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III. Schiffbau- und meerestechnische Industrie in Deutschland

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1. Seeschiffbau

Produktion

Die Auslastung der deutschen Seeschiffswerftenim Handelsschiffneubau hielt sich im Jahr 2007 lautVerbandsstatistik auf dem Niveau der beiden Vorjah-re. Mit 74 Ablieferungen und einer Vermessung von1,4 Mio. GT wurde das bereits gute Ergebnis des Jah-res 2006 leicht übertroffen. Durch das seit 1. Januar2007 gültige neue Berechnungssystem der OECDblieb die gewichtete Tonnage jedoch unverändert bei1,2 Mio. CGT. Das Schiffstypen- und Größenspek-trum der deutschen Schiffbauproduktion ergab beidem neuen Berechnungssystem insgesamt rund 6 %niedrigere CGT-Werte als nach der alten Methode.

Der Wert der Ablieferungen stieg gegenüberdem Vorjahr um rund 7 % auf 3,1 Mrd. €. Diese Ent-wicklung spiegelt zwar das gestiegene Preisniveauauf dem Weltmarkt wider. Aufgrund der stark gestie-genen Kosten für Material, Energie und Komponen-ten sowie durch höhere Löhne und Gehälter stellt diepositive Umsatzentwicklung aber keine Verbesserungder Ertragslage der Werften dar. Der wertmäßigeExportanteil der Produktion sank gegenüber dem Jahr2006 von 60 % auf 57 %.

Bei der Verteilung der Neubauproduktion nachBundesländern lagen Niedersachsen und Mecklen-burg-Vorpommern erneut in vorderster Position. Nie-dersächsische Werften lieferten 25 Schiffe, die einemCGT-Anteil von 33 % und einem Wertanteil von 41 %entsprachen. In Mecklenburg-Vorpommern wurden26 Schiffe fertig gestellt, die 41 % der CGT-Produkti-on ausmachten und hinsichtlich des Auftragswertes36 % beitrugen. Geringere Unterschiede bei den pro-zentualen Anteilen ergaben sich für die sieben Ablie-ferungen in Schleswig-Holstein, die 10 % der CGTund 11 % des gesamten Ablieferungswertes auf sich vereinigten. Für Hamburg und Bremen zusam-men wurden 16 Ablieferungen gemeldet, die nachCGT-Basis auf 14 % und dem Wert nach auf 13 %kamen.

Im Mittelpunkt der deutschen Ablieferungenstanden erneut die Containerschiffe mit 54 Neubau-ten, die einem CGT-Anteil von rund 70 % entspra-chen. Passagierschiffe einschließlich Yachten kamenbei acht Ablieferungen auf rund 20 %. Auf drei Pro-duktentanker entfielen 4 %. Ferner kamen je zweiRo-Ro-Schiffe und LPG-Tanker mit je 2 % zur Ablie-ferung sowie fünf nicht Fracht tragende Schiffe(Offshore-Versorger, Schlepper, Lotsenschiffe u.a.)mit 1 %.

Anzahl GT % CGT %

Öltanker 3 80.103 5,8 48.027 4,1Chemikalien-/Produktentanker – – – – –Massengutschiffe – – – – –Frachtschiffe – – – – –Containerschiffe 54 1.048.617 75,8 814.741 69,6Ro-Ro-Schiffe 2 31.200 2,3 28.044 2,4Gastanker 2 27.786 2,0 28.498 2,4Fähren/Passagierschiffe 8 191.358 13,8 238.570 20,4Andere Schiffe 5 4.856 0,4 13.434 1,1

Gesamt 74 1.383.920 100,0 1.174.314 100,0

Produktion nach Schiffstypen

GT= Gross Tonnage CGT= gewichtete Gross Tonnage

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Auftragseingänge

Die Auftragseingänge, die ein deutlich breiteresSpektrum an Schiffstypen aufwiesen als die Abliefe-rungen, blieben mit 70 Bestellungen über 1,3 Mio.CGT im Wert von 4,9 Mrd. € unter dem Ergebnis desvorangegangenen Jahres. Sie übertrafen aber dasProduktionsvolumen von 2007, so dass der Auftrags-bestand auf hohem Niveau gehalten werden konnte.Das Schwergewicht der neuen Aufträge lag auf 13Passagierschiffen und Yachten, deren CGT-Anteil mit48 % deutlich höher ausfiel als für die 27 bestelltenContainerschiffe, die rund 32 % erreichten. Beacht-lich waren auch die Bestellungen von 16 Stückgut-und vier Ro-Ro-Frachtern, deren Anteile 9 % bzw. 6 % betrugen.

Der Exportanteil der Auftragseingänge fielerheblich höher aus als bei der Produktion. Auf CGT-Basis gingen 68 %, dem Wert der Aufträge nachsogar 79 % an ausländische Kunden. Damit konntendie deutschen Werften auch 2007 erheblich am welt-weiten Auftragsboom im Schiffbaumarkt partizipie-ren.

Bemerkenswert hoch lag der Anteil der nieder-sächsischen Werften. Mit 28 Bestellungen erreichteder CGT-Anteil des westlichsten Küstenlandes 54 %und dem Wert nach 60 % des in Deutschland plat-

zierten Bestellvolumens. Hier fielen insbesondere fünfgroße Kreuzfahrtschiffe ins Gewicht, darunter zweiEinheiten, die mit je 124.000 GT die größten jemals inDeutschland gebauten Passagierschiffe sein werden.Die Werften in Mecklenburg-Vorpommern buchten15 Aufträge, mit denen sie Anteile von 21 % (CGT)und 13 % (Auftragswert) erzielten. An dritter Positionfolgte der Schiffbau Schleswig-Holsteins mit 9 Bestel-lungen, die Anteile von 9 % und 7 % ergaben. Bre-men und Hamburg kamen zusammen auf 18 Aufträ-ge, die Anteilen von 16 % und 19 % entsprachen.

Die 2007 erfolgten Annullierungen von Bestel-lungen blieben mit zwei Aufträgen und 27.700 CGTsehr gering und hatten keinen nennenswerten Ein-fluss auf die Auslastung der Schiffbaubetriebe. Derar-tige Stornierungen können z. B. durch geänderte Pla-nungen der Auftraggeber oder durch geänderteBedingungen bei der Finanzierung ausgelöst werden.

Auftragsbestände

Mit Aufträgen für 239 Schiffe und 4,1 Mio. CGThat sich der Auftragsbestand gegenüber Ende 2006geringfügig erhöht. Die Auftragswerte hingegen stei-gerten sich um 14,5 % auf 15,4 Mrd. €. Der Export-anteil der Bestellungen hat sich gegenüber 2006 ver-größert. Die 112 für ausländische Abnehmer

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Anzahl GT % CGT %

Öltanker – – – – –Chemikalien-/Produktentanker – – – – –Massengutschiffe 2 41.000 3,2 24.752 2,0Frachtschiffe 16 93.400 7,3 107.390 8,6Containerschiffe 27 491.981 38,6 395.147 31,5Ro-Ro-Schiffe 4 100.940 7,9 75.940 6,1Gastanker – – – – –Fähren / Passagierschiffe 13 524.700 41,2 605.256 48,3Andere Schiffe 8 21.274 1,7 44.910 3,6

Gesamt 70 1.273.295 100,0 1.253.395 100,0

Auftragseingänge nach Schiffstypen

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bestimmten Schiffe entsprachen mit einem Wert von11,6 Mrd. € einem Anteil von 75 % des gesamtenAuftragsbestandes.

Auch bei den Auftragsbeständen rangierteNiedersachsen an erster Stelle unter den Bundeslän-dern. Die 76 Aufträge hatten ein Volumen von 1,7Mio. CGT, das einem Anteil am deutschen Auftrags-bestand von rund 43 % entsprach. Aufgrund derenthaltenen Kreuzfahrtschiffe lag der Anteil demAuftragswert nach sogar bei 44 %. Bei den Schiff-baubetrieben in Mecklenburg-Vorpommern lagen62 Bestellungen vor, die 26 % in CGT und 19 % aufWertbasis ausmachten. Hierin enthalten waren u. a.zwei Ro-Ro-Passagierschiffe, die nach Fertigstellungzu den größten Fähren der Welt gehören werden.

Die Werften in Schleswig-Holstein verfügten am Jah-resende über 43 Neubauorder, deren Anteile 16 %(CGT) und 13 % (Wert) betrugen. Hierzu gehörtenu.a. zahlreiche Ro-Ro-Frachter für den Einsatz iminnereuropäischen Gütertransport, darunter einRo-Lo-Spezialschiff für den Transport von Kompo-nenten für Windenergieanlagen, bei dem ein seitlangem bekanntes umweltfreundliches Windan-triebskonzept für Schiffe durch modernste Technikerneut zur Anwendung kommt. In den Küstenstadt-staaten Hamburg und Bremen lagen bei den Schiff-bauunternehmen 58 Bestellungen vor. Aufgrundder zahlreichen darin enthaltenen Yachten war derUnterschied zwischen dem CGT-Anteil von 16 %und dem Wertanteil von 24 % hier besonders aus-geprägt.

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Containerschiff „Posen“, 27.968 GT, 2.741 TEU

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Im Vergleich zur Typenstruktur der Produktionund der Auftragseingänge wiesen die Auftragsbe-stände das breiteste Spektrum an Schiffen auf. DieCGT-Anteile der Containerschiffe sowie der Fähr-/Passagierschiffe und Yachten hielten sich mit je 41 %die Waage. Die 111 gebuchten Containerschiffezählen überwiegend zu den so genannten Feeder-Einheiten, deren Ladekapazität zwischen 650 und3.500 TEU liegt. Betrachtet man jedoch die Auftrags-werte, so fielen die Containerschiffe auf 25 % zurück,während die Fähr-/Passagierschiffe und Yachten anerster Stelle mit 57 % dominierten. Dazu trugen vorallem 11 Kreuzfahrtschiffe bei mit 32 %, sechs Fähr-/Passagierschiffe mit 4 % sowie 36 Yachten mit 21 %.Der Bau großer Yachten wird mittlerweile von sechsdeutschen Werften betrieben. Sie sind im oberstenSegment dieses expandierenden Marktes weltweit anführender Position. Von den existierenden zehn größ-ten Yachten der Welt wurden acht bei deutschenWerften gebaut.

