IM NAMEN DER REPUBLIK - ris.bka.gv.at...LVwG-AV-1361/001-2019 des Landesverwaltungsgerichtes...

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3109 St. Pölten / Rennbahnstraße 29 Telefon: +43 2742 90590 / Fax: +43 2742 90590 15540 E-Mail: [email protected] / www.lvwg.noel.gv.at Datenschutz: www.lvwg.noel.gv.at/datenschutz Geschäftszahl: LVwG-AV-1361/001-2019 St. Pölten, am 05. Februar 2020 I. IM NAMEN DER REPUBLIK Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Mag. Schnabl über die Beschwerde des Herrn A, geb. ***, StA.: Republik Nordmazedonien, derzeit wohnhaft in ***, ***, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 24.10.2019, GZ. ***, betreffend amtswegige Wiederaufnahme von Verfahren und Abweisung eines Antrages auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels und eines Verlängerungsantrages nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht: 1. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Z 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), soweit sie sich gegen die Spruchpunkte I. lit. a), b) und c) sowie II. lit. a) und b) des angefochtenen Bescheides richtet, Folge gegeben und der angefochtene Bescheid hinsichtlich dieser Spruchpunkte ersatzlos aufgehoben. 2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

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3109 St. Pölten / Rennbahnstraße 29 Telefon: +43 2742 90590 / Fax: +43 2742 90590 15540 E-Mail: [email protected] / www.lvwg.noel.gv.at Datenschutz: www.lvwg.noel.gv.at/datenschutz

Geschäftszahl:

LVwG-AV-1361/001-2019 St. Pölten, am 05. Februar 2020

I.

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter

Mag. Schnabl über die Beschwerde des Herrn A, geb. ***, StA.: Republik

Nordmazedonien, derzeit wohnhaft in ***, ***, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***,

***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 24.10.2019, GZ.

***, betreffend amtswegige Wiederaufnahme von Verfahren und Abweisung eines

Antrages auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels und eines Verlängerungsantrages

nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), nach Durchführung einer

öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

1. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Z 2

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), soweit sie sich gegen die

Spruchpunkte I. lit. a), b) und c) sowie II. lit. a) und b) des angefochtenen

Bescheides richtet, Folge gegeben und der angefochtene Bescheid

hinsichtlich dieser Spruchpunkte ersatzlos aufgehoben.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985

(VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach

Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

- 2 -

II.

Weiters fasst das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich durch den Richter

Mag. Schnabl über die Beschwerde des Herrn A, geb. ***, StA.: Republik

Nordmazedonien, derzeit wohnhaft in ***, ***, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***,

***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 24.10.2019, GZ.

***, betreffend Abweisung eines Zweckänderungsantrages nach dem

Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), nach Durchführung einer öffentlichen

mündlichen Verhandlung folgenden

Beschluss:

1. Der Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den Spruchpunkt II. lit. c) des

angefochtenen Bescheides richtet, insofern Folge gegeben, als der

angefochtene Bescheid in diesem Spruchpunkt aufgehoben und die

Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die

Bezirkshauptmannschaft Krems zurückverwiesen wird.

2. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985

(VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach

Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 18.10.2017, GZ. ***, wurde

dem Beschwerdeführer A, geboren am *** und Staatsangehöriger der Republik

Nordmazedonien, der Erstaufenthaltstitel „Familienangehöriger“ gemäß § 47 Abs. 2

NAG für den Zeitraum vom 18.10.2017 bis 17.10.2918 erteilt. Mit Bescheid der

Bezirkshauptmannschaft Krems vom 18.10.2018, GZ. ***, wurde dem

Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers Folge gegeben und dem

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Beschwerdeführer der Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ für den Zeitraum vom

18.10.2018 bis 17.10.2019 erteilt. Mit Zweckänderungsantrag vom 15.10.2019

beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot

– Karte plus“.

Mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 24.10.2019, GZ. ***,

wurde in dessen Spruchpunkt II. lit. c) dieser Zweckänderungsantrag auf Erteilung

eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ mangels Vorliegens eines

gültigen Aufenthaltstitels für Österreich gemäß

§ 24 NAG abgewiesen und in Einem in dessen Spruchpunkt I. lit. a) das rechtskräftig

abgeschlossene Verfahren auf Grund seines Antrages vom 18.10.2017 auf

Ersterteilung des Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 iVm

§ 69 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) vom Amts wegen

wiederaufgenommen, womit das Verfahren in den Stand zurücktrete, in dem es sich

vor Erteilung des Aufenthaltstitels am 18.10.2017 befunden habe, in dessen

Spruchpunkt I. lit. b) das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren auf Grund des

Verlängerungsantrages vom 09.10.2018 auf Verlängerung des Aufenthaltstitels

„Familienangehöriger“ gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm § 69 Abs. 3 AVG von Amts wegen

wiederaufgenommen, womit das Verfahren daher in den Stand zurücktrete, in dem

es sich vor Erteilung des Aufenthaltstitels am 18.10.2017 befunden habe und in

dessen Spruchpunkt I. lit. c) das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren auf Grund

des Zweckänderungsantrages vom 19.10.2019 auf Erteilung des Aufenthaltstitels

„Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm § 69 Abs. 3 AVG von Amts

wegen wiederaufgenommen, womit das Verfahren in den Stand zurücktrete, in dem

es sich vor Erteilung des Aufenthaltstitels am 18.10.2017 befunden habe. Weiters

wurde in dessen Spruchpunkt II. lit. a) gemäß § 70 Abs. 1 AVG gleichzeitig der

Antrag des Beschwerdeführers vom 18.10.2017 auf Ersterteilung eines

Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“ nach dem Niederlassungs- und

Aufenthaltsgesetz auf Grund des Eingehens einer Scheinehe gemäß § 11 Abs. 1 Z 4

NAG abgewiesen und in dessen Spruchpunkt II. lit. b) der eingebrachte

Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers vom 09.10.2018 auf Erteilung eines

weiteren Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“ mangels Vorliegens

eines gültigen Aufenthaltstitels für Österreich gemäß § 24 NAG abgewiesen.

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Begründend führte dazu die Bezirkshauptmannschaft Krems zusammenfassend aus,

dass das Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass dem Beschwerdeführer am

18.10.2017 erstmalig ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger von Österreicher“ mit

einer Gültigkeit vom 18.10.2017 bis 17.10.2018 erteilt worden wäre, da er am

22.09.2017 die österreichische Staatsbürgerin C geehelicht habe. Am 09.10.2018

habe der Beschwerdeführer rechtzeitig einen Verlängerungsantrag eingebracht und

erneut einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger von Österreicher“ vom 18.10.2018

bis 17.10.2019 erhalten. Am 15.10.2019 habe er einen Zweckänderungsantrag auf

Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ eingebracht, da er sich am 08.01.2019,

drei Monate nach Erteilung des zweiten Aufenthaltstitels, von der Österreicherin habe

scheiden lassen.

Im Jahre 2019 habe der Beschwerdeführer wieder seine im Jahr 2016 von ihm

geschiedene mazedonische Frau D in Mazedonien geehelicht und bestehe seitens

des Beschwerdeführers die Absicht, für seine nunmehrige Ehefrau und die

gemeinsamen Kinder E und F einen Antrag zwecks Familienzusammenführung

einzubringen. Die Ehe zwischen dem Beschwerdeführer und Frau C sei daher nun

nachträglich überprüft worden.

Laut ZMR habe der Beschwerdeführer mit seiner damaligen Ehegattin einen

gemeinsamen Wohnsitz vom 10.01.2018 bis 31.01.2019 in ***, ***, gehabt, wobei er

mit Nebenwohnsitz und Frau C mit Hauptwohnsitz dort gemeldet gewesen wäre.

