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Wettbewerb statt Förderpolitik „Die Soziale Marktwirtschaft ist ein we- sentlicher Teil unserer freiheitlichen, offe- nen und solidarischen Gesellschaft. Mit ihr haben wir einen bewährten Kompass, der Wohlstand und Vollbeschäftigung ermög- licht und zugleich den sozialen Ausgleich und den gesellschaft- lichen Zusammenhalt in unserem Land festigt.“ – So steht es im von CDU, CSU und SPD nach mehrwöchigen Verhandlungen vor- gelegten Koalitionsvertrag. Bei der Lektüre der 185 Seiten lan- gen Vereinbarung merkt man allerdings, dass die angehenden Koalitionäre Ludwig Erhard nicht gelesen haben: In der Wirt- schafts- und Sozialpolitik planen sie zahlreiche Förderungen, im Großen – zum Beispiel die Energiewende – und Kleinen – bei- spielsweise die „Wirkstoffforschung im Bereich der Antibiotika zur Bekämpfung von Multiresistenz und Sepsis“. Bei Ludwig Erhard findet man dagegen: „Wenn und wo die Funktion des Marktes durch das Walten der Funktionäre und der Wettbewerb durch eine Lenkungsbürokratie ersetzt wird, ist es mit der Leistungsverbesserung der Wirtschaft vorbei: Dann ist es aber auch um die soziale Wohlfahrt und den menschlichen Wohlstand geschehen.“ Soziale Marktwirtschaft baut auf Freiheit und Verantwortung und damit im Ökonomischen auf Wettbewerb. Oder in den Worten Erhards: „Die Anpassung der Produktion an den Verbrauch er- folgt in der Marktwirtschaft unsichtbar, aber sie ist viel wirksa- mer, und vor allen Dingen: Sie geschieht viel schneller und exak- ter als die starre, jeweils auf lange Zeiträume vorausschauende nationale Planung. Woher sollte denn auch ein Staat und seine Bürokratie wissen, was dem Wohle vieler Millionen Menschen frommt? Die das am besten wissen, sind die Menschen selbst, die in freier Konsumwahl ihre Bedürfnisse decken wollen.“ Der Staat muss mit einem ordnungspolitischen Rahmen dafür sorgen, dass niemand die Verantwortung für sein Tun oder Las- sen abstreifen kann. Das wäre – vor allem mit Blick auf den Fi- nanzsektor – Aufgabe genug. Lars Vogel Schoko-Festtagsgrüße Dieses Jahr verließen rund 144 Millionen Nikoläuse und Weih- nachtsmänner aus Schokolade die Produktionsbänder, so das Ergebnis einer Umfrage des Bundesverbandes der Deut- schen Süßwarenindustrie (BDSI) bei seinen Mitgliedern. Rund 96 Millionen Schoko-Fi- guren wurden in den letzten Wochen an den deutschen Handel ausgeliefert. Die restli- chen Exemplare wurden in die europäischen Nachbarländer, aber auch nach Australien, In- dien, Japan und in die USA ex- portiert. Das Gerücht vom Einschmel- zen oder Umverpacken übrig gebliebener Weihnachtsmän- ner – zum Beispiel in Schoko- Osterhasen – gehört dem BDSI zufolge ins Land der Mythen. Die Saisonartikel seien stets aus frisch hergestellter Schoko- masse gefertigt. Alles andere würde den Qualitätsansprü- Die Ludwig-Erhard-Stiftung ist bei aller Entschiedenheit ihres Engage ments für Freiheit und Ver antwortung in Staat, Gesellschaft und Wirtschaft von Parteien und Verbänden unab hängig. Sie ist als gemeinnützige Ver e ini gung voll anerkannt. chen nicht genügen. Die Um- widmung von Saisonware sei zudem weder gesetzlich er- laubt noch ökonomisch sinn- voll. Nach den Feiertagen wür- den die Saisonartikel zu redu- zierten Preisen angeboten oder kostenlos an gemeinnützige Organisationen weitergegeben. http://goo.gl/G64EIf Hilfe vom Staat Zum Jahresende 2012 haben knapp 7,25 Millionen Men- schen in Deutschland Leistun- gen aus der sozialen Mindest- sicherung erhalten. Das waren neun Prozent der Bevölkerung, wie das Statistische Bundes- amt Mitte November mitteilte. Zur sozialen Mindestsiche- rung zählen beispielsweise die Grundsicherung für Arbeitsu- chende – geläufiger: Hartz IV –, die Grundsicherung im Al- ter und bei Erwerbsminderung oder Hilfen nach dem Asylbe- werberleistungsgesetz. Im Vergleich zum Vorjahr blieben sowohl die Anzahl der Empfänger als auch ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung na- hezu unverändert. Ein Blick auf die einzelnen Transferleis- tungen zeigt: Die Anzahl der Hartz-IV-Empfänger die größte Gruppe der Empfänger von sozialer Mindestsicherung – ging von 2011 bis 2012 um 1,3 Prozent auf 6,04 Millionen Personen zurück. Die Zahl der Sozialhilfeempfänger ist dage- gen gestiegen, und zwar um 6,3 Prozent auf 1,01 Millionen Personen. Den stärksten An- IM KLAR TEXT INFORMATIONEN ZUR SOZIALEN MARKTWIRTSCHAFT Dezember 2013 Schokolade 856 000 Quelle: Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie 2006 2004 2008 2010 2012 925 000 987 000 1 011 000 1 036 000 Produktion in Tonnen