Zu den weiteren Schiffen im Bestand der Werf-ten gehörten Ro-Ro-Frachter (CGT-Anteil 6 %),Stückgutfrachter (5 %), LPG-Tanker (2 %), Produk-

tentanker und Massengutschiffe (je 1 %) sowie nichtFracht tragende Schiffe (3 %).

Rechnerisch entsprach der Ende 2007 vorhan-dene Auftragswert fast fünf und auf CGT-Basis drei-einhalb Jahresproduktionen. Tatsächlich sind die ein-zelnen Werften jedoch sehr unterschiedlich ausgela-stet. Einige Betriebe konnten z.T. noch Bauplätze füreinzelne Ablieferungen bis Ende 2009 anbieten,während andere bereits über Aufträge bis 2012 ver-fügten. Obwohl die Auslastung der Betriebe für dieJahre 2008 und 2009 bereits als gesichert angesehenwerden kann, sind weiterhin intensive Akquisitions-anstrengungen notwendig, um die Kontinuität auchin den folgenden Jahren rechtzeitig zu sichern. Dies istauch im Hinblick auf die bereits langfristig ausge-buchten Lieferkapazitäten der Material- und Kompo-nentenhersteller notwendig. Lieferengpässe bei denZulieferungen hatten schon 2007 zu Schwierigkeitenbeim Abschluss von Neubauverträgen geführt.Gleichzeitig besteht für Werften wie für Zulieferer dasProblem der extremen Kostenprogression, das dieKalkulation von Ablieferungen in drei oder vier Jahrenmit besonderen Risiken behaftet.

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2003 2004 2005 2006 2007

PRODUKTION

Anzahl 62 61 69 70 74GT (1.000) 998 977 1.297 1.334 1.384CGT (1.000) 946 907 1.163 1.174 1.171Mio. € 2.780 2.306 2.581 2.919 3.126

AUFTRAGSEINGÄNGEAnzahl 102 86 157 88 70GT (1.000) 1.882 1.666 2.655 1.351 1.273CGT (1.000) 1.602 1.540 2.406 1.414 1.253Mio. € 3.572 4.054 6.552 5.246 4.892

AUFTRAGSBESTÄNDE (Jahresende)

Anzahl 144 147 231 246 239GT (1.000) 2.570 3.022 4.350 4.357 4.249CGT (1.000) 2.323 2.774 3.964 4.229 4.066Mio. € 5.876 7.034 11.084 13.442 15.397

Entwicklung des deutschen Seeschiffbaus

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2. Marinetechnik und Marineschiffbau

Im Jahr 2007 erwirtschafteten deutscheMarinewerften mit Neubauten und Reparatur/Umbauten Umsätze von rund 1,3 Mrd. €. Alswesentliches nationales Beschaffungsvorhaben imÜberwasserbereich konnte die deutsche Marine-schiffbauindustrie im Berichtszeitraum 2007 dendringend erwarteten Vertragsabschluss über vierFregatten des Typs F125 für die Deutsche Marineunterzeichnen.

Damit wurde es möglich, für einen Teil derdeutschen Marinewerften und Marinezulieferindu-strie zumindest eine Grundlast industrieller Ent-wicklungs- und Fertigungskapazitäten für einenmehrjährigen Zeitraum zu sichern. Gleichzeitiggewährleistet dieser neue Schifftyp, der besondersauf lange Standzeiten in internationalen Bündnis-

und Friedenseinsätzen ausgerichtet ist, eine Effizi-enzerhöhung für die Deutsche Marine, verbundenmit einer Referenz für die Produktionswerften undKomponentenzulieferer im Export.

Zur Entscheidungsreife gelangte zudem das 3. Los eines Einsatzgruppenversorgers. Mit einemabschließenden Parlamentsvotum wird in der zwei-ten Jahreshälfte 2008 gerechnet. Beide Vorhabenspiegeln die Neuausrichtung des Einsatzschwer-punktes der Deutschen Marine als Partner interna-tionaler Sicherheitsvorsorge wider.

In ihrem Produktportfolio orientierten sichdeutsche Werften, die national und internationalals Systemhäuser auftreten, am Beschaffungspro-gramm der Deutschen Marine. Allerdings wirddamit im Durchschnitt lediglich ein Drittel desUmsatzes der Marineschiffbauindustrie erwirt-

U-Boot der Klasse 209/1400mod „Queen Modjadji“, 1.700 t Verdrängung

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schaftet. Die deutsche Marineindustrie ist daherauf den Export angewiesen.

Im Überwasserbereich konzentrieren sich dieMarinewerften auf den Bau von Fregatten, Korvet-ten, Offshore-Patrol-Vessels, Minenjagdsystemenund Marineunterstützungsschiffen. In den vergan-genen Jahren konnte allein das MEKO®-System Ver-kaufserfolge von über 60 Einheiten im Export erzie-len. Der Unterwasserbereich ist durch die deutscheweltweit führende Marktposition und durch dieinternationale Technologieführerschaft bei nicht-atombetriebenen, konventionellen U-Booten ge-kennzeichnet. Seit 1960 wurden Exportaufträge fürmehr als 140 Boote und Materialpakete für 17 Natio-nen ausgeführt.

Insgesamt erzielen Marinewerften und Mari-nezulieferunternehmen mit rund 4.000 Beschäftig-ten ca. 25 % des gesamten Schiffbauumsatzes.Auslastungsschwankungen werden durch Aktivitä-ten im Handelsschiffbau ausgeglichen. DurchKombination der Geschäftsfelder werden beson-ders produktive Strukturen gefördert und Spin-off-Effekte genutzt.

Der Umfang nationaler Beschaffungsvorha-ben wird durch den Bundeshaushalt vorgegeben.Seit Jahren ist der Etat des Bundesministers der Ver-teidigung sehr eng gefasst. Die restriktiven Finanz-vorgaben haben sich auch im Berichtszeitraumnicht verändert.

Im November 2007unterzeichnete der Bundes-minister der Verteidigungmit dem Vorsitzenden imAusschuss „Verteidigungs-wirtschaft“ des Bundesver-bandes der DeutschenIndustrie eine gemeinsameErklärung zum Erhalt dernationalen wehrtechnischenKernfähigkeiten. In Abstim-mung mit der deutschenIndustrie wurde hierbei imBereich Marineschiffbau u.a.der Überwasserschiffbau, derU-Bootbau und die Minen-kampffähigkeit als unver-zichtbare deutsche wehr-technische Kernfähigkeit de-finiert.

Export von Marinetechnik

Um den Bestand derdeutschen Marinetechnolo-gie erhalten zu können istderen Export unverzichtbar.Durchschnitttlich realisierendeutsche Marinewerften undMarinezulieferunternehmenWartung einer Gasturbine

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rund zwei Drittel ihres Umsatzes im Ausland. In denletzten Jahren hat sich der Wettbewerb in denExportmärkten deutlich verschärft. Vielfach tretenausländische Wettbewerber mit starker Unterstüt-zung ihrer Regierung auf.

Der Marineschiffbau in Deutschland wird pri-vatwirtschaftlich nach ausschließlich marktwirt-schaftlichen Grundsätzen geführt. Direkte oderindirekte staatliche Subventionen, wie bei zahlrei-chen ausländischen Wettbewerbern, finden inDeutschland nicht statt.

Eine gemeinsame Initiative von Politik undVerwaltung strebt die Schaffung international ein-

heitlicher Wettbewerbsbedingungen, eines„Level-Playing-Fields“, für den Marineschiffbauan. Die Industrie hat, unter Koordinierung desVSM, Verhandlungen mit dem Bundesministeriumder Verteidigung über Maßnahmen zur Unterstüt-zung der Akquisition im Export maritimer Wehr-technik aufgenommen.

Schiffbauprogramme der Deutschen Marine

Technologische Grundlage der operativenHandlungsfähigkeit der Deutschen Marine bildetdie Ausrüstung mit leistungsfähigen deutschenMarineplattformen und -komponenten.

Korvette K130 „Ludwigshafen am Rhein“, 1.840 t Verdrängung

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Eine Neuausrichtung der Deutschen Marineim Verbund der Teilstreitkräfte erfolgte im Berichts-zeitraum mit der Umsetzung des Strategiekonzep-tes „Basis See“. Die Deutsche Marine stellt dazuAufklärungsergebnisse und geschützte Infrastruk-turen für alle Teilstreitkräfte zur Verfügung undbietet logistische Hilfe und Waffenwirkung von Seean Land an.

Das Fähigkeitsprofil der Deutschen Marinefindet seine industrielle Entsprechung in folgendenBeschaffungsvorhaben:

• 2006 bewilligte der Deutsche Bundestag das 2. Los außenluftunabhängiger U-Boote der Klas-se 212 A mit zwei Einheiten. Es dient der Stär-kung der maritimen Fähigkeiten zur verdecktenAufklärung und zum verdeckten Einsatz speziali-sierter Kräfte der Marine im Bereich der Krisen-reaktion. Mit Zulauf des 2. Loses erhöht sich derBestand der Deutschen Marine an Einheiten die-ses Typs auf sechs.

• Mit Indienststellung der Fregatte „Hessen“wurde der Zulauf der neuen Führungsfregattenvom Typ F124 abgeschlossen. Die operative Ein-satzfähigkeit wird bereits beim Einsatz der Deut-schen Marine im Libanon unter Beweis gestellt.