Schon seit 04.09.2017 sei der Beschwerdeführer durchgehend in ***, ***,

hauptwohnsitzgemeldet.

Im Fall der Kenntnis der Behörde vom wahren Sachverhalt hätten die vom

Beschwerdeführer gestellten Anträge von Gesetzes wegen nicht bewilligt werden

dürfen. Aus den oben angeführten Gründen seien daher die bisher geführten

Verfahren zur Erteilung des Aufenthaltstitels von Amts wegen wiederaufzunehmen

gewesen, zumal im Erachten der Behörde ein Wiederaufnahmetatbestand im Sinne

des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG vorliege, zumal die Behörde zum Ergebnis gekommen sei,

dass es sich bei der gegenständlichen Ehe um eine Aufenthaltsehe im Sinne des

Fremdenpolizeigesetzes handle.

- 5 -

Dies werde damit begründet, dass die mit 15 Monaten dauernde Ehe zwischen dem

Beschwerdeführer und C sehr kurz gewesen sei, der Beschwerdeführer lediglich

nebenwohnsitzgemeldet bei seiner Ehegattin gewesen wäre, ein Familienverband mit

D und den gemeinsamen Kindern vor und nach der gegenständlichen Ehe

bestanden habe, der Beschwerdeführer mit seiner nunmehrigen Ehegattin D kurz

nach seiner Scheidung von C wieder verheiratet sei und nach der Scheidung die

Erteilung eines Aufenthaltstitels durch den Beschwerdeführer für D und die beiden

gemeinsamen Kinder auf Familienzusammenführung gestellt worden wäre.

Diese Aufenthaltsehe habe daher Frau D und ihren Kindern ein Leben in Österreich

ermöglichen sollen und seien deshalb der Antrag vom 18.10.2017 sowie der

Verlängerungsantrag vom 09.10.2018 auf Grund des Eingehens einer

Aufenthaltsehe, was einen absoluten Versagungsgrund nach dem Niederlassungs-

und Aufenthaltsgesetz darstelle, abzuweisen gewesen und auch der

Zweckänderungsantrag vom 15.10.2019 mangels Vorliegens eines gültigen

Aufenthaltstitels für die Republik Österreich abzuweisen gewesen.

2. Zum Beschwerdevorbringen:

In seiner durch seinen Rechtsvertreter erhobenen Beschwerde vom 21.11.2019

beantragte der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid zu beheben und

dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen,

in eventu den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung an die erste

Instanz zurückzuverweisen sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Begründend führte dazu der Beschwerdeführer zusammenfassend aus, dass eine

Scheinehe nur dann vorliege, wenn zum Zeitpunkt der Eheschließung die Absicht

des Beschwerdeführers gewesen wäre, die Ehe ausschließlich deswegen

einzugehen, um einen Aufenthaltstitel zu erhalten bzw. um fremdenrechtliche

Maßnahmen hintanzuhalten.

Dass seine Ehe kurz gedauert habe, sei kein Nachweis einer Scheinehe. Auch die

Wiederverheiratung mit Frau D und in weiterer Folge die Antragstellung für diese und

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die Kinder des Beschwerdeführers bedeute nicht per se, dass eine Scheinehe

vorliege.

Die belangte Behörde habe auch keine Feststellungen getroffen, warum von einer

Scheinehe ausgegangen werde. Vielmehr habe der Beschwerdeführer mit Frau C ein

Eheleben im Sinne des Art. 8 EMRK geführt. Auch die Polizei habe Ermittlungen in

Richtung des § 117 Abs. 1 FPG geführt und die Staatsanwaltschaft *** das

Ermittlungsverfahren mit Benachrichtigung vom 19.09.2019 jedoch eingestellt.

Der Beschwerdeführer habe Frau C am 22.09.2017 geehelicht und sei am

08.01.2019 die Scheidung der Parteien erfolgt. Während der Ehe mit Frau C habe es

keinen Familienverband mit Frau D gegeben und sei ein Kontakt vielmehr nur durch

die gemeinsamen Kinder notwendig gewesen.

