren Risikofaktoren, Interventionsformen und Endpunkte mithilfe von methodisch anspruchsvollen Studien ausreichend zu erforschen. Der vorliegende Bericht muss sich daher auf die wesentlichen Handlungsfelder konzentrieren, die sich im Rahmen der Literaturrecherche als gut untersucht herausgestellt haben.

Wie im iga.Report 13 gilt hinsichtlich der Qualität der einbezo-genen Übersichtsarbeiten, dass diese zwar als systematische Reviews zu bewerten sind, in der überwiegenden Anzahl aber nicht dem methodischen Anspruch der Cochrane Collaboration entsprechen (Furlan et al., 2009). Dennoch ist im Vergleich zu den vorhergegangenen iga.Berichten eine gestiegene Anzahl von relevanten Cochrane Reviews zu verzeichnen, was zu einer höheren Qualität der verfügbaren Reviews führt. Ein großer Teil der Literatur stammt weiterhin aus den USA und fokussiert überwiegend auf verhaltenspräventive Maßnahmen.

Der vorliegende Bericht ist eine Zusammenstellung der wissen-schaftlichen Evidenz zur Wirksamkeit und zum Nutzen der be- trieblichen Prävention und Gesundheitsförderung. In einem solch komplexen Feld sollte Evidenz aber auch als Integration der wissenschaftlichen Belege in die Praxis der betrieblichen Prävention und Gesundheitsförderung verstanden werden. Ebenfalls berücksichtigt werden dabei das theoretische Wissen sowie die Erfahrungen der Akteure, die Vorstellungen der Ar- beitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie die vorhandenen Ressourcen.

1.5 Was bedeutet Evidenz?

Im Allgemeinen bedeutet in den Gesundheitswissenschaften die Forderung nach Evidenz, dass für die Wirksamkeit einer Intervention (einer Therapie, einer Operation, eines Medika-ments) hinreichende wissenschaftliche Nachweise erbracht wurden. Experimente und anschließende randomisierte kon- trollierte Studien sind die Mittel der Wahl, um eine quantifizier-bare, statistisch signifikante Wirkung zu zeigen. Die Evidenz- basierte Medizin (EbM) ist hier das zugrunde liegende Konzept. EbM ist nach Sacket et al. (1997) „der gewissenhafte, ausdrück-liche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten exter- nen, wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der medi- zinischen Versorgung individueller Patienten“. Die Praxis der EbM bedeutet die Integration individueller klinischer Expertise mit der bestverfügbaren externen Evidenz aus der wissenschaftlichen Forschung.

Auch in der (betrieblichen) Prävention und Gesundheitsförderung existiert mittlerweile eine enorme Zahl von Veröffentlichungen zur wissenschaftlichen Evidenz von Maßnahmen. Diese werden eben- falls am Bewertungsmaßstab der EbM gemessen. Hier bieten so- genannte Metaanalysen, systematische Bewertungen wissen- schaftlicher Studien mit dem Ziel, deren Qualität zu bestimmen und ihre Kernaussagen zusammenzufassen, eine Orientierung.

Im iga.Report 3 zum gesundheitlichen und ökonomischen Nutzen betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention fassen Kreis und Bödeker (2003) zusammen, dass die Wirksamkeit verhal- tenspräventiver Maßnahmen bereits kurzfristig innerhalb eines Zeitraums von drei bis vier Jahren eine Verringerung der Krank- heitskosten und eine Reduktion krankheitsbedingter Fehlzeiten, auch als Absentismus bezeichnet, bewirken. Verbeek et al. (2009) zeigen, dass der Hauptnutzen von Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung in verringerten Absentismusraten liegt. Auch Chapman (2012) kommt in seiner Sequenz von Meta- Evaluationen zu dem Schluss, dass Maßnahmen der betriebli-chen Gesundheitsförderung zu den effektivsten Strategien zur Verringerung von Krankheitskosten und Absentismus gehören.

Ökonomische Evaluationen, wie in den genannten Beispielen, beschränken sich meist auf Schätzungen vermiedener Krank-heitskosten oder krankheitsbedingter Fehlzeiten. Das Gegenteil des krankheitsbedingten Fernbleibens vom Arbeitsplatz wird hierzulande durch den Begriff des Präsentismus beschrieben: das Verhalten, krank zur Arbeit zu gehen, obgleich eine Krank-meldung gerechtfertigt und auch möglich wäre. Eine Reduktion der Produktionsausfälle, die mit Präsentismus verbunden sind, dient ebenfalls als Parameter für die ökonomische Wirksamkeit von Maßnahmen betrieblicher Gesundheitsförderung und Prä- vention. Zu beachten ist allerdings, dass der Begriff des Präsen-tismus nicht einheitlich verwendet wird. Für den Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention hat sich der soeben beschriebene Ansatz bewährt (iga.Fakten 6).

Während sich die Kosten betrieblicher Gesundheitsförderung also zumindest in Form von Zielgrößen und Durchschnittswerten bestimmen lassen, bleiben Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge in der Regel ungeklärt: Selbst bei einer auf die Entwicklung von AU-Tagen begrenzten Effizienzanalyse kann ein Ursache-Wir-kungs-Zusammenhang zwischen betrieblicher Gesundheitsför-derung und finanziellen Einsparungen allenfalls aufgrund sta- tistischer Korrelationen hergestellt werden. Weitergehende Ergebnisse erfordern Längsschnittanalysen mit ausreichend großen Stichproben und möglichst zufällig ausgewählten Kon- trollgruppen.

1.4 Der aktuelle Bericht

Basierend auf den in der Fachliteratur vielzitierten Vorgänger-Be-richten iga.Report 3 und iga.Report 13 aus den Jahren 2003 und 2008 entstand aufgrund der anhaltend großen Nachfrage eine erneute Aktualisierung der iga.Zusammenstellung. Der vorlie-gende Bericht folgt dem Ansatz des iga.Reports 13 und schließt Veröffentlichungen des Zeitraums von 2006 bis März 2012 ein. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass die Studienlage auf den einzelnen Handlungsfeldern der betrieblichen Gesundheits-förderung und Prävention unterschiedlich stark fortgeschritten ist. Für einige Bereiche liegen nur wenige qualitativ hochwertige Studien vor, und die Evidenzlage ist demzufolge weiterhin unzureichend. Dennoch bedeutet dies nicht zwangsläufig die Unwirksamkeit der entsprechenden Ansätze oder potentiellen

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

1.6 Was sind die spezifischen Herausforde-rungen der Evidenzbasierung in der Prävention und Gesundheitsförderung?

Es wird häufig kritisiert, dass die Evidenzbasierung im Sinne der EbM nicht einfach auf die Prävention und Gesundheitsförderung übertragbar ist. Recherchen im Rahmen der vorhergegangenen iga.Reporte 3 (2003) und 13 (2008) zeigen, dass die Studienlage in der betrieblichen Prävention und Gesundheitsförderung äußerst heterogen ist hinsichtlich Zielparameter, Studienpopulati-on, Studiendesign usw. Dies ist zumeist der Alltagssituation und den komplexen Studienbedingungen geschuldet, unter denen z. B. eine randomisierte kontrollierte Studie durchaus schwierig anzuwenden ist. Somit sind die Maßnahmen im Ergebnis nicht vergleichbar. Des Weiteren lassen es methodische Schwächen einzelner Studien und Evaluationsmaßnahmen nicht zu, die Studienergebnisse zu generalisieren, so dass diese mit Vorsicht zu interpretieren sind.

Das Evidence Comittee der Society for Prevention Research (www.preventionresearch.org, 2013) beschreibt daher Kriterien, mit denen Wirksamkeit und Nutzen einer Maßnahme zu definieren sind. Anhand dieser Kriterien ist es möglich, die Maßnahme in Veröffentlichungen mit anderen Maßnahmen zu vergleichen und zu bewerten, sofern diese ebenso anhand der Kriterien charakterisiert wurden.

Einen Konsens hinsichtlich der besonderen Anforderungen an ein Konzept der Evidenzbasierung in der Gesundheitsförderung gibt es bislang nicht (Kreis, 2006).

Aktuell diskutiert werden Modelle, die nach dem Vorbild der Evidenzbasierten Medizin (EbM) eine Evidenzbasierte Praxis für medizinische Leistungen fordern und diese auf die Prävention und Gesundheitsförderung übertragen (Wright, 2013). Es sollen Methoden zur Wirksamkeitsprüfung eingesetzt werden, die eine systematische Bewertung aus der Praxis heraus ermöglichen.

1.7 Literatur

Badura B, Walter U, Hehlmann T. (Hrsg.): Betriebliche Gesund-heitspolitik. Der Weg zur gesunden Organisation. 2. Auflage. Berlin: Springer. 2010

Bödeker W, Kreis J (Hrsg.): Evidenzbasierung in Gesundheitsförde-rung und Prävention. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW. 2006

Chapman L: Meta-Evaluation of Worksite Health Promotion Economic Return Studies: 2012 Update. American Journal of Health Promotion. 26(4):1–12. 2012

Furlan AD, Pennick V, Bombardier C, van Tulder M, Cochrane Back Review Group: 2009 updated method guidelines for systematic reviews in the Cochrane Back Review Group. Spine. 34(18): 1929–1941. 2009

Grau A: Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz: In: STATmagazin September 2009. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt. 2009

Kliche T, Heinrich S, Klein R, Koch U: Wirkungsnachweise für die Betriebliche Gesundheitsförderung – Das neue Evaluationssystem der Krankenkassen in Erprobung. Prävention. 1:19-22. 2010

Kliche T, Riemann K, Bockermann C, Niederbühl K, Wanek V, Koch U: Gesundheitswirkungen der Prävention: Entwicklung und Erprobung eines Routine-Evaluationssystems für Primärpräventi-on und Gesundheitsförderung der Krankenkassen in Settings, Betrieben und Gesundheitskursen. Gesundheitswesen. 73:247–257. 2011

Kramer I, Oster S, Fiedler M: iga.Fakten 6. Präsentismus: Verlust von Gesundheit und Produktivität. Dresden: iga. 2013

Kreis J, Bödeker W: Gesundheitlicher und ökonomischer Nutzen betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention. Zusammen-stellung der wissenschaftlichen Evidenz. IGA-Report 3. Dresden: iga. 2003

Kreis J: Wirksamkeitsnachweis in der Prävention. Lässt sich die Methodik der Cochrane Collaboration auf arbeitsweltbezogene Gesundheitsförderungs- und Präventionsmaßnahmen anwen-den?. IGA-Report 11. Dresden: iga. 2006

Sackett DL, Rosenberg WMC, Muir JA: Was ist Evidenzbasierte Medizin und was nicht? Münchener Medizinische Wochenschrift. 44:644–645. 1997

Siegrist J: Medizinische Soziologie. München : Elsevier, Urban und Fischer. 6., neu bearb. und erw. Aufl. 2005

Sockoll I, Kramer I, Bödeker W: Wirksamkeit und Nutzen betrieb-licher Gesundheitsförderung und Prävention. Zusammenstellung der wissenschaftlichen Evidenz 2000 bis 2006. IGA-Report 13. Dresden: iga. 2008

Standards of Evidence. Criteria for Efficacy, Criteria for Effective-ness, Criteria for Dissemination. Homepage der Society for Prevention research. Zugriff am 25.07.2013 unter http:// www.preventionresearch.org/.

SUGA 2010. Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2010. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. 2010

Verbeek J, Pulliainen M, Kankaanpää E: A systematic review of occupational safety and health business cases. Scandinavian Journal of Work, Environment and Health. 35(6):403–412. 2009

Wright MT, Kilian H, Brandes S: Practice-Based Evidence in Prevention and Health Promotion Among Socially Disadvantaged Communities. Gesundheitswesen.75(06):380–385. 2013

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Im nächsten Schritt fand eine kombinierte Suchabfrage in den elektronischen Datenbanken statt. Neben komplexen Stichwort-kombinationen wurden in diesem Schritt auch spezifische Erkrankungen von Psyche, Muskeln und Skelett sowie spezielle Berufsgruppen wie Pflegekräfte oder Bildschirmarbeitskräfte abgefragt. Weitere Ergänzungen wurden für Recherchen im Bereich Kosten-Nutzen-Effektivität und für die speziellen Interventionen vorgenommen. Auch für den zweiten Schritt wurden die Stichwortkombinationen der dokumentierten systematischen Literaturrecherche des Vorgänger-Reports übernommen und um einige Kombinationen und Begriffe erweitert. Wenn möglich, wurde bei Recherchen in elektro-nischen Datenbanken die Voreinstellung „Review/Metaanalyse“ genutzt. In Internetsuchmaschinen sowie bei Fehlen dieser Funktion wurde die Suchabfrage durch den Zusatz „review OR meta-analysis“ ergänzt. Eine Übersicht über die kombinierte Suche in MEDLINE gibt Tabelle 2.1.

Voreinstellung Review/Metaanalyse

occupational health

occupational health AND (prevention OR promotion)

workplace health promotion

organi*ational health

worksite health promotion

worksite health promotion AND environmental intervention OR organi*ational intervention OR environmental change OR organi*ational change

worksite/workplace health promotionAND cost OR cost-benefit-analysis OR economic OR return of investment

industrial health promotion

comprehensive worksite health promotion

behavioural health promotion AND (work OR worksite)

effect OR evidence OR evaluationAND intervention AND preventionAND work health promotion OR workplace wellness program OR occupational health

effect OR evidence OR evaluationAND prevention OR interventionAND drugs OR alcohol OR smoking OR weight OR obesity OR nutrition OR physical activity OR fitness OR ergonomic AND worksite OR workplace OR worker

work-related OR worker OR employee OR workplace OR worksite AND musculoskeletal disorders OR neck disorders OR upper limb disorders OR back pain OR low back pain OR neck pain OR carpal tunnel syndrome OR mental health OR mental ill-health OR mental disease OR mental disorders OR stress OR burnout

2 Suchstrategie und

Einschlusskriterien

Der vorliegende iga.Report gibt einen Überblick über deutsch- und englischsprachige wissenschaftliche Literatur, die Interventi-onen der Verhaltens- und Verhältnisprävention in der betrieb-lichen Gesundheitsförderung und Prävention berichtet. Ange-strebt wurde eine möglichst vollständige Zusammenstellung für den Zeitraum September 2006 bis März 2012. Als Ergänzung und Aktualisierung der Erkenntnisse des iga.Reports 13 (Zeitraum 2000 bis August 2006) und des iga.Reports 3 orientiert sich die hier eingesetzte Suchstrategie an der dokumentierten systema-tischen Literaturrecherche der Vorgängerprojekte. Ergänzungen erfolgten anhand von Empfehlungen aus aktuellen wissenschaft-lichen Veröffentlichungen zur systematischen Literaturrecherche im Bereich betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention.

2.1 Literatur-Datenbanken und Suchmaschinen

Analog zu dem Vorgängerprojekt iga.Report 13 erfolgte eine systematische Literaturreche in folgenden elektronischen Literatur-Datenbanken und Internetsuchmaschinen: � MEDLINE via PubMed � EMBASE � Cochrane Library � NelH � High Wire Press � Google � Google Scholar

Die Recherche in den Datenbanken und Suchmaschinen erfolgte in mehreren Einzelschritten. Der erste Schritt war eine einfache Suche anhand einzelner Stichwörter und Wortkombinationen. Dazu wurden die Stichwörter der dokumentierten Literaturrecher-che für den iga.Report 13 übernommen und um weitere einfache Stichwörter ergänzt: � health promotion (Gesundheitsförderung) � public health (Gesundheitswesen) � meta-analysis (Metaanalyse) � prevention (Prävention) � effectiveness (Effektivität) � effect (Effekt) � evaluation (Evaluation) � evidence (Evidenz) � health program (Gesundheitsprogramm) � cost-benefit-analysis (Kosten-Nutzen-Analyse) � worksite/workplace (Arbeitsplatz) � enterprise (Unternehmen) � employee (Mitarbeiter) � intervention (Intervention)

Tabelle 2.1 kombinierte Suchabfrage

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

2.2 Internetseiten relevanter Organisationen und Handsuche

Als Ergänzung zu der Literaturrecherche in elektronischen Daten- banken und Internetdatenbanken fand eine Handsuche auf den Internetseiten der für den Bereich Prävention und Gesundheits-förderung relevanten nationalen sowie internationalen Institu- tionen und Organisationen statt: � Cochrane Collaboration � Centre for Reviews and Dissemination (University of York) � The Evidence for Policy and Practice Information and

Co-Ordinating Centre (EPPI-Centre) � Campbell Collaboration � Centers for Disease Control and Prevention (CDC) &

Guide to Community Preventive Services � Institute for Work and Health (IWH Kanada) � Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz

am Arbeitsplatz � National Institute for Occupational Safety and Health

(NIOSH) � The British Occupational Health Research Foundation

(BOHRF) � Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) � Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen

Unfallversicherung (IFA) � Universitätsbibliothek der Universität Duisburg-Essen

Zudem wurden die Referenzlisten der über die Literaturrecherche identifizierten Veröffentlichungen für eine ergänzende Hand-suche genutzt. In PubMed wurde die Option „related articles“ (themenverwandte/themenrelevante Artikel) für eine weitere Recherche genutzt. Auch Literatur, die bereits in hausinternen Literatur-Datenbanken vorhanden war, wurde gesichtet und auf Relevanz geprüft.

2.3 Einschlusskriterien

Die Sichtung der über die Literaturrecherche erfassten Publikati-onen erfolgte in zwei Schritten. Zunächst wurden die Abstracts der identifizierten Veröffentlichungen gesichtet und hinsichtlich der folgenden, vorab und analog zum iga.Report 13 festgelegten Einschlusskriterien geprüft: � Veröffentlichung im Zeitraum August 2006 bis März 2012 � Publikationssprache Deutsch oder Englisch � Systematische Übersichtsarbeiten: Metaanalysen und

Reviews � Veröffentlichung in internationalen Fachzeitschriften oder

einem Magazin mit Peer-Review-Verfahren � arbeitsweltbezogene Interventionen � Erhebung allgemeiner Gesundheitsindikatoren oder

Risikofaktoren � Erhebung krankheitsspezifischer Zielgrößen bei Muskel-

Skelett-Erkrankungen und psychischen Erkrankungen

Für relevant erscheinende Artikel wurde in einem nächsten Schritt der Volltext beschafft und vollständig gelesen. Anhand der oben aufgeführten Einschlusskriterien wurde danach die endgültige Entscheidung über den Einschluss in den vorliegenden iga.Report getroffen.

Die Wahl der Einschlusskriterien legt den Schwerpunkt des Berichts auf allgemeine gesundheitliche Effekte von Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention oder den Zusammenhang zwischen Arbeitsumfeld bzw. Arbeitsbedingun-gen und Gesundheitsindikatoren. Mit Ausnahme von Erkrankun-gen von Muskeln, Skelett oder Psyche wurden Studien mit krank-heitsspezifischen Zielgrößen aus Kapazitätsgründen nicht berücksichtigt. Publikationen, die speziell auf Herz-Kreislauf- Erkrankungen und deren Zusammenhänge zu bekannten Risikofaktoren wie Rauchen oder Übergewicht ausgerichtet waren, wurden in das Kapitel über Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens, in dem diese Risiko- faktoren thematisiert werden, integriert.

Eine Übersicht über die Anzahl der mit dieser Suchstrategie identifizierten Publikationen und die jeweilige Anzahl für die verschiedenen Interventionsbereiche und ihre Unterbereiche sowie den ökonomischen Nutzen gibt Tabelle 2.2.

health care facilities AND musculoskeletal disorders OR neck disorders OR upper limb disorders OR back pain OR low back pain OR neck pain OR carpal tunnel syndrome OR occupational health OR worksite/workplace health promotion

computer usersAND musculoskeletal disorders OR neck disorders OR upper limb disorders OR back pain OR low back pain OR neck pain OR carpal tunnel syndrome OR occupational health OR worksite/workplace health promotion

effect OR evaluation OR evidenceAND structural chance OR job rotation OR organi*ational change OR work environment

Tabelle 2.1 kombinierte Suchabfrage (Fortsetzung)

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

3 Wirksamkeit arbeitsbezogener

Maßnahmen zur Förderung der

generellen Gesundheit und des

Wohlbefindens

Unter betrieblicher Gesundheitsförderung werden sowohl verhal- tenspräventive Maßnahmen zusammengefasst als auch Maßnah- men zur Entwicklung eines gesundheitsförderlichen Settings „Betrieb“ (Rosenbrock, 2006).

Bei den Maßnahmen, mit denen die Entstehung von Krankheiten am Arbeitsplatz vermieden oder ein gesundheitsförderndes Um- feld geschaffen werden soll, wird zwischen Programmen zur Förderung physischer Aktivität, gesunder Ernährung, zur Nikotin- entwöhnung und Tabakkontrolle und Programmen zur Gewichts-kontrolle unterschieden. Weiterhin werden sogenannte Mehr-komponenten-Programme angeboten, die verschiedene prä- ventive Maßnahmen zusammenführen, und partizipative ergo- nomische Maßnahmen, bei denen die Teilnehmenden weitge-hend in die Vorbereitung und Durchführung der Maßnahmen einbezogen werden.

Nach diesen Interventionsbereichen werden die Ergebnisse der einbezogenen Übersichtsarbeiten im Folgenden dargestellt. Sofern möglich, wurde dabei auch nach verhaltens- und verhält- nispräventiven Ansätzen unterschieden. Weiterführende Infor- mationen über die einzelnen Reviews können Tabelle A-1 im Anhang entnommen werden, deren Aufbau dem vorliegenden Kapitel folgt.

3.1 Programme zur Förderung physischer Aktivität

Für den Zeitraum 2006 bis 2012 wurden sechs Übersichtsarbeiten zu Maßnahmen zur Aktivitätsförderung im betrieblichen Umfeld gefunden. Der Großteil der untersuchten Maßnahmen lässt sich dem Bereich der Verhaltensprävention zuordnen und beinhaltet körperliche Übungsprogramme, Treppennutzung oder das Mit- führen von Schrittzählern. Der Großteil dieser verhaltenspräven-tiven Maßnahmen zeigte eine bewegungsfördernde Wirkung. Darüber hinaus konnte in zwei Reviews auch eine geringe Steigerung der Fitness der Beschäftigten gezeigt werden. Zusätzlich wurden mentale Zielparameter wie die Stimmung oder die Lebensqualität der Beschäftigten positiv beeinflusst. Keine oder nur unzureichende Belege existieren dagegen noch immer bezogen auf die körperlichen Kenngrößen wie beispielsweise das Gewicht oder die Körperzusammensetzung/den Körperfettanteil. Positiv scheint der Einsatz von speziell auf Bewegungsförderung ausgerichteten Programmen zu wirken. Insgesamt führen die Interventionen der meisten Studien, die in den sechs Reviews ausgewertet werden, zu einer Verbesserung der Aktivität, und sie haben eine positive Wirkung auf zusätzliche

InterventionsbereichAnzahl

ReviewsAnzahl Studien

Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit und des Wohl-befindens

Bewegungs-förderung

6 281

gesundeErnährung

3 76

Nikotin- entwöhnung

4 98

Alkohol- prävention

1 10

Gewichts-kontrolle

5 180

Mehrkom-ponenten

12 294

Partizipative Ergonomie

1 23

total 32 962

Prävention psychischer Erkrankungen

20 468

Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen

Allgemeine Prävention

4 89

Pflegekräfte 2 32

Bildschirm-arbeit

2 > 27

Spezifische Krankheits-bilder

14 247

total 22 > 395

Ökonomischer Nutzen betrieblicher Gesundheits-förderung und Prävention

allgemein 4 446

Mehrkom-ponenten-Programm

2 49

Nikotin-entwöhnung

2 18

Gewichts-kontrolle

2 48

Psychische Erkrankungen

1 8

total 11 569

Tabelle 2.2 Anzahl der berücksichtigten Studien zur arbeits-weltbezogenen Gesundheitsförderung und Prävention

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Variablen wie die körperliche Fitness oder gewichtsrelevante Parameter. Dennoch schätzt die Mehrheit der Autoren und Au- torinnen die vorhandene Evidenz nur als begrenzt ein. Grund hierfür sind vor allem methodische Schwächen, wie z. B. die Wahl von nicht-objektiven Zielparametern in einigen Studien.

Abraham und Graham-Rowe (2009)Abraham und Graham-Rowe gingen in ihrer Metaanalyse der Frage nach, mit welchen qualitativen und quantitativen Parame-tern sich die Wirksamkeit von betrieblichen Maßnahmen zur Erhöhung der körperlichen Aktivität beschreiben lässt. Vor allem sollten Strategien identifiziert werden, die besonders effektiv sind. Denkbar sind z. B. bestimmte Bewegungsformen (Laufen), Bewegungsprogramme (individuell ausgerichtet) oder Konzepte (rein auf Bewegung ausgerichtet oder integriert in ein umfas-sendes Programm zur betrieblichen Gesundheitsförderung).

Aufbauend auf die Metaanalyse von Dishman et al. (1998) wurden 37 im Zeitraum von 1972 bis 2007 durchgeführte und in englischer Sprache veröffentlichte Studien ausgewertet. Zehn dieser Studien, die schon vor 1997 publiziert wurden, schlossen bereits Dishman et al. (1998) in ihren Review ein. Die anderen Studien, die nach 1997 erschienen, wurden von Abraham und Graham-Rowe ergänzend berücksichtigt. 26 Studien wiesen ein randomisiertes kontrolliertes Design auf (RCT-Studien), in 23 Studien war Aktivitätssteigerung das zentrale Anliegen.

Insgesamt wurden 55 Interventionen untersucht. Interventionen, die in den Studien Berücksichtigung fanden, waren z. B. Trainingseinheiten mit Aerobic, Krafttraining, Schulungen, Beratungen, die Ausgabe von Informationsmaterial, das Anbieten interaktiver Webseiten, Aktionen zur Förderung eines aktiven Arbeitsweges oder aktiver Pausen, Ernährungsberatung oder die Bereitstellung kostenloser Trainingsmöglichkeiten. Für die Beurteilung der Wirksamkeit der verschiedenen Interventionen wurden Parameter der körperlichen Aktivität sowie der körper-lichen Fitness herangezogen: aktive Gesamtminuten, Häufigkeit bestimmter aktiver Tätigkeiten, Energieverbrauch sowie Para- meter aus Fitnesstests wie maximale Sauerstoffaufnahme oder Herzfrequenzvariabilität.

Die durchgeführte Metaanalyse zeigte deutlich, dass die meisten Interventionen gar keinen oder nur einen geringen Effekt auf den Umfang der körperlichen Aktivität und auf die Fitness der Beschäftigten hatten. Allerdings wurde auch deutlich, dass einige Interventionen kleine bis mittlere Steigerungen von Aktivität und Fitness bewirken können. Zusätzliche Analysen ergaben eine höhere Effektivität von neueren Maßnahmen (nach 1997) und von speziell auf die körperliche Aktivität ausgerichteten Program-men. Auch schienen Interventionen, die Laufen oder Schrittzäh-len thematisieren, deutlich erfolgreicher zu sein: die beobachtete Effektgröße war viermal so hoch wie bei anderen Interventions-formen. Daher empfehlen Autor und Autorin, insbesondere diese Interventionsformen in der betrieblichen Gesundheitsförderung umzusetzen.

Barr-Anderson et al. (2011)Barr-Anderson et al. konzentrierten sich in ihrem systematischen Review auf den verhältnispräventiven Aspekt und evaluierten die Wirksamkeit von kurzen Bewegungseinheiten, die in die organi- satorische Routine integriert werden. Dabei beschränkten sich die Autorinnen nicht allein auf das Arbeitsumfeld als Setting für organisatorische Maßnahmen, sondern integrierten ebenfalls Schulen und religiöse Institutionen.

Die Autorinnen vermuten, dass der Erfolg von Programmen zur Bewegungsförderung maßgeblich von deren Ausgestaltung abhängt. Sie gehen davon aus, dass kurze, aber regelmäßige Bewegungseinheiten mit moderater bis hoher Intensität in der sportlich zunehmend inaktiven Bevölkerung besser akzeptiert werden als Programme, die eine durchgehende Steigerung der körperlichen Aktivität voraussetzen. Die untersuchten Interventi-onen waren daher sogenannte „short activity bouts“: kurze, etwa 10-minütige, strukturierte Bewegungseinheiten (z. B. Aerobic oder Stretching) oder aktive Meetings während der Schul- oder Arbeitszeit. In anderen Studien wurde die Nutzung von Aufzügen und nahegelegenen Parkmöglichkeiten eingeschränkt. Die Recherche in der englischsprachigen Literatur von 1960 bis Juli 2010 ergab insgesamt 34 Studien, elf davon mit dem Setting Arbeitsplatz. Der Großteil dieser arbeitsplatzbezogenen Studien wurde in den USA durchgeführt (n = 9) und wies ein randomisier-tes kontrolliertes Design auf (n = 7). An den Studien hatten vorrangig Freiwillige teilgenommen.

Alle eingeschlossenen Studien fanden eine Steigerung der körperlichen Aktivität, wobei das Ausmaß der Steigerung insgesamt als moderat, aber signifikant einzuschätzen war. Die Auswirkung auf körperlich-physiologische Parameter wurde insgesamt von wenigen Studien evaluiert: Unter anderem wur- den signifikante Veränderungen des Blutdrucks und des Taillen-umfangs festgestellt. Die Auswirkung auf arbeits- und leistungs-bezogene Parameter war insgesamt durchwachsen: Während in einigen Studien Verbesserungen der Arbeitsfähigkeit und verschiedener körperlicher Parameter (wie z. B. erhöhte Dehn- barkeit/Beugung des Handgelenks, erhöhte Kraft in Rumpf und Oberkörper, weniger Schulter-, Nacken-, Rücken- oder Knie- beschwerden) gefunden wurden, konnte eine andere Studie keine signifikante Auswirkung auf die Produktivität zeigen. Ebenfalls von Bedeutung war die Beeinflussung des psychosozi-alen Wohlbefindens der Beschäftigten. Verschiedene psychoso- ziale Faktoren, die der Einschätzung der Stimmungslage der Be- schäftigten dienten, wurden positiv beeinflusst. Hierzu zählen die Steigerung von Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit, die Reduktion von Stress und Depressionen sowie die Verbesserung des selbstberichteten Gesundheitszustands.

Unterschiede in Umfang und Intensität der untersuchten Pro- gramme sowie bei der Erhebung von Zielparametern erschwe-ren jedoch eine Quantifizierung der positiven Effekte von „short activity bouts“. Dennoch sehen die Autorinnen großes Potential in dieser Interventionsform und empfehlen deren Integration in den Arbeits- und Schulalltag.

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Brown et al. (2011)Der Review von Brown et al. untersucht anhand von 20 Studien die Auswirkung von körperlicher Aktivität auf Präsentismus und die damit assoziierten mentalen und psychosozialen Faktoren. Das Konzept Präsentismus wird von den Autorinnen und dem Autor als Anwesenheit am Arbeitsplatz trotz schlechten Gesund-heitszustands mit daraus folgender Produktivitätsminderung beschrieben. Dies führt auf Unternehmensebene zu Kosten durch Produktionsverluste und auf individueller Ebene zu einer Beein- trächtigung des geistigen Wohlbefindens. Psychosoziale Folgen von Präsentismus sind beispielsweise chronische Müdigkeit, Angst- und Panikstörungen und Depressionen. Neben diesen psychosozialen Parametern dienten auch körperliche Parameter (Schmerzen, physische Funktionsfähigkeit) und organisationale Parameter (Zufriedenheit mit dem Job, Absentismus, Arbeitsbe-lastung) als Indikatoren zur Abschätzung der Wirksamkeit der untersuchten Interventionen.

Acht der Studien waren als RCT konzipiert. Die darin untersuchten Maßnahmen waren entweder als reine Sportprogramme konzi- piert (basierend auf einem Fitnessprogramm, teilweise kombi-niert mit theoretischen Einheiten) oder waren Bestandteil von Mehrkomponenten-Programmen, die neben Bewegungspro-grammen auch Interventionen zum Ernährungsverhalten, zur Gewichtskontrolle und zur Nikotinentwöhnung beinhalteten. Alle Interventionen verbesserten mindestens einen erhobenen Zielparameter. Als Zielparameter dienten unter anderem kör- perliche und geistige Lebensqualität, geistiges Wohlbefinden, der allgemeine Gesundheitszustand, das Ausmaß vorhandener Angst oder die Gefahr eines Burn-outs. Als problematisch sahen Brown et al. dabei die in einigen Studien fehlenden echten Kontrollgruppen oder die Vielzahl an gleichzeitig untersuchten Interventionen an. Eine Reduktion der Variable Absentismus konnte nur in einer Studie nachgewiesen werden. In dieser war die Intervention zur Bewegungsförderung ein Teilbereich eines Mehrkomponenten-Programms. Der positive Effekt konnte somit nicht eindeutig der Maßnahme zur Bewegungsförderung zuge- schrieben werden. Ergebnisse von Beobachtungsstudien legen allerdings einen Zusammenhang nahe. Weitere Parameter wie die Produktivität wurden ebenfalls nur in jeweils einer RCT-Studie nachgewiesen, weswegen keine evidenzgestützten Empfeh-lungen gegeben werden können. Eine direkte Messung der Vari- able Präsentismus wurde ebenfalls nur in einer Studie durchge-führt. Die Autorinnen und der Autor sehen hier weiteren For- schungsbedarf. Zukünftige Studien sollten methodisch anspruchs-voll sein und gleichzeitig körperliche Aktivität und Präsentismus erheben, um einen kausalen Zusammenhang klar zu belegen.

Conn et al. (2009)138 Publikationen aus dem Zeitraum 1969 bis 2007 sind die Grundlage der Metaanalyse von Conn et al. Die Arbeit verfolgt das Ziel, den Effekt von Programmen zur Bewegungsförderung zu quantifizieren. Betrachtet wurden dabei die Auswirkungen auf Bewegungsverhalten, Gesundheit, Fitness, geistiges Wohlbefin-den (Lebensqualität) und arbeitsbezogene Parameter wie Stress, Fehltage und Zufriedenheit.

Die am häufigsten untersuchten Interventionen waren erziehe-rische oder motivationssteigernde Maßnahmen (80 Prozent). 27 Prozent der Studien evaluierten geführte Sportinterventionen.

Insgesamt ergab die Metaanalyse eine signifikante Steigerung der körperlichen Aktivität und der Fitness. Signifikante positive Effekte wurden darüber hinaus für Blutlipide, Gewichtsparame-ter, Jobstress und Arbeitsfähigkeit („job attendance“) gefunden. Die Stimmungsqualität und die Lebensqualität zeigten ebenfalls eine tendenzielle Verbesserung infolge der Intervention, aller- dings ohne statistische Signifikanz zu erreichen.

Die Autorinnen und der Autor kommen zu dem Schluss, dass sich einige Maßnahmen zur Bewegungsförderung positiv auf das Bewegungsverhalten von Beschäftigten und dadurch auf deren Gesundheit auswirken. Allerdings wird die Aussagekraft der Metaanalyse durch die große Heterogenität der Primärstu-dien und durch methodische Mängel, die in der Primärliteratur auftraten, eingeschränkt. Kausale Zusammenhänge müssen in weiteren Studien mit qualitativ hochwertigem Studiendesign und umfassender Datenlage geklärt werden.

Dugdill et al. (2008)Dugdill et al. geben in ihrem systematischen Review einen Überblick über 33 vom National Institute for Health and Clinical Excellence beauftragte Studien. Diese wurden in den Jahren 1996 bis 2007 durchgeführt und fokussierten die Förderung der körperlichen Aktivität am Arbeitsplatz. Berücksichtigt wurden ausschließlich Studien, die in Europa, Australien, Neuseeland oder Kanada durchgeführt wurden. So sollte eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Großbritannien gewährleistet werden. Vierzehn Studien wiesen eine sehr gute oder gute Qualität auf. Ziel des Reviews war die Identifikation von Interventionsformen, mit denen das Bewegungsverhalten von Beschäftigten effektiv verbessert werden kann. Weiterhin sollten wesentliche Moti- vationsfaktoren und Barrieren festgestellt werden.

Eine untersuchte Interventionsform war das Anbringen von Hin- weisschildern und Postern zur Erhöhung der Treppennutzung. Fünf von sieben Studien konnten eine Aktivitätserhöhung fest- stellen. Aufgrund methodischer Mängel (Fehlen von Kontroll-gruppen, keine objektive Messung) besteht insgesamt aber nur geringe Evidenz für die Effektivität von Treppensteige-Interven- tionen.

In vier weiteren Studien wurde untersucht, inwiefern mithilfe eines Pedometers/Schritttagebuchs die tägliche Schrittzahl und damit die körperliche Aktivität von Beschäftigten erhöht werden kann. Alle Studien zeigten sowohl eine signifikante Erhöhung der täglichen Schrittzahl als auch eine – zum Teil ebenfalls signifi-kante – Verbesserung verschiedener aktivitäts- und gewichtsbe-zogener Parameter (Body-Mass-Index (BMI), Bauchumfang, Herzfrequenz). Somit sehen die Autorinnen und der Autor trotz möglicherweise zum Teil verzerrter Ergebnisse (z. B. durch selbsterhobene Schrittzahldaten durch die Teilnehmenden) Evidenz für die Wirksamkeit von Schrittzähl-Interventionen.

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Auf der Basis einer Studie sehen Dugdill et al. Evidenz für die Wirksamkeit von Interventionen, die einen aktiven Arbeitsweg fördern sollen. Allerdings beschränkt sich die belegbare Evidenz aufgrund des Studiendesigns der zugrunde liegenden Studie zunächst auf Frauen mit höherem sozioökonomischem Status. Starke Evidenz, basierend auf vier Studien, besteht für die Wirk- samkeit von Beratungseinheiten zur Steigerung der Aktivität.

Im Vergleich zu vorherigen Reviews sehen die Autorinnen und der Autor eine stärkere Evidenz für die Wirksamkeit von betrieb-lichen Maßnahmen zur Bewegungsförderung. Weitere qualitativ hochwertige Studien sollten diese Evidenz untermauern und die Auswirkungen in kleinen und mittelgroßen Betrieben, die bisher wenig berücksichtigt wurden, in die Forschung integrieren.

Wong et al. (2012)Der Review von Wong et al. konzentriert sich auf betrieblicheMaßnahmen zur Aktivitätsförderung, die ausschließlich an Män- ner adressiert sind, um wirksame Strategien für männliche Arbeitnehmer zu identifizieren. Damit soll das Ungleichgewicht, das bisher innerhalb der betrieblichen Gesundheitsförderung besteht, ausgeglichen werden: bislang steht einem hohen Anteil männlicher Beschäftigter ein geringer Anteil männlicher Teilneh- mer an betrieblichen Programmen zur Förderung der körper-lichen Aktivität gegenüber.

Herangezogen wurden für den Review dreizehn bis Oktober 2010 veröffentlichte Studien mit entweder ausschließlich männlicher Studienpopulation (n = 8) oder nach Geschlecht getrennter Datenauswertung (n = 5).

Die Mehrzahl der Studien untersuchte Mehrkomponenten- Programme, in denen Maßnahmen zur Förderung der Aktivität zusammen mit Maßnahmen zum Gewichtsmanagement oder zur Nikotinentwöhnung durchgeführt wurden. Nur vier Studien legten ihren Fokus einzig auf die Bewegungsförderung. Fünf Studien untersuchten theoriegestützte Interventionskonzepte.

Insgesamt zeigten 40 Prozent (fünf von dreizehn Studien) einen statistisch signifikanten Einfluss von Interventionen auf das Bewegungsverhalten. Drei der fünf erfolgreichen Interventions- programme basierten auf einem theoretischen Konstrukt. Insgesamt kamen in den Studien mit signifikanter Veränderung des Bewegungsverhaltens folgende Interventionen zum Einsatz: Ermutigung zu freiwilliger Bewegung, Trainerstunden, Bewe-gungsberatung, Einbezug der Familie in das Bewegungspro-gramm, Veränderungen des Arbeitsumfelds (z. B. gesündere Menüs), kombinierte Maßnahmen mit organisationalen und edukativen Elementen und ein webbasiertes Programm zur Erhöhung der Motivation. Relevante Zielgrößen in den Studien waren: Wochenstunden, die für Bewegung aufgewendet wurden, wöchentlicher Kalorienverbrauch, wöchentlicher Leis- tungsumsatz, Teilnahmequote von Männern an Bewegungs- programmen.

Sowohl die Art der Interventionen als auch die Messung der Zielparameter variierte erheblich zwischen den verschiedenen

Studien. Es bestand zudem eine Tendenz zu Programmen mit mehreren gleichzeitig ablaufenden Interventionsstrategien. Eine eindeutige Identifikation von wirksamen Strategien wird dadurch erschwert. Wong et al. kommen so zu dem Schluss, dass eine eindeutige Beantwortung der Studienfrage erst durch weitere qualitativ hochwertige Forschung möglich ist. Insbeson-dere sollten neue Forschungsprojekte verlässliche und objektive Messmethoden und Zielparameter in ihr Studiendesign integrie-ren, um quantitative Aussagen zur Evidenz von an Männer gerichteten Bewegungsprogrammen treffen zu können.

3.2 Programme zur Förderung gesunder Ernährung

Betriebliche Maßnahmen zur Förderung einer gesunden Ernäh- rung wurden in drei Übersichtsarbeiten thematisiert. Generell führten alle eingesetzten Maßnahmen zu einer Verbesserung des Ernährungsverhaltens der Beschäftigten. Sowohl klassische Schulungen über eine gesunde Ernährung als auch das Schaffen eines gesundheitsförderlichen Umfelds durch Produktkennzeich-nung und gesunde Angebote in Kantinen und Automaten führten zu einer gesünderen Ernährungsweise der Beschäftigten. Darüber hinaus konnten bezogen auf das Gewicht oder die Körperzusam-mensetzung (Körperfettanteil) allerdings keine Effekte gefunden werden. Auch bei den Studien zum Ernährungsverhalten zeigten sich methodische Mängel, wie das Fehlen einer Kontrollgruppe oder das Einbeziehen von objektiven Parametern.

Adriaanse et al. (2011)Adriaanse et al. werteten in einer Metaanalyse 26 Studien aus, die bis Dezember 2009 in englischer Sprache veröffentlicht wurden. In Ihrer Analyse berücksichtigten sie solche Studien, die sich mit Interventionen zu gesunder Ernährung beschäftigen. Zielgruppen waren Studierende und Arbeiter/innen, Herzinfarkt-patient/innen und gesunde Männer und Frauen sowie eine Zu- fallsstichprobe. Im Focus stehen Fall-Kontroll-Studien, in denen Befragte Eigenangaben zu ihrer Ernährung machten, insbesonde-re zum Verzehr von Obst und Gemüse im Rahmen von motivati-onsbasierten Maßnahmen zur Förderung gesunder Ernährung. Die Dauer dieser Maßnahmen variierte zwischen einer Woche und bis zu neun Monaten.

Einige der Studien zeigen positive Effekte für die Umsetzung der Motivation in ein tatsächliches gesundes Ernährungsverhalten. Insgesamt liegen aber keine „harten“, d. h. quantifizierbaren Kri- terien und keine längerfristigen Daten vor. Die Heterogenität der Untersuchungsgruppen ist dabei ein Problem bei der Auswertung der Daten.

Abschließend betonen die Autorinnen und Autoren, dass künftige Studien kontrollierten Bedingungen unterliegen sollten, um Ziel- parameter verlässlich messen zu können.

Jensen (2011)Im Zentrum der systematischen Literaturrecherche von Jensen steht die Frage, ob und in welchem Ausmaß ökonomische

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Parameter durch betriebliche Maßnahmen zur Förderung ei- ner gesunden Ernährung positiv beeinflusst werden können. Dazu wurden insgesamt dreißig Studien (zwanzig quasi-experi- mentelle Studien, sieben randomisierte kontrollierte Studien, drei Querschnittsstudien), die im Zeitraum von 1988 bis 2009 veröffentlicht wurden, ausgewertet.

Dreizehn Studien konzentrierten sich auf die Evaluation direkter wirtschaftlicher Aspekte infolge von betrieblichen Interventionen zur Ernährungsverbesserung. Darunter befanden sich auch als qualitativ hochwertig eingestufte Studien. Indikatoren für die Wirksamkeit waren Krankheitskosten, Arbeitsunfähigkeitskosten, Absentismus, jährliche Krankheitstage, Präsentismus, biomedizi-nische Variablen wie Blutfettwerte, BMI-Veränderungen, Anzahl gesundheitlicher Risikofaktoren, täglicher Prozentsatz krankge-schriebener Beschäftigter und gesundheitsbezogenes Verhalten („Lifestyle“) der Beschäftigten. Alle untersuchten Interventions-studien zeigten positive Effekte: In allen Studien konnte Absen-tismus reduziert und/oder die Produktivität gesteigert werden. Die untersuchten Strategien zur Änderung des Ernährungsver- haltens waren vielfältig und beruhten auf unterschiedlichen Ansätzen. In einigen Studien wurden die Interventionen zur Förderung gesunder Ernährung mit weiteren gesundheitsför-dernden Interventionen zur Nikotin- und Alkoholprävention sowie Aktivitätsförderung kombiniert. Eine andere Herangehens-weise waren Gewichtswettkämpfe, Belohnungsprogramme, Kostenerstattungen für die Beteiligung an gesundheitsfördern-den Maßnahmen, Screenings und „Health risk assessment“. Observationsstudien kamen zu vergleichbaren Ergebnissen und bestätigen die positive Auswirkung auf ökonomische Parameter (Absentismus, Produktivität).

Die anderen Studien betrachteten vorrangig die gesundheitlichen Effekte der untersuchten Intervention. So führten der Zuwachs von Wissen über gesunde Ernährung und die Implementierung eines gesunden Lebensstils zu einer verbesserten Gesundheit der Beschäftigten, was sich wiederum positiv auf die Produk- tivität des Unternehmens auswirkte. Untersucht wurden verschiedene Möglichkeiten der Intervention: Schulungen, Informationskampagnen, E-Mail-Services und eine Änderung des Kantinenangebots zugunsten gesunder Nahrungsmittel. Die Auswertung dieser Studien zeigte ebenfalls überwiegend positive Ergebnisse. Interventionen mit edukativer Komponente zeigten sich insgesamt gut wirksam in der Veränderung von Ernährungsgewohnheiten. Umweltbezogene Maßnahmen scheinen ebenfalls wirksam, aber gleichzeitig aufgrund höherer Anforderungen schwieriger umsetzbar zu sein.

Insgesamt verbesserten die Programme die Ernährungsweise durch eine leichte Zunahme des Obst- und Gemüseverzehrs um 0,3 bis 0,5 tägliche Portionen, eine ein- bis zweiprozentige Erhöhung der Einnahme von Ballaststoffen und eine Reduktion der Fettaufnahme um ein bis zehn Prozent. Auf gesundheitlicher Ebene führte diese Ernährungsumstellung zu einer leichten Re- duktion des BMI um 0,5 BMI-Punkte und zu einer deutlichen Reduktion der Blutfettwerte um fünfzehn bis zwanzig Prozent.

Die Unternehmen profitierten von diesen gesundheitlichen Verbesserungen durch eine Reduktion des Absentismus um ein bis zwei Prozent und durch geringere krankheitsbedingte Arbeitsausfälle. Maes et al. (2012)Der systematische Review von Maes et al. fasst die Evidenz aus europäischen Interventionsstudien zur Förderung einer gesunden Ernährung am Arbeitsplatz zusammen – allein oder kombiniert mit Interventionen zur Steigerung der körperlichen Aktivität.

Eingeschlossen wurden dreißig Studien zur Primärprävention von ernährungsbedingten chronischen Erkrankungen, die im Zeitraum von 1990 bis 2010 veröffentlicht wurden. Es gab keine Beschrän-kung hinsichtlich des Studiendesigns. Siebzehn der Studien lagen reine Ernährungsinterventionen zugrunde. Davon evaluierten dreizehn Studien edukative Maßnahmen, eine Studie verfolgte einen organisationalen Ansatz, in acht Studien wurden Verhal-tens- und Verhältnisprävention kombiniert. Zielparameter waren das Ernährungsverhalten sowie anthropometrische Daten wie die Körperzusammensetzung oder der BMI. Ein Effekt auf das Ernährungsverhalten wurde in fast allen Studien nachgewiesen. Zwei Studien mit edukativen Maßnahmen und sechs der sieben Studien mit Multikomponenten-Interventionen konnten Effekte auf das Ernährungsverhalten nachweisen. Die Beeinflussung des BMIs wurde dagegen nur in vier Studien untersucht und nur durch die Ergebnisse einer Einzelstudie bestätigt.

Für edukative und kombinierte Interventionen, die rein auf das Ernährungsverhalten ausgerichtet sind, kommen die Autoren und Autorinnen insgesamt zu dem Schluss, dass die Effektivität nur mit moderater Evidenz bestätigt werden kann. Dennoch ist die Evidenz nach Maes et al. ausreichend, um beide Interventions-typen zur Förderung einer gesunden Ernährung in betrieblichen Gesundheitsprogrammen zu implementieren.

Dreizehn weitere Studien untersuchten kombinierte Interventio-nen, die neben der Verbesserung der Ernährung auf eine Steige- rung der Aktivität ausgerichtet waren. Die Effektivität solcher kombinierter Programme wurde im Vergleich zu reinen Ernäh-rungsinterventionen als noch geringer eingestuft.

Sowohl die Qualität der Studien als auch die der evaluierten Interventionen wurde von Maes et al. zum größten Teil als schwach bis moderat beurteilt. Die vielversprechendsten Ergebnisse seien dabei in den Studien erzielt worden, die die meisten Qualitätsansprüche erfüllten. Ni Mhurchu et al. (2010)Ni Mhurchu et al. gehen in ihrem systematischen Review ebenfalls der Frage nach der Effektivität von betrieblichen Maßnahmen zur Förderung einer gesunden Ernährung nach. Als Indikatoren dienen hier die tägliche Aufnahme von Fett, Obst und Gemüse sowie die tägliche Kaloriengesamtmenge. Eingeschlossen wurden dazu sechzehn Studien, die zwischen 1995 und 2009 publiziert worden sind. Beschränkungen hinsicht-

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

lich Design oder Standort gab es keine. Zehn der Studien hatten ein randomisiertes kontrolliertes Design, zudem flossen fünf nicht-kontrollierte Interventionsstudien und eine quasi-experi-mentelle Studie in den Review ein. Zum größten Teil wurden die Studien in Nordamerika (n = 9) sowie in europäischen Staaten (n = 6) durchgeführt.

Die Hälfte der eingeschlossenen Studien untersuchte edukative Interventionen wie Einzel- oder Gruppenberatung, E-Mails und elektronisches Diätfeedback, Einsatz von Diätplänen und be- gleitetes Einkaufen. Nur zwei Studien verfolgten einen organi- sationalen Ansatz mit Umstrukturierung von Kantinenangebot und Menüplänen und der Etikettierung von Lebensmitteln. Sechs weitere Studien evaluierten organisationale Strategien gemeinsam mit Interventionen zur individuellen Verhaltensän- derung. In allen acht Studien, in denen das Arbeitsumfeld in die Intervention miteinbezogen wurde (rein organisationale Maß- nahmen oder in Kombination mit edukativen Maßnahmen), wurden durchweg positive Effekte nachgewiesen. Allerdings waren die gefundenen Effekte klein.

Prinzipiell gingen die untersuchten Interventionen mit einer moderaten Verbesserung des Ernährungsverhaltens der Beschäf-tigten einher. Insgesamt konnte der Verzehr von Fett um bis zu neun Prozent reduziert und der Verzehr von Obst und Gemüse um bis zu sechzehn Prozent gesteigert werden. Aufgrund der Konsistenz mit früheren Reviews gehen Ni Mhurchu et al. von der Wirksamkeit von betrieblichen Maßnahmen zur Förderung einer gesunden Ernährung aus. Allerdings sollte aus Sicht der Auto-rinnen berücksichtigt werden, dass die selbstberichteten Ernäh- rungsangaben anfällig für Fehler sind. Dies spiegele sich auch in einer fehlenden Wirksamkeit einiger Interventionen auf anthro- pometrische Daten wie den BMI wieder. Der Großteil der einge- schlossenen Studien hatte sogar ganz auf die Erhebung von ob- jektiven Parametern verzichtet.

Zukünftige Studien sollten nach Ni Mhurchu et al. daher belast-bare objektive Zielparameter wie Körpergewicht, Cholesterinspie-gel oder Verkaufszahlen von Automaten und Cafeterien enthalten und das Ernährungsverhalten der Beschäftigten außerhalb des Arbeitsplatzes einbeziehen. Generell wiesen viele der Studien methodische Mängel auf, wie etwa das Fehlen einer Kontroll-gruppe.

3.3 Programme zur Nikotinentwöhnung und Tabakkontrolle

Für den Zeitraum von 2006 bis 2012 konnten insgesamt acht Reviews gefunden werden. Nachdem rauchfreie Arbeitsplätze heute weitestgehend etabliert sind, richtet sich die Mehrheit der untersuchten Maßnahmen an die einzelnen Beschäftigten. Die am häufigsten diskutierte Strategie sind dabei sogenannte „incentives“, worunter verschieden gestaltete Wettbewerbe und Bonusprogramme mit finanziellen und/oder materiellen Anreizen zu verstehen sind.

Die Wirksamkeit solcher Programme wurde allerdings nach aktuellem Stand der Forschung nur für Nikotinentwöhnungspro-gramme belegt, was sich in der Erhöhung der Teilnahmezahlen an diesen Programmen niederschlägt. Belegt wurde die Wirk- samkeit von incentives dagegen in Kombination mit anderen Ansätzen in Multikomponenten-Programmen. Daneben konnte die Wirksamkeit von Gruppen- und Einzelberatungen sowie von pharmakologischen Nikotinersatzmaßnahmen belegt werden.

Albertsen et al. (2006) Albertsen et al. untersuchten in ihrem Review den Einfluss des Arbeitsumfeldes auf Rauchverhalten, Aufhörraten und Rückfälle von Beschäftigten. 22 prospektive Studien, die zwischen 1980 und 2004 veröffentlicht wurden, wurden in den Review einge-schlossen. In fünf Kohortenstudien, elf Interventionsstudien, drei Zeitreihen und zwei Laborexperimenten wurde der Zusammen-hang zwischen arbeitsplatzbezogenen Faktoren und Rauchver-halten evaluiert. Betrachtet wurden Faktoren wie Stress, Zufrie- denheit, Schichtarbeit, soziale Unterstützung, Zeitdruck, Rauch-verhalten der Beschäftigten und Vorgesetzten, Wochenarbeits-zeit, Verantwortung, Rollenkonflikte und Arbeitsbelastung.

Der Review bestätigt, dass das Arbeitsumfeld die Anzahl täglich gerauchter Zigaretten wesentlich beeinflusst. Für die Beeinflus-sung von Aufhörrate oder Rückfallquote wurde dagegen keine Evidenz gefunden.

Darüber hinaus wurden Zusammenhänge von bestimmten Arbeitsbedingungen und verschiedenen Rauchdeterminanten gefunden. So führten hohe Anforderungen im Job tendenziell zu mehr gerauchten Zigaretten. Ressourcen und soziale Unter-stützung am Arbeitsplatz standen dagegen in einem negativen Zusammenhang mit der Anzahl der gerauchten Zigaretten und der Rückfallgefahr. Positiv waren Ressourcen und soziale Unter- stützung mit der Aufhörrate von Rauchenden assoziiert.

Cahill et al. (2008) io (update von Moher, 2005)Ziele des Cochrane Reviews von Cahill et al. waren die Kategori-sierung von betrieblichen Maßnahmen zur Nikotinentwöhnung und die Quantifizierung ihrer jeweiligen Effekte. Darüber hinaus wollten Cahill et al. verfügbare Daten zur Kosteneffektivität von betrieblichen Nikotinentwöhnungsprogrammen zusammentra-gen und auswerten. Der Fokus dieses Updates liegt im Gegensatz zur früheren Version Mohers (2005) auf individuellen Maßnah-men, die sich an rauchende Beschäftigte mit dem Wunsch auf- zuhören richten. Zu diesen Maßnahmen zählen beispielsweise Beratung, Bereitstellung von Selbsthilfematerial, pharmakolo-gische Interventionen wie die Nikotinersatztherapie, soziale Unterstützung, Wettbewerbe und betriebliche Gesundheitspro-gramme. Beurteilt wurden diese Maßnahmen anhand des Rauchverhaltens der Beschäftigten (Aufhörrate und Rauchprä- valenz nach mindestens sechs Monaten). Wie bereits bei Moher (2005) wurde die Effektivität separat für die unterschiedlichen Interventionsansätze beschrieben. Cahill et al. führten dabei eine Aktualisierung des Reviews von 2005 durch und ergänz- ten damals gefundene Erkenntnisse.

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Zwölf RCTs untersuchten verschiedene Formen von Gruppenin-terventionen, wobei die Erkenntnisse des Reviews von 2005 durch zwei neue Studien, die keine signifikanten positiven Ergebnisse fanden, ergänzt wurden. Die starke Evidenz von 2005 wurde dadurch relativiert. Neun Studien untersuchten die Effektivität von professioneller Einzelberatung durch ärztliches oder Pflegepersonal. Als Aktualisierung zum vorherigen Review wurden ebenfalls die Ergebnisse von zwei neuen Studien mit einbezogen. Beide fanden signifikant höhere Aufhörraten und bestätigten die 2005 gewonnene starke Evidenz. Zu den Teilbe- reichen Selbsthilfe, Pharmakotherapie, soziale Unterstützung und Anreize konnten keine neuen Erkenntnisse aus Forschungsarbei-ten gewonnen werden.

Unter Einbezug der Ergebnisse anderer systematischer Reviews gehen Cahill et al. weiterhin davon aus, dass starke Evidenz für die Wirksamkeit von Gruppeninterventionen, individuellen Beratungsangeboten und pharmakologischen Interventionen besteht. Die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Rauchent- wöhnung sei für die genannten Maßnahmen doppelt so hoch wie bei Maßnahmen auf der Basis von Selbsthilfematerial. Für letztere besteht nach Cahill et al. weiterhin keine Evidenz.

Cahill und Perera (2009) Der Cochrane Review von Cahill und Perera untersuchte die Effektivität von Wettbewerben und finanziellen Anreizen zur Nikotinentwöhnung im Rahmen der betrieblichen Gesundheits-förderung. Von besonderem Interesse waren dabei die Teilnah-merate sowie die Langzeitabstinenz. Als Indikatoren für die Aufhörrate dienten Rauchprävalenz und die Abstinenzrate nach sechs Monaten, zum Teil mit biochemischer Bestätigung. Die Teilnahmerate wurde über die Anzahl Teilnehmender an Rauchentwöhnungsprogrammen ermittelt. Zudem sollte ge- klärt werden, welche Art und welcher Umfang nötig sind, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. In den Review wurden siebzehn Interventionsstudien – davon elf mit Randomisierung – einbezogen, die die Effektivität verschiedener Anreizstrategien untersuchten. Dazu zählten Wettbewerbe und Turniere, Geld- auszahlungen, Tombolas, Lotteriescheine, Prämien sowie die Kostenübernahme für Rauchentwöhnungsprogramme nach erfolgreicher Teilnahme. Mit Ausnahme einer Studie waren alle Anreizinterventionen in ein Mehrkomponenten-Programm integriert, so dass eine Kombination mit zusätzlichen Maßnah-men wie Nikotinersatztherapien, Einzel- oder Gruppenbera-tungen bzw. Selbsthilfeinformationen erfolgte.

Die Mehrheit der Studien (n = 12) wurde in den USA durchge-führt. Als Setting dienten neben dem Arbeitsplatz auch Kranken-häuser und ärztliche Praxen.

Keine der eingeschlossenen Studien konnte nach einer Follow-up-Zeit von sechs Monaten in der Interventionsgruppe eine erhöhte Abstinenzrate nachweisen. Die Art des Anreizes schien dabei keinen Einfluss auf den Erfolg eines Programmes zu haben. Die Autorin und der Autor sehen allerdings darin, dass Interventi-onen mit Anreizen höhere Teilnahmeraten aufweisen, Potential zur Erhöhung der Aufhörraten.

Eine Metaanalyse von neun Studien, in denen die Nacherhe-bungszeitpunkte zwischen sechs und 24 Monaten lagen, konn- te keine signifikant höhere Aufhörrate nach sechs bzw. zwölf Monaten belegen. Somit besteht keine Evidenz für eine nach- haltige Wirksamkeit von Anreizen und Wettbewerben zur Nikotinentwöhnung.

Leeks et al. (2010)Anliegen des systematischen Reviews von Leeks et al. war ebenfalls die Evaluation der Effektivität von arbeitsplatzbasier- ten Wettbewerben und Anreizen im Rahmen der betrieblichen Nikotinentwöhnung. Zu diesem Zweck wurden die Ergebnisse von insgesamt vierzehn englischsprachigen Studien, die im Zeit- raum von 1980 bis 2009 veröffentlicht wurden, ausgewertet. Mit zwölf Studien wurde die Mehrheit in den USA durchgeführt. Berichtete Erfolgsindikatoren waren die Prävalenz von Rauchen-den, die Veränderung im Vergleich der absoluten Anzahl Rau- chender vor bzw. nach der Intervention sowie die selbstberich- tete Abstinenzrate, die zum Teil mit biochemischen Daten gestützt wurde.

Die untersuchten Interventionen boten einzelnen Personen oder Gruppen Anreize für die Teilnahme an einem Rauchentwöh-nungsprogramm, für eine erfolgreiche Verhaltensänderung im Sinne eines Rauchstopps oder bei Abstinenz über einen gewissen Zeitraum. Neben Geldpreisen dienten Lotterielose oder Preisver-losungen als Anreize in den Programmen.

Die vierzehn in den Review aufgenommenen Studien integrier-ten Strategien mit finanziellen Anreizen in Programme mit zu- sätzlichen Maßnahmen zur Nikotinentwöhnung wie Schulungen, telefonische Beratung, Vergabe von Selbsthilfematerial, Etablie-rung von Netzwerken zur sozialen Unterstützung oder pharma-kologische Maßnahmen, z. B. eine Nikotinersatztherapie. Die Autorin und die Autoren sehen sich daher außer Stande, eine Aussage über die Wirksamkeit von Anreizstrategien zu treffen. Anreizstrategien als alleinige Maßnahme zur Rauchent-wöhnung wurden nur in einer Studie untersucht. Diese wurde jedoch aufgrund methodischer Schwächen nicht in den Review eingeschlossen. In der Studie wurde ein Beschäftigtenwettbe-werb untersucht, bei dem ein Gewinn von 15.000 schwedischen Kronen (2.355 US-Dollar) unter den Abstinenten verlost wurde. In ihr zeigte sich eine Abstinenzrate von 33 Prozent über die Studiendauer.

Eine Studie mit Mehrkomponenten-Programm zeigte eine signi- fikante Reduktion der Rauchprävalenz um zwei Prozent. Dreizehn Studien fanden heraus, dass Interventionen zu einer veränderten Abstinenzrate führen: Die Abstinenzrate stieg durch Interventio-nen im Durchschnitt um vier Prozent, wobei die Nacherhebung im Mittel im Abstand von zwölf Monaten nach der Intervention erfolgte. Die beobachteten Abstinenzraten veränderten sich in sechs Studienarmen signifikant und lagen in allen sechzehn untersuchten Studienarmen zwischen acht und zwanzig Prozent mit einer medianen Abstinenzrate von vierzehn Prozent.

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Leeks et al. schließen auf starke Evidenz dafür, dass Anreize und Wettbewerbe zur Nikotinentwöhnung in Kombination mit weite- ren Maßnahmen einen positiven Effekt haben. Allerdings fehlen methodisch hochwertige Studien, die Anreizsysteme allein eva- luieren. Daher kann bisher nur von unzureichender Evidenz aus- gegangen werden.

Troxel und Volpp (2012)Troxel und Volpp betrachteten in ihrer Arbeit neun Studien zur Evidenzbewertung von Rauchentwöhnungsmaßnahmen im betrieblichen Setting, die finanzielle Anreize setzten. Die Studien gingen bereits in den Cochrane-Review von Cahill und Perera (2008) ein. Cahill und Perera kamen nach ihrer Auswertung zu dem Schluss, dass solche Interventionen nur kurzfristige Verhal- tensänderungen bewirken könnten, während keine langfristige Rauchentwöhnung mithilfe dieser Anreizprogramme erreicht werden könnten. Inwieweit dies durch eine bewiesene Ineffekti-vität von Anreizstrategien erklärt werden kann oder ob die Effek- tivität solcher Programme bislang lediglich nicht eindeutig bewie- sen werden konnte, wollten Troxel und Volpp in ihrer Arbeit klären. Die Ergebnisse der in den Cochrane-Review eingegan-genen Studien wurden durch die Ergebnisse zweier eigener Studien ergänzt.

Beurteilt wurden die Aufhörraten in den Interventions- und Kon- trollgruppen der einzelnen Studien jeweils sechs und zwölf Mo- nate nach Studienbeginn. Indikator für die langfristige Effektivi- tät der Maßnahmen war jeweils die erreichte Aufhörrate zwölf Monate nach Beginn der Studie. Die Effektivitätsbewertung der Maßnahmen erfolgte über Odds Ratios, wobei zur Klärung der Studienfrage die von Cahill und Perera berechneten Odds Ratios mit den im Cochrane-Review veröffentlichten Odds Ratios ver- glichen wurden. Zudem analysierten Troxel und Volpp metho-dische Aspekte wie Studiengröße, Abbruchquoten und die Grö- ßenordnung der Anreize.

Dabei zeigte sich, dass der Großteil der in den Cochrane-Review eingegangenen Einzelstudien nur auf kleinen Studienpopulatio-nen basierte und dass die angebotenen Prämien gering waren. Insgesamt ergab die Analyse, dass keine der eingeschlossenen Studien über die statistische Power verfügte, die zum Nachweis klinisch relevanter Aufhörraten benötigt wird. Beispielsweise ver- hinderten die methodischen Gegebenheiten bei der Mehrheit der Studien, dass eine Verdopplung der Aufhörrate infolge einer er- folgreichen Intervention identifiziert werden konnte. Diesen Um- stand machen Troxel und Volpp dafür verantwortlich, dass Studien mit negativen Ergebnissen überwiegen und die Evidenz insge-samt nur begrenzt gegeben ist. Aus diesem Grund kann aus Sicht von Autorin und Autor nicht von einer bewiesenen Ineffektivität von Anreizsystemen zur Nikotinentwöhnung gesprochen werden. Vielmehr sehen sie die Beweislage nach wie vor ungeklärt, was zu einem großen Teil auf die inadäquat geplanten Forschungspro-jekte zurückzuführen sei. Eine weitere zu klärende Forschungsfra-ge sei der Zusammenhang zwischen Art und Höhe der Prämien und der erreichten Aufhörrate, auch in Hinblick auf die Kosten- effektivität. Hier sehen Troxel und Volpp ebenfalls Potential für erfolgreiche betriebliche Nikotinentwöhnungsprogramme.