• Im Berichtsjahr wurde die erste von fünf Korvet-ten der Klasse K130 fertig gestellt, erprobt undam 16.4.2008 der Marine übergeben. Der Zulaufder weiteren Korvetten, die durch hohe Seeaus-dauer eine Operationsführung auch in heimatfer-nen Randmeeren und Küstengewässern ermög-licht, erfolgt planmäßig.

• 2007 erfolgte der Beschluss zur Beschaffung vonvier Einheiten der Fregatte F125. Der Zulauf sollab 2014 in Abstimmung mit der Lebensdauer-grenze der Fregatten F122 erfolgen. Die F125dient dem Ausbau spezieller Fähigkeiten fürmaritime Stabilisierungsoperationen.

Nicht zuletzt aufgrund intensiven Einsatzes ininternationalen Bündnisverpflichtungen entstehtbei der deutschen Marineflotte ein erhöhter Repa-

raturaufwand. Aus marktwirtschaftlichen Erwä-gungen stellt sich die Frage, ob die bestehendeZweiteilung des Marinereparaturmarktes inDeutschland zwischen staatlichen Marinearsena-len und privatwirtschaftlichen Marinereparaturun-ternehmen noch zeitgemäß ist. Bei privatwirt-schaftlicher Beauftragung bzw. mit der Anwen-dung von PPP-Modellen dürften deutlicheEffizienz- und Kostenvorteile zu erzielen sein.

Strukturen im europäischen Marineschiffbau

In jüngster Zeit erstreckten sich Initiativen derEuropäischen Union verstärkt auf die wirtschaftli-chen Aktivitäten im Bereich der Verteidigungswirt-schaft. Den Grundsätzen des freien Waren- undDienstleistungsverkehrs soll dabei im europäischenRüstungsmarkt zunehmend Geltung verschafftwerden.

Die „European Defence Agency“ (EDA)wurde vom EU-Ministerrat als „Katalysator“ zurSteigerung der Effizienz von Rüstungsprojektenund zur Koordination von Forschung, Entwicklungund Beschaffung ins Leben gerufen. Im Rahmeneines „Code of Conduct - non-binding voluntaryregime“, sind die Regierungen der Mitgliedsstaa-ten in der EU dazu aufgefordert, detaillierte Mel-dungen über Rüstungsgeschäfte an die EDA zugeben.

Zudem wurde von der EU-Kommission einerhebliches Fördervolumen in Höhe von 1,4 Mrd. €für den Bereich „Security“ in das aktuelle 7. RP derJahre 2007 bis 2013 eingestellt.

Im Dezember 2007 hat die EU-KommissionRichtlinienvorschläge zur Beschaffung in denBereichen Verteidigung und Sicherheit, der inner-gemeinschaftlichen Verbringung von Verteidi-gungsgütern und für eine stärkere und wettbe-werbsfähigere europäische Verteidigungsindustrievorgelegt („EU-Defence-Package“).

Die deutsche Industrie begrüßt die angestreb-te Schaffung wettbewerblicher Strukturen im „EU-

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Defence-Package“ für die in diesem Sektor tätigennationalen Industrien und fordert eine Abschaf-fung weithin praktizierter „Offset-Forderungen“im Export von Rüstungsgütern.

Auf industrieller Seite hat sich mit der „Aero-Space and Defence Industries Association ofEurope“ eine Interessenvertretung der Verteidi-gungsindustrie unter Einbeziehung der Marine-

schiffbauindustrie auf europäischer Ebene etab-liert.

Unterstützt werden die Interessen der Mari-neschiffbauindustrie zudem durch die europäi-schen Fachverbände CESA und EMEC. Eine kon-zeptionelle Verankerung findet der Marineschiff-bau erneut in der Fortschreibung der industriellenInitiative zu „LeaderSHIP 2015“.

Containerschiff „Wehr Altona“ zur Reparaturdockung

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3. Reparatur und Umbau

Eine stetig wachsende Welthandelsflotte undeine kontinuierliche Anhebung der internationalenStandards für die Schiffssicherheit und den Umwelt-schutz haben den Bedarf an Kapazitäten für Repara-turen und Wartungen von Schiffen deutlich steigenlassen. Dank der weltweit anerkannten hohen Zuver-lässigkeit und Termintreue auch bei komplexen Arbei-ten vergaben Reeder zunehmend Aufträge an diedeutschen Reparatur- und Umbauwerften und konn-ten aufgrund dieser Entscheidung von kürzerenDockaufenthalten profitieren. Das Leistungsspek-trum dieser Werften reicht von Standardreparaturenbis hin zu umfangreichen Umbauten, die die Einsatz-möglichkeiten und Leistungsdaten existierenderSchiffe wesentlich verbessern können.

Nach einer deutlichen Belebung der Reparatur-aktivitäten und der Anfragetätigkeit erhöhten sich dieUmsätze der im Bereich „Reparatur, Wartung undUmbau“ tätigen Werften im Berichtszeitraum auf ca.955 Mio. €. Darin enthalten sind auch Reparaturum-sätze für Yachten und Binnenschiffe, nicht jedochMarineschiffsreparaturen. Das Rekordergebnis desVorjahres konnte somit im Jahr 2007 nochmals über-troffen werden. Der Anteil dieses Sektors am Gesamt-umsatz der Branche ist von 12 % auf 18 % gestiegen,was die Bedeutung des Segments für die gesamtedeutsche Werftindustrie unterstreicht.

Zur positiven Entwicklung hat auch beigetra-gen, dass aufgrund der hohen Charterraten viele Ree-der in den letzten Jahren dazu verleitet wurden, dieüblichen Intervalle für Dockaufenthalte ihrer Schiffezu verlängern. Das hat zur Folge, dass nunmehr ver-stärkt Schiffe zu den Reparaturwerften kamen.

Für den Bereich Umbau kam hinzu, dass inAnbetracht knapper Neubauplätze Reeder verstärktAlttonnage umbauen ließen, statt mehrere Jahre aufneue Schiffe zu warten. Die vermehrt nachgefragtenTransportkapazitäten für Fracht und Passagiere kön-nen kurzfristiger durch Schiffsverlängerungen oderNachrüstung von zusätzlichen Decks befriedigt wer-den. Das steigende Treibstoffkostenniveau fördertauch aufwändige Umbauten am Unterwasserschiff,die die Energieeffizienz durch ein verbessertes Wider-stands- und Propulsionsverhalten steigern. Die deut-schen Umbauspezialisten halten hierfür innovativeFertigungsverfahren und Fachkräfte bereit, derenKomplexität und Kompetenz dem Schiffsneubaunicht nachsteht.

Des Weiteren profitieren die hiesigen Repara-turwerften von ihrer günstigen geographischen Lage.Sie liegen in der Regel in der Nähe von bedeutendeninternationalen Seewegen. Da vor dem Hintergrundgestiegener Bunkerpreise die Verlegung von Schiffenan weiter entfernte Werftstandorte unwirtschaftlichist, sind die Reeder bestrebt, notwendige Arbeiten an

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Einbau einer 30,2 m langen Mittelschiffssektion in das Kreuzfahrtschiff „Balmoral“

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Ort und Stelle vornehmen zu lassen. Positiv wirkt sichauch aus, dass sich die zeitliche Wartungsstrategieanspruchsvoller Reeder dahingehend verändert,Werftaufenthalte vorausschauend zu planen, umEngpässe bei den Dockkapazitäten zu vermeiden.

Nach wie vor nehmen die deutschen Werftenauch im Bereich „Reparatur, Wartung und Umbau“ dieSpitzenposition in Europa ein. Nach Erhebungen deseuropäischen Werftenverbandes CESA lag der deut-sche Marktanteil in diesem Segment bei rund 25 %.Aber auch die europäischen Wettbewerber berichte-ten im Rahmen der CESA Arbeitsgruppe „Ship Main-tenance, Repair and Conversion“ von deutlich gestie-genen Umsatzzahlen.

Um der erhöhten Nachfrage nach Reparaturka-pazitäten begegnen zu können, wurden in Italien

mittlerweile stillgelegte Dockanlagen reaktiviert.Auch in Deutschland wurde die Notwendigkeiterkannt, auf das Größenwachstum der Welthandels-flotte zu reagieren. Hierbei geht es nicht nur darum,der steigenden Schiffsanzahl nahe der EinsatzgebieteWartungskapazitäten zur Verfügung zu stellen. Ins-besondere das enorme Wachstum der Schiffs-hauptabmessungen erfordert zukünftig Reparatur-docks, die den erweiterten Schleusen des Panama-Kanals nicht nachstehen.

Die zukünftigen Marktchancen werden weiter-hin positiv eingeschätzt. Trotz einer stetig wachsendenZahl neuer Schiffe stabilisierte sich das Durchschnitts-alter der Welthandelsflotte bei ca. 22 Jahren. Ursäch-lich hierfür ist, dass die aktuell hohen Charterraten einAbwracken der Alttonnage unwirtschaftlich werdenließen. Diese Tendenz wird zu einem erhöhten Bedarf

Umbau des Passagierschiffs „Rotterdam“ zu einem Hotel-, Theater-, Konferenz- und Museumsschiff

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an Reparaturen und Wartungen beitragen. Angesichtsder mangelhaften Fertigungsqualität unerfahrener,neu auf den Markt drängender Bauwerften in asiati-schen Schwellenländern ist davon auszugehen, dasszukünftig selbst relativ neue Schiffe die Reparatur-werften zu umfangreichen Umbau- und Wartungsar-beiten anlaufen werden.