3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 29.11.2019 legte die Bezirkshauptmannschaft Krems dem

Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den Verwaltungsakt zur GZ.

*** mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde vor, dies mit den

Mitteilungen, dass von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung kein

Gebrauch gemacht und auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung

verzichtet werde.

Mit Schriftsatz eines Rechtsvertreters vom 13.12.2019 legte der Beschwerdeführer

einen ärztlichen Befundbericht der G seitens der Gruppenpraxis für Neurologie,

Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin in *** für den Beschwerdeführer vom

04.12.2019 vor. Mit Schreiben vom 18.12.2019 schaffte des Weiteren das

Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den zugrundeliegenden Strafakt zur GZ.

*** der Staatsanwaltschaft *** bei.

Nach Einholung aktueller Auskünfte aus dem Zentralen Fremdenregister und aus

dem Zentralen Melderegister führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich

am 22.01.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, welche seitens der

Bezirkshauptmannschaft Krems an der Donau als belangte Behörde unbesucht blieb.

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Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat in dieser Verhandlung Beweis

aufgenommen durch Verlesung der Akten GZ. *** der Bezirkshauptmannschaft

Krems, GZ. *** der Staatsanwaltschaft *** sowie GZ. LVwG-AV-1361/001-2019 des

Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich und durch Einvernahmen des

Beschwerdeführers und der Zeuginnen C und D.

4. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer A, geboren am ***, ist Staatsangehöriger der Republik

Nordmazedonien, ebendort auch geboren und aufgewachsen und absolvierte dort

auch seine Schulausbildung. Über eine berufliche Ausbildung verfügt der

Beschwerdeführer nicht.

Seit dem Jahre 2001 lebt der Beschwerdeführer durchgehend in Österreich, zumal er

hier seither seiner beruflichen Tätigkeit zunächst in einem Weingut und seit einigen

Monaten als LKW-Fahrer nachgeht. In seinem Herkunftsland verbringt er seither nur

im Wesentlichen die Zeiten seines Urlaubs.

So lernte er im Jahre 2011 im Rahmen eines solchen Urlaubs die ebenso

nordmazedonische Staatsangehörige D, geboren am ***, kennen und schloss er mit

dieser auch in weiterer Folge die Ehe. Aus dieser Ehe entstammen die beiden Kinder

E und F. Die wechselseitigen Kontakte während dieser Ehe fanden nur über soziale

Medien und über wechselseitige Besuche in Nordmazedonien bzw. Österreich statt.

Insbesondere wegen einer psychischen Erkrankung des Beschwerdeführers, die sich

dadurch manifestiert, dass er an Depressionen, wiederkehrenden affektiven

Schwankungen, Antriebseinbußen, Unruhezuständen sowie Schmerzzuständen

leidet und auch deshalb psychosozial deutlich eingeschränkt belastbar ist, erfolgte

zwischen beiden im Jahre 2016 eine einvernehmliche Trennung und Scheidung und

bestanden in weiterer Folge nur mehr Kontakte zwischen dem Beschwerdeführer und

seiner geschiedenen Frau durch Besuche des Beschwerdeführers in seinem

Herkunftsland, um den Kontakt zu seinen beiden Kindern aufrecht zu halten.

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Anfang 2017 lernte der Beschwerdeführer in Krems die österreichische

Staatsangehörige C, geboren am ***, kennen und ging er mit dieser eine Beziehung

ein. Am 22.09.2017 erfolgte die Eheschließung beider und hielt sich der

Beschwerdeführer in weiterer Folge, soweit es auf Grund seiner Arbeit möglich war,

auch in der Wohnung seiner Ehegattin auf und bestand ebendort auch in diesem

Sinne eine Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft beider. Auf Grund

seiner Berufstätigkeit war der Beschwerdeführer unter der Woche oft auswärts und

wollte er zudem seine Wohnung in *** wegen der günstigen Mietkonditionen und da

er diese Wohnung auch für seine Eltern während deren Besuche benötigte, nicht

aufgeben, auf Grund dessen er ebendort auch hauptwohnsitzgemeldet blieb und sich

in der Ehewohnung lediglich nebenwohnsitzmeldete.

