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Programm Donnerstag, 19.11.2015 | Gebäude RW, Raum 1.81 14.15 Eröffnung Dr. Natalia Igl & Dr. Kathrin Rothemund (Bayreuth) 14.45 Keynote Dr. Gunhild Berg (Innsbruck): Experiment als Begriff, Metapher und Methode. Eine Problemgeschichte 15.45 Kaffeepause 16.00 Vorträge [Experiment Methode] Dr. Sophie Einwächter (Mannheim): Warum (nicht) work-in-progress teilen? 16.45 Dr. J. Berenike Herrmann (Göttingen): Präzise! Probleme naturwissenschaftlich-empirisch orientierter Forschung in der Literaturwissenschaft 17.30 Diskussion 18.00 Abendessen im Frischraum 19.00 Experimentelle Formen I Lehr- und Experimentalfilme Freitag, 20.11.2015 | Gebäude GW II, Raum S 5 9.30 recap Dr. Natalia Igl & Dr. Kathrin Rothemund (Bayreuth) 9.45 Vorträge [Daten, Bilder & Beobach- tung] Lina Maria Stahl, M.A. (Bayreuth): Mikroskopische Bildgebung: Beobachtung oder Expe- riment? 10.30 Dr. Marcus Burkhardt (München): Im Labor der Daten. Sehend Denken mit Informati- onsvisualisierungen 11.15 Kaffeepause 11.30 Vorträge [Experiment und Evidenz – historisch] Florian Remele (Bayreuth): Wissen – Autorität – Spra- che. Martin Opitz’ Vesuvius als sprachlich- literarisches Experiment 12.15 Dr. Nadine Hufnagel (Bayreuth): Im Laboratorium: Das Nibelungenlied 13.00 Mittagspause Im Laboratorium – Entwurf & Experiment als ästhetische Zugriffsweisen auf ‚Welt‘ Universität Bayreuth Sprach- und Literaturwissenschaftliche Fakultät 19.-21. November 2015

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Programm

Donnerstag,19.11.2015|GebäudeRW,Raum1.81

14.15 Eröffnung Dr.NataliaIgl&Dr.KathrinRothemund(Bayreuth)

14.45 Keynote

Dr.GunhildBerg(Innsbruck):ExperimentalsBegriff,MetapherundMethode.EineProblemgeschichte

15.45 Kaffeepause

16.00 Vorträge[ExperimentMethode]

Dr.SophieEinwächter(Mannheim):Warum(nicht)work-in-progressteilen?

16.45 Dr.J.BerenikeHerrmann(Göttingen):Präzise!Problemenaturwissenschaftlich-empirischorientierterForschunginderLiteraturwissenschaft

17.30 Diskussion

18.00 AbendessenimFrischraum

19.00 ExperimentelleFormenILehr-undExperimentalfilme

Freitag,20.11.2015|GebäudeGWII,RaumS5

9.30 recap Dr.NataliaIgl&Dr.KathrinRothemund(Bayreuth)

9.45 Vorträge[Daten,Bilder&Beobach-tung]

LinaMariaStahl,M.A.(Bayreuth):MikroskopischeBildgebung:BeobachtungoderExpe-riment?

10.30 Dr.MarcusBurkhardt(München):ImLaborderDaten.SehendDenkenmitInformati-onsvisualisierungen

11.15 Kaffeepause

11.30 Vorträge[ExperimentundEvidenz–historisch]

FlorianRemele(Bayreuth):Wissen–Autorität–Spra-che.MartinOpitz’Vesuviusalssprachlich-literarischesExperiment

12.15 Dr.NadineHufnagel(Bayreuth):ImLaboratorium:DasNibelungenlied

13.00 Mittagspause

Im Laboratorium – Entwurf & Experiment als ästhetische Zugriffsweisen auf ‚Welt‘

Universität Bayreuth Sprach- und Literaturwissenschaftliche Fakultät 19.-21. November 2015

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14.00 Vorträge[Erzählexpe-rimente]