Positive Effekte werden auch von den Maß-nahmen der IMO zur Verbesserung der Schiffssi-cherheit und des Meeresumweltschutzes erwartet.So sehen z.B. die jüngsten Beschlüsse zur Reduzie-rung der Emissionen durch Schiffe bzw. zur Behand-lung des Ballastwassers verschiedene Maßnahmenauch für existierende Schiffe vor, die nach Inkrafttre-ten der genannten Regeln einen Nachrüstungsbe-darf auslösen werden. Die europäische Schiffbauin-dustrie hat sich in die Beratungen über ihren Beob-achterstatus von CESA bei der IMO eingebracht. DieCESA-Vertreter machten deutlich, dass die für dieNachrüstung der existierenden Flotte notwendigenDockkapazitäten zumindest in Europa vorhandensind.

Fachgemeinschaft Reparaturwerften

22 Reparatur- und Umbauwerften

Vorsitzender: Rüdiger Pallentin (Lloyd Werft)

Zentrale Themen:• Marktbeobachtung• Analyse von Flottenstrukturen• Vorschriftenentwicklung bei der IMO

4. Binnenschiffbau und Binnenschifffahrt

Binnenschiffbau

Die allgemein gute Konjunktur beeinflusste denBedarf an Güter- und Personentransporten auf dendeutschen und europäischen Binnenwasserstraßenund anderen Binnengewässern weiterhin positiv.Davon profitierten die deutschen Binnenschiffswerftensowohl bei Neubauten wie auch bei Reparaturen undUmbauten.

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Fertigung eines Kunststoffrumpfes des Yachttyps „Mazarin“, 24 m Länge

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Die Ablieferungen erreichten mit 63 Neubauten(einschließlich Kaskos) einen Auftragswert von rund111 Mio. € und lagen damit deutlich über dem Ergeb-nis von 2006 und auch höher als in den davor liegen-den Perioden. Die starke Erhöhung ist zum einen Hin-weis auf die gestiegene Werthaltigkeit der Schiffe,wird aber auch durch die höheren Kosten der Werftenbedingt. Die 14 ins Ausland gelieferten Neubautenentsprachen einem Anteil von 13 % der Jahresproduk-tion. Die Fertigstellungen von 20 Frachtschiffen miteiner Ladekapazität von insgesamt 42.000 Tonnenund einem Wert von rund 33 Mio. € übertrafen deut-lich die Ergebnisse der vorangegangenen Jahre.

Im Mittelpunkt der Produktion standen dennochwieder die Fahrgastschiffe und Fähren mit 16 Abliefe-rungen, deren Auftragsvolumen fast 54 Mio. € ent-sprach. 27 Einheiten entfielen auf Hafen- und Behör-denfahrzeuge, Schlepper und andere Sonderschiffe.Ihr Auftragswert von knapp 24 Mio. € bedeutetegegenüber den Vorjahren einen Höchststand, wasauch Beleg für die steigende Wertigkeit auch diesesMarktsegments ist.

Die deutschen Binnenschiffswerften verzeichne-ten im Berichtsjahr 74 Auftragseingänge mit einemAuftragswert von 122 Mio. €. Der Anstieg des Neu-

bauwertes um mehr als 60 % wurde in erster Liniedurch drei aufwändig ausgestattete Binnenkreuz-fahrtschiffe verursacht. Auf 17 Aufträge für Fähren,Fahrgastschiffe und Barkassen entfielen rund 56 %des gesamten Auftragseingangs. Der stark gewachse-ne Flusstourismus in Europa mit Schiffen für Tages-fahrten und für mehrtägige Kreuzfahrtreisen hat sichsomit zu einem wichtigen Nachfragesegment fürdeutsche Binnenschiffswerften entwickelt, in demdiese ihre hohe technische Kompetenz erfolgreich ein-setzen können. Bezieht man die Reparaturen, Wartun-gen und Umbauten dieser Schiffe mit ein, die auch inder verkehrsärmeren Winterzeit anfallen, so ist dieBedeutung der Passagierschifffahrt für die Auslastungdes deutschen Binnenschiffbaus noch weitaus größer.

Zu den Auftragseingängen im Jahr 2007 gehör-ten ferner 18 Schiffe für den Gütertransport, diezusammen eine Ladefähigkeit von 49.000 Tonnenaufweisen werden. Ihr Wert von 35 Mio. € entsprach29 % des gesamten neu bestellten Auftragsvolumens.Damit wird sich, trotz der scharfen Konkurrenz ausLändern mit niedrigeren Kostenniveaus, der positiveTrend für den Bau von Güterschiffen bei deutschenBinnenschiffswerften weiter fortsetzen. 36 neue Auf-träge für Arbeitsfahrzeuge, Prahme und Behörden-fahrzeuge, die überwiegend von den Wasserstraßen-

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Flusskreuzfahrtschiff „Avalon Tranquility“, 170 Passagiere

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verwaltungen für Ausbau, Wartung sowie Überwa-chung von Flüssen, Kanälen und Seen eingesetzt wer-den, repräsentierten 16 % des Auftragsvolumens.

Da die neu hereingenommenen Aufträge dieProduktion des Jahres 2007 erneut übertrafen, hatsich der Auftragsbestand per Jahresende auf 81 Schif-fe im Wert von 138 Mio. € weiter erhöht. Damit istrechnerisch die Auslastung der erfassten 20 Binnen-schiffswerften für mehr als ein Jahr gesichert. Wie2006 dominierten inländische Bestellungen mit 80 %des Auftragsvolumens.

Im Auftragsbestand dominierten die Fähren undPassagierschiffe mit 21 Einheiten. Der Anteil diesesMarktsegments stieg gegenüber dem Vorjahr von 42 %

auf 53 %. Der Anteil des Auftragswerts der 25 Frachttragenden Einheiten hat sich demgegenüber auf 33 %vermindert. Ihre Fertigstellungen werden Ladekapa-zitäten von 63.000 Tonnen in Fahrt bringen. Die 35bestellten Arbeitsboote, Prahme, Vermessungsschiffesowie Patrouillen- und Lotsenboote machten noch 14 % des Auftragsbestandes aus.

Für den Betrieb der Binnenschiffe bieten Binnen-schiffswerften mit Reparaturen, Wartungen undUmbauten ein breit gefächertes Dienstleistungsspek-trum, das für die reibungslose Abwicklung des Güter- undPersonenverkehrs auf den deutschen Wasserstraßen undsonstigen Binnengewässern unabdingbar ist. Für dieWerften selbst ist dieses Standbein ihrer Geschäftstätig-keit mindestens von gleichem Gewicht wie der Neubau.

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2003 2004 2005 2006 2007

PRODUKTIONFrachtschiffe einschl. Tanker und Schubeinheiten

Anzahl 13 7 15 18 20Ladetonnen (1.000) 10 6 13 14 42

FahrgastschiffeAnzahl 19 13 18 18 16

Hafenfahrzeuge/Schlepper/ Behörden- und Sonderschiffe

Anzahl 16 31 33 20 27

GesamtAnzahl 48 51 66 56 63Ladetonnen (1.000) 10 7 14 15 42Mio. € 87 93 90 71 111

AUFTRAGSEINGÄNGEAnzahl 34 58 66 76 74Ladetonnen (1.000) 3 15 24 50 49Mio. € 71 99 99 75 122

AUFTRAGSBESTÄNDE (Jahresende)

Anzahl 51 58 54 72 81Ladetonnen (1.000) 3 11 23 57 63Mio. € 108 110 119 121 138

Entwicklung des deutschen Binnenschiffbaus

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Aus der Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes

Binnenschifffahrt

Vor dem Hintergrund des Wachstums im Güterver-kehr hat sich auch der Transport auf den deutschen Bin-nenwasserstraßen erhöht. Nach Angaben des Statis-tischen Bundesamtes nahm die Beförderungsmenge in der Binnenschifffahrt im Jahr 2007 um 2,4 % auf 249,3 Mio. t zu. Dies war die größte Transportmenge seitder deutschen Wiedervereinigung. Obwohl der Zuwachsder mit Schiffen unter deutscher Flagge befördertenGütermenge gleich stark ausfiel, blieb der nationaleAnteil am Verkehr mit 33,7 % weiterhin leicht rückläufig.

Aufgrund der geringeren durchschnittlichenTransportentfernungen fiel der Zuwachs der Trans-portleistung – das Produkt aus Transportgewicht undzurückgelegter Distanz – mit 1,4 % auf 64,8 Mrd. Ton-nenmeilen niedriger aus.

Den größten Anteil des Verkehrsaufkommensmachte der grenzüberschreitende Empfang aus demAusland aus, der von Rohstofftransporten geprägt ist,die in erster Linie über die niederländischen und belgi-schen Seehäfen umgeschlagen werden. Mit 107,8 Mio. tlag dieses Güteraufkommen jedoch nur leicht über dem

Vorjahr, so dass der Anteil des Importverkehrs auf 43 %der insgesamt transportierten Fracht zurückfiel.

Dank des starken deutschen Exportwachstumsergab sich für den Güterversand ins Ausland mit 6,8 %der höchste Anstieg auf 59,5 Mio. t. Das entspracheinem Anteil von 23 % der Binnenschiffstransporte.Auf gleichem Niveau lag das innerdeutsche Verkehrs-aufkommen, das um 3,3 % zulegte. Der Transitver-kehr entwickelte sich 2007 rückläufig.

Die stärksten Impulse für das Güterverkehrsauf-kommen der Binnenschifffahrt gingen von der Metall-industrie aus. Der Rohstoffbedarf und die hohe Indus-trieproduktion ließen die Transporte von Eisen/NE-Metallen um 15,7 % und bei Erzen und Metallabfällenum 4,9 % steigen. Überdurchschnittliche Wachstums-raten verzeichneten auch die Güterarten „ChemischeErzeugnisse" und „Steine und Erden". Letztere wur-den vom hohen Bedarf der Bauindustrie angeregt, diemit 21 % das aufkommensstärkste Marktsegment fürdie Binnenschifffahrt bildeten.

