III Metrische Geometrie des R3 - JKG...

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III Metrische Geometrie des R 3 1 angen und Winkel im R 3 Mit Hilfe des Satzes von Pythagoras k¨ onnen wir im R 3 einen Abstands- bzw. L¨ angenbegriff einf¨ uhren. Das Bildchen zeigt den Pfeil des Vektors - a =(a 1 ; a 2 ; a 3 ) t , der im Ursprung O angreift. F¨ ur die L¨ ange l des Pfeils folgt mit Pythagoras: l = q b 2 + a 2 3 , wobei b 2 = a 2 1 + a 2 2 , also l = q a 2 1 + a 2 2 + a 2 3 . Die L¨ ange von - a bezeichnet man als Betrag des Vektors und schreibt | - a | daf¨ ur. Merke: Der Vektor - a = a 1 a 2 a 3 ! besitzt den Betrag | - a | = p a 2 1 + a 2 2 + a 2 3 . Beispiel 1: Bestimme den Betrag des Vektors - a = 1 -2 2 ! . Finde zudem einen Vektor - a 0 , der in die selbe Richtung wie - a zeigt, aber den Betrag 1 besitzt (sog. “Einheitsvektor”). Es ist | - a | = p 1 2 +(-2) 2 +2 2 = 9 = 3. Versuch f¨ ur - a 0 : setze - a 0 = 1 3 - a = 1 3 1 -2 2 ! . Dann ist auf jeden Fall - a 0 k - a und | - a 0 | = q ( 1 3 ) 2 + ( - 2 3 ) 2 + ( 2 3 ) 2 = q ( 1 3 ) 2 · (1 2 +(-2) 2 +2 2 )= 1 3 ·| - a | = 1 3 · 3=1 . ¨ Ubung 1: Zeige allgemein, dass der Vektor - a 0 = 1 | -→ a | - a (f¨ ur - a 6= - o ) den Betrag 1 hat. Mit Hilfe des Betrages von Vektoren l¨ asst sich auf dem R 3 eine Metrik, also ein Abstandsbegriff, erkl¨ aren: der Abstand d(A,B) zweier Punkte A, B R 3 (d steht f¨ ur “Distanz”) ist nichts weiter als die L¨ ange ihres Verbindungsvektors, d.h. d(A,B)= --→ AB = q (b 1 - a 1 ) 2 +(b 2 - a 2 ) 2 +(b 3 - a 3 ) 2 . Insbesondere ist der Abstand eines Punktes A zum Ursprung der Betrag seines Ortsvektors. Beispiel 2: Bestimme den Abstand der Punkte A (2 |- 2 | 3) und B(3 |- 3 | 4). --→ AB = 3 - 2 -3 - (-2) 4 - 3 ! = 1 -1 1 ! = d(A,B)= | --→ AB| = p 1 2 +(-1) 2 +1 2 = 3 ¨ Ubung 2: Wie lang sind die Seitenhalbierenden im Dreieck ABC mit den Eckpunkten A (1 | 2 |-1 ), B (4 | 3 | 1 ), C ( -2 | 1 | 6 )? 1

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III Metrische Geometrie des R3

1 Langen und Winkel im R3

Mit Hilfe des Satzes von Pythagoras konnen wir im R3 einenAbstands- bzw. Langenbegriff einfuhren. Das Bildchen zeigtden Pfeil des Vektors −→a = (a1; a2; a3)t, der im Ursprung Oangreift. Fur die Lange l des Pfeils folgt mit Pythagoras:

l =√b2 + a2

3 , wobei b2 = a21 + a2

2 ,

alsol =

√a2

1 + a22 + a2

3 .

Die Lange von −→a bezeichnet man als Betrag des Vektors und schreibt |−→a | dafur.

Merke: Der Vektor −→a =

(a1

a2

a3

)besitzt den Betrag |−→a | =

√a2

1 + a22 + a2

3 .

Beispiel 1: Bestimme den Betrag des Vektors −→a =

(1−2

2

). Finde zudem einen Vektor −→a0 , der in

die selbe Richtung wie −→a zeigt, aber den Betrag 1 besitzt (sog. “Einheitsvektor”).

Es ist |−→a | =√

12 + (−2)2 + 22 =√

9 = 3. Versuch fur −→a0 : setze −→a0 = 13−→a = 1

3

(1−2

2

).

Dann ist auf jeden Fall −→a0 ‖−→a und

|−→a0 | =√(

13

)2 +(−2

3

)2 +(

23

)2 =√(

13

)2 · (12 + (−2)2 + 22) = 13 · |−→a | = 1

3 · 3 = 1 .

Ubung 1: Zeige allgemein, dass der Vektor −→a0 = 1|−→a |−→a (fur −→a 6= −→o ) den Betrag 1 hat.

Mit Hilfe des Betrages von Vektoren lasst sich auf dem R3 eine Metrik, also ein Abstandsbegriff,erklaren: der Abstand d(A,B) zweier Punkte A,B ∈ R3 (d steht fur “Distanz”) ist nichts weiterals die Lange ihres Verbindungsvektors, d.h.

d(A,B) =∣∣−−→AB∣∣ =

√(b1 − a1)2 + (b2 − a2)2 + (b3 − a3)2 .

Insbesondere ist der Abstand eines Punktes A zum Ursprung der Betrag seines Ortsvektors.

Beispiel 2: Bestimme den Abstand der Punkte A (2 | − 2 | 3) und B(3 | − 3 | 4).

−−→AB =

(3− 2

−3− (−2)4− 3

)=

(1−1

1

)=⇒ d(A,B) = |

−−→AB| =

√12 + (−1)2 + 12 =

√3

Ubung 2: Wie lang sind die Seitenhalbierenden im Dreieck ABC mit den EckpunktenA ( 1 | 2 | −1 ), B ( 4 | 3 | 1 ), C (−2 | 1 | 6 )?

1

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Neben der Berechnung von Streckenlangen (d.h. des Abstan-des zweier Punkte) ist die Berechnung von Winkeln in derGeometrie von zentraler Bedeutung.Wir wollen deshalb eine Formel zur Berechnung des Winkelszwischen zwei Vektoren herleiten. Fur die Lange d(A,B) derSeite AB im Dreieck OAB (siehe Bildchen) gilt einerseits

d(A,B)2 = |−−→AB|2 = (b1 − a1)2 + (b2 − a2)2 + (b3 − a3)2

= a21 + a2

2 + a23 + b21 + b22 + b23 − 2(a1b1 + a2b2 + a3b3)

= |−→a |2 + |−→b |2 − 2(a1b1 + a2b2 + a3b3) . (1)

Andererseits besagt der Kosinussatz, dass

d(A,B)2 = |−→a |2 + |−→b |2 − 2|−→a | · |

−→b | · cosϕ . (2)

Ein Vergleich der Ausdrucke (1) und (2) ergibt −2(a1b1 + a2b2 + a3b3) = −2|−→a | · |−→b | · cosϕ. Teilen

durch −2|−→a | · |−→b | liefert den folgenden

SATZ Fur den Winkel ϕ, den zwei Vektoren −→a und−→b einschließen (0◦ ≤ ϕ ≤ 180◦),

gilt:

cosϕ =a1b1 + a2b2 + a3b3

|−→a | · |−→b |

Beispiel 3: Berechne die Winkel im Dreieck OAB mit A ( 3 | 3 | 0 ), B ( 2 | 1 | 2 ).