3.4 Programme zur Alkoholprävention

Die Datenlage für Maßnahmen zur Alkoholprävention hat sich seit 2006 kaum verbessert. Betriebliche Interventionen sind immer noch selten und methodisch nur mangelhaft evaluiert. Bei der Literaturrecherche konnte nur ein neuerer Review (Webb et al., 2009) gefunden werden.

Webb et al. (2009)Der Arbeitsplatz bietet gute Möglichkeiten für die Prävention und Behandlung von Alkoholproblemen. Zum einen sind dort betrof- fene Zielgruppen erreichbar (z. B. junge erwachsene Männer mit riskantem Trinkverhalten), und zum anderen verbringen Beschäf- tigte einen großen Teil ihrer Zeit am Arbeitsplatz, in der sie für Präventionsmaßnahmen zu erreichen sind. Das Risiko des Alko- holeinflusses wird gesenkt und wirkt sich positiv auf die Gesund- heit der Beschäftigten aus. Sie erleiden z. B. weniger Verletzun- gen, haben weniger Abwesenheitstage und verursachen dadurch weniger Kosten. Die Kosten-Nutzen-Relation für Maßnahmen am Arbeitsplatz kann durch den Einfluss von Kolleginnen und Kollegen noch verbessert werden. Bisherige Reviews konnten für Programme, die den Einfluss des Kollegiums nutzen (EAPs, Employee Assistance Programs), nur kleine Benefits finden. Diese Programme wurden entwickelt, um Beschäftigte mit Alkoholproblemen zu identifizieren und zu unterstützen, da diese Gruppe am meisten von alkoholbezogenem Absentismus, Arbeitsunfällen und einer verminderten Leistungsfähigkeit betroffen ist.

In der Regel stellen diese Programme jedoch nur kurzfristige Interventionen für Beschäftigte mit einem wenig riskanten Verhalten dar. Bei Hochrisikogruppen erzielen EAP-Programme weniger effektive Ergebnisse als Interventionen, die extra für diese Gruppe konzipiert wurden. Eine Untersuchung zu einem webbasierten Feedback sowie zu motivierenden Einzelgesprä-chen für High-Risk-Trinkende zeigte signifikant niedrigere Trinkraten bei arbeitenden jungen Erwachsenen.

Es gibt nur wenige Studien für betriebliche Interventionen zur Alkoholprävention, und die Qualität dieser Studien ist nur gering. Die Probleme liegen in der Validität und Generalisierbarkeit der Ergebnisse, und es gibt große Unterschiede hinsichtlich der Fragestellung, des Designs und der Methoden. Einzig die in den Review eingeschlossene Studie der Autoren Spicer und Miller (2005) zeigte bei guter Qualität einen moderaten Effekt.

Webb et al. halten abschließend fest, dass kurzfristige Maßnah-men durchaus Potential haben. Es bestehe jedoch die dringende Notwendigkeit weiterer Interventionsstudien, die vergleichbare Ergebnisse hervorbringen, um die Entwicklung von effektiven arbeitsplatzbezogenen Maßnahmen zu unterstützen.

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3.5 Programme zur Gewichtskontrolle

Betriebliche Programme zur Gewichtskontrolle haben im Zeitraum von 2006 bis 2012 deutlich an Bedeutung gewonnen. Es konnten insgesamt acht Reviews zu diesem Handlungsfeld gefunden und ausgewertet werden. Trotz dieses Zuwachses an auswertbaren Daten konnte die Wirksamkeit nach wie vor ausschließlich für kombinierte Programme belegt werden.

Anderson et al. (2009)Der Review von Anderson et al. bewertet die Effektivität von betrieblichen Programmen zur Förderung körperlicher Aktivität oder gesunder Ernährung mit dem Ziel Gewichtsmanagement. Gewichtsbezogene Zielparameter, mit denen der Erfolg der Pro- gramme beurteilt wurde, waren Körpergewicht, Körperfettanteil und BMI. Gleichzeitig stellt der Review die Basis der Empfehlun-gen dar, die die US-amerikanische Task Force on Community Pre- ventive Services herausgibt. Die Task Force ist eine Gruppe von Fachleuten, die von einer Agentur des US-Gesundheitsministeri-ums berufen wird.

Insgesamt wurden 47 Studien eingeschlossen, wovon etwa die Hälfte in den USA durchgeführt wurde. Unter den Studien waren 24 RCTs, sieben cluster-randomisierte Studien, zwölf nicht-rando-misierte Studien, drei Kohortenstudien und eine Zeitreihenstudie.

Die evaluierten Interventionen ließen sich drei Interventionsty- pen zuordnen: Information, Verhaltensänderung und Umstruktu-rierung der Arbeitsumgebung. Mit 69 Prozent untersuchte die Mehrzahl der Studien Interventionen, denen informative und auf das Verhalten ausgerichtete Komponenten zugrunde lagen.

Fünfzehn Studien schlossen den Zielparameter Körpergewicht in ihre Erhebung ein und zeigten mehrheitlich einen Gewichtsrück-gang. Anderson et al. berechneten, dass das Gewicht nach sechs bis zwölf Monaten durchschnittlich um drei Pfund zurückgegan-gen war. Der BMI sank nach sechs Monaten im Durchschnitt um 0,4 Punkte, der Körperfettanteil verringerte sich während eines Jahres im Mittel um ein Prozent. Die Metaanalyse der einge-schlossenen RCTs ergab einen Rückgang des Gewichts um 2,8 Pfund und einen Rückgang des BMIs um 0,47 Punkte nach sechs bis zwölf Monaten.

Nach Ansicht der Autoren und Autorinnen besteht starke Evidenz, dass Programme zur Förderung von Aktivität und/oder gesunder Ernährung im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung einen mäßigen Beitrag zum Gewichtsmanagement von Beschäf-tigten leisten können. Allerdings ist laut Anderson et al. keine Schlussfolgerung möglich, welche Art und Ebene der Intervention die besten Ergebnisse erzielt, da in der Mehrzahl der Studien kombinierte Maßnahmen aus Strategien untersucht wurden. Insbesondere auf Populationsebene sind Interventionen zum Gewichtsmanagement aus Sicht der Autorinnen und Autoren ein wirksames Instrument zur Prävention von Übergewicht und Adipositas.

Benedict und Arterburn (2007)Ziel des Reviews von Benedict und Arterburn ist die Beurteilung von Qualität und Effektivität veröffentlichter Programme zum Gewichtsmanagement im Rahmen der betrieblichen Gesund-heitsförderung.

Nach Durchsicht der zwischen 1995 und 2006 veröffentlich- ten Literatur wurden elf RCTs in die Analyse eingeschlossen. Die Mehrheit der Studien untersuchte Interventionen mit meh- reren Komponenten, deren Fokus auf Einzel- oder Gruppenbe- ratung bzw. auf Schulungen zu den Themen körperliche Aktivi- tät und gesunde Ernährung lag. Strategien, die das Arbeitsumfeld mit einbeziehen, wurden nur in einer Studie berücksichtigt. Eine detaillierte Beschreibung der Interventionen fehlte in den meisten Fällen.

Insgesamt konnte eine signifikant höhere Gewichtsabnahme in den Interventionsgruppen beobachtet werden mit Differenzen bis zu -6,4 Kilogramm zu den Kontrollgruppen. Zudem wurde eine moderate Verbesserung der Serumlipidspiegel und des Blutdrucks erreicht. Die meisten Studien erhoben Daten nur bis zu einer Nachbeobachtungszeit von sechs Monaten.

Informationen zur langfristigen Gewichtsreduktion sowie zur Nachhaltigkeit der Programme lagen bei den meisten Studien dagegen nicht vor. Damit bleibt oft unklar, wie das erreichte Gewicht gehalten werden kann. Die Autoren befürchten zudem eine mögliche Überschätzung des Effekts, da eine Gewichtsab-nahme in den ersten Monaten einer Diät üblicherweise am schnellsten verläuft.

Basierend auf den Ergebnissen der eingeschlossenen Studien und auf früheren Reviews bewerten Benedict und Arterburn die untersuchten Interventionen als geeignet, um kurzfristig eine moderate Gewichtsreduktion zu erreichen. Da in den meisten Studien Interventionen mit mehreren Komponenten untersucht wurden, konnte auch hier keine Empfehlung einer speziellen Interventionsform gegeben werden. Als besonders wirksam stufen die Autoren allerdings Programme mit hoher Intensität und häufigem Kontakt zu anderen Teilnehmenden ein.

Kremers et al. (2009)Die qualitative und quantitative Literaturanalyse von Kremers et al. schließt 46 nach 1990 publizierte Studien zur Prävention von Übergewicht mit ein. Die Autorinnen und Autoren analysie-ren neben der Arbeitswelt auch Studien, die in öffentlichen Einrichtungen wie ärztlichen Praxen durchgeführt wurden.

Insgesamt konnten fünf Studien, die Gewichtsmanagement- Maßnahmen am Arbeitsplatz evaluieren, identifiziert werden. Die Interventionen bestanden einerseits aus Strategien zur Verhaltensänderung wie Förderung von regelmäßiger Bewegung und gesunder Ernährungsweise und dem Vermitteln von Wissen über eine gesunde Lebensweise. Bei vier der fünf Studien lagen diesen Interventionen zudem theoretische Modelle zur Verhal-tensänderung wie das Transtheoretische Modell zugrunde.

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Organisationale Strategien wie die Umgestaltung des Arbeitsum-felds, Wettbewerbe oder das Anbringen von Hinweisschildern wurden ebenfalls in vier der fünf Studien berücksichtigt.

Sowohl Verhaltensweisen als auch anthropometrische Parameter konnten durch die Interventionen positiv beeinflusst werden. Die quantitative Analyse aller in den Review eingeschlossenen Studien ergab eine signifikante durchschnittliche Reduktion des BMI um 0,06 Punkte. In den einzelnen Studien variierte die statistische Effektgröße für eine BMI-Änderung zwischen -0,09 und 0,45 und war abhängig von verschiedenen Faktoren. Die univariate Regression ergab, dass das Programmziel sich maßgeblich auf den Erfolg eines Programmes auswirkt: spezi-fisch auf Gewichtsreduktion zugeschnittene Programme waren erfolgreicher. Zudem begünstigten eine längere Studiendauer und ein jüngeres Alter der Teilnehmenden den Erfolg eines Programmes.

Verweij et al. (2010)Anliegen der Metaanalyse von Verweij et al. ist die kritische Beurteilung der Wirksamkeit von betrieblichen Maßnahmen zum Gewichtsmanagement. In die Analyse wurden 22 zwischen 1980 und 2009 veröffentlichte RCTs mit einbezogen, in denen unter- sucht wurde, welchen Einfluss Interventionen zur Förderung von körperlicher Aktivität und/oder einer gesunden Ernährung auf das Gewicht von Beschäftigten haben. Dabei wurde der Fokus nicht auf Maßnahmen zur Gewichtsreduktion von Übergewich-tigen und Fettleibigen gelegt. Es ging vielmehr um primärprä-ventive Maßnahmen zur Vermeidung von Übergewicht und Gewichtszunahme, die sich an normalgewichtige Beschäftigte mit und ohne kardiovaskuläre Risikofaktoren richteten.

Um die Effektivität der Programme zu bewerten, wurden verschiedene gewichtsbezogene Parameter herangezogen: Körpergewicht, BMI, prozentualer Körperfettanteil, Bauchumfang, Verhältnis des Umfangs von Taille zu Hüfte und die Summe von Hautfalten.

Untersuchte Interventionen bestanden typischerweise aus einem Gesundheitscheck, einer informativen Komponente, einer auf das Verhalten ausgerichteten Komponente sowie einem Sportprogramm oder einer umweltbezogenen Komponente.

In insgesamt sieben Studien, darunter zwei mit hoher methodi- scher Qualität, konnte eine signifikante Reduktion des Körperge-wichts festgestellt werden. Alle Studien verfolgten einen kom- binierten Ansatz mit Strategien zur Verbesserung von Ernäh-rungs- und Bewegungsverhalten. Die erreichte Gewichtsreduk- tion variierte zwischen 0,5 und 3,4 Kilogramm. Drei weitere Studien, ebenfalls von hoher methodischer Qualität, fanden eine nicht signifikante Veränderung des Gewichts. Zusätzlich fand eine von fünf weiteren Studien, die ausschließlich Interventionen in Form von Programmen zur Förderung der körperlichen Aktivität berücksichtigte, einen signifikanten Einfluss auf das Gewicht. Verweij et al. kommen zu dem Schluss, dass moderate Evidenz für die Wirksamkeit von kombinierten und schwache Evidenz für

die Wirksamkeit von allein auf Bewegungsförderung ausgerichte-ten Programme besteht.

Die Auswirkung von betrieblichen Maßnahmen auf den BMI wurde in vierzehn Studien untersucht. Mit elf Studien setzte der Großteil der Studien auf ein kombiniertes Programm. Darunter befanden sich fünf qualitativ hochwertige Studien, von denen nur eine einen Effekt auf den BMI fand (-1,6 Punkte). Die ande- ren, qualitativ weniger guten Studien fanden positive und zum Teil statistisch signifikante Resultate. Die Ergebnisse von zwei auf reinen Bewegungsprogrammen basierenden Studien waren durchmischt, eine reine Ernährungsmaßnahme wurde nur von einer einzigen Studie untersucht. Insgesamt sehen die Autorin-nen und der Autor eine moderate Evidenz für die Wirksamkeit von kombinierten Maßnahmen. Die Evidenzlage für reine Bewegungsprogramme wird dagegen als schwach eingestuft. Eine Subgruppenanalyse in Bezug auf die methodische Qualität verdeutlichte, dass größere Effekte in Studien mit geringerer Studienqualität beobachtet wurden, verglichen mit Studien, die eine höhere methodische Qualität aufweisen. Eine weitere Subgruppenanalyse, bezogen auf den Interventionsinhalt, fand die größten Effekte bei Interventionen mit einer organisationa-len Komponente.

Die Auswertung von sieben Studien mit dem Zielparameter Körperfettanteil erbrachte eine moderate Evidenz für die Wirk- samkeit gemischter Programme sowie sehr geringe Evidenz für die Wirksamkeit reiner Bewegungsprogramme.

Nur zwei methodisch gute Studien mit kombinierten Interventi-onen und zwei weitere Studien von geringerer methodischer Qualität zu reinen Bewegungsmaßnahmen integrierten die Messung des Bauchumfangs als Indikator für die Wirksamkeit eines Programms. In allen Studien war die Teilnahmezahl gering, und die Veränderungen infolge einer Intervention wurden nicht signifikant. Daher gehen die Autorinnen und der Autor insgesamt von geringer Evidenz für die Wirksamkeit der Programme aus.

Die zwei Studien, die die Summe der Hautfalten als Kriterium mit einbezogen haben, konnten keine signifikanten Verände-rungen finden, weswegen die Evidenz für die entsprechenden kombinierten Programme ebenfalls als gering gewertet wird.

Die Auswertung von vier Studien, in denen das Verhältnis von Taillen- zu Hüftumfang (waist-hip ratio) als gewichtsbezogener Zielwert vor und nach der Intervention bestimmt wurde, führte dazu, dass von einer geringen Evidenz für die Wirksamkeit kombinierter Maßnahmen ausgegangen wird.

Verweij et al. empfehlen, zur Prävention von Übergewicht im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung Interventionen zu implementieren, die sowohl eine regelmäßige sportliche Betätigung als auch eine gesunde Ernährung fördern und eine organisationale Komponente beinhalten.

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Vuillemin et al. (2011)Die Literaturübersicht von Vuillemin et al. bezieht 33 bis Dezember 2009 veröffentlichte Studien ein, die die Wirkung von betrieb- lichen Programmen zur Bewegungsförderung auf das Gewicht von Europäischen Angestellten evaluieren. Ziel der Autoren und Autorinnen ist dabei vorrangig die Prüfung der externen Validität von Interventionen und somit ihre Bedeutung für die öffentliche Gesundheit und die Identifikation besonders effektiver Interven- tionsformen. Als Zielparameter zur Beurteilung dienen das Aus- maß körperlicher Aktivität (Eigenangaben, Pedometer, Treppen-nutzung), die körperliche Fitness (gemessen anhand von Fitness- tests) sowie gewichtsbezogene Parameter wie der BMI.

Die in den Review eingeschlossenen Studien waren zu 61 Prozent randomisierte kontrollierte Studien und wurden in verschiedenen europäischen Staaten durchgeführt. Nach Bewertung der Auto- rinnen und Autoren hatten 52 Prozent der Studien eine gute methodische Qualität.

Die meisten Studien untersuchten Sportinterventionen (Aerobic, Muskeltraining) und fanden insgesamt eine moderate Beein- flussung der körperlichen Fitness. Interventionen, die auf der Förderung aktiver Arbeitswege basierten, verbesserten sowohl die körperliche Aktivität (moderate Evidenz) als auch die körperliche Fitness (begrenzte Evidenz). Beratung, Spazieren, Treppensteigen oder Interventionen mit mehreren Komponenten führten dagegen nicht zu positiven Effekten. Für keine dieser Interventionen konnte eine Wirksamkeit auf gewichtsbezogene Parameter bewiesen werden. Die Autorinnen und Autoren führen dies auch auf fehlende Daten zur Körperzusammensetzung/zum Körperfettanteil und die Fokussierung auf das Körpergewicht als Hauptparameter in vielen Studien zurück. Das Design einiger Studien und der Umfang einiger Interventionsprogramme könnten aus Sicht der Autoren und Autorinnen ebenfalls zu einer Minde-rung der positiven Effekte einiger Programme geführt haben.Abschließend halten die Autorinnen und Autoren fest, dass Bewegungstraining sich insgesamt positiv auf die Fitness der Angestellten auswirkt und aus diesem Grund zu empfehlen sei. Idealerweise sollte dies mit einer aktiven Gestaltung des Arbeits- umfelds einhergehen. In zukünftigen Studien mit hochwertigem Design und Einbezug der Körperzusammensetzung sollte zudem die positive Wirksamkeit auf gewichtsbezogene Parameter eben- falls sicher belegt werden.

3.6 Mehrkomponenten-Programme

In zwölf Reviews über insgesamt 294 Studien wurden Pro-gramme untersucht, denen multiple Ansätze zugrunde liegen. Typischerweise kombinieren solche Programme Strategien aus dem Bereich der Verhaltens- und der Verhältnisprävention. Die untersuchten Zielkriterien unterscheiden sich zwischen den einzelnen Reviews beträchtlich und reichen von Programmen zur Verbesserung der psychischen Gesundheit über Programme zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen bis hin zu sogenannten Wellness-Programmen, die das allgemeine Wohlbefinden der Beschäftigten durch verschiedene Maßnah-

men verbessern sollen. Die Ergebnisse, zu denen die Reviews gelangen, gehen ebenfalls zum Teil in verschiedene Richtungen. Ein direkter Vergleich wird durch die Vielzahl an eingesetzten Maßnahmen, Messinstrumenten und erhobenen Zielparametern erschwert.

Goldgruber und Ahrens (2009)Goldgruber und Ahrens geben einen systematischen Überblick über die Wirksamkeit betrieblicher Gesundheitsförderung und arbeitsplatzbezogener Primärprävention in den Bereichen Ernährung, Bewegung, Stress, Rauchen, Rückenschmerzen und Organisationsentwicklung. Datengrundlage sind ausschließlich Metaanalysen (n = 3) und systematische Reviews (n = 14), die zwischen dem 01.01.2004 und dem 30.06.2008 in interna- tionalen peer-reviewten Journalen veröffentlicht wurden.

Die drei zum Bereich Stress mit einbezogenen Reviews zeigen konsistente Ergebnisse und belegen die Wirksamkeit der unter- suchten Interventionen auf die erhobenen Zielgrößen Stress, Angst, Burn-out, allgemeiner körperlicher und psychischer Gesundheitszustand und auf organisationale Zielgrößen. Die am häufigsten angewendete Interventionsform waren Entspannungsübungen. Die größte Wirksamkeit wurde bei kognitiv-behavioralen Programmen gefunden, also solchen, die Änderungen des Erlebens und Verhaltens im Zusammenhang mit Änderungen von Kognitionen sehen. Insgesamt wiesen verhaltenspräventive Maßnahmen eine höhere Effektivität auf als verhältnispräventive.

Reviews, die die Wirksamkeit von Interventionen zu körperlicher Aktivität (n = 1), zum Ernährungsverhalten (n = 1) oder von Kombinationen beider Bereiche (n = 3) untersuchten, kamen zu dem Ergebnis, dass insbesondere kombinierte Interventions-ansätze die übergewichtsbedingte Morbidität und Mortalität reduzieren. Zudem wurden die organisationalen Faktoren Absentismus und Arbeitszufriedenheit positiv beeinflusst. Dabei zeigte sich, dass schon relativ einfache Strategien wie das Anbringen von Hinweisschildern oder Ernährungsinformationen gute Resultate erzielen. Generell waren Interventionsprogram-me, in denen sich verhaltens- und verhältnispräventive Ansätze ergänzten und die auf theoretischen Modellen zur Verhaltensän-derung basierten, in diesem Bereich am erfolgreichsten.

Zwei weitere Reviews, die bereits im iga.Report 13 thematisiert worden sind, wurden von Goldgruber und Ahrens dem Themen-bereich Rauchen zugeordnet. Der erhobene Zielparameter, die Aufhörrate, lag im Durchschnitt bei achtzehn Prozent. Autorin und Autor fanden für verhaltenspräventive Maßnahmen wie Beratung, Gruppentherapie, die Ausgabe von Selbsthilfematerial oder Nikotinersatztherapie starke Evidenz, wohingegen die Wirksamkeit verhältnispräventiver Maßnahmen (Tabakverbot, soziale Unterstützung, unterstützende Umweltbedingungen, Anreize) nicht bestätigt werden konnte.

Allgemeine ergonomische Interventionen wurden in drei weiteren Reviews untersucht.

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Zwei Arbeiten befassten sich zudem mit der Wirksamkeit von Interventionen zur Prävention von Rückenschmerzen. Neben Inzidenz, Prävalenz, Dauer und Schweregrad von Schmerzen wurden in den Reviews vor allem organisationale und ökono-mische Parameter (Absentismus, Krankenstand, Kosten) bestimmt. Auch hier zeigt sich eine Überlegenheit von kombi-nierten Interventionen mit verhaltens- (Ergonomietraining, Rückenschule, Rückenprotektoren) und verhältnispräventiven (Arbeitsplatzausstattung, Arbeitsaufgaben und Organisation) Strategien gegenüber Einzelinterventionen.

Zwei Arbeiten zur Organisationsentwicklung zeigen, dass sich Partizipations- und gesteigerte Kontrollmöglichkeiten für die Beschäftigten positiv auf deren Gesundheitszustand auswirken.

Insgesamt 69 Prozent der 70 von Goldgruber und Ahrens untersuchten Interventionen waren wirksam. Bei getrennter Betrachtung verhaltens- und verhältnispräventiver Interventi-onen zeigt sich ein identisches Ergebnis. Allerdings weisen verhaltenspräventive Maßnahmen einen deutlich höheren Evidenzgrad auf, was Autor und Autorin auf forschungsmetho-dische Gründe zurückführen. Bei sechzehn Prozent der Interventi-onen sprechen sie von starker Evidenz. Hierzu zählen Stressma-nagement, Gruppentherapie, individuelle Beratung und Nikotin-ersatztherapie zur Rauchentwöhnung und Informationen über gesunde Ernährung. Aus Sicht von Goldgruber und Ahrens wer- den die besten Ergebnisse von Multikomponenten-Programmen mit verhaltens- und verhältnispräventiven Elementen in para- llelen Interventionsbereichen erzielt.

Groeneveld et al. (2010)Groeneveld et al. untersuchen in ihrem Review den Einfluss von arbeitsplatzbasierten Lebensstilinterventionen auf die wichtigsten Risikofaktoren kardiovaskulärer Erkrankungen anhand von 31 randomisierten kontrollierten Studien (RCTs). Erhobene Zielparameter sind daher Körperfettanteil, Gewicht, Blutdruck, Blutzucker- und Blutfettspiegel. Die untersuchten Interventionen zielen auf eine Veränderung von Ernährung und Bewegung ab. Häufig eingesetzte Maßnahmen waren für beide Bereiche Beratungen, Gruppenschulungen und Trainings unter Aufsicht.

Vierzehn der zwanzig Studien, die als Zielparameter Körperge-wicht oder BMI untersuchten, wiesen eine hohe methodische Qualität auf. Aufgrund widersprüchlicher Ergebnisse (sieben RCTs fanden einen signifikanten Effekt, sechs RCTs dagegen nicht) kann allerdings nicht auf eine gegebene Evidenz geschlossen werden.

Der Körperfettanteil war relevanter Zielparameter von sechs Studien, von denen drei methodisch hochwertige Studien einen signifikanten Effekt fanden, die drei methodisch schwachen Studien fanden hingegen keinen Effekt. Die Autoren schließen insgesamt auf starke Evidenz für die Wirksamkeit von Bera-tungen, Gruppenschulungen und Trainings auf verschiedene Variablen des Körperfettanteils.

75 Prozent der Studien, die den Parameter Blutdruck erhoben hatten, fanden keinen signifikanten Effekt. Da zudem zwölf der achtzehn eingeschlossenen Studien eine hohe methodische Qualität aufwiesen, kommen die Autoren und Autorinnen zu dem Schluss, dass starke Evidenz dafür besteht, dass die unter- suchten Interventionen keinen Einfluss auf den Blutdruck haben. Für die Beeinflussung von Blutfetten und Blutzucker konnte ebenfalls keine Evidenz gefunden werden. Die fehlende Wirksamkeit führen Groeneveld et al. dabei auch auf die Ungleichheiten zwischen den Studien zurück, die eine Vergleich-barkeit und damit eine Empfehlung erschweren.

Die Subgruppenanalyse von Patientinnen und Patienten mit höherem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen kam insge-samt zu vergleichbaren Ergebnissen. Allerdings zeigte sich, dass diese Subgruppe auch von Programmen zur Gewichtsreduktion profitierte und insgesamt größere Effekte erreicht werden konnten. Groeneveld et al. empfehlen daher, diese Personen-gruppe in den Fokus der betrieblichen Gesundheitsförderung zu stellen. Eine Analyse der verschiedenen Interventionsmaß-nahmen ergab zudem, dass individuelle Beratungen und Gruppenschulungen den betreuten Trainingseinheiten klar überlegen waren.

Kuoppala et al. (2008)Kuoppala et al. untersuchen in ihrem Review den Zusammen-hang von Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung mit Jobzufriedenheit, Arbeitsfähigkeit, Absentismus und Früh- berentung. Basis waren 46 Studien, die im Zeitraum von 1970 bis 2005 veröffentlicht wurden, darunter waren vierzehn RCTs. Der Review beinhaltet sowohl hinsichtlich der Studienstandorte als auch hinsichtlich der Arbeitssektoren eine große Vielfalt. Die untersuchten Maßnahmen lassen sich den Bereichen Bewegung, Lebensstil, Ergonomie, Psychologie und Edukation zuordnen. Als Zielparameter wurden Krankenzeiten über einen bestimmten Zeitraum, das körperliche und das seelische Wohlbefinden, die Arbeitsfähigkeit und die Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz erhoben.

Insgesamt fanden Kuoppala et al. durch Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung eine leichte Erhöhung der Jobzufriedenheit, der Arbeitsfähigkeit und des mentalen Wohlbefindens. Krankheitsbedingte Fehltage wurden reduziert. Der Evidenzgrad war schwach, mit Ausnahme des Zielparameters Krankentage, für den eine moderate Evidenz gefunden wurde. Das körperliche und das allgemeine Wohlbefinden der Beschäf-tigten wurden durch Strategien der betrieblichen Gesundheits-förderung nicht beeinflusst. Auch für eine Beeinflussung der Frühberentung durch Maßnahmen der betrieblichen Gesund-heitsförderung besteht auf Basis der Auswertung von Kuoppala et al. keine Evidenz.

Aufgrund der insgesamt schwachen Evidenzlage sprechen die Autorinnen keine allgemeinen Empfehlungen aus und sehen die Notwendigkeit weiterer Forschung.

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Mc Dermott et al. (2010)Im Zentrum des Reviews von McDermott et al. stehen betrieb-liche Maßnahmen zur Erhaltung von Gesundheit und Arbeits- fähigkeit älterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Datenbasis waren 21 im Zeitraum zwischen 2004 und 2008 publizierte Studien. Nur sechs der eingeschlossenen Studien untersuchten speziell ältere Beschäftigte.

Mc Dermott et al. identifizierten insgesamt neun primärpräven-tive Maßnahmen mit dem Ziel der Verbesserung von allgemeiner Gesundheit, Lebensstil, Arbeitsfähigkeit und körperlicher Aktivi- tät. Eingesetzte Maßnahmen waren Schulungen zu Körperhal-tung, ergonomische Veränderungen des Arbeitsplatzes, körper-liches Training, Schulung von Führungskräften, Reorganisation von Schichtsystemen, Rauchentwöhnung, Gewichtsmanagement oder Physiotherapie.

Maßnahmen zur Sekundärprävention und zur Tertiärprävention wurden in jeweils drei weiteren Studien beschrieben. Untersuch-te Strategien waren Beratung, Gesundheitschecks, medikamen-töse Therapie oder die Unterstützung durch einen Sozialarbeiter bzw. eine Sozialarbeiterin.

Trotz der steigenden Zahl älterer Beschäftigter wird diese Alters- gruppe aus Sicht der Autorinnen und des Autors im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung noch zu wenig berücksich- tigt. Auch die Definition, ab welchem Alter Beschäftigte zu der Gruppe der älteren Beschäftigten gehören, variiert stark zwi- schen den einzelnen Studien und erschwert verallgemeiner- bare Aussagen. Weiterhin kritisieren die Mc Dermott et al., dass sich die Mehrzahl der Interventionen auf wenige Zielparameter beschränkt, wohingegen eine Vielzahl relevanter Parameter unberücksichtigt bleibt. Weitere Forschung zu diesem Themen-gebiet sei daher unumgänglich, wobei insbesondere auf die älteren Beschäftigten zugeschnittene Interventionen mit untersucht werden sollten. Aufgrund der dünnen Datenlage geben Mc Dermott et al. letztlich keine evidenzbasierte Empfehlung für einzelne Interventionen.

Novak et al. (2007)Der Review von Novak et al. ist speziell auf gewerbliche Arbeitskräfte, sogenannte „blue collar worker“, in Neuseeland ausgerichtet. Evaluiert werden dabei betriebliche Maßnahmen zur Förderung der kardiovaskulären Gesundheit.

Dazu wurden drei Einzelstudien sowie ein Review von den Autoren und der Autorin ausgewertet. Die untersuchten Interven-tionen waren mehrheitlich Multikomponenten-Programme und beinhalteten Strategien wie Beratung, Schulung, Modifikation der Arbeitsumgebung, Stressmanagement, Screening auf vor- liegende Risikofaktoren, Ernährungsberatung sowie Betreuung durch ärztliches Personal und Fitnesstrainer. Die Wirksamkeit der Interventionen wurde anhand ihrer Auswirkungen auf die kardiovaskulären Risikofaktoren KHK-Inzidenz, Mortalität, Infarkt- häufigkeit, BMI, Blutdruck, Blutfettwerte, Körperfettanteil und Rauchverhalten bewertet.

Novak et al. kommen zu dem Schluss, dass Gewerbebetriebe ein gutes Setting in der betrieblichen Gesundheitsförderung darstellen und großes Potential hinsichtlich der Reduktion von kardiovaskulären Risikofaktoren aufweisen. Sowohl gesundheit-liche Parameter, der Lebensstil, aber auch das Arbeitsumfeld und die Produktivität konnten größtenteils positiv beeinflusst werden. Programme mit hohem Kosten-Nutzen-Faktor waren mehrheit-lich Multikomponenten-Programme und beinhalteten sowohl verhaltens- als auch verhältnispräventive Strategien.

Aus Sicht der Autoren und der Autorin besteht auf der Basis von einigen wenigen aber qualitativ hochwertigen Studien eine gute Evidenz für arbeitsplatzbezogene Maßnahmen zur kardiovasku-lären Primärprävention in Gewerbebetrieben, die eine Empfeh-lung dieser Maßnahmen rechtfertigt.

Osilla et al. (2012)Osilla et al. betrachten in ihrem systematischen Review die Auswirkungen von betrieblichen Wellness-Programmen auf gesundheitsrelevante Verhaltensweisen wie Bewegung, Ernährung, Rauchen und Alkoholkonsum, auf den körperlichen und geistigen Gesundheitszustand und auf finanzielle Zielpara-meter wie Gesundheitskosten und Absentismus. Dazu wurden die Daten von 33 Interventionsstudien, die im Zeitraum zwischen 2000 und 2011 veröffentlicht wurden, ausgewertet. Unter den Begriff „Wellness-Programme“ fallen betriebliche Programme zur Gesundheitsförderung oder Prävention, die über edukative oder motivationale Strategien die Gesundheit von Beschäftigten verbessern sollen. Eine weit verbreitete Strategie sind Anreize. Sie wurden in 70 Prozent der Studien eingesetzt. In der Mehrheit der Studien wurden Multikomponenten-Programme und ihr Einfluss auf verschiedene gesundheitliche Zielparameter untersucht.

Die größte Zahl der eingeschlossenen Studien wurde zum Thema Bewegungsförderung konzipiert (n = 13). In 62 Prozent der Studien konnte eine Zunahme der Aktivität – gemessen als Trainingsfrequenz oder in Minuten – erreicht werden. Von den zwölf Studien zum Thema Ernährung zeigten sechs eine verbes-serte Ernährungsweise mit vermehrtem Verzehr von Obst und Gemüse sowie niedrigerer Kalorien- und Fettaufnahme. Die Effekte auf die Ernährung waren allerdings durchweg klein (0,2 Fastfood-Gerichte weniger pro Woche). Zwölf Studien unter- suchten die Auswirkungen von Wellness-Programmen auf physiologische Parameter wie BMI, Blutfettwerte und Blutdruck, wobei in 50 Prozent der Studien mindestens ein Parameter verbessert werden konnte. Mit Ausnahme einer Studie zum Thema Rauchen zeigten alle eingeschlossenen Studien einen Rückgang des Tabakkonsums sowie höhere Aufhörraten in den Interventionsgruppen. Darunter waren auch vier RCTs, drei davon mit einer mehr als einjährigen Nachbeobachtung. Zwei von drei RCTs zum Thema Alkoholkonsum zeigten eine Verbesserung verschiedener alkoholbezogener Parameter wie Rückgang des Alkoholkonsums an Wochenenden, weniger Alkoholvergif-tungen und weniger Wochentage mit Verzehr von alkoholischen Getränken.

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Aus Sicht der Autorinnen und Autoren besteht insgesamt ein Mangel an Studien mit robustem Design. Ihre Auswertung ergab, dass drei Viertel der eingeschlossenen Observationsstudien positive Resultate fanden, wohingegen nur etwa die Hälfte der RCTs zu positiven Ergebnissen kam. Auch kleine Teilnahmezahlen, kurze Follow-up-Zeiten und auf Selbstangaben basierende Para- meter seien überdurchschnittlich oft mit positiven Resultaten einhergegangen. Nach Osilla et al. steht der weiten Verbreitung betrieblicher Programme zur Gesundheitsförderung noch eine geringe Anzahl qualitativ hochwertiger Forschung gegenüber. Weitere Forschung sei daher zur Festigung der Evidenzlage essentiell.

Die aktuelle Evidenzlage hinsichtlich verschiedener gesund- heitlicher und finanzieller Zielparameter ist nach Osilla et al. durchmischt. Keine Evidenz besteht für eine positive Beeinflus-sung von Absentismus und psychischer Gesundheit durch betriebliche Wellness-Programme.

Palmer et al. (2012)Der systematische Review von Palmer et al. widmet sich der Frage nach der Effektivität von gemeinde- und arbeitsplatzba-sierten Interventionen zum Erhalt des Arbeitsplatzes und zur Verringerung von krankheitsbedingten Fehlzeiten bei Beschäf-tigten mit Muskel-Skelett-Erkrankungen. 42 Studien, die seit 1990 veröffentlicht wurden, darunter 34 RCTs, wurden zur Klärung dieser Frage herangezogen. Die Hälfte der Studien legte ihren Fokus auf Patienten und Patientinnen mit Kreuzschmerzen. Weitere Muskel-Skelett-Erkrankungen waren Rückenschmerzen, Schulterschmerzen, Nackenschmerzen oder unspezifische Muskelbeschwerden. Die Effektivität von Maßnahmen wurde anhand folgender Parameter beurteilt: Rückkehr zur Arbeit nach einer Muskel-Skelett-Erkrankung, Dauer der Krankentage und Häufigkeit eines Jobverlustes infolge der Erkrankung. Eingesetzte Maßnahmen umfassten Verhaltensänderungen, kognitiv-be- haviorale Therapie, Physiotherapie, Rückenschule, körperliches Training (Stretching, Ausdauertraining, Krafttraining) und Infor- mationen zu sicherer Haltung und Arbeitstechnik, aber auch Veränderungen auf organisationaler Ebene (z. B. Adaption des Arbeitsplatzes, Integration von Sportprogrammen in den Arbeits- alltag, partizipative ergonomische Maßnahmen, Verringerung von Belastung und Arbeitsstunden). In den meisten Studien wurden mehrere Strategien aus verschiedenen Bereichen in einem Mehrkomponenten-Programm kombiniert, typischerweise bestehend aus einer Bewegungs- und einer Verhaltensinterven-tion, zum Teil ergänzt durch Veränderungen auf organisationaler Ebene.

Die Mehrheit der Interventionen führte zu positiven Ergebnissen hinsichtlich der drei erhobenen Zielparameter. Durchschnittlich führten die Interventionen zu einer Reduktion der Krankentage um einen Tag pro Monat. Die Wahrscheinlichkeit für eine Rück- kehr an den Arbeitsplatz und den Erhalt des Jobs wurde erhöht. Zwischen den verschiedenen Interventionsformen gab es keine nennenswerten Unterschiede. Allerdings war die durchschnitt-liche Teilnahmezahl sehr gering (mediane Teilnahmezahl: 107),

und es gab verschiedene methodische Mängel (keine Ver- blindung, hohe Drop-out-Raten, fehlende Studienprotokolle). Mit zunehmender Größe und Qualität der Studien verringerten sich die beobachteten Effekte. Die Subgruppenanalyse der qualitativ hochwertigen Studien ergab insgesamt eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit, nach einer Muskel-Skelett-Erkrankung an den Arbeitsplatz zurückzukehren, um zehn Prozent. Monatlich wurden die Krankentage um 0,3 bis 0,5 Tage reduziert. Hinsichtlich der Kosten-Effektivität der Programme konnte keine Aussage getroffen werden. Die Autorinnen und Autoren empfeh-len daher insbesondere zu diesem Themenbereich weitere Forschung. Die Evidenz sehen sie als schwach an.

Parks und Steelman (2008)Parks und Steelman wollen in ihrer Metaanalyse die Auswirkung betrieblicher Wellness-Programme auf finanzielle und psycho- logische Parameter quantifizieren. Dazu wurden die Daten von insgesamt siebzehn im Zeitraum zwischen 1980 und 2005 publizierten Interventionsstudien ausgewertet. Die untersuchten Interventionen wurden nach ihren zugrunde liegenden Inhalten in fitnessorientierte Maßnahmen (Ausdauer-, Krafttraining, Aerobic) und übergreifende Maßnahmen aufgeteilt. Letztere beinhalteten sowohl eine Fitnesskomponente als auch eine zusätzliche Schulungskomponente zu den Themen Stress oder Ernährung. Die Auswirkung auf finanzielle Variablen wurde anhand des Parameters Absentismus beurteilt. Die Metaanalyse ergab eine geringe bis moderate Senkung von Absentismus nach Teilnahme an einem betrieblichen Wellness-Programm.

Die Beeinflussung psychologischer Parameter wurde über die Variable Jobzufriedenheit gemessen, die nach den Ergebnissen von Parks und Steelman moderat durch Wellness-Programme verbessert werden kann.

Die Autorinnen kommen zu dem Schluss, dass Beschäftigte, die an betrieblichen Wellness-Programmen teilnehmen, tenden- ziell gesünder und zufriedener sind als Nichtteilnehmende. Die Ergebnisse ihrer Metaanalyse unterstützen somit den weiteren Einsatz von betrieblichen Wellness-Programmen. Weiterer Forschungsbedarf besteht nach Parks und Steelman insbesondere zu der Frage, aus welchen Gründen heraus Beschäftigte an betrieblichen Programmen zur Gesundheitsför-derung teilnehmen oder nicht, und inwieweit Veränderungen auf organisationaler Ebene die Teilnahmebereitschaft von Be- schäftigten erhöhen können. Weitergehende Analysen ergaben, dass die Wirksamkeit nicht mit der inhaltlichen Ausrichtung der Programme zusammenhängt. Auch der Vergleich von verschie-denen Studientypen zeigte keine Unterschiede in Bezug auf die belegte Wirksamkeit.

Pelletier (2009)Die Übersichtsarbeit von Pelletier ist bereits die siebte Aktuali-sierung eines Reviews über die klinische und wirtschaftliche Effektivität von betrieblichen Programmen zur Gesundheitsför-derung und Management von Erkrankungen. Sie deckt den Zeitraum von 2004 bis 2008 ab.

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Das Literatur-Update für diesen Zeitraum umfasst sechzehn neue, in den USA durchgeführte Studien.

Insgesamt ist dieser Zeitraum sowohl durch einen Rückgang von Quantität als auch durch methodische Qualität der durch- geführten Studien gekennzeichnet. Dies läuft der steigenden Nachfrage nach validen Ergebnissen zu klinischer Wirksamkeit und Kosteneffektivität der betrieblichen Gesundheitsförderung entgegen.

In allen sechzehn eingeschlossenen Studien wurden die klinische Wirksamkeit und die Kosten-Nutzen-Effektivität der untersuchten Interventionen belegt. Nach Pelletier bestehen aber aufgrund methodischer Schwachpunkte der Einzelstudien und einem mög- lichen Publikationsbias Vorbehalte gegen die Verallgemeinerbar-keit dieser Ergebnisse.

Soler et al. (2010)Auf der Basis ihres systematischen Reviews über 32 Einzelstudien wollen Soler et al. Empfehlungen zur Effektivität von Interventio-nen der betrieblichen Gesundheitsförderung geben, die teilweise oder ausschließlich auf dem Konzept „assessment of health risks with feedback (AHRF)“ basieren. AHRF bezeichnet ein biometri-sches Screening, welches in den USA zu den am häufigsten ein- gesetzten Maßnahmen innerhalb der betrieblichen Gesundheits-förderung zählt. Dabei werden anhand von Fragebögen und teilweise unterstützt durch Laborparameter die Risiken für wichtige Krankheiten und für einen frühzeitigen Tod ermittelt. Im Anschluss werden die Risiken im Rahmen einer Schulung oder Beratung kommuniziert. Dies kann sowohl elektronisch via E-Mail als auch mündlich durch ärztliches Personal oder Betriebs-angehörige erfolgen.

Zur Einschätzung der Effektivität von AHRF-Programmen wurden Veränderungen von Parametern aus insgesamt drei Kategorien herangezogen: gesundheitsbezogenes Verhalten (Alkoholkon-sum, Rauchen, Ernährung, Bewegung, Sicherheitsgurtnutzung), Laborparameter (Blutdruck, Blutfettwerte, körperliche Fitness, Körperzusammensetzung) und als weitere Indikatoren Absentis-mus, Gesundheitskosten und Produktivität.

Für die meisten Zielparameter fanden Soler et al. positive Ergeb- nisse. Diese gehen allerdings zumeist mit Effekten geringen Ausmaßes und methodisch schwachen Studiendesigns – oft einfache Vorher-Nachher-Designs – und daraus folgend mit der Gefahr von Bias einher.

In 51 Studien war AHRF eine Zusatzstrategie zu anderen Maß- nahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung wie Wettkämp-fen, Ernährungsberatung und Sportangeboten. Im Ergebnis kam es zu einem Rückgang von Alkoholkonsum und zu einem sinkenden Prozentsatz von Beschäftigten mit riskantem Trink- verhalten. Ebenfalls wurde der Fettverzehr signifikant verringert. Eine Erhöhung des Obst- und Gemüseverzehrs konnte dagegen nur in einem nicht signifikanten Ausmaß erreicht werden: durchschnittlich bewirkte die Studienteilnahme, dass infolge

der Intervention pro Person täglich 0,9 Portionen mehr verzehrt wurden. Der Anteil an sportlich aktiven Beschäftigten stieg im Median um fünfzehn Prozent. In Bezug auf das Rauchverhalten zeigte sich AHRF als Zusatzmaß-nahme besonders effektiv: der Anteil der rauchenden Beschäf-tigten konnte gesenkt werden (relative Reduktion um dreizehn Prozent). Zudem scheinen sich AHRF-Plus-Maßnahmen günstig auf den Blutdruck und die Cholesterinwerte auszuwirken, wohingegen die Körperzusammensetzung und der Körperfettan-teil nicht beeinflusst werden konnten. Acht von neun Studien zur körperlichen Fitness zeigten ebenfalls positive Resultate, allerdings kann dieser Effekt aufgrund der geringen Ausmaße und der teilweise fehlenden Informationen nicht eindeutig der Intervention zugeschrieben werden. Moderate Effekte wurden hinsichtlich Risikostatus, Inanspruchnahme von Gesundheits-diensten und Absentismus festgestellt.

Soler et al. bewerten AHRF insgesamt als nützliche und wirk-same Komponente im Rahmen der betrieblichen Gesundheits-förderung. Sie empfehlen, AHRF-Plus-Programme mit einem einstündigen Schulungstermin oder mit mehrmals jährlich stattfindenden Terminen in ein breit aufgestelltes Gesundheits-förderungsprogramm zu integrieren.

Van Oostrom et al. (2009)Der Review von van Oostom et al. geht der Frage nach der Effek- tivität von Maßnahmen nach, die die Rückkehr von krankge-schriebenen Beschäftigten an ihren Arbeitsplatz erleichtern sollen. Dazu wurden aus sechs RCTs die Daten von insgesamt 749 Beschäftigten aus verschiedenen Sektoren ausgewertet, die aufgrund von Muskel-Skelett-Erkrankungen, kardiovaskulären oder psychischen Erkrankungen arbeitsunfähig waren. Vier der eingeschlossenen Studien wurden in Europa durchgeführt und zwei in Nordamerika (Kanada/USA). Studien, die rein auf Primärprävention ausgerichtet waren, wurden nicht in den Review aufgenommen.

Die untersuchten Maßnahmen zur Erleichterung der Rückkehr an den Arbeitsplatz zielen vorrangig auf die Veränderung organisati-onaler Strukturen (Arbeitsplatz, Equipment, Arbeitsbedingungen, Arbeitsumfeld) oder Fall-Management unter Beteiligung der Unternehmensleitung ab. Dazu zählten insbesondere Gespräche über die Gestaltung der Rückkehr an den Arbeitsplatz, die zwi- schen den Beschäftigten und der Unternehmensleitung sowie weiteren Beteiligten, z. B. aus den Bereichen Versicherung und Gesundheitswesen, geführt wurden. Verglichen wurden die Maßnahmen entweder mit der gewöhnlichen Behandlung (dies kann bedeuten, dass keine Maßnahme angewendet wur- de oder, sofern vorhanden, eine Maßnahme basierend auf den gültigen Richtlinien) oder mit anderen klinischen Interventionen (z. B. Problemlösungsstrategien, Aktivitätsmaßnahmen).

Primärer Zielparameter war für van Oostrom et al. die krankheitsbedingte Abwesenheit von Beschäftigten. Definiert wurde dieser in den meisten Studien als die

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Dauer bis zur Rückkehr an den Arbeitsplatz. Weitere, in eini- gen Studien erhobene Zielparameter waren Lebensqualität (2), Schmerzen (3), Symptome (2), Funktionalität (3) sowie die direkten und indirekten Kosten der Arbeitsunfähigkeit (3). In allen Studien wurden die Teilnehmenden hinsichtlich des primären Zielparameters ein Jahr nachbeobachtet. Als häufig- ste Maßnahme wurden der Arbeitsplatz oder Equipment wie Möbel und Arbeitsmaterial angepasst.

Die Analyse von van Oostrom et al. ergab eine signifikant bessere Reduktion der krankheitsbedingten Abwesenheit im Vergleich zur Standardtherapie (hazard ratio 1,55). Die Auswer-tung von drei Studien, die die kumulative Dauer der Krankenta-ge evaluierten, ergab ebenfalls ein deutlich besseres Resultat in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Standardmaßnahme. Die Differenz lag bei 36,06 Krankentagen. Die Qualitätsanalyse ergab insgesamt eine niedrige Evidenz für alle Zielparameter der krankheitsbedingten Abwesenheit. Evidenz von moderater Qualität besteht allein für die Untergruppe der Beschäftigten mit Muskel-Skelett-Erkrankungen. Für die weiteren gesundheitsrele-vanten, sekundären Zielparameter wurde keine Evidenz gefun-den. Aufgrund des Mangels an Studien konnte auch für die Untergruppe der Beschäftigten mit psychischen Erkrankungen keine Evidenz gefunden werden.

Aus Sicht des Review-Teams bestehen methodische Schwächen in Bezug auf die Randomisierung und weitere methodische Aspekte sowie hinsichtlich der Beschreibung von Co-Interventio-nen. Zudem bestehe bei allen Studien Unsicherheit hinsichtlich der Compliance der Teilnehmenden.

Letztendlich kommen van Oostrom et al. zu dem Schluss, dass organisationale Veränderungen des Arbeitsplatzes einen positiven Einfluss auf arbeitsrelevante Parameter wie die Rückkehr an den Arbeitsplatz haben. Auch die Arbeitsfähigkeit von arbeitsunfähigen Beschäftigten mit einer Muskel-Skelett- Erkrankung werde positiv beeinflusst. Allerdings werden die zugrunde liegenden medizinischen Probleme dabei nicht behoben (moderate Evidenz, basierend auf fünf Studien). Als Ursache für die Diskrepanz zwischen der Wirksamkeit auf arbeitsrelevante und der Wirksamkeit auf gesundheitliche Zielparameter nimmt das Review-Team die Fokussierung der bisherigen Programme auf Barrieren, die eine Rückkehr an den Arbeitsplatz verhindern, an. Die Beseitigung von Schmerzen und Krankheitssymptomen dagegen werde bislang häufig nicht in den Maßnahmen berücksichtigt. Auch einige Krankheitsbilder wie psychische Erkrankungen seien bislang nicht ausreichend themati-siert worden. Hier sehen van Oostrom et al. weiteren Forschungs-bedarf.

Hutchinson und Wilson (2011)Der Review von Hutchinson und Wilson über die Wirksamkeit von Mehrkomponenten-Programmen zur Prävention von Übergewicht und chronischen Erkrankungen berücksichtigt bei der metaanalytischen Auswertung von Einzelstudien insbesondere deren theoretische Grundlagen.

Ziel war es, Aspekte von Interventionen zu identifizieren, die mit einer erfolgreichen langfristigen Verhaltensänderung und einer positiven Veränderung relevanter Zielparameter assoziiert sind.

Datengrundlage waren 29 kontrollierte Interventionsstudien, die über eine systematische Literaturrecherche in PubMed ermittelt wurden. Nach ihrer theoretischen Ausrichtung wurden die in den Studien beschriebenen Interventionen nach Sussman et al. (2006, zit. nach Hutchinson & Wilson, 2011, S. 240) wie folgt kategorisiert: Motivationssteigerung, Edukation, kognitive Verhaltenstherapie, soziale Einflussnahme, Bewegung.

Die durchgeführte Metaanalyse zeigte eine große Variabilität der erreichbaren Effektivität in Abhängigkeit vom methodischen Design der zugrunde liegenden Studie. Der Großteil der identifi-zierten Studien enthielt ausschließlich Daten, die im Anschluss an die durchgeführte Intervention erhoben wurden. Bei diesen Studien konnten insgesamt nur kleine bis mittlere Effekte festgestellt werden. Die effektivsten Maßnahmen basierten in dieser Designgruppe auf edukativen Maßnahmen und Methoden der sozialen Einflussnahme. Daneben wurde eine kleinere Anzahl an Studien identifiziert, bei denen Veränderungen über einen längeren Zeitraum nachbeobachtet wurden. Die erreichten Effekte waren hier deutlich ausgeprägter; die größten Effekte wurden durch Methoden zur Motivationssteigerung erzielt. Randomisierung wirkte sich ebenfalls auf das Ausmaß des nachgewiesenen Effekts aus: randomisierte kontrollierte Studien wiesen im Vergleich zu kontrollierten Studien ohne Randomisie-rung größere Effekte nach. Ebenso variierte das Ausmaß des erreichten Effekts mit dem gewählten Zielparameter.

Ein dritter Einflussfaktor auf das Ausmaß des Effekts ist nach Hutchinson und Wilson die Ausrichtung der untersuchten Pro- gramme. Unabhängig vom Studiendesign seien durch Inter- ventionen, deren Fokus auf der Veränderung einer einzelnen Verhaltensweise lag, bessere Effekte erzielt worden als durch Programme, die auf die gleichzeitige Veränderung mehrerer Verhaltensweisen abzielten.

Daten zur langfristigen Effektivität wurden in nur drei Studien erhoben, denen jeweils verschiedene Interventionen zugrunde lagen. Dies beeinträchtigt laut Hutchinson und Wilson die Aus- sagekraft des gefundenen Ergebnisses, das kognitive Verhaltens-therapie und Motivationssteigerung gegenüber sozialer Einfluss-nahme favorisiert. Zudem sei der Nachbeobachtungszeitraum mit sechs Monaten in allen drei Studien sehr kurz gewesen, weswegen die Durchführung weiterer Studien unumgänglich sei.

Insgesamt kommen die Autorinnen zu dem Schluss, dass die Interventionen am erfolgreichsten sind, denen Methoden zur Motivationssteigerung zugrunde liegen, wie beispielsweise der Einsatz von Belohnungen oder Prämien, und die speziell auf die Veränderung einer einzelnen Verhaltensweise ausgerichtet sind.

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3.7 Partizipative ergonomische Maßnahmen

Rivilis et al. (2008)Rivilis et al. bieten einen systematischen Überblick über die Literatur zum Thema partizipative Ergonomie (PE) als Bestand- teil der betrieblichen Gesundheitsförderung. PE-Maßnahmen beziehen Beschäftigte in die Planung und Durchführung von Arbeitsvorgängen ein und erhöhen die Einflussnahme auf Arbeits- prozesse und Ziele. Dies geschieht typischerweise in einem Team aus angestellten Beschäftigten bzw. Vertretern der Arbeitnehmer und Managern, Sicherheits- und Gesundheitsexperten und Arbeitswissenschaftlern bzw. -wissenschaftlerinnen. Die Kommunikation und das gemeinsame Lösen von organisa- tionalen Problemen können so positiv die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und damit auch deren Gesundheitszustand verbessern. In den 23 eingeschlossenen Studien wird der Gesundheitszustand anhand von verschiedenen Parametern wie Schmerzen, Symptome, Verletzungs- und Unfallraten, Arbeits- fähigkeit, Absentismus und krankheitsbedingte Abwesenheit beurteilt.

Zwölf Studien von mittlerer bis sehr guter methodischer Qualität wurden bei der Evidenzsynthese berücksichtigt. Die meisten davon waren als Vorher-Nachher-Studien konzipiert und wurden in Europa, Kanada oder den USA durchgeführt. Die untersuchten Maßnahmen bestanden aus arbeitswissenschaftlichen Trainings und Veränderungen auf organisationaler Ebene wie Anpassung des Arbeitsplatzes oder des Arbeitsablaufs. Die Auswertung ergab auf Basis von sechs Studien mit mittlerer bis sehr hoher Qualität eine moderate Evidenz dafür, dass PE-Maßnahmen die Symptome von Muskel-Skelett-Erkrankungen beeinflussen. Basierend auf fünf Studien wurde teilweise Evidenz dafür gefunden, dass PE-Maßnahmen helfen können, Verletzungen aufgrund von Muskel-Skelett-Erkrankungen zu reduzieren. Auf drei Studien basiert die ebenfalls teilweise gefundene Evidenz, dass Fehltage, die durch Muskel-Skelett-Erkrankungen bedingt waren, beeinflusst werden können.

Insgesamt sehen die Autorinnen und Autoren eine konsistent positive Wirkung von PE-Maßnahmen auf gesundheitsrelevante Zielparameter und empfehlen deren Implementierung. Weiterer Forschungsbedarf bestehe hinsichtlich der Nachhaltigkeit der Maßnahmen sowie ihrer wirtschaftlichen Effektivität.

3.8 Zusammenfassung

Die Förderung allgemeiner Gesundheitseffekte von Beschäftigten steht nach wie vor im Zentrum der betrieblichen Gesundheitsför-derung und Prävention. Dies spiegelt sich sowohl in der Anzahl der identifizierten Forschungsarbeiten als auch in der Qualität der Evaluierung wider. Für den Untersuchungszeitraum 2006 bis 2012 liegen insgesamt 32 Reviews und Metaanalysen vor, die die Ergebnisse von beinahe 1000 Einzelstudien auswerten. Auf vielen Handlungsfeldern ist zudem eine relativ starke Konsistenz der Ergebnisse zu beobachten. Sowohl zur Bewegungsförderung als auch zur Gewichtsreduktion oder Rauchentwöhnung haben

sich beispielsweise Programme bewährt, denen verschiedene Maßnahmen – aus dem Bereich der Verhaltens- und Verhältnis-prävention – zugrunde liegen. Daneben gibt es allerdings auch Handlungsfelder mit sehr begrenzter Datenlage. Hierzu zählen insbesondere die Alkoholprävention und die Evaluierung von Gesundheitszirkeln oder partizipativen Maßnahmen. Insbeson-dere in diesen Bereichen der allgemeinen Gesundheitsförderung besteht weiterhin ein hoher Forschungsbedarf, um evidenzba-sierte Handlungsempfehlungen generieren zu können.

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4 Wirksamkeit arbeitswelt-

bezogener Prävention von

psychischen Erkrankungen

Die im Folgenden dargestellten Übersichtsarbeiten zeigen auf, welche Maßnahmen zur Prävention psychischer Erkrankungen bzw. zur Förderung der psychischen Gesundheit derzeit als effektiv bewertet werden. Einbezogen in die Auswertung wurden die in der systematischen Literaturrecherche identifi-zierten 19 Reviews und Metaanalysen, die insgesamt 400 Studien umfassen. Einige dieser Studien wurden in mehreren Reviews berücksichtigt. Einen Überblick über die eingeschlos-senen Reviews bzw. Studien gibt Tabelle A-2 im Anhang.

Der Vorgängerbericht, der iga.Report 13, umfasste den Berichts-zeitraum von 2000 bis 2006. Im Vergleich dazu konnten für den jetzigen Berichtszeitraum mehr Reviews identifiziert werden, die neben Studien zu individuellen Interventionen auch solche einschließen, die die Wirksamkeit von Maßnahmen auf organisa-tionaler Ebene untersuchen. Zwar befasst sich die Mehrzahl der Studien nach wie vor mit Stressinterventionen auf der individu-ellen Ebene, aber einige Arbeiten beschreiben auch Maßnahmen auf organisationaler Ebene oder Kombinationen aus Maßnahmen auf mehreren Ebenen. Als Zielgrößen wurden die Reduktion von Arbeitsstress allgemein oder die Veränderungen einzelner Kom- ponenten betrachtet, seltener auch die Reduktion der Erkran-kungshäufigkeit oder -dauer.

Die Reviews beziehen Studien mit verschiedenen Interventions-arten ein. Unter anderem wurde die Wirkung von Psychoeduka-tion, Entspannung, Sporttherapie oder alternativen Strategien betrachtet. Auch hinsichtlich der Dauer, der Teilnehmenden und der Erhebungsinstrumente sind die betrachteten Studien heterogen. Vergleiche sind daher sowohl für die Verhaltens- als auch für die Verhältnisebene schwierig. Direkte Rückschlüsse auf die Ursächlichkeit zwischen Intervention und Gesundheit sind meist nur für das jeweilige Arbeitsumfeld zulässig.

4.1 Programme zur Prävention von psychischen Erkrankungen

Nach DeFrank und Cooper (1987, zit. nach Giga et al. 2003, S. 159) können in der Prävention von Stress drei Ebenen von Interventi-onen unterschieden werden, die nachfolgend erläutert werden. Sie finden sich auch in den tabellarischen Übersichten der Reviews im Anhang wieder (Tabellen A-1 bis A-3).

Individuelle Stressinterventionen (I): Durch individuelle Programme (wie Entspannungstechniken, Bewegungspro-gramme und Zeitmanagement) sollen Beschäftigte auf indivi- dueller Ebene ein größeres Bewusstsein für Stress entwickeln und Strategien erlernen, dem Stress entgegen zu wirken.Organisationale Interventionen (O): Durch Modifikationen von äußeren Bedingungen (wie Arbeitsabläufe, Arbeitstätigkeiten

und soziale und technische Gegebenheiten) soll die Stressbelas-tung der Beschäftigten reduziert werden.

Individuell-organisationale Interventionen (I/O): Maßnahmen zur Beteiligung von Akteuren und zur Lösung von Rollenkonflikten bilden die Schnittstelle zwischen individuellen und organisatio-nalen Interventionen.

Im Folgenden sollen die Ergebnisse der ermittelten Reviews und Metaanalysen genauer dargestellt werden. Weitere Informationen zu den Einzelstudien können der Tabelle A-2 im Anhang entnom-men werden.

Damiani et al. (2006)Der systematische Review von Damiani et al. befasst sich mit betrieblichen Stressmanagement-Programmen und deren Auswirkungen auf Absentismus. Eingeschlossen wurden neun Studien, die zwischen 1982 und 2005 publiziert wurden, mit experimentellem oder quasi-experimentellem Design. Die untersuchten Stressmanagement-Interventionen bezogen neben der individuellen auch die organisationale Ebene mit ein. Zu den evaluierten Maßnahmen auf individueller Ebene gehörten Feedbackmethoden, Wellness-Seminare, Entspannung, Bewe-gung, kognitive Verhaltensmaßnahmen und Entspannungstech-niken. Maßnahmen auf organisationaler Ebene beinhalteten Strategien wie die Beteiligung von Beschäftigten an Entschei-dungen oder die Modifikation von Arbeitsbedingungen. Die Studien wurden in verschiedenen europäischen Ländern und Bundesstaaten der USA durchgeführt und decken unter-schiedliche Branchen und Sektoren ab.

Absentismus ist der Hauptzielparameter, anhand dessen Damiani et al. die Wirksamkeit der Interventionen beurteilen. Die Messung erfolgte in den Einzelstudien sehr unterschiedlich: als Median der jährlichen Krankentage, als durchschnittliche Zahl von Krankentagen in den vergangenen dreißig Tagen, als der Prozentsatz, den die Krankentage im vergangenen Jahr ausmachten, oder anhand der Absentismusrate.

In insgesamt fünf der neun Studien konnte eine – zum Teil signifikante – Reduktion von Absentismus gezeigt werden. Die verbleibenden Studien fanden dagegen keinen Effekt. Vor allem in Studien mit langer Interventionsdauer (mehr als 24 Wochen) und kurzer Nachbeobachtungszeit (weniger als sechs Monate) wurden positive Resultate gefunden, so dass Damiani et al. von einer guten kurzfristigen Wirksamkeit ausgehen. Mitverantwortlich für die positiven Effekte in einigen Studien können laut Damiani et al. auch methodische Schwächen der Studien sein sowie die wissenschaftlich nachgewiesene Tendenz von Studienteilnehmenden, sich aufgrund des Bewusstseins, unter Beobachtung zu stehen, anders zu verhalten, als sie es natürlicher Weise tun würden. Dieses Phänomen ist als Hawthorne-Effekt bekannt. Eine quantita-tive Auswertung war aufgrund der großen Heterogenität der Studien nicht durchführbar. Die Autoren und die Autorin betrachten ihren Review somit als ersten Vorstoß, die Aus- wirkung von betrieblichen Stressmanagement-Programmen auf Absentismus zu untersuchen.

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Dessen Ergebnisse müssten nach ihrer Ansicht durch weitere Forschung untermauert werden.

Stansfeld und Candy (2006)Stansfeld und Candy untersuchen mittels einer Metaanalyse den Zusammenhang zwischen psychosozialer Arbeitsumgebung und dem psychischen Gesundheitszustand von Angestellten. Dazu wurde der Einfluss von Arbeitsbedingungen wie Handlungs-spielraum oder Arbeitsanforderungen auf die Neuerkrankungs-rate verschiedener psychischer Krankheiten untersucht. Eine in sieben elektronischen Datenbanken durchgeführte Literatur- recherche identifizierte insgesamt elf Übersichtsarbeiten.

Die quantitative Analyse ergab einen positiven Zusammenhang zwischen dem Auftreten psychischer Erkrankungen und verschie- denen arbeitsweltbezogenen Faktoren. Als Effektschätzer wur- den Odds-Ratios (OR) genutzt. Zu den relevanten arbeitsweltbe-zogenen Faktoren zählen eine geringe Entscheidungsfreiheit (OR 1,21), hohe psychische Anforderungen im Job (OR 1,39), hohe Arbeitsbelastungen (OR 1,82), schlechte interkollegiale Verhält-nisse (OR 1,32), ein Ungleichgewicht zwischen Anforderung und Belohnung (OR 1,84) sowie unsichere Beschäftigungsverhältnisse (OR 1,33).

In Übereinstimmung mit den Ergebnissen vorangegangener Untersuchungen kommen Stansfeld und Candy zu dem Schluss, dass der Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und der psychischen Gesundheit von Beschäftigten bewiesen werden konnte. Die von ihnen vermuteten Wirkmechanismen bezeich-nen sie als biologisch plausibel. Dem psychosozialen Arbeitsum-feld und insbesondere den Parametern „Job strain“ (arbeitsplatz-spezifische Belastungen) und „Zusammenspiel von Anforderun-gen und Belohnung“ messen sie daher eine große Bedeutung im Feld der betrieblichen Gesundheitsförderung bei.