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Wettbewerb stattFörderpolitik

„Die Soziale Marktwirtschaft ist ein we-sentlicher Teil unserer freiheitlichen, offe-nen und solidarischen Gesellschaft. Mit ihrhaben wir einen bewährten Kompass, derWohlstand und Vollbeschäftigung ermög-

licht und zugleich den sozialen Ausgleich und den gesellschaft-lichen Zusammenhalt in unserem Land festigt.“ – So steht es imvon CDU, CSU und SPD nach mehrwöchigen Verhandlungen vor-gelegten Koalitionsvertrag. Bei der Lektüre der 185 Seiten lan-gen Vereinbarung merkt man allerdings, dass die angehendenKoalitionäre Ludwig Erhard nicht gelesen haben: In der Wirt-schafts- und Sozialpolitik planen sie zahlreiche Förderungen, imGroßen – zum Beispiel die Energiewende – und Kleinen – bei-spielsweise die „Wirkstoffforschung im Bereich der Antibiotikazur Bekämpfung von Multiresistenz und Sepsis“.Bei Ludwig Erhard findet man dagegen: „Wenn und wo die

Funktion des Marktes durch das Walten der Funktionäre und derWettbewerb durch eine Lenkungsbürokratie ersetzt wird, ist esmit der Leistungsverbesserung der Wirtschaft vorbei: Dann istes aber auch um die soziale Wohlfahrt und den menschlichenWohlstand geschehen.“Soziale Marktwirtschaft baut auf Freiheit und Verantwortung

und damit im Ökonomischen auf Wettbewerb. Oder in den WortenErhards: „Die Anpassung der Produktion an den Verbrauch er-folgt in der Marktwirtschaft unsichtbar, aber sie ist viel wirksa-mer, und vor allen Dingen: Sie geschieht viel schneller und exak-ter als die starre, jeweils auf lange Zeiträume vorausschauendenationale Planung. Woher sollte denn auch ein Staat und seineBürokratie wissen, was dem Wohle vieler Millionen Menschenfrommt? Die das am besten wissen, sind die Menschen selbst, diein freier Konsumwahl ihre Bedürfnisse decken wollen.“ Der Staat muss mit einem ordnungspolitischen Rahmen dafür

sorgen, dass niemand die Verantwortung für sein Tun oder Las-sen abstreifen kann. Das wäre – vor allem mit Blick auf den Fi-nanzsektor – Aufgabe genug.

Lars Vogel

Schoko-FesttagsgrüßeDieses Jahr verließen rund 144Millionen Nikoläuse und Weih-nachtsmänner aus Schokoladedie Produktionsbänder, so dasErgebnis einer Umfrage desBundesverbandes der Deut-schen Süßwarenindustrie(BDSI) bei seinen Mitgliedern.Rund 96 Millionen Schoko-Fi-guren wurden in den letztenWochen an den deutschenHandel ausgeliefert. Die restli-chen Exemplare wurden in dieeuropäischen Nachbarländer,aber auch nach Australien, In-dien, Japan und in die USA ex-portiert.Das Gerücht vom Einschmel-

zen oder Umverpacken übriggebliebener Weihnachtsmän-ner – zum Beispiel in Schoko-Osterhasen – gehört dem BDSIzufolge ins Land der Mythen.Die Saisonartikel seien stetsaus frisch hergestellter Schoko-masse gefertigt. Alles anderewürde den Qualitätsansprü-

