Igor Levit...als «Grande Sonate» betitelte, im Jahr 1799; hauptsächlich entstand es im Sommer...

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Konzertprogramm, deutsch Rezital Igor Levit 1 22. August 2020 | 18.30 Uhr | KKL Luzern, Konzertsaal Igor Levit

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Konzertprogramm, deutsch

Rezital Igor Levit 122. August 2020 | 18.30 Uhr | KKL Luzern, Konzertsaal

Igor Levit

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Samstag, 22. August 2020 | 18.30 Uhr | KKL Luzern, Konzertsaal Igor Levit

5 Programm und Konzerteinführung17 Interpret

LIFE IS LIVE14. – 23. August 2020

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Info: lucernefestival.ch

20. – 22. November 2020

B E E T H O V E N F A R E W E L Lmit Patricia Kopatchinskaja und Igor Levit

Werke von Leoš Janáček, Charles Ives, György Kurtág … und natürlich von Ludwig van Beethoven

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6 Programm 9 Konzerteinführung

Programm und Konzerteinführung

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Igor Levit Klavier

Rezital Igor Levit 1Samstag, 22. August 2020 | 18.30 Uhr |KKL Luzern, Konzertsaal

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Ludwig van Beethoven (1770–1827)Klaviersonate d-Moll op. 31 Nr. 2 Der Sturm (1802) • Largo – Allegro • Adagio • Allegretto

Klaviersonate B-Dur op. 22 (1799/1800) • Allegro con brio • Adagio con molta espressione • Menuetto – Minore • Rondo. Allegretto

Klaviersonate C-Dur op. 2 Nr. 3 (1794/95) • Allegro con brio • Adagio • Scherzo. Allegro – Trio – Coda • Allegro assai

Klaviersonate c-Moll op. 13 Grande Sonate pathétique (1797–99) • Grave – Allegro di molto e con brio • Adagio cantabile • Rondo. Allegro

| Keine Pause

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9Ludwig van Beethoven, Kupferstich von Johann Joseph Neidl nach Gandolph Ernst Steinhauser (1801)

Virtuose und Revolutionär Vier Klaviersonaten aus Beethovens erstem Wiener Jahrzehnt

Die Arpeggien-Sonate oder Der SturmDiese Bitte war ganz nach Ludwig van Beethovens Geschmack: Als der Zür-cher Musikpädagoge und Verleger Hans Georg Nägeli bei ihm 1801 drei Kla-viersonaten bestellte, wünschte er sich ausdrücklich «Abweichungen von der gewöhnlichen Sonatenform». Mit seiner Forderung rannte er bei Beethoven offene Türen ein, lautete das Credo des Komponisten doch: «allein Freyheit, weiter gehn ist in der Kunstwelt, wie in der ganzen grossen schöpfung, zweck.» Vor allem mit der zweiten der drei Sonaten op. 31, die Beethoven für Nägeli schrieb, also der d-Moll-Sonate mit dem schönen Beinamen Der Sturm, setzte Beethoven die Konventionen ausser Kraft. Er schuf eine Musik, die sich von den herkömmlichen Formen und Themen weitgehend freimacht, dafür aber den schöpferischen Prozess selbst zum Gegenstand des musikalischen Diskurses erhebt. Das geschieht, indem Beethoven alle drei Sätze auf einem gebrochenen Ak-kord aufbaut, einem Arpeggio. Beim Kopfsatz wählt er dafür eine Kontrast-dramaturgie: Er blättert zu Beginn den einleitenden Akkord harfenartig auf, im «Largo», als würde ein Barde in die Saiten greifen und sich einstimmen; doch anschliessend rast die Musik im «Allegro» umso stürmischer davon. Dieser Prozess ereignet sich danach gleich noch sechsmal. Beim letzten Durchlauf aber löst sich aus dem Arpeggio ein Rezitativ, das bei durchgetre-tenem rechtem Pedal intoniert werden soll und geheimnisvolle Resonanzen freisetzt. Beethoven selbst verglich diese Passage mit einer Stimme, die aus einem Sarkophag heraustönt. Das nachfolgende «Adagio» hebt ebenfalls mit einem gebrochenen Akkord an und entfaltet auf dieser Grundlage seine ruhevolle Melodie, die jedoch immer wieder von 32tel-Tremoli grundiert wird, als seien es Paukenwirbel. Im Finale aber setzt Beethoven die gebrochenen Akkorde, die auch hier das Ge-