Als einen die Aussagekraft beschränkenden Faktor bezeichnen Autor und Autorin die mit elf Studien sehr kleine Studienzahl, die sich auf die Präzision der Odds-Ratios ausgewirkt haben könnte. Aufgrund der guten methodischen Qualität der Einzelstudien und der rigorosen Einschlusskriterien gehen Stansfeld und Candy aber von der Validität ihrer Metaanalyse aus.

Der nächste Schritt wäre nun aus ihrer Sicht die Planung von Interventionsstudien, mit denen die Auswirkungen von modifi-zierten Arbeitsbedingungen auf die psychische Gesundheit von Beschäftigten untersucht werden können.

Egan et al. (2007)Der systematische Review von Egan et al. konzentriert sich auf die Evaluation von Interventionen auf organisationaler Ebene zur Erhöhung der Kontrollmöglichkeiten für Beschäftigte. Anhand von experimentellen Studien sollten sowohl die gesundheitlichen als auch die psychosozialen Auswirkungen betrachtet werden. Zu den erhobenen gesundheitlichen Parametern zählen die selbstberichtete körperliche und geistige Gesundheit, Absentismus und Ergebnisse körperlicher Untersuchungen.

Selbstberichtete Angaben zu Arbeitsanforderungen, Kontroll-möglichkeiten und sozialer Unterstützung ermöglichen Aus- sagen zu psychosozialen Einflussmöglichkeiten.

Über eine umfassende Literaturrecherche in internationalen Datenbanken wurden achtzehn Studien, die zwischen 1981 und 2006 publiziert wurden, identifiziert. Darunter waren zwölf kontrollierte Interventionsstudien ohne Randomisierung, drei unkontrollierte prospektive Interventionsstudien und drei retrospektive Studien.

In sieben Studien wurden Einzelinterventionen mit partizipati-vem Inhalt untersucht. Die Maßnahmen bestanden mehrheitlich aus der Bildung von Beschäftigtenkomitees, die Stressursachen erforschten und Möglichkeiten zur Stressbewältigung erarbei-teten. Den elf anderen Studien lagen Multikomponenten- Programme aus organisationalen und individuellen (n = 4) oder organisationalen und ergonomischen (n = 2) Interven- tionen zugrunde.

Partizipation und Kontrollmöglichkeiten wurden in acht Studien verbessert, in sieben davon wurden gleichzeitig gesundheitliche Parameter verbessert. Arbeitsanforderungen und mindestens ein weiterer gesundheitlicher Parameter konnten in vier Studien positiv beeinflusst werden. Ebenfalls vier Studien zeigten eine gleichzeitige Erhöhung von sozialer Unterstützung und Gesund-heit. In zwei weiteren Studien verbesserte sich die Gesundheit geringfügig. Somit scheinen Interventionen, die Kontrollmöglich-keiten und/oder die Unterstützung am Arbeitsplatz erhöhen, die Gesundheit von Beschäftigten tendenziell zu verbessern. Auch die Reduktion der Arbeitsbelastung scheint sich positiv auf die Gesundheit der Beschäftigten auszuwirken, wobei jedoch einige Studien auch eine Verbesserung des Gesundheits-zustandes mit zunehmenden Arbeitsanforderungen zeigten.

Die gefundenen Ergebnisse sind generell konsistent mit denen epidemiologischer Observationsstudien und stützen aktuelle wissenschaftliche Hypothesen. Allerdings muss laut Egan et al. bei der Interpretation der gefundenen Ergebnisse beachtet werden, dass eine Vielzahl der Interventionen Bestandteil von Multikomponenten-Programmen war, was eine Zuordnung der Effekte zu einer bestimmten Intervention erschwert. Ferner wurde in vielen Studien keine Angabe zur Implementie-rung der Maßnahmen gemacht. Die Autorinnen und Autoren kommen letztlich zu dem Schluss, dass organisationale Maßnah-men ein gesundheitsförderndes Potential besitzen, welches in weiteren Studien belegt werden muss. Dabei sollte insbesondere auch die gesundheitliche Ungleichheit in verschiedenen sozio- ökonomischen Gruppen berücksichtigt werden.

Richardson und Rothstein (2008)Zur Klärung der Effektivität von betrieblichen Maßnahmen zum Stressmanagement führten Richardson und Rothstein eine Metaanalyse von 36 experimentellen Einzelstudien durch.

Dabei wurden insgesamt 55 verschiedene Maßnahmen aus den Bereichen kognitives Verhalten, Entspannung, organisationale

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Veränderungen, Multikomponenten-Programme sowie alterna-tive Programme in die Analyse mit einbezogen. Individuelle und organisationale Interventionen wurden so gleichermaßen abgedeckt – ebenso die Ebenen Primär- und Sekundärprävention. Neben der Frage nach der allgemeinen Effektivität von Program-men zum Stressmanagement sollte auch geklärt werden, welche Interventionsart die besten Ergebnissen erzielt und ob bestimmte Maßnahmen für spezielle Personengruppen besonders geeignet sind. Alle eingeschlossenen Studien wurden nach 1976 in eng- lischer Sprache veröffentlicht und verfügen über ein randomi-siertes Studiendesign. Zwei Drittel der eingeschlossenen Studien wurden in den USA durchgeführt.

Die Effektivität der Interventionen wurde anhand von verschie-denen Zielvariablen beurteilt. Auf der psychologischen Ebene wurde die Wirksamkeit anhand der Variablen Stress, Angst, allgemeine geistige Gesundheit und Zufriedenheit mit der Ar- beit gemessen. In einem Viertel der Studien dienten zusätzliche physiologische Parameter wie Blutdruck oder Hormonspiegel einer umfassenderen Wirksamkeitsbeurteilung. In sechs Studien wurden zudem organisationale Parameter wie Absentismus und Produktivität erhoben.

Der größte Teil der Interventionen kann der Sekundärprävention zugeordnet werden. Nur in acht der 36 Studien wurden primär-präventive Maßnahmen evaluiert. Die am häufigsten unter-suchten Strategien waren Entspannung und Meditation (n = 25) vor kognitivem Verhaltenstraining (n = 20). Die am häufigsten genutzte Übungsform war Gruppentraining (n = 24).

Die Metaanalyse aller Studien ergab einen signifikanten Gesamt-effekt von mittlerer bis großer Effektgröße (Cohens d = 0,526). Zwischen den Einzelstudien wurden allerdings ebenfalls signifi-kante Unterschiede festgestellt. Daher wurde eine Subgruppen-analyse durchgeführt zur Beurteilung der Wirksamkeit verschie-dener Interventionsformen. Wie in einer früheren Metaanalyse von van der Klink aus dem Jahr 2001 konnte für organisationale Interventionen kein Effekt gefunden werden. Multikomponenten- Programme erreichten dagegen kleine, aber dennoch signifikan- te Effekte. Aufgrund der Vielzahl an verschiedenen Einzelkompo-nenten und deren Kombinationen ist eine genaue Zuordnung der Effektivität zu einem Programm allerdings schwer. Die größten Effekte wurden durch kognitive Verhaltensinter- ventionen und alternative Interventionen erreicht. Die Hetero- genität innerhalb dieser Gruppen war jedoch sehr groß.

Weiterhin ist bei der Auswertung der Ergebnisse zu beachten, dass die Effektivität der Interventionstypen anhand von unter-schiedlichen Zielparametern bewertet wurde. Deren Einsatz hing auch von der jeweils untersuchten Interventionsart ab. Insgesamt ist auf dem Gebiet organisational ausgerichteter Interventionen (n = 5) und auch organisationaler Messvariablen ein Mangel an verfügbaren Informationen zu verzeichnen. Auch über Langzeit-effekte ist bislang wenig bekannt. An diesen Punkten sollte aus Sicht der Autorinnen die künftige Forschung ansetzen. Als Fazit ziehen Richardson und Rothstein aus ihrer Metaanalyse, dass Interventionen zum Stressmanagement einen Wert im Rahmen

der betrieblichen Gesundheitsförderung besitzen, und dass das Stressempfinden von Einzelpersonen durch verschiedene Maßnahmen wirksam beeinflusst werden kann.

Ruotsalainen et al. (2008)Der systematische Review von Ruotsalainen et al. ist auf die Wirksamkeit von Stressinterventionen speziell für Beschäftigte im Gesundheitssektor ausgerichtet. Die Datenbasis stammt aus vierzehn RCTs, drei clusterrandomisierten Studien und zwei Crossover-Studien mit insgesamt 2812 Patienten und Patien-tinnen. Allerdings wurden nur zwei der Studien als qualitativ hochwertig eingestuft.

Die Beschäftigten im Gesundheitssektor sind eine sehr spezielle und in sich homogene Personengruppe, auf die Stressprogram-me spezifisch zugeschnitten werden können. Frühere Studien haben gezeigt, dass gerade Beschäftigte im Gesundheitssektor häufig Burn-out, negativen Stress und Unzufriedenheit erleben.

Die in den Review eingeschlossenen Interventionen waren auf Beschäftigte ausgerichtet, die weder psychische Erkrankungen hatten, noch bereits nach Hilfe bei Burn-out und Stress gesucht hatten. Damit ist der Review vorrangig auf die Untersuchung von primärpräventiven Maßnahmen ausgerichtet. Im Hinblick auf die Interventionsebene wurden individuelle, individuell-organisa- tionale und auch rein organisationale Maßnahmen untersucht: in dreizehn der eingeschlossenen Studien wurden individuelle Maßnahmen wie kognitives Verhaltenstraining, Entspannung oder Multikomponenten-Programme evaluiert. Das Erlernen von Problemlösungs- und Entscheidungsstrategien war Inhalt einer Studie, die eine individuell-organisationale Maßnahme unter-suchte. Die Maßnahmen in den fünf verbleibenden Studien waren auf die Änderung organisationaler Bedingungen aus- gerichtet und umfassten Änderungen der Arbeitsbedingungen und Unterstützung durch Vorgesetzte.

Untersuchte Zielparameter waren verschiedene psychische Beschwerdebilder, z. B. Angst, Burn-out und Stress. Stress konnte durch individuelle Maßnahmen in zwei Studien signifikant und durch organisationale Maßnahmen in einer Studie nicht signifi-kant reduziert werden. Drei Studien untersuchten den Einfluss von individuellen Maßnahmen auf Burn-out und konnten eine Verbesserung verschiedener Krankheitsparameter wie Erschöp-fung nachweisen. Auf der Basis von drei Studien konnte weiter gezeigt werden, dass individuelle Maßnahmen sowohl Angst- zustände als auch ängstliche Charaktermerkmale reduzieren können. Zwischen den Studien bestanden allerdings große Unterschiede. Allgemeine Symptome konnten in einer Studie über organisationale Maßnahmen verbessert werden. Drei Studien, die individuelle Maßnahmen in Bezug auf die allgemeine Symptomatik auswerteten, kamen dagegen zu gemischten Resultaten.

Auf der Basis ihrer qualitativen und quantitativen Analyse kommen Ruotsalainen et al. zu dem Schluss, dass begrenzte Evidenz für die Wirksamkeit von individuellen Maßnahmen in

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Bezug auf das Auftreten von Stress, Burn-out und Angst bei Beschäftigten im Gesundheitssektor besteht. Bei organisatio-nalen Interventionen bestehe begrenzte Evidenz für eine wirksame Reduktion von Stress, Burn-out und allgemeiner Symptomatik. Trotz der methodisch anspruchsvolleren Gestal-tung stellen die Autoren und die Autorin fest, dass Studien, die organisationale Interventionen untersuchen, tendenziell eine höhere methodische Qualität aufweisen als solche, die keine organisationalen Interventionen untersuchen. Häufige metho-dische Schwachpunkte waren laut Ruotsalainen et al. fehlende Berichte über die Randomisierung, der Einsatz nicht valider Randomisierungsmethoden sowie kleine Fallzahlen. Auch ein Publikationsbias könne nicht ausgeschlossen werden. Vor einem weitflächigen Einsatz von Stressinterventionen im Gesundheits-sektor raten Ruotsalainen et al. daher zur Durchführung weiterer Studien mit größeren Studienkollektiven und anspruchsvollerem Design. Dabei sollten insbesondere auch verschiedene Interventi-onsarten direkt miteinander verglichen werden.

Graveling et al. (2008)Der umfangreiche Review von Graveling et al. befasst sich mit arbeitsplatzbasierten Interventionen zur Förderung des mentalen Wohlbefindens am Arbeitsplatz. Basierend auf der bestmöglichen Evidenz sollten Praxisempfehlungen und Leitlinien für die Aus- wahl geeigneter Gesundheitsförderungsprogramme gegeben werden. Dazu wurden verschiedene Interventionsansätze aus 66 Studien in den Review integriert: die Implementierung von Antidiskriminierungsrichtlinien, partizipative Ansätze, Stress- management, organisationale Veränderungen mit Bezug auf Anforderungen, Kontrollmöglichkeiten und Unterstützungsange-bote, flexible Arbeitsgestaltung und die Unterstützung von Beschäftigten mit bestehenden psychischen Problemen. Erstellt wurde der Review für Unternehmen, die darin unter-stützt werden sollen, ein effektives und gleichzeitig kosteneffek-tives Präventionsangebot zu finden und eine gesundheitsför-dernde Arbeitsumgebung zu gestalten.

Die Ausrichtung des Reviews ist im Gegensatz zu anderen Arbeiten sehr breit. Die Studienpopulation umfasste Angestellte ab 16 Jahren aus verschiedenen Sektoren. Mit den Zielgrößen Stress, Angst und Depression wird ebenfalls ein weites Feld der psychischen Erkrankungen abgedeckt. Die Reduktion dieser drei Erkrankungen wurde als Erfolgsparameter für die Wirksamkeit der untersuchten Maßnahmen herangezogen. Weiterhin wurden erhoben: Barrieren, Kosteneffektivität und moderierende Faktoren der einzelnen Maßnahmen.

Zur Auswertung der 66 eingeschlossenen Studien haben Graveling et al. die Interventionen in die beiden Gruppen „organisationale Interventionen“ (Primärprävention, n = 25) und „Stressmanagement“ (Sekundärprävention, n = 46) eingeteilt. Die Gruppe der organisationalen Interventionen umfasste Maßnahmen, die vier verschiedenen Subgruppen zugeordnet werden konnten. Die Auswertung von zehn Studien, die sich mit der Evaluation eines partizipativen Ansatzes zur Änderung der Arbeitsbedin- gungen beschäftigten, ergab insgesamt eine unzureichende

Evidenz. Sowohl die untersuchten Interventionen als auch die erhobenen Zielparameter und die Studienteilnehmenden waren für einen Vergleich zu unterschiedlich. Darüber hinaus gab es unter den zehn Studien keine RCTs, und nur vier Studien wurde eine positive Studienqualität nach Dahl-Jorgensen et al. (2005) bescheinigt. Maßnahmen zum Training von Managementper- sonal und Vorgesetzten wurden in vier Studien – darunter drei qualitativ hochwertige RCTs – untersucht. Weder ein webbasier-tes noch ein fachbuchbasiertes Training der Vorgesetzten wirkte sich auf das mentale Wohlbefinden untergeordneter Beschäf-tigter aus. Für Graveling et al. besteht somit nur unzureichende Evidenz. Für die Änderung des Schichtsystems konnte dagegen in zwei kleinen und methodisch schwachen Studien eine Beein-flussung von mentalem Wohlbefinden und Burn-out gefunden werden. Die letzte Kategorie organisationaler Maßnahmen, das Training von arbeitsrelevanten Fähigkeiten, umfasst Ergeb-nisse aus sechs Studien. Während in vier Studien kein Ergebnis gefunden werden konnte, zeigten zwei kleine RCTs, dass psy- chosoziale Interventionen zumindest kurzfristig das Auftreten von Burn-outs reduzieren können.

Die 46 Studien der Kategorie „Stressmanagement“ wurden in fünf Unterkategorien unterteilt. Der ersten Unterkategorie, die die Evaluation von Strategien zur Stressbewältigung beinhaltete, wurden sechzehn Studien zugeordnet. Innerhalb dieser Gruppe gab es große Unterschiede hinsichtlich der betrachteten Interven-tionen und der Bestimmung der Parameter. Da von den acht Studien, deren methodische Qualität positiv bewertet wurde, sechs Studien eine positive Beeinflussung des mentalen Wohl- befindens zeigten, besteht nach Graveling et al. Evidenz für die Eignung solcher Programme. Drei weitere Studien wurden der Unterkategorie „Beratung“ zugeordnet. Davon zeigten die beiden positiv bewerteten RCTs eine Überlegenheit der Intervention gegenüber der Kontrollgruppe. Eine kleine, negativ bewertete Studie führte zu keinem positiven Ergebnis. Der Bereich „Ent-spannung und Bewegung“ war Inhalt der Interventionen in elf Studien. In vier methodisch guten bis sehr guten RCTs sollten Aerobic-Einheiten das geistige Wohlbefinden der Beschäftigten steigern, was in drei Studien bewiesen werden konnte. Entspan-nungstraining war Bestandteil von drei randomisierten und drei nicht-randomisierten Studien (n = 6). Hier wurde nur in einer methodisch schwachen Studie eine signifikante Verbesserung der Zielparameter beobachtet. Laut Graveling et al. besteht demnach unzureichende Evidenz für die Wirksamkeit von Entspannungstechniken. Zur gleichen Einschätzung führt die Auswertung von zwei Studien, die den Einfluss einer Massage-therapie, die ebenfalls dem Bereich „Entspannung und Bewe-gung“ zugeordnet wurde, untersuchten.

Etwas allgemeiner ausgerichtet waren drei Studien zum Themenbereich Gesundheitsförderung, von denen alle positive Ergebnisse fanden. Graveling et al. bescheinigen diesen Pro-grammen daher einen förderlichen Einfluss auf die psychische Gesundheit. Eine exakte Zuordnung zu einer bestimmten Maßnahme sei aufgrund der Komplexität der Programme allerdings schwer.

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Die verbleibenden sechs Studien wurden der Kategorie „andere Maßnahmen“ zugeordnet. Drei Methoden dieser Kategorie führten zu positiven Resultaten: EMDR, Musiktherapie und die Niederschrift von Gefühlen. Um die Wirksamkeit dieser alterna-tiven Methoden klar zu belegen, ist allerdings weitere Forschung nötig.

Marine et al. (2009)Der Cochrane Review von Marine et al. aus dem Jahr 2009 wertet die in den Review von Ruotsalainen eingeschlossenen 14 RCTs, drei cluster-randomisierte Studien und zwei Crossover-Studien aus.

Die Interventionen wurden nach ihrer Ausrichtung in individuelle und organisationale Maßnahmen unterteilt. Zu den individuellen Interventionen zählten Verhaltenstherapie, Entspannung, Musizie- ren, therapeutische Massagen und Multikomponenten-Program-me. Eine durchgeführte Metaanalyse ergab begrenzte Evidenz für die positive Beeinflussung von Stress, Angstzuständen, ängstlichen Charakterzügen und Burn-out-Parametern wie emotionale Erschöpfung und persönliche Leistungsfähigkeit.

Die Metaanalyse von organisational ausgerichteten Interventi-onen wie partizipativen Maßnahmen, Veränderung der Arbeits-organisation und Unterstützung durch Kollegen und Kolleginnen sowie Vorgesetzte ergab ebenfalls begrenzte Evidenz für eine wirksame Reduktion von Stresssymptomen und allgemeinen Symptomen.

Bambra et al. (2009)Im Zentrum des systematischen Reviews von Bambra et al. stehen organisationale Veränderungen des psychosozialen Arbeitsumfeldes und deren Auswirkungen auf die Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten bei Beschäftigten mit verschiedenem sozioökonomischem Status, Alter, Geschlecht oder Herkunft. In einem sogenannten „umbrella review“ (Re- view von Reviews) werteten Bambra et al. zur Klärung dieser Fragestellungen die Ergebnisse von sieben einzelnen systema-tischen Übersichtsarbeiten aus. Diese wurden in Industriestaaten durchgeführt und im Zeitraum von 2000 bis 2007 veröffentlicht. Unter den sieben Übersichtsarbeiten ist der Review von Egan et al. (2007), der auch in diesem Report bereits beschrieben wurde. Zudem wurden eine Arbeit von Aust und Ducki (2004), ein Review von Rivara und Thompson (2000), sowie frühere Veröffentlichungen von Bambra et al. (2007, 2008a, 2008b) berücksichtigt.

Als Bewertungsmaßstab wählten Bambra et al. die Zielparameter Gesundheit, Wohlbefinden und gesundheitliche Ungleichheit. Der gesundheitliche Zustand wurde eingeschätzt über Prävalenz-änderungen bestimmter Erkrankungen, direkte oder indirekte Messung der physischen oder psychischen Gesundheit/Wohlbe-finden, Krankentage, Verletzungen oder gesundheitsbezogene Verhaltensweisen. Das Wohlbefinden wurde mithilfe von Para- metern wie der Lebensqualität, der Work-Life-Balance und des Ausmaßes von Anforderungen, Kontroll- und Unterstützungs-möglichkeiten im Job beschrieben und verglichen.

Die in den Reviews untersuchten organisationalen Maßnahmen wurden von Bambra et al. nach ihrem Hauptanliegen in die Kategorien „vermehrte Kontrollmöglichkeiten für Beschäftigte“ („employee control“, n = 3) und „Veränderung der Arbeitsorgani-sation“ (n = 4) gegliedert.

Maßnahmen, die Beschäftigten mehr Kontrollmöglichkeiten einräumen, beinhalteten entweder eine Erhöhung der Beteili-gungsmöglichkeiten der Beschäftigten an organisatorischen Entscheidungen oder eine Mitentscheidung über Arbeitsaufga-ben. Von den drei eingeschlossenen Reviews fand die For-schungsarbeit von Aust und Ducki (2004) gemischte und unvollständige Resultate. Zwar verbesserten sich in einigen Einzelstudien psychosoziale Parameter und die allgemeine Gesundheit, ein signifikanter Unterschied zwischen Kontroll- und Interventionsgruppen konnte dennoch nicht gefunden werden. Der in diesem Bericht auch aufgenommene Review von Egan et al. (2007) fand, wie beschrieben, positive Effekte auf die selbstberichtete Gesundheit der Beschäftigten. Ein Review von Bambra et al. (2007) zeigte Zusammenhänge zwischen psychi-scher Gesundheit und Kontrollmöglichkeiten sowie Arbeitsanfor-derungen.

Zu den Veränderungen der Arbeitsorganisation gehörte unter anderem die Modifikation von Schichtarbeit. Ein Review von Bambra (2008a) fand in diesem Zusammenhang eine Verbesse-rung der Work-Life-Balance und eine niedrigere Verletzungsrate. Ein zweiter Review von Bambra (2008b) bestätigte die Verbes-serung der Work-Life-Balance und identifizierte bestimmte Schichtmerkmale, die als Voraussetzung dafür gegeben sein müssen: schnelle Schichtwechsel, Vorwärtswechsel und Selbst- einteilung der Schichten. Egan et al. (2007) fanden eine mit einer Privatisierung einhergehende Verschlechterung psychosozialer Parameter. Die Einführung von Gesundheits- und Sicherheitsricht-linien, die in dem Review von Rivara und Thompson (2000) untersucht wurde, führte zu niedrigeren Verletzungsraten.

Die Zusammenfassung der Ergebnisse aus fünf Reviews zu gesundheitlichen Ungleichheiten zeigte, dass vor allem Männer sowie ältere Beschäftigte und Angehörige ethnischer Minder-heiten von den Maßnahmen profitierten. Letztlich kommen Bambra et al. zu der Bewertung, dass organisatorische Verän- derungen des Arbeitsumfeldes wichtige und grundsätzliche gesundheitliche Vorteile für die Beschäftigten mit sich bringen. Gesundheitliche Ungleichheit kann möglicherweise ebenfalls wirksam reduziert werden. Um die Gesundheit von Beschäftig-ten zu verbessern, empfehlen die Autorinnen und der Autor daher die Implementierung organisationaler Interventionen. Insgesamt könne aufgrund methodischer Schwächen und der geringen Zahl an Studien zu den einzelnen Maßnahmen keine eindeutige Evidenz gefunden werden.

Corbiere et al. (2009)Corbiere et al. geben einen Überblick über die aktuelle Literatur und stellen wirksame Interventionen in der Prävention von psychischen Gesundheitsproblemen vor. Eingeschlossen wurden dazu 24 Studien, die in internationalen Journalen im Zeitraum

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zwischen 2001 und 2006 in englischer oder französischer Sprache veröffentlicht wurden. 50 Prozent der Studien wurden in Europa durchgeführt.

Der größte Teil der Studien (n = 14) beschäftigte sich mit sekundärpräventiven Maßnahmen. Nur acht Studien unter-suchten primärpräventive Maßnahmen, und zwei beinhalteten Maßnahmen beider Typen. Alle Interventionen ließen sich einer der folgenden zwölf Kategorien zuordnen: psychosoziales Training, kognitive Verhaltenstherapie, partizipative organisatio-nale Maßnahmen, Programme zur Verbesserung des Manage-ments, Entspannung und Sport, Stressmanagement, Psychoedu-kation, Psychosynthese, webbasiertes Training, Arbeitszeitenän-derung und emotionsorientierte Maßnahmen. Somit wurden sowohl individuelle als auch organisationale Maßnahmen durch den Review abgedeckt. In einem Drittel der Studien wurden individuelle, organisationale und an Gruppen gerichtete Inter-ventionen kombiniert – meist mit einer psychosozialen oder partizipativen Komponente. In dieser Interventionsgruppe konnte eine signifikante Verbesserung von mentalen und arbeitsbezo-genen Parametern erreicht werden.

Insgesamt wurden in 42 Prozent aller eingeschlossenen Studien positive Effekte gefunden. Weiterhin führten alle Studien, die als Zielparameter die psychische Gesundheit erhoben hatten, zu einem positiven Ergebnis. Aufgrund der großen Heterogenität der erhobenen Zielparameter und der Studiendesigns konnte eine quantitative Analyse nicht durchgeführt werden. Corbiere et al. empfehlen daher, die aus ihrer Sicht vielverspre-chenden Ergebnisse weiterhin mit Vorsicht zu interpretieren.

Martin et al. (2009)Im Zentrum der Arbeit von Martin et al. stehen Depressionen und Angstsymptome und ihre Beeinflussbarkeit durch Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung. Das Ziel der Autorinnen war, mithilfe einer Metaanalyse die geeignetsten Interventionen für die Prävention dieser beiden psychischen Krankheitsbilder zu ermitteln. In die Auswertung wurden Interventionen verschie-dener Ebenen und Ausrichtungen mit einbezogen. Neben direkt auf die Prävention von Depressionen oder Angst ausgelegten Interventionen wurden auch Interventionen berücksichtigt, die auf Risikofaktoren dieser Erkrankungen ausgerichtet waren. Erhobene Zielparameter waren demnach Scores von spezifischen Depressions- und Angstskalen (BDI, DASS), kombinierten Skalen (GHQ) oder Subskalen allgemeiner Gesundheitsscores (SF 12 mental health summary score) sowie gesundheitliche Verhal-tensweisen wie Rauchen, Substanzgebrauch, chronische Erkrankungen oder Inaktivität.

Die Literaturrecherche ergab 22 Studien, die alle Einschlusskrite-rien erfüllten, von denen wiederum siebzehn Studien aufgrund ihrer methodischen Voraussetzungen in die Metaanalyse einge- schlossen werden konnten. Hinsichtlich des Designs wurden sowohl RCTs und quasi-experimentelle Studien, als auch nicht- kontrollierte Studien mit eingeschlossen. Die meisten der einge- schlossenen Studien untersuchten individuelle Maßnahmen wie Stressmanagement und kognitive Verhaltenstherapie, nur einer

Studie lag eine organisationale Maßnahme (Veränderung des Arbeitsumfeldes) zugrunde.

Ergebnis der Metaanalyse waren kleine positive Effekte auf Depressionen (standardisierte Mittelwertdifferenz: 0,28; 95-Prozent-Konfidenzintervall 0,12–0,44) und Angst (standardi-sierte Mittelwertdifferenz: 0,29; 95-Prozent-Konfidenzintervall 0,06–0,53). Eine Subgruppenanalyse von direkt auf psychische Zielparameter ausgerichteten Studien ergab vergleichbare Ergebnisse. Erreichte Ergebnisse wurden über die Nachbeobach-tung aufrechterhalten. Allerdings wurden Follow-up-Daten nur in neun Studien veröffentlicht. Eine Beeinflussung der psychi-schen Gesundheit allgemein konnte nicht bestätigt werden. Da die gefundenen Resultate mit denen früherer Metaanalysen konsistent sind und aus der Public-Health-Perspektive auch kleine Effekte, wie Martin et al. sie gefunden haben, von großer Relevanz für die Bevölkerung sind, empfehlen die Autorinnen eine weitreich-ende Anwendung sowohl von direkt als auch von indirekt auf Depressionen und Angst gerichteten Maßnahmen.

Peñalba et al. (2009)Der Cochrane-Review von Peñalba et al. bewertet psychosoziale Interventionen zur Prävention psychologischer Störungen bei Polizeibeamten. Die Fokussierung auf diese Beschäftigungs- gruppe begründen die Autoren und die Autorin mit der höheren Krankheitsrate und dem Auftreten spezifischer Stressoren in diesem Sektor. Besonders psychologische Erkrankungen und Symptome wie Depressionen, Burn-out und emotionale Erschöpfung treten überproportional häufig auf. Aus zehn randomisierten und quasi-randomisierten Studien sind Daten von 583 Polizeibeamten und Militäroffizieren jeglichen Alters, Geschlechts und Herkunftslands mit und ohne vorbestehende psychische Erkrankung verfügbar. Allerdings machten nur fünf Studien Angaben zu Zielparametern.

Als primäre Zielparameter wurden das Auftreten psychischer Erkrankungen und das Auftreten bzw. die Zunahme psychischer Symptome definiert. Weitere Endpunkte waren verhaltens- und arbeitsbezogene Parameter, die Lebensqualität, unerwünschte Ereignisse und die Akzeptanz eines Programms.

Bezüglich der Interventionsart gab es keine Einschränkungskrite-rien. Generell als psychosoziale Intervention wurden alle psycho- logischen und sozialen Maßnahmen sowie Interventionen mit einem psychosozialen Fokus innerhalb eines mehrschichtigen Programms definiert. Mögliche Interventionen waren kognitive Verhaltenstherapie, Beratung, soziale Unterstützung, Stressma-nagement, Psychoedukation, Entspannung, psychodynamische Therapie, aerobes und anaerobes Training, Zirkeltraining und Fitnesstraining. In den Review mit aufgenommen wurden schließlich zehn Studien: drei Bewegungsinterventionen und sieben psychologische Interventionen. Ausgeschlossen wurden vierzehn Studien aufgrund fehlender Randomisierung oder fehlenden Bezugs zum Themenspektrum des Reviews.

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Ein primärpräventiver Ansatz wurde nur in einer Studie unter-sucht, mit „Mental Imaging Training“ als zentraler Interventions-strategie. Im Vergleich zur Kontrollgruppe konnte das Auftreten von Depressionen als primärer Endpunkt signifikant verbessert werden. Weitere signifikante Veränderungen wurden bei den sekundären Endpunkten „Schlaf“ und „Zynismus“ erreicht. Bei anderen primären und sekundären Endpunkten wurde entweder kein Effekt gefunden (Burn-out, Erschöpfung, Jenkins activity) oder ein geringerer Effekt im Vergleich zur Kontrollgrup-pe (Krankheitsbewältigung, allgemeine Gesundheit).

Im Bereich der Sekundärprävention verglich eine Studie (unter-stützt durch zwei weitere) die Effektivität einer Intervention gegenüber einer Kontrollgruppe. Signifikant verbesserte Endpunkte waren die Ergebnisse der Subskalen „Angst“, „Depressionen“, „allgemeine Symptome“ und „körperliche Symptome“. Bei vier weiteren Subskalen ergab sich keine signifikante Verbesserung („Feindseligkeit“, „Somatisierung“, „erlebter Stress“, „Job descriptive Scale“). Der Vergleich zweier sekundärpräventiver Interventionen war ebenfalls Inhalt einer Studie (unterstützt durch zwei weitere). Durch die psychotrauma-tologische Behandlungsmethode „Eye Movement Desensitization and Reprocessing“ (EMDR, wörtlich auf Deutsch: ‚Augenbewe-gungs-Desensibilisierung und Wiederaufarbeitung‘) wurde eine signifikante Verbesserung bei Wut als Charaktermerkmal, Post- traumatischer Belastungsstörung (PTSD) und Stress erreicht. Situative Wutzustände und Jobstress konnten nicht signifikant verbessert werden.

Aufgrund der Heterogenität der Untersuchungsstichproben und Interventionen konnte keine quantitative Analyse der Daten durchgeführt werden. Dazu kommt ein geringer Umfang an verfügbaren Daten: die nur aus wenigen Studien bestehende Datengrundlage ist nach Einschätzung von Peñalba et al. wenig robust. Für die sportbasierten Interventionen sehen Peñalba et al. nur unzureichende Evidenz für deren Wirksamkeit. Dafür, dass psychosoziale Maßnahmen wirken, sehen sie keinen Beleg. Die Durchführung weiterer großer Studien mit hinreichender statistischer Power und guter methodischer Qualität sei für die Generierung einer allgemeinen Empfehlung daher unerlässlich.

Czabala et al. (2011)Czabala et al. beschäftigen sich in ihrer Literaturübersicht eben- falls mit der Einsatzfähigkeit von psychosozialen Interventionen in der betrieblichen Förderung der psychischen Gesundheit. Studienpopulation waren hier Beschäftigte aller Branchen und ohne Beschränkung hinsichtlich Alter, Arbeitszeit oder Vertrags-länge. Eine Spezifikation wie im Review von Peñalba et al. gab es hier also nicht, was eine größere Generalisierbarkeit mit sich bringt.Insgesamt beruht die Auswertung von Czabala et al. auf 79 Stu- dien, die im Zeitraum von 1988 bis 2009 in englischer Sprache veröffentlicht wurden. In dieser großen Zahl an Studien waren sowohl individuelle Maßnahmen (n = 52) als auch organisatio-nale Maßnahmen (n = 8) und kombinierte Interventionen (n = 19) enthalten. Inhaltlich wurde ebenfalls eine Fülle von Themen durch zahlreiche verschiedene Interventionsansätze abgedeckt. Allerdings wurden nur wenige Interventionen in

mehreren Studien untersucht. Für die Analyse wurden die ver- schiedenen Interventionen daher in sechs Gruppen zusammen-gefasst: Training von persönlichen Fähigkeiten im Umgang mit Stressoren (n = 35), Verbesserung von arbeitsrelevanten Fähig- keiten (n = 13), Veränderung der Arbeitsbedingungen (n = 6), Entspannungstechniken (n = 6), körperliche Aktivität (n = 2) und Multikomponenten-Programme (n = 14).

Die Wirksamkeit der Interventionen wurde mithilfe von 99 verschiedenen Zielparametern beurteilt. Die Autorinnen und der Autor fassten daher auch hier vereinfachend die Parameter in fünf Kategorien zusammen: Stressmanagement (37 Prozent der Studien), Verbesserung der psychischen Gesundheit (sech-zehn Prozent der Studien), Erhöhung der Arbeitszufriedenheit und Verbesserung der Arbeitsbedingungen (achtzehn Prozent der Studien), Erhöhung der Jobeffektivität (23 Prozent der Studien) und Reduktion von Absentismus und Krankheitstagen (sechs Prozent der Studien). Häufigste Zielvariablen waren Stress, die subjektiv eingeschätzte geistige Gesundheit, Angst, Burn-out und Jobzufriedenheit. Gemessen wurden diese Endpunkte mithilfe von 169 verschiedenen Messinstrumenten, wovon nur neunzehn in mehr als einer Studie genutzt wurden.

Ziel der Literaturdurchsicht von Czabala et al. war die Identifika- tion des effektivsten Ansatzes in der Förderung der psychischen Gesundheit. Dieser Anspruch konnte aufgrund der Vielzahl ver- schiedener Interventionen, Zielvariablen und Messinstrumente und der methodischen Qualität der Studien nicht erfüllt werden. Eine hohe methodische Studienqualität wurde achtzehn Einzelstudien bescheinigt. Zu einer schlechteren Bewertung führten oft kleine Studienpopulationen mit weniger als fünfzig Teilnehmenden und kurze Nachbeobachtungsphasen. In Studien mit moderater bis guter Studienqualität hatten die untersuchten Interventionen einen positiven Einfluss auf gut die Hälfte der erhobenen Zielparameter. Als besonders vielversprechend sehen Czabala et al. das Verfahren des Stress-Inoculation-Trainings an. Weiterhin wirkten sich eine Anpassung des Programms an die jeweilige Zielgruppe und der Einbezug organisationaler Komponenten günstig auf den Erfolg eines Programmes aus. Insgesamt gelang der Nachweis der Effektivität von psycho- sozialen Interventionen zur Förderung der psychischen Gesund-heit im betrieblichen Kontext nicht vollständig. Neben besseren methodischen Standards müssten nachfolgende Studien auch neue Indikatoren und Konzepte zur Messung der positiven psychischen Gesundheit beinhalten.

Awa et al. (2010)Ziel des Reviews von Awa et al. ist die Evaluation von Maßnah-men zur Burn-out-Prävention. Neben dem Arbeitsplatz wurden auch andere Settings mit einbezogen.

Die in den 25 eingeschlossenen Studien (1995 bis 2007) unter- suchten Maßnahmen waren zu 68 Prozent individuell ausgerich-tet und umfassten kognitive Verhaltenstherapie, Kommunikati-onstraining, Beratung, Entspannung und Sport. Nur zwei Studien untersuchten organisationale Maßnahmen wie die Restrukturie-rung von Arbeitsaufgaben, partizipative Methoden, Anpassung

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von Arbeitsanforderungen und Kontrollmöglichkeiten. Eine Kombination aus individuellen und organisationalen Maßnahmen lag acht Einzelstudien zugrunde. Vierzehn Studien waren als RCT konzipiert. Mit 48 Prozent wurden die meisten Studien in den Niederlanden durchgeführt.

Bewertungsgrundlage war die Beeinflussung von Burn-out, Burn-out-Komponenten sowie Burn-out-Risikofaktoren wie Angstzuständen, Stress, Depressionen, Schuldgefühlen, Blutdruck und Schlafstörungen. Zusätzlich wurden in 24 Prozent der Studien organisationale Parameter erhoben.

Insgesamt konnte in 80 Prozent der eingeschlossenen Studien Burn-out reduziert werden. 90 Prozent dieser Veränderungen waren statistisch signifikant. Eine separate Analyse der vierzehn RCTs kam zu vergleichbaren Ergebnissen. Awa et al. führt dieses Ergebnis zu dem Fazit, dass Maßnahmen zur Burn-out-Prävention förderlich für die geistige Gesundheit sind. Da sich die Effekte jedoch im Laufe der Zeit verlieren, empfehlen die Autorinnen zusätzliche Auffrischungskurse, um die günstigen Effekte lang- fristig zu erhalten. Im Hinblick auf die Art der eingesetzten Inter- vention empfehlen Awa et al. kombinierte Maßnahmen mit indi- viduellen und organisationalen Elementen. Alle Studien, die auf kombinierten Interventionen beruhten, konnten Burn-out signi- fikant reduzieren. Zudem wurde durch solche Maßnahmen auch eine größere Nachhaltigkeit der Ergebnisse erreicht. Um eine weitere Optimierung zu erreichen, sollte diese Interventionsart in weiteren Studien erforscht werden.

Nieuwenhuijsen et al. (2010)Nieuwenhuijsen et al. untersuchten in ihrem systematischen Review weniger die Wirksamkeit von Interventionen als viel- mehr den Einfluss der psychosozialen Arbeitsumgebung auf das Auftreten von stressbedingten Störungen. Von besonderem Interesse war dabei der Beitrag von arbeitsbedingten Risiko- faktoren zur Entstehung von Stresserkrankungen.

Zur Klärung dieser Frage wurden insgesamt sieben prospektive Studien, die bis 2008 veröffentlicht wurden, ausgewertet. Gesicherte Ergebnisse sind, dass insbesondere hohe Ansprüche im Arbeitsalltag, geringe Kontrollmöglichkeiten und geringe Unterstützung durch Kollegen und Kolleginnen bzw. Vorgesetzte, eine geringe Gerechtigkeit und ein großes Ungleichgewicht zwischen Aufwand und Belohnungen die Inzidenz von stressbe-zogenen Störungen erhöhen. Für alle diese Zusammenhänge ergab eine Metaanalyse starke Evidenz. Nieuwenhuijsen et al. schlussfolgern aus diesen Resultaten, dass eine Verbesserung des psychosozialen Arbeitsumfeldes sich umgekehrt präventiv auf die Entstehung von Stresserkrankungen auswirken kann. Einzelheiten sollten in weiteren Studien geklärt werden.

Robinson et al. (2010)Der Review von Robinson et al. gibt einen Überblick über die Evidenz von Interventionen zur Förderung der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz. Auswertungsgrundlage waren veröffentlichte wissenschaftliche Arbeiten sowie unveröffentlich-te graue Literatur, also solche Publikationen, die nicht über den Buchhandel erhältlich sind.

Die umfassende systematische Recherche ergab 23 Studien, die eine Vielzahl verschiedener Interventionen auf unterschiedlicher Präventionsebene (Primär-, Sekundär-, Tertiärprävention) und mit unterschiedlichem Fokus (individuums-, organisationsbezogen, kombiniert) beinhalteten.

Zielparameter waren in den meisten Studien Faktoren auf individueller Ebene wie körperliche Symptome, Stress, psychische Gesundheit oder Jobzufriedenheit. Organisationale Parameter wie Absentismus wurden weniger häufig erhoben.

Als besonders effektiv wurden Interventionen, die partizipative Ansätze beinhalteten, und gut strukturierte Interventionen be- wertet. Zudem waren individuell ausgerichtete Interventionen, bei denen verschiedene Aspekte abgedeckt wurden, besonders effektiv. Auch die Kombinationen von individuellen und organi-sationalen Maßnahmen erwiesen sich als besonders wirksam.

Ridge et al. (2011)Im Zentrum des Artikels von Ridge et al. steht die Entwicklung einer webbasierten Stressmanagement-Intervention für Betreu- ungspersonal, das in der psychologischen Rehabilitation be- schäftigt ist. Teil dieser Arbeit ist auch eine Literaturdurchsicht erprobter Stressmanagement-Interventionen und die Identifikati-on erfolgreicher Interventionsansätze. Die Auswertung von 37 Artikeln ergab mehrere für den psychologischen Gesundheits-sektor erfolgversprechende Methoden. Dazu zählen kognitive und verhaltenstherapeutische Techniken, für die der Review von Marine et al. (2009) starke Evidenz gefunden hatte. Strategien zur Problemlösung erwiesen sich erfolgreich in der Reduktion von Angst, Burn-out und psychologischem Stress sowie der Erhöhung der Jobzufriedenheit. Die Fähigkeiten zur Stressbewälti-gung wurden des Weiteren durch Strategien zum Zeitmanage-ment verbessert. Kommunikationstraining führte in zwei Studien ebenfalls zu positiven Ergebnissen, wie der Reduktion von Burn- out. Weitere wirksame Ansätze sind Entspannungstechniken und das Training von für den Job wichtigen Fähigkeiten.

Stergiopoulos et al. (2011)Der systematische Review von Stergiopoulos et al. thematisiert ein sehr spezielles Gebiet im Bereich psychischer Erkrankungen: arbeitsbedingte posttraumatische Belastungsstörungen. Evaluiert wurden Interventionen, die an Betroffene gerichtet sind, um deren Arbeitsfähigkeit und berufliche Perspektive zu verbessern. Solche Interventionen wurden in sechs Einzelstudien und einem systematischen Review beschrieben. Die Studien wurden zur Hälfte in den USA und zur anderen Hälfte in Europa (Niederlande, Schweden) durchgeführt und waren als RCT (n = 3) oder als Prä-Post-Studie (n = 3) konzipiert.

Besonders gefährdete Berufsgruppen sind Beschäftigte bei Polizei und Feuerwehr, Notärzte, Fabrikangestellte und Bank- angestellte. Die Studienpopulationen bestanden daher aus Polizeibeamten, Beschäftigten des öffentlichen Personennah- verkehrs und verletzten Arbeitern bzw. Arbeiterinnen aus verschiedenen Branchen.

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Eine untersuchte Behandlungsmaßnahme war die Methode EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing), die explizit für traumatisierte Personen entwickelt wurde. Sie führ- te als zweimonatige Intervention in einer Gruppe betroffener Angestellter im öffentlichen Personennahverkehr zu einer signifikanten Reduktion der Prävalenz und zu einer Steigerung der Arbeitskapazität.

In drei Studien wurde die Wirksamkeit der Expositionstherapie untersucht. Die im Mittel erreichte Rate der Beschäftigten, die nach einer traumatischen Verletzung an den Arbeitsplatz zurückkehren konnten, lag bei 85 Prozent.

Die vielseitige Psychotherapie ist eine Kombination aus kogni-tiver Verhaltenstherapie und psychodynamischen Methoden und wurde in einer Studie mit Polizeibeamten untersucht. Nach sechzehn Wochen, in denen die Betroffenen einmal wöchentlich eine Einzelsitzung erhalten hatten, lag die Rück-kehrquote an den Arbeitsplatz bei 77 Prozent.

Zusammen betrachtet besteht für Stergiopoulos et al. starke Evidenz für die Wirksamkeit von arbeitsplatzbasierten Psycho-therapiemaßnahmen zur Reduktion von posttraumatischen Belastungsstörungen. Limitierend für die Verallgemeinerbarkeit dieser Ergebnisse sehen sie einen möglichen Publikationsbias, die kleine Zahl an Einzelstudien, die kurze Nachbeobachtungs-phase und die große Heterogenität der untersuchten Studienkol-lektive. Aus diesen Gründen halten die Autorinnen weitere Forschung für notwendig.

Dietrich et al. (2012)Eine Übersicht über evidenzbasierte Präventionsansätze in der Sekundärprävention von arbeitsbedingten Depressionen bietet der systematische Review von Dietrich et al. Sekundärprävention von Depressionen richtet sich dabei an Beschäftigte mit einem hohen Risiko für das Auftreten einer Depression und soll das Erkennen von Betroffenen in einem frühen – gut behandel- baren – Krankheitsstadium erleichtern.

Die Durchsicht der bis 2010 veröffentlichten Literatur zum Thema ergab 9.173 Artikel, wovon allerdings nur eine einzige Studie alle Einschlusskriterien erfüllte und in den Review aufgenommen wurde (French ARAND Programm, Godard et al., 2006). Studien, die die Behandlung von Depressionen evaluierten (Psychotherapie, Medikation) wurden ebenso ausgeschlossen wie Entspannung, Stressmanagement, Wellness, Sport und Burn-out-Programme. Auch Studien, die auf psychologische Erkrankungen allgemein ausgerichtet waren, wurden in diesem Review nicht berücksichtigt.

Bei den Teilnehmenden der eingeschlossenen Studie von Godard et al. handelt es sich dagegen um 9.743 krankgeschrie-bene Angestellte zweier französischer Gas- und Stromkonzerne, bei denen mindestens ein Anzeichen einer depressiven Störung diagnostiziert wurde. Die Intervention in dieser Studie war ein sekundärpräventives Programm, das während einer medizi-nischen Untersuchung angeboten wurde und aus einem

Screening, der Besprechung der Befunde mit Ausgabe von Schulungs- und Informationsmaterial über die festgestellte Krankheit und der Empfehlung, einen Arzt zu konsultieren, bestand. Verglichen mit einer Kontrollgruppe führte diese Intervention zu einer signifikant erhöhten Heilungsrate nach einem Jahr. Soziodemografische Subgruppen, die von dieser Intervention profitierten, waren zum einen Patienten und Patientinnen über vierzig Jahren, bei denen eine Spontanremis-sion selten zu beobachten ist, und Männer. Die besonders von Depressionen betroffenen Bevölkerungsgruppen wie Frauen und die Altersgruppe der 35- bis 44-Jährigen wurden dagegen durch das Programm weniger gut erreicht. Limitierend für die Verallge-meinerbarkeit dieser Studie ist, dass die Einteilung in die Kon- trollgruppe nicht zufällig erfolgte und somit zu einem Bias geführt haben könnte.

Vor dem Hintergrund der hohen Prävalenz von Depressionen und der hohen individuellen und auch gesellschaftlichen Belastung durch diese Erkrankung kritisieren Dietrich et al. den Mangel an geeigneten Studien und die Vernachlässigung der Thematik in der aktuellen Forschung. So könne aktuell nur auf der Basis einer einzigen quasi-experimentellen Studie geschlussfolgert werden, dass die Bereitstellung der Diagnose in Kombination mit psycho- edukativen Maßnahmen die Schwere der Symptome bessere und die Remissionsrate bei depressiven Angestellten erhöhe. Die Autorinnen und Autoren fordern daher, dass die zukünftige Forschung neben den schon gut untersuchten Stressinterventi-onen nun auch verstärkt Interventionen zur Prävention von arbeitsbedingten Depressionen berücksichtigen und dabei den Fokus insbesondere auf speziell auf Hochrisikogruppen ausge-richtete Programme legen solle.

Walter et al. (2012)Der Review von Walter et al. gibt einen Überblick über indivi- duelle und organisationale Maßnahmen zur Prävention von Burn-out im beruflichen Setting.

Anknüpfend an vorherige Reviews wurde eine systematische und umfassende Literaturrecherche in den Datenbanken MEDLINE, PsycINFO und Psyndex für den Zeitraum 1995 bis 2011 durchgeführt. Insgesamt konnten so 34 Interventionsstudien identifiziert werden, die Strategien zur Burn-out-Prävention bei Angestellten und Selbstständigen aus den Bereichen Gesundheit, Betreuung, Technik, Sozialarbeit, Feuerwehr und öffentlicher Dienst untersuchten. Durchgeführt wurden diese Studien mehrheitlich in den Niederlanden (44 Prozent) und anderen europäischen Ländern sowie den USA, Australien und Kanada.

In den Studien wurden verschiedene Maßnahmen zur Prävention von Burn-out untersucht, wobei mit 71 Prozent der größte Teil individuumsbezogen war. Zu diesem Bereich gehörten beispiels-weise Strategien wie kognitive Verhaltenstherapie, Kommunika-tionstraining, Beratung, Supervision, soziale Unterstützung und Entspannungstraining. Die verbleibenden Studien (29 Prozent) analysierten kombinierte Interventionen, wozu Veränderungen des Arbeitsumfelds und der Arbeitsabläufe sowie teambezoge- nes Coaching zählten.

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Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen wurde über die Prävalenz von Burn-out und Burn-out-relevanten Parametern bestimmt, die mit standardisierten Instrumenten erfasst wurde. Zu den relevanten Parametern zählten einerseits individuelle Risikofak-toren wie depressive Stimmung, Angst, Widerstandsfähigkeit und die persönliche Wahrnehmung von Stress, Anforderungen und Belohnung. Andererseits wurden organisationale Parameter wie Fluktuationsraten, quantitative und qualitative Arbeitsbelastung, Arbeitszufriedenheit und Handlungs-/Entscheidungsspielräume betrachtet. Ergänzend waren körperliche Parameter wie Blutdruck und Schlafstörungen relevant.

Die Auswertung ergab, dass drei Viertel der individuellen Interventionen zu einer signifikanten Reduktion von Burn-out bzw. Burn-out-Dimensionen führte. In der Hälfte der Studien konnte eine langfristige Burn-out-Reduktion erreicht werden. Burn-out-Komponenten wie Depersonalisierung und persönliche Leistungsfähigkeit konnten dagegen nur bis zu sechs Monate nach Interventionsende positiv beeinflusst werden. Eine Aus- nahme bildete eine Intervention, die ein regelmäßiges Auffri-schungsangebot beinhaltete: hier konnten positive Effekte über 2,5 Jahre aufrechterhalten werden. Kombinierte Ansätze führten zu ähnlich guten Ergebnissen: in 70 Prozent der Studien konnte eine signifikante Reduktion von Burn-out erreicht werden. Die Analyse von Studien mit Nachbeobachtung (Follow-up) zeigte zudem eine langfristige Wirkung: in 63 Prozent der Studien mit Follow-up konnten positive Ergebnisse für mindestens sechs Monate aufrechterhalten werden. Eine Studie zeigte auch drei Jahre nach der Intervention eine signifikante Burn-out-Reduktion.

Psychologische Parameter wie Angst, Depressionen und Stress konnten in der Hälfte der Studien positiv beeinflusst werden, wobei mehrheitlich keine Langzeitdaten erhoben wurden. Gesundheitliche Parameter wurden in 21 Prozent der Studien mit zumeist positivem Ergebnis erhoben. In vielen Fällen konnte die Verbesserung körperlicher Symptome auch langfristig aufrecht-erhalten werden. Der Parameter soziale Unterstützung war ebenfalls Bestandteil in 21 Prozent der Studien. Sowohl kurz- als auch langfristig führten die Interventionen nicht zu einheit-lichen Ergebnissen. Gut ein Viertel der eingeschlossenen Studien ermittelte den Einfluss von Burn-out-Prävention auf arbeitsorga-nisatorische Parameter wie arbeitsplatzbezogene Stressoren und das Anstrengungs-Belohnungs-Gleichgewicht. Während Studien mit individuumsbezogenen Interventionen diese Parameter weitestgehend nicht erhoben, fand in Studien mit kombiniertem Interventionsansatz immer eine Bewertung von arbeitsorganisa-torischen Parametern statt. Positive Ergebnisse konnten aller-dings nur in wenigen Studien gefunden werden. Als Resümee ziehen Walter et al., dass sich die Studienlage zum Thema Burn-out-Prävention in den letzten fünf Jahren erheblich verbessert habe. In diesem Zeitraum habe sich sowohl die Zahl der Veröffentlichungen enorm gesteigert als auch deren Qualität. Dies zeige sich insbesondere an längeren Nachbeobachtungs-zeiträumen, die eine Abschätzung der Langzeiteffektivität ermöglichten. Der Großteil der Studien sei mit bestmöglichem Evidenzgrad bewertet worden. Nach wie vor überwögen Studien, die individuumsbezogene Ansätze untersuchten. Hinsichtlich

der Wirksamkeit der untersuchten Maßnahmen seien in insge-samt 76 Prozent der Studien positive Resultate erzielt worden. Die Ermittlung wirksamer Interventionselemente und die differenzierte Betrachtung von Berufs- und Bildungsgruppen sollten Bestandteil zukünftiger Forschungsprojekte sein.

4.2 Zusammenfassung

Kaum ein Gebiet ist so heterogen wie das der Maßnahmen zur Prävention von psychischen Erkrankungen bzw. der Förderung des psychischen Wohlbefindens.

Dies betrifft nicht nur die eingesetzten Maßnahmen. Auch die verwendeten Zielparameter und Erhebungsinstrumente sind vielfältig. So berichten Czabala et al. in ihrem Review, dass in den 79 eingeschlossenen Studien die Wirksamkeit der Intervention anhand von 99 verschiedenen Zielparametern beurteilt wurde. Als Zielparameter werden oft psychische Krankheitsbilder wie Angststörungen oder Depressionen definiert, für die es zahl-reiche zugrunde liegende Komponenten gibt. Die Definition des Parameters Stress ist ebenfalls sehr vielfältig und wenig einheitlich. Ermittelt werden diese Zielparameter bzw. deren zugrunde liegende Komponenten wiederum mit 169 verschie-denen Erhebungsinstrumenten. Die Vergleichbarkeit der Studienergebnisse wird dadurch enorm eingeschränkt. Dennoch bleibt festzuhalten, dass es für den Zeitraum 2006 bis 2012 einen starken Zuwachs an Reviews und Einzelstudien gibt. Vielfach werden in diesen Studien positive Effekte auf die psy- chische Gesundheit von Beschäftigten berichtet. Ein Großteil der Autorinnen und Autoren bestätigt den untersuchten Interventi-onen daher Potential als wirksame Strategien in der betriebli- chen Gesundheitsförderung und Prävention auf dem Handlungs-feld der psychischen Erkrankungen. Vor allem sind hier solche Interventionen zu nennen, die gleichermaßen auf das Verhalten der einzelnen Beschäftigten und auf Veränderungen in der Arbeits-organisation abzielen. Das Einbeziehen von Beschäftigten in Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisation oder die Evaluation von Stressoren in der Arbeitswelt werden als vielversprechende Ansätze benannt. Bei der Aussprache von klaren evidenzbasier-ten Empfehlungen besteht unter den Autoren und Autorinnen der untersuchten Reviews allerdings noch Zurückhaltung. Trotz zahlreicher positiver Ergebnisse in der Mehrheit der Einzel- studien wird bislang nur vereinzelt von einer wissenschaftlich belegten Wirksamkeit für bestimmte Interventionen im Sinne der EbM gesprochen. Der Review von Routsalainen et al. (2008) stellt hier eine Ausnahme dar, indem er sowohl für individuell als auch für organisational ausgerichtete Interventionen zumin-dest von „begrenzter Evidenz“ spricht. Verallgemeinerbar ist diese Schlussfolgerung dennoch nicht, da die Studienpopulation ausschließlich aus Pflegepersonal bestand.

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5 Wirksamkeit arbeitswelt-

bezogener Prävention von

Muskel-Skelett-Erkrankungen

Bei der Literaturrecherche wurden zwanzig Übersichtsarbeiten aus den Jahren 2006 bis 2012 identifiziert, die sich mit der Wirksamkeit betrieblicher Interventionen zur Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen beschäftigen. Dabei bestehen die bereits im Vorgängerbericht iga.Report 13 thematisierten Schwierigkeiten des uneinheitlichen Gebrauchs sowie der unscharfen Abgrenzungen des Begriffs (arbeitsbedingter) Muskel-Skelett-Erkrankungen weiter.

In der Regel beziehen sich die Übersichtsarbeiten bzw. die ein- bezogenen Studien auf sekundärpräventive und weniger auf primärpräventive Interventionen. Primärprävention meint dabei die Vermeidung des Erstauftretens von Beschwerden, wie z. B. Nacken-, Rücken- oder Kreuzschmerzen. Somit werden haupt-sächlich Studien einbezogen, die mit Teilnehmenden arbeiten, die bereits Beschwerden hatten.

Zur Systematisierung der einzelnen Erkrankungsbilder werden verschiedene Differenzierungen vorgenommen: Unterschieden wird nach spezifischen Erkrankungen, denen eine somatische Ursache zugrunde liegt (z. B. Karpaltunnelsyndrom), sowie unspezifischen Erkrankungen, die nicht auf einen somatischen Auslöser zurückführbar sind (z. B. unspezifische Rückenschmer-zen). Bei den Einschlusskriterien wurden keine Eingrenzungen auf spezifische Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems vorgenommen. Ließ sich die untersuchte Thematik einer der oben genannten Kategorien zuordnen, wurde der Review für die Auswertung berücksichtigt.

Reviews wurden ausgeschlossen, wenn sie sich explizit nur mit der Wirksamkeit betrieblicher Wiedereingliederungsmaßnahmen, also ausschließlich mit tertiärpräventiven Interventionen zur Rehabilitation (langzeit-)arbeitsunfähiger Beschäftigter mit Muskel-Skelett-Erkrankungen befassten.

Die Zahl der Interventionen zur Prävention arbeitsbedingter Muskel-Skelett-Erkrankungen ist groß. Maßnahmen der Verhal-tensprävention überwiegen auch hier, da sie sich wesentlich leichter in den Arbeitsablauf integrieren lassen als Interventionen auf organisationaler Ebene. Zu nennen sind in diesem Zusam-menhang vor allem Schulungen und Trainings mit verschieden-sten Inhalten (z. B. Rücken- oder Nackenschulen, Schulungen zu rückengerechten Arbeitstechniken) sowie körperliche Übungspro-gramme, die zu verbesserter Beweglichkeit und erhöhter Fitness der Beschäftigten führen sollen.

Daneben gibt es eine Reihe an Maßnahmen, die den verhält-nispräventiven Ansatz verfolgen. Hierzu zählen klassische ergo- nomische Interventionen wie die Bereitstellung technischer oder anderer Hilfsmittel (z. B. Hebehilfsmittel, lumbale Stützgürtel)

und die Neugestaltung des Arbeitsplatzes, aber auch administra-tive Interventionen.

Die Reviews sind pro Themenbereich nach ihrem Erscheinungs-datum geordnet. Einen tabellarischen Überblick über die Ergebnisse gibt Tabelle A-3 im Anhang.

5.1 Muskel-Skelett-Erkrankungen allgemein (work-related musculoskeletal disorders)

Da Costa und Vieira (2008)Stretching-ProgrammeDer Review von da Costa und Vieira untersucht die Effektivität von Stretching-Programmen zur Prävention von arbeitsbeding-ten, nicht weiter spezifizierten Muskel-Skelett-Erkrankungen. Von Interesse waren für die Autoren insbesondere die physiolo-gischen Effekte von Stretching wie eine Erhöhung der Viskoelas-tizität des Muskels, gesteigerte Beweglichkeit, eine reduzierte Schmerzschwelle, entzündungshemmende Effekte, gesteigerte Muskelkontraktion und neurophysiologische Veränderungen sowie die Aufdeckung von Missverständnissen um das Thema Stretching.

Die systematische Literaturrecherche in neun Datenbanken ergab sieben relevante Primärstudien von methodologisch ausreichen-der Qualität, die von den Autoren zunächst nach Sektoren ge- trennt ausgewertet wurden. Die Ergebnisse von drei Studien, die Stretching-Programme für Büroarbeitskräfte untersuchten (z. B. in Form von computerbasierten Stretchingpausen mit verschie-denen Übungen, die nach einer gewissen Arbeitszeit durchge-führt wurden) legen eine Reduktion von Muskel-Skelett-Beschwer- den und Stress sowie eine Zunahme der Produktivität nahe. Eine weitere Studie zeigte bei Arbeitskräften im Industriesektor eine signifikante Verbesserung der Flexibilität des Bewegungs- apparats sowie von körperlicher Kondition, körperlicher Selbst-wahrnehmung und Selbstwertgefühl. Drei weitere Studien wurden in Sektoren mit hoher Arbeitsbelastung wie Feuerwehr und Militär durchgeführt: eine kontrollierte Studie von Hilyer et al. (1990, zit. nach da Costa & Vieira, 2008, S. 324) zeigte eine signifikante Verbesserung der Flexibilität und Beweglichkeit verschiedener Muskelgruppen, eine signifikante Reduktion der MSK-assoziierten Kosten und eine nicht signifikante Reduktion der Inzidenz von Muskel-Skelett-Beschwerden. In der Studie von Amako et al. (2003, zit. nach da Costa & Vieira, 2008, S. 324) konnten ebenfalls die Inzidenz verschiedener Muskelbeschwer-den (Kreuzschmerzen) und Verletzungen signifikant reduziert werden. Hartig und Henderson (1999, zit. nach da Costa & Vieira, 2008, S. 324) zeigten einen signifikanten Rückgang von Verlet-zungen infolge von gesteigerter Beweglichkeit.

Die Ergebnisse dieser Studien führen da Costa und Vieira zu dem Schluss, dass Stretching zu vielfältigen positiven Effekten auf Muskeln und Muskelsehnen führt (verminderte Muskelkontrak- tion, kurzfristige Entlastung, viskoelastische Veränderungen). Dabei bleibt die Frage, welche dieser physiologischen Verände-rungen in der Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen

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von Bedeutung sind, offen. Um Stretching zielgerichtet und sicher anwenden und empfehlen zu können, sollte diese Frage aus Sicht der Autoren in weiteren Forschungsarbeiten geklärt werden. Trotz der positiven Resultate in allen eingeschlossenen Studien sollten Stretchingmaßnahmen vorsichtig eingesetzt werden. Die geringere Schmerzempfindung könne die Einnahme nachteiliger Haltungen fördern. Für einige Personengruppen wie flexible bis hyperflexible Beschäftigte und Personen mit be- stimmten Arbeitsabläufen könne sich Stretching sogar negativ auswirken. Zudem begrenze die schwache methodische Quali- tät der Studien die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse.

Kennedy et al. (2009)Der Review von Kennedy et al. umfasst eine Vielzahl unter-schiedlicher betrieblicher Interventionen und evaluiert deren präventiven Nutzen für Symptome und Auswirkungen von Muskel-Skelett-Erkrankungen der oberen Extremitäten. Dazu wurden die Daten aus 36 Studien mit hinreichend guter methodischer Qualität ausgewertet. Darunter befanden sich 23 RCTs, acht nicht-randomisierte Studien sowie fünf Querschnitts-studien. Die Literaturrecherche war sehr umfangreich. Dabei gab es keine Ausschlusskriterien in Bezug auf die Publikationsspra-che. Der Großteil der eingeschlossenen Studien wurde in den USA oder Europa durchgeführt. Über verschiedene Sektoren hinweg wurden vorwiegend Studienpopulationen mit Bürotätigkeit untersucht.

Die Effektivität der untersuchten Maßnahmen wurde anhand der Parameter Verletzungen und verlorene Arbeitstage sowie den Ergebnissen ärztlicher Untersuchungen evaluiert. Informations-quellen waren sowohl Patienten- und Beschäftigtenakten als auch von den Studienteilnehmenden selbst gemachte Angaben.

Außer einem weiten Feld an Interventionsmaßnahmen wird von diesem Review auch ein großer Bereich an muskuloskeletalen Erkrankungen abgedeckt. Hierzu zählen spezifische Krankheits-bilder wie Störungen der peripheren Innervation (Karpaltunnel-syndrom, Ulnartunnelsyndrom), Tendinitis oder unspezifische Störungen des Muskel-Skelett-Systems. In dem Review werden alle diese Beschwerdebilder unter dem Begriff „muskuloskele-tale Störungen der oberen Extremitäten“ zusammengefasst.

Kennedy et al. fanden insgesamt gemischte Evidenz für die Wirksamkeit von betrieblichen Interventionen im Allgemeinen. Zwei Interventionen führten zu positiven Ergebnissen, 32 Inter- ventionen konnten keinen Effekt erzielen. Dies resultiert aus den sehr verschiedenen Beurteilungen der einzelnen Maßnahmen. Bewegung Die in vier Studien untersuchten Bewegungsinterventionen bestanden aus einer instruierten Lerneinheit von Krafttraining, Stretching oder Stabilisationsübungen mit nachfolgenden selbstständigen Übungen am Arbeitsplatz oder zu Hause. Zwei hochwertige Studien zeigten eine positive Beeinflussung von Nackenbeschwerden, aber keinen Effekt auf Schulterschmer-zen. Zwei weitere Studien fanden weder für Schulter- noch für Nackenbeschwerden positive Effekte. Kennedy et al. werten diese Ergebnisse als gemischte Evidenz.