Die Ludwig-Erhard-Stiftung ist bei aller Entschiedenheit ihres Engage ments für Freiheit und Ver antwortung in Staat, Gesellschaft und Wirtschaft von Parteien und Verbänden unab hängig. Sie ist als gemeinnützige Ver eini gung voll anerkannt.

chen nicht genügen. Die Um-widmung von Saisonware seizudem weder gesetzlich er-laubt noch ökonomisch sinn-voll. Nach den Feiertagen wür-den die Saisonartikel zu redu-zierten Preisen angeboten oderkostenlos an gemeinnützigeOrganisationen weitergegeben.http://goo.gl/G64EIf

Hilfe vom StaatZum Jahresende 2012 habenknapp 7,25 Millionen Men-schen in Deutschland Leistun-gen aus der sozialen Mindest-sicherung erhalten. Das warenneun Prozent der Bevölkerung,wie das Statistische Bundes-amt Mitte November mitteilte.Zur sozialen Mindestsiche-rung zählen beispielsweise dieGrundsicherung für Arbeitsu-chende – geläufiger: Hartz IV–, die Grundsicherung im Al-ter und bei Erwerbsminderungoder Hilfen nach dem Asylbe-werberleistungsgesetz.Im Vergleich zum Vorjahr

blieben sowohl die Anzahl derEmpfänger als auch ihr Anteilan der Gesamtbevölkerung na-hezu unverändert. Ein Blickauf die einzelnen Transferleis-tungen zeigt: Die Anzahl derHartz-IV-Empfänger – diegrößte Gruppe der Empfängervon sozialer Mindestsicherung– ging von 2011 bis 2012 um1,3 Prozent auf 6,04 MillionenPersonen zurück. Die Zahl derSozialhilfeempfänger ist dage-gen gestiegen, und zwar um6,3 Prozent auf 1,01 MillionenPersonen. Den stärksten An-

IM KLARTEXTINFORMATIONEN ZUR SOZIALEN MARKTWIRTSCHAFT

Dezember 2013

Schokolade

856

000

Quelle: Bundesverband derDeutschen Süßwarenindustrie

20062004 2008 2010 2012

925

000

987

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1 01

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1 03

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Produktion in Tonnen

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Ein Rückblick auf die Wirt-schaftspolitik der vergange-nen zwölf Monate bereitet we-nig Freude: Zwar gab es hinund wieder auch Positives zuberichten; doch von 36 mögli-chen Wertungen – je zwölf fürVollbeschäftigung, Eigenver-antwortung und Geldwertsta-bilität – fielen lediglich sechsuneingeschränkt positiv insAuge. 21 Mal wurde ein „Mi-nus“ verteilt. Die restlichenneun Wertungen wurden mit„sowohl als auch“ gekenn-zeichnet, weil in den Meldun-gen aus Ministerien und Äm-tern positive Aspekte gelobtund in den Vordergrund ge-rückt wurden, der berühmte„Haken“ an der jeweiligen Sa-che dagegen verschwiegenwurde oder missachtet blieb.

VollbeschäftigungDie Arbeitsmarkt-Entwick-lung war 2013 eher durch-wachsen. Bundesregierungund Bundesagentur für Ar-beit (BA) wiesen stolz daraufhin, dass sowohl die Gesamt-zahl der Erwerbstätigen alsauch die Zahl der sozialversi-cherungspflichtig Beschäftig-ten zugenommen hätten. Die-se Entwicklung wurde zweiMal positiv gewürdigt. Dasreichte nicht aus, um eindurchweg optimistisches Bildvom Arbeitsmarkt zu zeich-nen. Die Zahl der Arbeitslo-sen pendelte im Jahresverlaufum die drei Millionen, die

vermeldeten Rückgänge beiden Arbeitslosenzahlen lagenin der Mehrzahl der Monateunterhalb der Rückgänge desVorjahres, in der zweiten Jah-reshälfte sogar fast in jedemMonat. Auch die November-Statistik der BA belegt dieseEntwicklung: Die Zahl der of-fiziellen Arbeitslosen stieg inDeutschland zwar nur leichtum 5 000 zum Vormonat. ImVergleich zum November2012 wuchs die Arbeitslosen-zahl allerdings um 55 000 an.Offiziell gezählt wurden imNovember 2013 rund 2,8 Mil-lionen Menschen ohne Ar-beit. Andere Teilbereiche des