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schehen prägen, in einen gleitenden, regelmässigen Fluss. Folgt man seinem Schüler Carl Czerny, so soll Beethoven das Thema in den Sinn gekommen sein, als er einen Reiter an sei nem Fenster vorbeigaloppieren sah. Die fliessende Gleichmässigkeit der durchlaufenden Sechzehntel scheint dem Titel der Sonate allerdings zu widersprechen, denn ein Sturm frischt ja böig auf. Doch nicht Beethoven selbst war es, der diesen Beinamen erfand. Er geht zurück auf einen Bericht seines Sekretärs Anton Schindler, der von sei-nem Herrn und Meister wissen wollte, was denn eigentlich der tiefere Sinn dieser Musik sei. Und Beethoven soll darauf geantwortet haben: «Lesen Sie nur Shakespeare’s Sturm.» Was genau diese Arpeggien-Sonate mit Shakes-peares Drama um Schiffsbrüchige auf einer einsamen Insel zu tun haben soll, das allerdings hat Beethoven nicht verraten. Dennoch ist der Begriff Sturm-Sonate heute so geläufig und gängig, als sei er das Selbstverständlichste von der Welt.

Rasanz und Energie: Die «Grande Sonate» op. 22Bevor sich Ludwig van Beethoven als Komponist titanischen Ruhm erwarb, wurde er in Wien schon als Klaviervirtuose ersten Ranges bestaunt und be-

Ludwig van BeethovenKlaviersonate d-Moll op. 31 Nr. 2 Der SturmEntstehung: Beethoven komponierte die Sonatentrias op. 31 in den Jahren 1801/02 für das Répertoire des Clavecinistes des Zürcher Verlegers Hans Georg Nägeli, der dezidiert um «Abweichungen von der gewöhn-lichen Sonaten-Form» gebeten hatte. In der zweiten, der d-Moll-Sonate, folgte Beethoven diesem Wunsch, indem er auf klar umrissene Themen und Formanlagen verzichtete. Stattdessen präsentiert er hier eine voll-kommen freie Musik mit präludierenden Arpeggien, Rezitativen ohne Worte und geheimnisvollen Resonanzräumen. Beethoven selbst soll Shakespeares Drama Der Sturm als Bezugspunkt genannt haben – des-halb der Beiname; allerdings verriet er nicht, worin sich diese literarische Inspiration konkret musikalisch niederschlägt. Wann Beethoven die d-Moll-Sonate erstmals öffentlich vorstellte, ist unbekannt. Erstmals bei LUCERNE FESTIVAL (IMF) am 2. September 1965 mit Swjatoslaw Richter; zuletzt am 20. November 2019 mit Evgeny Kissin.Spieldauer ca. 24 Minuten.

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11Skizzen Beethovens zum zweiten Satz der Klaviersonate B-Dur op. 22 aus dem Sommer 1800

wundert. In adeligen Kreisen riss man sich um die Dienste des jungen Rhein-länders, der 1792 von Bonn an die Ufer der Donau gezogen war und dort mit einem Empfehlungsschreiben seines ersten grossen Förderers, des österrei-chischen Grafen Ferdinand Ernst von Waldstein (dem er später zum Dank seine Waldstein-Sonate widmen sollte), schnell Zugang in die Noblesse der Habs-burgermetropole fand. In deren Salons verblüffte Beethoven sein erlauchtes Publikum vor allem durch die Mühelosigkeit und die rasante Geschwindig-keit seines Spiels; selbst die schwierigsten technischen Passagen schienen kinderleicht zu sein, wenn Beethoven sie sich vornahm. Natürlich verstand er es auch deshalb, seine enormen manuellen Fähigkeiten ins beste Licht zu rücken, weil er sich selbst mit dem dazu geeigneten Reper-toire versorgte. Kein Zufall also, dass Beethoven etwa zwei Drittel seiner 32 Klaviersonaten während der ersten zehn Jahre komponierte, die er in Wien verbrachte, in der Hochblüte seiner Virtuosenzeit. Auch wenn naturgemäss keine Tondokumente von Beethovens Spiel existieren, so kann man es sich anhand seines Sonatenschaffens doch gut vorstellen. Man nehme nur die B-Dur-Sonate op. 22, die Beethoven im Jahr 1800 abschloss und selbst als «Grande Sonate» bezeichnete: Sie beginnt mit einer Art Geistesblitz, einer lapidaren