Deutliche Rückgänge wurden für den Transportvon „Mineralölerzeugnissen" verzeichnet, die jedoch

Fahrgastschiff „Carpe Diem“, 80 Passagiere

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alle Verkehrsträger betrafen und durch die milde Wit-terung im Winter und vorgezogene Transporte im Hin-blick auf die Mehrwertsteuererhöhung ausgelöst wur-den. In der Binnenschifffahrt ging dieses Aufkommenum 9,7 % auf 35,4 Mio. t zurück.

Die Stärke der deutschen Exporte und die Trans-porte im Rahmen der Hafenhinterlandverkehresowohl der deutschen Seehäfen als auch der Rhein-mündungshäfen führten bei den „Halb- und Fertiger-zeugnissen" zu einem kräftigen Zuwachs um 6,3 %auf 18,6 Mio. t. Diese Impulse kamen auch dem Con-tainerverkehr zu Gute, der aber trotz eines Anstiegsum 2,7 % auf 2,1 Mio. TEU noch nicht wieder an dieüberdurchschnittliche Entwicklung früherer Jahreanknüpfen konnte.

Im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern hat sichdie Binnenschifffahrt auch 2007 deutlich langsamerentwickelt. Ungeachtet aller politischen Bestrebun-gen, die Engpässe im Straßengüterverkehr durch Ver-kehrsverlagerungen auf Wasserstraßen zu beseitigen,bleibt der Binnenschiffstransport trotz seiner Kapa-zitätsreserven und ökologischer Vorteile hinter seinenMöglichkeiten zurück. Dieser Trend wird auch in den

nächsten Jahren bestehen bleiben. Darauf weisen dieregelmäßig im Auftrag des Bundesverkehrsministeri-ums durchgeführten „Gleitenden Mittelfristprogno-sen für den Güter- und Personenverkehr" hin. ImModalsplit des Güterverkehrs werden bis zum Jahre2011 Anteilsverluste für die Binnenschifffahrt zugun-sten des Straßengüterverkehrs prognostiziert.

Um diesen Trend zu verändern, muss die Ver-kehrspolitik der Bundesregierung konsequent aufMängelbeseitigungen bei der Wasserstraßeninfra-struktur einschließlich der Häfen gerichtet werden undstärkere Anreize für die Investitionsfähigkeit der Bin-nenschifffahrtsunternehmen liefern, damit diesezukunftsfähige Binnenschiffe anschaffen können, mitdenen wettbewerbsfähige und umweltgerechteTransporte ermöglicht werden.

Flottenerneuerung und technische Vorschriftenent-wicklung

Um im Wettbewerb der Verkehrsträger wettbe-werbsfähig zu bleiben, muss auch die Modernisierungder deutschen Flotte vorangetrieben werden. Nach

2006 2007Anzahl Kapazität Motoren- Anzahl Kapazität Motoren-

in 1.000 leistung in 1.000 leistungLadetonnen/ in Ladetonnen/ in1.000 Pers. 1.000 kW 1.000 Pers. 1.000 kW

Gütermotorschiffe 902 1.081 469 910 1.120 484Tankmotorschiffe 375 620 295 388 653 310Güterschlepp-/-Schubkähne/-leichter 1.079 996 – 1.063 1.004 –Tankschlepp-/-Schubkähne/-leichter 59 57 – 59 57 –Schuten 542 141 19 534 138 20Bunkerboote/Bilgenentölerboote 114 16 17 114 17 17Schub-/Schubschlepp-/Schleppboote 443 117 148 441 188 145Barkassen 285 14 P. 30 288 14 P. 30Fahrgastschiffe 1.013 244 P. 285 1.017 244 P. 271

Gesamt 4.812 4.814

Bestand der deutschen Binnenschiffsflotte Ende 2006/2007 nach Schiffstypen

Quelle: Zentrale Binnenschiffs-Bestandsdatei

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wie vor verschlechtert sich die Altersstruktur bei allenSchiffstypen kontinuierlich und entfernt sich daherweiter vom Stand der Technik. Im Jahr 2007 hat dasdurchschnittliche Schiffsalter mit 42,5 Jahren einenRekordwert seit 1976 erreicht. Mit 4.814 Einheiten hatsich die deutsche Binnenschiffsflotte geringfügig ver-größert. Dabei hat sich nicht nur die Anzahl der Fahr-gastschiffe erneut erhöht, sondern es wurde auch dieFlotte der Frachtmotorschiffe einschließlich ihrerLadekapazität aufgestockt.

Das hohe Durchschnittsalter der Binnenschiffs-flotte beruht allerdings nicht nur auf der hohen Qua-lität und Haltbarkeit der Produkte, sondern wurdeauch durch lange Zeit unveränderte technische Vor-schriften verursacht. Allerdings ist in den letzten Jah-ren ein umfassender Revisionsprozess der Richtlinienfür Binnenschiffbau und Binnenschifffahrt in Ganggekommen, der die technischen und wirtschaftlichenRahmenbedingungen für den Fracht- und Passagier-transport auf Binnenwasserstraßen zukünftig deutlichverändern wird.

Nachdem inden Vorjahren imRahmen der „Zen-tralkommission fürdie Rheinschiff-fahrt“ (ZKR) dieRheinschiffsunter-suchungsordnung(RheinSchUO) unddie Verordnungüber die Beförde-rung gefährlicherGüter auf demRhein (ADNR) um-fassend überarbei-tet worden sind,wurde Anfang2007 mit der neuenRichtlinie 2006/87/EG die europa-weite Harmonisie-rung der gesetzli-chen Anforderun-gen für Binnen-

schiffe und die gegenseitige Anerkennung der Schiffs-zertifikate eingeleitet. Die technischen Anforderungensollen für Schiffe, die nach dem 30. Dezember 2008gebaut werden, einheitlich der neugefassten Rhein-SchUO entsprechen.

Die neuen baulichen Anforderungen stellengerade für Fahrgastschiffe einen schiffstechnischenQuantensprung dar, der deutliche Wettbewerbsver-zerrungen beim parallelen Betrieb von alter undneuer Tonnage auslösen wird. Durch anspruchsvolle-re Vorschriften für die Intakt- und Leckstabilität, denBrandschutz sowie die Evakuierung ergeben sichdeutlich höhere Neubaupreise bei eingeschränktenNutzungsmöglichkeiten, die neue Schiffe wirtschaft-lich benachteiligen. Aus Schiffbausicht kann esjedoch nicht befriedigen, dass existierenden Binnen-schiffen extrem lange Übergangsfristen eingeräumtwerden, die einen Schub für die Flottenerneuerungverhindern. Während bei der Vorschriftenentwick-lung im Seeschiffbau der Bestandsschutz zunehmend

Einkranen eines schadstoffarmen Dieselmotors

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begrenzt wird, werden in der Binnenschifffahrt einigeVorschriftenänderungen der Richtlinie 2006/87/EGerst im Jahre 2045 wirksam werden. Hierdurch wirdnicht nur die zügige Umsetzung eines höherenSicherheitsniveaus auf Binnenwasserstraßen verzö-gert, sondern auch der aktuelle Aufschwung desdeutschen Binnenschiffbaus gefährdet.

Daher ist es erforderlich, den Erfahrungsaus-tausch zwischen Werften, Schifffahrtsgewerbe undVerordnungsgeber intensiv fortzuführen und für dieWeiterentwicklung und Überarbeitung der Vor-schriften von ZKR und EU zu nutzen. Da die hierfürnotwendigen Abstimmungsprozesse erfahrungs-gemäß sehr lange dauern, sollte das Bundesverkehrs-ministerium bei der nationalen Umsetzung der Richt-linie 2006/87/EG seinen Gestaltungsspielraum fürWasserstraßen der Zonen 3 und 4 nutzen. DieseMöglichkeit wird durch die Richtlinie ausdrücklicheingeräumt, um eine sachgerechte Anpassung derRegeln an regionale Gewässerspezifika (geringeresGefährdungspotenzial, Schleusenabmessungen,Durchfahrtshöhen etc.) zu erreichen.

Die im Entwurf vorliegende Binnenfahrzeugun-tersuchungsordnung (BinFaUO) wird auch technischeAnforderungen für Fähren, Barkassen, Wassertaxenund Zeesboote definieren, die von der Richtlinie2006/87/EG nicht erfasst werden. Bei der Ausgestal-tung der BinFaUO muss die technische Leistungs-fähigkeit und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeitder neuen Binnenschiffe im Vordergrund stehen undmit Augenmaß gegenüber der notwendigen Harmo-nisierung und dem angestrebten Sicherheitsgewinnabgewogen werden.

Die Modernisierung, d.h. die sicherheits- undumwelttechnische Aufrüstung der Binnenschiffsflotte,sollte vor dem Hintergrund der komplexen Vorschrifte-nentwicklung durch leistungsfähige Förderprogrammebegleitet werden, die den Anforderungen von Schiff-fahrtsunternehmen und Werften gleichermaßen Rech-nung tragen. Die Wirksamkeit der Förderinstrumenteergibt für das Berichtsjahr ein uneinheitliches Bild.

Im Hinblick auf den geänderten § 6b EStG, derdie steuerfreie Reinvestition von Buchgewinnen aus

Schiffsverkäufen ermöglicht, ist festzustellen, dass derBeitrag zur Flottenmodernisierung und zum Erhalt leis-tungsfähiger Binnenschiffswerften nicht so hoch wieerwartet ausgefallen ist.

Die Richtlinie über Zuwendungen für die Beschaf-fung von emissionsärmeren Dieselmotoren für denAntrieb von Binnenschiffen vom 5. April 2007 zeigtjedoch bereits Wirkung. Bisher konnten auf 50 Binnen-schiffen 60 Hauptmaschinen ersetzt werden. DieseEntwicklung trägt zu einer guten Beschäftigungslageim Reparatursegment der deutschen Binnenschiffs-werften bei. Bislang begrenzt jedoch die geringe Ver-fügbarkeit von geeigneten Motoren eine umfassende-re Neumotorisierung der Binnenschiffsflotte.