Der Winkel α (bei A) wird von−−→AB und

−→AO eingeschlossen. Es ist

|−−→AB| =

∣∣∣(−1−2

2

)∣∣∣ = 3 , |−→AO| =

∣∣∣(−3−3

0

)∣∣∣ = 3√

2 , cosα = (−1) ·(−3)+(−2) ·(−3)+2 ·03 ·3√

2= 1√

2.

Damit ergibt sich α = cos−1( 1√2) = 45◦.

Achtung: hatte man−→OA = −

−→AO anstatt

−→AO verwendet, so hatte man den Erganzungs-

winkel von α zu 180◦, also 135◦, als Ergebnis erhalten (wegen cos(180◦ − α) = − cosα).Der Winkel β (bei B) wird von

−−→BA und

−−→BO eingeschlossen:

|−−→BA| = | −

−−→AB| = 3 , |

−−→BO| =

∣∣∣(−2−1−2

)∣∣∣ = 3 , cosβ = 1 ·(−2)+2 ·(−1)+(−2) ·(−2)3 ·3 = 0 .

Daraus folgt β = cos−1(0) = 90◦ und das Dreieck ist rechtwinklig. Fur den verbleibendenWinkel ergibt sich 45◦ (Winkelsumme im Dreieck) und das Dreieck ist sogar gleichschenklig(Basiswinkelsatz), was man auch an |

−−→AB| = |

−−→BO| erkennt.

Ubung 3: Berechne die Winkel im Dreieck ABC mit A (1 | 1 | 1), B(12 | 3 | 9) und C (7 | 15 | 4).(Losung: α ≈ 56,43◦, β ≈ 68,24◦, γ = 180◦ − α− β ≈ 55,33◦)

Ubung 4: Berechne die Winkel des Dreiecks ABC ⊂ R2 mit A (2 | 1), B (5 | − 1), C (4 | 3).Hinweis: fasse A (2 | 1) ∈ R2 als A′ (2 | 1 | 0) ∈ R3 auf etc.

(Losung: α ≈ 78,69◦, β ≈ 42,27◦, γ = 180◦ − α− β ≈ 59,04◦)

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2 Das Skalarprodukt und seine geometrische Bedeutung

Bei der Winkelberechnung haben wir gesehen, dass fur zwei Vektoren −→a = (a1; a2; a3)t und−→b = (b1; b2; b3)t der Ausdruck a1b1 + a2b2 + a3b3 eine wichtige Rolle gespielt hat. In der Tat

ist dieser Ausdruck geometrisch dermaßen bedeutsam, dass er einen eigenen Namen bekommt.

Definition: Unter dem Skalarprodukt zweier Vektoren −→a ,−→b ∈ R3 versteht man die Zahl

−→a ·−→b =

(a1

a2

a3

)·(b1b2b3

):= a1b1 + a2b2 + a3b3 .

Der Name kommt daher, dass das Skalarprodukt −→a ·−→b zweier Vektoren −→a ,

−→b ∈ R3 einen Skalar

(d.h. eine Zahl “ohne Richtung”) −→a ·−→b ∈ R ergibt.

Mit Hilfe des Skalarprodukts lassen sich die Formeln fur den Betrag eines Vektors und den Winkelzwischen zwei Vektoren wesentlich ubersichtlicher aufschreiben (beachte, dass |−→a |2 = −→a ·−→a ist,wofur man kurz −→a 2 schreibt!):

Merke: |−→a | =√−→a 2 und cosϕ =

−→a ·−→b

|−→a | · |−→b |

(∗)

Beachte: Der Malpunkt im Zahler der cos-Formel bedeutet Skalarprodukt von Vektoren, wahrendder Malpunkt im Nenner fur ein ganz gewohnliches Produkt reeller Zahlen steht!

Die Formel fur den Kosinus in (∗) liefert eine wichtige geometrischeInterpretation des Skalarprodukts: es ist

−→a ·−→b = |−→a | · |

−→b | · cosϕ ,

und |−→b | · cosϕ ist (fur 0◦ ≤ ϕ ≤ 90◦) die Lange des Vektors,

den man erhalt, wenn man−→b orthogonal auf −→a projiziert. (Fur

90◦ < ϕ ≤ 180◦ wird cosϕ < 0, was geometrisch bedeutet, dassdie orthogonale Projektion von

−→b auf −→a in die entgegengesetzte

Richtung von −→a zeigt!)

Dies ist z.B. in der Physik wichtig: die Formel “Arbeit = Kraft mal Weg” gilt nur, wenn die(konstante) Kraft

−→F in Richtung des Weges −→s wirkt. Ist dies nicht der Fall, so ist fur die Arbeit

nur die Komponente von−→F bedeutsam, die in Richtung −→s zeigt, also gilt allgemein W =

−→F ·−→s !

Ubung 1: Gegeben ist der Vektor −→a mit |−→a | = 2. Skizziere alle Vektoren −→x mit −→a ·−→x = 1.

a) im R2: b) im R3:

Merke: Alle Punkte X ∈ R3, deren Ortsvektoren −→x die Gleichung

−→a ·−→x = c (c = konst.)

erfullen,

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Ubung 2: Wichtige Spezialfalle!

• Fur −→a ·−→b = 0 ist ϕ = , also

• Fur −→a ·−→b = |−→a | · |

−→b | ist ϕ = , also

• Fur −→a ·−→b = −|−→a | · |

−→b | ist ϕ = , also

3 Algebraische Eigenschaften des Skalarprodukts

Die folgenden Regeln zeigen, warum das Skalarprodukt den Namen Produkt verdient, und wie essich mit der Addition und Vervielfachung von Vektoren vertragt.

SATZ Fur das Skalarprodukt von Vektoren gilt (seien −→a ,−→b ,−→c ∈ R3 und r ∈ R):

−→a ·−→b =

−→b ·−→a (KG)

(r−→a ) ·−→b = r(−→a ·

−→b ) (“Asso”)

(−→a +−→b ) ·−→c = −→a ·−→c +

−→b ·−→c (DG)

−→a ·−→a ≥ 0; −→a ·−→a = 0 nur fur −→a = −→o (Pos)

Ubung 1: Rechne nach, dass diese Regeln tatsachlich gelten!

Der Satz besagt, dass man mit dem Skalarprodukt-Malpunkt genauso rechnen darf wie mit demMalpunkt bei gewohnlichen Zahlen. Allerdings muss man aufpassen, dass die Ausdrucke, die manhinschreibt auch Sinn machen, wie die folgende Ubung zeigt.

Ubung 2: Welche der folgenden Ausdrucke sind sinnvoll, welche nicht (und warum nicht)?

a) (−→a ·−→b ) ·−→c b) (−→a ·

−→b )−→c c) −→a 2 d) −→a 3 e) −→a ·

−→b +−→c

Ubung 3: Vereinfache die folgenden Ausdrucke mit Hilfe der obigen Rechenregeln.

a) (−→a +−→b )2

b) (−→a +−→b ) · (−→a −

−→b )

c) (2−→a + 3−→b ) · (−→a − 2

−→b )

d) −→a0 · (−→a0 −−→b0 ), wo −→a0 und

−→b0 orthogonale Einheitsvektoren sind.