Arbeitsmarktes zeigten sich2013 ebenfalls wenig Erfolgversprechend: So sank bei-spielsweise die Zahl der Emp-fänger von ArbeitslosengeldII, bekannter unter demSchlagwort „Hartz IV“. Dochdie Zahl sogenannter Aufsto-cker – Menschen, die vom Ar-beitsverdienst allein nicht ih-ren Lebensunterhalt bestrei-ten können – ist gestiegen.Die Zahl der Erwerbstätigenist zwar gewachsen, doch dieGesamtzahl der geleistetenArbeitsstunden hat abgenom-men. Auch 2013 ist es nicht ge-

lungen, allen jungen Men-schen, die auf der Suche nacheiner Ausbildungsstelle wa-ren, eine adäquate Lehrstellezu vermitteln. Das ist für eine

„Bildungsrepublik“, in der Po-litiker und Unternehmenslen-ker über „Fachkräftemangel“diskutieren, eher dürftig. All-zu leicht gerät auch in Ver-gessenheit, dass nicht nur dierund drei Millionen offiziellgezählten Menschen ohne Ar-beit von der bedrückenden Si-tuation betroffen sind, son-dern auch ihre Angehörigenmüssen mit der prekären Si-tuation zurechtkommen.

EigenverantwortungVier Mal negativ, sieben un-entschiedene Wertungen undlediglich ein Mal ein „Plus“:Die Möglichkeiten, sein Le-ben eigenverantwortlich ge-stalten zu können, wurden imlaufenden Jahr nicht besser.Das Positive war – gemeldetim Frühjahr 2013 –, dass so-wohl Unternehmen als auchprivate Haushalte weniger oftInsolvenz anmelden mussten;die wirtschaftliche Lage inDeutschland war hierfür aus-schlaggebend. Dass in der Rubrik „Eigen-

verantwortung“ das Negativeüberwog, hatte vielfältigeGründe: Die staatlich geför-derte Riester-Rente provozier-te Kritik. Bei der gesetzlichenRentenversicherung wurdevon politischer Seite allent-halben die „Weiterentwick-lung“ thematisiert. Um dieZahlungsmoral in der Wirt-schaft stand es nicht zumBesten. Erneut wurden 2013

Jahresabschlussnote „Ungenügend“

Eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen, eine auf Dauer gesicherte Kaufkraft sowie Ei-genverantwortlichkeit für die persönlichen Belange: Aspekte dieser drei grundsätzlichen Zie-le, die sich aus dem Leitbild der Sozialen Marktwirtschaft ergeben, werden Monat für Monatin diesem Infobrief betrachtet und gewertet.

stieg bei der staatlichen Unter-stützung – mit einem Zuwachsvon 15 Prozent – gab es bei Be-rechtigten nach dem Asylbe-werberleistungsgesetz.http://goo.gl/2JITmm

Erstsemester506 600 Erstsemester hat dasStatistische Bundesamt inWiesbaden für 2013 gezählt;das waren zwei Prozent mehrals im Vorjahr (495000), aberweniger als im bisherigen Re-kordjahr 2011. Damals hattensich 518 700 junge Menschenerstmals an einer Hochschuleeingeschrieben. Weitere Zu-wächse bei den Erstsemester-Zahlen schließen die Statisti-ker nicht aus. Es sei jedoch da-von auszugehen, dass sich dieZahl der Studienanfänger beietwa einer halben Million jähr-lich einpendeln werde.Drei Gründe seien für die

Entwicklung maßgeblich: Der-zeit verlassen besonders ge-burtenstarke Abiturjahrgängedie Gymnasien. Zudem beste-he ein allgemeiner Trend zurHöherqualifizierung. Schließ-lich wachse die Zahl ausländi-scher Studierender inDeutschland; bereits 2012 hat-ten rund 14 Prozent der Erst-semester ihre Hochschulzulas-sung nicht in der Bundesre -publik erworben. Insgesamt besuchen 2,6

Millionen Studierende im lau-fenden Wintersemester Fach-hochschulen und Universitä-ten – über eine halbe Millionmehr als vor zehn Jahren undfünf Prozent mehr als im Win-tersemester 2012/13. Die Stu-dierendenzahlen an Fachhoch-schulen stiegen stärker als diean Universitäten.http://goo.gl/xyKoTe

IM KLARTEXTDezember 2013

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bei den Sparern, politisch ver-anlasste Kostensteigerungenbei den Krankenkassen bei-spielsweise führten zu sechsnegativen Wertungen. Unentschieden wurde ge-

wertet, dass in der zweitenJahreshälfte zwar die Reallöh-ne insgesamt leicht stiegen,sich das Lohngefälle aber ver-stärkte.