Während dieser aufrechten Ehe beantragte der Beschwerdeführer im Oktober 2017

unter Zugrundelegung dieser Ehe die Erteilung des Erstaufenthaltstitels

„Familienangehöriger“ nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und wurde

ihm dieser Aufenthaltstitel von der Bezirkshauptmannschaft Krems auch für die

Dauer vom 18.10.2017 bis 17.10.2018 erteilt. Auf Grund eines rechtzeitig gestellten

Verlängerungsantrages am 09.10.2018 wurde dem Beschwerdeführer eben dieser

Aufenthaltstitel für den Zeitraum vom 18.10.2018 bis 17.10.2019 wieder erteilt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer diese Ehe mit der

österreichischen Staatsangehörigen C deshalb einging, um einen Aufenthaltstitel in

Österreich zu erlangen, sondern ging der Beschwerdeführer sowohl zum Zeitpunkt

der Beantragung des Erstaufenthaltstitels als auch zum Zeitpunkt der Stellung des

Verlängerungsantrages davon aus, mit der österreichischen Staatsangehörigen C

auf Weiteres ein gemeinsames Familienleben zu führen.

Wiederum primär auf Grund der Erkrankung des Beschwerdeführers, jedoch auch

auf Grund der psychischen Labilität seiner Ehegattin erfolgte in weiterer Folge auch

jedoch hier die Trennung und letztendlich mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***

vom 08.01.2019 die einvernehmliche Scheidung dieser Ehe.

In weiterer Folge gelangte der Beschwerdeführer zum Entschluss, primär der Kinder

wegen, aber auch aufgrund seiner psychischen Instabilität wieder eine Beziehung zu

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seiner ersten Ehegattin einzugehen, und erfolgte sodann im Mai 2019 auch die

neuerliche Eheschließung beider in Nordmazedonien.

Am 15.10.2019 brachte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft

Krems einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-

Rot – Karte plus“ ein.

Wegen des Verdachts des Eingehens einer Aufenthaltsehe gemäß § 117 Abs. 1

FPG wurde gegen den Beschwerdeführer sowie gegen C ein Ermittlungsverfahren

eingeleitet, welches mit Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft *** vom 19.09.2019

zur GZ. *** eingestellt wurde, zumal seitens der Staatsanwaltschaft *** kein

tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestand.

5. Beweiswürdigung:

Unstrittig sind zunächst sämtliche festgestellten Daten des Beschwerdeführers sowie

der beiden Zeuginnen. Sämtliche Feststellungen im Zusammenhang mit dem

Lebensweg des Beschwerdeführers ergeben sich aus seiner Aussage.

Zur Aussage des Beschwerdeführers ist grundsätzlich festzuhalten, dass dieser auf

das erkennende Gericht einen glaubwürdigen persönlichen Eindruck hinterlassen hat

und die Aussage auch in sich schlüssig und nachvollziehbar ist. Dementsprechend

waren der Aussage des Beschwerdeführers auch sämtliche Feststellungen im

Zusammenhang mit der ersten Ehe mit der Zeugin D, die Gründe der Trennung und

Scheidung dieser Ehe sowie mit den wechselseitigen Kontakten zwischen beiden

während und nach dieser Ehe zu entnehmen. Diesbezüglich wurde vom

Beschwerdeführer auch glaubwürdig dargestellt, dass der primäre Grund der

Scheidung dieser Ehe in seiner eigenen psychischen Erkrankung zu sehen ist,

welche auch samt deren Auswirkungen durch den vom Beschwerdeführer im

Beschwerdeverfahren vorgelegten ärztlichen Befundbericht vom 04.12.2019

dokumentiert ist. Aus eben diesem ergibt sich auch zur Aussage des

Beschwerdeführers stimmig, dass der Beschwerdeführer vor allem auch

psychosozial deutlich eingeschränkt belastbar ist. Auch die vom Beschwerdeführer

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durchgeführten bzw. jetzt wieder in Erwägung gezogenen Wechsel des

Arbeitsplatzes sind eben damit in Einklang zu bringen.