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Sechzehntel-Figur, die als zündender Funke ein rasantes Perpetuum mobi-le in Gang setzt. Alles ist hier auf Tempo und Energie ausgerichtet, und dieser Eindruck verstärkt sich noch dadurch, dass Beethoven die nie ermüdende Bewegung mit marki-gen Sforzati oder widerborstigen Ak-zenten versieht. Manchmal nimmt er die Spielfiguren, Arpeggien und Ska-len so aberwitzig schnell, dass sie fast schon wie eine Klangfläche an-muten. Ob all die Klavierliebhaber und Ama-teurpianisten, die Beethovens Opus 22 käuflich erwerben konnten, daran ihre Freude hatten, wenn sie es zu spielen versuchten? Das Werk gehört fraglos zu den technisch anspruchs-vollsten Beethoven-Sonaten – er selbst erklärte freimütig, es habe «sich ge-waschen». Zwar gewährt das beseelte «Adagio con molta espressione» eine kurze Atempause von all der Raserei, aber das Menuett durchkreuzt mit seinem grimmigen Trio schon wieder die Konventionen. Und das Finale, das mit einem lieblichen Rondothe-ma aufwartet, findet in seinen Episo-den zu toccatenhafter Motorik; ganz abgesehen davon, dass Beethoven den Refrain bei seinen Wiederholun-gen so stark variiert, dass der Ein-druck von Hyperaktivität entsteht. Dieser Komponist war einfach immer für eine Überraschung gut!

Ludwig van BeethovenKlaviersonate B-Dur op. 22Entstehung: Beethoven begann die Arbeit an diesem Werk, das er als «Grande Sonate» betitelte, im Jahr 1799; hauptsächlich entstand es im Sommer 1800. Er war stolz auf die B-Dur-Sonate: Sie habe sich «gewaschen», teilte er sei- nem Verleger Franz Anton Hoff- meister mit, und damit bezog er sich einerseits auf den enormen technischen Anspruch des Werks mit seinem fast orchestralen Klaviersatz, andererseits aber auch auf die kompositorische Faktur. Beethoven widmete die B-Dur-Sonate dem Reichsgrafen Johann Georg von Browne-Camus, dem er zuvor schon die drei Streichtrios op. 9 zugeeignet hatte und den er als den «ersten Mäzen seiner Muse» bezeichnete. Höchstwahrscheinlich hat Beet- hoven selbst die erste Auffüh-rung bestritten, vermutlich bei einem Privatkonzert im Salon des Widmungsträgers.Bisher dreimal bei LUCERNE FESTIVAL (IMF) im Programm: am 23. November 2003 mit Alfred Brendel, am 25. November 2012 mit András Schiff und am 8. Sep- tember 2015 mit Igor Levit.Spieldauer ca. 26 Minuten.