ThomasJordan,M.A.(München):‚ErzählerischeVivisektionen‘–textuelleSelbstbe-obachtungalsMediumexperimentellerNeuformungvonWahrnehmungbeiRobertMusil

14.45 Dr.NataliaIgl(Bayreuth):(Transmediale)ErzählforschungundKognitivePoetik–Zunarrativen‚framing‘-StrategienalsAuslotungenzwischenFiktionalitätundFaktualität

15.30 Kaffeepause

15.45 DiskussionsrundemitImpulsvortragvonDr.SophiaWege(Halle)zurKognitivenLiteraturwissenschaft

17.00 Pause

18.00 ExperimentelleFormenIIvoraussichtlichimIwalewahaus

19.30 Essen/GetTogetherinderInnenstadt

Samstag,21.11.2015|GebäudeGWI,RaumS120

10.00 recap Dr.NataliaIgl&Dr.KathrinRothemund(Bayreuth)

10.15 Vorträge[ExperimentundEpistemeaudio-visuell]

Dr.KathrinRothemund(Bayreuth):ZurUnschärfeepistemischerBilder

11.00 Dr.SvenStollfuß(Bayreuth):Netflixals‚Experimentalsystem‘denken?

11.45 Kaffeepause

12.00 Abschlussdiskussion(EndederTagungumca.13.00Uhr)

Campusplan

BushaltestelleMensa

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Abstracts GunhildBerg:ExperimentalsBegriff,MetapherundMethode.EineBeispielgeschichtepro-duktiverundrepressiverMissverständnisse

Wasisteigentlichein‚Experiment‘?Undwasmeint‚experimentieren‘inepistemolo-gischer, praktischer odermethodischerHinsicht?Das Interesse an solchen Fragenebenso wie ihre nicht leichte Beantwortbarkeit dokumentiert diese Tagung, dievielfältige experimentelle, geistes- und kulturwissenschaftliche Forschungsweisenzusammenführtunddiskutiert.Siezeigt,dassdas‚Experimentieren‘vondergewähl-tendisziplinärenPerspektive,vondenUntersuchungsgegenständen,Erkenntnisfra-gen und Kontexten bestimmt ist.Was ein ‚Experiment‘ sei, dafür kommen also inAbhängigkeit von der disziplinären oder thematischen Ausrichtung höchst unter-schiedlicheKonzepte,VorstellungenunddamitPraktikeninFrage,derenpotentielleVielfaltderjeweiligehistorischeZeitpunktnocheinmalmultipliziert.

Diese Pluralität der Vorstellungen darüber, was ‚experimentieren‘ bedeutenkann,zeigeichinmeinemVortraganeinemhistorischenBeispiel:anEmileZolas„Leroman expérimental“ (1879), dem „Experimentalroman“. Zolas Programm einer‚Experimentalisierung‘derLiteraturhatte inder französischsprachigenKulturundKunstseinenliterarästhetischenImplikationenundPraktikennacheineganzandereBedeutungalssieseinezeitgenössischendeutschsprachigenRezipientenwahrnah-men(Bölsche,Pfau,Holz,Hartu.a.).Letzterewiederumbildetenauchkeinehomo-geneSprach-bzw.Interessengruppe,sondernunterschiedensichjenachDiskurszu-gehörigkeitundKontextinihrenAuffassungensehrindem,wasesbedeutenkönn-te,mitLiteraturzu‚experimentieren‘.Manredete,sozeigeich,beidiesemintendier-tenästhetischenZugriffauf ‚Welt‘,derjanichtsdestowenigerprogrammatischwer-densollte,schlichtaneinandervorbei.