Die hohe Kompetenz und Innovationskraft desdeutschen Binnenschiffbaus wird es dem System Bin-nenschiff/Wasserstraße auch zukünftig ermöglichen,seine Spitzenposition als umweltfreundlichster Ver-kehrsträger zu verteidigen. Im Hinblick auf Energieef-fizienz und Abgasemissionen steht der deutsche Bin-nenschiffbau für spektakuläre Leuchtturmprojekte derKlimaschutzforschung. Mit Unterstützung aus dem„LIFE-Programm“ der EU entsteht derzeit auf einerHamburger Werft das weltweit erste Fahrgastschiffmit Brennstoffzellenantrieb, das ab Sommer 2008 Pas-sagiere frei von schädlichen Emissionen über die Alstertransportieren wird. Im Projekt „ZEMSHIP“ werdenmehr als 5 Mio. € in den Hightech-Schiffbau und dieWasserstoff-Infrastruktur investiert, die die zivile Nut-zung der Brennstoffzellentechnik in der Schifffahrtüber das Binnenland hinaus ermöglichen wird.

Fachgemeinschaft Binnenschiffswerften

27 Werften und sechs im Binnenschiffbau tätigeIngenieurbüros und Forschungsinstitute

Vorsitzender: Franz Hitzler (Hitzler Werft)

Zentrale Themen:• Auswertung von Marktdaten• Begleitung der Vorschriftenentwicklung• Erfahrungsaustausch zu Forschung,

Entwicklung und Ausbildung

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5. Zulieferindustrie

Die 2007 extrem angestiegene Nachfrage in denWeltmärkten verhalf auch der deutschen Schiffbau-und Offshore-Zulieferindustrie erneut zu einer anhal-tend positiven Geschäftsentwicklung. Da rund 70 %der Wertschöpfung beim Bau eines Schiffes von denZulieferern beigetragen werden und die deutscheZulieferindustrie das gesamte Spektrum an Kompo-nenten, Materialien, Ausrüstungen und Dienstleistun-gen anbietet, schlugen sich die Neubauaufträge inentsprechender Nachfrage bei ihnen nieder. Dadurchkonnten die Unternehmen überwiegend von zweistel-ligen Umsatzsteigerungen und hohen Kapazitätsaus-lastungen von über 90 % berichten. Die von derArbeitsgemeinschaft Schiffbau- und Offshore-Zulie-ferindustrie des VDMA aus Mitgliederbefragungen für

2006 errechneten Branchenumsätze von 10,5 Mrd. €haben sich damit in 2007 auf etwa 12 Mrd. € erhöht.

Genauere Erhebungen über Umfang und Struk-tur der Zulieferindustrie sind nicht verfügbar, da diemeisten Unternehmen nicht ausschließlich im Schiff-bau oder im Offshoremarkt tätig sind und eine ein-deutige Abgrenzung und Zuordnung aufgrundschwankender maritimer Aktivitäten häufig kaummöglich ist.

Eine schwächere Entwicklung verzeichnetenUnternehmen, die überwiegend im Marineschiffbautätig sind. In diesem Marktsegment haben die finanzi-ellen Beschränkungen der staatlichen Haushalte imInland wie im Ausland wichtige Beschaffungsvorha-ben verzögert oder verhindert. Der Marineanteil am

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Propeller des Containerschiffs „Maersk Buffalo“

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Umsatz der Zulieferindustrie ist dadurch in Richtungder 10 %-Marke gefallen, während der Anteil desHandelsschiffbaus inzwischen auf über 80 % anstieg.Positiv haben sich meerestechnische Zulieferungenentwickelt, die von der guten Konjunktur in der Off-shore-Industrie profitierten.

Da die deutsche Zulieferindustrie eine sehrhohe Exportquote aufweist, partizipierte sie inbesonderem Maße davon, dass die weltweiten Auf-träge im Handelsschiffbau in erster Linie bei Werftenin China und Südkorea platziert wurden. Aber auchdie Werften in aufstrebenden Schiffbauländern wieder Türkei, Indien und Vietnam verzeichneten wich-tige Akquisitionserfolge und werden von der deut-schen Zulieferindustrie als attraktive neue Absatz-märkte erschlossen.

Das hohe Auftragsvolumen der deutschen Ree-der und ihr großer Einfluss auf die Bauspezifikationenkamen dabei der hiesigen Zuliefererindustrie erneut zuGute. Bis Ende 2007 hatten deutsche Auftraggeberüber 1.000 Neubauaufträge für Frachtschiffe an aus-ländische Werften vergeben, davon rund 240 in Süd-korea und 340 in China. Dabei wird den dortigenWerften häufig die Verwendung von Komponentenund Materialen deutscher Hersteller vorgeschrieben,so dass zwischen deutschen Reedern und Zulieferernein enges Kundenverhältnis besteht. Darüber hinausbeziehen die Reeder auch direkt Ausrüstungen,Ersatzteile und Dienstleistungen von deutschen Zulie-ferern für ihre Schiffe, da sie die hohen Qualitätsstan-dards und die Zuverlässigkeit deutscher Produktebevorzugen.

Die vom VDMA angegeben Exportquote ist aufrund 75 % angestiegen, wobei die Umsätze in China(20 %-Punkte) und Südkorea (9 %-Punkte) diewesentlichen Beiträge leisten. In beiden Ländern zieltdie staatliche Industriepolitik darauf ab, eigene Zulie-ferindustrien aufzubauen, um die Werften von Impor-ten unabhängiger zu machen. Es besteht daher dielatente Gefahr, dass diese Regierungen den Aufbauihrer Schiffbauzulieferindustrie aktiv unterstützen undausländischen Wettbewerbern den Marktzugang z.B.durch Zölle oder nicht-tarifäre Handelshemmnisseerschweren werden.

Insbesondere in China verschärft sich die Situati-on, dass Rechte am geistigen Eigentum missachtetund die Gesetze zum Know-how-Schutz nicht wirk-sam durchgesetzt werden. Die dorthin liefernden odervor Ort produzierenden europäischen Unternehmenwerden zunehmend Opfer von Produktpiraterie,indem sich minderwertige Plagiate Marktanteile inno-vativer Produkte aneignen und zugleich die Schiffsi-cherheit gefährden. Diesen Entwicklungen muss dieEU nicht nur im Rahmen der relevanten internationa-len Konventionen, sondern auch im Zuge von Ver-handlungen über Handelsabkommen mit diesen Län-dern energisch entgegentreten.

Die internationale Wettbewerbsposition derdeutschen Zulieferer wurde 2007 allerdings durch dieAufwertung des Euro verschlechtert. Höherbewer-tungen erfolgten nicht nur zum US-Dollar, sondernauch gegenüber den Währungen der führendenSchiffbauländer. Insbesondere die japanischeZulieferindustrie, die weltweit nach wie vor Umsatz-führer ist und hinter Deutschland die zweite Positionim Export einnimmt, profitierte von der niedrigenBewertung ihrer Währung. Japan konnte seine Stel-lung in den ausländischen Schiffbaumärkten ausbau-en, während der inländische Schiffbaumarkt für aus-ländische Zulieferer weiterhin schwer zugänglichbleibt.

Trotz aller Fokussierung auf Asien bilden die EU-Mitgliedsländer für die deutsche Zulieferindustrie weiterhin einen wichtigen Teilmarkt, auf den nachVDMA-Angaben rund ein Drittel der Exporte bzw. 25 % der Umsätze entfielen. Hier bieten die werthalti-gen Werftproduktionen z.B. in den Niederlanden, Ita-lien und Finnland attraktive Absatzchancen.

Damit entspricht der EU-Bereich einem etwagleich hohen Umsatzvolumen wie der inländischedeutsche Markt. Besondere Chancen für die Lieferan-ten hochwertiger Ausrüstungskomponenten bietetder Trend bei den deutschen Werften, ihre Produktionvermehrt auf komplexere Schiffstypen, wie Fähr- undPassagierschiffe sowie Yachten, auszurichten.

Die Bedeutung des heimischen Marktes gehtjedoch über den reinen Volumenanteil hinaus. Wichti-

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ge Standortfaktoren sind die Möglichkeiten enge Part-nerschaften bei Forschung, Entwicklung und Innovati-on einzugehen, bei der Nachwuchswerbung zukooperieren oder gemeinsame wirtschaftpolitischeInteressenvertretung, z.B. bei der Messeförderungund der Entwicklung von technischen Vorschriftenund Standards, zu betreiben.

Dieser partnerschaftliche Ansatz steht auch imMittelpunkt der Verbandsarbeit und spiegelt sich imbreiten Spektrum der Mitgliederstruktur und in derpraktischen Tätigkeit der Verbandsgremien des VSMwider. Unter den Mitgliedsunternehmen steht derProduktbereich Maschinenbau mit Antriebs- undRuderanlagen, Getrieben, Decksmaschinen, Klima-technik und Entsorgungsanlagen an erster Stelle.Aber auch Produkte der Elektrotechnik wie z.B. Navi-gationsanlagen, Steuerungs- und Regelungstechnik,Kommunikationsanlagen sowie Firmen des Innen-

ausbaus sind zahlreich vertreten. Die Zuliefererseiteschließt auch zahlreiche Dienstleistungsunterneh-men ein, zu denen Klassifikationsgesellschaften,Schiffbauversuchsanstalten und Ingenieurbürosgehören.

Unter den VSM-Mitgliedsfirmen befinden sichmehrheitlich große Systemhäuser, Weltmarktführerund Zulieferer der ersten Stufe. Mit aktuell 55 Unter-nehmen vertritt der Verband einen bedeutendenAnteil der Zulieferindustrie in Deutschland, zu der imgesamten Bundesgebiet rund 400 Unternehmengerechnet werden. Im Gegensatz zu den Werften sinddie Umsätze der Zulieferer nur etwa zur Hälfte auf diefünf Küstenländer verteilt. Die Bundesländer Bayernund Baden-Württemberg bilden, in fast gleicherGrößenordnung wie Schleswig-Holstein und Ham-burg, die wichtigsten Standorte der Schiffbau- undOffshore-Zulieferindustrie.