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13Joseph Haydn, Portrait von Thomas Hardy (1791)

Konzert ohne Orchester: Die frühe C-Dur-Sonate op. 2 Nr. 3Seine ersten drei Klaviersonaten, die er unter der Opuszahl 2 zusammenfass-te, widmete Beethoven seinem Lehrer Joseph Haydn, bei dem er von Ende 1792 bis Anfang 1794 Kompositionsunterricht genommen hatte. Haydn war auch bei der Uraufführung der Werke zugegen, die im September 1795 im Pa-lais des Fürsten Karl von Lichnowsky stattfand. Gut möglich, dass Haydn vor allem bei der dritten der Sonaten, in C-Dur, ins Staunen geriet. Denn Beetho-ven zeigt sich hier nicht bloss als gelehriger Schüler – er bricht auf zu anderen Ufern und führt das Sonatengenre in eine neue Dimension. Das beginnt schon mit der Grossanlage des Werks in vier Sätzen statt der bis dahin übli-chen zwei oder drei, und es setzt sich fort mit dem äusserst virtuosen und vollgriffigen Klaviersatz, in den Beethoven gegen Ende des einleitenden «Al-legro con brio» sogar eine Art Kadenz einbaut, sodass sich der Eindruck eines Klavierkonzerts ohne Orchester einstellen mag.Zu den Besonderheiten der C-Dur-Sonate op. 2 Nr. 3 gehört, dass Beethoven satzübergreifende Verbindungen in der thematischen Substanz stiftet. So entpuppt sich das schlichte und zarte Thema des «Adagios» als vereinfachte Variante des schnurrigen Eingangsthemas aus dem Kopfsatz mit seinem aus-komponierten Doppeltriller. Dort, im «Allegro con brio», lässt Beetho-ven es jedoch nach 12 Takten regel-recht explodieren und präsentiert im Verlauf des Satzes kühne Akkordket-ten und gebrochene Doppeloktaven, die für den Vortrag coram publico bestimmt scheinen und den Rahmen der Hausmusik sprengen. Im «Adagio» dagegen stimmt Beethoven den Ton-fall der Empfindsamkeit an und über-führt das Thema in einen zunächst verschatteten, dann unerbittlich vor-getragenen Klagegesang.Das Scherzo hat einen ausgeprägt kammermusikalischen Zug – man könnte sich diese Musik auch gut auf mehrere Stimmen verteilt vorstellen,

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etwa musiziert von drei Streichern. Das Trio dagegen, das Beethoven in a-Moll komponiert hat, ist mit seinen auf- und niederwallenden Achteltriolen aus-gesprochen pianistisch gehalten. Und greift seiner Zeit voraus – es klingt fast schon «schubertisch». Äussert brillant gehalten ist das finale Rondo, das mit seinen technischen Ha-keleien auch versierteste Pianisten ins Schwitzen bringen kann. Zum Ende hin aber präsentiert Beethoven mit monumentalen Trillerketten ein ganz neues Element, das bis in sein Spätwerk hinein prägend für seine Klavieräs-thetik werden sollte: Man denke nur an die Waldstein-Sonate, die Hammerkla-vier-Sonate oder die c-Moll-Sonate op. 111. Beethoven hatte recht, als er sich Jahre später, 1822, fragte, ob er nicht «toll» gewesen sei, «in ein einziges Stück zu bringen, was dazu hinreichte, zwanzig Stücke zu componiren». Die Stürme der Seele: Die Grande Sonate PathétiqueAls Grande Sonate Pathétique wurde die c-Moll-Sonate op. 13 berühmt – ein Beiname, der ausnahmsweise von Beethoven selbst stammt. Weshalb sich umso mehr die Frage stellt, was denn so pathetisch an dieser Sonate ist bzw.

Ludwig van BeethovenKlaviersonate C-Dur op. 2 Nr. 3Entstehung: Ende 1792 war Beethoven von Bonn nach Wien gezogen, wo er bald als Klaviervirtuose für Furore sorgte, bestaunt und bewundert für die Geschwindigkeit seines Spiels und die Souveränität, mit der er die technisch vertracktesten Passagen ausführte. Seine ersten drei Klavier-sonaten, die er als Opus 2 veröffentlichte und seinem Lehrer Joseph Haydn widmete, schrieb er 1794/95 deshalb auch für den Eigenbedarf und seine Auftritte in den verschiedenen Adelspalais. Die Uraufführung der C-Dur-Sonate op. 2 Nr. 3 mit Beethoven am Klavier erfolgte im September 1795 beim Fürsten Karl Lichnowsky, einem seiner frühesten und wichtigsten Mäzene. 1796 erschien das Werk bei Artaria im Druck: Mit rund 6.000 Amateurpianisten und 300 Klavierlehrern bot das damalige Wien dafür gute Marktperspektiven.Die Sonate erklang bisher zweimal bei LUCERNE FESTIVAL (IMF): erstmals am 11. September 1963 mit Arthur Rubinstein und zuletzt am 22. November 2018 mit Grigory Sokolov.Spieldauer ca. 26 Minuten.