In drei Studien wurden Bewegungstraining und Ergonomietrai-ning kombiniert. Auch hier waren die Ergebnisse uneinheitlich und führten zu einer gemischten Evidenzlage.

BiofeedbackDrei Studien – darunter zwei qualitativ hochwertige – konnten keinen positiven Effekt durch Biofeedback feststellen. Aus Sicht der Autoren und Autorinnen besteht demnach moderate Evidenz dafür, dass diese Maßnahme alleine nicht effektiv ist. Kognitives VerhaltenstrainingEine qualitativ hochwertige Studie fand keinen positiven Effekt auf muskuloskeletale Parameter. Evaluiert wurden Gruppentrai-nings, mit denen die Fähigkeiten der Beschäftigten im Bereich Strategien zur Problemlösung und Stressmanagement erhöht werden sollten. Es besteht demnach begrenzte Evidenz auf der Basis einer Studie dafür, dass diese Maßnahme wirkungslos ist. StressmanagementZwei Studien, in denen Gruppensitzungen zur Verbesserung des Stressmanagements getestet wurden, konnten keine positiven Effekte auf muskuloskeletale Parameter finden. Es besteht insgesamt moderate Evidenz für die Ineffektivität von Stressmanagement-Programmen. Anpassungen des ArbeitsplatzesAuf der Basis von drei qualitativ hochwertigen Studien besteht starke Evidenz, dass Anpassungen am Arbeitsplatz keinen Effekt auf die Zielparameter haben. ErgonomietrainingVon vier Studien mit mittlerer Studienqualität fanden zwei Studien positive Ergebnisse. Die Trainingsprogramme und der Trainingsumfang der verschiedenen Programme waren allerdings sehr unterschiedlich. Die Ergebnisse fassen die Autoren und Autorinnen zu einer gemischten Evidenz für die Effektivität von Ergonomietraining zusammen.

In einer qualitativ hochwertigen Studie wurde Ergonomietraining mit Korrekturen am Arbeitsplatz kombiniert. Die gefundenen Ergebnisse variierten: für Ellbogen und Unterarm wurden positive Effekte gefunden, für Nacken, Schulter und Hand dagegen nicht. Insgesamt liefert die Studie somit begrenzte Evidenz für die Wirksamkeit einer solchen kombinierten Intervention auf Muskel-Skelett-Beschwerden der oberen Extremitäten im Allgemeinen. Alternative Tastaturen etc.Untersuchungen zum Einsatz neuer Tastaturen wurden in zwei Studien durchgeführt. In beiden Studien wurden sowohl positive Effekte als auch keine Effekte gefunden, was aus Sicht der Autorinnen und Autoren in einer gemischten Evidenz für die Wirksamkeit resultiert. Gleiches gilt für den Einsatz von alterna-tiven elektronischen Computermäusen. Auch hier besteht auf der Basis zweier Studien gemischte Evidenz für deren Wirksamkeit.

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Neue StühleAuf der Basis einer hochwertigen Studie wird mit begrenzter Evidenz der Einsatz von neuen Stühlen empfohlen.

ArmstützenDrei Studien – darunter zwei mit hoher methodischer Qualität – untersuchten den Einsatz von Armstützen. In beiden methodisch guten Studien wurden positive Effekte auf Zielparameter des rechten Armes gefunden. Aufgrund des hohen Gebrauchs des rechten Armes und der rechten Hand im Arbeitsleben werten die Autoren und Autorinnen dieses Ergebnis als moderate Evidenz für die Wirksamkeit der Armstützen.

ErholungspausenVerschiedene Erholungsinterventionen wurden in vier Studien getestet. Positive Effekte wurden für Interventionen gefunden, in denen alle sechzig Minuten eine fünfminütige Pause oder alle zwanzig Minuten eine Pause von 30 Sekunden stattfand. Zusammengenommen besteht aus Sicht der Autoren und Autorinnen begrenzte Evidenz für eine positive Auswirkung von Arbeitsunterbrechungen.

In einer Studie von moderater Qualität wurden Erholungspau- sen mit Bewegungsprogrammen kombiniert. Dabei konnten muskuloskeletale Zielparameter nicht beeinflusst werden. Es besteht unzureichende Evidenz für die Wirksamkeit.

Partizipative ErgonomiePartizipative Ergonomie war Bestandteil der Intervention einer qualitativ moderaten Studie. Auf der Basis der Ergebnisse dieser einen Studie besteht unzureichende Evidenz, ob sich Maßnah-men der partizipativen Ergonomie auf MSK-Beschwerden im Bereich der oberen Extremitäten auswirken.

Breitgefächerte Programme zur Prävention von VerletzungenDie Ergebnisse einer einzigen Studie, die ein solches Interventi-onsprogramm, das MIPP (Musculosceletal Injury Prevention Program), untersucht hat, waren widersprüchlich. Die Evidenz- lage ist auf Basis der vorliegenden Daten unzureichend.

Präventionsstrategien plus PhysiotherapieEine Studie von moderater methodischer Qualität untersuchte die Effekte von einem Gesundheitsmanagement-Programm, das neben verschiedenen präventiven Strategien auch Physiothera-pie beinhaltete. Auf Beschwerden der oberen Extremitäten wurden positive Auswirkungen beim Vergleich mit der Standard-behandlung gefunden. Dennoch ist die Evidenzlage bislang als unzureichend einzustufen.

Sonstige Anpassungen der Arbeit Vier Studien mit mittlerer methodischer Qualität werteten die Auswirkungen von Anpassungen des Arbeitsplatzes auf die Beschwerden der Beschäftigten aus. Insgesamt lassen sich die Ergebnisse zu einer eingeschränkten Evidenz zusammenfassen, dass die untersuchten Änderungen keine Verbesserung der erhobenen Zielparameter bewirken.

Multikomponenten-Programme im Bereich des Umgangs mit Patienten („Multi-component patient handling“)Multikomponenten-Programme im Bereich Krankentransport umfassen die drei Komponenten Änderung des Regelwerks, Bereitstellung von Ausrüstung und Training. Nur eine Studie mit mittlerer Studienqualität evaluierte ein solches Multikomponen-ten-Programm und kam zu durchmischten Ergebnissen. Daraus folgt eine unzureichende Evidenz für die Wirksamkeit solcher Programme.

Insgesamt waren die Ergebnisse von 36 qualitativ moderat bis hochwertigen Studien uneinheitlich. Die Gesamtevidenz für die Wirksamkeit der untersuchten Maßnahmen auf allgemeine Muskel-Skelett-Beschwerden der oberen Extremitäten ist daher als durchmischt anzusehen. Möglicherweise haben die große Heterogenität der Einzelstudien und Einzelinterventionen zu diesem Ergebnis beigetragen. Aus Sicht der Autoren und Autorinnen ist es kaum möglich, eine eindeutige Handlungs-empfehlung zu Prävention und Management von Muskel- Skelett-Erkrankungen auf Basis der erhobenen Daten zu geben. Generell empfehlen sie Unternehmern und Unternehmerinnen vorrangig solche Interventionen, die neben der Veränderung des Arbeitsplatzes auch andere Komponenten einschließen.

Dick et al. (2011) Dick et al. werten in ihrem Review Maßnahmen aus vier Studien zur Prävention von Muskel-Skelett-Beschwerden der oberen Extremitäten aus. Hierzu zählen das Karpaltunnelsyndrom, unspezifische Armschmerzen, Sehnenscheidenentzündungen des Armstreckers und Sehnenansatzerkrankungen. Ziel war die Identifikation der am besten geeigneten Maßnahmen für das jeweilige Krankheitsbild. Basis der Analyse von Dick et al. sind ausschließlich methodisch hochwertige Studien ohne erhöhtes Bias-Potential. Aufgrund dieser Anforderungen konnten letztlich nur vier Studien eingeschlossen werden, wodurch die Datenlage für die einzelnen Krankheitsbilder sehr überschaubar wurde.

Bezüglich des Karpaltunnelsyndroms standen nur Daten aus einer Kohortenstudie zur Verfügung. Darin zeigte sich, dass die Unterstützung durch den Arbeitgeber im Anschluss an eine Karpaltunneloperation sich positiv auf arbeitsbezogene End-punkte wie die postoperative Arbeitsfähigkeit (6 Monate postoperativ) auswirkte. Aufgrund der hohen Drop-out-Rate besteht nur eine sehr begrenzte Evidenz für eine tatsächliche Wirksamkeit.

Begrenzte Evidenz auf der Basis einer Studie besteht weiterhin für die Wirksamkeit von Arbeitsplatzanpassungen bei Patienten und Patientinnen mit Sehnenscheidenentzündung. Durch die Nutzung einer speziellen Tastatur konnte die Handfunktion in der Interventionsgruppe verbessert werden, wohingegen sich die Symptome der Kontrollgruppe, die weiterhin mit einer Standardtastatur arbeitete, weiter verschlechterten.

Für das Krankheitsbild Sehnenansatzerkrankungen konnte keine Empfehlung gegeben werden, da alle zu dieser Diagnose verfüg- baren Studien erhebliche methodische Mängel aufwiesen und nicht in den Review eingeschlossen wurden.

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Für Patienten und Patientinnen mit unspezifischen Armbeschwer-den wurde, basierend auf zwei methodisch hochwertigen Studien, begrenzte Evidenz dafür gefunden, dass multidisziplinäre Reha- bilitationsprogramme sich positiv auf die Krankheitssymptome auswirken.

Zusammenfassend kommen Dick et al. zu dem Schluss, dass weiterer Forschungsbedarf besteht. Zukünftige Forschungsar-beiten sollen insbesondere arbeitsrelevante Zielparameter wie Absentismus oder die Anzahl verlorener Arbeitstage mit einbeziehen um verlässliche Aussagen zur Effektivität von Präventionsprogrammen treffen zu können.

Palmer (2012)Die Studie von Palmer et al. wurde bereits auf Seite 29 beschrie-ben. Sie sei der Vollständigkeit halber hier zumindest benannt, da die Ergebnisse auch Aussagen dazu enthalten, inwieweit Multikomponenten-Programme sich auf den Umgang mit Patienten auswirken.

5.2 Muskel-Skelett-Erkrankungen bei Pflegekräften

Dawson et al. (2007)Dieser Review untersucht Maßnahmen, welche Rückenschmer-zen und -verletzungen bei Pflegekräften vorbeugen sollen. Aufgrund der körperlich äußerst anstrengenden Tätigkeit treten Rückenverletzungen in dieser Berufsgruppe sechsmal häufiger auf als in anderen Berufen. Die körperliche Belastung, die eigene Körperhaltung bei der Arbeit, psychosoziale Faktoren wie die Persönlichkeit und das Vorhandensein psychosomatischer Symptomatik erhöhen das Risiko von Rückenschmerzen. Der Aufgabenbereich und organisationale Faktoren spielen ebenso eine bedeutende Rolle, auch wenn bei Berücksichtigung aller Untersuchungen die Evidenz widersprüchlich ist. Ausbildung und Erfahrung sind weitere Faktoren, die das Risiko für Rücken-schmerzen beeinflussen. So haben Pflegehelfer und -helferinnen ein deutlich höheres Risiko als ausgebildete Pflegekräfte, und jüngere Pflegekräfte ein höheres Risiko als erfahrenere.

ÜbungenEs konnten fünf Studien identifiziert werden, die sich mit der Untersuchung von Übungen zur Prävention von Lendenwirbel-schmerzen beschäftigten. Drei Studien berichteten keine Effekte, davon war eine Studie qualitativ hochwertig. Eine dreizehn- monatige Untersuchung eines physiotherapeutisch angeleiteten Übungsprogramms berichtete einen signifikanten Rückgang bei der Prävalenz und Intensität von Lendenwirbelschmerzen. Eine weitere Studie kam zu widersprüchlichen Ergebnissen zur Wirksamkeit von Übungsprogrammen. Rückenfreundliche Hebetechniken („Manual Handling Programs“)Acht Studien beschäftigten sich mit Maßnahmen zum manuellen Handling. Diese Maßnahmen beinhalteten zum einen Training am Arbeitsplatz und während der Ausbildung und zum anderen

die Bereitstellung von Hilfsmitteln und entsprechende Trainings. Alle acht Untersuchungen berichteten keine Effekte, jedoch konnte die Untersuchung von Yassi et al. (2001, zit. nach Dawson et al., 2007, S. 645) einen Rückgang von Lendenwirbelschmerzen (low back pain, LBP), aber keine Veränderung in Bezug auf Verletzungen oder Arbeitsunfähigkeit zeigen. Es besteht wider- sprüchliche Evidenz für die Bereitstellung von Hilfsmitteln und Trainings mit diesen und eine moderate Evidenz dafür, dass Manual Handling Programs nicht effektiv sind, um Rücken-schmerzen vorzubeugen.

LendenwirbelstützenNur eine Studie beschäftigte sich mit der Wirksamkeit von Lendenwirbelstützen. Die Nutzung von Rückengurten während eines Patiententransfers zeigte positive Effekte in Bezug auf den Rückgang von Rückenverletzungen bei Auszubildenden. Da es sich nur um eine einzelne Untersuchung handelt, ist die Evidenz für positive Effekte von Lendenwirbelstützen begrenzt.

Stress ManagementEine qualitativ hochwertige Studie zeigte keinen Rückgang von LBP, demzufolge gibt es eine moderate Evidenz dafür, dass Stress-Management keine effektive Maßnahme zur Vorbeugung von LBP bei Pflegekräften ist. Laut Dawson et al. ist Stress möglicherweise kein Risikofaktor für Rückenschmerzen.

Multidimensionale ProgrammeDrei Studien untersuchten mehrdimensionale Programme. Eine Studie untersuchte eine Kombination aus einem Manual Handling Program sowie verschiedenen Übungen und fand einen Rückgang in der Häufigkeit und Intensität von LBP. Ein Programm einer weiteren Studie, welches sich aus einem intensiven Übungs- programm für zu Hause, rückenfreundlichen Hebetechniken, Maßnahmen zum Schmerz- und Lifestyle-Management sowie einer Risikoanalyse zusammensetzte, konnte die Intensität von LBP reduzieren. Ein Programm, welches nach einer Verletzung einsetzte und Physiotherapie, Ergotherapie sowie angepasste Aufgabenbereiche nach der Rückkehr beinhaltete, konnte positive Effekte bei LBP und Rückenverletzungen zeigen. Es gibt nur eine begrenzte Evidenz dafür, dass jede Maßnahme für sich wirksam ist, es liegt jedoch eine moderate Evidenz für die Wirksamkeit von multidimensionalen Programmen zur Vorbeugung von LBP bei Pflegefachkräften vor.

Tullar et al. (2010)Tullar et al. konnten nachweisen, dass Trainings zum manuellen Umgang mit Patienten und Verhaltenstrainings allein keine Effekte auf die Gesundheit des Muskel-Skelett-Systems haben. Gesundheitsfördernde Übungen und Trainings für sich sind eben- falls nicht effektiv, es liegt jedoch eine moderate Evidenz für die Empfehlung von Übungen und Mehrkomponenten-Programmen (multi-component patient handling interventions, MCPHI) vor.

Mehrkomponenten-ProgrammeMehrkomponenten-Programme setzen sich zum einen aus einer gesundheitsförderlichen Unternehmenskultur, welche Verlet-zungen beim Umgang mit dem Patienten reduzieren soll, und

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zum anderen der Bereitstellung von Geräten zum Heben oder für Patiententransfers sowie ergonomischen Trainingsprogram-men zum sicheren Umgang mit dem Patienten und Hilfsmitteln zusammen. Tullar et al. identifizierten eine präventive Politik, die Bereitstellung von Geräten und die ergonomischen Trainings als Schlüsselmerkmale von MCPHIs. Es lässt sich nicht sagen, ob jede Maßnahme für sich genauso wirksam wie in einem Mehrkom-ponenten-Programm in gebündelter Form ist, da hierzu die Beweis- und Studienlage nur unzureichend ist. Für MCPHIs liegt eine moderate Evidenz für die Verbesserung der Gesundheit des Muskel-Skelett-Systems vor. Ein weiterer Review konnte eine starke Evidenz für die Senkung des Schweregrades und der Kosten bei Arbeitsunfällen finden.

Körperliche Bewegungs-/Übungsprogramme (Trainings)Die Trainings waren sehr unterschiedlich aufgebaut und reichten vom Muskelaufbau- bis zum Ausdauertraining. Es wurden posi- tive Effekte in Bezug auf die Gesundheit des Muskel-Skelett- Systems gefunden, und es konnte eine moderate Evidenz für den Rückgang von Symptomen und Beeinträchtigungen nachgewiesen werden.

Für viele Interventionen gab es nur unzureichende Beweise. Dabei bezieht sich das Unzureichende auf die geringe Anzahl qualitativ hochwertiger Studien und nicht auf die Qualität der einzelnen Maßnahmen. Es ist aber trotz einem moderaten Evidenzlevel möglich, Praxisempfehlungen auszusprechen. So werden Trainings empfohlen, da Sport im Allgemeinen ge- sundheitsfördernd sei und das Risiko vieler chronischer Krank- heiten senke. Es sei davon abzusehen, Trainings zu rücken- freundlichen Hebetechniken oder Verhaltenstrainings als einzel- ne Maßnahmen zu implementieren, da diese keine Effekte auf relevante Parameter zeigten.

5.3 Muskel-Skelett-Erkrankungen bei Bildschirmarbeitskräften

Green (2008)Green spricht in seinem Review zum einen von work-related musculoskeletal disorders (WRMSD), womit Verletzungen oder Störungen des Muskel-Skelett-Systems, die in Verbindung mit Risiken am Arbeitsplatz stehen, gemeint sind. Zum anderen spricht er von work-related neck pain (WRNP), womit Nacken-schmerzen, die in Verbindung mit dem Arbeitsplatz stehen, gemeint sind. Nackenschmerzen werden als Schmerz vom Schädelansatz bis zum oberen Bereich des Rückens inklusive der Schultern definiert.

Im Zuge der technischen Entwicklung von Computern sind immer mehr sitzende Tätigkeiten bzw. Jobs entstanden. Durch den Einsatz von Computern konnten Ineffizienzen abgebaut und die Produktivität am Arbeitsplatz maximiert werden. Zusätzlich wird der Computer immer häufiger in der Freizeit genutzt. Mit der ständig steigenden Nutzung von Computern konnte ebenfalls ein Anstieg von WRNP beobachtet werden.

Achtzehn Prozent der Gesamtbevölkerung von Großbritannien haben im Alter von 18 bis 75 Jahren innerhalb eines Jahres Nackenschmerzen. Die Inzidenz bei Computernutzern und -nutze- rinnen reicht von 24 Prozent innerhalb von sechs Monaten bis zu 34 Prozent innerhalb eines Jahres. Ein von Green zitierter Review kommt zu der Erkenntnis, dass Computernutzer und -nutzerinnen und Bürokräfte mit einer jährlichen Inzidenz zwischen 36 Prozent und bis zu 58 Prozent am meisten betroffen sind.

Für die Prävalenz von Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems ist bei Computernutzern und -nutzerinnen ebenfalls ein Anstieg zu verzeichnen. Patienten mit chronischen Nackenschmerzen nutzen das Gesundheitssystem doppelt so häufig wie der übrige Teil der Bevölkerung. Frauen haben ein größeres Risiko, WRNP zu bekommen, und bei Beschäftigten über dreißig Jahren ist das Risiko doppelt so groß wie bei Beschäftigten unter dreißig. Ein weiteres Risiko für Nackenschmerzen sind Verspannungen. Dabei spielen die Arbeitsplatzgestaltung, die Aufgabenstellungen und Leistungsanforderungen, die Dauer der Computernutzung, die Art der Nutzung der Tastatur und Eingabegeräte (Maus, Trackball etc.), die Position des Monitors und die Häufigkeit von Pausen und kurzen Unterbrechungen eine große Rolle. Statische Körperhaltungen wie das Sitzen mit geneigtem Kopf erhöhen deutlich das Risiko für WRNP. Bewegung in der Frei- zeit senkt das Risiko für WRMSD, bezogen auf den Oberkörper. Regelmäßige Mikropausen von dreißig Sekunden alle zwanzig bis vierzig Minuten sind effektiv, um WRNP zu reduzieren, ohne einen Effekt auf die Produktivität der Beschäftigten zu haben.

PrimärpräventionStrategien der Primärprävention sollen die Inzidenz von Krankhei- ten senken und verhindern, dass Personen, die für bestimmte Krankheiten anfällig sind, Symptome bzw. Störungen entwickeln. Eine geeignete Strategie wäre z. B. bei Computernutzern und -nutzerinnen der Einbezug körperlicher Aktivität in den Arbeitsall-tag. Die Arbeitsplätze sollten so arrangiert sein, dass gebeugte Körperhaltungen vermieden werden. Geeignete Stühle und regelmäßige Pausen helfen, WRNP vorzubeugen. Die ergono-mische Ausstattung des Arbeitsplatzes als alleinige Intervention ist nicht ausreichend, aber ergonomische Schulungen senken WRNP bei Computernutzern und -nutzerinnen.

SekundärpräventionSekundärprävention ist fokussiert auf jene Beschäftigten, welche bereits Symptome entwickelt haben. Voraussetzung dafür ist die Identifizierung von Beschäftigten mit pathologischen Symptomen (Rheuma, Arthritis, Osteoporose) durch geeignete Screeningver-fahren. Green sind aber keine geeigneten Instrumente bekannt. Es ist auch unbekannt, ob es zwischen den schon bestehenden Erkrankungen und Nackenschmerzen einen direkten Zusammen-hang gibt. Es besteht ein großer Forschungsbedarf zur Entwick-lung geeigneter Screeninginstrumente sowie zum Zusammen-hang zwischen bestehenden Krankheiten und WRNP.

TertiärpräventionDie Tertiärprävention zielt darauf ab, das Fortschreiten einer schon bestehenden Erkrankung aufzuhalten.

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Darunter fallen z. B. Rehabilitationsmaßnahmen. Ergonomische Schulungen bei Beschäftigten mit WRNP senken die Morbidität für weitere Störungen im Muskel-Skelett-System. Übungen in der Freizeit können bereits bestehende Symptome reduzieren, und ein Kraft- und Ausdauertraining, welches im Allgemeinen bei Frauen mit chronischen Nackenschmerzen durchgeführt wurde, könnte auch Computernutzern und -nutzerinnen mit WRNP helfen.

Laut Green müssen auch jüngere Computernutzer und -nutzerinnen stärker in die Untersuchungen integriert werden. Psychosomatische Symptome, Erschöpfungszustände und Schlaf- störungen während der Adoleszenz erhöhen das Risiko, später WRNP zu entwickeln. Die Nutzung des Computers von vier bis fünf Stunden am Tag im Jugendalter ist ebenfalls ein Risikofaktor für WRNP im Erwachsenenalter.

Leyshon et al. (2010)Es sind viele ergonomische Interventionen für Büro- und Compu- terarbeitsplätze entwickelt worden. Dabei ist die Evidenz für den Nutzen solcher Maßnahmen für Beschäftigte, die bereits Störungen im Muskel-Skelett-System haben, als Strategien zur Sekundärprävention kaum erforscht. Leyshon et al. haben bei ihrer Literaturrecherche Maßnahmen für vier verschiedene Körperbereiche (Lendenwirbelsäule, Arme, Augen und Nacken) gefunden.

Für ergonomische Trainings und Schulungen finden Leyshon et al. eine moderate Evidenz in Bezug auf die Verbesserung des Wohlbefindens (weniger Schmerzen), jedoch nur eine unzurei-chende Evidenz für die Verbesserung der Produktivität.

Für die Nutzung von ergonomischen Bürostühlen konnten nur unzureichende Beweise für die Verbesserung von Wohlbefinden und Produktivität gefunden werden.

Die Nutzung alternativer Zeigegeräte führt zu einer signifikanten Verbesserung der Sicherheit und Produktivität.

Es gibt eine moderate Evidenz für die Verbesserung des Wohlbe-findens durch Pausen, jedoch nur eine unzureichende Beweisla-ge für die Verbesserung der Produktivität.

Es gibt nur unzureichende Beweise dafür, dass speziell geneigte Tastaturen zu Verbesserungen bei der Produktivität, bei der Sicherheit oder im Wohlbefinden führen.

Durch die Nutzung von Armstützen verbesserte sich das Wohl- befinden der Arme, und Schulter- und Nackenschmerzen gingen signifikant zurück. Leyshon et al. fanden hierfür eine moderate Evidenz.

Leyshon et al. fanden fünf Studien, die die ergonomische Einrich- tung von Büros berücksichtigten. Es gibt für diese Maßnahme und damit verbunden die Verbesserung des Wohlbefindens eine moderate Evidenz.

Für die Verbesserung des Wohlbefindens durch Lenden- wirbelstützen gibt es nur eine unzureichende Evidenz.

Im Allgemeinen kann man sagen, dass die beschriebenen Interventionen zu keinen negativen oder schädlichen Effekten führen, obwohl in einigen der von Leyshon et al. untersuchten Studien von einer Verschlechterung der Schmerzen oder größerem Unbehagen berichtet wurde.

5.4 Nacken-, Rücken- und Kreuzschmerzen

NACKENSCHMERZEN (NECK PAIN) Aas et al. (2011)In vielen Industrieländern sind Erkrankungen des Bewegungsap-parates die häufigste Ursache für langfristige Krankschreibungen und für die Erwerbsunfähigkeitsrente. Am häufigsten wird über Schmerzen im Lendenwirbelbereich oder im Nacken geklagt. Durch langfristige Krankschreibungen und die Erwerbsunfähigkeit aufgrund von Rücken- und Nackenschmerzen kommt es zu großen ökonomischen Verlusten. Die Prävalenz für diese Be- schwerden liegt im Jahr zwischen zwanzig und fünfzig Prozent. Einzelne Studien zu verschiedenen Berufsgruppen wie z. B. Zahnärzte und -ärztinnen, Krankenpflegepersonal, Bürokräfte und Kranführer fanden eine Prävalenz für Nackenschmerzen von über fünfzig Prozent. Die Prävalenz für Krankschreibungen, welche durch Nackenschmerzen verursacht werden, variiert zwischen fünf Prozent und zehn Prozent. Daraus ist ersichtlich, dass Nackenschmerzen manchmal, aber nicht immer eine Krankschreibung zur Folge haben. Für Beschwerden im Nacken-bereich ist die Inzidenz bei Bürokräften und Computernutzern und -nutzerinnen am höchsten. Aas et al. unterscheiden allgemeine, psychosoziale und individuelle Risikofaktoren. Allgemeine Risikofaktoren sind langandauernde sitzende Positionen, sich andauernd wiederholende Arbeiten, langanhal-tende Beugung der Halswirbelsäule, Arbeiten in ungünstigen Positionen bzw. Körperhaltungen sowie inadäquate Tastatur- und Mauspositionen. Psychosoziale Risikofaktoren sind ein hoher Arbeitsdruck, geringe kollegiale Unterstützung, Rückgang der Sicherheit am Arbeitsplatz und Stress. Individuelle Faktoren wie das Alter, das Geschlecht und die Bildung haben ebenfalls einen Einfluss auf die Prävalenz.

Die in den Studien untersuchten Maßnahmen waren Schulungen zum Stressmanagement, zu ergonomischen Richtlinien, zur Anatomie, zu Erkrankungen des Bewegungsapparates und zur Bedeutung von körperlicher Aktivität. Die Schulungen beinhal-teten Pausengymnastik, Anleitungen, wie man eine entspannte Arbeitshaltung einnimmt, die Bedeutung der Körperhaltung wäh-rend der Arbeit, die richtige Positionierung, die Notwendigkeit von Erholungspausen und Strategien zur Förderung von Entspan-nung. Andere Studien beschäftigten sich mit der Anpassung des Arbeitsplatzes mit Hilfe von alternativen und ergonomischen Büromöbeln.

In dem Review wurden die verschiedenen Studien hinsichtlich der Anzahl und der Art der Komponenten unterschieden. Es handelte sich um kontrollierte Studien.

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Vier-Komponenten-ProgrammDieses Programm beinhaltete vier Komponenten: mentale Schulungen, körperliche Schulungen zur Entspannung und Pausen, Anpassungen bzw. Modifizierungen der Tätigkeit so- wie umweltbezogene Anpassungen (z. B. Büroeinrichtung). Zwischen der Interventions- und der Kontrollgruppe konnten weder kurz- noch mittel- oder langfristig signifikante Unter-schiede gefunden werden. Hierfür liegt moderate Evidenz vor. Ebenfalls moderate Evidenz gab es dafür, dass die Gruppe, welche an der Intervention teilgenommen hatte, mittelfristig seltener krankgeschrieben war. Kurz- oder langfristig war dieser Effekt nicht zu beobachten.

Drei-Komponenten-ProgrammDieses Programm beinhaltete körperliche Schulungen zu Entspannung und Pausen, Anpassungen und Modifizierungen der Tätigkeit sowie umweltbezogene Anpassungen. Hinsichtlich des Schweregrades des Schmerzes wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen Interventions- und Kontrollgruppe ge- funden. Dieses Ergebnis ist jedoch nur mit schwacher Evidenz belegt. Keine Evidenz wurde für Unterschiede hinsichtlich krankheitsbedingter Fehlzeiten gefunden.

Zwei-Komponenten-ProgrammAas et al. berücksichtigten drei verschiedene Studien, die sich mit Zwei-Komponenten-Programmen beschäftigten. Für eine Kombination aus mentaler Schulung einerseits und körperlicher Schulung, Entspannung und Pausen andererseits konnten zwischen Interventions- und Kontrollgruppe mittel- und langfristig keine signifikanten Unterschiede für das Auftreten von Nackenschmerzen gefunden werden. Für dieses Ergebnis liegt eine moderate Evidenz vor. Ebenfalls moderate Evidenz lag dafür vor, dass die Betroffenen durch Teilnahme an dem Programm mittel- und langfristig symptomfrei blieben. Es wurde keine Evidenz dafür gefunden, dass das Programm krankheits-bedingte Fehlzeiten beeinflusst. Für körperliche Übungen in Kombination mit einer Anpassung der Umwelt (z. B. Büroeinrich-tung) wurde eine schwache Evidenz dafür gefunden, dass der Schmerzgrad kurzfristig beeinflusst werden konnte. Mittelfristig waren diese Effekte nicht mehr zu beobachten. Es konnte keine Evidenz dafür gefunden werden, dass körperliche Übungen in Kombination mit einer Veränderung der Umwelt krankheits- bedingte Fehlzeiten beeinflussen. Für die Kombination aus mentalen Schulungen und Anpassungen der Umwelt konnten in Bezug auf den Schmerzgrad und Krankheitstage keine signifikanten Unterschiede zwischen der Gruppe, die an dem Programm teilnahm, und der Kontrollgruppe gefunden werden.

Die mentalen und körperlichen Schulungen jeweils als Interven-tion für sich gesehen konnten ebenfalls keine signifikanten Unterschiede zwischen Interventions- und Kontrollgruppe erreichen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass keine signifikanten Unterschiede zwischen der Gruppe, welche an der Intervention teilnahm, und der Kontrollgruppe zu beobachten waren. Hierfür liegt eine geringe Evidenz vor.

Psychosoziale Faktoren sind Risikofaktoren, die die Inzidenz von gesundheitlichen Problemen am Arbeitsplatz wesentlich beeinflussen. Möglicherweise sind Interventionen, die auf diese Faktoren abzielen, auch wirksam, um Nackenschmerzen zu reduzieren. Aas et al. finden diesbezüglich in ihrem Review keine starke Evidenz für Schulungen. Ursache für die schwache Evidenz könnte gewesen sein, dass keine angemessenen und wirksamen Interventionen untersucht wurden. Denn neben einer falschen Körperhaltung oder Büroeinrichtung spielen auch andere Risikofaktoren bei der Entstehung von Nackenschmerzen eine Rolle. Ein weiteres Problem könnte die Dauer der Untersuchun- gen darstellen. Kurzfristige Effekte können kaum nachgewiesen werden, da Behandlungen bei Problemen und Schmerzen im Bewegungsapparat erst nach längerer Zeit zu Verbesserungen des Befindens führen. Langfristig ist es schwierig nachzuweisen, dass die Verbesserung auf die Intervention zurückzuführen ist und nicht andere Einflüsse dafür ursächlich waren.

Aas et al. wollen mit ihrem Review nicht die Unwirksamkeit von Interventionen am Arbeitsplatz bei Nackenschmerzen beweisen. Vielmehr dient er als Kritik an der bisherigen Datenlage und betont die Notwendigkeit weiterer qualitativ hochwertiger Studien (RCTs) mit gut konzipierten Maßnahmen.

Boocock et al. (2007)Die Autoren und Autorinnen übernehmen eine Kategorisie- rung der Maßnahmen von Westgaard und Winkel von 1997. Sie unterscheiden mechanische Interventionen, Interventionen in Produktionssystemen bzw. Interventionen zur Organisations-kultur und modifizierende Interventionen. Sie konnten in ihrem Review Beweise für den Nutzen von mechanischen und modi- fizierenden Maßnahmen finden. Für den Nutzen von Interventi-onen, die sich auf die Organisationskultur beziehen, gibt es nur unzureichende Beweise.

Im Fokus der mechanischen Interventionen stehen Verände-rungen bei den genutzten Arbeitsgeräten, wie z. B. der Compu-termaus oder der Tastatur. Interventionen in den Produktionssy-stemen zielen auf eine Veränderung innerhalb der Produktion oder der Unternehmenskultur ab. Zu diesen Interventionen zählen z. B. Team-Building-Maßnahmen oder eine steigende Beschäftigtenbeteiligung bei Problemlösungen innerhalb des Unternehmens. Als modifizierende Maßnahmen werden speziell integrierte Übungen bezeichnet, die den Grad physischer und psychosozialer Stressfaktoren managen sollen. Dies können spe- zielle Übungsprogramme und ergonomische Schulungen sein. Die Evidenz zum Nutzen der genannten Interventionen ist aufgrund der geringen Anzahl hochwertiger Studien und der schlechten Qualität der Studien im Allgemeinen nur einge-schränkt gegeben.

Boocock et al. unterteilen die mechanischen Interventionen in drei weitere Untergruppen. (1) Es gibt Hinweise darauf, dass Veränderungen des Arbeitsumfeldes und des Arbeitsplatzes für Bildschirmarbeitskräfte positive Effekte haben. Die Ergebnisse der Autorinnen und Autoren decken sich mit denen vorheriger Reviews.

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(2) Es wurde eine moderate Evidenz für positive Effekte der Aus- stattung des Arbeitsplatzes für Bildschirmarbeitskräfte auf die Gesundheit des Nackens und der oberen Extremitäten gefunden. (3) Für den Nutzen einer ergonomisch angepassten Arbeitsplatz-ausstattung (z. B. Einführung verstellbarer Stühle und vibrations-gedämpfter Werkzeuge und Arbeitsgeräte) konnte nur eine unzureichende Evidenz gefunden werden.

Die Autoren und Autorinnen konnten nur zwei Studien finden, die sich mit Interventionen zu organisationalen Veränderungen beschäftigten. Es konnten keine positiven Effekte beobachtet werden. Andere Reviews kommen zu dem gleichen Ergebnis.

Die modifizierenden Interventionen unterteilen Boocock et al. wieder in sechs Untergruppen. (a) Für Übungen für Arbeitskräfte mit Beschwerden im Nackenbereich und der oberen Extremitäten konnten positive Effekte beobachtet werden, die auch in anderen Studien nachgewiesen wurden. Boocock et al. stützen sich dabei auf drei Studien mittlerer Qualität. Eine dieser drei Studien ist eine kontrollierte Studie. (b) Für Übungen bei Muskelfaser-schmerzen (Fibromyalgie) fanden die Autoren und Autorinnen Hinweise auf positive Effekte. (c) Für multiple modifizierende Interventionen einschließlich Übungen für Arbeitskräfte mit Beschwerden im Nackenbereich und der oberen Extremitäten, wie z. B. Ruhepausen, Schulungen und Übungen zur Stärkung der Nackenmuskulatur, gab es ebenfalls Hinweise auf positive Effekte. (d) Es gibt Hinweise, dass multiple modifizierende Interventionen einschließlich Übungen bei Muskelfaser- schmerzen (Fibromyalgie) ebenfalls positive Effekte haben. Dazu gehörten u. a. Übungen im Wasser und im Trockenen, Entspannungsübungen, Schulungen und kognitives Verhaltens-training. (e) Bei multiplen modifizierenden Interventionen unter Ausschluss von Übungen für Arbeitskräfte mit Beschwerden im Nackenbereich und der oberen Extremitäten gab es Hinweise auf positive Effekte von kognitivem Verhaltenstraining und Schulungen. (f) Unzureichende Evidenz wurde für Effekte sozialer Unterstützungen und Schulungen gefunden, die zu multiplen modifizierenden Interventionen unter Ausschluss von Übungen bei Muskelfaserschmerzen (Fibromyalgie) gezählt wurden.

Eine besonders wirksame Maßnahme konnte nicht identifiziert werden. Insgesamt zeigten vor allem mechanische und modifi-zierende Interventionen positive Effekte. Die Autoren und Auto- rinnen stellen die Notwendigkeit weiterer anspruchsvoller Studien mit gut designten und abgestimmten Interventionen fest, um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse herzustellen. Nach ihrer Auffassung sollten vermehrt Gruppen mit einem erhöhten Risiko für Nackenprobleme am Arbeitsplatz untersucht werden.

Larsson et al. (2007)Probleme des Muskel-Skelett-Systems sind in Europa und in Nordamerika das am weitesten verbreitete und kostenintensiv-ste gesundheitliche Problem. Prävention ist auf wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über Risikofaktoren und Pathomechanis-men, die zur Entwicklung von Nackenschmerzen führen, angewiesen.

Der Begriff der Nackenschmerzen ist weit gefasst und reicht von selbstberichteten Nackenschmerzen bis zur klinisch gesicherten Diagnose. Dabei sind genaue und standardisierte Diagnosen die Voraussetzung für angemessene ergonomische Interventionen. Aus diesem Grund ist es problematisch, die Inzidenz und Präva- lenz zwischen den verschiedenen Studien und Ländern zu vergleichen.

Die Folgen von Nackenschmerzen reichen von kurzen Phasen mit eingeschränkter Aktivität, regelmäßig wiederkehrenden Episoden mit verminderter Leistungsfähigkeit über akute Phasen der Arbeitsunfähigkeit bis zur chronischen Erkrankung verbunden mit der Erwerbsunfähigkeit.

Larsson et al. fanden in ihrem Review eine starke Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Problemen im Schulter- und Nackenbereich und sich stetig wiederholenden Arbeiten, starken körperlichen Anstrengungen, einem hohen Grad an statischen Muskelkontraktionen, langanhaltenden statischen Belastungen und extremen Körperhaltungen. Gleiches gilt für die Kombination der eben aufgezählten Risikofaktoren. Die Prävalenz ist bei Frauen deutlich höher als bei Männern. Möglicherweise seien Frauenberufe in deutlich größerem Maße von statischen Belas- tungen im Nackenbereich, einer hohen Wiederholungsrate von Tätigkeiten, einer geringeren Kontrolle und hohen mentalen Anforderungen betroffen. Es besteht ein starker Zusammenhang zwischen sich stetig wiederholenden Bewegungsabläufen und Störungen im Nacken- und Schulterbereich im Allgemeinen. Larsson et al. beziehen sich auf eine Studie von Ariens et al. (2000, zit. nach Larsson et al., 2007, S. 450), die einen Zusam-menhang zwischen arbeitsbezogenen körperlichen Anstren-gungen in den Armen bzw. dem Heben von schweren Lasten und Nackenschmerzen findet. Eine weitere Studie fand eine schwa-che Evidenz für Zusammenhänge zwischen körperlich anstren-genden Arbeiten und Problemen der Hand und Handgelenke bzw. im Nacken- und Schulterbereich. Larsson et al. fanden einen weiteren Zusammenhang zwischen Nackenschmerzen und einer sitzenden Tätigkeit von mehr als fünf Stunden und Tätigkeiten, die die Krümmung oder Verdrehung der oberen Wirbelsäule erfordern. Ein weiteres Risiko ist die Arbeit mit den über die Schultern erhobenen Armen. Vibrationen sind als Risiko für Störungen der Muskulatur im Allgemeinen verantwortlich und sind vorwiegend bei der Arbeit mit Handwerkzeugen und Maschinen anzutreffen. Larsson et al. fanden nur widersprüch-liche Befunde für einen Zusammenhang zwischen Vibrationen und Nacken- und Schulterschmerzen. Für Computernutzer und -nutzerinnen besteht ein erhöhtes Risiko, Nacken- und Schulter-schmerzen zu haben. Die Autoren und Autorinnen vermuten, dass dies im Zusammenhang mit der starren Körperhaltung, einer konstanten Belastung und sich häufig wiederholenden Bewegungen steht. Die Positionierung der Tastatur unter der Ellenbogenhöhe und die Stützung der Unterarme würden das Risiko für Beschwerden deutlich senken.

Larsson et al. konnten in den von ihnen herangezogenen Reviews nur eine widersprüchliche Evidenz für psychosoziale Risikofaktoren als Ursache finden. Die verschiedenen Faktoren

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für Beschwerden und Störungen im Nackenbereich erfordern multifaktorielle und kombinierte Präventionsstrategien mit physischen, psychosozialen und organisationalen Elementen. Die Senkung der Risikofaktoren durch organisationale Verände-rungen und Anpassungen des Arbeitsplatzes z. B. durch ergo- nomische Büromöbel führen zu einer Senkung der Exposition und damit möglicherweise zu einer Senkung von Nacken- und Schulterschmerzen. Sihawong et al. (2011)Auch Sihawong et al. berichten, dass Nackenschmerzen eine sozioökonomische Belastung für die Gesellschaft und die Betroffenen darstellen. Aus diesem Grund ist es notwendig, die Effektivität von Maßnahmen zur Prävention genauer zu untersuchen. Die Untersuchung zweier anspruchsvoller Studien (RCTs) ergab eine widersprüchliche Evidenz für muskelstärkende Übungen zur Vorbeugung nichtspezifischer Nackenschmerzen. Eine der Studien fand eine signifikant niedrigere Prävalenz für Nacken- und Schultersymptome. Die andere Studie konnte zwischen Interventions- und Kontrollgruppe jedoch keinen signifikanten Unterschied hinsichtlich der Beschwerden in einer simulierten Hebesituation feststellen.

Die Autorinnen und der Autor konnten eine starke Evidenz für positive Effekte muskelstärkender Übungen bei vorhandenen Nackenschmerzen finden. Die Ergebnisse von drei kontrollierten Studien indizieren, dass diese Übungen deutlich die Intensität, die Unannehmlichkeiten und oder die Dauer von Nackenschmer-zen senken. Eine weitere Studie konnte keinen signifikanten Unterschied zwischen der Interventionsgruppe und der Kontroll-gruppe feststellen.

Es gab deutliche Hinweise, dass bei Nackenschmerzen ausdau-ernde Muskelübungen ebenfalls positive Effekte erzielen. Für die Effektivität von dehnenden Übungen fanden Sihawong et al. widersprüchliche Aussagen. Während eine Studie keinen signifikanten Rückgang hinsichtlich der Schmerzintensität finden konnte, konnte eine weitere Studie einen deutlichen Rückgang von Beschwerden bei Nackenschmerzen durch Dehnungs-übungen feststellen. Die Autorinnen und der Autor berichten weiter von einer widersprüchlichen Evidenz für nichtspezifische Übungen bei Nackenschmerzen. Zwei kontrollierte Studien zeig- ten keine signifikanten Effekte auf den „Work-Ability-Index“, den Krankenstand und/oder die Erwerbsunfähigkeit. Eine weitere Studie konnte ebenfalls keine Unterschiede in Bezug auf Erwerbs-unfähigkeit, Krankenstand oder Genesung zwischen Interven- tionsgruppe und Kontrollgruppe feststellen.

Für nichtspezifische Übungen wurden sich widersprechende Aussagen gefunden. Eine der Studien konnte keine Unterschiede hinsichtlich der Produktivität und der Krankschreibungen finden. Eine weitere Studie fand jedoch eine signifikant höhere Produkti-vität und Genesung bei der Interventionsgruppe.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Sihawong et al. starke Evidenz für die Effektivität von muskelstärkenden und ausdauern-den Übungen fanden, um gegen Nackenschmerzen vorzugehen.

Ausdauernde Übungen sind ebenfalls wirksam, um Beeinträch- tigungen durch Nackenschmerzen zu vermindern (moderate Evidenz). Sie kommen ebenfalls zu dem Schluss der Notwen- digkeit weiterer hochwertiger Studien.

Driessen et al. (2010)Der Review beschäftigt sich mit Interventionen bei Nacken-schmerzen und Schmerzen der Lendenwirbelsäule. In diesem Abschnitt wird nur von den Befunden zu Nackenschmerzen berichtet. Der Fokus auf Schmerzen der Lendenwirbelsäule wird im entsprechenden Abschnitt auf Seite 60 gelegt.

Es wurde eine moderate Evidenz dafür gefunden, dass kurzfristig keine signifikanten Unterschiede bei der Prävalenz und Inzidenz für Nackenschmerzen zwischen den Interventionsgruppen und den Kontrollgruppen bestehen. Die Interventionen beinhalteten ergonomische Maßnahmen wie z. B. ergonomische Trainings und Veränderungen des Arbeitsplatzes für Universitätspersonal, abwechselnde oder konventionelle Haltungsschulungen mit Veränderungen des Arbeitsplatzes für Computernutzer und -nutzerinnen, Anpassungen von Computerarbeitsplätzen für Call-Center-Beschäftigte sowie ein ergonomisches Programm für Küchenpersonal, verbunden mit Veränderungen des Arbeits-platzes.

Über einen längeren Zeitraum konnte eine der betrachteten Studien zeigen, dass ein ergonomisches Training und Armlehnen in Kombination mit einem Trackball deutlich effektiver waren als ein Training allein. Zwei weitere Studien fanden jedoch wider-sprüchliche Ergebnisse. Es konnten keine signifikanten Unter-schiede bei der Benutzung einer alternativen Maus oder Armlehnen im Vergleich zu herkömmlichen Computermäusen gefunden werden. Ein ergonomisch partizipatives Programm für Küchenkräfte konnte ebenfalls keine Unterschiede hinsichtlich der Prävalenz innerhalb von zwei Jahren zeigen. Die widersprüch- lichen Ergebnisse lassen damit nur eine schwache Evidenz dafür zu, dass es keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf die Prävalenz von Nackenschmerzen gibt. Ergonomische Organisa- tionsinterventionen sind weniger für eine kurzfristige Verbesse-rung von Nackenschmerzen geeignet, wofür jedoch auch nur schwache Evidenz gegeben ist. Physische ergonomische Maßnahmen wie Stühle mit speziell gebogenen oder flachen Sitzflächen zeigten deutliche Verbesserungen hinsichtlich der Schmerzintensität, wofür wiederum nur eine schwache Evidenz gefunden werden konnte. Langfristig konnte die Nutzung von Armlehnen deutlich die Intensität von Nackenschmerzen reduzieren. Auch hierfür gilt schwache Evidenz.

Im Gegensatz zu anderen Reviews beschränkten sich Driessen et al. in ihrer Arbeit auf die Untersuchung von Nackenschmerzen und Schmerzen in der Lendenwirbelsäule. Zudem bezogen sie nur kontrollierte Studien in die Untersuchung ein. Zu kleine Stich- proben und zu kurze Untersuchungszeiträume erschwerten es, Effekte nachzuweisen. Auch Driessen et al. fordern weitere Studien, um den Nutzen von Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention zu beweisen.

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Verhagen et al. (2007)Innerhalb der für diesen Review herangezogenen Studien konnten Verhagen et al. sieben verschiedene Interventionen unterscheiden, wobei körperliche Übungen die häufigste Maßnahme waren.

(1) Verhagen et al. finden eine begrenzte Evidenz dafür, dass körperliche Übungen effektiver sind als Massagen. Die Autoren und Autorinnen finden sich widersprechende Aussagen zur Effizienz von Übungen im Vergleich zu keiner Behandlung der Beschwerden oder als Zusatz einer Behandlung. Sie konnten keine Unterschiede in Bezug auf die Effektivität zwischen den verschiedenen Übungen feststellen. (2) Für kognitives Verhal-tenstraining konnten zwei Studien keine Unterschiede zwischen Interventions- und Kontrollgruppe feststellen. In einer weiteren Studie schien das Verhaltenstraining effektiver als die Behand-lung der Kontrollgruppe (Warteliste) zu sein. Demzufolge liegt für die Effektivität von Verhaltenstrainings eine widersprüchliche Evidenz vor. (3) Für ergonomische Programme wurde eine wider- sprüchliche Evidenz gefunden. (4) Es besteht eine begrenzte Evidenz für positive Effekte von Pausen während der Computer- arbeit. (5) Die Autorinnen und Autoren fanden eine eingeschränk- te Evidenz für die Effektivität von Massagen als zusätzliche Behandlung zu einer manuellen Therapie. (6) Der Vergleich zwischen Gruppentherapie und individueller Therapie ergab widersprüchliche Befunde hinsichtlich der Effektivität beider Interventionen. (7) Für die manuelle Therapie als zusätzliche Behandlung zu Übungen konnte nur begrenzte Evidenz hin- sichtlich der Effektivität nachgewiesen werden. Die einzelnen Interventionen umfassten wiederum eine Vielzahl unterschied-licher Maßnahmen. Dies erschwert einen direkten Vergleich der Studien. Die Autorinnen und Autoren betonen die Notwendigkeit von aufeinander abgestimmten Studien, um Rückschlüsse auf die Effizienz der bisherigen Maßnahmen ziehen zu können. Sie sehen ihren Review als eine Bestandsaufnahme der For-schung zum damaligen Zeitpunkt.

Hoe et al. (2012)Der Cochrane-Review von Hoe et al. wertet die Ergebnisse von randomisierten kontrollierten Studien zum Einsatz von ergono-mischen Trainings und Hilfsmitteln bei arbeitsbedingten Muskel- beschwerden im Bereich Nacken und obere Extremitäten aus.

Datengrundlage sind dreizehn RCTs, wovon mit elf Studien die Mehrheit im Büro-Umfeld durchgeführt wurde. Zwei weitere Studien wurden mit Beschäftigten in Krankenhäusern durch- geführt.

Die Effektivität von ergonomischen Trainings, Hilfsmitteln und Veränderungen der Arbeitsumgebung wurde anhand von bestehenden oder neu auftretenden Diagnosen, sowie anhand von Symptomen und Schmerzen bewertet. Zusätzliche Bewer-tungsgrundlage waren arbeitsorganisatorische Parameter wie Krankentage oder Jobverlust.

Ergonomische HilfsmittelGegenüber einer konventionellen Computermaus konnte der Einsatz einer alternativen Computermaus in Kombination mit einer Armunterstützung die Inzidenz und die Intensität von Schmerzen im Bereich Nacken/Schultern reduzieren. Dagegen bestand kein Unterschied, wenn die alternative Maus allein anstelle der konventionellen Computermaus eingesetzt wurde. Auch die Kombination einer konventionellen Computermaus und einer Armstütze brachte hinsichtlich der Inzidenz von Muskel- beschwerden keinen Vorteil gegenüber dem alleinigen Einsatz einer konventionellen Computermaus. Die Kombination von alternativer Computermaus und Armstütze war der Kombination einer konventionellen Computermaus und Armstütze hinsichtlich der Inzidenz von Nacken- und Schulterbeschwerden nicht über- legen. Es konnte aber ein nicht-signifikanter Rückgang der Schmerzscores erreicht werden. Insgesamt besteht auf Basis von zwei Studien moderate Evidenz für den Einsatz der Kombination aus alternativer Computermaus mit Armstütze in der Prävention von Nacken- und Schulterbeschwerden.

Zusätzliche Pausen oder reduzierte ArbeitszeitDie Auswertung von vier Studien ergab, dass weder Pausen noch ein reduzierter Arbeitsumfang die Auftretenshäufigkeit von Nackenbeschwerden oder anderen Muskelbeschwerden beeinflussten. Dafür besteht geringe Evidenz.

Ergonomisches TrainingIn drei Studien wurde der Einsatz von ergonomischem Training bewertet. Mit sehr geringer Evidenz auf der Basis von zwei dieser Studien ist davon auszugehen, dass ergonomisches Training sich nicht vorteilhaft auf Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich auswirkt.

Ergonomisches Training und HilfsmittelIn einer Studie wurde eine kombinierte Intervention getestet, bei der ergonomisches Training zusammen mit ergonomischen Hilfsmitteln zum Einsatz kam. Die Intervention bestand aus der Umgestaltung des Arbeitsplatzes, einem Programm zur Präventi-on von Verletzungen, einer Schulung und der Modifizierung von Arbeitsabläufen. Verglichen mit gar keiner Intervention konnte diese umfangreiche Intervention nach Schichtende nicht dazu beitragen, Häufigkeit und Intensität von Beschwerden im Bereich Nacken, Schultern, Hand und Handgelenk zu reduzieren. Mit sehr geringer Evidenz ist von der Unwirksamkeit solcher Programme auszugehen.

Hilfsmittel zum Heben von Patienten und PatientinnenEine im Krankenhaus durchgeführte Studie prüfte, inwieweit ergonomische Hebehilfen beim Transport von Personen einen Einfluss auf Muskelbeschwerden und relevante arbeitsorganisato-rische Parameter haben. Da keine signifikante Verbesserung der Zielparameter gefunden werden konnte, besteht laut Hoe et al. auf der Basis dieser einen Studie eine geringe Evidenz, dass solche Hilfsmittel keinen Nutzen besitzen.

Als nützliche Maßnahme wird nur der kombinierte Einsatz einer alternativen Computermaus mit einer Armstütze gewertet.

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Der Nutzen anderer Interventionsformen konnte dagegen nicht bewiesen werden. Da Hoe et al. vermuten, dass dies auch auf die geringe Studienzahl zu den einzelnen Interventionen, die Heterogenität zwischen den Studien und die geringe statistische Power einiger Einzelstudien zurückzuführen ist, empfehlen sie die Durchführung weiterer qualitativ hochwertiger Studien auf diesem Themengebiet.

RÜCKENSCHMERZEN (BACK PAIN)Martimo et al. (2007)Im Zentrum des Cochrane-Reviews von Martimo et al. stehen Prävention und Behandlung von Rückenschmerzen bei Beschäf-tigten mit Transportaufgaben (Krankentransport, Post, Gepäck-transport) durch den Einsatz von Hilfsmitteln, Training und Ratgebern. Dazu wurden sechs RCTs und fünf Kohortenstudien, die im Zeitraum von 1981 bis 2005 publiziert wurden, ausgewer-tet. Insgesamt wiesen sieben der Studien eine hohe methodische Qualität auf. Durchgeführt wurden die Studien in den USA sowie in verschiedenen europäischen Ländern. Als Kontrollgruppe dienten entweder Interventionen von geringerer Intensität (z. B. Videoinstruktion vs. persönliche Schulung und Üben), alternative Interventionen wie Bewegung oder das Tragen von Rückengur-ten, oder es wurde vollkommen auf eine Maßnahme verzichtet.

Zielparameter in der Prävention waren Dauer und Häufigkeit von unspezifischen Rückenschmerzen bei den Beschäftigten sowie rückenschmerzbedingte Krankentage. Zur Beurteilung sekundärpräventiver Maßnahmen wurden Zielparameter wie das Risiko, arbeitsunfähig zu sein, die Zeit bis zur Rückkehr an den Arbeitsplatz, die Anzahl rückenschmerzbedingter Kranken-tage, Rezidiv-Risiko, Symptom-Intensität, funktioneller Status, Wohlbefinden und Lebensqualität herangezogen.

Schulungen zu Hebe- und TransporttechnikenEine untersuchte Präventionsstrategie war die Schulung der Beschäftigten in Bezug auf geeignete Hebe- und Transporttech-niken. Den Beschäftigten sollten so Wissen und Fertigkeiten zur Optimierung ihrer Arbeitsprozesse vermittelt werden. Ein Beispiel ist der sogenannte Leglift, der die Belastung des Rückens beim Heben von Gegenständen verringert.

HilfsmittelEine weitere Strategie ist die Anwendung von unterstützenden Hilfsgeräten (Flaschenzüge, Aufzüge, Schlitten, Hebehilfen), die die Last verringern und so den Transport erleichtern.

Beide Strategien, Schulungen und der Einsatz von Hilfsmitteln, wurden sowohl primär- als auch sekundärpräventiv untersucht.

Die Auswertung von Martimo et al. ergab moderate Evidenz dafür, dass Training und Rat weder Rückschmerzen noch die mit Rückenschmerzen assoziierte Arbeitsunfähigkeit verhin- dern können. Im Vergleich zu keiner Intervention konnte kein zusätzlicher Nutzen festgestellt werden. Des Weiteren besteht begrenzte Evidenz auf der Basis von drei Studien, dass Inter- ventionen mit Training und Schulungen in der Prävention von Rückenschmerzen keinen Zusatznutzen gegenüber Bewegung

und Rückengurten haben. Ratschläge zum Materialtransport in Kombination mit Hilfsmitteln besitzen ebenfalls keinen zusätz-lichen Nutzen in der Prävention von Rückenschmerzen und Arbeitsunfähigkeit gegenüber Ratschlägen allein oder gegenüber keiner Intervention. Dafür besteht jeweils auf Grundlage einer Studie begrenzte Evidenz. Aus Sicht der Autoren und Autorinnen könnten methodische Schwächen wie kleine Studienpopulati-onen und eine zu geringe statistische Power dazu geführt haben, dass kleine, aber dennoch relevante Effekte übersehen worden seien. Auch könnte sich fehlende Therapietreue negativ auf die Effektivität der Maßnahmen ausgewirkt haben. Oder die unter- suchten Maßnahmen hätten eine weitere arbeitsablaufbedingte Quelle für Rückenschmerzen nicht abgedeckt.

Letztendlich kommen Martimo et al. zu dem Schluss, dass es weder in der Prävention noch in der Behandlung von Rücken-schmerzen Evidenz für den Einsatz der untersuchten Maßnah-men gibt. Weitere Forschung auf qualitativ hohem Niveau sei erforderlich.

Carroll et al. (2010)Der systematische Review von Carroll et al. gibt einen Überblick über Maßnahmen zur Erhöhung der Rückkehr an den Arbeits-platz. Betrachtet wurden dabei die Effektivität und Wirtschaft-lichkeit. Die Population bestand aus Personen, die aufgrund von Rückenschmerzen längere Zeit (mehr als zwei Wochen) arbeits-unfähig waren. Dabei wird unterschieden zwischen Maßnahmen, die den Arbeitsplatz in den Rückkehrprozess integrieren, und solchen, die dies nicht tun. Einziger Zielparameter des Reviews war die Rückkehr an den Arbeitsplatz („return to work“, RTW).

Die Studienfrage sollte ausschließlich anhand von kontrollierten Interventionsstudien sowie anhand von Wirtschaftsstudien ge- klärt werden, die in englischer Sprache ab 1990 veröffentlicht worden sind. Insgesamt erfüllten neun Interventionsstudien und vier Wirtschaftsberichte die Einschlusskriterien und wurden in den Review aufgenommen. Die Qualität der Studien wurde im Review als mehrheitlich moderat bis gut eingestuft. Sieben von neun Studien wurden in Europa durchgeführt.

Die untersuchten Maßnahmen fanden entweder zum Teil oder vollständig am Arbeitsplatz der Teilnehmenden statt oder in- volvierten das Unternehmen oder die Vorgesetzten der Teilneh-menden in den Prozess. In einigen Studien bestand die Interven- tion aus Treffen aller beteiligten Akteure und anschließender Umsetzung der gemeinsam entwickelten Strategien. Eine andere Gruppe von Studien untersuchte dagegen die Wirksamkeit von Sportprogrammen am Arbeitsplatz. Verglichen wurde die Maß- nahme in den meisten Studien mit einer ärztlichen Routinebe-handlung oder mit individuellen Strategien.

Insgesamt wurde in sechzig Prozent der Studien der Zielpara- meter signifikant verbessert. Eine nicht signifikante Verbesserung wurde in einer Studie gezeigt. Die verbleibenden zwei Studien fanden keinen Unterschied.

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Interventionen, bei denen Beschäftigte, Unternehmen und Betriebsärzte gemeinsam an Arbeitsplatzmodifikationen für die Abwesenden gearbeitet hatten, erwiesen sich als besonders wirksam und waren Interventionen, die den Arbeitsplatz nicht einbezogen oder ohne direkte Beteiligung aller Verantwortlichen durchgeführt worden waren, überlegen. Weiterhin wirkte sich ein früher Interventionsbeginn positiv auf die Effektivität aus. Die in der Studie beobachteten guten Ergebnisse hängen nach Ansicht von Carroll et al. aber ebenso von einer guten und vollständigen Implementierung und einer hohen Bereitschaft zur Mitarbeit bei allen Beteiligten ab.

Schaafsma et al. (2011)Der von Schaafsma et al. durchgeführte Review beinhaltete eine Metaanalyse von 23 RCTs, in denen der Einfluss von bestimmten Bewegungsprogrammen („physical conditioning“) auf arbeits- relevante Parameter untersucht wurde. Die Studienpopulation bestand aus Personen, die aufgrund von Rückenschmerzen krankgeschrieben waren. Primärer Zielparameter war die verlorene Arbeitszeit. Die Erhebung des Parameters erfolgte anhand des Arbeitsstatus‘ zum Ende der Follow-up-Zeit bzw. darüber, wieviel Zeit im Anschluss an die Intervention bis zur Wiederaufnahme der Arbeit verstrich.

Der Begriff „physical conditioning“ wird dabei für die Beschrei-bung von Bewegungsinterventionen verwendet, in denen mit- hilfe von Übungen bestimmte, für die Arbeitsanforderungen typische Bewegungsabläufe trainiert und wiederhergestellt werden. Ergänzt wurde dieses Bewegungsprogramm durch ergonomische Ratschläge und Hinweise zur Rückkehr an den Arbeitsplatz und Besuche des Arbeitsplatzes während der Krankenzeit.

Eine Subgruppenanalyse zeigte deutliche Unterschiede in der Wirksamkeit der Interventionen hinsichtlich des zeitlichen Krankheitsverlaufs. Bei Beschäftigten mit akuten Rückenschmer-zen konnte keine Besserung der Symptome durch die Interven- tion erreicht werden. Insgesamt drei Studien fanden keine Überlegenheit der Interventionen gegenüber der üblichen Behandlung. Die Ergebnisse bei Betroffenen mit subakuten Beschwerden waren widersprüchlich. Allen Studien, die einen statistisch signifikanten Effekt auf die verlorene Arbeitszeit hatten, war gemein, dass sie den Arbeitsplatz in die Interven- tion mit einschlossen. Die Subgruppe der Beschäftigten mit chronischen Rückenschmerzen profitierte von der Intervention. Die gepoolten Ergebnisse aus fünf Studien zeigten eine leichte Reduktion der krankheitsbedingten Fehltage um 0,18 Tage gegenüber der Standardbehandlung („usual care“). Bei allen wirksamen Maßnahmen handelte es sich um intensive Pro-gramme mit mehr als fünf Terminen bzw. einem zweiwöchigen Programm. Nach einer zwei- bis dreijährigen Follow-up-Zeit konnten allerdings keine Unterschiede mehr festgestellt werden. Im Vergleich zu anderen Bewegungsprogrammen konnte keine Verbesserung bei Patienten und Patientinnen mit chronischen Rückenschmerzen gefunden werden. Eine Ergänzung der Programme um eine psychologische Komponente (kognitive Verhaltenstherapie) brachte ebenfalls keine Verbesserung.

Die durchgeführte Metaanalyse zeigte insgesamt eine große Heterogenität der Ergebnisse innerhalb von Studien und auch zwischen Studien, die ein vergleichbares Design aufwiesen. Welche Faktoren zu dieser Heterogenität geführt haben, können die Autorinnen und der Autor nicht benennen. In dreizehn Stu- dien können sie geringe Bias nicht ausschließen. Ihrer Ansicht nach besteht weiterhin Unklarheit, inwieweit „physical con-ditioning“-Programme bei Betroffenen mit Rückenschmerzen wirksam sind. Weitere Forschung auf dem Gebiet sei daher nötig um zu verstehen, warum einige Interventionen zu positiven Ergebnissen geführt hätten, während andere keinen Effekt zu haben schienen.

KREUZSCHMERZEN (LOW BACK PAIN)Williams et al. (2007)Williams et al. untersuchten in ihrem systematischen Review die Effektivität von Rehabilitationsmaßnahmen bei Personen mit arbeitsbedingten Kreuzschmerzen. Eingeschlossen und ausge-wertet wurden ausschließlich sekundärpräventive Interventio-nen, die in prospektiven Studien oder in Querschnittsstudien untersucht wurden. Die Literaturrecherche ergab letztendlich fünfzehn Artikel zu zehn Einzelstudien, die alle Einschlusskriterien erfüllten und für die Beantwortung der Studienfrage herangezo-gen werden konnten. Darunter waren vier RCTs, sieben Kohorten-studien mit Kontrollgruppe und vier Kohortenstudien ohne Kontrollgruppe.

Die untersuchten Rehabilitationsmaßnahmen basierten auf unterschiedlichen Konzepten: Erleichterung einer frühen Rückkehr an den Arbeitsplatz, ergonomische Interventionen einschließlich Bewegung und Tragen lumbaler Stützgürtel, Arbeitsplatzbesuche während der Rehabilitationszeit und Einbezug von Vorgesetzten.

Modifizierte ArbeitsplatzbedingungenMaßnahmen zur schnellen Rückkehr an den Arbeitsplatz nach einer Erkrankung wurden in vier Artikeln über eine Studie von Yassi et al. (1995) diskutiert. Die verschiedenen Artikel kamen zu dem Ergebnis, dass die Reha-Maßnahmen mit modifizierten Arbeitsabläufen bei Krankenpflegepersonal einen Rückgang der verlorenen Arbeitszeit um 44 Prozent und der Verletzungsrate um 23 Prozent bewirkten. Nach sechs Monaten wurde in der Interventionsgruppe zudem eine signifikant niedrigere Schmerz-rate gefunden.