Anmerkung: (die man nicht verstehen muss) In der Schule beschranken sich die Anwendungen des Skalar-produktes im Wesentlichen auf eine elegante Beschreibung von Ebenen (−→a ·−→x = c) sowie auf die Charak-terisierung von Orthogonalitat. In der weiten Welt der Mathematik ist das Skalarprodukt jedoch ein sehrtiefgrundiges und weitreichendes Konzept; z.B. liefert der Ausdruck

f · g :=

1∫0

f(x) · g(x) dx

ein Skalarprodukt auf dem Vektorraum C[0; 1] der stetigen Funktionen auf dem Intervall [0; 1] (denn es erfulltdie selben vier Rechenregeln wie das Skalarprodukt von Vektoren im R3). Mit Hilfe dieses Skalarproduktslasst sich ein Abstands- und damit Konvergenzbegriff auf C[0; 1] erklaren. Dem Studium der Raume mitSkalarprodukt – sogenannten Hilbert-Raumen – widmet man sich in der Funktionalanalysis, die ihr dannim Mathe-Studium kennenlernen werdet :o)

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4 Beweise mit Hilfe des Skalarprodukts

Der Beweis vieler elementargeometrischer Satze wird mit Hilfe des Skalarproduktes atemberaubendeinfach. Zwei Beispiele sollen dies demonstrieren.

Beispiel 1: Satz des Pythagoras

Das Dreieck ABC sei bei C rechtwinklig. Dann sind dieVektoren −→a und

−→b (siehe Bildchen) orthogonal, also gilt

−→a ·−→b = 0. Fur die Lange der Grundseite c, also den Betrag

des Vektors −→c = −→a −−→b ergibt sich

|−→c |2 = −→c 2 = (−→a −−→b )2 = −→a 2 − 2−→a ·

−→b︸ ︷︷ ︸

=0

+−→b 2 = −→a 2 +

−→b 2 = |−→a | 2 + |

−→b | 2 .

Beispiel 2: Der Hohensatz (h2 = p · q)

Im Dreieck rechts ist −→a =−→h +−→q und

−→b =

−→h −−→p . Da −→a

und−→b sowie

−→h und −→p bzw. −→q orthogonal sind, ergibt sich

0 = −→a ·−→b = (

−→h +−→q ) · (

−→h −−→p ) =

−→h 2 −

−→h ·−→p︸ ︷︷ ︸

=0

+−→q ·−→h︸ ︷︷ ︸

=0

−−→q ·−→p ,

also−→h 2 = −→p ·−→q . Da −→p und −→q in die selbe Richtung zeigen, ist −→p ·−→q = |−→p | · |−→q |, womit

die Behauptung bewiesen ware.

Aufgaben zu Skalarprodukt-Beweisen

(1) Beweise den Kehrsatz von Pythagoras: gilt a2 + b2 = c2, so ist das Dreieck rechtwinklig.

(2) Beweise den Kathetensatz im rechtwinkligen Dreieck (b2 = c · p bzw. a2 = c · q mit denBezeichnungen von Beispiel 2).

(3) Beweise den Satz des Thales und seine Umkehrung: ein Dreieck ABC ist genau dann recht-winklig bei C, wenn C auf dem Thales-Kreis uber AB liegt.

(4) Zeige: ein Parallelogramm ist genau dann ein Rechteck, wenn seine Diagonalen gleich langsind. (“genau dann, wenn” bedeutet, dass beide Richtungen der Aussage zu zeigen sind!)

(5) Zeige, dass die beiden Winkelhalbierenden von zwei sich schneidenden Geraden orthogonalsind. (Uberlege zunachst, wie man den Richtungsvektor einer Winkelhalbierenden durch dieRichtungsvektoren der beiden Geraden ausdrucken kann.)

(6) (Abi 2007 )Das Dreieck ABC ist gleichschenklig und rechtwinklig.P und Q sind die Schnittpunkte der Quadratdiagona-len, M ist die Mitte von AB.Beweise, dass die Strecken MP und MQ orthogonalund gleich lang sind.

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5 Normalen- und Koordinatenform einer Ebenengleichung

Wir lernen nun eine elegante Beschreibung von Ebenen kennen, die es uns u.a. ermoglicht, dieSchnittprobleme “Gerade-Ebene” und “Ebene-Ebene” ohne viel lastiges LGS-Losen zu behandeln.

Sei −→n ein fester Vektor (6= −→o ). Dann bilden allePunkte X0 , deren Ortsvektoren −→x0 orthogonal zu−→n stehen, also die Gleichung

−→x0 ·−→n = 0

erfullen, eine Ebene E0 , die senkrecht zu −→n verlauft(vgl. auch Abschnitt 2). Da “normal” in der Mathe-matik ein anderes Wort fur senkrecht ist, nenntman −→n den Normalenvektor von E0 .Da der Nullvektor −→o immer die Gleichung−→x0 ·−→n = 0 erfullt, enthalt jede Ebene in der obi-gen Form den Ursprung O. Um auch Ebenen zubeschreiben, die nicht durch den Ursprung verlau-fen, betrachten wir das nebenstehende Bildchen:

seien P,X ∈ E (wobei O 6= P ) und −→n der Normalenvektor von E. Dann ist nicht −→x orthogonal zu−→n , sondern −→x −−→p . Damit wird E durch (−→x −−→p ) ·−→n = 0 beschrieben.

Merke: Die Gleichung einer Ebene E, die den Punkt P (mit Ortsvektor −→p ) enthalt undden Normalenvektor −→n besitzt, lautet in Normalenform

(−→x −−→p ) ·−→n = 0 .

Beispiel 1: Wie lautet die Gleichung der Ebene E, die durch den Punkt P (4 | 1 | 3) verlauft undden Normalenvektor −→n = (1;−2; 4)t besitzt?

[−→x −

(413

)]·(

1−2

4

)= 0

Um dies in eine noch handlichere Form zu bringen, schreibt man−→x in Koordinaten (x1;x2;x3)t,rechnet die Skalarprodukte aus:[(

x1

x2

x3

)−

(413

)]·(

1−2

4

)= 0

(DG)⇐⇒

(x1

x2

x3

)·(

1−2

4

)−

(413

)·(

1−2

4

)= 0 ,

und erhalt

x1 − 2x2 + 4x3 − 14 = 0 bzw. x1 − 2x2 + 4x3 = 14 .

Merke: Die Gleichung ax1 + bx2 + cx3 = d (a, b, c nicht alle 0)

beschreibt eine Ebene E in Koordinatenform. Der Normalenvektor von E ist

−→n =

(abc

)und die Konstante d gibt Auskunft uber die Spurpunkte von E (s.u.).

Ubung 1: Bestimme die Koordinatengleichung einer Ebene, die senkrecht zum Vektor (−1; 2; 0)t

verlauft und den Punkt P (8 | 5 |√

2) enthalt.

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Beispiel 2: (KF → NF) Schreibe E : 2x1 + 4x2 + 5x3 = 12 in Normalenform.

Dazu sucht man sich zunachst einen (moglichst einfachen) Punkt P , der auf E liegt, alsoz.B. P (6 | 0 | 0) (P erfullt die Koordinatengleichung von E, denn 2 · 6 + 4 · 0 + 5 · 0 = 12). DerNormalen-vektor von E lautet −→n = (2; 4; 5)t, also ist

E :

[−→x −

(600

)]·(

245

)= 0 .

Ubung 2: Schreibe E1 : 2x1 + 4x2 − 8x3 = 0 und E2 : x1 − 2x3 = 4 in Normalenform.

Nun werden wir noch uberlegen, wie man zwischen der Parameterform (PF) und der Normalenform(NF) der Ebenengleichung hin und her wechseln kann.