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15Karl Fürst von Lichnowsky, ein wichtiger Förderer Beethovens in seinen ersten Wiener Jahren (anonymes Portrait)

was Beethoven damit zum Ausdruck bringen wollte. «Pathetisch»: Für die heutigen Ohren hat dieser Begriff keinen so guten Beiklang, wird er doch oft abwertend eingesetzt, im Sinne von schwülstig, rührselig oder theatralisch. Zu Beethovens Zeiten aber sah das noch anders aus, damals galt er als Syno-nym für «leidenschaftlich». Doch die Leidenschaft, also das Pathos oder auch die Passion, um die es dabei ging, konnte ein breites emotionales Spektrum abdecken, von verzweifelt bis feurig, von innig bis bombastisch. In Beethovens Grande Sonate Pathétique ist all das enthalten. Den Kopfsatz eröffnet Beethoven – erstmals in seinem Sonatenschaffen – mit einer langsamen Einleitung: «Grave» lautet die Vortragsbezeichnung, also «schwer» oder «getragen» – eine Tempoangabe, die Beethoven sonst fast nie verwendete. Vielleicht aber ging es ihm hier um eine Ausnahmesituation, denn die einleitenden Takte haben etwas von einem pompösen Begräbnisze-remoniell oder einem Trauermarsch an sich. Es ist der Typus der barocken französischen Ouvertüre, auf den Beethoven zurückgreift, gesetzt im langsa-men Tempo mit scharfen Punktierungen. Die düstere Grabesstimmung ver-stärkt er zusätzlich durch heftige dynamische Kontraste und Sforzati. Bis sich die Anspannung im «Allegro»-Hauptsatz entlädt, der mit solchem Furor und

Feuer einsetzt, dass man dazu unwill-kürlich die Faust ballen will. Obwohl Beethoven die Grande Sonate Pathétique noch in seiner Frühphase komponierte, von 1797 bis 1799, scheint hier sein heroischer Stil schon vorge-prägt. Die Klangwelt suggeriert das Bild des vom Leben schwer geschlage-nen Komponisten, der tapfer gegen sein Los aufbegehrt und dem Schicksal beherzt in den Rachen greift. Oder mu-sikalisch gesprochen: Die Finsternis der «Grave»-Introduktion wird durch die trotzige Rebellion des nachfol-genden «Allegro» beantwortet: eine ganz und gar persönlich gefärbte Musik, die wie ein Fanal wirkt für das bald darauf anbrechende 19. Jahr-

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hundert, das Zeitalter der hemmungs-losen Subjektivität. Eine ganz anders geartete Antwort auf die Bekümmernis der Einleitung gibt Beethoven im zweiten Satz, dem traumhaften «Adagio» mit seiner flies-senden, ruhevollen Melodielinie, die einfach Trost ausstrahlt, als würde jemand einen Verzweifelten sanft streicheln. In As-Dur hat Beethoven diesen Satz komponiert – eine Ton-art, die seinerzeit mit Begriffen wie «ewig» oder «überirdisch» verbunden wurde. Tatsächlich scheint Beetho-ven hier die Fährnisse des Lebens zu relativieren: Im Angesicht der Ewig-keit verliert das einzelne schreckliche Ereignis doch an Gewicht. Und so zeigen sich im Finale der Pa-thétique die Stürme der Seele denn auch gebändigter: Sie sind zwar noch da, aber sie haben nicht mehr die Dramatik und Heftigkeit wie im Kopf-satz. Nur ganz zum Schluss, in der Coda, knüpft Beethoven noch einmal an den Anfang an und beendet das Werk mit einer letzten unwirschen Geste. Als wolle er uns sagen: Der Kampf ist noch nicht beendet.