Und nun? Große Koalition!Auch wenn es den Bekundun-gen und dem Selbstverständ-nis der Politiker widerspre-chen mag: Für die SozialeMarktwirtschaft aus der Sichtvon Ludwig Erhard war dasJahr 2013 ein Reinfall. Unab-hängig von der weiterhin un-terschwellig bestehenden Eu-ro-Krise – ein Problemfeld,dass im zurückliegendenWahlkampf kaum themati-siert und diskutiert wurde –muss darauf hingewiesenwerden, dass bereits bei dengrundsätzlichen Bedingun-gen für die Soziale Markt-wirtschaft seit Jahren vielesungelöst blieb und weiterhinim Argen liegt.Die Politik stellt dagegen in

der Präambel des vor Kurzemzwischen CDU, CSU und SPDvereinbarten Koalitionsver-trages fest: „Deutschland hatsich in den letzten Jahrenwirtschaftlich so gut entwi-ckelt wie kaum ein andererStaat in Europa.“Selbstverständlich wird al-

lenthalben über SozialeMarktwirtschaft geschriebenund gesprochen. Auch der ak-tuelle Koalitionsvertrag greiftdas Schlagwort sieben Malauf. In Politik und Wirtschaftspielt Soziale Marktwirtschaftaber allenfalls als Feigenblatteine Rolle. Nur weil anstehen-

weniger Unternehmen ge-gründet. Der Staat droht sichbei der Energiewende in Ak-tionismus zu verstricken. „Sowohl als auch“ wurde

von der Im-Klartext-Redakti-on beispielsweise gewertet,dass zwar die Zahl der Privat -insolvenzen sank, die Zahlder Überschuldungen priva-ter Haushalte – erfahrungsge-mäß der Vorläufer der Zah-lungsunfähigkeit – aber an-stieg; oder dass die Bürgerzwar einigermaßen optimis-tisch in die Zukunft blickten,ihre Vorsorgeleistungen abereinschränken wollten. Darüber hinaus erkennen

viele Bürger, wie notwendigeine private Altersvorsorgewäre, aber längst nicht jedemwar der Aufbau einer indivi-duellen Vorsorge möglich. InUmfrage-Ergebnissen zeigtesich zudem, dass die Politikgroßen Anteil an mancherVerunsicherung hatte.

GeldwertstabilitätZahlenmäßig wenig Erbauli-ches gab es 2013 auch in Be-zug auf die Kaufkraft der Bür-ger zu berichten. Immerhinkonnte drei Mal ein positivesUrteil abgegeben werden: DerAnstieg der Verbraucherprei-se blieb unter der von der Eu-ropäischen Zentralbank fest-gelegten Rate „nahe, aber un-ter zwei Prozent“, bei der dieInflation im Idealfall liegensoll. Auch bei Zwangsverstei-gerungen für Immobilienkonnte „Entspannung“ ver-merkt werden.Die positiven Urteile wur-

den aber mehr als wettge-macht: Sinkende Zinsen dankEuro-Rettung, Kaufkraftver-luste für Rentner, sinkendeSparquote und Geldillusion

de politische Entscheidungenbesonderes Gewicht oder weit-reichende Folgen haben mö-gen, hat diese Politik noch lan-ge nicht das Prädikat „im Sin-ne der Sozialen Marktwirt-schaft“ verdient.