Soweit nun die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung sich darauf stützt,

dass die zweite Ehe des Beschwerdeführers, eben jene mit der österreichischen

Staatsangehörigen C, als Aufenthaltsehe zu werten sei, war dieser Begründung vom

erkennenden Gericht nicht zu folgen.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich verkennt nun nicht, dass die

Aussagen des Beschwerdeführers und der Zeugin vor der Polizeiinspektion ***

jeweils vom 26.07.2019 nicht völlig in Einklang zu bringen sind und wurden die sich

daraus ergebenden Diskrepanzen auch von der Landespolizeidirektion

Niederösterreich in ihrer Stellungnahme vom 06.09.2019 zusammengefasst

dargelegt. Diese Diskrepanzen liegen aber tatsächlich nur darin, dass von beiden

unterschiedliche Trauzeugen angegeben wurden, was unterschiedliche Gründe

haben kann (fehlendes Erinnerungsvermögen, wenig Bedeutung beimessen, etc.),

nicht jedoch per se die Annahme einer Aufenthaltsehe begründen kann. Soweit es

jedoch um tatsächlich persönliche wechselseitige Belange im Rahmen dieser

Einvernahmen gegangen ist, wie etwa persönliche Merkmale des anderen, die

Umstände des Kennenlernens, die Familienangehörigen des jeweiligen anderen, die

Hochzeitsvorbereitungen, die Ausgestaltung der Ehewohnung, etc., bestanden auch

im Rahmen der damaligen Einvernahmen bereits im Wesentlichen vollständige

Übereinstimmungen, sodass diese Einvernahmen an sich nicht auf das Vorliegen

einer Aufenthaltsehe hindeuten bzw. das Annehmen seiner solchen gar unter Beweis

stellen würden.

Auch im Rahmen der Einvernahmen des Beschwerdeführers und der Zeugin im

Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht

waren nun diesbezüglich keine wesentlichen Diskrepanzen zu erkennen. Am

augenscheinlichsten waren noch Unterschiede im Zusammenhang mit der Dauer des

gemeinsamen Wohnens und mit der Frage, wann von einem endgültigen Scheitern

dieser Ehe ausgegangen wurde, dingfest zu machen.

- 11 -

Zu ersterem ist festzuhalten, dass Übereinstimmung dahingehend bestand, dass der

Beschwerdeführer nicht dauernd in der Wohnung der Zeugin aufhältig war, was –

ebenso von beiden – damit begründet wurde, dass der Beschwerdeführer unter der

Woche beruflich abwesend war und im Übrigen – dies ebenso schlüssig und

nachvollziehbar – seine ursprüngliche Wohnung in *** auf Grund der günstigen

Mietbedingungen nicht aufgeben wollte, ganz abgesehen davon, dass er diese

Wohnung für den Aufenthalt seiner Eltern in Österreich benötige. Dazu passt auch

ins Bild, dass der Beschwerdeführer vermieden hat, seine Hauptwohnsitzmeldung in

dieser Wohnung aufzugeben, wobei offensichtlich betreffend die Wohnsitzmeldung

von beiden kein großes Gewicht beigemessen wurde, dies aber unabhängig davon,

dass eine gemeinsame Ehe bestand. Dass zudem die Zeugin – wie von ihr

angegeben – Sorgen um ihre Wohnung im Falle einer Hauptwohnsitzmeldung des

Beschwerdeführers und einem allfälligen Scheitern der Ehe danach hatte, dies

begründend auf die offensichtlich mit Konflikten behaftete Trennung aus ihrer

Vorbeziehung, ist auch hier zumindest nicht abwegig, auch wenn objektiv gesehen

diese Bedenken unbegründet waren.