Susanne Stähr

Ludwig van BeethovenKlaviersonate c-Moll op. 13 Grande Sonate PathétiqueEntstehung: Die Sonate, deren berühmter Beiname von Beetho-ven selbst stammt, entstand zwi- schen 1797 und 1799 und ist Karl Fürst von Lichnowsky gewidmet, einem der wichtigsten Förderer des Komponisten während seiner ersten Jahre in Wien. Mit seinen trauermarschartigen Klängen und orchestralen Effekten spielt das Werk einerseits auf die Zeitereig-nisse der Revolutionsjahre und pompöse Begräbniszeremonien an; die Seufzermotive und Klage- gesten, die starken dynamischen Kontraste und weiten Tonräume vermitteln jedoch zugleich eine dezidiert subjektive Note und wirken wie ein künstlerisches Fanal an der Wende zu einem neuen Jahrhundert.Details zur Uraufführung sind nicht überliefert; vermutlich hat Beethoven auch diese Sonate in Wien selbst vorgetragen.Bisher dreimal bei LUCERNE FESTIVAL (IMF): am 28. August 1968 mit György Cziffra, am 12. August 2012 mit Maurizio Pollini und am 20. November 2019 mit Evgeny Kissin.Spieldauer ca. 18 Minuten.

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Interpret

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Der Pianist Igor Levit wurde 1987 im russischen Nischni Nowgorod geboren und begann seine Klavierausbildung im Alter von drei Jahren. 1995 zog die Familie nach Deutschland, wo Levit das Studium bei Karl-Heinz Kämmerling, Matti Raekallio und Bernd Goetzke in Hannover fortsetzte, bevor er zu Hans Leygraf ans Salzburger Mozarteum wechselte. 2005 gewann er gleich vier Preise beim Rubinstein-Wettbewerb in Tel Aviv; auch aus der japanischen «Hamamatsu Competition» ging er als Sieger hervor. Bald konnte Levit mit renommierten Orchestern auftreten, so mit den Berliner Philharmonikern, dem Cleveland Orchestra, der Sächsischen Staatskapelle Dresden, dem Bos-ton und dem London Symphony Orchestra. 2018 debutierte er mit den Wie-ner Philharmonikern, 2019 beim Gewandhausorchester Leipzig. In der Saison 2020/21 ist Levit «artist-in-residence» beim Symphonieorchester des Bayeri-schen Rundfunks und Portraitkünstler der Philharmonie Essen. Unter der Lei-tung von Herbert Blomstedt gibt er seinen Einstand beim Chicago Symphony Orchestra und beim New York Philharmonic, ausserdem konzertiert er mit dem Orchestre de Paris, den Berliner Philharmonikern sowie dem Royal Con-certgebouworkest und geht mit dem Hagen Quartett auf Tournee. Zu Levits grossen aktuellen Projekten gehört der Zyklus der 32 Klaviersonaten Beetho-vens, den er bei LUCERNE FESTIVAL, den Salzburger Festspielen, beim Musik-fest Berlin sowie in Hamburg, Stockholm und London interpretiert. Diese Beethoven-Totale hat er auch auf CD vorgelegt. Ausserdem veröffentlichte er u. a. Bachs Goldberg-Variationen, Beethovens Diabelli-Variationen sowie Rzew-skis The People United Will Never Be Defeated; im September 2020 erscheint sein neues Album Encounter mit Werken von Bach, Brahms und Feldman. 2018 er-hielt Igor Levit den «Gilmore Artist Award», 2020 wurde er für sein politisches Engagement mit dem Beethoven-Preis ausgezeichnet.

Debut bei LUCERNE FESTIVAL am 11. September 2011, als er mit dem Lon-don Philharmonic Orchestra unter Vladimir Jurowski Skrjabins Prométhée interpretierte. Zuletzt zu Gast im November 2019 mit der dritten und vier-ten Folge seines Beethoven-Sonatenzyklus.