Klinisch-ergonomische MaßnahmenEin Artikel von Loisel et al. (1997) berichtet über die Effektivität von kombinierten Interventionsmaßnahmen. Gegenüber ein- fachen Interventionen (ärztliche Routinebehandlung oder Re- habilitation oder Maßnahmen am Arbeitsplatz) erwiesen sich Interventionen, die verschiedene Interventionsansätze beinhal-teten, als deutlich effektiver hinsichtlich Rückkehr an den Arbeits- platz und Reduktion der Schmerzintensität. Dies wird durch signifikante Verbesserung der Rückkehr an den Arbeitsplatz in einer weiteren Studie bestätigt. Allerdings können nach Williams et al. Ungleichheiten bei der Gruppenzuteilung das Ergebnis verzerrt haben.

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Ergonomische MaßnahmenIn verschiedenen Studien wurde der Effekt von Interventionen mit partizipativem Ansatz auf arbeitsrelevante Parameter untersucht. Die Interventionen umfassten sowohl Änderungen des Arbeitsplatzes, der Arbeitsanforderungen und Aufgaben als auch des Arbeitsumfangs und Unterstützung durch Tragen eines lumbalen Stützgurtes. Festgestellte positive Auswirkung war die signifikante Reduktion von Schmerzen. Allerdings schränken methodische Schwächen der Einzelstudien die Aussagekraft des Gesamtresultats ein.

SportinterventionenSportinterventionen führten in zwei Studien ebenfalls zu einer signifikanten Reduktion von verlorenen Arbeitstagen und Schmerzen. Aber auch hier wird die Verallgemeinerbarkeit durch die Studienbedingungen eingeschränkt.

Beteiligung der VorgesetztenEine Studie zum Einbezug von Vorgesetzten in den Rückkehr- prozess von Patienten und Patientinnen mit Kreuzschmerzen an ihren Arbeitsplatz zeigte eine positive Veränderung des Verhal-tens der Vorgesetzten durch Anwendung ergonomischer Strate- gien und erhöhten Kontakt zu krankgeschriebenen Beschäftig- ten. Auch hier könnten nach Ansicht von Williams et al. Bias die Ergebnisse verzerrt haben.

Nach Williams et al. müssen die gefundenen positiven Ergeb-nisse, die auf eine gewisse Evidenz für die Wirksamkeit der Maßnahmen schließen lassen, durch weitere Studien – möglichst mit einem randomisierten kontrollierten Design und detaillierter Beschreibung der eingesetzten Methoden – bestätigt werden.

Brox et al. (2008)Die Wirksamkeit von Rückenschulen, Kurzedukation und Angstvermeidungstraining in der Therapie von Kreuzschmerzen wird im Review von Brox et al. evaluiert. Als Bewertungsgrund-lage für die Effektivität der Maßnahmen dienen die Parameter Schmerz, Krankentage, Erholung, Kosteneffektivität, Nutzung des Gesundheitsdienstes sowie Muskelstärke. Ausgewertet wurden neunzehn systematische Reviews und acht RCTs.

RückenschuleDie auf Zachrisson-Forssell (1969, beschrieben in Zachrisson- Forssell, 1980) zurückgehende schwedische Rückenschule beinhaltet in erster Linie die Vermittlung von Techniken zum Schutz der Wirbelsäule bei alltäglichen Belastungen. Zusätzlich wurden später Übungen zum Rückentraining in das Programm integriert. Nach Auswertung von sieben systematischen Reviews und acht RCTs kommen Brox et al. zu dem Schluss, dass Rücken-schulen das Wiederauftreten von Kreuzschmerzen nicht wirk-samer verhindern können als die Standardbehandlung, wobei die Gesamtevidenz aus den Studien widersprüchlich ist. Mit begrenzter Evidenz ist davon auszugehen, dass die Effekti- vität der Rückenschule unter der von Sportprogrammen liegt. Auf moderatem Evidenzlevel gehen Brox et al. davon aus, dass Rückenschulen nicht effektiver in der Schmerzreduktion sind als Placebo, Warteliste oder andere Interventionen.

Auf der Basis der eingeschlossenen Studien sprechen die Autorinnen und Autoren daher keine Empfehlung für Rücken-schulen zur Behandlung von Kreuzschmerzen aus.

EdukationEdukative Strategien basieren auf Aufklärungsgesprächen mit Pflege- oder physiotherapeutischem Personal als Bestandteil einer ärztlichen Untersuchung. Als Kerninhalt wird den Betrof-fenen in diesem Gespräch vermittelt, dass sie ihre Aktivität möglichst nicht einschränken sollen. Aufgrund der starken Evidenz für eine wirksame Beeinflussung von Schmerzen und Rückkehr an den Arbeitsplatz empfehlen Brox et al. die Kurzedu-kation als Bestandteil der Behandlung von Kreuzschmerzen im klinischen Setting.

AngstvermeidungstrainingDas Modell zur Vermeidung von Angst nach Lethem et al. (1983) bezieht die Angst von Kreuzschmerzpatienten und -patientinnen, durch eine falsche Bewegung ihren gesundheitlichen Zustand zu verschlechtern, mit ein. Bestandteil der Theorie sind weiterhin der kognitive und der verhaltensbezogene Aspekt von Schmerz. In Hinblick auf Angst, Schmerzen und Arbeitsunfähigkeit erwies sich der Einsatz von Angstvermeidungstrainings als erfolgreicher als gesteigerte Aktivität, wofür moderate Evidenz besteht. Die Autorinnen und Autoren empfehlen, Angstvermeidungstrai-ning als Option in die Rehabilitation von Patienten und Patien-tinnen mit Kreuzschmerzen zu integrieren.

Bell und Burnett (2009)Bell und Burnett diskutieren in ihrem systematischen Review die Wirksamkeit von Sport in der Primär-, Sekundär- und Tertiärprä-vention von Kreuzschmerzen. Ziel war es, die Beeinflussung von Inzidenz, Intensität und Auswirkung von Kreuzschmerzen durch Sport zu evaluieren – mithilfe der Daten aus fünfzehn im Zeitraum zwischen 1978 und 2007 veröffentlichten kontrollierten Studien. Zehn der eingeschlossenen Studien waren RCTs, die anderen fünf Studien waren kontrollierte Interventionsstudien ohne Randomisierung. Die methodische Qualität der Studien wird von der Autorin und dem Autor zum größten Teil als schwach eingestuft. Nur bei vier der fünfzehn eingeschlossenen Studien gehen sie von einer hohen internen Qualität aus. Fehlende Verblindung und Randomisierung sowie der unzureichende Einbezug von potentiellen Störvariablen führten aus ihrer Sicht bei den anderen Studien zu einer Einschränkung der Aussage-kraft der erhaltenen Ergebnisse.

Die untersuchten Sportmaßnahmen waren entweder allgemeine Sporteinheiten aus dem Bereich Krafttraining, Stretching und/oder Ausdauertraining oder Bestandteil eines multidimensio-nalen Interventionskonzepts. Frequenz, Intensität und Dauer variierten zwischen den Studien.

Die Auswertung ergab eine starke Evidenz dafür, dass Sport sowohl die Beeinträchtigung der Aktivität durch Kreuzschmerzen als auch die Intensität von Kreuzschmerzen effektiv vermindern kann. Die Inzidenz von Kreuzschmerzen konnte in vier metho-disch schwachen RCTs und drei kontrollierten Studien ohne

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Randomisierung signifikant gesenkt werden. Nach Bell und Burnett und den Cochrane-Kriterien besteht auf Basis dieser Ergebnisse nur begrenzte Evidenz für den präventiven Nutzen von Sport. Aufgrund methodischer Schwächen und zum Teil widersprüchlicher Ergebnisse sehen Bell und Burnett insgesamt nur begrenzte Evidenz für die Wirksamkeit von Sport auf durch Kreuzschmerzen verursachte Krankentage. Für eine Beeinflus-sung der durch Kreuzschmerzen entstehenden Kosten wurde keine Evidenz gefunden.

Insgesamt können Bell und Burnett auf der Basis ihres Reviews kein endgültiges Fazit zur Wirksamkeit von Sport am Arbeitsplatz in der Prävention von Kreuzschmerzen ziehen und fordern die Durchführung spezifischer Studien, anhand deren Ergebnisse valide Aussagen zu Art und Ausmaß der benötigten Sportpro-gramme ermittelt werden können.

Driessen et al. (2010)Driessen et al. untersuchen in ihrem systematischen Review den Einfluss von ergonomischen Interventionen auf die Inzidenz, Prävalenz und Intensität von Kreuz- und Nackenschmerzen bei nicht krankgeschriebenen Beschäftigten. Wie bereits im Ab- schnitt zu Nacken- und Schulterschmerzen (S. 55) beschrieben, folgt an dieser Stelle die Darstellung der Befunde zu Kreuz- schmerzen bzw. Schmerzen der Lendenwirbelsäule. Zur Beschrei-bung der Endpunkte Inzidenz und Prävalenz wurden ärztliche Diagnosen, Berichte über Schmerzen und die Verschreibung bestimmter Medikamente herangezogen. Die Intensität wurde anhand der Ergebnisse von Fragebögen zur Schmerzmessung (VAS) dokumentiert.

Die untersuchten Maßnahmen wurden von Driessen et al. je nach Schwerpunkt in körperliche und organisationale ergonomische Maßnahmen kategorisiert. Körperliche Maßnahmen umfassen die Umgestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsausrüstung. Organisationale ergonomische Maßnahmen betreffen Verände-rungen von Arbeitsabläufen und Unternehmensstruktur.

Für die Prävalenz und die Inzidenz konnte keine Beeinflussung durch die untersuchten körperlichen Maßnahmen gefunden werden. Dafür fanden Driessen et al. geringe Evidenz auf der Basis von drei Studien. Die Auswertung einer Studie, die die Intensität von Kreuzschmerzen nach einer körperlichen ergono-mischen Intervention untersuchte, führte ebenfalls mit einer geringen Evidenz zu dem Ergebnis, dass die Intervention zu keinen günstigen Effekten geführt hat.

Aufgrund der kleinen Studienzahlen zu den einzelnen Parame-tern und der großen Variabilität von Interventionen, Kontrollgrup-pen und Studienpopulationen sollen die Erkenntnisse aus dem Review von Driessen et al. nur unter Vorbehalt angewendet werden. Eine Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse einzelner Studien, die zum Teil auf bestimmte Arbeitssektoren spezialisiert waren, auf die Gesamtbevölkerung ist ebenfalls nicht ohne Weiteres möglich. Weitere Studien, deren Population genügend groß und deren Nachbeobachtungszeitraum genügend lang sind, um potentielle Effekte entdecken zu können, müssen aus Sicht

von Driessen et al. zukünftig durchgeführt werden. Dabei sei auf eine einheitliche Basispopulation, ein auf die vorliegenden Risikofaktoren zugeschnittenes Interventionsprogramm und ein anspruchsvolles Studiendesign mit Randomisierung zu achten, um verlässliche Aussagen generieren zu können.

5.5 Karpaltunnelsyndrom

Van Rijn et al. (2009)Ziel des systematischen Reviews von van Rijn et al. war die Bewertung des quantitativen Zusammenhangs zwischen physischen und psychosozialen arbeitsplatzbezogenen Faktoren und dem Auftreten eines Karpaltunnelsyndroms.

Die Durchsicht der in drei elektronischen Datenbanken identifi-zierten Publikationen ergab 44 Artikel, die die Einschlusskriterien erfüllten. Der Großteil der eingeschlossenen Studien war als Querschnittsstudie konzipiert (n = 30).

Zielparameter war das Auftreten eines diagnostizierten Karpal-tunnelsyndroms. Hierfür waren zwei Kriterien möglich: entweder lagen typische Symptome wie Taubheit, Kribbeln, Brennen und Schmerz, bestätigt durch das positive Ergebnis eines elektro- diagnostischen Tests (n = 19), vor, oder es wurde durch eine ärztliche Untersuchung allein oder in Kombination mit dem Auftreten von Symptomen die Diagnose gestellt.

Als Einflussfaktoren wurden entweder Berufsgruppen oder bestimmte Arbeitsbedingungen wie Kraft, sich wiederholende Bewegungen, Vibrationen, bestimmte Positionen und das psychosoziale Arbeitsumfeld untersucht.

Die Analyse ergab als Risikofaktoren eine Beschäftigung in der Fleisch- oder Fischverarbeitungsindustrie, das Arbeiten mit Kettensägen in der Forstwirtschaft, Krafteinwirkung, Tätigkeiten, bei denen das Handgelenk ständig gebeugt oder gedehnt wird, sich ständig wiederholende Bewegungsabläufe und Tätigkeiten, bei denen Arm und Hand einem hohen Ausmaß an Vibrationen ausgesetzt sind.

Limitierend für die Aussagekraft dieser Ergebnisse sind zum einen das Design der eingeschlossenen Studien und zum anderen die große Heterogenität der Einzelstudien. Zwischen den Einzelstudien bestanden beispielsweise große Unterschiede in der Definition von Einflussgrößen und Zielparametern sowie in der Wahl der Messmethoden. Der häufige Einsatz von Frage- bögen und Interviews zur Messung der Risikofaktoren birgt ebenfalls das Risiko von Fehlklassifikationen.

5.6 Zusammenfassung

Fast 300 Studien wurden in den 20 Übersichtsarbeiten dieses Kapitels analysiert. Die Evidenzlage zur Wirksamkeit der Prävention von Erkrankungen des Bewegungsapparats ist

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weiterhin, trotz der aktualisierten Literaturrecherche und der großen Zahl an vorliegenden Studien, uneinheitlich.

Nach wie vor lassen sich anhand der vorliegenden Literatur kaum Aussagen darüber treffen, ob eine konkrete Maßnahme effektiv ist oder nicht. Für den Bereich der verhältnispräventiven Interventionen liegen sehr viel weniger Studien vor als für die Verhaltensprävention. Nur in vier der einbezogenen Reviews werden auch Studien ausgewertet, die sich schwerpunktmäßig mit der Wirksamkeit von Maßnahmen der Verhältnisprävention beschäftigen (Driessen et al., 2009, Boocock et al., 2007, Carroll et al., 2010, Martimo et al., 2007).

Die eindeutige Ursache-Wirkungs-Feststellung ist in diesen Fällen erschwert, da systematische Verzerrungen in den Studien nicht ausgeschlossen werden können. Ebenso ist es umgekehrt möglich, dass bestehende präventive Effekte überhaupt nicht entdeckt werden, weil es durch unkontrollierte weitere Einfluss-faktoren zu einer Unterschätzung des Effektes kommt (z. B. die körperliche Aktivität der Teilnehmenden).

Vor diesem Hintergrund sind solche Studienergebnisse nicht generalisierbar und mit Vorsicht zu interpretieren. Trotz der Einschränkungen deuten die Befunde zur Wirksamkeit der einzelnen Präventionsmaßnahmen für sich betrachtet und im jeweiligen betrieblichen Umfeld jedoch oft mit moderater Evidenz in folgende Richtung:

Verhaltenspräventive AnsätzeHierunter zählen Schulungen oder Trainings wie Rückenschulen, Nackenschulen, ergonomische Schulungen, Schulungen zum Umgang mit Stress. Die Ergebnisse der Recherche deuten darauf hin, dass edukative Präventionsmaßnahmen, die auf reine Wissens- und Informationsvermittlung in Unterrichtsform abzielen, in Hinblick auf relevante Zielgrößen uneffektiv sind. Gleiches gilt für klassische Rückenschulen, für die als Einzelmaß-nahme kein präventiver Nutzen belegt ist.

Körperliche Bewegungs- und Kräftigungsprogramme zur Steigerung der physischen Belastbarkeit, Verbesserung der Beweglichkeit und Erhöhung der Fitness von Beschäftigten zeigen in den evaluierten Interventionsformen die deutlichsten Effekte. Wie aus den Reviews hervorgeht, lassen sich mit Hilfe von Sport- und Bewegungsprogrammen sowohl Fehlzeiten infolge von Muskel-Skelett-Erkrankungen reduzieren als auch deren Inzidenz und Prävalenz senken (Bell & Burnett (2009), Sihawong et al. (2011), Williams et al. (2009).

Die Heterogenität der Studien erlaubt keine Rückschlüsse hinsichtlich der Wirksamkeit der Maßnahmen auf den Inhalt, die zeitliche Dauer oder die Intensität der Übungen.

Verhältnispräventive AnsätzeDarunter werden technische Hilfsmittel bzw. lumbale Stützgürtel subsummiert. Die Auswertung von Martimo et al. (2007) ergab begrenzte Evidenz dafür, dass Interventionen mit Training und

Schulungen keinen Zusatznutzen in der Prävention von Rücken-schmerzen gegenüber Bewegung und Rückengurten haben. Ratschläge zum Materialtransport in Kombination mit Hilfsmitteln besitzen ebenfalls keinen zusätzlichen Nutzen in der Prävention von Rückenschmerzen und Arbeitsunfähigkeit.

Umgestaltung des ArbeitsplatzesEin Review (Williams et al., 2007) belegt die Wirksamkeit der Neugestaltung des Arbeitsplatzes sowie auch des Tragens eines Lumbalgurtes hinsichtlich der Schmerzreduktion – hier als partizipative Maßnahme. Darüber hinaus ist die Evidenzlage auch bezüglich dieser Interventionen inkonsistent.

Kombinierte AnsätzeMehrkomponenten-ProgrammeDie von Aas et al. (2011) beschriebenen zehn Studien zeigen im Gegensatz zu anderen Mehrkomponenten-Programmen (vgl. auch Kap. 3.6) eine nur geringe Evidenz für die Wirkung der analysierten Mehrkomponenten-Programme.

Empfehlungen für die PraxisIm Folgenden werden aus den vorliegenden Ergebnissen und unter Berücksichtigung der iga.Reporte 3 (Kreis & Bödeker, 2003) und 13 (Sockoll et al., 2008) Empfehlungen für die betriebliche Praxis abgeleitet.

� Schulungen bzw. Trainings sind als Maßnahmen zur Prävention muskuloskeletaler Erkrankungen in der gesun-den Erwerbsbevölkerung ungeeignet. Sie sollten daher in Betrieben nicht als „universelles“ Präventionsinstrument eingesetzt werden.

� Die Wirksamkeit von verhältnispräventiven Maßnahmen wie technischen Hilfsmitteln, arbeitsorganisatorischen Veränderungen und ergonomischen Umgestaltungsmaß-nahmen am Arbeitsplatz ist weiterhin nicht ausreichend erforscht. Ihr Einsatz ist daher nur zu Evaluationszwecken ratsam. Gleiches gilt für den Einsatz von „Lifting Teams“ im Bereich der Krankenpflege.

� Den größten präventiven Nutzen versprechen nach wie vor körperliche Übungs- und Kräftigungsprogramme, mit deren Hilfe Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und Fehlzei-ten am Arbeitsplatz reduziert werden können. Dabei scheint insbesondere die kontinuierliche und regelmäßige Weiter-führung des Programms über einen längeren Zeitraum von Bedeutung zu sein.

� Ebenfalls empfehlenswert sind umfassende, partizipativ angelegte Programme, die die Beschäftigten von Beginn an aktiv beteiligen. Ein enger Tätigkeitsbezug der Programmin-halte, der sich an den Bedürfnissen der Beschäftigten orien-tiert, ist unverzichtbar.

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

6 Ökonomischer Nutzen

betrieblicher Gesundheits-

förderung und Prävention

Die Forschungslage in der betrieblichen Gesundheitsförderung belegt insgesamt einen ökonomischen Nutzen präventiver Maßnahmen. Für den recherchierten Veröffentlichungszeitraum konnten elf Studien eingeschlossen werden. Davon beziehen sich sechs Reviews auf Interventionen allgemein bzw. auf Mehr- komponenten-Programme (Chapman, 2012, Cancelliere et al., 2011, Steinke & Badura, 2011, Baicker et al., 2010, Osilla et al., 2012, Pelletier, 2009). Diese werden zunächst genauer darge-stellt. Aussagen zum ökonomischen Nutzen von Programmen zur Gewichtskontrolle und zur Nikotinentwöhnung und Tabakkontrol-le konnten in jeweils zwei Übersichtsarbeiten (van Dongen et al., 2011, Jensen, 2011 sowie Rasch & Greiner, 2009 und Cahill et al., 2008) ausfindig gemacht werden. Zum ökonomischen Nutzen von Programmen zur Prävention von psychischen Erkrankun-gen wurde ein Review (Knapp et al., 2011) in den Bericht aufgenommen.

Als Zielgrößen dienten in der Regel Krankheitskosten und krank- heitsbedingte Fehlzeiten (Absentismus) der Beschäftigten, wobei Fehlzeiten nur als Näherungswert zu betrachten sind, da in Deutschland etwa die Hälfte der Beschäftigten auch im Krankheitsfall arbeitet (vgl. Bertelsmann Stiftung, 2007). Die im iga.Report 13 berücksichtigten Studien deuteten darauf hin, dass Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung einerseits zu einer Reduktion von Krankheitskosten um durchschnittlich 26 Prozent führen. Auf der anderen Seite wurden die krankheits-bedingten Fehlzeiten um durchschnittlich 27 Prozent verringert.

6.1 Ökonomischer Nutzen allgemein

Chapman (2012)Aufbauend auf der im iga.Report 13 berichteten Meta-Evaluation von 2003 und dem Update 2005 (Sockoll et al., 2008, S. 58) fasst Chapman nun 62 Studien zusammen, die sich mit dem ökonomi-schen Nutzen von Programmen zur betrieblichen Gesundheits-förderung beschäftigen. Als wesentliche Zielgrößen wurden die Inanspruchnahme medizinischer Versorgung und Fehlzeiten erhoben. In den Studien wurden unterschiedliche Messverfahren verwen-det, um dieselbe Variable zu erheben. Dies führt zu einer man- gelnden Vergleichbarkeit.

Die Metaanalyse von Baicker et al. (2010, zit. nach Chapman, 2012, S. 7–9), die in diesem Report auf S. 65 beschrieben wird und Studien mit experimentellem oder quasi-experimentellem Design einbezogen hatte, wird auch von Chapman thematisiert. Darin wurden Einsparungen von Gesundheitskosten untersucht, die in Verbindung mit der Teilnahme an Programmen zur

Gesundheitsförderung oder durch die Senkung krankheitsbe-dingter Fehlzeiten möglich wurden. Der Return on Investment (ROI) lag hier für Einsparungen medizinischer Kosten bei 1:3,27 Dollar und für die Senkung krankheitsbedingter Fehlzeiten bei 1:2,73 Dollar.

Zusammenfassend können betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention hinsichtlich des gesundheitlichen wie auch des ökonomischen Nutzens weiterhin als evident bezeichnet werden. Die einbezogenen Studien zeigen eine durchschnittliche Senkung krankheitsbedingter Fehlzeiten sowie der Kosten für die Berufs- unfähigkeit und der medizinischen Kosten um ca. 25 Prozent. Die Ergebnisse aus den iga.Reporten der Jahre 2003 (Kreis & Bödeker, 2003) und 2008 (Sockoll et al., 2008) werden auch durch die neu einbezogenen Studien bestätigt.

Cancelliere et al. (2011)Der Review von Cancelliere et al. bewertet die Effektivität von betrieblichen Programmen in Bezug auf Präsentismus. Präsentis-mus wird hier verstanden als Einbußen der Arbeitsproduktivität durch Beschäftigte, die trotz gesundheitlicher Beschwerden zur Arbeit gehen.

Insgesamt wurden vierzehn Studien (u. a. RCTs, kontrollierte Studien, Pre-Post-Studien und Risikofaktorenanalysen) einbe- zogen.

Die Interventionen mussten im Betrieb implementiert werden, die Nutzung externer Angebote (außerhalb des Betriebes) wie Übungen und Trainings oder zusätzliche medizinische Betreuung war jedoch zulässig. Die Heterogenität der Populationen, die unterschiedlichen Interventionen und Zielgrößen erschweren es, die Studien miteinander zu vergleichen.

Zwei Studien fanden eine starke Evidenz und acht weitere Studien eine moderate Evidenz für positive Effekte auf Präsen- tismus.

Steinke und Badura (2011)In ihrem Review fassen Steinke und Badura 285 Studien, haupt- sächlich Original- und Primärstudien, zum Thema Präsentismus zusammen.

In die ökonomische Bewertung flossen vor allem zentrale Übersichtsstudien ein. Arbeiten zu einzelnen Krankheiten und Risikofaktoren wurden bei der wirtschaftlichen Betrachtung aus Übersichtsgründen lediglich benannt. Es wurden die Qualität und die Anzahl der vorhandenen Studien sowie die Konsistenz der Ergebnisse untersucht. Auch hier erschweren unterschiedliche Studiendesigns und Erhebungsinstrumente die Vergleichbarkeit. Die Studien liefern unterschiedliche Werte, das Ausmaß von Präsentismus ist somit nicht konkret bezifferbar.

Es ist zu vermuten, dass Präsentismus in der Regel ebenso häufig auftritt wie Absentismus. Ebenso ist davon auszugehen, dass der ökonomische Verlust durch eine eingeschränkte Arbeitsfähigkeit größer ist als der Produktivitätsverlust durch Abwesenheit, und

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

dass ein Zusammenhang zwischen gesundheitlichen Beschwer-den und der Arbeitsproduktivität besteht.

Nach den Recherchen der Autoren verursachen Depressionen im Vergleich mit anderen Erkrankungen die meisten Kosten. Bereits 2004 ermittelten Goetzel et al. (zit. nach Steinke & Badura 2011, S. 93) den größten Produktivitätsverlust für Depressionen. Demnach lassen sich 26 Prozent des Produktivitätsverlustes pro Person und Jahr auf die beiden Quellen Absentismus und Präsentismus zurückführen.

Baicker et al. (2010)Baicker et al. untersuchten in ihrem Review 36 Studien, von denen 22 die medizinischen Kosten und 22 die Fehlzeiten der Beschäftigten berichteten. In acht Studien wurde beides berichtet.

Die Autorin und die Autoren berichten, dass die medizinischen Kosten für jeden Dollar, der für Wellness-Programme ausgegeben wird, um $3,27 fallen. Die Kosten für Fehlzeiten (Tage) sinken um etwa $2,73 für jeden ausgegeben Dollar.

Die Autoren und die Autorin betonen, dass die in den von ihnen eingeschlossenen Studien kalkulierten ROIs niedriger ausfallen als beispielsweise in den Metaanalysen von Chapman (2005, zit. nach Baicker et al., 2010, S. 309), unter anderem aufgrund der von ihnen gewählten strengeren Einschlusskriterien. Baicker et al. vermuten allerdings auch, dass aufgrund der über die Zeit sinken- den Kosten für einmal eingerichtete betriebliche Gesundheits- förderungsprogramme eine Unterschätzung des ROI erfolgt.

6.2 Ökonomischer Nutzen von Mehrkomponenten-Programmen

Osilla et al. (2012)Osilla et al. untersuchten 33 Studien zur Wirksamkeit betrieblicher Gesundheitsförderung aus dem Zeitraum von 2000 bis 2011. Betrachtet wurden Wellness-Programme mit dem Ziel der Verhal- tensveränderung.

Die Hälfte der untersuchten Studien waren RCTs. Die erhobenen Zielgrößen reichen von körperlicher Aktivität über Ernährung, BMI, psychische Gesundheit, Rauchen und Alkoholkonsum bis Absentismus und Gesundheitskosten.

Aufgrund der Heterogenität der Studien ist es laut Osilla et al. kaum möglich, einheitliche Empfehlungen abzuleiten.

Fünf der Studien machen Aussagen zum ROI, darunter eine RCT. Generelle Aussagen zu Kosteneinsparungen durch Verhaltensver-änderungen, die auf die Teilnahme an einem Programm zurück- zuführen sind, wollen Osilla et al. auf dieser Basis nicht treffen.

Pelletier (2009)Dieser Review ist das siebte Update einer Serie von Reviews und bestätigt die Ergebnisse der vorherigen sechs Reviews zu

Gesundheits- und Kosteneffekten von umfassenden, multi- faktoriellen betrieblichen Gesundheitsförderungsprogrammen. Für den Zeitraum von 2004 bis 2008 wurden sechzehn Studien eingeschlossen. Bei einer Studie handelt es sich um eine RCT. Wie auch in seinen früheren Reviews betont Pelletier die posi-tiven gesundheitlichen und betriebswirtschaftlichen Effekte betrieblicher Gesundheitsförderung – insbesondere für Beschäf-tigte mit hohen Gesundheitsrisiken. Sieben der sechzehn Studien berichten positive Ergebnisse für den ROI.

6.3 Ökonomischer Nutzen von Programmen zur Gewichtskontrolle

van Dongen et al. (2011)Van Dongen et al. berücksichtigen in ihrem Report achtzehn Stu- dien, die sich mit Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährung und/oder der Steigerung der körperlichen Aktivität beschäftigen.

Sie fassen zusammen, dass die durchschnittlichen jährlichen Kosten pro Programmteilnehmenden zwischen $11 und $1.075 (Median $155) liegen. Der durchschnittliche Nutzen bei Absen-tismus variiert zwischen -$113 und $1.384 (Median $324). Der durchschnittliche Nutzen bei Präsentismus liegt im Jahr zwischen $2 und $1.528 (Median $158). Das Kosten-Nutzen- Verhältnis (Benefit-Cost Ratio, BCR) variiert zwischen -0,76 und 18,84 (Median 1,42). Der ROI variiert zwischen -176 Prozent und 1.784 Prozent (Median 42 Prozent).

Eine Analyse für BCR und ROI, die getrennt für randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) und nicht-randomisierte Studien (NRSs) durchgeführt wurde, zeigt, dass die positiven Effekte sich zwar in den NRSs, nicht jedoch in den RCTs finden. Da in zwei Studien unabhängig voneinander die Möglichkeit eines Bias‘ eingeräumt wird, gehen van Dongen et al. davon aus, dass keine generalisierenden Aussagen gemacht werden können.

Subventionen wie Steuerfreibeträge, Kooperationen mit Unternehmen, Krankenkassen usw. erschweren es zusätzlich, Rückschlüsse auf die Wirtschaftlichkeit der Interventionen zu ziehen, wenn solche monetären Hilfen oder Anreize nicht in ie Evaluation einer Maßnahme einfließen.

Jensen (2011) Anhand von dreißig Studien, darunter sieben RCTs, zwei Quer-schnittsuntersuchungen und zwanzig quasi-experimentelle Studien, untersucht Jensen in einem Literaturreview die Auswir-kung betrieblicher Ernährungsprogramme auf die Produktivität der Arbeitnehmer. Zielgrößen waren Gesundheitskosten, Absentismus und Produktivität.

Zwei der einbezogenen Studien zeigen einen signifikanten Zusammenhang zwischen einer steigenden Produktivität und der Senkung von Präsentismus, eine weitere Studie belegt einen negativen Zusammenhang zwischen Produktivität und Übergewicht. Übergewicht wiederum führt zu höheren krank-heitsbedingten Fehlzeiten.

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Eine RCT zeigt, dass die Teilnahme an Interventionen den Absentismus um bis zu zwanzig Prozent (entspricht bis zu drei Arbeitstagen im Jahr) senken kann. Programme zur Gewichts-kontrolle am Arbeitsplatz haben somit laut Jensen das Potential für positive Effekte auf das Gewichtsmanagement, die Produkti-vität und auf krankheitsbedingte Fehlzeiten und indizieren damit einen potentiellen ökonomischen Nutzen.

Es ist keine Schlussfolgerung möglich, welche Art und Ebene der Intervention die besten Ergebnisse erzielt, da in der Mehrzahl der Studien kombinierte Maßnahmen und Strategien untersucht wurden.

6.4 Ökonomischer Nutzen von Nikotinentwöhnungsprogrammen und Tabakkontrolle

Rasch und Greiner (2009)Rasch und Greiner konzentrieren sich in ihrer Literaturübersicht auf die Wirksamkeit und Kosteneffektivität von Entwöhnungs-kursen aus dem Angebot der Gesetzlichen Krankenversicherung Deutschland (GKV). Dazu beziehen sie nach einer Recherche in einschlägigen Datenbanken sechs Publikationen ein.

Zwei Publikationen belegen hier durch Metaanalysen eine längerfristige Wirksamkeit von gruppenorientierten Ansätzen (Odds Ratio (OR) = 1,3 bzw. 2,17). Zwei weitere Reviews zeigen die Wirksamkeit verhaltensbezogener Gruppenkurse. Bei der Betrachtung einzelner Komponenten verhaltenstherapeutischer Programme schwanken die Angaben zwischen OR = 0,91 und OR = 1,5. Die Evidenz von „Allen Carr’s Easyway-Kursen“, Pro- grammen zur Nikotinentwöhnung, die auch in Deutschland oft angeboten und von Krankenkassen anteilig erstattet werden, ist unzureichend.

Es können keine Reviews zur Kosteneffektivität von Nikotinent-wöhnungskursen aus dem Angebot der GKV in die Bewertung eingeschlossen werden, da nach Aussage der Autoren zu solchen Entwöhnungskursen keine entsprechenden Evaluationsstudien bzgl. der Wirtschaftlichkeit vorliegen.

6.5 Ökonomischer Nutzen von Programmen zur Prävention von psychischen Erkrankungen

Knapp et al. (2011)Erhebliche wirtschaftliche Verluste entstehen für Unternehmen durch Produktivitätsverluste (Fehlzeiten oder Absentismus) aufgrund von Depressionen oder Angststörungen. Mit diesen Krankheitsbildern beschäftigen sich Knapp et al. in ihrem Review, darin in zwei Kapiteln (acht einbezogene Studien) auch mit den ökonomischen Effekten von entsprechenden Programmen zur Prävention. Die untersuchten Mehrkomponenten-Programme zur Förderung des psychischen Wohlbefindens bestehen aus persönlicher Information und Beratung sowie weiteren Angeboten.

Eine quasi-experimentelle Studie, die Knapp et al. in ihren Review einbezogen haben, berichtet deutlich weniger Stress, geringere Fehlzeiten und weniger Präsentismus für eine Inter- ventionsgruppe verglichen mit der Kontrollgruppe (Mills et al., 2007, zit. nach Knapp et al., 2011, S. 22).

Die langfristige Förderung des psychischen Wohlbefindens durch solche Programme kann mit einem reduzierten Risiko psychi-scher Erkrankungen assoziiert sein, wobei die Evidenz dafür schwach bleibt. Die Kosten für ein Mehrkomponenten-Programm werden auf 80 £ pro Person/Jahr geschätzt, so dass es nach Einschätzung von Knapp et al. wahrscheinlich ist, dass kleinere Unternehmen solche Programme nicht ohne Zuschüsse finanzie-ren können.

Im Falle einer bereits vorhandenen Depression oder Angststö-rung, festgestellt durch ein Screening am Arbeitsplatz, besteht die Möglichkeit eines Kursangebots der kognitiven Verhaltens-therapie (CBT). Die einbezogenen Studien zeigten eine Verbesse-rung der Produktivität. Die hierdurch erwirtschafteten Gewinne überstiegen die Kosten, die durch die Intervention entstanden.

6.6 Zusammenfassung

Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die wichtigsten Ergeb-nisse in Bezug auf den ökonomischen Nutzen von Maßnahmen betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention. Bewertet werden dabei der „Return on Investment“ (ROI), medizinische Kosten, Kosten infolge krankheitsbedingter Abwesenheit (Ab- sentismus) sowie Produktivitätsverluste bei Anwesenheit trotz Krankheit (Präsentismus). Allerdings bewerten nicht alle Studien diese Kennzahlen. Wiederum berücksichtigten die Studien ver- schiedene Erhebungsmethoden und diverse Zielparameter. Daher können keine allgemeingültigen Schlüsse gezogen werden. Die vorgestellten Reviews weisen jedoch insgesamt auf einen positiven Return on Investment (ROI) hin.

6.7 Literatur

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7 Zusammenfassung

Bei dem vorliegenden Bericht handelt es sich um eine Darstel- lung des Forschungsstandes zur Wirksamkeit von Maßnahmen betrieblicher Prävention und Gesundheitsförderung. Der Anspruch war es, einen strukturierenden Überblick über das bestehende Wissen zum Thema Evidenz, angelehnt an den Begriff der evidenzbasierten Medizin, vorzulegen. Dabei zeigt die Anzahl und Vielfalt der recherchierten Studien, dass solche Übersichtsarbeiten wichtig sind – insbesondere vor dem Hinter- grund des immer noch begrenzten Wissens zu diesem Thema. Nach Meinung der Autorinnen ist die Erstellung weiterer Zusam- menschauen in Zukunft dringend notwendig. Es ist zu hoffen, dass sich die Reviews und Übersichtsarbeiten künftig stärker spezifischen Fragestellungen widmen und in ihrer Methodik systematischer vorgehen.

Die Aktualisierung für den Zeitraum von 2006 bis 2012 durch den vorliegenden Bericht bestätigt weiterhin, dass Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention positive Effekte auf die Gesundheit von Beschäftigten haben. Auf der Individualebene bedeutet dies, dass in einem Großteil der Studien eine Verbesserung der körperlichen bzw. psychischen Verfassung erreicht wird und arbeitsorganisatorische und arbeitsplatzbezogene Zielgrößen positiv beeinflusst werden. Aus Unternehmenssicht wird in der Fachliteratur zumeist eine Reduktion von krankheitsverursachten Fehlzeiten und Gesund-heitskosten berichtet.

Psychische Erkrankungen und StressDie Evidenz zur Wirksamkeit der Prävention von psychischen Erkrankungen bzw. der Förderung des psychischen Wohlbefin-dens besteht vor allem für individuelle Maßnahmen: Studien, die sich mit der Prävention des Burn-out beschäftigen, konnten positive Effekte für solche Interventionen belegen, auch für kombinierte Maßnahmen. Als wirksam gezeigt haben sich insgesamt vor allem Kombinationen aus organisationalen und individuellen Maßnahmen – diese wirkten im Durchschnitt auch länger nach als individuelle Maßnahmen alleine.

Muskel-Skelett-ErkrankungenDie Evidenzlage zur Wirksamkeit der Interventionen gegen Erkrankungen des Bewegungsapparats ist uneinheitlich.

Für den Bereich der verhältnispräventiven Interventionen liegen sehr viel weniger Studien vor als für die Verhaltensprävention. Infolgedessen bestehen insbesondere auf dem Gebiet der Verhältnisprävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen noch Unklarheiten über die Wirksamkeit der verschiedenen Maßnah-men. Außerdem lassen methodische Schwächen nicht zu, die Studienergebnisse zu generalisieren, so dass diese mit Vorsicht zu interpretieren sind. Trotz der Einschränkungen deuten die Befunde zur Wirksamkeit der einzelnen Präventionsmaßnahmen für sich betrachtet und im jeweiligen betrieblichen Umfeld jedoch oft mit moderater Evidenz in folgende Richtung:

Insgesamt ist ein präventiver Nutzen für körperliche Bewegungs- und Kräftigungsprogramme belegt. Rückschlüsse hinsichtlich der Wirksamkeit der Maßnahmen auf den Inhalt, die zeitliche Dauer oder die Intensität der Übungen erlaubt die Studienlage jedoch nicht.

Ökonomischer Nutzen betrieblicher Gesundheitsförderung und PräventionDie Evidenzlage zum ökonomischen Nutzen betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention ist nach wie vor hetero-gen. Die herangezogenen Reviews weisen insgesamt auf einen positiven Return on Investment (ROI) hin, z. B. für Einsparungen medizinischer Kosten bei 1:3,27 und für die Senkung krankheits- bedingter Fehlzeiten bei 1:2,73. Gesundheitsökonomische Eva- luationen „leiden“ wie die anderen Wirksamkeitsstudien auch unter der Heterogenität der Zielgrößen und der Komplexität der Untersuchungssituation. Umso sinnvoller ist unter Umständen der Einsatz von Instrumenten zur Kosten-Nutzen-Erfassung (vgl. auch Kapitel 6).

Obwohl zahlreiche Studien Hinweise auf den lohnenden Einsatz geben, hat die betriebliche Gesundheitsförderung in vielen Betrieben bis heute eine ungesicherte Stellung (Kliche et al., 2009). Dieser iga.Report kann jedoch nicht die ebenfalls wichtige Frage beantworten, wie sich betriebliche Gesundheitsförderungs-programme weiter durchsetzen. Er beantwortet auch nicht die Frage, wie Programme und ihre Komponenten optimal gestaltet werden. Dafür sind gezielte Studien in den verschiedenen Branchen nötig. Aber auch dort ist die Antwort nicht überall gleich: Individuelle Faktoren der Beschäftigten spielen eine Rolle bezogen auf die Gesundheitseffekte. Ökonomisch betrachtet wirken die Unternehmenskultur, die Struktur eines Programms, mögliche Anreize und die generelle Teilnahmebereitschaft an Programmen auf den ROI. Weitere Studien sind auch hier erforderlich, um die Evidenz auf diesem Gebiet zu stärken.

Exemplarisch für ein möglicherweise nachhaltiges Vorgehen ist das Projekt „Fit for Work“, ein Arbeitsprogramm in 24 Ländern, an dem sich auch Deutschland beteiligt. In diesem Programm werden die Auswirkungen von Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates auf das Arbeitsleben untersucht. Dabei beziehen die Autoren McGee, Bevan und Quadrello (2010) umfassend die Auswirkungen dieser Erkrankungen auf die Beschäftigungsleistung, die demografische Entwicklung sowie psychologische und soziale Faktoren mit ein. Die allge-meinmedizinische und die arbeitsmedizinische Perspektive finden ebenso Beachtung wie die Aspekte der frühzeitigen Intervention und der Rehabilitation.

Eine evidenzbasierte Ableitung von Handlungsleitfäden fällt an dieser Stelle aus den genannten Gründen – die Heterogenität der Studien, methodische Schwächen, die Komplexität der jeweils sehr unterschiedlichen Branchen und Beschäftigungsbereiche – schwer, sodass Empfehlungen primär plausibilitätsgestützt gegeben werden. Ergänzend zu den spezifischen Ergebnissen in den jeweiligen Kapiteln ist für alle Beschäftigungsbereiche generell zu empfehlen:

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

� Assessment: Eine umfassende, individuelle Risikobeurtei-lung und die Einbindung in bestehende Strukturen sollten wesentliche Bestandteile eines Präventionskonzeptes sein (ursachenorientierter Ansatz an Personen und Arbeitsbe-dingungen).

� Partizipative Ansätze: die Beschäftigten werden aktiv in die Gestaltung von Arbeitsplatz und -aufgaben einbezogen.

� Organisatorische Ansätze: Uneingeschränkt empfehlens- wert sind Maßnahmen zur Gestaltung einer erfolgreichen und gesundheitsförderlichen Arbeitsorganisation wie abwechselnde Tätigkeiten, Vermeidung von ständigen Unterbrechungen, Förderung von sozialem Austausch, Gewährleistung einer ausreichenden Beschäftigungssicher-heit, Anerkennung von Leistungen.

� Ein mehrdimensionales Präventionskonzept: verhaltens- und verhältnispräventive Ansätze werden miteinander verknüpft.

� Zielgruppe: Alle Altersgruppen und alle Tätigkeitsbereiche werden berücksichtigt.

� Kontinuierliche Weiterführung und Erfolgskontrolle: Bei den Maßnahmen kann es sich um kurzfristige Maßnah-men und befristete Interventionen handeln, empfehlenswert ist jedoch die Etablierung eines betrieblichen Gesundheits-managements.

Beschäftigte und Unternehmen haben ein gemeinsames Interesse an betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention: Die einen möchten gesund bleiben, die anderen möchten mit gesunden und leistungsfähigen Beschäftigten ihre Wettbewerbs-fähigkeit sichern. Die betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention hat daher zum Ziel, arbeitsbedingte gesundheitliche Belastungen zu vermeiden oder zu reduzieren. Gelingt darüber hinaus die Förderung einer gesunden Lebensweise, kann dadurch das Wohlbefinden der Beschäftigten gesteigert werden. Dies schließt letztlich eine inhaltlich befriedigende Tätigkeit mit ein. Die berichteten Ergebnisse zeigen, dass bei einer steigenden Zahl von Maßnahmen der Bewertung und Evaluation noch immer eine zu geringe Bedeutung zukommt. Dies ist weiterhin ein Gebiet, dem die Forschung – gemeinsam mit der Praxis – in der Zukunft nachkommen muss.

Literatur

Kliche T, Kröger G, Meister R: Die Implementation der BGF in Deutschland – Stand, Hürden und Strategien. Ein Überblick. In: Kirch W, Middeke M, Rychlik R (Hrsg.): Aspekte der Prävention (S. 224-235). Stuttgart: Thieme. 2009

McGee R, Bevan S, Quadrello T: Fit For Work? Musculoskeletal Disorders and the German Labour Market. London: The Work Foundation. 2010

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Anhang

Tab. A-1: Systematische Reviews zur Wirksamkeit von Maßnahmen zur Förderung der generellen Gesundheit und des Wohlbefindens 72

Tab. A-2: Systematische Reviews zur Wirksamkeit präventiver Maßnahmen gegen psychische Erkrankungen 89

Tab. A-3: Systematische Reviews zur Wirksamkeit präventiver Maßnahmen gegen Muskel-Skelett-Erkrankungen 99

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undh

eit

(BM

I, Li

pide

, D

iabe

tes-

Risi

ko)

Woh

lbefi

nde

n,

Lebe

nsqu

alit

ät,

Stim

mun

gsla

ge,

Fitn

ess,

Feh

ltag

e,

Abs

enti

smus

Maß

nahm

en: ü

berw

acht

e Sp

orte

inhe

iten

, mot

iva-

tion

ale

oder

edu

kati

ve

Maß

nahm

en

Gro

ße

Unt

ersc

hied

e in

den

Pri

mär

-st

udie

n fü

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n zu

he

tero

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n Er

geb-

niss

en.

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maß

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ekte

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Met

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lyse

nur

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gren

zt b

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n.

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nifi k

ant

posi

tive

Ef

fekt

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f A

ktiv

ität

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halt

en,

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tlip

ide,

Fit

ness

, ant

hrop

ome-

tris

che

Dat

en, A

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enhe

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eit

und

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tres

s w

urde

n ge

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en.

Kaus

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enhä

nge

müs

sen

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ren

Stud

ien

mit

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litat

iv

hoch

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tige

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tudi

ende

sign

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fass

ende

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lage

gek

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w

erde

n.

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esun

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itlic

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nnen

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geru

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der

körp

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liche

n A

ktiv

ität

en

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nd

beei

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sst

wer

den.

Page 74: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

74

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

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basi

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pula

tion

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iend

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Maß

nahm

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008)

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aten

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eine

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n D

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atio

nen)

Spra

che:

Engl

isch

Zeit

raum

:19

96–2

007

33 S

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tige

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dort

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pa,

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ien,

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ität

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Maß

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stei

gen

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king

, akt

ives

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kom

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etho

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sche

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stud

ien.

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ittl

ere

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rieb

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urde

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ung

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ang

vern

achl

ässi

gt

ke

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der

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gebn

isse

mög

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wei

skrä

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e Ev

iden

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gren

zte

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von

Tre

ppen

stei

gen.

3

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ien

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gten

, das

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dom

eter

di

e zu

rück

gele

gte

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enza

hl

erhö

hen

könn

en. S

tark

e Ev

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r di

e B

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ung

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ns d

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Ber

atun

g am

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rbei

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hsen

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enz,

das

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rven

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Arb

eits

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f di

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rper

liche

A

ktiv

ität

von

B

esch

äfti

gten

au

swir

ken.

Won

g et

al.

(201

2)Pu

bMed

, Em

base

, Psy

cIN

FO,

CIN

AH

L, C

entr

al

Spra

che:

Engl

isch

Zeit

raum

:bi

s O

ktob

er 2

010

13 S

tudi

enm

ännl

iche

A

rbei

t-ne

hmer

ohn

e be

steh

ende

Vo

rerk

rank

ung

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este

llte

und

Arb

eite

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aus

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iken

od

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üros

Des

ign:

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),

quas

i-ex

peri

-m

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lle S

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en

(CT)

, Prä

-Pos

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udie

n

Ziel

para

met

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körp

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he

Akt

ivit

ät

(erh

oben

mei

st

über

Fra

gebo

gen)

Ziel

: För

deru

ng d

er

körp

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hen

Akt

ivit

ät v

on

män

nlic

hen

Ang

este

llten

Maß

nahm

en:

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ifi sc

h au

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änne

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gesc

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tene

In

terv

enti

onen

Ges

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g,

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nent

en-

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me,

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hte

Fitn

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rogr

amm

e,

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ativ

e M

aßna

hmen

, In

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atio

nsm

ater

ial

Ger

inge

Dat

enla

ge:

wen

ige

Stud

ien

konz

entr

iere

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ch a

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Män

ner.

Insg

esam

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gisc

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tudi

en

verf

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den

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tiko

m-

pone

nten

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gram

me

unte

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eind

euti

g ge

klär

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erde

n ka

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elch

e Ko

mpo

nent

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fekt

erz

ielt

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eine

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nifi k

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ung

der

körp

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halt

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Maß

nahm

en m

it

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sche

m R

ahm

en).

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grun

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enig

en S

tudi

en

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e Ev

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rsch

ung

ist

nöti

g.

3.2

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ram

me

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erun

g ge

sund

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rnäh

rung

Adr

iaan

se

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l. (2

011)

Psyc

INFO

, Pub

Med

, and

Web

of

Sci

ence

26 S

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enSt

uden

ten,

M

änne

r, Fr

auen

, Zuf

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-st

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robe

, H

erzi

nfar

kt-

pati

ente

n,

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ene,

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Met

aana

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mit

H

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est

Des

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Fa

ll-Ko

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ll-St

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n, E

igen

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gabe

n zu

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nähr

ung

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und

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Maß

nahm

en: m

otiv

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asie

rte

Förd

erun

g ge

sund

er E

rnäh

rung

Dau

er:

1 W

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bis

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Het

erog

ene

Dat

enla

ge,

unte

rsch

iedl

iche

Zi

elgr

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n,

Insg

esam

t ka

um

met

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sch

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wer

tige

Stu

dien

ve

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bar.

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ge S

tudi

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siti

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für

die

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setz

ung

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esun

de

Ernä

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Kein

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arte

n“ Z

ielp

aram

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, kei

ne

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isti

gen

Dat

en.

Die

Met

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lyse

ze

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das

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nfti

ge S

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en

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erte

n B

edin

gung

en

unte

rlie

gen

sollt

en,

um Z

ielp

aram

eter

ve

rläs

slic

h m

esse

n zu

kön

nen.

Page 75: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

75

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

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nD

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basi

sPo

pula

tion

Stud

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esig

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dolo

gisc

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Prob

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eB

eric

htet

e Ef

fekt

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Jens

en (

2011

)M

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NE,

Pub

Med

, Goo

gle

Scho

lar,

Scie

nce

dire

ct, W

eb

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cien

ce, T

he C

ochr

ane

Libr

ary,

Soc

ial s

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ce

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arch

net

wor

k

Spra

che:

Engl

isch

Zeit

raum

:19

88–2

009

30 S

tudi

enEr

wer

bstä

tige

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n B

erei

chen

H

otel

, Ind

ustr

ie,

Fabr

ik,

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nzw

esen

, G

esun

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che;

Ang

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llte

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ht n

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quas

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s-st

udie

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met

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, Pr

äsen

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inis

che

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n w

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Blu

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liche

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oren

, tä

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her

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atz

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kges

chri

e-be

ner

Bes

chäf

tig-

ter,

Ges

undh

eits

-ve

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ten

und

Ges

undh

eits

-qu

otie

nten

Ziel

: Ver

bess

erun

g de

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tät

durc

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sund

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erun

g vo

n O

bst-

und

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ehr,

Diä

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tbew

erb,

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ung

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Lebe

ns-

stilf

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ren,

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perl

iche

A

ktiv

ität

, Edu

kati

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dhei

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en-

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(201

2)Pu

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, Web

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Scie

nce,

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Spra

che:

Engl

isch

Zeit

raum

:19

90–2

010

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enEr

wer

bstä

tige

üb

er 1

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hren

Stan

dort

: Eu

ropa

Ziel

para

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er:

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sam

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ense

tzun

g, B

MI,

Ernä

hrun

gsve

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Ziel

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deru

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gesu

nder

Ern

ähru

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atz

Pr

imär

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und

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ipo-

sita

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ei

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ll,

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nal

Gro

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wie

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nen

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Kom

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en

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itiv

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sult

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am-

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icht

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n.

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, um

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nähr

ungs

-m

aßna

hmen

im

Arb

eits

umfe

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plem

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eren

.

Page 76: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

76

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

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gisc

he

Prob

lem

eB

eric

htet

e Ef

fekt

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esam

tbew

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Ni M

hurc

hu

et a

l. (2

010)

MED

LIN

E, T

he C

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ane

Libr

ary,

Psy

cIN

FO, E

mba

se,

Lexi

sNex

is

Spra

che:

Engl

isch

Zeit

raum

:19

95–2

009

16 S

tudi

enEr

wer

bstä

tige

Des

ign:

RC

Ts, q

uasi

-ex

peri

men

telle

St

udie

n oh

ne

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omis

ieru

ng,

unko

ntro

llier

te

Prä-

Post

-Stu

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para

met

er:

Ener

gie-

aufn

ahm

e,

Verz

ehr

von

Obs

t od

er G

emüs

e,

Fett

aufn

ahm

e

Ziel

: För

deru

ng d

er

gesu

nden

Ern

ähru

ng a

m

Arb

eits

plat

z

Maß

nahm

en: E

duka

tion

(8

), d

azu

zähl

en E

inze

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und

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ppen

bera

tung

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mei

nsam

es E

inka

ufen

, Er

stel

len

von

Ernä

hrun

gs-

plän

en, E

-Mai

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inne

-ru

ngen

; Ver

ände

rung

de

s A

rbei

tsum

feld

s w

ie

zum

Bei

spie

l der

Ern

äh-

rung

spol

itik

, Ang

ebot

in

Aut

omat

en, U

mst

rukt

u-ri

erun

g de

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enüp

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(2

), K

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nati

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en: I

ndiv

idue

ll,

Org

anis

atio

nal

Bia

s-Ri

siko

.

Kein

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hat

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e Zi

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ram

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ge

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sen:

Abs

en-

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us, P

rodu

ktiv

ität

, In

ansp

ruch

nahm

e de

s G

esun

dhei

tssy

stem

s.

Subo

ptim

ale

Stud

ien-

qual

ität

.

Wir

tsch

aftl

iche

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ekte

w

urde

n ni

cht

mit

ei

nbez

ogen

.

Ger

inge

Anz

ahl a

n St

udie

n m

it In

terv

en-

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en a

uf o

rgan

isa-

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aler

Ebe

ne.

Die

Inte

rven

tion

en f

ührt

en z

u ei

ner

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esse

rung

der

Ern

ähru

ng:

erhö

hte

Auf

nahm

e vo

n O

bst

und

Gem

üse,

ger

inge

re F

etta

ufna

hme.

Org

anis

atio

nale

Inte

rven

tion

en

war

en w

irks

am, z

eigt

en a

llerd

ings

nu

r kl

eine

Eff

ekte

. Ins

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mt

schi

enen

Inte

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tion

en a

uf in

divi

-du

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ene

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röß

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Eff

ekte

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ren.

Mod

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seru

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verh

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nen.

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tudi

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sollt

en s

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meh

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ale

Eben

e ko

nzen

trie

ren.

3.3

Prog

ram

me

zur

Rauc

hent

wöh

nung

und

Tab

akko

ntro

lle

Alb

erts

en

et a

l. (2

006)

PubM

ed, P

sycI

NFO

Spra

chen

:En

glis

ch, D

euts

ch, s

kand

ina-

visc

he S

prac

hen

Zeit

raum

:19

80–2

004

22 S

tudi

enD

esig

n: K

ohor

-te

nstu

dien

, Int

er-

vent

ions

stud

ien,

Ze

itre

ihen

stud

ien

Ziel

: Vor

hers

agen

von

A

ufhö

ren,

Rüc

kfal

l etc

.

Fakt

oren

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rung

en,

Ress

ourc

en, s

ozia

le

Unt

erst

ützu

ng

Klei

ne S

tudi

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(6

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ten

wen

iger

als

10

0 Te

ilneh

men

de),

ge

ring

er R

ückl

auf,

in

eini

gen

Stud

ien

wur

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das

Arb

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ur

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gem

esse

n.

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Erg

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Wir

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A

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rett

en.

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chen

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enz

für

eine

wir

ksam

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eein

fl uss

ung

der

Auf

hörr

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und

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Cahi

ll &

Per

era

(200

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chra

ne T

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tion

G

roup

Spe

cial

ized

Reg

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r, M

EDLI

NE,

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, CIN

AH

L,

Psyc

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17 S

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icht

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isie

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kont

rolli

erte

St

udie

n

Ziel

para

met

er:

Rauc

habs

tine

nz

nach

6 M

onat

en(B

iom

onit

orin

g)

Maß

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en: I

nter

ven-

tion

en a

m A

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tspl

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zum

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chst

opp,

da

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cent

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nrei

ze, a

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l)

zur

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nter

schi

ede

zwis

chen

Eig

enau

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r Te

ilneh

men

den

und

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iche

m

Rauc

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n.

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lang

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tig

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hörr

aten

au

s. D

ie T

eiln

ahm

erat

en w

erde

n du

rch

Anr

eize

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ch e

rhöh

t.

Page 77: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

77

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eB

eric

htet

e Ef

fekt

eG

esam

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ertu

ng

Cahi

ll et

al.

(200

8)Co

chra

ne T

obac

co A

ddic

tion

G

roup

Spe

cial

ized

Reg

iste

r, M

EDLI

NE,

Psy

cIN

FO,

Abs

trac

ts, R

efer

enze

n

51 S

tudi

enEr

wer

bstä

tige

üb

er 1

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hren

, Ra

uche

nde

Des

ign:

ran

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i-si

erte

und

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si-

rand

omis

iert

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udie

n

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para

met

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Präv

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n Ra

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rn a

m

Arb

eits

plat

z,

Bee

ndig

ungs

rate

Ziel

: Prä

vent

ion

von

Taba

krau

chen

am

A

rbei

tspl

atz

Maß

nahm

en: 5

3 In

ter-

vent

ione

n, d

arun

ter

Gru

ppen

ther

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, in

divi

duel

le B

erat

ung,

Se

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hilf

e-M

ater

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sozi

ale

Unt

erst

ützu

ng,

Nik

otin

ersa

tz,

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ote,

Hin

wei

se im

G

esam

tunt

erne

hmen

Eben

en: I

ndiv

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ll,

Org

anis

atio

nal

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chie

dene

Inte

r-ve

ntio

nen,

oft

nic

ht

sett

ing-

spez

ifi sc

h.

Beg

renz

te E

vide

nz, d

ass

umfa

ssen

-de

Prä

vent

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prog

ram

me

die

Rauc

hprä

vale

nz s

enke

n kö

nnen

.

Star

ke E

vide

nz, d

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durc

h di

e M

aßna

hmen

(in

divi

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le B

erat

ung

und

Gru

ppen

bera

tung

, Nik

otin

-er

satz

) di

e A

ufhö

rrat

en e

rhöh

t w

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n kö

nnen

. Dab

ei is

t es

un

erhe

blic

h, in

wel

chem

Set

ting

die

M

aßna

hmen

ang

ebot

en w

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n.

Selb

sthi

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Mat

eria

l und

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iale

U

nter

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zung

sin

d w

enig

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tiv.

Es b

este

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egre

nzte

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, da

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ich

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Erge

bnis

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der

Maß

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W

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en.

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Arb

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s Se

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eren

Se

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gs s

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die

Auf

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aten

gut

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lerd

ings

sin

d di

e ab

solu

ten

Rate

n se

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erin

g.

Leek

s et

al.

(201

0)M

EDLI

NE,

Psy

cIN

FO, E

mba

se,

Dat

abas

e of

the

CD

Cs o

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e on

sm

okin

g an

d he

alth

Spra

che:

Engl

isch

Zeit

raum

:19

80–2

009

14 S

tudi

enD

esig

n: k

ontr

ol-

liert

e In

terv

enti

-on

sstu

dien

Ziel

para

met

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nz

(sel

bstb

eric

htet

, bi

oche

mis

ch

veri

fi zie

rt),

Ra

uche

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äval

enz

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eits

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z

Maß

nahm

en:

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pfe,

Anr

eize

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inze

lper

sone

n od

er d

as g

esam

te

Team

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sam

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mit

w

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Maß

nahm

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wie

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kati

on, A

ufhö

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uppe

n, t

elef

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che

Ber

atun

g, N

ikot

iner

satz

-th

erap

ie

Nur

ein

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unt

ersu

chte

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n Ef

fekt

von

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nahm

en d

ie

alle

in a

uf d

em B

eloh

nung

spri

nzip

ba

sier

ten

kei

ne e

inde

utig

e A

ussa

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ber

die

Wir

ksam

keit

m

öglic

h.

Insg

esam

t ke

ine

Evid

enz

für

die

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ksam

keit

von

W

ettk

ämpf

en u

nd

Präm

ien

alle

in,

alle

rdin

gs b

este

ht

star

ke E

vide

nz f

ür

die

Wir

ksam

keit

vo

n ko

mbi

nier

ten

Maß

nahm

en.

Trox

el &

Vol

pp

(201

2)St

udie

n au

s de

m R

evie

w v

on

Cahi

ll &

Per

era

(200

9) u

nd

zwei

eig

ene

Stud

ien

11 S

tudi

enD

esig

n: k

ontr

ol-

liert

e In

terv

enti

-on

sstu

dien

Ziel

para

met

er:

Auf

hörr

ate

nach

6

bzw

. 12

Mon

aten

Maß

nahm

en: fi

nan

ziel

le

Anr

eize

/Pr

ämie

n be

i er

folg

reic

her

Nik

otin

ent-

wöh

nung

Klei

ne S

tudi

en m

it

wen

ig T

eiln

ehm

ende

n,

unzu

reic

hend

e st

ati-

stis

che

Pow

er, n

iedr

ige

Präm

ien.

Auf

grun

d de

r zu

ger

inge

n st

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stis

chen

Pow

er k

onnt

en d

ie

eing

esch

loss

enen

Stu

dien

kei

ne

Wir

ksam

keit

der

unt

ersu

chte

n St

rate

gien

bew

eise

n

die

Fra

ge,

ob fi

nanz

ielle

Anr

eize

lang

fris

tig

zu

höhe

ren

Rauc

hent

wöh

nung

srat

en

führ

en, b

leib

t un

gekl

ärt.

Wei

tere

Stu

dien

m

it g

roß

en T

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ah-

mez

ahle

n un

d gu

ter

met

hodi

sche

r Pl

anun

g si

nd n

ötig

. B

isla

ng f

ehle

nde

Evid

enz.

Page 78: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

78

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eB

eric

htet

e Ef

fekt

eG

esam

tbew

ertu

ng

3.4

Prog

ram

me

zur

Alk

ohol

präv

enti

on

Web

b et

al.

(200

9)M

EDLI

NE,

Psy

cIN

FO, W

eb o

f Sc

ienc

e, S

copu

s, H

SELI

NE,

O

SHLI

NE,

NIO

SHTI

C

Zeit

raum

:19

95–2

007

10 S

tudi

enB

esch

äfti

gte

im H

andw

erk,

in

der

Pos

t,

im D

ruck

, im

öf

fent

liche

n D

iens

t, im

G

esun

dhei

ts-

syst

em;

eine

Stu

die

spez

ifi zi

erte

A

rbei

ter

(Han

dwer

k),

zwei

wei

tere

St

udie

n sp

ezifi

zier

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Ang

este

llte

und

Arb

eite

r

Stan

dort

e: U

SA,

Schw

eden

, A

ustr

alie

n

Des

ign:

RCT

s,

rand

omis

iert

e St

udie

n oh

ne

Kont

rollg

rupp

e,

Zeit

reih

en, n

icht

- ra

ndom

isie

rte

Stud

ien

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para

met

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Alk

ohol

kons

um,

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ohol

inde

x,

Fehl

tage

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nahm

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ngeb

ot

von

Ges

undh

eits

- un

d W

elln

essa

ngeb

oten

, Tr

aini

ng p

sych

osoz

iale

r Fe

rtig

keit

en, I

nfor

ma-

tion

sver

anst

altu

ng

zum

The

ma

Empl

oyee

A

ssis

tanc

e Pr

ogra

ms

(EA

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nd D

roge

ntes

ts,

Kurz

- un

d In

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iv-

bera

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en, G

esun

d-he

itsc

heck

s, k

olle

gial

e G

espr

äche

, Tea

mbu

ildin

g-m

aßna

hmen

, Str

essm

a-na

gem

ent

Stud

ien

sind

seh

r un

ters

chie

dlic

h hi

nsic

htlic

h ih

rer

Frag

este

llung

, dem

St

udie

ndes

ign,

der

M

etho

den

und

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Inst

rum

ente

, die

sie

be

nutz

en. D

arum

ist

es s

ehr

schw

er, d

ie

Erge

bnis

se m

itei

nand

er

zu v

ergl

eich

en.

Stic

hpro

ben

war

en

nich

t re

präs

enta

tiv

für

die

Ziel

grup

pen

der

Maß

nahm

en,

Prob

lem

e be

i Val

idit

ät

und

Relia

bilit

ät.

Prob

lem

atis

ches

Tri

nkve

rhal

ten

wur

de r

eduz

iert

, Zah

l der

Tag

e, a

n de

nen

getr

unke

n w

ird,

hab

en s

ich

verr

inge

rt a

llgem

ein

und

in d

en

letz

ten

30 T

agen

, Ver

bess

erun

g de

s A

lkoh

ol-I

ndex

, Alk

ohol

kons

um

wur

de r

eduz

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.

EAPs

, „so

cial

ski

ll tr

aini

ngs“

, Ges

und-

heit

sber

atun

gen

und

Info

rmat

ions

-ve

rans

talt

unge

n fü

hren

zu

eine

m

geri

nger

en

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ohol

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um

und

wen

iger

pr

oble

mat

isch

em

Verh

alte

n im

A

rbei

tsle

ben.

Not

wen

digk

eit

von

Stan

dard

s in

den

St

udie

n.

3.5

Prog

ram

me

zur

Gew

icht

skon

trol

le

And

erso

n et

al.