Dementsprechend ist es natürlich auch zu relativieren, wann nun vom tatsächlichen

Auszug des Beschwerdeführers aus dieser Wohnung auszugehen war, da dieser

offenkundig auch nicht abrupt, sondern kontinuierlich erfolgte. Vor allem aber

entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass zwei Partner unterschiedliche

subjektive Wahrnehmungen darüber haben, wann tatsächlich nicht nur von einer

endgültigen Trennung, sondern von einem tatsächlichen Scheitern der Ehe

ausgegangen wird. In diesem Zusammenhang ist dem Beschwerdeführer nicht seine

Glaubwürdigkeit abzusprechen, wenn er länger an diese Ehe glaubte, als es

offensichtlich die Zeugin tat, wobei in diesem Zusammenhang auch wiederum seine

eigene Erkrankung mit ins Kalkül einzubeziehen ist. Das Scheitern einer Beziehung

bzw. einer Ehe im Konkreten und deren Zeitpunkt sind jeweils subjektive

Einschätzungen der beiden Partner und objektiv kaum zu fassen. Demnach liegt es

in der Natur der Sache, dass üblicherweise und so auch im konkreten Fall die

exakten angegebenen Zeitpunkte nicht übereinstimmen.

Weitere unterschiedliche Angaben der beiden liegen dahingehend vor, was die

wechselseitigen Kontakte zu den Familienangehörigen des anderen betrifft, in

- 12 -

concreto den Kontakt der Zeugin zu den beiden Kindern des Beschwerdeführers

einerseits und die Kontakte des Beschwerdeführers zur Mutter der Zeugin

andererseits. Auch diese unterschiedlichen Angaben sind jedoch nicht von

schwerem Gewicht und leicht durch Erinnerungslücken zu erklären. Es mag auch ein

unterschiedliches Gewicht der Bedeutung solcher Treffen bestehen. Letztendlich

bieten aber auch diese unterschiedlichen Angaben keinen ausreichenden Beweis

dafür, welche Motivation des Beschwerdeführers zur Schließung dieser Ehe war.

Das Bestehen eines Familienverbandes des Beschwerdeführers zu seiner ersten

(und auch nunmehrigen) Ehegattin sowie zu seinen beiden Kindern war ebenso nicht

festzustellen und wurde dies nicht nur vom Beschwerdeführer, sondern auch von der

ebenso sehr glaubwürdigen Zeugin D verneint. Freilich und auch der allgemeinen

Lebenserfahrung entsprechend blieb der Kontakt auch nach Scheidung dieser Ehe

aufrecht, dies schon der beiden Kinder wegen und ist es dem Beschwerdeführer

auch nicht diesbezüglich zur Last zu legen, dass er seine Urlaube auch tunlichst bei

und mit seinen Kindern in seinem Herkunftsland verbrachte. Aus sämtlichen

Beweisergebnissen ist jedoch nicht einmal ansatzweise zu entnehmen, dass nach

Scheidung dieser Ehe, insbesondere während der Ehe des Beschwerdeführers mit

der österreichischen Staatsangehörigen ein Familienverband im engeren Sinne mit

seinen Kindern und insbesondere mit seiner ersten Ehegattin bestanden hätte.

Richtig ist, dass die Ehe des Beschwerdeführers mit der österreichischen

Staatsangehörigen, der Zeugin C, rund 15 Monate dauerte. Diese Dauer der Ehe ist

jedoch per se nicht so bedenklich, als davon das Bestehen einer Aufenthaltsehe

abgeleitet werden könnte. Was eben das Scheitern dieser Ehe betrifft sei wiederum

auf die sich aus der glaubwürdig dargestellten psychischen Erkrankung

resultierenden Probleme sowie auf die bereits zuvor angestellten Erwägungen

verwiesen.