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D A N K ELUCERNE FESTIVAL sagt

all unseren Sponsoren, Förderstiftungen,Mäzenen, Freunden und den zahlreichenTicket-Spendern für die Solidarität,die Treue zum Festival und die Unterstützungin diesen aussergewöhnlichen Zeiten!

Wir freuen uns, wieder live on stagefür Sie da zu sein!

H E R Z L I C H E ND A N K !

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Partner All unseren Partnern, Freunden und Förderern gilt in diesem aussergewöhnlichen Festivaljahr ein ganz besonderer Dank. Ihr Zuspruch und ihre bedingungslose Unterstützung helfen uns, nach vorne zu blicken und es möglich zu machen, in gemeinschaftlichen Konzerterlebnissen die Musik zu feiern – getreu dem Motto «Life Is Live»!

Hauptsponsoren

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SponsorenAndermatt Swiss Alps AG | Artemis Group / Franke Group | B. Braun Medical AG | Bucherer AG | die Mobiliar | Dr. Christoph M. Müller und Sibylla M. Müller | Dr. Dolf Stockhausen | Familie Goer | Glencore | KPMG AG | Nestlé AG | Schindler Aufzüge AG | Swiss Life | Swiss Re | Viking | Zuger Kantonalbank

StiftungenArthur Waser Stiftung | Bernard van Leer Stiftung Luzern | Cleven-Stiftung | Else v. Sick Stiftung | Ernst Göhner Stiftung | Ernst von Siemens Musikstiftung | Fondation Suisa | Fritz-Gerber-Stiftung | Geert und Lore Blanken-Schlemper-Stiftung | Gemeinnützige Stiftung Accentus | Hilti Foundation | Josef Müller Stiftung Muri | Karitative Stiftung Dr. Gerber-ten Bosch | Kunststiftung NRW | Landis & Gyr Stiftung | Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung | René und Susanne Braginsky Stiftung | RHL Foundation | Stiftung Melinda Esterházy de Galantha Zürich | Strebi-Stiftung Luzern | walter haefner stiftung

SubventionsgeberKanton Luzern | Stadt Luzern

FreundeLUCERNE FESTIVAL dankt allen rund 500 Freundinnen und Freunden für ihr grosszügiges Engagement.Ein besonderer Dank gebührt:

Thomas Abegg | Nachlass Ernest I. Ascher | Baloise Holding AG | Regula Bibus-Waser | Dr. Christian Casal und Katja Biella Casal | Marco Corvi | Projekt Villa Serdang | Oswald J. Grübel | Yann und Sabine Guyonvarc’h | Berthold Herrmann und Dr. Mariann Grawe-Gerber | André und Rosalie Hoffmann | Dr. Rudolf W. Hug | Dr. Klaus Jenny | Dr. Christoph M. Müller und Sibylla M. Müller |Makoto Nakao | Dr. Lutz und Christiane Peters | Dr. Annemarie S. Reynolds | Charlotte Scheidegger-Vonlanthen | Carla Schwöbel-Braun | Monique und Thomas Staehelin-Bonnard | Dr. Dolf Stockhausen I Margrit Wullschleger-Schmidlin

Auch danken wir jenen Freunden und Förderern, die namentlich nicht genannt werden möchten.

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Impressum

HerausgeberStiftung LUCERNE FESTIVAL | Intendant: Michael Haefliger Hirschmattstrasse 13 | Postfach | CH–6002 Luzern t +41 (0)41 226 44 00 | f +41 (0)41 226 44 60 [email protected] | lucernefestival.ch

RedaktionSusanne Stähr (verantwortlich) und Malte Lohmann | Satz & Realisation: Denise Fankhauser

Inserate: Patricia Thérisod

TextnachweisDie Konzerteinführung von Susanne Stähr ist ein Originalbeitrag für dieses Programmheft.

BildnachweiseS. 8, 11 und 15: Beethoven-Haus Bonn – S. 13: Royal College of Music, Museum of Instruments, London – S. 18: Felix Broede

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