SchonandiesemBeispiel,dasliterarischePraktikenexperimentellzukonfigurie-renunternahm,zeigtsicheineimmenseBedeutungsbreite,alsodiesehrverschiede-nenVerständnisweisen von ‚Experiment‘, die sichnicht einfachnur sprachlichbe-gründen, sondern den verschiedenen Diskurszugehörigkeiten, sozialen wie politi-schenBedingungengeschuldetsind.DieVerwendungdesBegriffsistimmersowohlkontextgebunden als auch nie unmissverständlich. Aussagekräftig ist die Begriffs-verwendungindesimmer,insofernBegriffedie„StenographiederKulturgeschichte“(Bölsche) schreiben,mithin ‚Schlaglichter‘ auf die Kulturwerfen, von der sie ver-wendetwerden,alsoauchaufdieunsere.

MarcusBurkhardt:ImLaborderDaten.SehendDenkenmitInformationsvisualisierungen

DatenrespektiveInformationenwerden,sohatDavidGugerlipointiert festgestellt,immerdannzumProblem,wennmanzuvieloderzuwenigdavonhat.InderInfor-mations- undDatenflut desbeginnenden21. Jahrhunderts verspricht die Informa-tionsvisualisierungOrientierung zugebenundwiederSinn zu stiften. Schaubilder,Grafiken, Diagrammemachen dabei auf einen Blick Zusammenhänge sichtbar, dieunsichtbar verborgen in jenen Datenmengen ruhen, die kein Mensch allein mehrohnecomputertechnischesZutunsinnvollerschließenkann.DasEntwerfenvonundexperimentieren mit unterschiedlichen Verfahren der Informationsvisualisierungeröffnet Perspektiven auf die durchDaten vermesseneWelt. Der vermeintlich un-mittelbarenEinsichtigkeit von Informationsvisualisierungen steht hierbei der Pro-zessderVisualisierunggegenüber, indemdurchdieoperativeAisthetisierungvonDatensowiedieTransformationundModulationvonDiagrammenFigurenentste-hen,mitdenenmandenktunddurchdiemanzuneuemWissengelangenkann.SophieEinwächter:Warum(nicht)work-in-progressteilen?

DurchOpenAccess,digitaleAnwendungenundsozialeNetzwerkeerfährtderFor-schungsprozesseineÖffnung,diezwarvielebegrüßenundnutzbarzumachensu-chen, aber bei weitem nicht jede/r freudig quittiert oder aktiv umsetzt. OffenheitbedeutetimmerauchVerletzlichkeit,undsodiskutiertderBeitraganhandeinschlä-gigerBeispieledasFürundWidereinerwissenschaftlichenÖffnungunfertigerPro-zesseimSpannungsfeldvonKooperationundKompetition.J.BerenikeHerrmann:Präzise!Problemenaturwissenschaftlich-empirischorientierterForschunginderLiteraturwissenschaft

Wie „molekular“darfeineLiteraturwissenschafteigentlich sein?WievielErkennt-nisgewinn liefert ein erfahrungswissenschaftlicher Ansatz, der zwangsläufig die„molare“KomplexitätderInteraktionzwischenText,LeserundKontextaufpräziseoperationalisierteBegriffeundIndikatorenherunterbrechenmuss?InmeinemVor-tragmöchteichsolcheFragenanhandeinesZugangsderLiteraturwissenschafterör-tern, der sich im Spannungsfeld zwischen Literaturwissenschaft, Korpus-/Text-LinguistikundkognitiverPsychologiebewegt.DabeiwerdeichzumeinenüberStu-dienzutextuellenMusternderKlassischenModerneberichten,dieichMithilfeeinesdigitalenKorpusvonca.700WerkenderEpocheteilweisehypothesengeleitetüber-prüfe, teilweiseerstneuentdecke.Zumanderengehtesumkognitionspsychologi-

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sche Experimente, die dasWirkungspotential solcher Muster bei heutigen Lesernüberprüfen, und zwarmittelsBlickbewegungsmessungen, peripherphysiologischerMasse(wiez.B.Hautleitfähigkeit)undauchFragebögen.