(200

9)M

EDLI

NE,

Em

base

, CIN

AH

L,

SPO

RTD

iscu

s, L

atin

A

mer

ican

and

Car

ibbe

an

Hea

lth

Scie

nces

Lit

erat

ure,

D

isse

rtat

ion

Abs

trac

ts, T

he

Coch

rane

Lib

rary

47 S

tudi

enEr

wer

bstä

tige

(Arb

eite

r un

d A

nges

tellt

e)

Stan

dort

e:

Vor

alle

m

USA

, wei

ter

auch

Eur

opa,

A

ustr

alie

n,

Neu

seel

and,

Ja

pan,

Kan

ada,

In

dien

, Isl

and

Des

ign:

RCT

s,

clus

ter-

rand

omi-

sier

te S

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en,

nich

t-ra

ndom

i-si

erte

Stu

dien

, Ko

hort

enst

udie

n,

Zeit

reih

en-

Stud

ien

Ziel

para

met

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Gew

icht

, BM

I, Kö

rper

fett

ante

il

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: Kon

trol

le v

on

Übe

rgew

icht

und

A

dipo

sita

s in

der

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tsw

elt;

Red

ukti

on

des

kard

iova

skul

ären

Ri

siko

s, S

teig

erun

g de

r ph

ysis

chen

Akt

ivit

ät

Maß

nahm

en: E

rnäh

rung

s-

(21

%)

und

Akt

ivit

äts-

inte

rven

tion

en (

21 %

);

alle

in o

der

kom

bini

ert

(57

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Eben

en: I

nfor

mat

ion,

Ve

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tens

fert

igke

iten

, Po

litik

& U

mw

elt

(Ind

ivid

uell/

Org

anis

a-ti

onal

)

In n

icht

alle

n St

udie

n w

urde

n al

le Z

ielp

ara-

met

er b

esch

rieb

en

(evt

l. au

fgru

nd

fehl

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r Si

gnifi

kanz

) un

d kö

nnte

n so

mit

r di

e M

etaa

naly

se

verl

oren

geg

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in, d

a nu

r St

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n m

it b

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G

ewic

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para

-m

eter

n ei

nbez

ogen

w

urde

n.

Gew

icht

: Gep

oolt

er E

ffek

t vo

n 15

St

udie

n

3 P

fund

meh

r G

ewic

hts-

verl

ust

in d

er In

terv

enti

onsg

rupp

e na

ch 6

bis

12

Mon

aten

.

BM

I (15

Stu

dien

): M

oder

at b

esse

re

Erge

bnis

se in

der

Inte

rven

ti-

onsg

rupp

e, a

llerd

ings

wen

iger

ko

nsis

tent

. -0,

4 B

MI-

Punk

te n

ach

6 M

onat

en, -

0,02

BM

I-Pu

nkte

nac

h 12

M

onat

en, -

0,34

BM

I-Pu

nkte

nac

h 18

bi

s 24

Mon

aten

.

Körp

erfe

ttan

teil

(12

Stud

ien)

: Zu

sam

men

gefa

sste

r Ef

fekt

zei

gt

eine

n Rü

ckga

ng u

m 1

% n

ach

12

Mon

aten

.

Met

aana

lyse

von

9 R

CTs:

-2,8

Pfu

nd

zugu

nste

n de

r In

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enti

onsg

rupp

e (n

icht

sig

nifi k

ant)

, -0,

47 B

MI-

Punk

te

nach

6 b

is 1

2 M

onat

en z

ugun

sten

de

r In

terv

enti

onsg

rupp

e.

Evid

enz

für

eine

mod

erat

e G

ewic

htsr

e-du

ktio

n du

rch

Inte

rven

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en a

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Arb

eits

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z.

Beg

renz

te E

vide

nz

für

eine

bes

sere

W

irks

amke

it

eine

s be

stim

mte

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onst

yps:

st

rukt

urie

rte

Prog

ram

me

und

solc

he, d

ie V

erha

l-te

nsm

aßna

hmen

un

d In

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atio

n ko

mbi

nier

en,

war

en e

rfol

g-re

iche

r.

Page 79: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

79

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

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gisc

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eB

eric

htet

e Ef

fekt

eG

esam

tbew

ertu

ng

Ben

edic

t &

A

rter

burn

(2

007)

MED

LIN

E, P

sycI

NFO

, Em

base

, Th

e Co

chra

ne L

ibra

ry,

Lexi

sNex

is

Spra

che:

Engl

isch

Zeit

raum

:19

95–2

006

11 S

tudi

enEr

wer

bstä

tige

, te

ilwei

se m

it

Übe

rgew

icht

au

s In

dust

rie

(blu

e co

llar)

, B

üro

(whi

te

colla

r) o

der

Poliz

ei

Stan

dort

e: U

SA,

UK,

Eur

opa,

N

euse

elan

d,

Japa

n,

Aus

tral

ien

Des

ign:

RCT

s,

nich

t-ra

ndom

i-si

erte

Stu

dien

, Fa

llser

ien

Ziel

para

met

er:

Gew

icht

Maß

nahm

en: S

teig

erun

g de

r kö

rper

liche

n A

ktiv

ität

un

d Ve

rbes

seru

ng

der

Ernä

hrun

g üb

er

Schu

lung

en u

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erat

ung

(ind

ivid

uell,

Gru

ppe)

Eben

e: In

divi

duel

l

Auf

grun

d de

r H

eter

o-ge

nitä

t de

r St

udie

n (D

esig

n) k

onnt

e ke

ine

Met

aana

lyse

dur

ch-

gefü

hrt

wer

den.

Insg

esam

t w

ar d

ie

met

hodo

logi

sche

Q

ualit

ät d

er S

tudi

en

schl

echt

.

Gew

icht

sver

lust

: Sig

nifi k

ant

höhe

rer

Gew

icht

sver

lust

in d

en In

terv

enti

-on

sgru

ppen

(M

itte

lwer

tsdi

ffer

enz

lag

zwis

chen

-0,

2 kg

und

-6,

4 kg

).

Dat

en z

u La

ngze

itef

fekt

en li

egen

ni

cht

vor.

Es f

ehle

n qu

alit

ativ

hoc

hwer

tige

ko

ntro

llier

te S

tudi

en, d

ie n

eben

Ed

ukat

ion

und

Verh

alte

n au

ch d

ie

sozi

ale

Unt

erst

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ng u

nd d

as

Arb

eits

umfe

ld m

it e

inbe

zieh

en.

Mod

erat

e ku

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isti

ge

Redu

ktio

n de

s G

ewic

hts

durc

h ar

beit

s-pl

atzb

ezog

ene

Maß

nahm

en is

t m

öglic

h.

Krem

ers

et a

l. (2

009)

Lite

ratu

r au

s 3

Publ

ikat

ione

n,

zusä

tzlic

h Re

cher

che

in

PubM

ed f

ür d

en Z

eitr

aum

20

06–2

007

Spra

chen

:En

glis

ch, N

iede

rlän

disc

h

Zeit

raum

:19

90–2

007

46 S

tudi

enEr

wer

bstä

tige

un

d an

dere

an

ihre

m

Arb

eits

plat

z,

beim

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in d

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emei

n-sc

haft

Stan

dort

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USA

, Eur

opa,

A

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n,

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nti-

tati

ve u

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tati

ve A

naly

se

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iden

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iert

en

Stud

ien

nach

de

m „

Inte

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ntio

n M

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ng

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ocol

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para

met

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Gew

icht

, BM

I, Kö

rper

fett

ante

il üb

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icke

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: Prä

vent

ion

von

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rgew

icht

und

A

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sita

s

Gew

icht

s-m

anag

emen

t:

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hme

oder

m

oder

ater

G

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Maß

nahm

en: k

ogni

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gien

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tens

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deru

ng, W

isse

n üb

er

gesu

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Ernä

hrun

g un

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eweg

ung,

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wel

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zoge

ne M

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hmen

Eben

en: I

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ll,

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atio

nal

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olie

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Be-

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htun

g ei

nzel

ner

Maß

nahm

en

es

ist

unkl

ar, w

elch

e M

aßna

hme

den

Gew

icht

sver

lust

be

wir

kt h

at.

Der

Gro

ßtei

l der

ei

nges

chlo

ssen

en

Stud

ien

war

nic

ht

dara

uf a

usge

rich

tet,

La

ngze

itef

fekt

e zu

un

ters

uche

n.

Etw

as w

enig

er a

ls d

ie H

älft

e de

r St

udie

n ze

igte

ein

en s

igni

fi kan

ten

Gew

icht

sver

lust

. Ins

gesa

mt

war

der

Ef

fekt

abe

r se

hr k

lein

.

Maß

nahm

en, d

ie s

pezi

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uf

Gew

icht

sabn

ahm

e au

sger

icht

et

war

en, w

aren

erf

olgr

eich

er a

ls

solc

he, d

ie e

ine

Redu

ktio

n de

s ka

rdio

vask

ulär

en R

isik

os a

nstr

ebte

n.

Maß

nahm

en a

m A

rbei

tspl

atz

wur

den

in 5

Stu

dien

unt

ersu

cht.

Klei

ne E

ffek

te

wur

den

erre

icht

, es

feh

len

aber

St

udie

n zu

r La

ngze

itw

irku

ng

von

gew

icht

s-re

duzi

eren

den

Maß

nahm

en.

Page 80: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

80

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eB

eric

htet

e Ef

fekt

eG

esam

tbew

ertu

ng

Verw

eij e

t al

. (2

010)

MED

LIN

E, E

mba

sePs

ycIN

FO,

The

Coch

rane

Lib

rary

, Lib

rary

, SP

ORT

Dis

cus

Spra

che:

Engl

isch

Zeit

raum

:19

80–2

009

43 S

tudi

enEr

wer

bstä

tige

(Arb

eite

r un

d A

nges

tellt

e)

Des

ign:

RCT

s

Ziel

para

met

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Gew

icht

, BM

I, Kö

rper

fett

ante

il,

„wai

st t

o hi

p ra

tio“

, Bau

ch-

umfa

ng, S

umm

e vo

n H

autf

alte

n

Ziel

: Prä

vent

ion

von

Übe

rgew

icht

Maß

nahm

en: Ä

nder

ung

des

Essv

erha

lten

s,

Stei

geru

ng d

er k

örpe

r-lic

hen

Akt

ivit

ät

Spo

rt,

Ber

atun

g, E

duka

tion

, In

form

atio

n, Ä

nder

ung

des

Arb

eits

umfe

lds

Eben

en: I

ndiv

idue

ll,

Org

anis

atio

nal

Fehl

ende

Met

hode

n-be

schr

eibu

ng (

unkl

are

Rand

omis

ieru

ng,V

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blin

dung

, kei

ne

Ang

aben

zur

D

urch

führ

ung

eine

r In

tent

ion-

to-t

reat

-A

naly

se)

in e

inig

en

Stud

ien

nur

die

H

älft

e de

r St

udie

n ha

tte

eine

gee

igne

te

Dat

enla

ge f

ür d

en

Eins

chlu

ss in

die

M

etaa

naly

se.

Nur

11

der

Stud

ien

war

en q

ualit

ativ

ho

chw

erti

g.

Met

aana

lyse

(22

Stu

dien

ein

ge-

schl

osse

n):

Gew

icht

: Mod

erat

e Ev

iden

z au

s 9

Stud

ien,

das

s ko

mbi

nier

te

Maß

nahm

en d

as K

örpe

rgew

icht

si

gnifi

kant

red

uzie

ren.

Ger

inge

Ev

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z fü

r Re

dukt

ion

des

Körp

er-

gew

icht

s al

lein

dur

ch k

örpe

rlic

he

Akt

ivit

ät.

BM

I: M

oder

ate

Evid

enz

aus

11 S

tudi

en, d

ass

kom

bini

erte

M

aßna

hmen

den

BM

I sig

nifi k

ant

redu

zier

en. G

erin

ge E

vide

nz a

us

2 St

udie

n, d

ass

alle

in a

uf d

ie

Förd

erun

g de

r kö

rper

liche

n A

ktiv

ität

au

sger

icht

ete

Prog

ram

me

den

BM

I re

duzi

eren

.

Körp

erfe

ttan

teil:

Mod

erat

e Ev

iden

z au

s 3

Stud

ien,

das

s ei

ne s

igni

fi kan

te

Redu

ktio

n de

s Kö

rper

fett

ante

ils

mit

kom

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n M

aßna

hmen

er

reic

ht w

erde

n ka

nn. S

ehr

geri

nge

Evid

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aus

nur

eine

r St

udie

, das

s ei

ne K

örpe

rfet

tred

ukti

on a

llein

du

rch

Stei

geru

ng d

er k

örpe

rlic

hen

Akt

ivit

ät e

rrei

cht

wer

den

kann

.

Taill

enum

fang

: ger

inge

Evi

denz

au

s 2

Stud

ien,

das

s ko

mbi

nier

te

Maß

nahm

en o

der

rein

e A

ktiv

ität

s-m

aßna

hmen

den

Um

fang

sig

nifi k

ant

redu

zier

en.

„Wai

st t

o hi

p ra

tio“

: Ger

inge

Evi

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r si

gnifi

kant

e Re

dukt

ion

durc

h ko

mbi

nier

te M

aßna

hmen

.

Impl

emen

tier

ung

von

Inte

rven

-ti

onen

, die

sow

ohl

eine

reg

elm

äßig

e sp

ortl

iche

B

etät

igun

g al

s au

ch e

ine

gesu

nde

Ernä

hrun

g fö

rder

n un

d ei

ne

orga

nisa

tion

ale

Kom

pone

nte

bein

halt

en.

Page 81: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

81

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eB

eric

htet

e Ef

fekt

eG

esam

tbew

ertu

ng

Vuill

emin

et

al.

(201

1)Pu

bMed

, Em

base

, CIN

AH

L,

Psyc

INFO

, SPO

RTD

iscu

s,W

eb o

f Sc

ienc

e, T

he C

ochr

ane

Libr

ary

Spra

che:

Engl

isch

Zeit

raum

:bi

s 20

09

33 S

tudi

enSt

ando

rt:

Euro

paD

esig

n: R

CTs,

ko

ntro

llier

te u

nd

nich

t ko

ntro

llier

te

Prä-

Post

-Stu

dien

, ko

ntro

llier

te

Stud

ien

ohne

Ra

ndom

isie

rung

Ziel

para

met

er:

BM

I, Kö

rper

fett

-an

teil,

Gew

icht

, A

ktiv

ität

, Fit

ness

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: Übe

rgew

icht

re

duzi

eren

Maß

nahm

en: F

örde

rung

de

r kö

rper

liche

n A

ktiv

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Tra

inin

g (A

erob

ic,

Mus

kelt

rain

ing)

, B

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ung,

Tre

ppen

-nu

tzun

g, W

alki

ng,

meh

rere

Kom

pone

nten

, ak

tive

r A

rbei

tsw

eg

Eben

e: In

divi

duel

l

Het

erog

ene

Sett

ings

un

d In

terv

enti

onen

.

Nur

die

Häl

fte

der

Stud

ien

hatt

e ei

ne

gute

met

hodi

sche

Q

ualit

ät.

Effe

ktiv

ität

: nic

ht b

ewei

skrä

ftig

e Ev

iden

zlag

e fü

r B

erat

ung,

Wal

king

, Tr

eppe

nnut

zung

und

Mul

tiko

mpo

-ne

nten

-Pro

gram

me.

Mod

erat

e Ev

iden

z fü

r di

e W

irks

amke

it v

on T

rain

ing,

be

gren

zte

bis

mod

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e Ev

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z fü

r di

e W

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amke

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on a

ktiv

en

Arb

eits

weg

en a

uf A

ktiv

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s- u

nd

Fitn

essp

aram

eter

.

Kein

e od

er n

icht

bew

eisk

räft

ige

Evid

enz

für

die

Wir

ksam

keit

der

In

terv

enti

onen

auf

übe

rgew

icht

sbe-

zoge

ne Z

ielp

aram

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.

Kein

e Ev

iden

z fü

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e ef

fekt

ive

Bee

infl u

ssun

g vo

n üb

erge

wic

hts-

bezo

gene

n Pa

ram

eter

n du

rch

Akt

ivit

äts-

Inte

rven

tion

en a

m

Arb

eits

plat

z.

Page 82: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

82

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eB

eric

htet

e Ef

fekt

eG

esam

tbew

ertu

ng

3.6

Meh

rkom

pone

nten

-Pro

gram

me

Gol

dgru

ber

&

Ahr

ens

(200

9)Th

e Co

chra

ne L

ibra

ry,

Coch

rane

Occ

upat

iona

l H

ealt

h Fi

eld,

MED

LIN

E vi

a Pu

bMed

und

Ebs

co h

ost

Spra

chen

:En

glis

ch, D

euts

ch

Zeit

raum

:20

04–2

008

17 S

tudi

enge

sund

e Er

wer

bstä

tige

Des

ign:

M

etaa

naly

sen

(3),

sy

stem

atis

che

Revi

ews

(14)

Ziel

para

met

er:

Stre

ss, A

ngst

, Zu

frie

denh

eit,

ph

ysio

logi

sche

Pa

ram

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wie

B

lutd

ruck

, Abs

en-

tism

us, P

rodu

k-ti

vitä

t

Ziel

: Übe

rblic

k üb

er d

ie

Erge

bnis

se a

ktue

ller

Met

aana

lyse

n un

d Re

view

s zu

m T

hem

a W

irks

amke

it v

on In

ter-

vent

ione

n de

r G

esun

d-he

itsf

örde

rung

auf

ps

ycho

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sche

, phy

siol

o-gi

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, org

anis

ator

isch

e Zi

elpa

ram

eter

Maß

nahm

en: b

etri

eblic

he

Ges

undh

eits

förd

erun

g (P

rim

ärpr

även

tion

) in

fo

lgen

den

Ber

eich

en:

(1)

Stre

ss (

kogn

itiv

- be

havi

oral

e In

terv

en-

tion

en, E

ntsp

annu

ng,

orga

nisa

tion

ale

Inte

rven

-ti

onen

, alt

erna

tive

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r-ve

ntio

nen,

Bio

feed

back

, St

ress

tage

buch

, Kom

mu-

nika

tion

, soz

iale

Unt

er-

stüt

zung

), (

2) A

ktiv

ität

(W

elln

esst

age,

Hin

wei

s-sc

hild

er, e

rhöh

te V

erfü

g-ba

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t ge

sund

er P

ro-

dukt

e, P

rodu

ktke

nn-

zeic

hnun

g, S

cree

ning

s,

Schu

lung

en, T

rain

ing)

, (3

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uche

n (S

elbs

thilf

e,

ärzt

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Ber

atun

g,

Nik

otin

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tz, T

abak

-ve

rbot

e, A

nrei

ze),

(4)

Er

gono

mie

und

(5)

cken

schm

erze

n (v

erän

dert

e A

rbei

tspl

atz-

auss

tatt

ung,

Arb

eits

plat

z-ad

apti

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g, b

ehav

iora

le

Maß

nahm

en, e

rgon

o-m

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e M

aßna

hmen

)

Eben

en: I

ndiv

idue

ll,

Org

anis

atio

nal

Auf

org

anis

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nale

r Eb

ene

best

eht

wei

tere

r Fo

rsch

ungs

beda

rf.

Stre

ss: (

3) d

ie b

este

n Er

gebn

isse

w

urde

n m

it k

ogni

tiv-

beha

vior

alen

M

etho

den

erre

icht

. Ver

halt

ensp

rä-

vent

ive

Ans

ätze

erz

iele

n gr

ößer

e Ef

fekt

e al

s ve

rhäl

tnis

präv

enti

ve

Maß

nahm

en (

kein

e si

gnifi

kant

en

Effe

kte

durc

h or

gani

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aßna

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). S

igni

fi kan

te s

tark

e Ef

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e w

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n zu

dem

dur

ch a

lter

-na

tive

Maß

nahm

en e

rrei

cht.

Akt

ivit

ät/

Ernä

hrun

g: (

3) b

esse

re

Effe

kte

durc

h H

inw

eiss

child

er u

nd

Trai

ning

spro

gram

me,

dag

egen

ke

ine

Effe

kte

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esun

dhei

ts-

chec

ks u

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s. K

ombi

nier

te

Prog

ram

me

war

en w

irks

amer

als

ei

nfac

he v

erha

lten

sprä

vent

ive

Ans

ätze

.

Rauc

hen:

(2)

sta

rke

Evid

enz

für

bew

ährt

e ve

rhal

tens

präv

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ve

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en (

Gru

ppen

ther

apie

, N

ikot

iner

satz

). U

nkla

re E

vide

nzla

ge

für

verh

ältn

ispr

även

tive

Ans

ätze

.

Ergo

nom

ie u

nd R

ücke

nsch

mer

zen:

(3

) gr

ößer

e Ef

fekt

e si

nd d

urch

ko

mbi

nier

te In

terv

enti

onen

zu

erre

iche

n.

68 %

der

unt

er-

such

ten

Maß

-na

hmen

war

en

wir

ksam

.

Verh

alte

ns-

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ve u

nd

verh

ältn

is-

präv

enti

ve

Maß

nahm

en

war

en z

u gl

eich

en

Ant

eile

n w

irks

am,

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un

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ung.

Page 83: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

83

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

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ielt

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n.

Page 84: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

84

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

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as a

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W

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den

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eit

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nahm

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bwes

enhe

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erhö

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das

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Engl

isch

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Kr

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n.

Page 85: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

85

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

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elle

nD

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012)

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perl

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.

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n.

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hisc

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chun

g is

t nö

tig.

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86

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

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basi

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90–2

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

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Dat

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nD

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tion

Stud

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m

ediz

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n.

Page 88: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

88

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

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nD

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sPo

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Stud

iend

esig

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gisc

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Prob

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tbew

ertu

ng

3.8

Part

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ativ

e er

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. (2

008)

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LIN

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, Saf

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Engl

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s 20

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Skel

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Unf

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e,

Arb

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fähi

gkei

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g de

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n B

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tigt

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ipat

oris

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Q

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Bew

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gs-

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vent

ione

n.

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ngen

: tei

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nz,

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eise

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ven-

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en.

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tenz

der

Er

gebn

isse

Em

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plem

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g.

Page 89: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

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enM

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dolo

gisc

he

Prob

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eBe

richt

ete

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Awa

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l. (2

010)

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LIN

E, P

sycI

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EX

Spra

chen

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glis

ch, D

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aum

: 19

95–2

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roßb

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nnie

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, Sc

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en,

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en-

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hne

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omis

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, Ris

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nahm

en: 6

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l wie

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nitiv

es

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nstr

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ng,

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Fäh

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Ko

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unik

atio

nstr

aini

ng,

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ungs

übun

gen,

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iere

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(2)

org

anis

atio

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essr

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uktu

rieru

ng,

Schi

chta

npas

sung

en,

Jobe

valu

atio

n, L

eist

ungs

-be

urte

ilung

24 %

(6)

kom

bini

ert

Eben

en: I

ndiv

idue

ll, O

rga-

nisa

tiona

l, ko

mbi

nier

t In

divi

duel

l/O

rgan

isat

iona

l

Besc

hrän

kung

auf

A

rtik

el in

eng

lisch

er

und

deut

sche

r Sp

rach

e.

Uns

yste

mat

isch

e Re

cher

che

in R

efer

enz-

liste

n.

Die

Met

hodi

k de

r ei

nges

chlo

ssen

en

Stud

ien

wur

de n

icht

ev

alui

ert,

zum

Tei

l fe

hlen

Info

rmat

ione

n.

84 %

(21

) be

richt

eten

übe

r ei

ne

Redu

ktio

n vo

n Bu

rn-o

ut, d

avon

w

aren

90

% s

igni

fi kan

te V

erän

de-

rung

en.

3 In

terv

entio

nsst

udie

n (1

2 %

) ze

igte

n ke

ine

posi

tiven

Ver

ände

rung

en, e

ine

indi

vidu

elle

Maß

nahm

e fü

hrte

sog

ar

zur

Erhö

hung

der

Bur

n-ou

t-Ra

te.

Alle

kom

bini

erte

n M

aßna

hmen

hrte

n zu

ein

er s

igni

fi kan

ten

Burn

-ou

t-Re

dukt

ion.

82

% a

ller

indi

vi-

duel

len

Maß

nahm

en e

rzie

lten

eine

si

gnifi

kant

e Re

dukt

ion

von

Burn

-out

.

Am

bes

ten

und

lang

anha

ltend

sten

be

einfl

uss

t w

urde

die

Kom

pone

nte

emot

iona

le E

rmüd

ung.

Org

anis

atio

nale

und

kom

bini

erte

M

aßna

hmen

wirk

ten

im D

urch

-sc

hnitt

läng

er n

ach

als

indi

vidu

elle

M

aßna

hmen

.

Seku

ndär

e Zi

elpa

ram

eter

wie

allg

e-m

eine

r G

esun

dhei

tszu

stan

d un

d Sc

hlaf

qual

ität

wur

den

kurz

fris

tig

eben

falls

ver

bess

ert,

Dat

en f

ür d

ie

lang

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tige

Wirk

ung

liege

n ni

cht

vor.

Gut

e Ef

fekt

e w

urde

n eb

enfa

lls e

rzie

lt

(anh

alte

nd b

is 1

Jahr

nac

h In

terv

en-

tions

ende

) du

rch

Supe

rvis

or u

nd

Besc

häft

igte

n-U

nter

stüt

zung

.

Sepa

rate

Ana

lyse

nur

für

RCT

s: S

igni

-fi k

ante

Bur

n-ou

t-Re

dukt

ion

durc

h in

divi

duel

le M

aßna

hmen

in 7

0 %

der

St

udie

n. A

lle R

CTs,

die

kom

bini

erte

M

aßna

hmen

unt

ersu

chte

n, f

ande

n si

gnifi

kant

e Ef

fekt

e.

Inte

rven

tione

n zu

r Bu

rn-o

ut-

Präv

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n si

nd

förd

erlic

h fü

r di

e ps

ychi

sche

G

esun

dhei

t vo

n Be

schä

ftig

ten.

Tab.

A-2

: Sys

tem

atis

che

Rev

iew

s zu

r W

irks

amke

it p

räve

ntiv

er M

aßn

ahm

en g

egen

psy

chis

che

Erkr

anku

nge

n

Page 90: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

90

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eBe

richt

ete

Effe

kte

Ges

amtb

ewer

tung

Bam

bra

et a

l. (2

009)

Man

uelle

Rec

herc

he: C

RD,

WPH

, Dat

abas

e

Syst

emat

isch

e Re

cher

che:

Th

e Co

chra

ne L

ibra

ry, D

ARE

, Cr

imin

al-J

ustic

e A

bstr

acts

D

atab

ase

(200

0-2

007)

, Bib

lio-

grap

hien

, Ref

eren

zlis

ten,

W

ebse

iten,

Exp

erte

nkon

takt

Dur

chsi

cht

von

Jour

nals

: A

mer

ican

Jour

nal o

f Pu

blic

H

ealt

h, A

mer

ican

Jour

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of P

reve

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edic

ine,

Jo

urna

l of

Epid

emio

logy

and

Co

mm

unity

Hea

lth,

Soc

ial

Scie

nce

and

Med

icin

e

Zeitr

aum

:Ja

nuar

200

2–A

pril

2007

7 St

udie

nEr

wer

bstä

tige

älte

r al

s 16

Ja

hre

Stan

dort

e:N

orda

mer

ika,

Eu

ropa

, Aus

tra-

lien,

Japa

n

Des

ign:

Rev

iew

s (U

mbr

ella

- Re

view

)

Ziel

para

met

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Ges

undh

eit

(Prä

vale

nz

best

imm

ter

Kran

k-he

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Feh

lzei

ten,

ge

sund

heits

- or

ient

iert

es

Verh

alte

n, V

erle

t-zu

ngen

), W

ohlb

e-fi n

den

(phy

sisc

h un

d m

enta

l, W

ork-

Life

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ance

, Le

bens

qual

ität,

ps

ycho

sozi

ale

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para

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er),

ge

sund

heitl

iche

U

ngle

ichh

eit

Maß

nahm

en: F

örde

rung

de

r Be

schä

ftig

tenk

on-

trol

le (

3), V

erän

deru

ng

der

Arb

eits

bedi

ngun

g w

ie

Schi

chta

rbei

t (2

), P

rivat

i-si

erun

g (1

), G

eset

ze z

um

Arb

eits

schu

tz (

1)

Eben

e: O

rgan

isat

iona

l

Unv

olls

tänd

ige

Abb

ildun

g de

r Li

tera

tur

(ers

t ab

200

0); B

ias

in

Prim

ärst

udie

n; fe

hlen

de

Det

ails

zur

Impl

emen

-tie

rung

.

Effe

kte

auf

die

Ges

undh

eit

sind

ge

mis

cht

und

nich

t be

wei

skrä

ftig

. D

ie e

inzi

ge k

ontr

ollie

rte

Stud

ie z

eigt

e ke

ine

sign

ifi ka

nten

Unt

ersc

hied

e.

Part

izip

ativ

e Be

schä

ftig

tena

us-

schü

sse

zur

Erhö

hung

der

Bes

chäf

tig-

tenk

ontr

olle

füh

rten

zu

daue

rhaf

ten

posi

tiven

Eff

ekte

n au

f di

e se

lbst

be-

richt

ete

Ges

undh

eit.

In e

iner

Stu

die

wur

de b

ei M

änne

rn d

er C

hole

ster

ol-

spie

gel v

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sser

t. A

ufga

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truk

-tu

r-In

terv

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nen

erhö

hten

die

Be

schä

ftig

tenk

ontr

olle

nic

ht.

Org

anis

atio

nale

Inte

rven

tione

n:Ko

mpr

imie

rte

Arb

eits

woc

hen

hatt

en

kein

e ev

iden

ten

posi

tiven

Eff

ekte

au

f Sc

hich

tarb

eit,

sel

ten

soga

r na

ch-

teili

ge E

ffek

te. W

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-Bal

ance

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urde

ver

bess

ert.

Sel

bste

inte

ilung

vo

n Sc

hich

ten,

sch

nelle

r Sc

hich

t-w

echs

el u

nd V

orw

ärts

-Sch

icht

-w

echs

el (

Früh

-Tag

-Nac

ht)

hatt

en

gesu

ndhe

itlic

he V

orte

ile.

Arb

eits

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gkei

t un

d un

sich

ere

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plät

ze d

urch

Priv

atis

ieru

ng

sche

inen

sic

h au

f di

e ps

ychi

sche

G

esun

dhei

t un

d au

ch a

uf e

inig

e Pa

ram

eter

der

phy

sisc

hen

Ges

undh

eit

nega

tiv a

uszu

wirk

en.

Verä

nder

ung

in d

er

Besc

häft

igte

nkon

-tr

olle

und

psy

cho-

sozi

ale

Verä

nde-

rung

en h

aben

w

icht

ige

und

förd

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he E

ffek

te

auf

die

Ges

undh

eit

und

das

Woh

l-be

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n vo

n Er

wer

bstä

tigen

.

Org

anis

atio

nale

In

terv

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nen

habe

n in

ein

igen

Re

view

s au

ch

Pote

ntia

l gez

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, ge

sund

heitl

iche

U

ngle

ichh

eite

n zw

isch

en E

rwer

bs-

tätig

en m

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ter-

schi

edlic

hem

soz

io-

ökon

omis

chem

H

inte

rgru

nd z

u ve

rbes

sern

.

Corb

iere

et

al.

(200

9)Co

chra

ne C

entr

al R

egis

ter

of

Cont

rolle

d Tr

ials

, The

Coc

hran

e Li

brar

y, M

EDLI

NE,

Em

base

, CI

NA

HL,

Psy

cIN

FO

Spra

chen

:En

glis

ch, F

ranz

ösis

ch

Zeitr

aum

:20

01–2

006

24 S

tudi

enEr

wer

bstä

tige

Stan

dort

:gr

ößte

ntei

ls

Euro

pa

Des

ign:

Ran

dom

i-si

erun

g in

50

%

der

Stud

ien

Maß

nahm

en: S

tres

sma-

nage

men

t, p

sych

osoz

iale

s Tr

aini

ng (

5), k

ogni

tive

Verh

alte

nsth

erap

ie (

4),

part

izip

ator

isch

e or

gani

sa-

toris

che

Inte

rven

tion

(4)

Inte

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tione

n zu

r St

ress

-re

dukt

ion

am A

rbei

tspl

atz,

En

tspa

nnun

g, S

port

, M

anag

ertr

aini

ng

Eben

en: I

ndiv

idue

ll,

Org

anis

atio

nal

Ziel

para

met

er,

Mes

sung

en,

Varia

blen

war

en s

tark

ve

rsch

iede

n: k

eine

M

etaa

naly

se m

öglic

h.

In 6

7 %

der

Stu

dien

pos

itive

Eff

ekte

au

f di

e ps

ychi

sche

Ges

undh

eit.

Vo

r al

lem

die

psy

chos

ozia

len

und

part

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ativ

en K

ompo

nent

en w

irkte

n si

ch s

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fi kan

t po

sitiv

aus

.

Da

eine

qua

nti-

tativ

e A

naly

se

nich

t m

öglic

h w

ar,

sollt

en b

ishe

rige

Erge

bnis

se m

it Vo

rsic

ht in

ter-

pret

iert

wer

den.

Page 91: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

91

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eBe

richt

ete

Effe

kte

Ges

amtb

ewer

tung

Czab

ala

et a

l. (2

011)

Psyc

INFO

, Em

base

, MED

LIN

E,

CIN

AH

L, E

RIC,

Soc

ial S

ervi

ces

Abs

trac

ts, S

ocio

logi

cal

Abs

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ts, C

ochr

ane

Occ

upa-

tiona

l Hea

lth

Fiel

d D

atab

ase,

Th

e Co

chra

ne L

ibra

ry, R

efe-

renz

liste

n, W

ebse

iten

von

Inst

itutio

nen

Spra

che:

Engl

isch

Zeitr

aum

:19

88–2

009

79 S

tudi

enBe

schä

ftig

te

alle

r Br

anch

en

und

ohne

Be

schr

änku

ng

hins

icht

lich

Alte

r, A

rbei

tsze

it od

er V

ertr

agsa

rt

Des

ign:

RCT

s

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para

met

er

(99

vers

chie

-de

ne):

Str

ess

(37

%),

psy

chis

che

Ges

undh

eit

(16

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Ü

bera

rbei

tung

, Ko

nfl ik

te,

Burn

-out

, Arb

eits

-zu

frie

denh

eit

(8 %

), Jo

beff

ek-

tivitä

t (2

3 %

),

Fehl

zeite

n (6

%)

Maß

nahm

en: T

rain

ing

von

Fert

igke

iten

(Wis

sen

über

Str

ess

und

Stre

ss-

Man

agem

ent,

Pro

blem

-lö

sung

), V

erbe

sser

ung

der

beru

fl ich

en Q

ualifi

-ka

tione

n (j

obsp

ezifi

sche

Fe

rtig

keite

n un

d W

isse

n),

Verb

esse

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der

Arb

eits

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ding

unge

n (A

rbei

tsze

it,

Org

anis

atio

n, B

ezie

hung

zw

isch

en B

esch

äftig

ten)

, En

tspa

nnun

g, k

örpe

rlic

he

Akt

ivitä

t, In

terv

entio

nen

mit

meh

rere

n Ko

mpo

-ne

nten

Eben

en: I

ndiv

idue

ll, O

rga-

nisa

tiona

l, ko

mbi

nier

t In

divi

duel

l/O

rgan

isat

iona

l

In 7

9 St

udie

n w

urde

n 99

Inte

rven

tione

n un

ters

ucht

. Oft

unt

er-

schi

eden

sic

h au

ch Z

iel-

para

met

er u

nd M

ess-

met

hode

n, s

o da

ss e

in

Verg

leic

h sc

hwie

rig

war

.

In 2

0 %

der

Stu

dien

be

rück

sich

tigte

die

Er

hebu

ng w

enig

er a

ls

50 P

erso

nen.

In S

tudi

en v

on m

oder

ater

bis

gut

er

Qua

lität

wur

de g

ut d

ie H

älft

e de

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elpa

ram

eter

pos

itiv

beei

nfl u

sst.

D

azu

zähl

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tres

s, Z

ufrie

denh

eit

mit

dem

Job,

Red

uktio

n vo

n Bu

rn-o

uts.

D

er s

chw

ächs

te E

ffek

t ze

igte

sic

h be

i de

n Zi

elpa

ram

eter

n Co

-Wor

ker

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Su

perv

isor

-Unt

erst

ützu

ng.

Das

erf

olgr

eich

ste

Prog

ram

m w

ar

das

Stre

ss-I

nocu

latio

n-Tr

aini

ng.

Für

den

Erfo

lg e

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Inte

rven

tion

gene

rell

von

Bede

utun

g is

t di

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elgr

uppe

n-A

usric

htun

g.

Org

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atio

nale

Bed

ingu

ngen

war

en

selte

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egen

stan

d de

r St

udie

n.

Um

eff

ektiv

e In

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nen

zu

iden

tifi z

iere

n, m

üsse

n au

ch v

er-

bess

erte

Inst

rum

ente

zur

Eva

luat

ion

entw

icke

lt w

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n.

Insg

esam

t ka

nn

die

Effe

ktiv

ität

von

psyc

hoso

zial

en

Inte

rven

tione

n zu

r Fö

rder

ung

der

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hisc

hen

Ges

undh

eit

im

betr

iebl

iche

n Ko

ntex

t ni

cht

mit

volls

tänd

iger

Ev

iden

z be

legt

w

erde

n.

Dam

iani

et

al.

(200

6)M

EDLI

NE,

NIO

SHTI

C, T

he

Coch

rane

Lib

rary

, Em

base

Man

uelle

Rec

herc

he in

Re

fere

nzlis

ten

Zeitr

aum

:19

82–2

005

9 St

udie

nEr

wer

bs-

tätig

e au

s ve

rsch

iede

nen

Sekt

oren

Stan

dort

e:Eu

ropa

, USA

Des

ign:

exp

eri-

men

telle

ode

r qu

asi-

expe

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ente

lle S

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en

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para

met

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Abs

entis

mus

Maß

nahm

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tres

sma-

nage

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t: F

eedb

ack-

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hode

n, W

elln

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Se-

min

are,

Ent

span

nung

, Be

weg

ung,

kog

nitiv

e Ve

rhal

tens

ther

apie

, En

tspa

nnun

g, o

rgan

isa-

toris

che

Verä

nder

unge

n

Eben

en: I

ndiv

idue

ll,

Org

anis

atio

nal

Inte

rven

tione

n, Z

ielp

a-ra

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er u

nd S

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en-

char

akte

ristik

a w

aren

se

hr h

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ogen

.

Met

hodo

logi

sche

Sc

hwäc

he w

ie f

ehle

nde

Rand

omis

ieru

ng.

Haw

thor

ne-E

ffek

t.

Stud

ien

mit

kurz

er F

ollo

w-u

p-Ze

it (<

6 M

onat

e) z

eigt

en p

ositi

ve

Aus

wirk

unge

n au

f A

bsen

tism

us.

Stud

ien

mit

läng

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Nac

hbeo

b-ac

htun

g ka

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nic

ht z

u ei

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tigen

Er

gebn

isse

n.

Gen

erel

l war

en In

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nen,

di

e na

chha

ltig

kon

zipi

ert

war

en,

effe

ktiv

er.

Gro

ße V

aria

bilit

ät

in d

er E

ffek

tivitä

t de

r ve

rsch

iede

nen

Prog

ram

me.

Wei

tere

For

schu

ng

ist

nötig

.

Die

tric

h et

al.

(201

2)Pu

bMed

, Ebs

coH

ost

Coch

rane

Li

brar

y

Zusä

tzlic

h Si

chtu

ng v

on

Refe

renz

liste

n

Spra

che:

Engl

isch

Zeitr

aum

:bi

s Fe

brua

r 20

12

1 St

udie

Erw

erbs

tätig

e

Stan

dort

:Fr

ankr

eich

Des

ign:

qua

si-

expe

rimen

telle

St

udie

mit

Kont

roll-

grup

pe

Ziel

para

met

er:

depr

essi

ve

Stör

ung,

de

pres

sive

Sy

mpt

ome

Maß

nahm

en: a

rbei

tspl

atz-

bezo

gene

Inte

rven

tione

n,

spez

ifi sc

h au

sger

icht

et a

uf

Dep

ress

ione

n un

d A

ngst

-st

örun

gen

(Ind

ivid

uelle

Ges

undh

eits

-fö

rder

ung,

Scr

eeni

ng,

orga

nisi

erte

Info

rma-

tione

n, E

mpf

ehlu

ng z

u är

ztlic

her

Kons

ulta

tion

als

seku

ndär

es P

räve

ntio

ns-

prog

ram

m).

Pro

gram

me

zum

Str

essm

anag

emen

t w

urde

n au

sges

chlo

ssen

.

Nur

ein

e St

udie

erf

üllte

al

le E

insc

hlus

skrit

erie

n.

Fehl

ende

Ran

dom

i-si

erun

g.

Dia

gnos

este

llung

in K

ombi

natio

n m

it Ps

ycho

eduk

atio

n ve

rbes

sert

e si

gni-

fi kan

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e Sc

hwer

e de

r Sy

mpt

ome

und

die

Rück

bild

ungs

rate

.

Män

ner

und

Pers

onen

übe

r 40

Jahr

en

profi

tie

rten

am

bes

ten

von

der

Inte

r-ve

ntio

n.

Zukü

nftig

e Fo

rsch

ung

auf

dem

Geb

iet

Dep

ress

ione

n is

t dr

inge

nd n

ötig

.

Page 92: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

92

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eBe

richt

ete

Effe

kte

Ges

amtb

ewer

tung

Egan

et

al.

(200

7)St

rate

gisc

he L

itera

turr

eche

r-ch

e in

ele

ktro

nisc

hen

Dat

enba

nken

(ni

cht

wei

ter

bena

nnt)

, man

uelle

Sic

htun

g vo

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bstr

acts

, Dis

sert

atio

nen,

Bi

blio

grap

hien

und

Kon

takt

zu

Exp

erte

n

Spra

che:

kein

e Be

gren

zung

Zeitr

aum

:19

81–2

006

18 S

tudi

enEr

wer

bs-

tätig

e au

s ve

rsch

iede

nen

Regi

onen

und

Se

ktor

en

Des

ign:

nic

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iert

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inis

che

Stud

ien,

pr

ospe

ktiv

e un

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tros

pekt

ive

Inte

rven

tions

-st

udie

n

Ziel

para

met

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selb

stbe

richt

ete

körp

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he

und

geis

tige

Ges

undh

eit,

A

bsen

tism

us

Maß

nahm

en z

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erbe

s-se

rung

der

Bes

chäf

tigte

n-Ko

ntro

lle a

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isa-

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ler

Eben

e: P

artiz

i-pa

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Pro

blem

lösu

ngs-

Ko

mite

es

zum

Tei

l in

Kom

bina

tion

mit

Inte

rven

tione

n au

f in

divi

duel

ler

Eben

e:

Eduk

atio

n un

d Ve

rhal

tens

-in

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n (A

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Rauc

h-M

aßna

hmen

, Spo

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der

Ents

pann

ung,

Str

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ktio

n un

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von

kom

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ikat

iven

higk

eite

n)

Eben

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isat

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l, ko

mbi

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divi

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l/O

rgan

isat

iona

l

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ein

igen

St

udie

n un

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hlen

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Dat

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en-

tieru

ng.

Gro

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nter

schi

ede

bei F

ollo

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p-Ze

iten.

Er

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isse

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t au

f Se

lbst

mes

sung

en.

Die

wirt

scha

ftlic

he

Lage

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in

ein

igen

Stu

dien

w

ähre

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er In

ter-

vent

ion

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Erge

bnis

ver

fäls

cht

habe

n.

Kein

e RC

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udie

n ze

igte

n ei

ne V

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sser

ung

von

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atio

n un

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ntro

llmög

-lic

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ten

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Inte

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St

udie

n ve

rbes

sert

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ch z

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zlic

h di

e G

esun

dhei

t.

In 4

Stu

dien

ver

bess

erte

n si

ch s

ozia

le

Unt

erst

ützu

ng u

nd G

esun

dhei

t.

Evid

enz

für

güns

tige

gesu

nd-

heitl

iche

Eff

ekte

in

folg

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n M

aßna

hmen

, die

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e Pa

rtiz

ipat

ion

von

Besc

häft

igte

n er

höhe

n.

Stär

kere

Evi

denz

du

rch

neue

St

udie

n.

Page 93: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

93

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eBe

richt

ete

Effe

kte

Ges

amtb

ewer

tung

Gra

velin

g et

al.

(200

8)A

MED

, ASS

IA, C

INA

HL,

The

Co

chra

ne L

ibra

ry, C

urre

nt

Cont

ents

, DA

RE, E

mba

se,

EPPI

, HM

IC, I

NG

ENTA

conn

ect,

M

EDLI

NE,

Nat

iona

l Res

earc

h Re

gist

er, P

sycI

NFO

, SIG

LE,

Soci

olog

ical

Abs

trac

ts

Sich

tung

rel

evan

ter

Web

seite

n

Spra

che:

Engl

isch

Zeitr

aum

:19

90–2

007

66 S

tudi

enEr

wer

bstä

tige

Des

ign:

qua

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rimen

telle

St

udie

n, R

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para

met

er:

men

tale

s W

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den,

Bur

n-ou

t

Maß

nahm

en:

Org

anis

atio

nale

Ebe

ne

(25)

: Änd

erun

g vo

n A

rbei

tsab

läuf

en, T

rain

ing

von

Vorg

eset

zten

und

M

anag

ern,

Abä

nder

n vo

n Sc

hich

ten,

Tra

inin

g vo

n jo

bspe

zifi s

chen

Fäh

ig-

keite

n

Inte

rven

tione

n au

s de

m B

erei

ch S

tres

s-M

anag

emen

t (4

6):

Bera

tung

sdie

nst,

Um

gang

m

it St

ress

, Ent

span

nung

, Sp

ort,

Ges

undh

eits

för-

deru

ng

Eben

en: O

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isat

iona

l, In

divi

duel

l

Die

Änd

erun

g vo

n A

rbei

tsab

läuf

en

basi

erte

in a

llen

11 S

tudi

en a

uf P

arti-

zipa

tion:

5 z

eigt

en e

inen

pos

itive

n Ef

fekt

auf

das

men

tale

Woh

lbefi

n-

den.

Auf

grun

d de

r St

udie

nqua

lität

ke

ine

klar

e A

ussa

ge m

öglic

h.

Man

ager

trai

ning

wur

de in

4 S

tudi

en

unte

rsuc

ht. D

ie In

terv

entio

nsan

sät-

ze w

aren

seh

r un

ters

chie

dlic

h.

Insg

esam

t un

genü

gend

e Ev

iden

z fü

r di

e W

irksa

mke

it.

3 St

udie

n ko

nnte

n po

sitiv

e A

usw

ir-ku

ngen

von

Sch

icht

umst

ellu

ng

(Ott

awa-

Syst

em)

zeig

en.

Fähi

gkei

tstr

aini

ng (

6) w

irkte

sic

h in

2

qual

itativ

hoc

hwer

tigen

Stu

dien

po

sitiv

auf

Bur

n-ou

t un

d St

ress

au

s. L

angz

eite

ffek

te w

urde

n ni

cht

unte

rsuc

ht.

Um

gang

mit

Stre

ss (

16):

Inte

rven

-tio

nen

und

Ziel

para

met

er u

nter

-sc

hied

en s

ich

star

k, d

aher

ist

eine

kl

are

Aus

sage

sch

wie

rig. E

inze

lne

Stra

tegi

en s

chei

nen

aber

erf

olgr

eich

, in

sbes

onde

re a

ls L

angz

eit-

maß

nahm

e.

Stre

ssbe

ratu

ng (

6): d

as g

eist

ige

Woh

lbefi

nde

n, D

epre

ssio

nen,

Ang

st

konn

ten

in z

wei

hoc

hwer

tigen

RC

Ts p

ositi

v be

einfl

uss

t w

erde

n.

Insg

esam

t gi

bt e

s w

enig

For

schu

ngs-

arbe

iten

zu d

em T

hem

a.

Ents

pann

ung

und

Spor

t (1

1): 2

von

4

RCTs

zei

gten

pos

itive

Aus

wirk

ung

von

Aer

obic

auf

das

gei

stig

e W

ohl-

befi n

den.

Die

Erg

ebni

sse

von

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pann

ungs

- un

d M

assa

ge-

inte

rven

tione

n si

nd u

nein

heitl

ich.

W

eite

re F

orsc

hung

ist

nötig

.

Ges

undh

eits

förd

erun

g: a

lle 3

Stu

dien

ze

igte

n po

sitiv

e Ef

fekt

e. A

llerd

ings

ist

unkl

ar, w

orau

f ge

nau

dies

e Ef

fekt

e zu

rück

zufü

hren

sin

d, d

a di

e In

terv

en-

tione

n se

hr w

eitr

eich

end

war

en.

Die

Evi

denz

de

r St

udie

n is

t be

gren

zt.

Page 94: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

94

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eBe

richt

ete

Effe

kte

Ges

amtb

ewer

tung

Mar

ine

et a

l. (2

009)

The

Coch

rane

Lib

rary

, Co

chra

ne C

olla

bora

tion

Dep

ress

ion

Anx

iety

and

N

euro

sis

Gro

up’s

spe

cial

ized

re

gist

ry, M

EDLI

NE,

Psy

cIN

FO,

Coch

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Occ

upat

iona

l Hea

lth

Fiel

d D

atab

ase,

Han

dsuc

he in

Re

fere

nzlis

ten

und

im Jo

urna

l „W

ork

& S

tres

s”

19 S

tudi

enEr

wer

bstä

tige

aus

dem

G

esun

dhei

ts-

sekt

or,

vorw

iege

nd

Kran

kenh

aus

(12)

Des

ign:

RCT

s (1

4), c

lust

er-

rand

omis

iert

e St

udie

n (3

), C

ross

-ov

er-S

tudi

en (

2)

Ziel

para

met

er:

Stre

ss, B

urn-

out

Seku

ndär

e Zi

el-

para

met

er:

Dep

ress

ione

n,

Ang

st, H

orm

on-

stat

us

Maß

nahm

en: I

nter

ven-

tione

n zu

r Re

dukt

ion

von

Arb

eits

stre

ss o

der

zur

Präv

entio

n (p

sych

olo-

gisc

hes

Trai

ning

, Rol

len-

spie

le, K

omm

unik

atio

ns-

trai

ning

, Par

tizip

atio

n,

kogn

itive

s Ve

rhal

tens

-tr

aini

ng, E

ntsp

annu

ng,

Mus

ik, t

hera

peut

isch

e M

assa

ge, M

ultik

ompo

nen-

ten-

Prog

ram

me)

Eben

en: O

rgan

isat

iona

l, In

divi

duel

l

Kein

e Ve

rblin

dung

. In

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le In

terv

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nen:

sig

ni-

fi kan

te R

eduk

tion

von

Stre

ss, A

ngst

un

d ei

nige

n Bu

rn-o

ut-S

ympt

omen

.

Org

anis

atio

nale

Inte

rven

tione

n:

kurz

zeiti

ge L

inde

rung

von

Str

ess

durc

h ps

ycho

logi

sche

s Tr

aini

ng (

1).

Bess

erun

g ei

ner

Sub-

Skal

a vo

n Bu

rn-o

ut.

Die

Met

aana

lyse

er

gab

begr

enzt

e Ev

iden

z fü

r di

e W

irksa

mke

it vo

n in

divi

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len

und

orga

nisa

tiona

len

Maß

nahm

en a

uf

Burn

-out

, Str

ess,

A

ngst

.

Mar

tin e

t al

. (2

009)

MED

LIN

E, P

sycI

NFO

, Pro

Que

st,

Web

of

Scie

nce

22 S

tudi

en(1

7 da

von

quan

titat

iv)

Pers

onen

im

Alte

r vo

n 19

bis

69

Jahr

en

Stan

dort

e:Eu

ropa

, Nor

d-am

erik

a

Des

ign:

RCT

s,

quas

i-ex

peri-

men

telle

Stu

dien

, Ko

hort

enst

udie

n

Ziel

para

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er:

Dep

ress

ion,

Ang

st,

gesu

ndhe

itlic

hes

Verh

alte

n

Maß

nahm

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sych

oedu

-ka

tion,

kog

nitiv

es V

erha

l-te

nstr

aini

ng, S

tres

sbe-

wäl

tigun

g, S

tres

sma-

nage

men

t

Eben

en: v

orw

iege

nd In

di-

vidu

ell,

nur

eine

Stu

die

mit

Org

anis

atio

nale

n In

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nen

Klei

ne S

tudi

engr

öße,

he

tero

gene

Pop

u-la

tione

n un

d In

ter-

vent

ione

n.

Klei

ne, a

ber

durc

hweg

pos

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Be

einfl

uss

ung

von

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st u

nd D

epre

s-si

onen

.

Die

Eff

ekte

auf

die

psy

chis

che

Ges

undh

eit

insg

esam

t va

riier

ten

zwis

chen

den

Stu

dien

dag

egen

seh

r st

ark.

Die

Met

aana

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fan

d ke

inen

po

sitiv

en E

ffek

t. D

ie W

irkun

g w

ar

unab

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ig d

avon

, ob

eine

Inte

r-ve

ntio

n di

rekt

auf

Sym

ptom

e od

er

indi

rekt

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Ris

ikof

akto

ren

ausg

e-ric

htet

war

.

Empf

ehlu

ng

von

dire

kten

un

d in

dire

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M

aßna

hmen

.

Nie

uwen

-hu

ijsen

et

al.

(201

0)

Emba

se, C

INA

HL,

Psy

cIN

FO,

OSH

-RO

M, D

ARE

, NH

S-EE

D

Refe

renz

liste

n, H

ands

uche

Spra

che:

ke

ine

Begr

enzu

ng

11 S

tudi

enA

rbei

ter

älte

r al

s 17

Jahr

e m

it di

agno

stiz

iert

er

Dep

ress

ion

aus

den

Bere

iche

n am

bula

nte

Pfl e

ge, A

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ts-

med

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, med

i-zi

nisc

he G

rund

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rsor

gung

Stan

dort

e:

USA

, Eur

opa

Des

ign:

RCT

s (9

),

Clus

ter-

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Ziel

para

met

er:

Fehl

zeit

seku

ndär

e Zi

el-

para

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Besc

häft

igun

g,

Arb

eits

fähi

gkei

t,

Dep

ress

ione

n

Maß

nahm

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ntid

e-pr

essi

ve P

harm

ako-

ther

apie

(4)

, psy

chol

o-gi

sche

Inte

rven

tione

n (2

),

Kom

bina

tione

n (5

), m

odi-

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rte

Arb

eits

zeite

n (0

),

mod

ifi zi

erte

Auf

gabe

n (0

)

Eben

e: In

divi

duel

l

Ger

inge

Fal

lzah

len,

ge

ringe

Qua

lität

bei

7

der

11 S

tudi

en.

Die

Art

der

ant

idep

ress

iven

Med

i-ka

tion

hatt

e ke

inen

Ein

fl uss

auf

Feh

l-ze

iten

und

depr

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ve S

ympt

ome.

D

ie A

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iner

Psy

chot

hera

pie

beei

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sste

die

Zie

lpar

amet

er e

benf

alls

ni

cht.

Eine

Stu

die

zeig

te k

eine

Ü

berl

egen

heit

eine

r ph

arm

akol

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sche

n Th

erap

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Pla

cebo

hi

nsic

htlic

h Fe

hlze

iten.

Alle

rdin

gs

verb

esse

rte

sich

die

Arb

eits

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gkei

t.

Eine

Kom

bina

tion

von

psyc

holo

-gi

sche

r un

d ph

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ogis

cher

Th

erap

ie w

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er r

eine

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ther

apie

in e

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Stu

die

hins

icht

lich

Fehl

zeite

n üb

erle

gen.

Dep

ress

ive

Sym

ptom

e un

d A

rbei

tsfä

higk

eit

unte

rsch

iede

n si

ch n

icht

.

Begr

enzt

e Ev

iden

z fü

r ve

rbes

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e W

irksa

mke

it ei

ner

Kom

bina

tions

-th

erap

ie (

psyc

ho-

dyna

mis

che

Ther

apie

+ A

nti-

depr

essi

va (

TCA

))

auf

Fehl

zeite

n.

Bas

is f

ür d

iese

Ei

nsch

ätzu

ng is

t ei

ne E

inze

lstu

die.

Insg

esam

t bl

eibt

di

e St

udie

nfra

ge

unge

klär

t.

Zusa

mm

enha

ng

zwis

chen

Arb

eits

-um

feld

und

G

esun

dhei

t be

legt

.

Page 95: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

95

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eBe

richt

ete

Effe

kte

Ges

amtb

ewer

tung

Peña

lba

et a

l. (2

008)

Coch

rane

Col

labo

ratio

n D

epre

ssio

n A

nxie

ty a

nd

Neu

rosi

s G

roup

’s s

peci

aliz

ed

regi

stry

, Coc

hran

e Ce

ntra

l Re

gist

er o

f Co

ntro

lled

Tria

ls,

MED

LIN

E, E

mba

se, L

ilacs

, Ps

ycIN

FO

10 S

tudi

enEr

wer

bstä

tige

im B

erei

ch S

traf

-ve

rfol

gung

/ Po

lizei

Stan

dort

e:U

SA, S

chw

eden

, A

ustr

alie

n,

Engl

and,

Ka

nada

, Nig

eria

Des

ign:

RCT

s,

quas

i-ra

ndom

i-si

erte

Stu

dien

Ziel

para

met

er:

Auf

tret

en

psyc

hisc

her

Stör

unge

n od

er

eine

Ver

ände

rung

ps

ycho

logi

sche

r Sy

mpt

ome

zum

B

asis

wer

t

Seku

ndär

: Job

-zu

frie

denh

eit,

Ab

sent

ism

us,

gesu

ndhe

itlic

hes

Verh

alte

n, L

eben

s-qu

alitä

t, u

ner-

wün

scht

e Er

eig-

niss

e, k

oope

ra-

tives

Ver

halte

n

Maß

nahm

en: P

sych

o-so

zial

e In

terv

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nsar

ten:

CB

T/ko

gniti

ve V

erha

ltens

-in

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nen

(Str

essr

e-du

ktio

n, M

enta

l Im

agin

g Tr

aini

ng, P

sych

oedu

-ka

tion,

Ent

span

nung

),

unte

rstü

tzen

de T

hera

pien

(B

erat

ung,

soz

iale

Unt

er-

stüt

zung

), p

sych

odyn

a-m

isch

e Th

erap

ie, S

port

-th

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ie (

körp

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he

Akt

ivitä

t, A

erob

ic,

Zirk

eltr

aini

ng),

alte

r-na

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Stra

tegi

en (

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u-pu

nktu

r, Er

nähr

ung,

Rei

ki,

Med

itatio

n)

Fehl

ende

Evi

denz

, be

gren

zte

Stud

ienl

age,

in

kei

ner

der

Stud

ien

wur

de d

er Jo

b-Ko

ntex

t be

rück

sich

tigt.

Eine

Met

aana

lyse

ko

nnte

nic

ht d

urch

-ge

führ

t w

erde

n.

Prim

ärpr

även

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(1):

sig

nifi k

ante

Ve

rbes

seru

ng v

on D

epre

ssio

nen

durc

h M

enta

l Im

agin

g Tr

aini

ng.

Seku

ndär

präv

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n (1

): s

igni

fi kan

te

Verb

esse

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von

Dep

ress

ione

n,

Ang

st u

nd p

hysi

sche

n Sy

mpt

omen

. Ke

in U

nter

schi

ed in

Hin

blic

k au

f So

mat

isie

rung

, Str

esse

mpfi

nde

n us

w.

Kein

e In

terv

entio

nen

zu t

ertiä

rer

Präv

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n.

Prim

är +

Sek

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rprä

vent

ion

(2):

si

gnifi

kant

e Ü

berl

egen

heit

der

Inte

rven

tion.

Ung

enüg

ende

Ev

iden

zlag

e,

inw

iew

eit

Poliz

ei-

beam

te v

on d

en

Maß

nahm

en p

rofi -

tiere

n.

Fehl

ende

Evi

denz

, da

ss p

sych

osoz

iale

In

terv

entio

nen

Stre

ss r

eduz

iere

n.

Rich

ards

on

& R

oths

tein

(2

008)

Alle

Stu

dien

, die

im R

evie

w

von

van

der

Klin

k et

al.

(200

1)

mit

einb

ezog

en w

urde

n.Zu

sätz

lich:

Aca

dem

ic S

earc

h Pr

emie

r, Br

itish

Lib

rary

Dire

ct,

Dis

sert

atio

ns A

bstr

acts

, ERI

C,

ProQ

uest

ABI

Info

rm G

loba

l, Ps

ycA

RTIC

LES

Kont

akt

mit

Expe

rten

, Si

chtu

ng v

on W

ebse

iten

Spra

che:

Engl

isch

Zeitr

aum

:ab

197

6

36 S

tudi

enEr

wer

bs-

tätig

e oh

ne

diag

nost

isch

sc

hwer

e ps

ychi

sche

St

örun

gen

oder

st

ress

bezo

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so

mat

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e St

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gen

aus

den

Bere

iche

n Bü

ro, L

ehrt

ätig

-ke

it, K

rank

en-

pfl e

ge, F

abrik

en,

sozi

aler

Die

nst-

leis

tung

ssek

tor

Stan

dort

e:

USA

, Aus

tral

ien,

Ka

nada

, Chi

na,

Isra

el, J

apan

, N

iede

rlan

de,

Pole

n, E

ngla

nd

Des

ign:

RCT

Ziel

para

met

er:

60 v

ersc

hied

ene

(3–4

pro

Stu

die)

; A

m h

äufi g

sten

w

aren

Str

ess

(14)

, Ang

st (

13),

al

lgem

eine

ps

ychi

sche

G

esun

dhei

t (1

1),

Zufr

iede

nhei

t m

it de

m Jo

b (1

0);

Blut

druc

k, C

hole

s-te

rinsp

iege

l

Maß

nahm

en: S

tres

s-m

anag

emen

t:

Gru

ppen

trai

ning

(24

),

indi

vidu

elle

Ber

atun

g (3

),

auto

dida

ktis

che

Tech

nike

n vi

a In

tern

et, H

örsp

iel,

Buch

(5)

, kom

bini

erte

M

etho

den

(4).

In 6

9 %

de

r In

terv

entio

nen

wur

de

Ents

pann

ungs

trai

ning

mit

einb

ezog

en. K

ogni

tive

Verh

alte

nsth

erap

ie w

ar

Best

andt

eil v

on 5

6 %

der

In

terv

entio

nen.

Eben

en: I

ndiv

idue

ll, O

rga-

nisa

tiona

l

Kein

e ei

nhei

tlic

he

Mes

sung

von

Zie

l-pa

ram

eter

n un

d gr

oße

Het

erog

enitä

t de

r St

udie

n.

Die

Met

aana

lyse

alle

r St

udie

n er

gab

eine

n si

gnifi

kant

en G

esam

teff

ekt

(Coh

ens

d =

0.52

6) v

on m

ittle

rer

bis

groß

er E

ffek

tgrö

ße.

Die

grö

ßten

Eff

ekte

kon

nten

dur

ch

Inte

rven

tione

n de

r ko

gniti

ven

Verh

alte

nsth

erap

ie u

nd d

urch

alte

r-na

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Inte

rven

tione

n (S

teig

erun

g de

r pe

rsön

liche

n Re

ssou

rcen

und

de

r Fä

higk

eite

n im

Job)

err

eich

t w

erde

n. D

ie a

m m

eist

en v

erbr

eite

ten

Ents

pann

ungs

inte

rven

tione

n er

ziel

ten

mitt

lere

Eff

ekte

. Org

ani-

satio

nsbe

zoge

ne In

terv

entio

nen

wur

den

nur

in 5

Stu

dien

unt

ersu

cht.

Stre

ssm

anag

emen

t be

sitz

t pr

även

tives

Po

tent

ial;

wei

tere

Fo

rsch

ung

zu L

ang-

zeite

ffek

ten

und

orga

nisa

tiona

len

Inte

rven

tione

n er

ford

erlic

h.

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96

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eBe

richt

ete

Effe

kte

Ges

amtb

ewer

tung

Ridg

e et

al.

(201

1)Ps

ycIN

FO, M

EDLI

NE

Spra

che:

En

glis

ch

37 A

rtik

elSo

zial

arbe

iter

im G

esun

d-he

itsw

esen

Nic

ht n

äher

be

nann

tM

aßna

hmen

: kog

nitiv

e Ve

rhal

tens

ther

apie

, Pr

oble

mlö

sung

, Zei

tma-

nage

men

t, E

ntsp

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ng,

Kom

mun

ikat

ion,

Fok

us-

grup

pen

Stra

tegi

en z

ur P

robl

emlö

sung

er

wie

sen

sich

erf

olgr

eich

in d

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Redu

ktio

n vo

n A

ngst

, Bur

n-ou

t un

d ps

ycho

logi

sche

m S

tres

s so

wie

der

Er

höhu

ng d

er Jo

bzuf

riede

nhei

t.

Die

Fäh

igke

iten

zur

Stre

ssbe

wäl

-tig

ung

wur

den

des

Wei

tere

n du

rch

Stra

tegi

en z

um Z

eitm

anag

emen

t ve

rbes

sert

. Kom

mun

ikat

ions

trai

ning

hrte

in z

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Stu

dien

ebe

nfal

ls

zu p

ositi

ven

Erge

bnis

sen,

wie

der

Re

dukt

ion

von

Burn

-out

. Wei

tere

w

irksa

me

Ans

ätze

sin

d En

tspa

n-nu

ngst

echn

iken

und

das

Tra

inin

g vo

n fü

r de

n Jo

b w

icht

igen

Fäh

igke

iten.

Stre

ss-I

nter

ven-

tione

n ha

ben

förd

erlic

he A

us-

wirk

unge

n au

f di

e Be

schä

ftig

ten.

Robi

nson

et

al.

(201

0)A

SSIA

, Soc

ial S

ervi

ces

Abs

trac

ts, S

ocio

logi

cal

Abs

trac

ts, P

sycI

NFO

, CIN

AH

L,

IBSS

, Nat

iona

l ele

ctro

nic

libra

ry f

or m

enta

l hea

lth,

D

ARE

, gra

ue L

itera

tur

23 S

tudi

enD

esig

n: R

evie

ws,

RC

Ts

Ziel

para

met

er:

Woh

lbefi

nde

n,

Zufr

iede

nhei

t m

it de

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rbei

tspl

atz,

Bu

rn-o

ut, S

tres

s,

Part

izip

atio

n

Maß

nahm

en: S

tres

sma-

nage

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t, E

ntsp

annu

ng,

kogn

itive

Ver

halte

ns-

ther

apie

, Spo

rt, Z

eitm

a-na

gem

ent,

Co-

Wor

ker,

sozi

ale

Unt

erst

ützu

ng,

Part

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atio

n, V

erän

deru

ng

der

Arb

eits

umge

bung

, Ko

mm

unik

atio

nstr

aini

ng,

Jobd

esig

n.