Beispiel 3: (NF → PF) Wandle die Ebenengleichung E :

[−→x −

(1−1

2

)]·(

243

)= 0 in PF um.

Man rechnet zunachst die Koordinatenform von E aus: 2x1 + 4x2 + 3x3 = 4, und sucht sichdann drei (moglichst einfache) Punkte auf E, also z.B. P (2 | 0 | 0), Q (0 | 1 | 0), R (1 | 2 | − 2).Anschließend bestimmt man wie gewohnt aus diesen drei Punkten die PF von E:

−→x =

(200

)+ s

(−210

)+ t

(−12−2

); s, t ∈ R .

Beispiel 4: (PF → NF) Wandle E : −→x =

(512

)+ s

(201

)+ t

(0−1

3

); s, t ∈ R , in NF um.

Hierzu suchen wir zunachst einen Vektor −→n = (n1;n2;n3)t, der orthogonal zu den Rich-tungsvektoren −→u und −→v von E steht. Fur diesen muss gelten −→n ·−→u = 0 und −→n ·−→v = 0,also (

n1

n2

n3

)·(

201

)= 0 und

(n1

n2

n3

)·(

0−1

3

)= 0 ,

was auf das LGS

{2n1 + n3 = 0

−n2 + 3n3 = 0fuhrt.

Ein moglicher Losungsvektor ist z.B. −→n = (−1; 6; 2)t. Multipliziert man beide Seiten der PFvon E mit diesem −→n , so ergibt sich:

−→x = −→p + s−→u + t−→v | ·−→n−→x ·−→n = (−→p + s−→u + t−→v ) ·−→n

DG= −→p ·−→n + s−→u ·−→n︸ ︷︷ ︸=0

+ t−→v ·−→n︸ ︷︷ ︸=0

= −→p ·−→n .

Also ist −→x ·−→n − −→p ·−→n = 0 oder (−→x − −→p ) ·−→n = 0 und damit ist erwiesen, dass −→n einNormalenvektor fur die Ebene E ist. Somit lautet die NF von E:[

−→x −

(512

)]·(−1

62

)= 0 .

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Wie man zu zwei gegebenen Vektoren einen Normalenvektor finden kann, ohne jedesmal ein LGSlosen zu mussen, zeigt der folgende

SATZ Das Vektorprodukt (oder Kreuzprodukt) zweier Vektoren −→a und−→b ,

−→a ×−→b =

(a1

a2

a3

(b1b2b3

):=

(a2b3 − a3b2a3b1 − a1b3a1b2 − a2b1

),

steht senkrecht auf den beiden Vektoren −→a und−→b .

Ubung 3: Beweise die Aussage des Satzes. (Um auf die Formel fur −→a ×−→b zu kommen, braucht

man ubrigens nur das LGS zu losen, welches zu −→a ·−→x = 0 und−→b ·−→x = 0 gehort!)

Einen Normalenvektor fur Bsp. 4 erhalt man durch −→n =

(201

(0−1

3

)=

(0 · 3− 1 · (−1)

1 · 0− 2 · 32 · (−1)− 0 · 0

)=

(1−6−2

).

Ubung 4: Rechne nach, dass E : 4x1 − 3x2 − 5x3 = −9 eine Koordinatengleichung von

E : −→x =

(112

)+ s

(211

)+ t

(3−1

3

); s, t ∈ R ist.

6 Warum die Koordinatenform so toll ist

Wer kennt dieses Problem nicht: man soll eine Ebene mit einer Geraden (beide in Parameterform)schneiden und weiß zwar wie das prinzipiell geht, erhalt als Losung des zugehorigen LGS aberirgendwelche falschen 437stel. Argerlich, nicht wahr?Doch damit ist nun Schluss! Verwendet man die Koordinatenform der Ebenengleichung, so klapptalles ganz wunderbar. Fur die folgenden Beispiele sei

E : 4x1 − 3x2 + x3 = 4 .

a) Punktprobe: Liegen P ( 2 | 3 | 4 ) und Q ( 1 | −3 | −9 ) auf E ?Man braucht nichts weiter zu tun, als die Koordinaten von P bzw. Q fur x1, x2, x3 in dieKoordinatenform von E einzusetzen:

4 · 2− 3 · 3 + 4 = 3 6= 4 , also ist P /∈ E.

4 · 1− 3 · (−3)− 9 = 4 , also ist Q ∈ E.

b) Schnitt Gerade-Ebene: Schneidet g : −→x =

(476

)+ s

(121

); s ∈ R, die Ebene E ?

Die Koordinaten eines Punktes X ∈ g lauten: x1 = 4 + s, x2 = 7 + 2s, x3 = 6 + s. Diese setztman in E ein:

4(4 + s)− 3(7 + 2s) + (6 + s) = 4 =⇒ s = −3 .

Somit schneiden sich g und E im Punkt D mit

−−→OD =

(476

)− 3

(121

)=

(113

).

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M 11 / Glosauer Metrische Geometrie des R3 9

c) Spurpunkte: Um den Schnittpunkt von E mit der x1-Achse zu bestimmen, muss man lediglichx2 = x3 = 0 in E einsetzen (denn dies erfullen alle Punkte auf der x1-Achse):

4x1 + 0 + 0 = 4 , also x1 = 1, d.h. D1 ( 1 | 0 | 0 ) .

Ebenso schnell erhalt man D2 ( 0 | −43 | 0 ) und D3 ( 0 | 0 | 4 ).

Merke: Die Spurpunkte einer Ebene E : ax1 + bx2 + cx3 = d sind gegeben durch

D1 ( da | 0 | 0 ), D2 ( 0 | d

b | 0 ), D3 ( 0 | 0 | dc )

(falls a, b, c 6= 0). Ist z.B. a = 0 , so gibt es D1 nicht (falls d 6= 0) und die Ebene istparallel zur x1-Achse etc.

d) Schnitt Ebene-Ebene: Untersuche die gegenseitige Lage der Ebenen E und

E′ : −→x =

(−355

)+ s

(−871

)+ t

(2−1

2

); s, t ∈ R .

Die drei Koordinaten eines Punktes X ∈ E′ lauten

x1 = −3− 8s+ 2t , x2 = 5 + 7s− t , x3 = 5 + s+ 2t ,

und diese setzt man einfach in die Koordinatengleichung von E ein:

4(−3− 8s+ 2t)− 3(5 + 7s− t) + (5 + s+ 2t) = 4 .

Zusammenfassen liefert −52s+ 13t = 26, also t = 2 + 4s. Setzt man dies in E′ ein, so erhaltman die Gleichung der Schnittgeraden:

gs : −→x =

(−355

)+ s

(−871

)+ (2 + 4s)

(2−1

2

)=

(139

)+ s

(039

); s ∈ R .

(Will man mit gs weiterrechnen, so sollte man noch den Faktor 3 im Richtungsvektor aus-klammern, um handlichere Zahlen zu bekommen.)

d’) Schnitt Ebene-Ebene: (beide in KF) Schneide E mit E′ : 5x1 + 6x2 − 2x3 = 5.

Wir suchen alle Punkte, die auf E und E′ liegen, also Losungen des LGS

I : 4x1 − 3x2 + x3 = 4II : 5x1 + 6x2 − 2x3 = 5

2I+II−→ I : 4x1 − 3x2 + x3 = 4IIa : 13x1 = 13

Aus IIa folgt x1 = 1; in I einsetzen ergibt: −3x2 + x3 = 0. Wahlt man x2 = s ∈ R frei, so istx3 = 3s. Die Losungsmenge ist somit L = { (1; s; 3s) | s ∈ R } , was eine Gerade mit folgenderGleichung darstellt:

gs : −→x =

(1s3s

)=

(100

)+ s

(013

); s ∈ R .