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Maschinenkontrollraum eines Fährschiffes

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Eine bedeutende Unterstützung für die Akquisi-tion bietet die weltgrößte Schiffbaumesse „Shipbuil-ding, Machinery & Marine Technology" (SMM), die inzweijährigem Rhythmus in Hamburg stattfindet. Diesemaritime Leitmesse eröffnet gerade den deutschenAnbietern die Möglichkeit, ihr vielfältiges Produkti-ons- und Dienstleistungsprogramm sowie ihre Inno-vations- und Leistungsfähigkeit allen internationalenMarktteilnehmern zu präsentieren. Vor dem Hinter-grund des anhaltenden Wachstums der maritimenBranche wurde das Messegelände erheblich erweitert.Die SMM 2008, zu deren ideellen Trägern der VSMgehört, wird mit dem Abschluss der Kapazitätserwei-terungen neue Maßstäbe setzen.

Erweiterungen der Produktionskapazitäten wirdauch die Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrievornehmen. Da der Nachfrageboom unerwartetschnell und extrem stark auftrat, konnten die Unter-nehmen 2007 ihre Produktion nicht immer schnell

genug anpassen, so dass sich die Lieferzeiten verlän-gerten und vereinzelt auch Lieferengpässe auftraten.Dazu hatte auf der Beschaffungsseite beigetragen,dass es zunehmend schwieriger wurde, eine ausrei-chende Versorgung mit Materialien und Vorproduktensicher zu stellen. Häufig war dies nur mit erheblichhöheren Kosten realisierbar.

Die Unternehmen der Zulieferindustrie habenjedoch umfangreiche Erweiterungsinvestitionensowohl an den heimischen Standorten wie auch beiTochtergesellschaften und Gemeinschaftsunternehmenin den fernöstlichen Schiffbauländern eingeleitet. Auchdie Vergabe von zusätzlichen Produktionslizenzen anausländische Unternehmen trägt zur Verhinderung derEngpässe bei und verhindert gleichzeitig, dass Marktan-teile der Produkte an Konkurrenten verloren gehen.

Die gute Konjunktur schafft zahlreiche neueArbeitsplätze. Nachdem der VDMA für 2006 rund

Abfalltank des Waste-Management-Systems auf einem Kreuzfahrtschiff

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72.000 Beschäftigte in der Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie ermittelt hatte, ist für 2007 voneinem Anstieg auf rund 75.000 Mitarbeiter auszuge-hen. Der Belegschaftsaufbau hätte noch höher ausfal-len können, wenn die Unternehmen ihren hohenBedarf an qualifiziertem Personal hätten vollständigdecken können. Insbesondere die Engpässe bei Inge-nieuren entwickeln sich mehr und mehr zum limitie-renden Faktor für die Expansion der Unternehmen.Für Fortbildung und Nachwuchswerbung werdendaher von Seiten der Firmen große Anstrengungenunternommen.

Die Unternehmensentwicklung beschränkt sichjedoch nicht nur auf internes Wachstum, sondernerfolgte auch 2007 wieder durch zahlreiche Firmen-übernahmen und Zusammenschlüsse. Die Fusionszie-le sind dabei sehr vielfältig. Zum einen sind sie auf dasWachstum und die Erweiterung der Angebotspaletteder Firmen gerichtet. Neben diesen Hardware-Erwei-terungen zielen sie auf der anderen Seite zunehmendauf die Verbesserung des Service-Angebotes. Dazugehört neben der intensiven Kundenberatung vorallem die Bildung weltweiter Service-Netzwerke fürReparaturen, Wartungen und Ersatzteilversorgung.Die lebenslange Begleitung der eigenen Produktedurch partnerschaftliche Betreuung der Käufer schafftlangfristige Kundenbindungen mit zusätzlichenGeschäftsmöglichkeiten. Durch diesen Ausbau der„After-Sales-Aktivitäten“ wird auch ein gewisserSchutz gegen Plagiate und Produktpiraterie erreichtund die Position der Unternehmen als Systemanbietergestärkt.

Fachgemeinschaft Schiffbauzulieferindustrie

55 Hersteller und Dienstleister

Vorsitzender: Klaus Lorenz (SAM Electronics)

Zentrale Themen:• Nationale und internationale

Marktbeobachtung• Statistische Erfassung der Zulieferindustrie• Europäische Richtlinien zur Produktzulassung

6. Meerestechnik

Die Küstenregionen stellen weltweit die wichtig-sten Lebens- und Wirtschaftsräume dar. In Europa, daseine Küstenlänge von über 70.000 km aufweist, lebtknapp die Hälfte der Bevölkerung in der Nähe desMeeres, wo etwa 40 % des Bruttoinlandsprodukteserwirtschaftet werden. Immer fortschrittlichere Tech-nologien ermöglichen, die Meeresgebiete undKüstenzonen intensiver zu erforschen und Rohstoff-vorkommen sowie Energiepotenziale durch Wind-und Wasserkraft besser nutzen zu können.

Hierzu zählen neben den schwimmenden Platt-formen oder Unterwasser-Installationen für die Öl-und Gasgewinnung auch zunehmend Projekte zurEnergieerzeugung in Offshore-Windparks. Die EU istweltweit führend bei der Förderung regenerativerEnergiegewinnung aus dem Meer durch Wind-, Wel-len-, Strömungs- und Gezeitenkraftwerke, die einenBeitrag zur nachhaltigen Stromversorgung liefernsollen.

Verglichen mit anderen Ländern verfügtDeutschland über eine relativ kleine Küstenzone. Den-noch hat sich am Standort Deutschland eine starkeKompetenz wissenschaftlicher und industrieller Fähig-keiten im Bereich der Meerestechnik entwickelt.

Schweißarbeiten an einer Pipeline

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Öl- und Gasförderung

Vor dem Hintergrund der gestiegenen Rohöl-preise befindet sich die Offshore-Industrie im starkenWachstum und generierte einen global gesteigertenBedarf an Bohr- und Förderplattformen sowie Anker-ziehschleppern und Offshore-Versorgern. Der Ölpreisverzeichnete am Jahresende 2007 einen Zuwachs von47 % gegenüber Dezember 2006. Im Januar 2007war der Preis auf sein Niveau von Juni 2005 zurück-gefallen, so dass im Jahresmittel der Preisanstieg imVergleich zu 2006 nur bei etwa 11 % lag, dennochzeigt sich über die Jahre eine stetige Verteuerung desÖls.

Der Zuwachs der weltweiten Exploration undFörderung von 18 % ist immer noch sehr hoch, bleibtaber hinter der Steigerung des Vorjahres zurück. Auchdie Förderkapazität des einzigen deutschen Ölfeldes„Mittelplate“ hat sich durch den Offshore- und On-shore-Verbund auf über 2 Mio. t p.a. erhöht. Der Aus-bau der prozesstechnischen Anlagen an Land hat dieDurchsatzkapazität mit 2,5 Mio. t p.a. seit Inbetrieb-nahme mehr als verdoppelt.

Da die Öl- und Gasfirmen ihre Aktivitäten inimmer tiefere Meeresgebiete verlagern, nehmen die

Halbtaucherbohrinseln und Bohrschiffe gegenüberden Hubbohrinseln weiter an Bedeutung zu. Weiter-hin ist das Potenzial der Gasförderung auf See nochnicht ausgeschöpft und in einigen Regionen der Weltwird das Begleitgas der Ölförderung noch abge-fackelt, da es offshore nicht als Flüssigerdgas (LNG)verladen werden kann. Durch die Weiterentwicklungvon Verladevorrichtungen auf See soll diese Lückegeschlossen werden.

Auch wenn die Industrie systematisch weitereÖl- und Gasreserven erschließt, wird zunehmend nachalternativen Brennstoffen gesucht. So hat die Erfor-schung von Methanlagerstätten in der Tiefsee in den

vergangenen Jahren einen Forschungs-boom ausgelöst. Das Gas bildet unterhohen Drücken und tiefen Temperaturenein eisähnliches Hydrat, das sich in denSedimenten der Kontinentalränder anrei-chert. Abschätzungen zufolge sind glo-bal etwa 1.000 –10.000 GigatonnenKohlenstoff in Methanhydrat gespei-chert.

Methan gilt als sehr saubererBrennstoff. Der Abbau des Hydrates istjedoch mit sehr großen technischen Her-ausforderungen verbunden. EhrgeizigesZiel ist dabei, Methan zu gewinnen undan seiner Stelle Kohlendioxid in die tiefenmarinen Sedimente einzuspeisen, um esals Treibhausgas aus der Atmosphäre zuentfernen. Der Methanhydrat-Abbauund sein Transport sowie die an-schließende Umwandlung in vermark-

tungsfähiges Gas müssen sicher und wirtschaftlichumgesetzt werden. In Deutschland laufen verschiede-ne Verbundprojekte zwischen Wissenschaft und Wirt-schaft für eine mögliche Gewinnung dieser Methan-vorkommen bei gleichzeitiger Kohlendioxiddeponie-rung und höchstmöglichem Schutz der Umwelt.

Windenergie

Der Ausbau der Windenergie ist politisches Zielder Bundesregierung. Das Bundesumweltministerium

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Entwicklungg derr Rohölpreisee (Brent)Monatsdurchschnittee inn US-$/Barrell 1997-2007

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Entwicklung der Rohölpreise (Brent)Monatsdurchschnitte in US-$/Barrel 1997-2007

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will das enorme Potenzial der Windenergieerzeugungauf dem Meer nutzen. Ziel ist es, bis 2010 mindestens12,5 % und bis 2020 mindestens 20 % des deutschenStrombedarfs aus erneuerbaren Energien zu erzeugen.