Eben

en: I

ndiv

idue

ll, O

rga-

nisa

tiona

l, ko

mbi

nier

t In

divi

duel

l/O

rgan

isat

iona

l

Klei

ne S

tudi

enko

llek-

tive,

kur

ze In

terv

en-

tions

daue

r

Beso

nder

s ef

fekt

ive

Maß

nahm

en:

part

izip

ator

isch

e A

nsät

ze, K

ombi

-na

tione

n au

s M

aßna

hmen

ver

schi

e-de

ner

Inte

rven

tions

eben

en u

nd Z

iel-

richt

unge

n.

Page 97: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

97

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eBe

richt

ete

Effe

kte

Ges

amtb

ewer

tung

Ruot

sala

inen

et

al.

(200

8)M

EDLI

NE,

Psy

cIN

FO, C

ochr

ane

Colla

bora

tion

Dep

ress

ion

Anx

iety

and

Neu

rosi

s G

roup

’s

spec

ializ

ed r

egis

try,

Coc

hran

e O

ccup

atio

nal H

ealt

h Fi

eld

data

base

Han

dsuc

he: R

efer

enzl

iste

, alle

in

“W

ork

& S

tres

s” v

eröf

fent

-lic

hten

Art

ikel

19 S

tudi

enPs

ychi

sch

gesu

nde

Erw

erbs

tätig

e im

Ges

undh

eits

-se

ktor

Des

ign:

RCT

s (1

4), c

lust

er-

rand

omis

iert

e St

udie

n (3

), C

ross

-ov

er-S

tudi

en (

2)

Ziel

para

met

er:

Stre

ss, B

urn-

out,

A

ngst

Maß

nahm

en: I

n 11

der

19

Stu

dien

war

die

Inte

r-ve

ntio

n sp

ezie

ll au

f Kr

an-

kenp

fl ege

r zu

gesc

hnitt

en

indi

vidu

elle

Maß

nahm

en

(13)

: Ver

halte

nsth

erap

ie,

Ents

pann

ung,

Mus

izie

ren,

th

erap

eutis

che

Mas

sage

, M

ultik

ompo

nent

en-

Prog

ram

me

Inte

rven

tione

n an

der

Sc

hnitt

stel

le in

divi

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l/

orga

nisa

tiona

l (1)

: Bez

ie-

hung

en d

er E

rwer

bs-

tätig

en u

nter

eina

nder

, Ro

llenk

onfl i

kte,

Ein

bezu

g in

Ent

sche

idun

gen

orga

nisa

tiona

le

Maß

nahm

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estr

uk-

turie

rung

, Tra

inin

g,

Neu

desi

gn v

on Jo

bs

Eben

en: I

ndiv

idue

ll, O

rga-

nisa

tiona

l, In

divi

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l/O

rgan

isat

iona

l

Het

erog

enitä

t de

r In

ter-

vent

ione

n, k

lein

e St

u-di

enko

llekt

ive.

Stre

ss: z

wei

Stu

dien

zei

gten

sig

ni-

fi kan

te A

usw

irkun

g du

rch

indi

vi-

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le In

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entio

nen.

Ein

e St

udie

ze

igte

sig

nifi k

ante

Str

essr

eduk

tion

durc

h or

gani

satio

nale

Maß

nahm

en.

Burn

-out

: Bes

seru

ng d

er p

ersö

n-lic

hen

Leis

tung

und

der

em

otio

nale

n Er

schö

pfun

g du

rch

die

Inte

rven

tion

in

eine

r St

udie

. Auf

fris

chun

gs-S

essi

ons

erw

iese

n si

ch a

ls w

irksa

mer

als

ein

e 6-

Woc

hen-

Ther

apie

. Ein

e Su

bska

la

des

Burn

-out

-Str

ess-

Test

s ko

nnte

du

rch

orga

nisa

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le In

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nen

in e

iner

Stu

die

verb

esse

rt w

erde

n.

Ang

st: A

ngst

zust

ände

und

äng

stlic

he

Char

akte

rzüg

e w

urde

n in

dre

i Stu

dien

du

rch

indi

vidu

elle

Maß

nahm

en

redu

zier

t.

Allg

emei

ne S

ympt

ome:

der

al

lgem

eine

Ges

undh

eits

zust

and

konn

te la

ut z

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Stu

dien

nic

ht s

igni

-fi k

ant

durc

h in

divi

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le In

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en-

tione

n ve

rbes

sert

wer

den.

Ein

e St

udie

zei

gte

die

Wirk

sam

keit

eine

r ko

mbi

nier

ten

orga

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len

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r-ve

ntio

n.

Begr

enzt

e Ev

iden

z fü

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keit

indi

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elle

r M

aßna

hmen

auf

Bu

rn-o

ut, A

ngst

un

d St

ress

.

Org

anis

atio

nale

M

aßna

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si

nd w

irksa

m b

ei

Stre

ss, B

urn-

out

und

allg

emei

nen

Ges

undh

eits

sym

p-to

men

.

Ster

giop

oulo

s et

al.

(201

1)M

EDLI

NE,

Psy

cIN

FO, E

mba

se,

ISI W

eb o

f Sc

ienc

e da

taba

ses

Spra

chen

:En

glis

ch, F

ranz

ösis

ch

7 St

udie

nEr

wer

bstä

tige

mit

Verl

et-

zung

en (

Poliz

ei,

Pers

onen

nah-

verk

ehr)

Stan

dort

e:N

iede

rlan

de,

Schw

eden

, USA

Des

ign:

RCT

s,

Prä-

Post

-Stu

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Ziel

para

met

er:

Rück

kehr

zum

A

rbei

tspl

atz,

vol

le

Arb

eits

fähi

gkei

t

Maß

nahm

en: E

MD

R (2

),

Verh

alte

nsth

erap

ie (

3),

kurz

e vi

else

itige

Psy

cho-

ther

apie

als

Kom

bina

tion

aus

kogn

itive

r Ve

rhal

tens

-th

erap

ie u

nd p

sych

odyn

a-m

isch

en M

etho

den

(1)

Publ

ikat

ions

bias

, Be

schr

änku

ng a

uf

Art

ikel

in E

nglis

ch o

der

Fran

zösi

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Het

ero-

geni

tät

der

Stud

ien,

kl

eine

s A

ngeb

ot a

n ge

eign

eten

Stu

dien

, ku

rze

Nac

hbeo

bach

tung

.

Star

ke E

vide

nz f

ür d

ie W

irksa

mke

it vo

n ps

ycho

ther

apie

basi

erte

n In

ter-

vent

ione

n am

Arb

eits

plat

z, a

llerd

ings

is

t ei

n Pu

blik

atio

nsbi

as m

öglic

h.

Es g

ibt

viel

ver-

spre

chen

de H

in-

wei

se f

ür d

ie

Wirk

sam

keit

der

Inte

rven

tion.

Wei

tere

Fo

rsch

ung

ist

nötig

: Anp

assu

ng

an S

ettin

g,

Add

-on-

Ther

apie

n be

i Ver

letz

unge

n.

Page 98: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

98

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eBe

richt

ete

Effe

kte

Ges

amtb

ewer

tung

Stan

sfel

d &

Ca

ndy

(200

6)CI

NA

HL,

The

Coc

hran

e Li

brar

y,

Emba

se, M

EDLI

NE,

SCI

, Ps

ycIN

FO, S

SCI

Spra

che:

Engl

isch

Zeitr

aum

:19

94–2

005

11 S

tudi

enBe

schä

ftig

te, d

ie

seit

min

dest

ens

12 M

onat

en im

U

nter

nehm

en

sind

.

Stan

dort

e:

Euro

pa, N

ord-

amer

ika,

Aus

tra-

lien,

Japa

n,

Russ

land

Des

ign:

Län

gs-

schn

ittst

udie

n

Ziel

para

met

er:

Inzi

denz

en v

on

Dep

ress

ione

n,

neur

otis

chen

St

örun

gen,

Sui

zid,

A

ngst

stör

unge

n

Maß

nahm

en: B

eob-

acht

ung:

Ein

fl uss

von

A

rbei

tsbe

ding

unge

n (J

obbe

last

ung,

Ent

-sc

heid

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spie

lraum

, Be

zieh

ung

zu K

olle

gen,

G

leic

hgew

icht

zw

isch

en

Anf

orde

rung

en u

nd

Belo

hnun

g) a

uf d

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Ents

tehe

n ps

ychi

sche

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kran

kung

en; k

eine

In

terv

entio

nen

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ig S

tudi

en z

u be

stim

mte

n Zi

elpa

ra-

met

ern

Met

aana

lyse

ni

cht

für

alle

Zie

lpa-

ram

eter

mög

lich.

Sele

ktio

nsbi

as is

t m

öglic

h.

Mit

psyc

hisc

hen

Erkr

anku

ngen

ei

nher

gehe

nde

Arb

eits

bedi

n-gu

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sin

d: g

erin

ge E

ntsc

heid

ungs

- un

d H

andl

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lräu

me,

hoh

e ps

ychi

sche

Anf

orde

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en, h

ohe

Bela

stun

gen

und

Dru

ck, s

chle

chte

Ve

rhäl

tnis

se u

nter

Arb

eits

kolle

gen,

fe

hlen

de s

ozia

le U

nter

stüt

zung

, un

sich

ere

Arb

eits

plät

ze, U

ngle

ich-

gew

icht

zw

isch

en A

nfor

deru

ngen

un

d Be

lohn

ung.

Hoh

e Be

last

unge

n im

Job

(Job

st

rain

) un

d ei

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ngle

ichg

ewic

ht

zwis

chen

A

nfor

deru

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un

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ung

begü

nstig

en

die

Ents

tehu

ng

psyc

hisc

her

Erkr

anku

ngen

.

Wal

ter

et a

l. (2

012)

MED

LIN

E, P

sycI

NFO

, PSY

ND

EX

Zeitr

aum

:19

95–2

011

34 S

tudi

enA

nges

tellt

e un

d Se

lbst

stän

dige

au

s de

n G

esun

d-he

itsbe

rufe

n,

Sozi

alar

beit

, Fe

uerw

ehr,

öffe

ntlic

hen

Einr

icht

un-

gen,

Inge

ni-

eurs

wes

en

Des

ign:

Inte

rven

ti-on

sstu

dien

(RC

Ts,

quas

i-ex

perim

en-

telle

Stu

dien

)

Ziel

para

met

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Burn

-out

, de

pres

sive

Ve

rstim

mun

g,

Ang

st, S

tres

s,

Wid

erst

ands

fä-

higk

eit,

Bal

ance

zw

isch

en A

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-de

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und

Be

lohn

ung,

Fl

uktu

atio

n,

Arb

eits

be-

last

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eits

-zu

frie

denh

eit,

H

andl

ungs

- un

d En

tsch

eidu

ngs-

frei

räum

e,

körp

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he

Asp

ekte

Maß

nahm

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ogni

tives

Ve

rhal

tens

trai

ning

, Ko

mm

unik

atio

nstr

aini

ng,

Bera

tung

, Sup

ervi

sion

, so

zial

e U

nter

stüt

zung

, En

tspa

nnun

g, V

erän

de-

rung

en d

er A

rbei

tsab

läuf

e un

d de

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tsor

gani

-sa

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tea

mbe

zoge

nes

Coac

hing

Eben

en: I

ndiv

idue

ll,

kom

bini

ert

Indi

vidu

ell/

Org

anis

atio

nal

Lim

itatio

nen

aufg

rund

de

r Be

schr

änku

ng

auf

zwei

Spr

ache

n (D

euts

ch, E

nglis

ch)

und

drei

Dat

enba

nken

.

Die

Het

erog

enitä

t de

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pula

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schr

änkt

die

Ve

rgle

ichb

arke

it ei

n.

Nic

ht in

alle

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a-tio

nen

ist

eine

det

ail-

liert

e Be

schr

eibu

ng

der

Inte

rven

tion

und

der

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para

met

er

oder

Mes

smet

hode

n en

thal

ten.

Indi

vidu

elle

Inte

rven

tione

n fü

hrte

n in

75

% d

er S

tudi

en z

u ei

ner

sign

ifi -

kant

en R

eduk

tion

von

Burn

-out

. In

50

% d

er S

tudi

en w

urde

ein

e la

ngfr

istig

e Bu

rn-o

ut-R

eduk

tion

(6 b

zw. 1

2 M

onat

e na

ch

Stud

iene

nde)

gez

eigt

.

Kom

bini

erte

Ans

ätze

füh

rten

in 7

0 %

de

r St

udie

n zu

ein

er s

igni

fi kan

ten

Burn

-out

-Red

uktio

n.

Ges

undh

eitl

iche

Eff

ekte

: une

in-

heitl

iche

Erg

ebni

slag

e.

Psyc

holo

gisc

he E

ffek

te: p

ositi

ve

Beei

nfl u

ssun

g. L

angz

eite

ffek

te n

och

unkl

ar.

Arb

eits

bezo

gene

Eff

ekte

: bis

her

nur

in S

tudi

en m

it ko

mbi

nier

ten

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r-ve

ntio

nen

unte

rsuc

ht

kau

m

posi

tive

Erge

bnis

se.

Una

bhän

gig

vom

St

udie

ndes

ign

und

von

der

Stud

ienp

opul

atio

n ze

igt

sich

ein

e po

sitiv

e Te

nden

z:

In 7

6 %

wur

den

posi

tive

Erge

bnis

se

gefu

nden

.

Page 99: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

99

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher PräventionTa

b. A

-3: S

yste

mat

isch

e R

evie

ws

zur

Wir

ksam

keit

prä

vent

iver

Maß

nah

men

geg

en M

uske

l-Sk

elet

t-Er

kran

kun

gen

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eBe

richt

ete

Effe

kte

Ges

amtb

ewer

tung

5.1

Mus

kel-

Skel

ett-

Erkr

anku

ngen

allg

emei

n

da C

osta

&

Viei

ra (

2008

)A

MED

, CIN

AH

L, E

mba

se,

MED

LIN

E, P

ASC

AL,

Pub

Med

, Sc

opus

, Sci

ence

Dire

ct W

eb o

f Sc

ienc

e da

taba

ses

Spra

che:

Engl

isch

Zeitr

aum

:bi

s N

ovem

ber

2007

7 St

udie

nEr

wer

bstä

ti-ge

aus

den

Be

reic

hen

Büro

, In

dust

rie, M

ilitä

r, Fe

uerw

ehr

Des

ign:

Inte

r-ve

ntio

nsst

udie

n,

Surv

eys

Ziel

para

met

er:

Prod

uktiv

ität,

St

ress

, Kör

per-

wah

rneh

mun

g,

Flex

ibili

tät,

Mus

-ke

lver

letz

unge

n,

Abn

utzu

ng

Maß

nahm

e: S

tret

chin

g

Eben

e: In

divi

duel

l

Fehl

en v

on K

ontr

oll-

grup

pen,

Ran

dom

isie

-ru

ng, V

erbl

indu

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Stre

tchi

ng f

ührt

zu

eine

r Zu

nahm

e vo

n Be

weg

ung

(ran

ge o

f m

otio

n (R

OM

)), R

eduk

tion

von

Schm

erze

n un

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nwoh

lsei

n, e

rhöh

ter

Elas

tizitä

t vo

n Se

hnen

, Mus

keln

und

Bän

dern

, Ve

rbes

seru

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on M

uske

lsch

wäc

he.

Es b

leib

t un

gekl

ärt,

w

elch

e Ve

ränd

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-ge

n zu

r Pr

även

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von

Mus

kel-

Skel

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Besc

hwer

den

beitr

agen

wei

tere

Erf

orsc

hung

de

r Th

emat

ik is

t nö

tig.

Dic

k et

al.

(201

1)M

EDLI

NE,

Em

base

, CIN

AH

L,

AM

ED, P

EDro

, The

Coc

hran

e Li

brar

y

Spra

che:

Engl

isch

4 St

udie

nEr

wer

bstä

tige

mit

Funk

tions

-st

örun

gen

der

ober

en E

xtre

mi-

täte

n

Des

ign:

RCT

s,

Koho

rten

stud

ien,

Re

view

s

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para

met

er:

best

ehen

de F

unk-

tions

stör

unge

n de

r ob

eren

Ext

re-

mitä

ten

Maß

nahm

en: R

eha-

Maß

-na

hmen

, Mod

ifi ka

tion

des

Arb

eits

plat

zes

Eben

en: I

ndiv

idue

ll,

kom

bini

ert

Indi

vidu

ell/

Org

anis

atio

nal

Publ

ikat

ions

bias

m

öglic

h, k

eine

Ve

rblin

dung

der

Re

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er, k

eine

A

ussa

ge z

ur p

räve

n-tiv

en W

irkun

g vo

n M

aßna

hmen

mög

lich

Karp

altu

nnel

synd

rom

: beg

renz

te

Evid

enz,

auf

grun

d sc

hlec

hter

St

udie

nlag

e. D

ie e

inzi

g id

entifi

zie

rte

wirk

sam

e M

aßna

hme

ist

der

Eins

atz

mod

ifi zi

erte

r Ta

stat

uren

. Die

Sym

p-to

msc

hwer

e un

d Sc

hmer

zen

konn

ten

sign

ifi ka

nt v

erbe

sser

t w

erde

n.

Arm

schm

erze

n: 2

Stu

dien

zei

gten

po

sitiv

e A

usw

irkun

gen

von

Reha

-Pr

ogra

mm

en. V

iele

Stu

dien

zu

dem

Th

ema

wur

den

weg

en m

etho

disc

her

Män

gel a

usge

schl

osse

n.

Bei T

enos

ynov

itis

(Seh

nens

chei

den-

entz

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ng)

begr

enzt

e Ev

iden

z fü

r di

e W

irksa

mke

it vo

n m

odifi

zier

ten

Tast

atur

en.

Auf

grun

d de

r dü

nnen

Stu

dien

lage

is

t w

eite

re

Fors

chun

g nö

tig.

Kenn

edy

et a

l. (2

009)

MED

LIN

E, E

mba

se, C

INA

HL,

Ps

ycIN

FO B

usin

ess

Sour

ce

Prem

ier,

Expe

rten

kont

akt

Spra

che:

Engl

isch

36 S

tudi

enSe

ktor

: ge

mis

cht,

vor

al

lem

Bür

oarb

eit

Stan

dort

e:

USA

, Eur

opa

Des

ign:

RCT

s (2

3),

nich

t-ra

ndom

i-si

erte

Stu

dien

(8)

, Q

uers

chni

ttss

tudi

-en

(5)

Maß

nahm

en: S

port

, Bi

ofee

dbac

k, E

rgon

o-m

isch

e M

aßna

hmen

, St

ress

-Man

agem

ent,

ko

gniti

ves

Verh

alte

ns-

trai

ning

, Arb

eits

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zan-

pass

unge

n, T

asta

ture

n,

Paus

en, A

rmun

ters

tütz

un-

gen,

neu

e St

ühle

, Phy

sio-

ther

apie

Eben

en: I

ndiv

idue

ll,

kom

bini

ert

Indi

vidu

ell/

Org

anis

atio

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Une

inhe

itlic

he E

vide

nz b

ei a

llen

In-

terv

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nen

Für

kei

ne d

er In

ter-

vent

ione

n w

urde

ein

neg

ativ

er E

ffek

t ge

fund

en.

Wei

tere

Stu

dien

r ei

ne s

tark

e Ev

iden

zlag

e si

nd

nötig

.

Page 100: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

100

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eBe

richt

ete

Effe

kte

Ges

amtb

ewer

tung

Palm

er e

t al

. (2

012)

MED

LIN

E, E

mba

se

Zeitr

aum

:19

90–2

010

42 S

tudi

enEr

wer

bstä

tige

mit

Mus

kel-

Skel

ett-

Be-

schw

erde

n

Stan

dort

e:N

orda

mer

ika,

Eu

ropa

Des

ign:

RCT

s (3

4),

Koho

rten

stud

i-en

(8)

Ziel

para

met

er:

Kran

kent

age,

kr

ankh

eits

bedi

ng-

ter

Jobv

erlu

st,

Anw

esen

heit

am A

rbei

ts-

plat

z w

ähre

nd

Follo

w-u

p,

Rück

kehr

zur

A

rbei

t

Maß

nahm

en: P

hysi

othe

-ra

pie,

Spo

rt (

30),

Psy

cho-

ther

apie

wie

kog

nitiv

e Ve

rhal

tens

ther

apie

(37

),

Eduk

atio

n, p

sych

osoz

iale

Ri

siko

eins

chät

zung

, erg

o-no

mis

che

Maß

nahm

en,

Jobm

odifi

katio

nen,

an

Man

ager

ger

icht

ete

Inte

r-ve

ntio

nen,

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rven

tione

n au

f Se

rvic

e-Eb

ene

(Be-

trie

bsar

zt, C

ase

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ager

)

Eben

en: I

ndiv

idue

ll, O

rga-

nisa

tiona

l

Unt

ersc

hied

liche

Fal

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fi niti

on.

Eine

Ver

blin

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war

ni

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mög

lich.

Män

gel i

n de

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otok

olle

n vi

eler

St

udie

n (Z

uwei

sung

zu

Stud

iena

rmen

, Int

enti-

on-t

o-tr

eat-

Ana

lyse

).

Die

Inte

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tione

n w

aren

mei

st

förd

erlic

h (R

elat

ives

Ris

iko

> 1

für

Inte

rven

tion

vs. K

ontr

olle

).

Eine

Übe

rleg

enhe

it ei

ner

best

imm

ten

Inte

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konn

te n

icht

gef

unde

n w

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n. In

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nen,

bei

den

en

der

Arb

eits

plat

z in

tegr

iert

wur

de,

wirk

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sich

alle

rdin

gs m

eist

bes

ser

auf

Fehl

tage

aus

.

Die

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unde

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Effe

kte

in q

ualit

ativ

ho

chw

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en S

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en w

aren

te

nden

ziel

l ger

inge

r (B

ias)

und

ei

n N

utze

n (K

oste

neff

ektiv

ität)

ist

frag

lich.

Arb

eits

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zbez

o-ge

ne M

aßna

hmen

re

duzi

eren

Kra

nken

-ta

ge u

nd d

ie G

efah

r ei

nes

Jobv

erlu

stes

. D

ie E

ffek

te s

ind

alle

rdin

gs s

ehr

klei

n, e

in K

oste

n-N

utze

n-Ef

fekt

ble

ibt

frag

lich.

5.2

Mus

kel-

Skel

ett-

Erkr

anku

ngen

bei

Pfl e

gekr

äfte

n

Daw

son

et a

l. (2

007)

MED

LIN

E, E

mba

se, C

INA

HL,

A

cade

mic

Sea

rch

Elite

, Hea

lth

Sour

ce N

ursi

ng/A

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Ed

ition

, PED

ro, P

sycI

NFO

, Ps

ycA

RTIC

LES,

Joan

na B

riggs

In

stitu

te S

yste

mat

ic R

evie

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Dat

abas

e fo

r Ev

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ce B

ased

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ursi

ng a

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ifery

, The

Co

chra

ne L

ibra

ry

Spra

chen

:En

glis

ch, D

euts

ch

Zeitr

aum

:bi

s 20

04

16 S

tudi

enKr

anke

n-sc

hwes

tern

, Pfl

ege

kräf

te,

Aus

zubi

lden

de

Des

ign:

RCT

s,

NRC

Ts

Ziel

para

met

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Rück

ensc

hmer

zen

und

Rück

enve

rlet

-zu

ngen

Maß

nahm

en: Ü

bung

en

zum

man

uelle

n H

andl

ing,

Ü

bung

en u

nd T

rain

ings

, St

ress

man

agem

entp

ro-

gram

me,

Mul

tidim

en-

sion

ale

Prog

ram

me,

Le

nden

wirb

elst

ütze

n (R

ücke

ngur

te)

Eben

en: I

ndiv

idue

ll,

Org

anis

atio

nal

Gro

ße U

nter

schi

ede

in

Des

ign

und

Inha

lt d

er

Maß

nahm

en, M

ange

l an

qua

litat

iv h

ochw

er-

tigen

Nac

hwei

sen

zur

Wirk

sam

keit

.

Mul

tidim

ensi

onal

e Pr

ogra

mm

e si

nd w

irksa

m, „

Man

uelle

s H

andl

ing

Trai

ning

“ al

lein

ist

nich

t w

irksa

m,

wid

ersp

rüch

liche

Erg

ebni

sse

für

die

Wirk

sam

keit

einz

elne

r Ü

bung

en.

Not

wen

digk

eit

wei

tere

r qu

alita

tiv

hoch

wer

tiger

St

udie

n (R

CTs)

, um

die

bis

herig

en

Empf

ehlu

ngen

von

M

aßna

hmen

und

ih

re W

irksa

mke

it zu

bes

tätig

en.

Tulla

r et

al.

(201

0)M

EDLI

NE,

Em

base

, CIN

AH

L,

Aca

dem

ic S

ourc

e Pr

emie

r, Ps

ycIN

FO, B

usin

ess

Sour

ce

Prem

ier

Spra

chen

:En

glis

ch, S

pani

sch,

Fr

anzö

sisc

h, S

chw

edis

ch

Zeitr

aum

:20

06–2

009

16 S

tudi

enPfl

ege

kräf

te u

nd

-hilf

en s

owie

A

uszu

bild

en-

de, B

esch

äftig

-te

mit

und

ohne

Sy

mpt

ome

oder

Ei

nsch

ränk

un-

gen

(9 S

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en);

nur

Besc

häft

igte

m

it Sy

mpt

omen

un

d Ei

nsch

rän-

kung

en (

7 St

udie

n)

Des

ign:

ran

dom

i-si

erte

und

nic

ht-

rand

omis

iert

e St

udie

n

Maß

nahm

en: M

ultik

om-

pone

nten

-Pro

gram

me

(MCP

HI)

und

Übu

ngen

(T

rain

ings

) zu

m U

mga

ng

mit

Patie

nten

; Kog

nitiv

es

Verh

alte

nstr

aini

ng, E

nt-

span

nung

stra

inin

g, K

om-

bina

tion

aus

Verh

alte

ns-

und

Ents

pann

ungs

trai

ning

, Pr

ogra

mm

zur

Stä

rkun

g de

r Le

nden

mus

kula

tur,

„Zer

o-Li

ft“-

Polic

y (l

eich

tere

s H

eben

), T

rain

ing

an m

e-ch

anis

chen

Lift

- bz

w. H

ebe-

einr

icht

unge

n, T

rain

ing

der

Rück

enm

usku

latu

r, Rü

cken

-sc

hule

, Fitn

esst

rain

ing

Het

erog

enitä

t be

i den

Tr

aini

ngs

(vom

Aus

-da

uert

rain

ing

bis

zum

M

uske

lauf

baut

rain

ing)

, un

zure

iche

nde

Evid

enz

für

viel

e In

terv

entio

nen

g

erin

ge Q

ualit

ät d

er

Stud

ien.

Kein

e ne

gativ

en E

ffek

te, e

ntw

eder

po

sitiv

e od

er k

eine

Eff

ekte

, mod

erat

e Ev

iden

z fü

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fekt

e vo

n M

CPH

I, m

oder

ate

Evid

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für

posi

tive

Effe

kte

von

körp

erlic

hen

Trai

ning

s-pr

ogra

mm

en z

ur V

erbe

sser

ung

der

MSK

-Ges

undh

eit;

Kog

nitiv

e Ve

rhal

-te

nstr

aini

ngs

und

einf

ache

Übu

ngen

al

lein

hab

en k

eine

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ekte

; mod

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e Ev

iden

z, w

enn

Verh

alte

nstr

aini

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und

ergo

nom

isch

e Ü

bung

en

kom

bini

ert

wer

den.

Die

Aut

oren

em

pfeh

len

MCP

HI

mit

klar

defi

nie

rten

En

dpun

kten

und

be

tone

n di

e Be

-de

utun

g de

r Ev

a-lu

atio

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eser

Pr

ogra

mm

e.

Nur

so

kann

ein

e Ev

iden

z na

chge

-w

iese

n w

erde

n.

Page 101: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

101

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eBe

richt

ete

Effe

kte

Ges

amtb

ewer

tung

5.3

Mus

kel-

Skel

ett-

Erkr

anku

ngen

bei

Bild

schi

rmar

beits

kräf

ten

Gre

en (

2008

)Pu

bMed

, CIN

AH

LG

enau

e A

nzah

l ni

cht

gena

nnt

Com

pute

r-nu

tzer

und

-n

utze

rinne

n

Des

ign:

Fal

l-Ko

ntro

ll-St

udie

n

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para

met

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Nac

kens

chm

er-

zen,

Stö

rung

en

des

Mus

kel-

Skel

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App

arat

es

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nahm

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örpe

rlic

he

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ivitä

ten,

Pau

sen,

A

usric

htun

g de

s M

onito

rs,

ergo

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isch

e A

usst

attu

ng

des

Arb

eits

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zes,

ex

tern

e Ta

stat

uren

für

N

oteb

ookn

utze

r, Pa

usen

(a

lle 2

0 bi

s 40

Min

uten

r 30

Sek

unde

n)

Stud

ien

sind

bis

her

retr

ospe

ktiv

, Not

wen

-di

gkei

t pr

ospe

ktiv

er

Stud

ien.

Rege

lmäß

ige

kurz

e Pa

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sin

d ef

fekt

iv, u

m N

acke

nsch

mer

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vorz

ubeu

gen

ohne

die

Pro

dukt

ivitä

t zu

red

uzie

ren.

Nur

die

Ein

richt

ung

eine

s er

gono

-m

isch

en A

rbei

tspl

atze

s re

duzi

ert

die

Präv

alen

z vo

n W

RNP

(wor

k re

late

d ne

ck p

ain)

kau

m.

Leys

hon

et a

l. (2

010)

PubM

ed, E

mba

se, C

INA

HL,

Sc

opus

, Pro

Que

st

Zeitr

aum

:19

89–2

009

27 S

tudi

enBü

rokr

äfte

mit

Mus

kel-

Skel

ett-

Erkr

anku

ngen

; si

tzen

de

Tätig

keit

am

Com

pute

r od

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an V

ideo

dis-

play

s

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para

met

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Prod

uktiv

ität,

Si

cher

heit

und

Woh

lbefi

nde

n

Maß

nahm

en: e

rgon

omi-

sche

Gru

ppen

trai

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s un

d Sc

hulu

ngen

, erg

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i-sc

he S

tühl

e, N

utzu

ng a

l-te

rnat

iver

Ein

gabe

gerä

te

(Com

pute

rmau

s), E

rho-

lung

spau

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nac

h un

ten

gene

igte

Tas

tatu

ren,

Un-

tera

rmst

ütze

n, e

rgon

omi-

sche

Arb

eits

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zanp

as-

sung

en, L

ende

nwirb

el-

stüt

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Stud

ien

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sch

wer

ve

rgle

ichb

ar d

urch

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ters

chie

dlic

he D

esig

ns,

der

Stic

hpro

benu

mfa

ng

ist

bei e

inig

en S

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en

nur

unzu

reic

hend

ge

wes

en.

Ergo

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isch

e G

rupp

entr

aini

ngs

und

Schu

lung

en v

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sser

n da

s W

ohlb

e-fi n

den.

Unz

urei

chen

de E

vide

nz f

ür d

ie V

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bess

erun

g vo

n W

ohlb

efi n

den

und

Prod

uktiv

ität

für

ergo

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isch

e St

ühle

.

Sign

ifi ka

nte

Verb

esse

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en b

ei d

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Sich

erhe

it un

d Pr

oduk

tivitä

t be

i der

N

utzu

ng e

iner

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rnat

iven

Com

pu-

term

aus.

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des

Woh

lbefi

nde

ns

durc

h Er

holu

ngsp

ause

n.

Sign

ifi ka

nter

Rüc

kgan

g vo

n N

acke

n-

und

Schu

lters

chm

erze

n du

rch

Unt

er-

arm

stüt

zen.

Verb

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des

Woh

lbefi

nde

ns

durc

h er

gono

mis

che

Anp

assu

ng d

es

Arb

eits

plat

zes.

Nur

unz

urei

chen

de E

vide

nz f

ür V

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bess

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g de

s W

ohlb

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dens

dur

ch

Lend

enw

irbel

stüt

zen.

Not

wen

digk

eit

wei

tere

r St

udie

n zu

r Se

kund

är-

präv

entio

n, u

m

die

Aus

sage

n zu

be

stät

igen

.

Stud

ien

sollt

en

im D

esig

n un

d in

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zug

auf

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-pa

ram

eter

ver

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eich

bar

sein

.

Ang

emes

sene

r St

ichp

robe

num

fang

.

Auc

h w

enn

kein

e st

arke

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wei

se

für

Inte

rven

tione

n al

s Se

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ärpr

ä-ve

ntio

n vo

rlie

gen,

so

kön

nen

dies

e M

aßna

hmen

auf

de

r B

asis

bis

herig

er

Fors

chun

gser

geb-

niss

e al

s nü

tzlic

h an

gese

hen

wer

den.

Page 102: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

102

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eBe

richt

ete

Effe

kte

Ges

amtb

ewer

tung

5.4

Nac

ken-

, Rüc

ken-

und

Kre

uzsc

hmer

zen

Aas

et

al.

(201

1)Ce

ntra

l, M

EDLI

NE,

Em

base

, CI

NA

HL,

Psy

cIN

FO, O

Tsee

ker,

PED

ro, I

SI W

eb o

f Sc

ienc

e

10 S

tudi

enEr

wer

bstä

tige

mit

Nac

ken-

schm

erze

n im

Al

ter v

on 1

8 bi

s 67

Jahr

en; a

m

Arb

eits

plat

z od

er k

rank

ge-

schr

iebe

n

Sekt

or: a

lle;

7 St

udie

n zu

roar

beit

(Com

pute

r),

aber

aus

ver

-sc

hied

enen

Se

ktor

en

Des

ign:

RCT

s

Ziel

para

met

er:

Schw

ere

und

Präv

alen

z vo

n Sc

hmer

zen,

A

bsen

tism

us,

Lebe

nsqu

alitä

t,

glob

ale

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es-

seru

ng, F

unkt

ions

-fä

higk

eit

Auf

Kör

perf

unkt

ione

n au

s-ge

richt

ete

Maß

nahm

en

(men

tal u

nd k

örpe

rlic

h:

Schu

lung

en, B

erat

ung

zu

Posi

tione

n, E

ntsp

annu

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Paus

en),

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ivitä

tsve

rlau

f (A

npas

sung

en d

es

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eits

abla

ufs,

bio

-m

echa

nisc

he M

etho

den,

Te

chni

ken

für

Heb

en,

Zieh

en, D

rück

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Par

tizi-

patio

n (A

rbei

tsla

st, A

r-be

itsda

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Stun

denz

ahl,

Arb

eits

inte

nsitä

t, fl

exib

le

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eits

zeite

n, T

eilz

eit)

, U

mw

eltf

akto

ren

(Arb

eits

-pl

atz,

Des

ign,

Equ

ipm

ent,

Ko

mm

unik

atio

n, o

rgan

isa-

toris

che

Verä

nder

unge

n),

pers

önlic

he F

akto

ren

(Ver

halte

nsän

deru

ng,

„Life

styl

e-Re

desi

gn“)

Eben

en: I

ndiv

idue

ll,

Org

anis

atio

nal

In 2

Stu

dien

Ris

iko

für

Bias

.

Fehl

ende

Ver

blin

dung

in

alle

n St

udie

n, u

nvol

l-st

ändi

ge Z

ielp

aram

eter

-D

aten

.

Nie

drig

e Ev

iden

z (2

RCT

s): k

lein

er

oder

gar

kei

n U

nter

schi

ed d

er

Schm

erzs

tärk

e (L

angz

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zw

isch

en

Inte

rven

tion

und

kein

er In

terv

entio

n.

Kein

e si

gnifi

kant

e Ve

rbes

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ng

konn

te ü

ber

läng

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Nac

hbeo

bach

-tu

ngsz

eit

aufr

echt

erha

lten

wer

den.

Es k

onnt

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eval

uier

t w

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n,

inw

iew

eit

eine

sp

ezifi

sche

M

aßna

hme

sinn

voll

ist

oder

nic

ht.

Bell

& B

urne

tt

(200

9)M

EDLI

NE,

CIN

AH

L, A

MED

, SP

ORT

Dis

cus,

MED

LIN

E, P

EDro

Spra

che:

Engl

isch

15 S

tudi

enEr

wer

bstä

ti-ge

aus

den

Be

reic

hen

Mili

tär,

Pfl e

ge,

Büro

, Pos

t, K

up-

fere

rzeu

gung

, Sc

hien

en-

und

Flug

verk

ehr,

Fabr

ik

Des

ign:

RCT

s (1

0),

NCT

s (5

)

Ziel

para

met

er:

Inzi

denz

von

Kr

euzs

chm

erze

n,

Schm

erzi

nten

sitä

t,

Aus

wirk

unge

n

Maß

nahm

en: S

port

(a

llgem

eine

Krä

ftig

ungs

-üb

unge

n, S

tret

chin

g,

kard

iova

skul

äres

Tra

inin

g)

Eben

e: In

divi

duel

l

Fehl

ende

Ver

blin

dung

, sc

hlec

hte

oder

feh

lend

e Ra

ndom

isie

rung

.

Unt

ersc

hied

liche

Tra

i-ni

ngsm

uste

r (D

auer

, H

äufi g

keit)

.

Unv

olls

tänd

iger

Ber

icht

üb

er K

oope

ratio

n de

r Te

ilneh

mer

.

Inzi

denz

von

Kre

uzsc

hmer

zen:

7

Stud

ien

habe

n si

gnifi

kant

e U

n-te

rsch

iede

info

lge

der

Inte

rven

tion

gefu

nden

(sc

hlec

hte

met

hodo

logi

-sc

he Q

ualit

ät).

Schm

erzi

nten

sitä

t: 2

RCT

s ho

her

Qua

lität

und

ein

e RC

T m

it ge

ringe

rer

Qua

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fan

den

sign

ifi ka

nte

Ver-

bess

erun

gen

durc

h di

e In

terv

entio

n (Ü

bung

en),

3 f

ande

n Ve

rbes

seru

ng

info

lge

der

Impl

emen

tieru

ng v

on

Übu

ngen

in d

en A

rbei

tsal

ltag

sta

rke

Evid

enz.

Aus

wirk

ung

von

Kreu

zsch

mer

zen:

4

Stud

ien

zeig

ten

Effe

kte

durc

h Sp

ort

auf

Kran

kent

age,

in 2

RCT

s w

aren

die

se s

igni

fi kan

t

beg

renz

te

Evid

enz

für

die

Redu

ktio

n vo

n kr

ank-

heits

bedi

ngte

r A

bwes

enhe

it.

Endg

ültig

e Sc

hlus

s-fo

lger

unge

n kö

n-ne

n nu

r sc

hwer

ge

zoge

n w

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n.

Wei

tere

For

schu

ng

ist

nötig

(in

sbes

on-

dere

zu

Um

fang

un

d A

rt d

er In

ter-

vent

ione

n).

Page 103: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

103

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eBe

richt

ete

Effe

kte

Ges

amtb

ewer

tung

Booc

ock

et a

l. (2

007)

CIN

AH

L, E

BSCO

Meg

afi le

Pr

emie

r, Em

base

, Erg

onom

ic

Abs

trac

ts, I

ndex

NZ,

AM

ED,

Ann

ual r

evie

ws,

Psy

cIN

FO,

ProQ

uest

500

0, E

xpan

ded

Aca

dem

ic A

SAP,

SPO

RTD

iscu

s,

Scie

nce

Dire

ct, B

lack

wel

l Sy

nerg

y, L

ippi

ncot

t 10

0,

OSH

Ref

eren

ce C

olle

ctio

n

Spra

che:

Engl

isch

Zeitr

aum

:19

99–2

004

31 S

tudi

enZi

el: V

erän

deru

ng m

echa

-ni

sche

r Be

ansp

ruch

ung

Maß

nahm

en: V

erän

deru

ng

des

Arb

eits

plat

zes,

des

A

rbei

tsum

feld

s (1

0), d

er

Prod

uktio

nssy

stem

e (2

),

der

Org

anis

atio

nsku

ltur

, M

odifi

katio

nen

(19)

Eben

e: O

rgan

isat

iona

l

Met

hodo

logi

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Sc

hwäc

hen

insb

eson

-de

re b

ei S

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en d

er

Kate

gorie

„M

odifi

er In

-te

rven

tions

“ (T

rain

ings

).

Verä

nder

ung

der

mec

hani

sche

n Be

ansp

ruch

ung:

Anp

assu

ng d

er

Arb

eits

umge

bung

(So

ftw

are,

Lic

ht,

Büro

layo

ut)

führ

te in

4 S

tudi

en z

u po

sitiv

en E

ffek

ten

beg

renz

te

Evid

enz.

3 St

udie

n fa

nden

pos

itive

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ekte

du

rch

die

Einf

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ng v

on e

rgon

omi-

sche

m E

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men

t (h

öhen

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tellb

a-re

Stü

hle)

u

ngen

ügen

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vide

nz

aufg

rund

sch

lech

ter

Qua

lität

.

Org

anis

atio

nsku

ltur

und

Pro

dukt

ions

-sy

stem

: 2 S

tudi

en f

ande

n ke

ine

Ver-

bess

erun

g

ung

enüg

ende

Evi

denz

.

Mod

ifi er

Inte

rven

tions

(Tr

aini

ngs)

r Pa

tient

en m

it N

acke

nsch

mer

zen:

3

Stud

ien

fand

en p

ositi

ve E

ffek

te

durc

h Sp

ortp

rogr

amm

e

beg

renz

te

Evid

enz

für

die

Wirk

sam

keit

.

Die

Erg

ebni

sse

unte

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tzen

den

Ei

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z vo

n ei

nige

n In

terv

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nen

zur

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erun

g de

r m

e-ch

anis

chen

Bea

n-sp

ruch

ung.

Für

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gen

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le

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ng v

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Maß

nahm

en a

us

den

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n O

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nisa

tions

kult

ur/

Prod

uktio

nssy

ste-

me

und

Mod

ifi er

In

terv

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ns f

ehlt

bi

slan

g Ev

iden

z.

Brox

et

al.

(200

8)M

ediz

inis

che

Dat

enba

nken

27 S

tudi

enEr

wer

bstä

tige

Stan

dort

: N

orda

mer

ika

Des

ign:

Rev

iew

s,

RCTs

Ziel

para

met

er:

Schm

erze

n,

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nder

ung,

Kr

anke

ntag

e, K

os-

tene

ffek

tivitä

t,

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chun

g vo

n Re

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rcen

Maß

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en: R

ücke

nsch

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, Edu

katio

n, A

ngst

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s-Tr

aini

ng

Eben

e: In

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l

Rück

ensc

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hran

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erat

e Ev

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z fü

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e W

irksa

mke

it. R

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zeig

en, d

ass

Rück

ensc

hule

n w

enig

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irksa

m s

ind

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Spor

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egre

nzte

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denz

).

In

sges

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kein

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pfeh

lung

Kurz

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atio

n: 1

Rev

iew

fi nd

et

mod

erat

e Ev

iden

z fü

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egen

heit

gege

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dere

n M

etho

den.

Be

gren

zte

Evid

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das

s in

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et-

basi

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Maß

nahm

en, M

assa

gen

oder

Akk

upun

ktur

übe

rleg

en s

ind.

Em

pfeh

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für

das

klin

isch

e Se

ttin

g

Ang

stve

rmei

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: Mod

erat

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r be

sser

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irksa

mke

it hi

nsic

htlic

h Sc

hmer

z un

d Be

hind

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g.

E

mpf

ehlu

ng a

ls B

esta

ndte

il vo

n Re

habi

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ione

n

Kein

e Em

pfeh

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vo

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cken

schu

-lu

ng.

Unt

er b

estim

mte

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ding

unge

n w

erde

n Ed

ukat

ion

und

Trai

ning

zur

A

ngst

verm

eidu

ng

empf

ohle

n.

Page 104: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

104

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eBe

richt

ete

Effe

kte

Ges

amtb

ewer

tung

Carr

oll e

t al

. (2

010)

AM

ED, A

SSIA

, Brit

ish

nurs

ing

inde

x, B

usin

ess

Sour

ce

Prem

ier,

The

Coch

rane

Lib

rary

, CI

NA

HL,

Cur

rent

Con

tent

s, In

-te

rnat

iona

l Bib

liogr

aphy

of

the

Soci

al S

cien

ce, M

EDLI

NE,

Ps

ycIN

FO, S

ocio

logi

cal

Abs

trac

ts, S

SCI

13 A

rtik

el

wer

den

them

ati-

sier

t: 9

St

udie

n zu

r Ef

fekt

ivitä

t un

d 4

öko-

nom

isch

e St

udie

n

Erw

erbs

tätig

e,

zum

Tei

l mit

Rück

ensc

hmer

-ze

n (7

), s

eit

min

dest

ens

2 W

oche

n kr

ank-

gesc

hrie

ben

Stan

dort

e:

Euro

pa (

7),

Kana

da

Des

ign:

kon

trol

-lie

rte

Läng

s-sc

hnitt

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para

met

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Rück

kehr

zum

A

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tspl

atz

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nahm

e: E

inbi

ndun

g de

s A

rbei

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atze

s

Eben

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rgan

isat

iona

l

Stud

ien

fand

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un-

ters

chie

dlic

hen

Länd

ern

mit

unte

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iedl

iche

n G

esun

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tssy

ste-

men

sta

tt

Ver

allg

e-m

eine

rung

ist

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r sc

hwie

rig.

6 de

r 9

Stud

ien

fand

en e

ine

sign

ifi -

kant

e Ve

rbes

seru

ng d

er R

ückk

ehr

an

den

Arb

eits

plat

z du

rch

die

arbe

its-

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zbez

ogen

e In

terv

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n, e

ine

Stud

ie f

and

eine

sch

nelle

re R

ückk

ehr

an d

en A

rbei

tspl

atz,

in 2

Stu

dien

w

urde

kei

n Ef

fekt

gef

unde

n.

3 vo

n 4

Stud

ien

fand

en e

ine

Ver-

ringe

rung

von

kra

nkhe

itsbe

ding

ter

Abw

esen

heit

.

Bete

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ng v

on A

kteu

ren

(Sta

keho

l-de

rn)

ohne

Bew

egun

gsko

mpo

nent

e fü

hrte

zu

eine

r si

gnifi

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en V

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s-se

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.

Alle

in d

ie B

etei

-lig

ung

des

Ar-

beits

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zes

führ

t ni

cht

zu b

esse

ren

Erge

bnis

sen.

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fekt

iv s

ind

vor

alle

m: S

take

hold

er-

Bete

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ng (

Er-

wer

bstä

tige,

Ar-

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z, B

etrie

bs-

med

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).

Arb

eits

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zbez

o-ge

ne S

port

-Int

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vent

ione

n sc

hein

en

kein

en V

orte

il zu

ha

ben.

Drie

ssen

et

al.

(201

0)Pu

bMed

, Em

base

, Psy

cIN

FO,

The

Coch

rane

Lib

rary

10 S

tudi

enni

cht

kran

k ge

mel

dete

Er-

wer

bstä

tige

Sekt

or:

vorw

iege

nd

Büro

Des

ign:

RCT

s

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para

met

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Inzi

denz

/Pr

äval

enz/

Inte

nsitä

t vo

n Kr

euz-

und

Na-

cken

schm

erze

n

Ergo

nom

isch

e In

terv

enti-

onen

(re

in e

rgon

omis

ch/

„phy

sica

l erg

onom

ic“(

9),

ergo

nom

isch

plu

s or

gani

-sa

tiona

le K

ompo

nent

e/„o

rgan

isat

iona

l er

gono

mic

“ (1

))

Eben

en: O

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isat

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l, ko

mbi

nier

t In

divi

duel

l/O

rgan

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l

Eini

ge S

tudi

en h

aben

ei

n ho

hes

Bias

-Ris

iko

(Sel

ektio

nsbi

as).

Klei

ne A

nzah

l Stu

dien

zu

ein

zeln

en Z

ielp

ara-

met

ern.

Gro

ße H

eter

ogen

ität

der

Stud

ien.

Kreu

zsch

mer

zen

Inzi

denz

/Prä

vale

nz:

kein

sig

nifi k

ante

r U

nter

schi

ed n

ach

„phy

sica

l erg

onom

ic in

terv

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ns“

(ger

inge

Evi

denz

).

Nac

kens

chm

erze

n In

zide

nz/

Präv

alen

z: k

ein

sign

ifi ka

nter

U

nter

schi

ed d

urch

phy

sisc

h-er

go-

nom

isch

e In

terv

entio

n (m

oder

ate

Evid

enz)

.

Schm

erzi

nten

sitä

t Kr

euz:

1 S

tudi

e ko

nnte

kei

ne s

igni

fi kan

te V

erbe

sse-

rung

dur

ch p

hysi

sch-

ergo

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e In

terv

entio

nen

fest

stel

len

ger

inge

Ev

iden

z.

Schm

erzi

nten

sitä

t N

acke

n: g

erin

ge

Evid

enz

für

eine

bes

sere

Sch

mer

z-re

dukt

ion

durc

h di

e In

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n.

Ergo

nom

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e In

ter-

vent

ione

n w

aren

zu

m g

rößt

en T

eil

nich

t ef

fekt

iv in

de

r Pr

även

tion

und

Redu

ktio

n vo

n N

acke

n- u

nd K

reuz

-sc

hmer

zen.

Hoe

et

al.

(201

2)Th

e Co

chra

ne L

ibra

ry,

MED

LIN

E, E

mba

se, I

SI, C

INA

HL,

A

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, SPO

RTD

iscu

s, C

IS,

NIO

SHTI

C-2

Spra

che:

Engl

isch

Zeitr

aum

:bi

s 20

10

13 S

tudi

enBü

roan

gest

ellte

un

d Be

schä

ftig

te

im K

rank

enha

us

Stan

dort

e: U

SA,

Kana

da, S

kand

i-na

vien

Des

ign:

RCT

s

Ziel

para

met

er:

inzi

dent

e od

er

präv

alen

te F

älle

m

it M

uske

lbe-

schw

erde

n in

den

ob

eren

Ext

rem

itä-

ten,

Sch

mer

zen,

ar

beits

orga

nisa

to-

risch

e Pa

ram

eter

Maß

nahm

en: e

rgon

o-m

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e H

ilfsm

ittel

, Ar-

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umge

bung

und

Tr

aini

ng

Hoh

es R

isik

o fü

r Bi

as

(feh

lend

e Ve

rblin

dung

).

Zu g

erin

ge P

ower

in

eini

gen

Stud

ien.

Zu d

en e

inze

lnen

In

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nsty

pen

(und

Sub

type

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gen

jew

eils

nur

wen

ige

Stud

ien

vor.

Inzi

denz

und

Bes

chw

erde

n im

Be

reic

h N

acke

n un

d Sc

hulte

rn

könn

en d

urch

den

Ein

satz

ein

er

Arm

stüt

ze in

Kom

bina

tion

mit

eine

r al

tern

ativ

en C

ompu

term

aus

redu

zier

t w

erde

n. F

ür a

nder

e M

uske

lgru

p-pe

n un

d fü

r an

dere

erg

onom

isch

e H

ilfsm

ittel

feh

lt d

ageg

en d

ie E

vide

nz.

Mit

gerin

ger

Evid

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ist

davo

n au

szug

ehen

, das

s zu

sätz

liche

Pau

sen

oder

die

Ver

kürz

ung

der

Arb

eits

zeit

kein

en N

utze

n ha

ben.

Die

Kom

bina

tion

von

alte

rnat

iver

Co

mpu

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aus

und

Arm

stüt

ze is

t fü

r Bü

roan

gest

ell-

te e

mpf

ehle

nsw

ert.

D

er N

utze

n an

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r H

ilfsm

ittel

wur

de

nich

t be

wie

sen

w

eite

re S

tudi

en

nötig

.

Page 105: iga.Report 28 · 2017-07-18 · Claudia Pieper und Sarah Schröer unter Mitarbeit von Jessy Haupt und Ina Kramer II Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

105

iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Aut

oren

Dat

enqu

elle

nD

aten

basi

sPo

pula

tion

Stud

iend

esig

nEv

alui

erte

Maß

nahm

enM

etho

dolo

gisc

he

Prob

lem

eBe

richt

ete

Effe

kte

Ges

amtb

ewer

tung

Lars

son

et a

l. (2

007)

OSH

-RO

M, M

EDLI

NE,

Em

base

, Th

e Co

chra

ne L

ibra

ry

Spra

che:

Engl

isch

Zeitr

aum

:20

00–2

006

9 St

udie

nEr

wer

bstä

tige

Des

ign:

Rev

iew

s,

RCTs

Maß

nahm

en: p

hysi

sche

A

ktiv

ität,

org

anis

ator

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e Ve

ränd

erun

gen,

Mul

ti-ko

mpo

nent

en-P

rogr

am-

me,

Anp

assu

ngen

am

A

rbei

tspl

atz,

Edu

katio

n

Kräf

tigun

gsüb

unge

n am

Arb

eits

-pl

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sind

ein

e vi

elve

rspr

eche

nde

Mög

lichk

eit,

um

Nac

kens

chm

erze

n am

Arb

eits

plat

z vo

rzub

euge

n.

Mar

timo

et a

l. (2

007)

MED

LIN

E, E

mba

se, S

cien

ce

cita

tion

inde

x, C

isdo

c, P

sycL

IT,

NIO

SHTI

C, C

entr

al

11 S

tudi

en

Erw

erbs

tätig

e im

Alte

r vo

n 16

bi

s 70

Jahr

en,

teilw

eise

mit

Rück

ensc

hmer

-ze

n

Sekt

or: A

rbei

ter,

die

schw

ere

Last

en h

eben

, tr

agen

usw

. (M

anua

l M

ater

ial

Han

dlin

g; M

MH

)

Stan

dort

e:

Euro

pa, K

anad

a

Des

ign:

RCT

s,

Koho

rten

stud

ien

Ziel

para

met

er:

Rück

ensc

hmer

-ze

n, K

rank

enta

ge,

Rück

kehr

an

den

Arb

eits

plat

z,

Rezi

dive

, fun

ktio

-ne

ller

Stat

us,

Lebe

nsqu

alitä

t

Maß

nahm

en: I

nter

vent

io-

nen,

die

die

mec

hani

sche

La

st a

uf d

en R

ücke

n de

r A

rbei

tneh

mer

red

uzie

ren

durc

h M

MH

-Tec

hnik

en

(Edu

katio

n, z

. B. R

ücke

n-sc

hule

, ind

ivid

uelle

s Tr

aini

ng, P

oste

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deo,

Jo

btra

inin

g) o

der

durc

h as

sist

iere

nde

Ger

äte

(Heb

eein

richt

unge

n)

Das

s ke

in E

ffek

t ge

fund

en w

urde

, kö

nnte

an

Bias

und

ge

ringe

r Po

wer

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en.

Auf

grun

d de

r ge

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n Fa

llzah

len

könn

te

ein

klei

ner

Effe

kt

über

sehe

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orde

n se

in.

Mög

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rwei

se w

ar

der

theo

retis

che

Hin

terg

rund

nic

ht

korr

ekt

oder

die

Inte

r-ve

ntio

nen

war

en

unge

eign

et.

MM

H v

s. k

eine

Inte

rven

tion:

ke

in U

nter

schi

ed in

der

mitt

lere

n (m

oder

ate

Evid

enz)

und

Lan

g-ze

it-N

achb

eoba

chtu

ng h

insi

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ich

Schm

erzd

auer

und

-fr

eque

nz.

Eben

so k

ein

Unt

ersc

hied

hin

sich

tlic

h Be

eint

räch

tigun

g au

fgru

nd v

on

Rück

ensc

hmer

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Um

fang

reic

hes

MM

H-T

rain

ing

vs.

wen

iger

inte

nsiv

es T

rain

ing:

kei

ne

Lang

zeite

ffek

te a

uf F

requ

enz

und

Dau

er d

er S

chm

erze

n (m

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ate

Evid

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.

MM

H-A

dvic

e vs

. Spo

rt o

der

Rück

engu

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ein

Unt

ersc

hied

hi

nsic

htlic

h D

auer

und

Fre

quen

z (b

egre

nzte

Evi

denz

) in

alle

n N

achb

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chtu

ngs-

Stuf

en.

MM

H-A

dvic

e +

assi

stie

rend

es

Ger

ät v

s. M

MH

-Adv

ice

alle

in: k

ein

Unt

ersc

hied

(be

gren

zte

Evid

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.

In

terv

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nen

war

en n

icht

pr

även

tiv w

irksa

m.

Scha

afsm

a et

al.

(201

1)Ce

ntra

l, M

EDLI

NE,

Em

base

, CI

NA

HL,

Psy

cIN

FO, P

EDro

23 S

tudi

enEr

wer

bstä

ti-ge

mit

Rück

en-

schm

erze

n un

d Be

eint

räch

ti-gu

ngen

Stan

dort

e:

Euro

pa,

Nor

dam

erik

a

Des

ign:

RCT

s

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para

met

er:

verl

oren

e A

rbei

ts-

zeit

Maß

nahm

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ondi

tions

-tr

aini

ng (

„phy

sica

l con

-di

tioni

ng“)

Eben

e: In

divi

duel

l

Bei 1

3 St

udie

n Bi

as

mög

lich.

Het

erog

ene

Erge

bnis

se,

die

nich

t du

rch

die

Met

aana

lyse

erk

lärt

w

erde

n ko

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n.

Aku

te R

ücke

nsch

mer

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kei

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fekt

au

f di

e Sy

mpt

ome

durc

h di

e In

ter-

vent

ion.

Suba

kute

Sch

mer

zen:

wid

ersp

rüch

-lic

he E

rgeb

niss

e.

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Abkürzungsverzeichnis

AHRF = Assessment of Health Risks with Feedback

AU = Arbeitsunfähigkeit

BGF = Betriebliche Gesundheitsförderung

BCR = Benefit-Cost Ratio

BMI = Body-Mass-Index

CBT = Cognitive Behaviour Therapy, kognitive Verhaltenstherapie

EAP = Employee Assistance Program

EbM = Evidenzbasierte Medizin

EMDR = Eye Movement Desensitization and Reprocessing

GKV = Gesetzliche Krankenversicherung

KHK = Koronare Herzerkrankung

LBP = Low Back Pain

MCPHI = multi-component patient handling interventions

MIPP = Musculoskeletal Injury Prevention Program

MMH = Manual Material Handling

MSK = Muskel-Skelett/muskuloskeletal

NRS = non-randomized studies, nicht-randomisierte Studien

OR = Odds-Ratio

PE = Partizipatorische Ergonomie

RCT = Randomisierte Klinische Studie

ROI = Return on Investment

ROM = Range of motion

RTW = Return-to-Work

SGB V = Sozialgesetzbuch V

WHR = Waist to Hip Ratio

WRMSD = work-related musculoskeletal disorders

WRNP = work-related neck pain

VAS = Visuelle Analogskala

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Glossar

95-Prozent-Konfidenzintervall: ausgehend von einer Normalver-teilung der Bereich, in dem mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit der wahre Wert (der Wert der Grundgesamtheit) liegt.

Absentismus: Begriff aus der Arbeitspsychologie/Arbeitssozio- logie, der die motivational bedingte Abwesenheit von Beschäf-tigten von ihrem Arbeitsplatz beschreibt.

Add-on-Therapie: Begleit-/Zusatztherapie.

Allen Carr’s Easyway–Kurse: Methode zur Nikotinentwöhnung.

Benefit-Cost Ratio: Kosten-Nutzen-Verhältnis.

Bias: Tendenz zur systematischen Abweichung der Studienergeb-nisse von den „wahren“ Ergebnissen mit der Folge der Über- oder Unterschätzung der wahren Wirkung einer Maßnahme oder Intervention.

Cochrane-Kriterien: Das internationale Wissenschaftsnetzwerk The Cochrane Collaboration erstellt systematische Übersichtsar-beiten basierend auf Primärliteratur, die in der eigenen Daten-bank, Cochrane Library, veröffentlich werden. Die vorhandene Primärliteratur wird dabei systematisch anhand ihrer Gültigkeit (interne Validität), ihrer Präzision und ihrer Verallgemeinerbarkeit beurteilt. Die eingesetzten Kriterien werden an die jeweilige zugrundeliegende Fragestellung/Methodik angepasst.

Cohens d: statistische Effektgröße zum Vergleich von Mittelwert-unterschieden zweier Gruppen.

Evidenzbasierte Medizin (EbM): Medizinische Versorgung, die auf den besten zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht.

edukative Komponente: ein belehrender/schulender Anteil.

Endpunkt (Studie): Zielparameter in einer (klinischen) Studie (auch Outcome, Ergebnismaß), der den Unterschied zwischen verschiedenen Interventionen (oder dem Vorhandensein eines bestimmten Faktors) messen soll.

Evidenz: In der Medizin beschreibt der Begriff den erbrachten Nachweis der Wirksamkeit einer diagnostischen oder therapeu-tischen Aktion.

Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR): ist eine hochwirksame Methode in der Psychotherapie, die einem standardisierten Ablauf folgt und von Francine Shapiro zur Behandlung traumatischer Erlebnisse entwickelt wurde. Zur Bearbeitung der Erinnerung werden die Betroffenen wiederholt angeleitet, kurzzeitig mit der belastenden Erinn- erung in Kontakt zu gehen.

Gleichzeitig wird eine bilaterale Stimulation (Augenbewegun- gen, Töne oder kurze Berührungen z. B. des Handrückens – so genannte „Taps“) durchgeführt. Dadurch wird die blockierte Verarbeitung der belastenden Erinnerungen aktiviert, was deren zügige Verarbeitung ermöglicht.

Follow-up: Begriff aus der klinischen Forschung, der die (Nach-)Beobachtung von Studienteilnehmern und -teilnehmerinnen über einen Zeitraum beschreibt.

Gepoolte Daten: Statistischer Datensatz, der die Ergebnisse mehrerer Studien zu einem Datensatz zusammenfasst.

Graue Literatur: Sammelbezeichnung für alle nicht verlagsgebun-denen Veröffentlichungen.

Hawthorne-Effekt: Ausdruck, der das Phänomen beschreibt, dass das Verhalten von Teilnehmenden in Beobachtungsstudien dadurch beeinflusst wird, dass sie an einer Studie teilnehmen.

Incentives: verschieden gestaltete Wettbewerbe und Bonuspro-gramme mit finanziellen und/oder materiellen Anreizen.

Intention-to-Treat-Analyse: Auswertungsstrategie in randomisier-ten Studien, welche fordert, dass alle in eine Studie eingeschlos-senen und randomisierten Teilnehmer bzw. Teilnehmerinnen in die Analyse eingehen, und zwar entsprechend der durchgeführ-ten Randomisierung.

Job Strain: Begriff aus der Arbeitspsychologie/Arbeitssoziologie, der Arbeitsbedingungen beschreibt, welche durch hohe Arbeits-anforderungen mit geringen Handlungsspielräumen der Beschäftigten, gekennzeichnet sind.

Kognitive Verhaltenstherapie: Therapieansatz in der Psychothera-pie, der kognitive Therapie (Fokus auf Gedanken, Einstellungen und Erwartungen) und Verhaltenstherapie kombiniert.

Körperzusammensetzung: Messgröße für die prozentualen Anteile der Körperkompartimente Fettgewebe, Muskelmasse, Knochen und Gewebsflüssigkeit am Körpergewicht. Insbesondere der Körperfettanteil, also der Fettanteil am Gesamtgewicht eines Körpers, wird häufig als Ergänzung zu Körpergewicht und BMI verwendet.

Lifting Teams: nach Haiduven (zit. nach Sockoll et al. 2008, S. 41) ein multifaktorieller, ergonomischer Ansatz, der technische, administrative und individuelle Komponenten miteinander verbindet: zwei bis vier gezielt geschulte, physisch gesunde Personen übernehmen – soweit möglich – in Zusammenarbeit alle Patiententransferaufgaben auf einer Station oder im gesamten Krankenhaus.

Lumbale Stützgürtel: Medizinische Stützgürtel, die als Instrument in der betrieblichen Gesundheitsförderung zur Prävention von Rückenschmerzen eingesetzt werden (lumbal = die Lende betreffend, zur Lende gehörig).

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Metaanalyse: Zusammenfassende Untersuchung von mehreren Studien zu einer bestimmten Fragestellung, die sich quantitativer statistischer Methoden bedient, um eine Gesamtaussage generieren zu können.

Musculoskeletal Injury Prevention Program (MIPP): ein von der Cornell University entwickeltes Programm, um muskuloskeleta-len Verletzungen vorzubeugen.

Odds Ratio: Statistische Maßzahl, die die Stärke des Zusammen-hangs zwischen einer Einflussgröße (z. B. einer Intervention oder einem vorliegenden Risikofaktor) und dem interessierenden Zielereignis beschreibt (auch: Chancenverhältnis).

Präsentismus: Begriff aus der Arbeitspsychologie/Arbeitssozio- logie, der die Anwesenheit von Beschäftigten am Arbeitsplatz, trotz Erkrankung, beschreibt.

Publikationsbias: Phänomen, das die systematisch verzerrte Aussage von wissenschaftlichen Übersichtsarbeiten beschreibt, wenn diese nur auf publizierten Studien beruhen. Hintergrund ist die häufig selektive Publikationspraxis, bei der Studien mit positiven und signifikanten Ergebnissen mit höherer Wahrschein-lichkeit publiziert werden als Studien mit negativen und nicht- signifikanten Ergebnissen.

Randomisierung: Mit Randomisierung wird in der klinischen Forschung die zufällige, nicht willkürliche Zuteilung der Studien-teilnehmenden zu Therapiegruppe bzw. Kontrollgruppe bezeich-net. In der klinischen Forschung ist die Randomisierung ein wichtiges Prinzip, um Falschaussagen vorzubeugen (auch Randomisation).

Range of Motion: Bewegungsbereich (Bewegungsamplitude) eines Muskels/eines Gelenks bei der Durchführung einer Bewegung.