Ichmöchte zeigen,wieeine solche „empirischeLiteraturwissenschaft“ arbeitet,welcheArtvonFragensiestellt,undwelcheAntwortenmöglichsind.DabeisollesebenauchumdieProblemedesAnsatzesgehen,dernichtnurnaturwissenschaft-lich-experimentellarbeitet,sondernebenauchselbsteinExperimentdarstellt.NadineHufnagel:ImLaboratorium:DasNibelungenlied

DasNibelungenliedbietetzweifelloseinengroßartigenPlot.NichtnurimMittelalterhat man sich für die Geschichte jahrhundertelang begeistern können und immerneueFassungenproduziert,seineRezeptionfandundfindet(beinahe)ungebrochenbisinunsereTagehineinstatt.DerVielfaltscheinenkeineGrenzengesetzt:vonderHandschriftüberTheaterbiszumPornoistallesdabei.NeueBearbeitungenstehendabei nicht nur in einer langen Tradition, diese ist ihnen immer auchmehr oderwenigereingeschrieben.InderBeschäftigungmitdemNibelungenliedtreffenhäufigTraditionundInnovation,AltbewährtesundExperimentellesaufeinander–imHin-blickaufKunstund(alt)germanistischeForschung.

Die Präsentation wird in mehrfacher Hinsicht an den Gedanken des Entwurfsbzw.Experimentsanknüpfen:ErstenswerdeichunterEinsatzverschiedenerMedi-enindieserWeiseerstmalseineArtSchnelldurchlaufdurchdieHandlung/endes/rNibelungenliedes/rversuchen,umdaraufaufbauenddieFragestellungmeinesNibe-lungenlied-Projektszuskizzieren.ZweitensbefindetsichdiesesderzeiterstimVer-suchsaufbau, also in der Phase, in der die konkreten Untersuchungsgegenständeausgewählt,dieFragestellungeingegrenztunddieVorgehensweise festgelegtwer-den.NataliaIgl:(Transmediale)ErzählforschungundKognitivePoetik–Zunarrativen‚fra-ming‘-StrategienalsAuslotungenzwischenFiktionalitätundFaktualität

WährenddasLaboralsRaumdeswissenschaftlichenErkenntnisgewinnsüberexpe-rimentelle Verfahren eine klare Grenzziehung zwischen ‚Innen‘ und ‚Außen‘ vor-nimmt, öffnet filmisches und literarisches Erzählen einen Raum, der mit dieserGrenzliniespielenundderenDurchlässigkeitsichtbarmachenkann.Erzählenunterden ‚Laborbedingungen‘ einer vermeintlich abgegrenztenDiegese ist damit immerschon gekennzeichnet durch das Potential der Überblendung des realweltlich au-ßerdiegetischenRaumsunddesnarrativ-fiktionaleninnerdiegetischenRaums.

DerVortragbeleuchtetSpielformenvonErzählweisen,diedieseEngführungundÜberblendung mittels Strategien des ‚framings‘ in den Vordergrund rücken. Dieexemplarischen Schlaglichter, die auch auf historische und medienspezifische As-pekteeingehen,liegendabeiaufderRahmen-Binnen-KonstruktioninderErzählungPeterSchlemihlswundersameGeschichte(1814)desromantischenAutorsAdelbertvon Chamisso sowie auf ‚framing‘-Strategien in den FilmenThismustbe thePlace(I/F/IR2011;PaoloSorrentinos)und20.000DaysonEarth(GB2014;IainForsyth,Jane Pollard). Gemeinsam ist den drei Werken u.a. das explizite Spiel mit Genre-Erwartungen, die Künstler-Thematik sowie –mit Blick auf das Vortragsthema amentscheidendsten–dasHereinholenrealexistenterAkteureindenalsfiktionalaus-gewiesenenHandlungsraum.ThomasJordan:‚ErzählerischeVivisektionen‘–textuelleSelbstbeobachtungalsMediumex-perimentellerNeuformungvonWahrnehmungbeiRobertMusil

MitderFigurdes„Vivisecteur“entwirftderAutorRobertMusilimAlterzwischen18und 20 Jahren eine Figuration experimenteller Selbstbeobachtung, die als erstererhaltenerTagebucheintragdenBeginn seines Schreibensüberhauptmarkiert. ImVivisektionsaktdesZerschneidensundZergliedernslebenderMenschenoderTieregreift er dabei einenDiskurstoposder Jahrhundertwende auf, dem sichdieMusil-ForschungbislangfastausschließlichimRahmenübergeordneterwerksgeschichtli-cherodergattungsbezogenerFragestellungengenäherthat.