Weichensteller allerortenDie Beteiligten an den jüngs-ten Koalitionsverhandlungensind dagegen überzeugt, diegetroffene Vereinbarung stel-le „die Weichen, dass Deutsch-land seinen erfolgreichen Wegfortsetzen kann“. Die Formu-lierung aus einer aktuellenPresseerklärung lässt viel-leicht erahnen, warum es umdie Soziale Marktwirtschaftschlecht bestellt ist: Markt-wirtschaft wird seit Langemals Marktmechanik begriffen.„Jemand“ – in diesem Fall diegroßkoalitionäre Bundesre-gierung – stellt Weichen, unddie Sache läuft. Diese Aussa-ge suggeriert eine exakteKenntnis der Prozesse, dietagtäglich millionenfach inWirtschaft und Gesellschaftablaufen. Die Weichenstellergeben vor, sie könnten die Er-gebnisse ihrer Entscheidun-gen präzise vorhersehen –welch eine Anmaßung vonWissen.Aus Sicht der Politik ist der

optimistische Zukunftsblickverständlich. Immerhin rauftman sich derzeit zu einerGroßen Koalition zusammen.In den kommenden vier Jah-ren lässt sich nun vieles initi-ieren sowie – trotz mancherDifferenz im Detail – Zahlrei-ches regulieren und so ein-richten, dass – zweiter Satzder Präambel des Koalitions-vertrages – „alle Menschen inDeutschland – Kinder, Frauenund Männer, Junge und Alte,

in Ost und West – ein gutesLeben führen können und un-ser Land auf seinem gutenWeg weiter vorankommt“. Dazu soll in den kommen-

den Jahren laut Vereinbarunggefördert werden, dass es nurso eine Lust hat: im Großenselbstverständlich Demokratieund Menschenrechte, im Klei-nen von Arbeitsmarkt und Au-ßenwirtschaft über Elektroau-tos und Mittelstand bis zurZahngesundheit. Kein Bereichist ausgenommen. Bei diesemSelbstverständnis von (Wirt-schafts-)Politik ist es dann fastkeine Überraschung mehr,dass die künftigen Großkoali-tionäre die Breitbandversor-gung – das „schnelle“ Internet– voranbringen und sogar da-rauf hinwirken wollen, „dassdeutlich mehr FahrradfahrerHelm tragen“.

Wohlstand per Dekret?Wer Ludwig Erhards Konzepti-on kennt, dem dürfte klar sein:Wirtschaftliche Prosperitätkann nicht durch Gesetze undVerordnungen herbeigeführtwerden; Wohlstand für allelässt sich nicht per Dekret er-zwingen. Ziel einer der Sozia-len Marktwirtschaft verpflich-teten Regierung wäre, jedemEinzelnen die Freiheit zumHandeln zu lassen und aufDauer zu garantieren, damit je-der weitgehend aus eigenerKraft für sich sorgen kann undkeiner von den Almosen ande-rer leben muss. Politischer Ak-tivismus und eine noch so gutgemeinte Förderung von Inte-ressen aller Art stehen eineran originärer Freiheit orien-tierten Konzeption wie der vonLudwig Erhard diametral ent-gegen.

Andreas Schirmer

„Aber jetzt können wir auf sicherer Grundlage sagen: Es wird keine Steuererhöhungen,keine höhere Neuverschuldung und keine höheren Rentenversicherungsbeiträge geben.Das ist alles seriös durchgerechnet. Wir sind da auf der sicheren Seite.“Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finanzen

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Prozent der Rentner. Rund128 000 von ihnen sind sogarälter als 74 Jahre. Die Zahl so-zialversicherungspflichtig be-schäftigter Rentner hat sich inden vergangenen zehn Jahrenfast verdreifacht, auf mittler-weile 171000.

GeldwertstabilitätDie durch die Politik in Ganggesetzte Energiewende führtgleich zu Jahresbeginn 2014zu höheren Strompreisen. Neueingeführt wird die „Umlagefür abschaltbare Lasten“. ImPrinzip geht es darum, dassgroße Stromverbraucher ihrenVerbrauch herunterfahrenoder abschalten, wenn „Black-outs“ drohen. Im Gegenzugzahlen die Übertragungsnetz-betreiber dann eine Entschä-

VollbeschäftigungIm Ausbildungsjahr 2012/13,das Ende September auslief,senkten die Unternehmen trotz„robuster Konjunktur“ die Zahlder Ausbildungsstellen um 1,3Prozent. Noch stärker sank dasaußerbetriebliche Angebot,weil staatliche Förderprogram-me wegfielen. Insgesamt zähltedie Bundesagentur für Arbeit(BA) 504500 Lehrstellen,knapp zweieinhalb Prozent we-niger als im Vorjahr.Von Anfang Oktober bis Mit-

te November waren 55300 Be-werber für eine Ausbildungs-stelle gemeldet, die „weiterhin,erneut oder erstmalig eineAusbildung zum sofortigenEintritt suchten“. Im „fünftenQuartal“ eines Berufsausbil-dungsjahres – so nennt die BAdie Zeit zwischen Oktober und