Beurteilung des Schnittproblems zweier Ebenen, falls• eine in KF und die andere in PF gegeben ist: straightforward, geringer Rechenaufwand.• beide in KF gegeben sind: immer noch geringer Rechenaufwand, aber es muss ein 2×3-LGS

gelost und seine Losungsmenge als Gerade interpretiert werden.• beide in PF gegeben sind (s. fruher): sehr großer Aufwand beim Losen des 3×4-LGS und

beim Interpretieren der Losungsmenge.

Fazit: Will man Schnittprobleme ohne großen LGS-Arger in den Griff bekommen, so sollteeine der beteiligten Ebenen zunachst immer auf Koordinatenform gebracht werden!

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M 11 / Glosauer Metrische Geometrie des R3 10

Aufgaben zur Normalen- und Koordinatenform

(1) Gib eine Koordinatengleichung fur die Ebene E :

[−→x −

(312

)]·(

1−4

2

)= 0 an.

(2) Gib eine Normalenform fur E : 2x1 − 3x2 + 4x3 = 12 an.

(3) Eine Ebene E durch den Punkt P (2 | − 5 | 7) besitzt den Normalenvektor −→n = (2; 1;−2)t.Liegen A (2 | 7 | 1) bzw. B (0 | − 1 | 7) auf E?

(4) Bestimme eine Koordinatenform der folgenden Ebenen (verwende das Vektorprodukt, umeinen Normalenvektor zu finden).

a) E : −→x =

(212

)+ s

(130

)+ t

(−213

); s, t ∈ R b) E : −→x = s

(211

)+ t

(115

); s, t ∈ R

c) E = (PQR) mit P ( 1 | 1 | 1 ), Q ( 2 | − 1 | 4 ), R ( 0 | 8 | 3 )

(5) Schneide die Gerade g durch P ( 13 | 7 | − 1 ) und Q ( 12 | 4 | 3 ) mit E : x1 + 3x2 − 4x3 = 12.

(6) Bestimme die Schnittgerade der Ebenen E1 und E2 auf zwei verschiedene Arten und vergleicheden Rechenaufwand (lasse entweder beide in PF bzw. KF oder wandle zunachst eine derEbenen in KF bzw. PF um)!

a) E1 : −→x =

(103

)+ s

(210

)+ t

(110

), E2 : −→x =

(232

)+ s

(212

)+ t

(201

); s, t ∈ R

b) E1 : −x1 + 2x2 + x3 = 2, E2 : x1 + x2 + x3 = 1

(7) Bestimme die Spurpunkte der Ebene E sowie ihre Spurgeraden (= Schnittgeraden mit denKoordinatenebenen). Zeichne die Ebene.

a) E :

[−→x −

(12−1

)]·(

110

)= 0 b) E : −→x =

(450

)+ s

(135

)+ t

(1−1

1

); s, t ∈ R

(8) Mache dir die folgenden Aussagen anhand einer Skizze klar!

• Zwei Ebenen sind parallel, wenn ihre Normalenvektoren l.a. sind.

• Zwei Ebenen sind orthogonal, wenn ihre Normalenvektoren orthogonal sind.

• Eine Gerade ist parallel zu einer Ebene, wenn ihr Richtungsvektor orthogonal zum Nor-malenvektor der Ebene ist.

• Eine Gerade ist orthogonal zu einer Ebene, wenn ihr Richtungsvektor und der Norma-lenvektor der Ebene l.a. sind.

Untersuche damit die gegenseitige Lage der folgenden Ebenen und der Geraden g = (PQ)mit P ( 1 | 1 | 1 ), Q ( 4 | 11 | 2 ).

E1 : 2x1 − x2 + 4x3 = 12 ; E2 :

[−→x −

(102

)]·(

161

)= 0 ; E3 : −6x1 + 3x2 − 12x3 = 0

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7 Abstandsberechnungen im R3

Nun kommen wir zum eigentlichen Inhalt der metrischen Geometrie: Abstandsberechnungen zwi-schen geometrischen Objekten des dreidimensionalen Raumes wie Punkten, Geraden und Ebenen(wo wir auch leider schon wieder aufhoren. . .)

7.1 Abstand Punkt – Ebene

Der Abstand d(Q; E) eines Punktes Q von einer Ebene E, ist die kleinste aller Entfernungenvon Q zu den Punkten der Ebene. Wie man diese bestimmen kann, zeigt das folgende

Beispiel 1: Bestimme den Abstand des Punktes Q( 4 | −1 | 4 ) von E : 2x1 − x2 + 2x3 = 8.

Um den Punkt F ∈ E zu finden, zu dem Q denkleinsten Abstand besitzt, fallen wir das Lot vonQ auf E.Dazu schneiden wir die Lotgerade l mit E und er-halten als Schnittpunkt den Lotfußpunkt F vonQ auf E. Weil das Lot senkrecht auf E steht, ist derRichtungsvektor

−−→FQ der Lotgeraden l ein Vielfa-

ches des Normalenvektors −→n der Ebene; wir konnenalso schreiben

l : −→x =

(4−1

4

)+ s

(2−1

2

); s ∈ R .

Um l mit E zu schneiden, setzen wir die Koordinaten eines Punktes auf l, namlich x1 = 4+2s,x2 = −1− s, x3 = 4 + 2s, in E ein:

2(4 + 2s)− (−1− s) + 2(4 + 2s) = 8 =⇒ 9s+ 17 = 8 , also s = −1 .

Eingesetzt in l ergibt s = −1, dass F ( 2 | 0 | 2 ) ist. Damit folgt fur den Abstand von Q zu E

d(Q;E) = |−−→FQ| =

∣∣∣( 2−1

2

)∣∣∣ =√

9 = 3 .

Ubung 1: Bestimme den Abstand des Punktes Q( 8 | 5 | 9 ) von der Ebene E : 3x1 + 4x3 = 10.

Ubung 2: Finde zwei Punkte, die Abstand 6 von der Ebene E : 2x1 + 2x2 + x3 = 2 haben!

Um die lastige Berechnung des Lotfußpunktes nicht jedesmal aufs Neue durchfuhren zu mussen,rechnen wir jetzt allgemein und erhalten so eine Formel, mit der sich ohne jeglichen Denkaufwandder Abstand eines Punktes von einer Ebene bestimmen lasst!

SATZ Der Abstand eines PunktesQ (Ortsvektor−→q ) von einer Ebene E : (−→x−−→p ) ·−→n =0 ist gegeben durch

d(Q;E) = |(−→q −−→p ) ·−→n0 | ,

wobei −→n0 =1|−→n |−→n der Einheits-Normalenvektor von E ist.

Beweis: Um die Lotgerade l : −→x = −→q + s−→n ; s ∈ R, mit der Ebene E : (−→x − −→p ) ·−→n = 0 zu schneiden,setzen wir das −→x aus l in E ein:

0 =[

(−→q + s−→n )−−→p]·−→n = −→q ·−→n + s−→n 2 −−→p ·−→n = s−→n 2 + (−→q −−→p ) ·−→n ,

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M 11 / Glosauer Metrische Geometrie des R3 12

was auf s = − (−→q −−→p ) ·−→n−→n 2 fuhrt. Einsetzen von s in l liefert den Ortsvektor des Fußpunktes F :

−→f = −→q + s−→n = −→q − (−→q −−→p ) ·−→n

−→n 2−→n .