Dieser Vortragwill demgegenüber zeigen, dassMusil in der Figur des Vivisec-teurseineexperimentelleErzählstrukturentwirft,diezumMediumderNeuformungvonWahrnehmungwird.Solche‚erzählerischenVivisektionen‘gestaltenalsMetho-de narrativer Auflösungen der Differenzen von Subjekt/Objekt und Produ-zent/RezipientMomentwahrnehmungen,die–ausgehendvonderSelbstreflexions-dynamikdesVivisecteursalsTagebuchfigur–NeukonstellierungenvonfiktionalemundfaktualemErzählenentwerfen.ÜberdenAktdesSchneidensalsGrundoperati-on dieser ‚erzählerischen Vivisektionen‘ wird es dabei möglich, die Textstrukturdieser Wahrnehmungskonstellationen experimenteller Selbstbeobachtung rezepti-onsästhetischzupräzisieren.InihrergestaltpsychologischenPrägungwerdendabeiVerbindungen zwischen ‚erzählerischen Vivisektionen‘ und Musils kunsttheoreti-schemEssay-Konzepteines„bewussten,menschlichenEssayismus“alsMediumder„UmbildungdesMenschen“sichtbar.

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FlorianRemele:Wissen–Autorität–Sprache.MartinOpitz’Vesuviusalssprachlich-literarischesExperiment

ZieldesBeitragsisteszuzeigen,wiemanMartinOpitz’LehrgedichtVesuvius(1633)imdoppeltenSinnealsExperimentbegreifenkann:

ZumeinenverbindetOpitz inseinemGedichtzweiverschiedeneStrategien,umseineDichtung,dasdarindargestellteWissenunddiedadurcherzeugteErkenntnisüberdieWeltzulegitimierenunddamitAutoritätzugenerieren:a)einechristlich-theologischeStrategie,welcheinderTraditionAugustinus’undThomas’vonAquinstehtunddieArgumentationslinieverfolgt,dassSchreibenüberdieWeltnurdannlegitimist,wennesaufdenSchöpferverweist,undb)einerinascimentaleStrategie,diedurchdenRückgriffaufdieantikeFormdesLehrgedichtsunddieintertextuellenVerweise auf antike Stoffe und somit auch auf personelleAutoritäten,wieTacitusoderVergil, verwirklicht ist, da sichOpitz so selbst imelitärenGelehrtenkreisderZeitverortenkann.

Zum anderen experimentiert Opitz durchVesuviusmit Sprache: Beide FormenLegitimität und Autorität herzustellen, sind inMittelalter und Renaissance grund-sätzlichinlateinischerSprachevorzufinden,sodassdasAbfassendiesesLehrgedich-tesindeutscherVolkssprachezugleicheinsprachlichesExperimentdarstellt,wobeiSprachenatürlichnicht getrennt von ihrer legitimitätsstiftendenFunktion gedachtwerdenkann.

MitBlickaufdasThemaderTagunglässtsichschließlichdiePerspektiveaufdieFrüheNeuzeitweiten, umdarzulegen, dassdiese insgesamt als eineZeit begriffenwerden kann, in der durch Experimente in verschiedenen Diskursen, genau dieseersthergestelltunddurchAbgrenzungundSynthesekonturiertwerden.KathrinRothemund:ZurUnschärfeepistemischerBilder

AusgehendvonderArbeit imFotolabor inAntonionisBlowUp (1966)solldieUn-schärfe inBewegtbildern imFokusdesVortragsstehen.Filmist indiesemZusam-menhangals,epistemischesDing‘(Rheinberger2001)zuverstehen,welcheseinen–manchmal durchaus experimentellen – Modus des Nachdenkens über Welt undWirklichkeitermöglicht.