Relatives Risiko: Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten für ein Merkmal in zwei zu vergleichenden Gruppen. Es errechnet sich aus dem Quotienten dieser beiden Wahrscheinlichkeiten und nimmt Werte zwischen 0 und unendlich an. Ein Wert von 1 bedeutet, dass das Risiko in beiden Gruppen gleich ist, dass es also wahrscheinlich keinen Zusammenhang zwischen der untersuchten Erkrankung und dem Risikofaktor gibt. Wenn der Wert größer 1 ist, ist das ein Hinweis auf einen möglichen positiven Zusammenhang zwischen einem Risikofaktor wie beispielsweise Rauchen und einer Erkrankung. Liegt das relative Risiko unter 1, hat die Exposition eine schützende (protektive) Wirkung, wie es beispielsweise bei Impfungen der Fall ist.

Return on Investment: wirtschaftliche Kennzahl, die das Verhält-nis zwischen Gewinn und investiertem Kapital angibt und häufig als Maß für die wirtschaftliche Leistung/Rentabilität eines Unternehmens/Geschäftsbereich herangezogen wird.

Rezidiv: Medizinischer Begriff, der das Wiederauftreten einer Erkrankung nach ihrer vollständigen Abheilung beschreibt.

Setting: Gesamtheit von Merkmalen der Umgebung, in deren Rahmen etwas stattfindet, z. B. eine Studie durchgeführt wird.

Short activity bouts: kurze, etwa zehnminütige, strukturierte Bewegungseinheiten (z. B. Aerobic oder Stretching) oder aktive Meetings während der Schul- oder Arbeitszeit.

standardisierte Mittelwertsdifferenz: ein statistisches Maß für die Effektstärke, Differenz der Mittelwerte dividiert durch die gemeinsame/gepoolte Standardabweichung.

Stress-Inoculation-Training (SIT): ein kognitiv-behavioraler Therapieansatz in der Psychotherapie zur Stressbewältigung, der auf Donald Meichenbaum zurückgeht. Im Deutschen auch als „Stressimpfungstraining“ bezeichnet, werden bei dieser Methode Bewältigungsstrategien vermittelt, die nachfolgend von den Betroffenen in Stress auslösenden Situationen ange-wandt werden müssen. Das Training gliedert sich in Informa- tionsphase, Übungsphase und Anwendungsphase.

Tendinitis: abgeleitet von lat. "tendo" = Sehne und grch. "-itis" = entzündlich: Sehnenentzündung; medizinischer Fachbegriff für entzündliche Erkrankungen der Sehnen im Rahmen anderer rheumatischer Erkrankungen.

Verblindung: In klinischen Studien bedeutet Verblindung, dass die Therapiezuordnung in der Studie gegenüber den Studienteilneh-menden und/oder dem Studienpersonal geheim gehalten wird, um eine Beeinflussung des Verhaltens aufgrund des Wissens über die Gruppenzuordnung zu vermeiden.

Visuelle Analogskala: eine Skala zur Messung vor allem subjek-tiver Einstellungen. Sie ermöglicht eine bildliche Darstellung, indem auf einem Kontinuum mit definierten Endpunkten (z. B. „kein Schmerz“ und „unerträglicher Schmerz“) die subjektive Empfindung durch einen vertikalen Strich markiert wird. Sie wird häufig in der Schmerzforschung und Schmerztherapie eingesetzt und in der Auswertung als Prozentzahl oder mittels einer definierten Skala, meist von 0 bis 10, quantifiziert.

Waist-to-Hip-Ratio: Wert zur Ermittlung des Normalgewichts, der das Verhältnis des Taillenumfangs zu dem der Hüfte angibt.

Work-Ability-Index: Messinstrument in Form eines Fragebogens zur Erfassung der Arbeitsfähigkeit von Erwerbstätigen.

Work-Related Musculoskeletal Disorders (WRMSD): Verletzungen oder Störungen des Muskel-Skelett-Systems, die in Verbindung mit Risiken am Arbeitsplatz stehen.

Work-Related Neck Pain (WRNP): Nackenschmerzen, die in Verbindung mit dem Arbeitsplatz stehen.

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1 Dieser Beitrag ist Dr. Walter Eichendorf, stellvertretender Hauptgeschäftsführer

der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, zum 60. Geburtstag gewidmet.

iga. Report 28

Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

II WirtschaftlichkeitundWirksamkeit desbetrieblichenArbeitsschutzes– Zusammenstellungderwissenschaftlichen Evidenz2006bis20121

Dietmar Bräunig und Thomas Kohstall

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Inhaltsverzeichnis

1 Zielsetzung 115

2 Vorgehensweise 115

3 Vergleich ausgewählter Studien 115

3.1 A systematic review of occupational safety and health business cases (“FIOH-Studie”) (Verbeek, Pulliainen & Kankaanpää, 2009) 115

3.1.1 Ziel 115

3.1.2 Konzeption 115

3.1.3 Methode 116

3.1.4 Ergebnis 116

3.1.5 Beurteilung 116

3.2 Socio-economic costs of accidents at work and work-related ill health (“benOSH-Studie”) (De Greef, Van den Broek, Van Der Heyden, Kuhl & Schmitz-Felten, 2011a, 2011b) 117

3.2.1 Ziel 117

3.2.2 Konzeption 117

3.2.3 Methode 117

3.2.4 Ergebnis 118

3.2.5 Beurteilung 118

3.3 Calculating the International Return on Prevention for Companies: Costs and Benefits of Investments in Occupational Safety and Health ("ROP-Studie") (Bräunig & Kohstall, 2011, 2012, 2013a, 2013b) 119

3.3.1 Ziel 119

3.3.2 Konzeption 119

3.3.3 Methode 119

3.3.4 Ergebnis 120

3.3.5 Beurteilung 122

3.4 Vergleichende Zusammenfassung 123

4 Weitere ausgewählte Veröffentlichungen 124

5 Literatur 126

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114

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Erfolg präventiver Maßnahmen pro Mitarbeiter/in im ersten Jahr 116

Abb. 2: Amortisationsdauer präventiver Maßnahmen 116

Abb. 3: Einfluss des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes in den Unternehmensbereichen 120

Abb. 4: Wirkung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes im Unternehmen 121

Abb. 5: Langfristiger Einfluss zusätzlicher Investitionen in den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz auf die betrieblichen Kosten 121

Abb. 6: Nutzen-Kosten-Verhältnis des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes 121

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Analyse (Medianwerte) 118

Tab. 2: Präventionskosten und Präventionsnutzen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes für Unternehmen 122

Tab. 3: FIOH-, benOSH- und ROP-Studie im Vergleich 123

Tab. 4: Weitere Veröffentlichungen im Vergleich 124–125

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Für die Auswahl der Studien und der weiteren Veröffentlichungen gelten die nachfolgenden Anforderungen. Die Ausführungen müssen schwerpunktmäßig den klassischen betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz thematisieren. Erforderlich ist, dass sich das Erkenntnisinteresse auf die betriebswirtschaftliche Bedeutung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes bezieht. Hierbei von Interesse sind die Kosten und der Nutzen (Wirtschaft-lichkeit) sowie die Aus- und Einwirkungen (Wirksamkeit) präven-tiver Maßnahmen aus einzelwirtschaftlicher Sicht.

3 Vergleich ausgewählter Studien

3.1 A systematic review of occupational safety and health business cases (“FIOH-Studie”) (Verbeek, Pulliainen & Kankaanpää, 2009)

3.1.1 Ziel2

Bei der FIOH-Studie steht die Frage im Mittelpunkt, ob es für Unternehmen ein lohnendes Geschäft („good business case“) ist, Maßnahmen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes („occupational safety and health“) durchzuführen. Außerdem wird untersucht, inwieweit Unternehmen bei Entscheidungen über Investitionen in Maßnahmen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes Wirtschaftlichkeitsberechnungen („business case“) durchführen und dabei die Auswirkungen auf die Gesund- heit der Beschäftigten und die Produktivität berücksichtigen.

Da das Autorenteam das Finnish Institute of Occupational Health, Kuopio, Finnland, als Korrespondenzadresse angibt, soll von der „FIOH-Studie“ gesprochen werden.

3.1.2 Konzeption3

Veröffentlichte Fallstudien, die sich mit den Auswirkungen von Präventionsmaßnahmen auf die Gesundheit und Produktivität beschäftigen und Angaben zu den diesbezüglichen Kosten und Nutzen beinhalten, werden zusammengestellt und methodisch nach dem Muster einer Metastudie [eine auf Primärstudien aufbauende Analyse] aufbereitet. Die Abbildung des finanziellen Erfolgs einer betrieblichen Präventionsmaßnahme kann auf der Basis des Kapitalwerts [Wert der auf den Zeitpunkt 0 abgezinsten Zahlungen] pro Mitarbeiter/in erfolgen. Allerdings lassen die den Fallstudien entnehmbaren Daten eine Diskontierung [Abzinsung] von Zahlungen und Berechnung des Kapitalwerts häufig nicht zu. Ersatzweise werden deshalb die Differenz des monetären Nut- zens und der Gesamtkosten des ersten Jahres der Durchführung der Maßnahme/n bezogen auf eine/n Mitarbeiter/in („interven-tion profitability per worker first year“) sowie die statische Amortisationsdauer („intervention profitability pay-back period”) ausgewiesen.

1 Zielsetzung

Dieser Beitrag soll einen Überblick über Veröffentlichungen der Jahre 2006 bis 2012 zum Thema „Wirtschaftlichkeit und Wirksam-keit des betrieblichen Arbeitsschutzes“ geben. Im Mittelpunkt steht die vergleichende Darstellung ausgewählter einschlägiger Publikationen. Dabei geht es lediglich um einen beispielhaften Überblick über das Schrifttum, ein Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht erhoben. Nachfolgend werden drei umfassende Studien ausführlich vorgestellt und wichtige Merkmale in Form einer Synopse gegenübergestellt. Weitere, vor dem Hintergrund der Zielsetzung weniger umfassende Veröffentlichungen zu obigem Thema werden anschließend ebenfalls synoptisch erschlossen. Die inhaltliche Erläuterung der Merkmale erfolgt stichwortartig.

2 Vorgehensweise

Die Literaturrecherche zum Nachweis fachlich einschlägiger Veröffentlichungen erstreckte sich auf die Datenbanken ZIGUV [Zentrales Informationssystem der gesetzlichen Unfallversiche-rung], HeBIS [Hessisches Bibliotheks- und Informationssystem] und WorldCat [Informationssystem unter Einbeziehung der Datenbanken des OCLC (Online Computer Library Center)] sowie gängige wirtschaftswissenschaftliche Datenbanken. Zur Sicher-stellung einer „breiten“ Recherche wurde mit Kombinationen aus folgenden Stichworten gesucht: Arbeitsschutz, Kosten, Nutzen, Wirtschaftlichkeit, Occupational Safety and Health, Cost, Benefit, Profit. Zum recherchierten Thema existieren zahlreiche Veröffent-lichungen, so dass es sich aus Gründen der Übersichtlichkeit als notwendig erwies, eine exemplarische Auswahl nach der Relevanz und Repräsentativität gemäß Zielsetzung zu treffen. Eine weitergehende Bewertung ist mit der getroffenen Auswahl nicht verbunden.

Schwierigkeiten bei der Sichtung der Literatur bereitete die teilweise uneinheitliche Abgrenzung von Begriffen. Beispielswei-se unterbleibt eine konsistente definitorische Unterscheidung von Maßnahmen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes einerseits und Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförde-rung andererseits. Auch findet eine klare begriffliche Trennung zwischen einzelwirtschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Kosten sowie zwischen Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit nicht immer statt. Ursächlich hierfür könnte sein, dass die relativ junge präventionsökonomische Fachsprache (noch) keine einheitliche Verwendung findet. Außerdem sind Beiträge zu ökonomischen Themen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes problembedingt häufig von einer mehr oder weniger ausge-prägten Interdisziplinarität gekennzeichnet, die eine einheitliche begriffliche Abgrenzung naturgemäß erschwert.

2 Verbeek, Pulliainen & Kankaanpää, 2009, S. 404

3 Verbeek, Pulliainen & Kankaanpää, 2009, S. 404 f.

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Die durchschnittliche Amortisationsdauer für die einbezogenen Fälle beträgt etwa 1,3 Jahre (eigene Berechnung nach Verbeek, Pulliainen & Kankaanpää 2009, Tabelle 2, S. 408). Die Berechnung der Durchschnittswerte erfolgt aufgrund der relativ geringen Fallzahl ohne Bereinigung der oberen und/oder unteren Rand- werte [statistische Vorgehensweise zur Vermeidung einer durch Extremwerte verzerrten Durchschnittswertberechnung], weshalb sich zum besseren Verständnis ein Blick auf die Verteilungen empfiehlt.

Eine zusammenfassende Schlussfolgerung kann wie folgt lauten: Fast drei Viertel der in der Metastudie untersuchten Fälle weisen einen positiven Nettoerfolg bereits im ersten Jahr aus. Außerdem machen sich fast drei Viertel der untersuchten Fälle innerhalb eines Jahres bezahlt.

3.1.5 BeurteilungDie Metastudie der FIOH basiert auf einer umfassenden Recher-che und erstreckt sich auf 19 Fallstudien bzw. 26 (Einzel-)Fälle aus den Jahren 1992 bis 2009. Die Studien wurden problemorientiert nach wissenschaftlichen Kriterien ausgewählt und aufbereitet.

3.1.3 Methode4

Methodisch liegt eine Metaanalyse von 19 Fallstudien mit insgesamt 26 (Einzel)Fällen vor. Die ausgewählten Fallstudien befassen sich ex ante [im Voraus] oder ex post [im Nachhinein] mit der Bewertung der Wirkungen von Maßnahmen des betrieb- lichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes auf Gesundheit und Produktivität sowie auf die Kosten und den monetären Nutzen aus einzelwirtschaftlicher Sicht. Die Fälle entstammen den USA (10), Kanada (7), Schweden (4), Großbritannien (2), Finnland (1), Malaysia (1) und den Niederlanden (1) sowie der Gesundheits- (7), Metall- (4), Transport- (4), Automobilwirt-schaft (3), der öffentlichen Verwaltung (1) und weiteren Branchen (7). Die Fallstudien beschäftigen sich überwiegend mit ergonomischen Maßnahmen (eine Übersicht findet sich bei Verbeek, Pulliainen & Kankaanpää, 2009, S. 405 f.).

Verschiedene vereinfachende Annahmen und methodische Ausgestaltungen prägen die einzelnen Fallstudien bzw. Fälle. Unterschiede zeigen sich beispielsweise hinsichtlich der berück-sichtigten Kostenarten, Einbeziehung von Kontrollgruppen und angewandten statistischen Verfahren. Zur Sicherstellung einer bestmöglichen Vergleichbarkeit wurden Werte neu berechnet, gegebenenfalls in Euro umgerechnet und auf das Jahr 2008 bezogen. Nach der inhaltlichen Erschließung findet für jeden Fall eine Auflistung der Auswirkungen auf Gesundheit und Produkti-vität sowie des finanziellen Erfolgs und der Amortisationsdauer statt.

3.1.4 Ergebnis5

Bis auf drei Ausnahmen handelt es sich um Ex-Post-Fallstudien. Eine naheliegende Ursache hierfür könnte sein, dass Unterneh-men mit Fallstudien im Zusammenhang mit Maßnahmen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes mehrheitlich nicht das Ziel der Disposition, sondern das Ziel der Überprüfung von Entscheidungen verfolgen. Bei der Beschreibung der Wirkun- gen betrieblicher Präventionsmaßnahmen dominieren gesund- heitliche Aspekte, wozu auch die Vermeidung von Unfällen ge- hört. Die Auswirkungen auf die Produktivität stehen bei den meisten Studien nicht im Fokus der Auswertung. Ob sie tatsäch-lich von geringerer Bedeutung sind oder lediglich aufgrund des jeweiligen Studiendesigns keine vollumfängliche Erfassung erfahren, lässt sich ohne weitergehende Analyse nicht ergrün-den.

Abbildung 1 veranschaulicht die Erfolge präventiver Maßnahmen pro Mitarbeiter/in im ersten Jahr für die 26 Fälle der Metastudie. Fast die Hälfte der Fälle liegt im Intervall von 0 bis 1.000 Euro. Es lässt sich ein durchschnittlicher Erfolg pro Mitarbeiter/in im ersten Jahr in Höhe von 1.961 Euro berechnen (eigene Berech-nung nach Verbeek, Pulliainen & Kankaanpää, 2009, Tabelle 2, S. 408). Abbildung 2 zeigt auf, wie lange es gemäß den betrach-teten Fällen dauert, bis sich die Investition in präventive Maß- nahmen bezahlt macht. In fast drei Viertel der Fälle beläuft sich die Amortisationsdauer auf weniger als ein Jahr.

< -5000

Anz

ahl d

er F

älle

Angaben in Euro

0

2

4

6

8

10

12

14

-5000– -1001 -1000– -1 0–1000 1001–5000 > 5000

0,0–1,0

Anz

ahl d

er F

älle

Dauer in Jahren

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

1,1–2,0 2,1–3,0 3,1–4,0 4,1–5,0 > 5,0

Abb. 1: Erfolg präventiver Maßnahmen pro Mitarbeiter/in im ersten Jahr (nach Tabelle 2, Verbeek, Pulliainen & Kankaanpää, 2009, S. 408)

Abb. 2: Amortisationsdauer präventiver Maßnahmen (nach Tabelle 2, Verbeek, Pulliainen & Kankaanpää, 2009, S. 408)

4 Verbeek, Pulliainen & Kankaanpää, 2009, S. 404 f.

5 Verbeek, Pulliainen & Kankaanpää, 2009, S. 405 ff.

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Auf die üblichen methodischen Probleme bei der Operationali-sierung der Kosten und des Nutzens des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes sowohl auf der Ebene der Einzelfälle als auch auf der Ebene der Metastudie sei hingewiesen. Gerade deswegen überzeugt der Ansatz, relativ stabile eigene Erkenntnisse aus der Analyse der Ergebnisse einer Vielzahl anderer Studien zu gewinnen.

Allerdings ist auch eine Metastudie ein Modell, das auf Annah-men beruht. Beispielsweise werden die mittelbaren Wirkungen präventiver Maßnahmen nicht vollständig erschlossen und zeitliche Verläufe mit Ausnahme der ersten Periode nicht abge- bildet. Die teilweise restriktiven Annahmen sind nachvollziehbar und praktischen Anforderungen geschuldet. Durch die streng systematische Vorgehensweise erweisen sich die aufbereiteten Einzelergebnisse als vergleichbar und das Gesamtergebnis insgesamt als aussagekräftig.

Die exemplarische Kernaussage der Studie, dass Maßnahmen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes in den meisten der untersuchten Fälle bereits im ersten Jahr zu einem positiven Nettoerfolg führen, ist von struktureller Bedeutung. Die relativ geringe Fallzahl beeinträchtigt die strukturelle Aussagekraft der Metastudie nicht. Ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß diese Kernaussage auf andere oder alle Präventionsmaßnahmen übertragbar ist, lässt sich mit dem vorhandenen Datenmaterial jedoch nicht klären. Das Gesamtergebnis der Studie wiederum kann inhaltlich gut nachvollzogen werden und „passt“ strukturell zu den Ergebnissen der beiden nachfolgenden Studien.

3.2 Socio-economic costs of accidents at work and work-related ill health (“benOSH-Studie”) (De Greef, Van den Broek, Van Der Heyden, Kuhl & Schmitz-Felten, 2011a, 2011b)

3.2.1 Ziel6

Die benOSH-Studie (Benefits of Occupational Safety and Health) verfolgt das Ziel, die Kosten arbeitsbedingter Unfälle und Er- krankungen („accidents at work and work-related ill health”) sowie den Nutzen einer wirksamen Präventionsstrategie für Unternehmen zu evaluieren. Es soll ein Überblick über den Erfolg gegeben werden, den Unternehmen mit Maßnahmen des be- trieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes erzielen können.

Es handelt sich um eine von Prevent, Brüssel, und der Kooperati-onsstelle Hamburg IFE GmbH für die Generaldirektion Beschäfti-gung, Soziales und Integration (Directorate-General for Employ-ment, Social Affairs and Inclusion) der Europäischen Kommission durchgeführte Studie. Veröffentlicht wurden ein Projektbericht in englischer Sprache (De Greef et al. 2011a)7 sowie Kurzfassun- gen in englischer und deutscher Sprache (De Greef et al. 2011b)8.

3.2.2 Konzeption9

Für die Bestimmung der Kosten und des Nutzens arbeits- bedingter Unfälle und Erkrankungen werden Fallstudien („case studies“) durchgeführt. Die Auswahl der für Fallstudien in Betracht kommenden Unternehmen basiert auf einer Vorstudie zur Festlegung des Untersuchungsrahmens („scoping study“). Kosten-Nutzen-Analysen stellen die instrumentale Plattform für die Auswertung der Fallstudien dar. Die Definition des Nutzens orientiert sich an den Kosteneinsparungen bestimmter Präventi-onsmaßnahmen. Ausgewiesen werden jeweils der Kapitalwert („Net Present Value“), die Wirtschaftlichkeitskennzahl („Profita-bility Index“) und das Nutzen-Kosten-Verhältnis („Benefit-Cost Ratio“). Es dominiert eine finanzwirtschaftliche Sichtweise. Der Kapitalwert ergibt sich als Summe des Gegenwartswerts der Aus- und Einzahlungen. Der Begriff der Wirtschaftlichkeit bezieht sich auf das Verhältnis des Kapitalwerts zur Investitionsausgabe. In die Berechnung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses gehen die Kosten und der monetäre Nutzen als Gegenwartswerte ein.

3.2.3 Methode10

Unter Bezugnahme auf das Inhaltsverzeichnis können drei Abschnitte unterschieden werden, die jeweils andere methodische Schwerpunkte aufweisen. Zunächst trägt eine Literaturanalyse zum besseren theoretischen Verständnis der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung, beeinträchtigenden Auswirkungen, unterschiedlichen Kostenermittlungsansätze und einzelwirtschaftlichen Effekte arbeitsbedingter Unfälle und Erkrankungen bei.

Die sich anschließende Festlegung des Rahmens (Branchen, Unfälle und Erkrankungsarten, Unternehmensgrößen) zur Auswahl aussagekräftiger Fallstudien stützt sich hauptsächlich auf offizielle Statistiken. Im Ergebnis wurden 50 Unternehmen gemäß Untersuchungsrahmen in die Studie aufgenommen. Es handelt sich überwiegend um kleine und mittelgroße Unternehmen innerhalb des definierten Rahmens.

Eine Feldstudie steht abschließend im Mittelpunkt. Es wurden 401 arbeitsbedingte Unfälle und Erkrankungen (276 leichte, 73 mittelschwere, 52 schwere Fälle) untersucht und für 56 Fälle eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt. Jede Kosten-Nutzen- Analyse verläuft nach einer standardisierten Verfahrensweise. Die Kalkulation der Fallkosten für die Unternehmen erfolgt mit Hilfe einer Matrix zur Unterstützung einer systematischen Erfassung der Kostenarten („goods“, „services“, „staff“, „depre-ciation“) auf definierten Kostenstellen („Human“, „Equipment“, „Environment“, „Product“, „Organisation“). Personen und Ein- richtungen mit Expertise im Bereich des Arbeits- und Gesund-heitsschutzes (siehe De Greef et al., 2011a, S. 91 ff.) bringen ihre Erfahrung bei der Bestimmung geeigneter Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung der Anzahl und Schwere der arbeitsbedingten Unfälle und Erkrankungen ein. Die Bildung von Gruppen für Präventionsmaßnahmen (Substi- tution/Vermeidung, organisatorische Maßnahme, neue Aus- stattung/Hilfsmittel, Anpassung des Arbeitsplatzes, Schulung, persönliche Schutzausrüstung) verbessert die Transparenz.

9 De Greef et al., 2011a, S. 20, 126 ff.

10 De Greef et al., 2011a, S. 21 ff., 82 ff., 123 ff.

6 De Greef et al., 2011a, S. 19 f.

7 http://ec.Europa.eu/social/BlobServlet?docId=7416&langId=en

8 http://ec.Europa.eu/social/BlobServlet?docId=7417&langId=en,

http://www.kooperationsstelle-hh.de/wp-content/uploads/

benosh_publication_111017_d.pdf

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Die Ergebnisse müssen hinsichtlich ihrer strukturellen Aussage-kraft interpretiert werden. Beispielsweise schwankt das Nutzen-Kosten-Verhältnis bei vorsichtiger Schätzung zwischen 1,04 und 1,6 und bei optimistischer Schätzung zwischen 1,36 und 2,7.

3.2.5 BeurteilungDie theoretische Fundierung der benOSH-Studie basiert auf einer Literaturanalyse und zweckmäßigen Bestimmung des Untersu-chungsrahmens. Die Kosten-Nutzen-Analysen der Feldstudie sind problemkonform dreistufig (Kostenkalkulation, Bestimmung geeigneter Präventionsmaßnahmen, Bemessung des Kostensen-kungspotenzials) aufgebaut. Es bedarf einer Interpretation der Ergebnisse im Kontext der Modellprämissen. Wie auch bei ähn- lichen Studien beruhen die Nutzengrößen beispielsweise auf Expertenschätzungen. Die enge Zusammenarbeit insbesondere bei der Datenerhebung mit Unternehmen verstärkt die Verläss-lichkeit der Ergebnisse. Durch die systematische Vorgehensweise bei den doch immerhin 56 Fallstudien zeigt sich ein stabiles Bild über die Kosten und den Nutzen präventiver Maßnahmen bei arbeitsbedingten Unfällen und Erkrankungen. Über spezifische Ergebnisse einzelner Fälle geben die aggregierten und statisti-schen Ergebnisdaten selbstverständlich keine Auskunft (Einzel- ergebnisse siehe De Greef et al., 2011a, Anlage 5). Strukturell harmonieren die Ergebnisse mit den Erkenntnissen der FIOH- und ROP-Studie.

Präventions- maßnahme

Anzahl Fälle

Netto- kapitalwert

Szenario 1/2

Wirtschaft- lichkeits- kennzahl

Szenario 1/2

Nutzen- Kosten-

Verhältnis Szenario 1/2

Substitution/ Vermeidung

3 2.208/13.858 2,56/4,08 1,60/2,25

Organisa-torische Maßnahme

6 2.311/21.830 1,74/3,18 1,04/1,36

Neue Aus-stattung/ Hilfsmittel

20 1.713/8.984 1,41/2,76 1,40/2,70

Anpassung des Arbeits-platzes

6 2.389/8.984 1,37/2,15 1,22/1,66

Schulung 16 605/8.093 0,95/3,39 1,12/2,51

Persönliche Schutzaus-rüstung

5 154/11.038 1,05/1,83 1,18/2,10

Insgesamt 56 1.435/9.218 1,29/2,89 1,21/2,18

Die Bemessung des Nutzens von Präventionsmaßnahmen orientiert sich an den vermeidbaren Kosten arbeitsbedingter Unfälle und Erkrankungen. Hierbei unberücksichtigt bleiben immaterielle Effekte (z. B. Ansehen in der Öffentlichkeit). Für die Konkretisierung des Nutzens werden drei Szenarien unterschieden. Ein erstes Szenario geht von einer vorsichtigen Schätzung der Reduzierung vermeidbarer Kosten aus. Ein zweites Szenario bewertet das Kostensenkungspotenzial optimistisch. Ein drittes Szenario beinhaltet weitergehende und kombinierte Maßnahmen, z. B. Einsatz von Hilfsmitteln und ergänzende Schulungen (De Greef et al., 2011b, S. 26). Für das Modell der Kosten-Nutzen-Analyse und damit für die Berechnung der Ergebnisse gelten bestimmte Annahmen (z. B. Betrachtungszeit-raum vier Jahre).

3.2.4 Ergebnis11

Statistische Auswertungen zeigen die Kosten leichter, mittel-schwerer und schwerer Fälle differenziert nach Branchen und Unfall-/Erkrankungsarten auf (De Greef et al., 2011a, S. 135 ff., 184 ff.). Dabei richtet sich die Unterscheidung leichter, mittel-schwerer und schwerer Fälle nach der Dauer der Arbeitsunfähig-keit (De Greef et al., 2011a, S. 12). Beispielsweise wird deutlich, dass bezogen auf die 401 arbeitsbedingten Unfälle und Erkran-kungen 88,5 Prozent aller Kosten im Personalbereich („human“) entstehen (De Greef et al., 2011a, S. 136). Die Medianwerte für die Kosten belaufen sich auf 1.652 Euro bei leichten Fällen, 4.986 Euro bei mittelschweren Fällen und 11.760 Euro bei schweren Fällen (De Greef et al., 2011a, S. 191). Die systemati-sche Darlegung der kalkulierten Fallkosten stellt zugleich einen kostenanalytischen Ansatz dar.

Tabelle 1 zeigt die Medianwerte der Ergebnisse der Kosten- Nutzen-Analysen der 56 Fälle auf. Szenario 1 bezieht sich auf eine vorsichtige, Szenario 2 auf eine optimistische Schätzung des Kostensenkungspotenzials. Die überzeugendste Wirksam- keit ist danach bei der Präventionsmaßnahme „Substitution/Vermeidung“ zu erwarten, was daran liegen könnte, dass die zugrunde liegenden Risiken zumindest weitgehend entfallen. Relativ niedrige Werte liegen bei den Maßnahmen „Schulung“ und „Persönliche Schutzausrüstung“ vor. Dies wiederum könnte darin begründet sein, dass diese Maßnahmen insbesondere bei nicht substituierbaren bzw. vermeidbaren Risiken in Betracht kommen. Einzelwirtschaftlich sind sie grundsätzlich (bis auf eine Ausnahme) aber immer noch vorteilhaft. Insgesamt be- laufen sich (Medianwerte) für Szenario 1 der Nettokapitalwert auf 1.435 Euro, die Wirtschaftlichkeit auf 1,29 und das Nutzen- Kosten-Verhältnis auf 1,21, für Szenario 2 der Nettokapitalwert auf 9.218 Euro, die Wirtschaftlichkeit auf 2,89 und das Nutzen- Kosten-Verhältnis auf 2,18.

11 De Greef et al., 2011a, S. 133 ff.

(Tabelle nach De Greef et al., 2011a, S. 143 ff.)

Tab. 1: Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Analysen (Medianwerte)

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

3.3 Calculating the International Return on Prevention for Companies: Costs and Benefits of Investments in Occupational Safety and Health (“ROP-Studie”) (Bräunig & Kohstall, 2011, 2012, 2013a, 2013b)

3.3.1 Ziel12

Gegenstand der ROP-Studie ist die Frage, ob bzw. inwieweit sich betrieblicher Arbeits- und Gesundheitsschutz auch für die Unternehmen selbst „lohnt“. Zur Erfassung und Abbildung der Wirkungen der Präventionsarbeit bedarf es einer Präventions- bilanzierung. Besonders interessiert das als „Return on Preventi-on (ROP)“ bezeichnete Nutzen-Kosten-Verhältnis für Ausgaben des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Die Studie ist international ausgerichtet. Die aggregierten Ergebnisse der teilnehmenden Länder sollen Richtung und Stärke der Wirtschaft-lichkeit und Wirksamkeit betrieblicher Präventionsarbeit struktu- rell veranschaulichen. Es geht nicht darum, die Ergebnisse ein- zelner Länder darzustellen und gegebenenfalls zu vergleichen.

Es handelt sich um eine Studie der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit, Genf, der Deutschen Gesetzlichen Unfall-versicherung, Berlin, und der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse, Köln. Veröffentlicht wurden eine Kurzfassung und eine erste Version der Langfassung (Bräunig & Kohstall, 2011, 2012) mit den Ergebnissen der Befragung von 300 Unternehmen aus 16 Ländern und eine zweite Version (Bräunig & Kohstall, 2013a, 2013b) mit den Ergebnissen der Befragung von 337 Unternehmen aus 19 Ländern13. Die nachfolgenden Ausführungen berücksichtigen die Ergebnisse der zweiten Version. Sie unterscheiden sich nicht wesentlich von den Ergeb- nissen der ersten Version, weisen jedoch durch die höhere Zahl befragter Unternehmen eine noch bessere Validität auf.

3.3.2 Konzeption14 Präventionsbilanzierung veranschaulicht ein ökonomisches Modell, ähnlich der Sozial- und Ökobilanzierung. Die Studie baut auf dem Projekt „Präventionsbilanzierung aus theoretischer und empiri- scher Sicht“ (Bräunig & Mehnert, 2008; Bräunig et al., 2009) auf, das dadurch die Bedeutung eines „Vorläuferprojekts“ erlangt.

Für eine möglichst zielgerichtete Bearbeitung werden unmittel-bare (z. B. Vermeidung von Arbeitsunfällen) und mittelbare (z. B. Verbesserung des Ansehens in der Öffentlichkeit) Wirkungen betrieblicher Präventionsarbeit unterschieden. Gemäß den Modellannahmen interessieren nicht die Wirkungen einzelner präventiver Maßnahmen, sondern die Wirkungen des betrieb-lichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes „als Ganzes“. Der Erfolg des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes kann qualitativ (z. B. Beurteilung des Einflusses in Unternehmens- bereichen mit ordinal skalierten Ausprägungen zur Abbildung einer Reihenfolge) und quantitativ (z. B. monetärer Erfolg als

Differenz des monetären Nutzens und der Kosten) ausgedrückt werden.

Morphologisch ähnelt die Präventionsbilanzierung einer Kosten-Nutzen-Analyse. Unterschieden werden kann eine Präventionsbilanzierung im weiteren (z. B. qualitative und quantitative Abbildung der Wirkungen betrieblicher Präventions-arbeit) und im engeren (z. B. Gegenüberstellung der Kosten und des monetären Nutzens betrieblicher Präventionsarbeit) Sinne. Als Methode zur empirischen Gewinnung der benötigten Daten wird die Befragung gewählt. Die Kennzahl „Return on Preventi-on“ beschreibt als Nutzen-Kosten-Verhältnis prägnant das öko- nomische Erfolgspotenzial des betrieblichen Arbeits- und Ge- sundheitsschutzes. Ob sich das Erfolgspotenzial als realisierbar erweist, hängt von den für das betreffende Unternehmen geltenden Markt- und Wettbewerbsbedingungen ab.

3.3.3 Methode15 Die methodische Vorgehensweise erinnert an die empirische Sozialforschung. Die Präventionsbilanzierung basiert auf standardisierten Interviews und somit auf einer relativ hoch- wertigen Form der Datenerhebung. Der zugrunde liegende Fragebogen berücksichtigt die Besonderheiten des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes aus internationaler Sicht. Zu interviewen sind Personen, die als Expertinnen und Experten (z. B. Betriebsratsmitglied, Controller/in, Sicherheitsfachkraft, Unternehmer/in) ausreichend Kenntnis über die Bedeutung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes für das Unterneh-men besitzen. Falls möglich, finden Gruppeninterviews mit der Maßgabe statt, dass sich die Mitglieder der Gruppe auf eine gemeinsame Antwort einigen müssen. Nur Unternehmen, die ausreichend Erfahrung im betrieblichen Arbeits- und Gesund-heitsschutz aufweisen, sollen in die Befragung einbezogen werden. Eine solche Positivauswahl kann zwar einerseits zu einer überdurchschnittlich positiven Einschätzung der Wirkungen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes führen. Andererseits müssten Unternehmen, die sich bislang nur wenig für betriebliche Präventionsarbeit interessieren und die ökono-mischen Potenziale des betrieblichen Arbeits- und Gesundheits-schutzes nicht nutzen, noch bessere Werte erzielen. Insofern geht die Positivauswahl mit einer eher vorsichtigen Schätzung der Wirkungen einher. Die erhobenen Daten werden deskriptiv auf der Basis von Mittelwerten und analytisch mit dem Ziel der Identifika-tion signifikanter Unterschiede und Zusammenhänge ausgewertet. Auch bei ordinal skalierten Daten erfolgt aus pragmatischen Gründen eine arithmetische Mittelwertberechnung.Für die Ermittlung des monetären Erfolgs des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes müssen die Kosten und der Nutzen bestimmt werden. Die Kosten des Arbeits- und Gesund-heitsschutzes, differenziert nach Kostenarten, lassen sich regelmäßig direkt aus dem herkömmlichen Rechnungswesen entnehmen. Für die Bemessung des Nutzens kommt aufgrund der bekannten Mess-, Erfassungs- und Bewertungsprobleme ersatzweise eine indirekte Vorgehensweise in Betracht.

12 Bräunig & Kohstall, 2013a, 2013b, S. 14

13 http://www.dguv.de/content/prevention/prev_pays_off/

profitability/calculating/index.jsp

14 Bräunig & Kohstall, 2013a, 2013b, S. 16 f.

15 Bräunig & Kohstall, 2013a, 2013b, S. 16 f.

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Die größten Einflüsse des betrieblichen Arbeits- und Gesund- heitsschutzes ergeben sich danach für die Produktion, den Transport, die Lagerung und den Personaleinsatz.

Zunächst wird das Nutzen-Kosten-Verhältnis (zugleich Return on Prevention) durch subjektive Einschätzungen ausgelotet (Bräunig & Mehnert, 2008, S. 43 f.). Methodisch orientiert sich die Vorgehensweise am Zahlungsbereitschaftsansatz [Ermittlung der monetären Wertschätzung des Erhalts einer Leistung durch Befragung Begünstigter („Willingness to pay“)]. Anschließend ergibt sich der Gesamtnutzen als Produkt aus den Gesamtkosten und dem Return on Prevention. Die Aufteilung des Gesamtnut-zens auf die einzelnen Nutzenarten erfolgt proportional gemäß ihrer relativen Bedeutung auf Unternehmensebene. Aufgrund von Verbundenheiten und komplexer Verflechtungen finden beispielsweise annahmegemäß die in Betriebsmitteln enthal-tenen Sicherheitskosten sowie die Einwirkungen des sozialen und technischen Fortschritts auf den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz (und umgekehrt) keine Berücksichtigung.

Die Durchführung der Interviews lag in der Eigenverantwortung der Koordinatorinnen und Koordinatoren der einzelnen Länder. Falls möglich, führten die Interviewerinnen und Interviewer die Befragung vor Ort durch, alternativ kam eine Befragung per Telefon oder E-Mail in Betracht. Befragt wurden 337 Unterneh-men aus 19 Ländern (Aserbaidschan, Australien, Deutschland, Elfenbeinküste, Hongkong (Volksrepublik China), Indien, Kanada, Malaysia, Österreich, Rumänien, Russland, Schweden, Schweiz, Singapur, Südkorea, Tschechische Republik, Türkei, USA, Vietnam). Es handelte sich um kleine, mittelgroße und große Unternehmen verschiedener Branchen. Die Datenerhebung fand in den Jah- ren 2010 bis 2012 statt. Eine Ausnahme stellen die Daten für Deutschland dar, deren Erhebung im Rahmen des bereits er- wähnten Vorläuferprojekts in den Jahren 2007 und 2008 erfolgte und die nach einer Neucodierung für das aktuelle Projekt genutzt werden konnten. Für jedes Land galt die pragmatische Empfeh-lung, ein Interview pro einer Million beschäftigter Personen, min- destens aber zehn und höchstens 40 Interviews, durchzuführen.

3.3.4 Ergebnis16 Im Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse der Befragung (Präventionsbilanz im weiteren Sinne) vorgestellt (Bräunig & Kohstall, 2013a, 2013b, S. 20 ff.). Die Abbildungen 3 bis 5 ver- deutlichen die qualitativen Wirkungen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Die Abbildungen 6 und Tabelle 2 be- ziffern die quantitativen bzw. monetären Wirkungen, wobei es sich bei Letzterer definitionsgemäß um eine Präventionsbilanz im engeren Sinne handelt. Abschließend werden exemplarisch signifikante Unterschiede und Zusammenhänge hinsichtlich der erhobenen Daten aufgezeigt.

Abbildung 3 bezieht sich auf die Frage „Wie schätzen Sie den Einfluss des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes in den nachstehenden Bereichen des Unternehmens ein?“. Ordinal skalierte Punktwerte stellen mögliche Antworten dar. Die Auswertung erfolgt durch Berechnung der Mittelwerte der benannten Punktwerte. Der insgesamt relativ hohe Durch-schnittswert spiegelt die Positivauswahl der befragten Unter-nehmen wider. Für die Präventionsbilanzierung sind deshalb insbesondere die Punktwertdifferenzen aussagekräftig.

16 Bräunig & Kohstall, 2013a, 2013b, S. 20 ff.

Forschung undEntwicklung

Durchschnitt

1,00

1 = kein Einfluss 6 = sehr großer Einfluss

2,00 3,00 4,00 5,00 6,00

3,79

Transport 4,92

Lagerung 4,75

Marketing

3,81

4,38Einkauf

4,65Arbeitsvorbereitung

4,75Personaleinsatz

Produktion 5,27

4,56

Abb. 3: Einfluss des betrieblichen Arbeits- und Gesundheits-schutzes in den Unternehmensbereichen (Bräunig & Kohstall, 2013b, S. 22)

Reduzierung des Zeitbedarfs für Nacharbeiten

5,08

5,02Reduzierung der Anzahl

der Arbeitsunfälle

Reduzierung der sicherheits-widrigen Verhaltensweisen

5,11Reduzierung der Gefährdungen

Erhöhung der Zahl der Innovationen und Verbesserungsvorschläge

Verbesserung der Betriebskultur

Durchschnitt

1,00

1 = keine Wirkung 6 = sehr große Wirkung

2,00 3,00 4,00 5,00 6,00

5,10

4,29

4,88

4,84

3,92

4,05

4,10Verbesserung der Termintreue

4,31

4,49

Erhöhung des Gefährdungs-bewusstseins der Beschäftigten

Verbesserung des Image in der Öffentlichkeit

Verbesserung der Kundenzufriedenheit

Verbesserung der Produktqualität

4,43Reduzierung der Ausfallzeiten

3,90Reduzierung der Ausschussmengen

3,90Reduzierung der Fluktuationen

4,39Reduzierung der Betriebsstörungen

Abb. 4: Wirkung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheits-schutzes im Unternehmen (Bräunig & Kohstall, 2013b, S. 23)

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen gibt einen Wert zwischen 1,00 und 1,99 an. Das durchschnittliche Nutzen-Kosten-Verhältnis liegt bei 2,2 (5 Prozent-gestutzter Mittelwert: Zur Vermeidung einer statistischen Verzerrung wurden die oberen und die unteren 5 Prozent der Werte nicht berücksichtigt). Es handelt sich zugleich um den Return on Prevention für die befragten Unternehmen. Bei den Ausgaben für den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz handelt es sich demnach um einzelwirtschaftlich „lohnende“ Investitionen.

In Tabelle 2 werden die betrieblichen Präventionskosten und der betriebliche Präventionsnutzen gegenübergestellt. Die Präventionskosten beruhen auf 5%-gestutzten Mittelwer- ten [Zur Vermeidung einer statistischen Verzerrung wurden die oberen und die unteren 5 Prozent der Werte nicht berücksichtigt]. Die drei bedeutsamsten Kostenarten sind die Kosten der sicher- heitstechnischen und arbeitsmedizinischen Betreuung, Investiti-onskosten sowie Organisationskosten. Der gesamte monetäre Präventionsnutzen ergibt sich als Produkt der Gesamtkosten und des Return on Prevention in Höhe von 2,2. Die Verteilung des Gesamtnutzens auf die Nutzenarten erfolgt proportional im Verhältnis ihrer zuvor separat erhobenen Bedeutung (Bräunig & Kohstall, 2013b, S. 30). Die drei wichtigsten Nutzenarten sind danach der Wertzuwachs durch höheres Image, Wertzuwachs durch gestiegene Motivation und Zufriedenheit der Beschäftigten sowie Kosteneinsparungen durch vermiedene Betriebsstörungen.

Abbildung 4 illustriert die Beantwortung der Frage „Wie schätzen Sie die Wirkung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschut-zes im Unternehmen ein?“. Wiederum erfolgt eine arithmetische Mittelwertberechnung ordinaler Punktwerte. Aufgrund der Posi- tivauswahl interessieren erneut hauptsächlich die Punktwertdif-ferenzen. Die Befragungsergebnisse zeigen die größten Punkt-werte bei den unmittelbaren Wirkungen, z. B. Reduzierung der Gefährdungen, Erhöhung des Gefährdungsbewusstseins der Beschäftigten, Reduzierung der sicherheitswidrigen Verhal- tensweisen, Reduzierung der Anzahl der Arbeitsunfälle. Danach spielen die mittelbaren Wirkungen und vorrangig die Verbesserung des Image in der Öffentlichkeit, Verbesserung der Betriebskultur, Reduzierung der Ausfallzeiten und Reduzierung der Betriebsstörungen eine wichtige Rolle.

Die zur Abbildung 5 gehörende Frage lautet: „Wie würden sich Ihrer Einschätzung nach zusätzliche Investitionen in den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz langfristig auf die betrieblichen Kosten auswirken?“ Es zeigt sich, dass die deutliche Mehrheit der befragten Unternehmen von sinkenden oder konstant bleibenden Kosten ausgeht.

Abbildung 6 veranschaulicht die Verteilung der Antworten auf die Frage „Wie schätzen Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen für Ihr Unternehmen das Verhältnis des Nutzens des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu den Kosten des betrieb-lichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes ein?“.

Abb. 5: Langfristiger Einfluss zusätzlicher Investitionen in den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz auf die betriebli-chen Kosten (Abbildung nach Bräunig & Kohstall, 2013b, S. 26)

Abb. 6: Nutzen-Kosten-Verhältnis des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes (Abbildung nach Bräunig & Kohstall, 2013b, S. 29)

24%

= erhöhen sich = bleiben konstant = sinken

52%24%

= 0–0,99 = 1–1,99 = 2–2,99

= 3–4,99 = 5–6,99 = >= 7

9%

7%

53%

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Die Kennzahl „Return on Prevention“ verdeutlicht in kompakter Form, in welchem Ausmaß sich die Ausgaben für den betrieb-lichen Arbeits- und Gesundheitsschutz für die Unternehmen einzelwirtschaftlich lohnen. Die Befragungsmethode ist ein in der empirischen Sozialforschung erprobter Ansatz zur Erfassung von nicht direkt messbaren Effekten. Bei den subjektiven Ein- schätzungen kann es nicht um betragsgenaue Bewertungen gehen, sondern um Größenordnungen. Aufgrund der großen Zahl geführter Interviews mit sachkundigen Personen besitzt das Ergebnis eine relativ hohe Validität. Für eine verlässliche Differenzierung der Ergebnisse, beispielsweise nach Branchen, Länder und Unternehmensgrößen, müsste die Zahl der Befra-gungen erhöht werden.

Sowohl die qualitativen als auch die quantitativen Ergebnisse und insbesondere ein internationaler Return on Prevention in Höhe von 2,2 erscheinen plausibel und harmonieren mit den Ergebnissen der FIOH- und der benOSH-Studie. Für deutsche Unternehmen wird im Vorläuferprojekt ein Return on Prevention in Höhe von 1,6 ausgewiesen (Bräunig & Mehnert, 2008, S. 48 f.). Der niedrigere Wert lässt sich eventuell mit einem abnehmen-den Grenznutzen weiterer betrieblicher Präventionsmaßnahmen erklären. Ob bzw. mit welcher Stärke ein solcher Effekt tatsäch-lich vorliegt, könnte Gegenstand künftiger Forschungsarbeiten sein. Die vorgestellten signifikanten Unterschiede und Zusam-menhänge für die erhobenen Daten lassen sich beispielsweise mit unterschiedlichen Präventionskulturen erklären. Auch hierzu bedarf es weiterer Forschungen.

Durch Anwendung multivariater Verfahren (Varianzanalyse, Korrelationsanalyse, Chi-Quadrat-Test) lassen sich folgende signifikante Unterschiede und Zusammenhänge ableiten (Bräunig & Kohstall, 2013b, S. 33):

� Größere Unternehmen schätzen die Wirkung des betrieb-lichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes im Unternehmen tendenziell höher ein als kleinere Unternehmen.

� Unternehmen in Asien schätzen die Wirkung des betrieb-lichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes im Unternehmen tendenziell höher ein als Unternehmen in Europa.

� Die Wirkung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheits-schutzes im Unternehmen und die globale Wettbewerbs-fähigkeit sind positiv korreliert.

� Bei zusätzlichen Investitionen in den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz gehen Unternehmen in Asien ten-denziell von langfristig steigenden oder sinkenden Kosten, Unternehmen in Europa und Nordamerika tendenziell von langfristig sinkenden oder gleichbleibenden Kosten aus.

3.3.5 BeurteilungDie Präventionsbilanzierung erweist sich als neuer und eigen-ständiger Ansatz. Morphologisch betrachtet handelt es sich um ein auf Annahmen beruhendes, relativ abstraktes ökonomisches Rechnungsmodell. Insofern müssen die Ergebnisse im Kontext der Modellprämissen verstanden werden. Die Ergebnisse zeigen die Richtung und Stärke der Wirkungen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes auf.

Präventionsbilanz im engeren Sinne

Betriebliche PräventionskostenWert in Euro pro Mitarbeiter/in und Jahr

Betrieblicher PräventionsnutzenWert in Euro pro Mitarbeiter/in und Jahr

Persönliche Schutzausrüstungen 159Kosteneinsparungen durch vermiedene Betriebsstörungen

506

Sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung

251Kosteneinsparungen durch vermiedenen Ausschuss und geringere Nacharbeit

386

Bestimmte präventionsbedingte Qualifizierungsmaßnahmen

142Wertzuwachs durch gestiegene Motivation und Zufriedenheit der Beschäftigten

561

Vorsorgeuntersuchungen 56Wertzuwachs durch nachhaltige Qualitätsorien-tierung und verbesserte Produktqualitäten

400

Organisationskosten 235 Wertzuwachs durch Produktinnovationen 229

Investitionskosten 241Wertzuwachs durch höheres Image 563

Anlaufkosten 116

Gesamtkosten 1.202 Gesamtnutzen 2.646

Präventionserfolg = 1.445

Tab. 2: Präventionskosten und Präventionsnutzen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes für Unternehmen

(Tabelle nach Bräunig & Kohstall, 2013b, S. 32)

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Ausgaben für betriebliche Präventionsmaßnahmen stellen insofern lohnende Investitionen dar. Besonders überzeugt, dass die Studien trotz unterschiedlicher methodischer Ansätze zu in der Größenordnung ähnlichen Ergebnissen kommen.

3.4 Vergleichende Zusammenfassung

Die Ergebnisse der drei Studien zeigen übereinstimmend auf, dass sich der betriebliche Arbeits- und Gesundheitsschutz für die Unternehmen selbst „rechnet“.

FIOH-Studie: (Verbeek, Pulliainen & Kankaanpää, 2009)

BenOSH-Studie: (De Greef et al., 2011)

ROP-Studie: (Bräunig & Kohstall, 2013)

Ziel Beurteilung von Maßnahmen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes als „lohnende Geschäfte“

Evaluation der Kosten arbeitsbe-dingter Unfälle und Erkrankungen sowie des Nutzens von Maßnah-men des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes für Unternehmen

Erfassung und Abbildung der Richtung und Stärke der Wirschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes

Konzeption Metastudie• Auswirkung auf Gesundheit

und Produktivität

• Finanzwirtschaftlich geprägter Erfolgsbegriff

Fallstudienanalyse• Nutzen als Kosten-

einsparungen

• Finanzwirtschaftlich geprägter Erfolgsbegriff

Präventionsbilanzierung• Qualitative und quantitative

Präventionserfolge

• Ökonomisch geprägter Erfolgsbegriff

Methode Metaanalyse von Fällen• Neuberechnung der Werte

zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit

• Erschließung der Inhalte

• Auflistung der Auswirkungen auf Gesundheit und Produktivität sowie des finanziellen Erfolgs und der Amortisationsdauer

Feldstudie• Kosten-Nutzen-Analyse

• Repräsentative Auswahl geeigneter Unternehmen

• Schätzung vermeidbarer Kosten

• Ermittlung des Kapitalwerts, der Wirtschaftlichkeit und des Nutzen-Kosten-Verhältnisses

(Gruppen-)Interviews• Anlehnung an empirische

Sozialforschung

• Positivauswahl der befragten Unternehmen

• Schätzung des Nutzen- Kosten-Verhältnisses

• Deskriptive und analytische Auswertung

Ergebnis Referenz: Analyse von 19 Fallstudi-en mit insgesamt 26 (Einzel-)Fällen

• Überwiegend Ex-Post- Betrachtungen

• Dominanz gesundheitlicher Aspekte

• Auswirkungen auf Produktivität häufig nicht im Fokus

• Erfolg im ersten Jahr bei fast der Hälfte der Fälle zwischen 0 und 1.000 Euro, bei fast drei Viertel der Fälle positiver Netto-erfolg, durchschnittlicher Erfolg 1.961 Euro pro Mitarbeiter/in

• Amortisationszeit bei fast drei Viertel der Fälle kleiner als ein Jahr, durchschnittliche Amorti-sationszeit 1,3 Jahre

Referenz: Kosten-Nutzen-Analysen für 56 ausgewählte Fälle

• Nettokapitalwert: 1.435 Euro (vorsichtig) 9.218 Euro (optimistisch)

• Wirtschaftlichkeit: 1,29 (vorsichtig) 2,89 (optimistisch)

• Nutzen-Kosten-Verhältnis: 1,21 (vorsichtig) 2,18 (optimistisch)

Referenz: Befragung von 337 Unternehmen aus 19 Ländern

• Relativ großer Einfluss in den Bereichen Produktion und Transport

• Unmittelbare Wirkungen (z. B. Reduzierung der Gefähr-dungen) von großer Bedeutung, Verbesserung des Image in der Öffentlichkeit und Verbesserung der Betriebskultur (mittelbare Wirkungen) geringfügig weniger bedeutsam

• Monetärer Präventionserfolg in Höhe von 1.445 Euro pro Mitarbeiter/in und Jahr

• Return on Prevention in Höhe von 2,2

• Hinweis auf unterschiedliche Präventionskulturen

Beurteilung Metastudie als Analysemodell• Eigene Ergebnisse durch sy-

stematische Analyse anderer Studien

Fallstudien als Analysemodell• Ergebnisse durch systematische

Kosten-Nutzen-Analysen auf Unternehmensebene

Präventionsbilanzierung als Rechnungsmodell

• Ergebnisse auf Basis einer theoretischen Konzeption und empirischen Erhebung

Tab. 3: FIOH-, benOSH- und ROP-Studie im Vergleich

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Tabelle 3 gibt einen zusammenfassenden Überblick über die FIOH-, benOSH- und ROP-Studie.

Die Darlegung eines einzelwirtschaftlich positiven Nettonutzens für Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes dürfte insbesondere für unternehmerische Entscheidungen im Bereich betrieblicher Präventionsarbeit von Interesse sein. Auch für die künftige nationale und internationale Präventionspolitik eröffnen sich neue Perspektiven. Ausdrücklich sei darauf hingewiesen, dass die einzelwirtschaftlichen Betrachtungen nicht in Konkurrenz zu ethisch-sozialen und rechtlichen Dimensionen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheits- schutzes treten. Es handelt sich vielmehr um eine ergänzende „Säule“ bzw. Dimension der Prävention.

4 Weitere ausgewählte

Veröffentlichungen

Tabelle 4 gibt in synoptischer Form einen Überblick über weitere exemplarische Veröffentlichungen zum Thema „Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes“.

Die Sortierung der Liste erfolgt alphabetisch. Auf eine Sortierung nach morphologischen Merkmalen wird angesichts von Abgren-zungs- und Zuordnungsproblemen verzichtet. Aus Gründen der Übersichtlichkeit beschränkt sich die Wiedergabe der Inhalte auf wenige zentrale Stichworte. Nochmals sei darauf aufmerk-sam gemacht, dass mit der Auswahl (bzw. Nicht-Auswahl) von Beiträgen keine Bewertung verbunden ist.

Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes

Referenz Ansatz Ergebnis

Becker et al., 2008a, 2008b Volkswirtschaftliche und be-triebliche Kosten arbeitsbeding-ter Erkrankungen und Unfälle

Qualitative/quantitative Analyse

Kostenreduzierung durch betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz

Cernavin, 2010 Bedeutung des Arbeitsschutzes für Wertschöpfungsprozesse mit Fokus Mittelstand

Entwicklung eines integrativen Ansatzes

Wertschöpfungsorientierter Arbeitsschutz mit mittel- und langfristigem Nutzenpotenzial

Cigna, 2008 Betriebliche Kosten von Arbeitsunfällen

Qualitative/quantitative Analyse

Kostenreduzierung durch betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz

Elsler et al., 2010 Ökonomische Anreize zur Förderung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes

Qualitative/quantitative (Studien-)Analyse

Ökonomische Anreize als wirksames Mittel, Notwendigkeit verbesserter Evaluationsstandards

Gervais et al., 2009 Ökonomische Bedeutung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes für kleine und mittelgroße Unternehmen

Qualitative/quantitative (Studien-)Analyse

Kostenreduzierung durch betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz

Günther & Albers, 2009; Günther et al., 2010

Kosten und Nutzen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes

Entwicklung einer „Gesundheitskostenrech-nung“ und eines Wert-schöpfungsmodells

Controlling unter Einbeziehung der Kosten und des Nutzens betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes

Hamann et al., 2012 Effektivität und Effizienz des präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutzes

Entwicklung eines Indikatorensystems

Optimierung des Mitteleinsatzes hinsichtlich Gesundheitskosten und Wertschöpfung

Köper, 2006 Zusammenhang zwischen der Wirtschaftlichkeit und der Gesundheit und Sicherheit bei der Arbeit

Analyse der Ergebnisse zweier Projekte

Bestätigung eines positiven Zusammenhangs zwischen Investitionen in „humanbezogene“ Faktoren und ökonomischen Größen

Köper et al., 2009 Strategisches Management mit Hilfe einer Balanced Scorecard für den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz

Qualitative Analyse, quantitative Analyse am Beispiel einer Fallstudie

Balanced Scorecard als geeignetes Instrument zur Steuerung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes

Tab. 4: Weitere Veröffentlichungen im Vergleich

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Larisch, 2009 Ökonomische Bedeutung von Sicherheit und Gesundheitsschutz (Kapitel 6)

Qualitative Analyse einschlägiger Literatur, problemorientierte Verdichtung

Maßnahmen des Arbeitsschutzes als „Potenzial-Investitionen“

Lüdecke, 2006 Kosten von Arbeitsunfällen Entwicklung einer „Ausfallkostenrechnung“

Rechnerische Darlegung des Nutzens von Präventionsmaßnahmen

Rzepecki, 2012 Kosten und Nutzen von betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzmanage-ment-Systemen

Kosten- und Nutzenana-lysen auf der Basis einer Fallstudie

Darlegung der Kosten („bookkeeping“, „alternative“) und des Nutzens („tangible“, „intangible“)

Spelten & Landau, 2011 Kosten und Nutzen von Ergonomiemaßnahmen unter Berücksichtigung alternsgerech-ter Arbeitsgestaltung

Qualitative/quantitative Analyse, Beispiele

Bei technischer Umgestaltung der Arbeitsplätze sehr häufig monetäre Einsparungen; Ermittlung der Amorti-sationsdauer

Tompa et al., 2009 Ökonomische Beurteilung von Maßnahmen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes

Metastudie Finanziell lohnende Präventionsmaß-nahmen im Bereich der Ergonomie in der verarbeitenden Industrie und Lagerwirtschaft

Tompa et al., 2010 Ökonomische Beurteilung von Maßnahmen ergonomischer Arbeitsplatzgestaltung

Metastudie Deutlicher Nachweis für finanziell lohnende ergonomische Maßnah-men in der verarbeitenden Industrie und Lagerwirtschaft, in anderen Branchen mäßiger oder ungenügen-der Nachweis

Verbeek et al., 2010 Übertragbarkeit der Ergebnisse von Kostenwirksamkeitsana-lysen für betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz eines Landes auf ein anderes

Neuberechnung von Kenn-zahlen zur Kostenwirksam-keit

Übertragbarkeit gegeben, Erfordernis zahlreicher Anpassungen und geeigneter Rahmenbedingungen

Tab. 4: Weitere Veröffentlichungen im Vergleich (Fortsetzung)

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Cigna C: Safety costs: a real issue or opinion? A critical analysis based on case history. Chemical Engineering Transactions. 13:17–22. 2008

De Greef M, Van den Broek K, Van der Heyden S, Kuhl K, Schmitz-Felten E: Socio-economic costs of accidents at work and work-related ill health. Full study report. European Commission, Directorate-General for Employment, Social Affairs and Inclusion (Hrsg.). Luxembourg. 2011a

De Greef M, Van den Broek K, Van der Heyden S, Kuhl K, Schmitz-Felten E: Socio-economic costs of accidents at work and work-related ill health. Key messages and case studies. European Commission, Directorate-General for Employment, Social Affairs and Inclusion (Hrsg.). Luxembourg. 2011b (sowie die deutsche Übersetzung mit dem Titel „Sozioökonomische Kosten von arbeitsbedingten Unfällen und Erkrankungen“ durch die Kooperationsstelle Hamburg)

Elsler D, Treutlein D, Rydlewska I, Frusteri L, Krüger H, Veerman T, Eeckelaert L, Roskams N, Van Den Broek K, Taylor TN: A review of case studies evaluating economic incentives to promote occupational safety and health. Scandinavian Journal of Work, Environment & Health. 36(4):289–298. 2010

Gervais RL, Pawlowska Z, Bojanowski R, Kouvonen A, Karanika-Murray M, Van den Broek K, De Greef M: Occupational safety and health and economic performance in small and medium-sized enterprises: a review. Elsler D – European Agency for Safety and Health at Work (Hrsg.). Luxembourg. 2009

Günther T, Albers C: Kosten und Nutzen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Controlling. 21(7): 388–395. 2009

Günther T, Albers C, Hamann M:, Kosten und Nutzen von betrieblichem Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung. In Benkhoff B, Günther T, Hacker W, Scheuch K, Schmauder M (Hrsg.): Ökonomischer Arbeitsschutz durch Benchmarking. S. 44–61. Dresden. 2010

Hamann M, Günther T, Genz A, Prodehl G, Scheuch K: Effektivität und Effizienz des präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutzes unter ökonomischen Gesichtspunkten: Ein Vergleich zweier Unter-nehmen. Zeitschrift für Arbeitswissenschaft. 66(4):347–359. 2012

Köper B: Das Problemfeld „Wirtschaftlichkeit“ im Zusammenhang mit Gesundheit und Sicherheit bei der Arbeit. Bundesarbeitsblatt. (11):14–19. 2006

Köper B, Möller K, Zwetsloot G: The occupational safety and health scorecard – a business case example for strategic management. Scandinavian Journal of Work, Environment & Health. 35(6):413–420. 2009

Larisch J: Arbeitsschutz und ökonomische Rationalität. Berlin: edition sigma. 2009

5 Literatur

Becker K, Brinkmann U, Engel T: Gesundheitsschutz – eine Kostenfrage? Gute Arbeit. (10):21–25. 2008a

Becker K, Brinkmann U, Engel T: Lohnt sich Arbeits- und Gesundheitsschutz? Working Papers #3: Economic Sociology Jena, Institut für Soziologie, Friedrich-Schiller-Universität Jena. 2008b

Bräunig D, Kohstall T: Calculating the International Return on Prevention for Companies: Costs and Benefits of Investments in Occupational Safety and Health. Project of the International Social Security Association, German Social Accident Insurance and German Social Accident Insurance Institution for the Energy, Textile, Electrical and Media Products Sector, Research Report. International Social Security Association (Hrsg.). Geneva. 2011 (Kurzfassung)

Bräunig D, Kohstall T: Calculating the International Return on Prevention for Companies: Costs and Benefits of Investments in Occupational Safety and Health. Project of the International Social Security Association, German Social Accident Insurance and German Social Accident Insurance Institution for the Energy, Textile, Electrical and Media Products Sector, Final Report (Version 1). International Social Security Association (Hrsg.). Geneva. 2012 (Langfassung)

Bräunig D, Kohstall T: Berechnung des internationalen „Return on Prevention“ für Unternehmen: Kosten und Nutzen von Investitionen in den betrieblichen Arbeits- und Gesundheits-schutz. Projekt der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit, Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung und Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse, Abschlussbericht (2. Fassung). Deutsche Gesetzliche Unfallver- sicherung (Hrsg.). Berlin. 2013b/Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (Hrsg.). Genf. 2013b

Bräunig D, Kohstall T: Calculating the International Return on Prevention for Companies: Costs and Benefits of Investments in Occupational Safety and Health. Project of the International Social Security Association, German Social Accident Insurance and German Social Accident Insurance Institution for the Energy, Textile, Electrical and Media Products Sector, Final Report (Version 2). German Social Accident Insurance (Hrsg.). Berlin. 2013a/ International Social Security Association (Hrsg.). Geneva. 2013a

Bräunig D, Mehnert K: Präventionsbilanzierung aus theoretischer und empirischer Sicht, Abschlussbericht des Teilprojekts 5 des Projekts „Qualität in der Prävention“. Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (Hrsg.). Dresden. 2008

Bräunig D, Kohstall T, Mehnert K: Präventionsbilanz und Präventionserfolg. DGUV Forum. (4):22–27. 2009

Cernavin O: Wertschöpfungsorientierter Arbeitsschutz. die BG. 122(4):161–165. 2010

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iga.Report 28 . Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention

Lüdeke A: Kosten von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Fehlzeiten. die BG. 118(1):44–47. 2006

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Spelten C, Landau K: Ergonomie rechnet sich. Industrial Engineering. (3):22–27. 2011

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IMPRESSUM

Herausgeber

AOK-BundesverbandRosenthalerStraße31,10178Berlin

BKKDachverbande.V.Mauerstraße85,10117Berlin

DeutscheGesetzlicheUnfallversicherung(DGUV)Glinkastraße40,10117Berlin

VerbandderErsatzkassene.V.(vdek)AskanischerPlatz1,10963Berlin

Autorinnen und AutorenProf.Dr.DietmarBräunig,JessyHaupt,Dr.ThomasKohstall,InaKramer,Dr.ClaudiaPieper,SarahSchröer

LayoutARTARMINUM|Dresden

BildFotolia,WolfgangZwanzger

Initiative Gesundheit und ArbeitInternet:www.iga-info.deE-Mail:[email protected]

iga.Report281.AuflageFebruar2015ISSN:1612-1988(Printausgabe)ISSN:1612-1996(Internetausgabe)

©BKKDV,DGUV,AOK-BV,vdek2015

iga.ReportekönneninkleinerStückzahlkostenlosü[email protected].