Damit berechnet sich der Abstand von Q zu E als

d(Q;E) = |−−→FQ| = |−→q −

−→f | =

∣∣∣ (−→q −−→p ) ·−→n−→n 2

−→n∣∣∣ =

∣∣∣ (−→q −−→p ) ·−→n−→n 2

∣∣∣ |−→n | ,wobei im letzten Schritt verwendet wurde, dass |r−→n | = |r| |−→n | fur jedes r ∈ R gilt (beachte: |r| ist dergewohnliche Betrag in R, wahrend |−→n | der Betrag eines Vektors ist). Wegen −→n 2 = |−→n |2 kurzt sich ein |−→n |und wir erhalten

d(Q;E) =∣∣∣ (−→q −−→p ) ·−→n

|−→n |

∣∣∣ = |(−→q −−→p ) ·−→n0 | . �

Beispiel 2: Wir rechnen Beispiel 1 mit Hilfe des Satzes.

Zunachst bestimmen wir den Einheits-Normalenvektor von E:

−→n0 =1|−→n |−→n =

13

(2−1

2

).

Wegen P ( 4 | 0 | 0 ) ∈ E istEHF :

[−→x −

(400

)]· 1

3

(2−1

2

)= 0

eine Normalenform von E, in welcher der Normalenvektor die Lange 1 hat; man nennt sie dieHessesche Normalenform1. Nun brauchen wir nichts weiter zu tun, als in der linken Seite−→x durch −→q zu ersetzen und den Betrag von der so entstehenden Zahl zu nehmen:

d(Q;E) =

∣∣∣∣∣[(

4−1

4

)−

(400

)]· 1

3

(2−1

2

)∣∣∣∣∣ =13

∣∣∣∣∣(

0−1

4

)·(

2−1

2

)∣∣∣∣∣ =13|9| = 3 .

Ubung 3: Lose Ubung 1 mit Hilfe des Satzes.

Nun uberlegen wir uns noch, wie die Hesse-Form einer Ebene E : ax1 + bx2 + cx3 = d in Koordi-natenform lautet. Mit dem Normalenvektor −→n = (a; b; c)t schreibt sich E als −→x ·−→n = d. Ist P ∈ Emit Ortsvektor −→p , so gilt −→p ·−→n = d; folglich ist (−→x −−→p ) ·−→n = 0 die Normalenform von E.Um dies auf Hesse-Form zu bringen, teilen wir −→n durch seinen Betrag |−→n | =

√a2 + b2 + c2 :

EHF : 0 = (−→x −−→p ) ·−→n0 = (−→x −−→p ) ·( 1|−→n |−→n)

=1|−→n |

((−→x −−→p ) ·−→n

)=−→x ·−→n −−→p ·−→n√a2 + b2 + c2

,

also lautet die Koordinatendarstellung der Hesseschen Normalenform

EHF :ax1 + bx2 + cx3 − d√

a2 + b2 + c2= 0

Beispiel 3: Die Koordinatendarstellung der Hesse-Form von E : 2x1 − x2 + 2x3 = 8 lautet

EHF :2x1 − x2 + 2x3 − 8

3= 0

(da |−→n | =√

22 + (−1)2 + 22 = 3). Um den Abstand von Q ( 4 | − 1 | 4 ) zu E zu bestimmen,muss man laut obigem Satz nur noch die Koordinaten von Q einsetzen (und den Betragnehmen):

d(Q;E) =∣∣∣ 2 · 4− (−1) + 2 · 4− 8

3

∣∣∣ =93

= 3 .

1nach Ludwig Otto Hesse (1811-1874)

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M 11 / Glosauer Metrische Geometrie des R3 13

Merke: Eine Ebenengleichung der Form

EHF : (−→x −−→p ) ·−→n0 = 0 bzw.ax1 + bx2 + cx3 − d√

a2 + b2 + c2= 0 ,

in welcher der Normalenvektor Lange 1 besitzt, heißt Hessesche Normalenform.Sie ist sehr nutzlich, wenn man den Abstand eines Punktes Q ( q1 | q2 | q3 ) vonder Ebene E berechnen will, denn es gilt

d(Q;E) = |(−→q −−→p ) ·−→n0 | bzw. d(Q;E) =∣∣∣ aq1 + bq2 + cq3 − d√

a2 + b2 + c2

∣∣∣ .

Ubung 4: Zeige, dass A ( 12 | 0 | 0 ), B ( 12 | 8 | 6 ), C ( 2 | 8 | 6 ), D ( 2 | 0 | 0 ) und S ( 7 | 16 | − 13 )die Ecken einer quadratischen Pyramide sind und berechne ihr Volumen.

Anmerkung: Lasst man die Betragsstriche in der Abstandsformel weg, so erhalt man den sogenanntenorientierten Abstand

dor(Q;E) = (−→q −−→p ) ·−→n0

eines Punktes Q von einer Ebene E. Dieser kann auch negativ werden und was dies bedeutet, wollenwir nun verstehen.Im folgenden sei immer O /∈ E und der Einheits-Normalenvektor −→n0 so orientiert, dass er vomUrsprung weg zeigt (von E aus gesehen). Dies erkennt man daran, dass −→p ·−→n0 > 0 gilt fur jedenPunkt P ∈ E mit Ortsvektor −→p (macht euch an einer Skizze klar warum!).

Wir wollen den Abstand d des Punktes Q von der EbeneE in der Figur rechts durch eine geometrische Uberlegungbestimmen: d taucht als Ankathete des Winkels ϕ imDreieck PQR nochmals auf, also ist d = |−→q −−→p | · cosϕ.Nun gilt aber auch

(−→q −−→p ) ·−→n0 = |−→q −−→p | · |−→n0 | · cosϕ = |−→q −−→p | · cosϕ

(erinnere: geometrische Bedeutung des Skalarprodukts!),wobei |−→n0 | = 1 eingeht.In der Figur liegt Q “oberhalb” der Ebene (bezogen aufden Ursprung O), so dass ϕ ∈ [0◦; 90◦) und cosϕ > 0 ist.

Damit wird auch (−→q −−→p ) ·−→n0 = |−→q −−→p | · cosϕ positiv, und ist gleich dem gesuchten Abstand d:

d = (−→q −−→p ) ·−→n0 .

Lage Q auf derselben Seite von E wie der Ursprung (also “unterhalb” von E im Bild), so wareϕ > 90◦ und damit cosϕ < 0. In diesem Fall wird das Skalarprodukt (−→q −−→p ) ·−→n0 negativ und

d = −(−→q −−→p ) ·−→n0 .

Insgesamt erhalten wir wie bereits bekannt, dass d = |(−→q − −→p ) ·−→n0 | ist, verstehen nun aber, wasdas Vorzeichen der Zahl in den Betragsstrichen bedeutet:

Zeigt der Normalenvektor −→n0 einer Ebene vom Ursprung O weg, dann bedeutet

dor(Q;E) = (−→q −−→p ) ·−→n0 > 0, dass Q und O auf verschiedenen Seiten von E liegen.

dor(Q;E) = (−→q −−→p ) ·−→n0 < 0, dass Q und O auf derselben Seite von E liegen.