BewegtbilderderUnschärfeversteheichindiesemZusammenhangalsBilder,indenenAspektedesMedialen in exponierterWeise indenVordergrund tretenunddie sich daher für eine Beschäftigungmitmedientheoretischen Fragen derWahr-nehmungundSichtbarmachungeignen.ZudembietetaudiovisuelleUnschärfe,wennsieimSinnevonRheinbergerundanderenAutorenalskonstitutivesMerkmalepis-temischerDingeverstandenwird,dieMöglichkeit,ErkenntnisprozesseundBildge-bungsverfahrenmedialzuhinterfragen.

LinaMariaStahl:MikroskopischeBildgebung:BeobachtungoderExperiment?

‚Beobachtung‘und‚Experiment‘bezeichnenimAllgemeinenzweigrundverschiede-neMethodendermodernen(Natur-)Wissenschaften,diezwar inKombinationauf-tretenkönnen,sich jedoch imengerenSinn ihresWortesgegenseitigausschließen.Während eineBeobachtung als ‚bloßes‘ –wenn auch aufmerksames, gerichtetes –Betrachtengilt,welchesdasjeweilsuntersuchtePhänomenstetsunbeeinflusstlässt,deutethingegendasExperimentaufeinegeplanteIntervention.

DerVortragbrichtmitderVorstellung,dieMikroskopie–entgegenihreretymo-logischenWurzeln – alsBeobachtung zubegreifen, indemderBildgebungsprozesseinergenauerenAnalyseunterzogenwird.SvenStollfuß:Netflixals‚Experimentalsystem‘denken?

Die Transformation der US-amerikanischen Fernsehserienlandschaft ist seit den1990erJahrenmassivvorangetriebenworden.MedientechnologischeundkulturelleEntwicklungen infolgederDigitalisierunghabennichtnurneueDistributions-undRezeptionsweisen hervorgebracht, sondern auch produktionsseitige Prozesse ver-ändert.BesondersdiegegenwärtigzunehmendenSerieneigenproduktionen(‚Origi-nalSeries‘)fürdenOnlinedirektvertriebdurchUnternehmenundWebdistributorenwieNetflix,Amazon,Hulu,Crackleetc.ziehenweitereUmgestaltungenderUS-Serienachsich.Zugleichhatsichdie‚Netflix-Strategie‘durchgesetzt,dieVeröffentlichungen bloc in Staffeleinheiten vorzunehmen, was die für die DVD-Rezeption bereitsaufgeworfene Valenz der Season als (Sinn-)Einheit noch einem unterstreicht undzudemPhänomenewiedas‚flexiblebinge-watching‘imRepertoireaktuellerRezep-tionspraktiken verstärkt. Die TV-Serie und ihre medienkulturellen Praxen in Pro-duktion, Distribution und Rezeption mithin befinden sich im Wandel, wobei dasFernsehenalsmedienhistorischeund-kulturelleReferenzauchweiterhinnichtausdemBetrachtungshorizontausgeschlossenwerdenkann.

ImRahmendesImpulsvortragswerdendiev.g.AspekteamBeispieldesinterna-tionalenProvidersNetflix – als einemder prominentesten sowie ökonomisch undmarktstrategisch auch aggressivsten Wirtschaftsakteure im Bereich On-DemandInternet-Streaming-Media–diskutiert.AufBasismedien-undfernsehwissenschaft-licher Ansätze zu Formen „experimenteller Television“ (Engell 2009; Keil-bach/Stauff2011)werdeneinigeÜberlegungenangestelltzumVerhältnisvonNet-flix/Webcontent, Fernsehen und ‚digitaler Serienkultur‘. Vor diesem Hintergrundundmit Blick auf das Thema desWorkshops „Im Laboratorium“ gilt es der Fragenachzugehen,obsichNetflixals‚Experimentalsystem‘verstehenlässt–undwennja,wasdamitgenaugemeintist.