Ein wichtiger Schritt dorthin ist der Aufbau vondrei Forschungsplattformen in Nord- und Ostsee. Dieerste Plattform, nördlich von Borkum, wurde bereits2005 in Betrieb genommen, die zweite, nord-westlichvon Rügen, ist seit 2007 im Probebetrieb und die drit-te, westlich von Sylt, ist im Bau und soll 2008 in Betriebgehen. Die Plattformen sollen helfen, den Ausbau dergeplanten Offshore-Windparks durch eine Risikoab-schätzung zu beschleunigen.

Im Berichtsjahr genehmigte das Bundesamt fürSeeschifffahrt und Hydrographie einen weiteren

Windpark in der Nordsee mit80 Windenergieanlagen, die85 km nördlich der Insel Bor-kum errichtet werden sollen.Dies ist das insgesamt zwan-zigste genehmigte Windpark-Projekt in der „Ausschließli-chen Wirtschaftszone“Deutschlands (17 Nordsee, 3Ostsee). Gegenwärtig laufendie Planungen für weitere 47Vorhaben (40 Nordsee, 7 Ost-see). Die Bauphase des erstenWindparks in der Nordsee, diemit der Erstellung von Funda-menten in 28-30 Meter Tiefebeginnen wird, ist für 2008vorgesehen. Nach Fertigstel-lung soll die Anlage 12 mal 5Megawatt an 50.000 Haus-halte liefern. Bereits 2009 sollein Offshore-Windpark nörd-lich der Ostsee-Halbinsel Darßmit 52,5 Megawatt in Betriebgehen. Zuvor werden die Fun-damente in 15-19 MeternTiefe von Spezialfirmengebaut.

Der hohe Entwicklungs-druck in der Offshore-Windkrafttechnologie führtsowohl im meerestechnischen als auch im schiffbau-technischen Bereich zu immer neueren und verbesser-ten Konstruktionen. In der Rotorblattentwicklungwird die Faserverbundtechnik genutzt und eröffnetWerften neue Geschäftsfelder. Auch die Fundamen-tierung von Windkraftanlagen erfährt neue Impulse.Von „Monopiles“ über „Tripods“ und „Tripiles“ bishin zu schwimmenden Fundamenten, gibt es für jedenMeeresbodentyp und jede Wassertiefe geeigneteKonzepte. Für die Wartung und Versorgung der Off-shore-Windparks wurden eigens neue Schiffstypenentwickelt. Ein Spezial-Tender auf Basis der SWATH-Technologie wird ab 2009 in dem Windpark vor Bor-kum zum Einsatz kommen, der das sichere Anlegen anden Anlagen bis zu einer Wellenhöhe von bis zu 2,5Metern ermöglicht.

Bohr- und Förderplattform „Mittelplate“ mit Bohrturm

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Rohstoffgewinnung

Das Meer wird in der Zukunft nicht nur als Nah-rungsquelle, sondern auch als Rohstofflieferant anBedeutung gewinnen. Bei steigenden Preisen der Erzewird der Meeresbergbau vermehrt als Alternative zumlandseitigen Abbau angesehen. Unter anderem machtder Gehalt an Kobalt und Nickel in den Manganknol-len diese zunehmend attraktiv für eine Förderung.Voraussetzung wären eine Steigerung der Nachfrageund die Entwicklung entsprechender technischerLösungen zum Abbau in großen Wassertiefen.

Neben dem wichtigen Wirtschaftszweig derFischerei spielen Algenprodukte und andere chemi-sche Substanzen für die medizinische Forschung, Kos-metik-, Pharma- und Lebensmittelindustrie eine

immer wichtigere Rolle. Etwa 80 % der auf der Erdebeheimateten Organismen finden sich in marinenÖkosystemen. Am neu gegründeten „Fraunhofer-Institut für Marine Biotechnologie" in Lübeck sollenKooperationen zwischen meerestechnischen Firmenund medizinischen Forschungsabteilungen im Bereichmarine Lebensmitteltechnologie, regenerative Medi-zin, Zelltechnologie und Biohybrid-Technologie geför-dert werden.

Schutz der Küstenregionen

Die dichte Besiedelung der Küstenregionen undderen wirtschaftliche Bedeutung werden durchschwer vorhersagbare Naturphänomene wie Flutkata-strophen, Tsunamis oder Wirbelstürme bedroht. Einegroße Herausforderung besteht daher in der Entwick-lung von Schutzmaßnahmen, die über den wasser-baulichen Küstenschutz hinaus gehen. So ist Deutsch-land seit einiger Zeit in den Aufbau von Tsunami-Frühwarnsystemen eingebunden.

Durch Horizont-Radarsysteme und seismischesAbtasten werden tiefe Meeresbecken aber auch dieNordsee vermessen, um den Verlauf von Tsunamisoder Sturmflutwellen bei jeder Wettersituation vor-hersagen zu können. Für den zukünftigen Küsten-schutz wird ein engmaschiges Datenerfassungsnetzbenötigt, um Naturkatastrophen vorhersagen zu kön-nen. Die großen technischen Herausforderungen wer-den sich nur in enger Kooperation von öffentlicherHand, Meeresforschung und einer starken meeres-technischen Industrie meistern lassen.

Meeresforschungstechnik und Forschungsschiffe

Der Forschungsbedarf im maritimen Sektor hatsowohl in der Wissenschaft als auch in der Industrie inden letzten Jahren stark zugenommen. Durch intensi-vere Exploration nach Öl und Gas und den Vorstoß inschwer zugängliche Meeresregionen, wie dem arkti-schen Meer, hat die Ölindustrie einen erhöhten Bedarffür eisgangsunabhängige submarine Förderplattfor-men. Auch die Wissenschaft weitet ihre Projekte inextreme Klimazonen aus.Testfeld für Offshore-Windanlagen in Cuxhaven

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Hierzu wird auf europäischer Ebene die Entwick-lung eines eisgängigen Forschungsbohrschiffes fürden Arktischen Ozean vorangetrieben. Im Dezember2007 wurde nach einem europaweiten Ausschrei-bungsverfahren der Entwurf des Neubaus „AuroraBorealis“ an ein deutsches Ingenieurbüro vergeben.Die Planung sieht einen 40-jährigen Einsatzzeitraumvor, in dem mit Hilfe der Tiefseebohrtechnik multina-tionale Umwelt- und Klimaforschung vereint werdensollen. Für die exakte Positionierung während derBohreinsätze im Eis wird ein völlig neues Antriebs- undDesignkonzept benötigt. Bohrungen bis zu Wassertie-fen von 5 km plus 1 km Bohrtiefe in den Meeresboden,unter extremen Wetterbedingungen, erfordern dasbreite technische Potenzial der maritimen Technologi-en, Meerestechnik und des Schiffbaus.

Schiffe dieser Größenordnung führen in derRegel aufwändige technische Ausrüstung mit sich.Hierbei profitieren Offshore-Industrie und Wissen-schaft wechselseitig. In zunehmendem Maße werdenfür maritime Einsatzgebiete Roboter und frei tauchen-de, autonome Unterwasserfahrzeuge eingesetzt. DieZahl der Offshore-Installationen wird in den nächstenJahren erheblich ansteigen, und auch Fundamentevon Windenergieanlagen können durch den Einsatzvon Tauchrobotern mittlerer Größe inspiziert werden.Wesentlich größere Systeme kommen im offenenOzean zum Einsatz und ermöglichen der Wissenschaftund Offshore-Industrie ein präzises Arbeiten in bis zu6 km Einsatztiefe.

Um das volle Potenzial der Meerestechnik aus-schöpfen zu können, wird es für die maritime Wirt-schaft in Zukunft erforderlich sein, Synergien zwischenden Bereichen Offshore-Energie, Meeresforschung,Seeverkehr, Schiffstechnik, Fischerei und dem Küsten-schutz zu entwickeln. Diese strategischen Ziele wer-den dabei in Deutschland von Bund und Ländernsowie auf europäischer Ebene von der EU-Kommissionunterstützt, um eine nachhaltige Nutzung der Ozeaneund Meere bei deren gleichzeitigem Schutz zu ermög-lichen. Schleswig-Holstein strebt bei der Entwicklungund Förderung maritimer Technologien eine europa-weite Vorreiterrolle an und stellte 2007 den Master-plan des Landes für maritime Technologien vor.

Eingehend befasste sich der Deutsche Bundestagim Februar 2007 mit Maßnahmen zur Stärkung dermaritimen Wirtschaft in Deutschland. Er forderte mit sei-ner Mehrheit die Bundesregierung zur Erstellung einesnationalen Masterplans für maritime Technologien auf.

Im Anschluss an einen ausführlichen Konsulta-tionsprozess, in den sich der VSM entsprechend demVotum seiner „Fachgemeinschaft Meerestechnik“inhaltlich eingebracht hatte, verabschiedete die EU-Kommission im Jahr 2007 ein „Blaubuch“ zur Meeres-politik, in dem die Bedeutung maritimer Belange fürEuropa unterstrichen wurde. Gefordert wird eine, aufNachhaltigkeit angelegte, integrative Meerespolitik,die technologische Entwicklungen mit Blick auf einenwachsenden Weltmarkt vorantreibt.

Fachgemeinschaft maritime Technik

18 Zulieferer der Offshore- und Meerestechnik,sieben Werften und eine Reederei

Vorsitzender: Dr. Hans-Peter Leppin (Atlas Elektronik)

Zentrale Themen:• Nationaler Masterplan maritimer Technologien• Meerestechnikbeitrag zur Hightech-Strategie

für Deutschland• Erfahrungsaustausch Innovation und Techno-

logieentwicklung

Modell eines eisgängigen Tankers im Eistank.