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Aufgaben zur Hesseschen Normalenform

(Abstand Punkt - Ebene)

(1) Bestimme den Abstand des Punktes Q von der Ebene E.

a) Q ( 2 | 4 | − 1 ) und E :

[−→x −

(35−1

)]·(

2−1

2

)= 0

b) Q ( 8 | 4 | 1 ) und E : 3x1 − x2 + 5x3 = 9

c) Q ( 3 | 3 | 5 ) und E = (ABC) mit A ( 2 | 0 | 4 ), B ( 6 | 7 | 1 ), C (−2 | 3 | 7 )

(2) Zeige, dass die Ebenen E1 und E2 parallel sind und berechne ihren Abstand d(E1;E2).

a) E1 : 2x1 − 3x2 + x3 = 4 und E2 : 2x1 − 3x2 + x3 = 7

b) E1 : 2x1 − x2 + 5x3 = 7 und E :

[−→x −

(511

)]·(−2

1−5

)= 0

c) E1 = (ABC) mit A ( 4 | 1 | 0 ), B ( 5 | 3 | 1 ), C ( 3 | 4 | 3 )

E2 = (PQR) mit P ( 5 | 11 | 10 ), Q ( 8 | 12 | 9 ), R ( 13 | 12 | 6 )

(3) Gib die Gleichungen der Ebenen an, die parallel zu E : 2x1 − x2 − 2x3 = 4 verlaufen undden Abstand 6 von E haben.

(4) Gegeben sind die Ebenen E1 : 3x1 − 6x2 + 22x3 = 5 und E2 : 3x1 − 6x2 + 22x3 = 19.Bestimme die Gleichung der Ebene E, die von E1 und E2 gleich weit entfernt ist.

(5) Gegeben ist ein Kreis k mit Mittelpunkt O ( 0 | 0 | 0 ), auf dessen Rand die Punkte P ( 0 | 2 | −1 )und Q (−1 | 2 | 0 ) liegen. Dieser Kreis ist die Grundflache eines (schiefen) Kegels, dessen Spitzebei S ( 4 | − 2 | 6 ) liegt. Skizziere diesen Kegel und berechne sein Volumen.

(6) (Spiegeln an einer Ebene)

a) Spiegle den Punkt A ( 2 | 0 | 10 ) an der Ebene E : 2x1 + 3x2 + 6x3 = 15. Welcher derPunkte A bzw. A′ (Spiegelpunkt) liegt auf derselben Seite von E wie der Ursprung?

b) Zeige allgemein: liegen die Punkte A und A′ spiegelbildlich bezuglich E : (−→x −−→p ) ·−→n0 =0, dann gilt fur ihre Ortsvektoren

−→a ′ = −→a − 2d−→n0 , wobei d = (−→a −−→p ) ·−→n0 = dor(A;E) .

c) Spiegle die Gerade g : −→x =

(62−4

)+s

(40−5

); s ∈ R an der Ebene E : 2x1+x2−2x3 = 4.

∗(7) Finde Ebenen, die durch die Punkte A ( 2 | 3 | 4 ) und B ( 6 | 5 | 16 ) verlaufen und den Abstand2 vom Ursprung besitzen.

Losungen: (1) a) 13 ; b) 16√

35; c) 7

5 // (2) a) 3√14

; b) 7√30

; c) 135√

2// (3) E1 : 2x1 − x2 − 2x3 = 22, E2 :

2x1−x2−2x3 = −14 // (4) E : 3x1−6x2 +22x3 = 12 (Abstand zu E1 und E2: 723 ) // (5) V = 1

3πr2h = 10π

// (6) a) A′ (−2 | − 6 | − 2 ), A′ und O liegen auf derselben Seite von E; c) g′ : −→x = (2; 2; 1)t + s(4; 4;−3)t;s ∈ R // (7) E1 : 6x1 − 18x2 + x3 = −38 oder E2 : −2x1 − 2x2 + x3 = −6

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7.2 Abstand Punkt – Gerade

Der Abstand d(Q; g) eines Punktes Q von einer Geraden g ist die kleinste aller Entfernungenvon Q zu den Punkten von g.Leider lasst sich eine Gerade im R3 nicht mit Hilfe eines Normalenvektors beschreiben (da es – imGegensatz zum R2 – unendlich viele Geraden gibt, die zu einem festen Vektor orthogonal sind), d.h.es gibt keine Hessesche Normalenform einer Geradengleichung. Daher gibt es keine so handlicheFormel zur Abstandsberechnung wie im letzten Abschnitt.

Beispiel 1: Bestimme den Abstand von Q ( 0 | 8 | 5 ) zu g : −→x =

(358

)+ s

(212

); s ∈ R .

Wir mussen den Lotfußpunkt F von Q auf g be-stimmen. Dazu wahlen wir einen beliebigen PunktP auf g aus, P ( 3+2s | 5+s | 8+2s ), und betrachtenden Verbindungsvektor

−−→QP =

(3 + 2s5 + s8 + 2s

)−

(085

)=

(3 + 2s−3 + s3 + 2s

).

Fur den Fußpunkt F ∈ g muss−−→QF ·−→ug = 0 gelten,

also (3 + 2s−3 + s3 + 2s

)·(

212

)= 0 =⇒ 6 + 4s− 3 + s+ 6 + 4s = 0 =⇒ s = −1 .

Damit ist F ( 1 | 4 | 6 ) und wir erhalten fur den gesuchten Abstand

d(Q; g) = |−−→QF | =

∣∣∣( 1−4

1

)∣∣∣ =√

18 = 3√

2 .

Ubung 1: Zeige: Q ( 2 | − 3 | 5 ) hat von g : −→x =

(433

)+ s

(21−1

); s ∈ R den Abstand 2

√5.

Merke: Der Abstand eines Punktes Q von der Geraden g ist d(Q; g) = |−−→QF |, wobei man

die Koordinaten des Fußpunktes F aus der Bedingung−−→QF ·−→ug = 0 bestimmt.

Beispiel 2: Bestimme den Flacheninhalt des Dreiecks ABC mit den Eckpunkten A ( 3 |−2 |−8 ),B (−5 | 4 | 16 ), C ( 2 | 5 | 4 ).

Die Hohe hc des Dreiecks ist nichts weiter als der Abstand des Punktes Q = C von derGeraden g = (AB). Wir bestimmen den Fußpunkt F von C auf g. Es ist

g : −→x =

(3−2−8

)+ s

(−43

12

); s ∈ R und

−−→CF =

(3− 4s−2 + 3s−8 + 12s

)−

(254

)=

(1− 4s−7 + 3s−12 + 12s

).

−−→CF ·−→ug = 0 ergibt

(1− 4s−7 + 3s−12 + 12s

)·(−4

312

)= 0, also −169 + 169s = 0. Somit ist s = 1 und

F (−1 | 1 | 4 ), womit wirhc = d(C; g) = |

−−→CF | =

∣∣∣(−3−4

0

)∣∣∣ = 5

erhalten. Der Flacheninhalt des Dreiecks betragt damit A = 12 · |−−→AB| ·hc = 1

2 · 26 · 5 = 65.

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M 11 / Glosauer Metrische Geometrie des R3 16

Wir sind nun also in der Lage, die Hohe und damit den Flacheninhalt eines beliebigen Dreiecks imR3 zu berechnen. Noch muheloser gelingt dies allerdings unter Verwendung der folgenden Tatsache(Beweis als Kapsele-Ubung):

Schließen zwei Vektoren −→a und−→b den Winkel ϕ ein, so gilt fur

den Betrag ihres Vektorprodukts

|−→a ×−→b | = |−→a | · |

−→b | · sinϕ .