Impressum:Herausgeber: Ludwig-Erhard-Stiftung · Johanniterstraße 8 · 53113 BonnTelefon 0228/5 39 88-0 · Telefax 0228/5 39 88-49Redaktion: Andreas Schirmer · Foto: BMFi/Ilja C. HendelDruck und Herstellung: Druckerei Engelhardt GmbH, Neunkirchenerscheint monatlich · www.ludwig-erhard-stiftung.de

Die Soziale Marktwirtschaft im Dezember 2013Ludwig Erhard hat mit der Sozialen Marktwirtschaft eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung reali-siert, in der jeder die Chance hat, seine Lebensumstände in eigener Verantwortung zu gestalten. Wie esum die Soziale Marktwirtschaft heute steht, lässt sich nicht mit wenigen Worten sagen. Die Ludwig-Erhard-Stiftung möchte dennoch eine komprimierte Beurteilung vornehmen. Sie beleuchtet Monat für Monat ei-nen besonderen Aspekt der Grundziele, die sich aus dem Leitbild der Sozialen Marktwirtschaft ergeben:Vollbeschäftigung, Geldwertstabilität und Eigenverantwortung.

Dezember – sind demzufolgenoch zahlreiche ausbildungs-willige Jugendliche auf Ausbil-dungsplatz-Suche.Begehrt sind vor allem Lehr-

stellen bei großen Dienstleis-tern und Industriebetrieben.Handwerksbetriebe wie Flei-scher und Bäcker, aber auchEinzelhändler haben dagegenoffensichtlich Schwierigkeiten,jungen Menschen beruflichePerspektiven aufzuzeigen. DieBA setzt nun auf die sogenann-te Nachvermittlung bis zumJahresende.

EigenverantwortungIn einer Umfrage des Deut-schen Gewerkschaftsbundesgaben rund 42 Prozent der Be-schäftigten in Deutschland an,sie rechneten nicht damit, dassihre gesetzliche Rente spätereinmal reichen wird. Nur nochjeder fünfte Befragte erwartet,dass er im Alter gut oder sehrgut von seiner Rente lebenkann. Aktuell lässt sich feststellen,

dass Rentner auf Mini-Jobs set-zen. Derzeit arbeiten der Bun-desagentur für Arbeit zufolgerund 812 000 in einem Mini-Job, das entspricht etwa vier

digung, die anfallenden Kos-ten werden mit der „Abschalt-Umlage“ – 2014 in Höhe von0,009 ct/kWh – auf die End-verbraucher überwälzt.Auch die EEG-Umlage steigt

zum Jahresbeginn 2014 von5,277 auf 6,24 ct/kWh. Die Um-lage für die Kraftwärmekopp-lung legt um rund 0,05 ct/kWhzu und beträgt dann 1,78ct/kWh. Für den durchschnitt-lichen Drei-Personen-Haushaltmit einem Stromverbrauch von3500 kWh pro Jahr sind dasMehrausgaben von rund 52Euro, Mehrwertsteuer nochnicht eingerechnet.

I N D E X

„Ich behaupte, dass diese moderne Art von Wirtschaftspolitikim höchsten Maß geeignet ist oder dazu beiträgt, die wirtschaftliche Freiheitzu unterhöhlen und – da es keine geteilte Freiheit gibt – im Letzten dem Kollektivismus Vorschub zu leisten.“Ludwig Erhard

IM KLARTEXTDezember 2013

AltersrenteDurchschnittsrente in Euro,Stand 31.12.2012

alte Bundesländer, Frauen 508

Männer 1005

Frauen und Männer 732

neue Bundesländer, Frauen 730

Männer 1073

Frauen und Männer 871

Quelle: Deutsche Rentenversicherung

BerufsausbildungBewerber Lehrstellen

2008/09 559840 475391

2009/10 556062 483519

2010/11 543030 519555

2011/12 559877 517086

2012/13 561168 504542

jeweils 1.10. bis 30.9. des FolgejahresQuelle: Bundesagentur für Arbeit

EEG-Umlage

0,08

Quelle: Bundesverband derEnergie- und Wasserwirtschaft

20021998 2006 2010 2014

0,35 0,

88 2,05

6,24

ct/kWh