Die Zahl |−→a ×−→b | ist somit der Flacheninhalt des von −→a und

−→b

aufgespannten Parallelogramms!

Da der Flacheninhalt eines Dreiecks ABC halb so groß ist wie der Flacheninhalt des von den Vek-toren

−−→AB und

−→AC aufgespannten Parallelogramms, erhalten wir den extrem nutzlichen

SATZ Den Flacheninhalt eines Dreiecks ABC berechnet man durch 12 |−−→AB ×

−→AC| .

Ubung 2: Lose Beispiel 2 mit Hilfe des Satzes.

Aufgaben zum Abstand Punkt - Gerade

(1) Berechne den Abstand von Q ( 6 | 7 | − 3 ) zu g : −→x =

(214

)+ s

(30−2

); s ∈ R .

(2) Zeige: ist P ein beliebiger Punkt auf der Geraden g, so lasst sich der Abstand des Punktes Qvon g auch als

d(Q; g) =√

(−→q −−→p )2 −((−→q −−→p ) ·−→u 0

)2berechnen, wobei −→p , −→q die Ortsvektoren von P , Q sind und −→u 0 ein Einheits-Richtungsvektorvon g. Lose Aufgabe 1 mit Hilfe dieser Formel.

(3) Die Punkte A (−7 | − 5 | 2 ), B ( 1 | 9 | − 6 ), C ( 5 | − 2 | − 1 ) und S (−2 | 0 | 9 ) bilden die Eckeneiner dreiseitigen Pyramide.

a) Berechne den Flacheninhalt des Grund-Dreiecks ABC auf zwei Arten.

b) Berechne das Volumen der Pyramide ABCS.

(4) Gegeben ist die Gerade g durch den Punkt A ( 5 | 7 | 9 ) mit Richtung −→ug =

(1243

)und der

Punkt Q (−7 | − 3 | 14 ).

a) Bestimme den Fußpunkt F des Lotes von Q auf g und berechne den Flacheninhalt desDreiecks AQF (auf zwei Arten).

b) Rotiert die Strecke AQ um die Gerade g, so entsteht ein Kegel. Berechne dessen Volumen.

Losungen:(1) d(Q; g) = 7 // (3) a) G = 81; b) V = 1

3 · 81 · 9 = 243 // (4) a) F (−7 | 3 | 6 ), A = 65; b) V = 1300π3

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7.3 Abstand windschiefer Geraden

Den Abstand zweier paralleler Geraden g und h bestimmt man, indem man einen beliebigen PunktQ ∈ h wahlt und dann d(Q; g) mit dem Verfahren des letzten Abschnitts berechnet.

Nun soll es darum gehen, wie man den Abstand zweier wind-schiefer Geraden g und h bestimmen kann. Dieser Abstandist die Lange des gemeinsamen Lotes l = (GH) (siehe Bild)beider Geraden. Aufgrund der beiden rechten Winkel sowohlbei G als auch bei H ist d die kurzeste Entfernung zwischenPunkten von g und Punkten von h.(Dass fur zwei windschiefe Geraden immer ein solches Punktepaar(G,H) existiert, wird in Aufgabe 1 behandelt.)Um d ohne viel Rechnerei zu bestimmen, verwenden wir dieparallelen Hilfsebenen Eg und Eh durch g bzw. h, die denNormalenvektor −→n = −→ug × −→uh haben, der somit senkrechtauf den Richtungsvektoren −→ug und −→uh von g und h steht.Jeder Punkt von Eh, also auch Q ∈ h, besitzt den Abstand d von Eg : (−→x −−→p ) ·−→n0 = 0 und mit demSatz aus 7.1 erhalten wir fur den gesuchten Abstand der Geraden d = d(Q;Eg) = |(−→q −−→p ) ·−→n0 | .

SATZ Die windschiefen Geraden g : −→x = −→p + s−→ug und h : −→x = −→q + s−→uh (s ∈ R)besitzen den Abstand

d(g;h) = |(−→q −−→p ) ·−→n0 | ,

wobei −→n0 =1

|−→ug ×−→uh|−→ug ×−→uh ist.

Beispiel: Bestimme den Abstand von g : −→x =

(718

)+s

(235

)und h : −→x =

(39

12

)+s

(1−1

1

); s ∈ R .

Es ist −→n = −→ug ×−→uh =

(235

(1−1

1

)=

(83−5

)und −→n0 = 1√

98

(83−5

)= 1

7√

2

(83−5

).

Anwenden des Satzes liefert fur den Abstand der Geraden g und h:

d(g;h) = |(−→q −−→p ) ·−→n0 |

=

∣∣∣∣∣[(

39

12

)−

(718

)]· 1

7√

2

(83−5

)∣∣∣∣∣ =1

7√

2

∣∣∣∣∣(−4

84

)·(

83−5

)∣∣∣∣∣=

17√

2| − 32 + 24− 20 | = 4√

2

Ubung: Rechne nach, dass

a) g : −→x =

(255

)+ s

(113

)von h : −→x = s

(−1−1−3

); s ∈ R den Abstand

√10 hat.

b) g : −→x =

08

−√

5

+ s

(1−1

2

); s ∈ R Abstand 1 von der x2-Achse besitzt.

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Aufgaben zum Abstand windschiefer Geraden

(1) (Explizite Berechnung des gemeinsamen Lotes)

a) Gegeben sind die beiden windschiefen Geraden

g : −→x =

(27−6

)+ s

(230

); s ∈ R und h : −→x =

(2−3

7

)+ t

(20−1

); t ∈ R .

Berechne das gemeinsame Lot von g und h, d.h. finde Punkte G ∈ g und H ∈ h, so dass

−−→GH ·−→ug = 0 und

−−→GH ·−→uh = 0

gilt (dies fuhrt auf ein LGS fur s und t). Bestimme so den Abstand von g und h;kontrolliere dein Ergebnis mit Hilfe der Formel aus dem Satz.

∗b) Fuhre die Rechnung aus a) allgemein fur zwei windschiefe Geraden

g : −→x = −→p + s−→u0 ; s ∈ R und h : −→x = −→q + t−→v0 ; t ∈ R

durch, wobei die Richtungsvektoren −→u0 und −→v0 von g und h o.B.d.A. Lange 1 haben.Uberlege, wieso das entstehende LGS fur s und t immer eine Losung besitzt (hier spieltdie lineare Unabhangigkeit von −→u0 und −→v0 eine Rolle!).

(2) Ein Tetraeder ist eine dreiseitige Pyramide, deren vier Seitenflachen gleichseitige Dreieckesind. Bestimme den Abstand zweier windschiefer Kanten eines Tetraeders der Seitenlange 1.(Wahle dazu ein geeignetes Koordinatensystem, so dass z.B. eine Ecke des Tetraeders imUrsprung liegt und eine Kante entlang einer Koordinatenachse verlauft.)

(3) Ein Oktaeder ist die Figur, die man erhalt, wenn man die (benachbarten) Mittelpunkte derSeitenflachen eines Wurfels verbindet. Skizziere ein Oktaeder und bestimme den Abstandzweier windschiefer Kanten, wenn die Kantenlange des Oktaeders 1 betragt. (Wahle wiederein geeignetes Koordinatensystem.)

Losungen: (1) a) G (−2 | 1 | − 6 ), H ( 4 | − 3 | 6 ), d(g;h) = 14 // (2)√

22 // (3)

√6

3