Nicht zuletzt ist dem Beschwerdeführer auch nicht zur Last zu legen, dass er nach

Scheidung dieser Ehe wieder vermehrten Kontakt zu seiner ersten Frau suchte und

diese letztendlich auch wieder ehelichte. Auch hier entspricht es der allgemeinen

Lebenserfahrung, dass selbstverständlich Kinder auch ihren Vater benötigen und –

wiederum bezogen auf seine eigene psychische Erkrankung – der Beschwerdeführer

- 13 -

nicht nur aus seiner Vaterrolle heraus, sondern auch seiner Erkrankung wegen

wieder mit seinen Kindern zusammenleben wollte. Auch hier gilt es wiederum auf die

übereinstimmenden Aussagen des Beschwerdeführers und der Zeugin D zu

verweisen und ist nach Ansicht des erkennenden Gerichtes die Motivation dieser

Eheschließung rein in dieser persönlichen Motivation des Beschwerdeführers und

seiner Kinder zu sehen, nicht jedoch im Zusammenhang mit einer Aufenthaltsehe,

welche ja auch voraussetzen würde, anzunehmen, dass der Beschwerdeführer

dieses Ziel schon zwei Jahre zuvor angestrengt hätte.

Nachvollziehbar ist zudem, dass der Beschwerdeführer die rechtlich ihm zur

Verfügung stehenden Möglichkeiten ausschöpfte und entsprechende Aufenthaltstitel

zunächst für sich und dann in weiterer Folge zuletzt auch für seine nunmehrige

Ehegattin und seine beiden Kinder beantragte. In diesem Zusammenhang gilt es

festzuhalten, dass eben auch nicht unter Beweis zu stellen war, dass zum Zeitpunkt,

als der Beschwerdeführer seinen ersten Verlängerungsantrag stellte, die Ehe mit der

österreichischen Staatsangehörigen C bereits unheilbar zerrüttet gewesen wäre bzw.

dies dem Beschwerdeführer bewusst war. Wohl ist richtig, dass die einvernehmliche

Scheidung dieser Ehe im Jänner 2019 erfolgte und gesetzlich sohin dies voraussetzt,

dass die Ehe zu diesem Zeitpunkt bereits seit einem halben Jahr unheilbar zerrüttet

gewesen war. Dem erkennenden Gericht ist jedoch nicht fremd, dass das

diesbezüglich übereinstimmende Vorbringen in solchen Fällen immer erstattet wird,

um eben eine einvernehmliche Scheidung zu erreichen, auch wenn die unheilbare

Zerrüttung noch nicht tatsächlich dieses Ausmaß erreicht hat. Abgesehen davon sei

auf die obigen Überlegungen zu verweisen, wonach der Beschwerdeführer

offensichtlich auch tatsächlich glaubwürdig zum Zeitpunkt der Stellung dieses

Verlängerungsantrages noch eine andere persönliche Einschätzung seine damalige

Ehe und deren Fortbestand betreffend hatte.

Abschließend ist auch in die Erwägungen im Rahmen der Beweiswürdigung mit zu

berücksichtigen, dass es auch keine Hinweise dafür gibt, dass die

verfahrensgegenständliche Ehe durch einen Dritten vermittelt worden wäre und/oder

die Zeugin C für diese Eheschließung Geld bezogen hätte, worauf sie aufgrund ihrer

eigenen beruflichen Tätigkeit auch nicht angewiesen gewesen wäre. Nicht

entkräftbar ist auch die Aussage der Zeugin, dass vor oder während dieser Ehe ein

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Aufenthaltstitel des Beschwerdeführers oder dessen Erlangung kein Thema war,

sondern die Zeugin ihrerseits sogar davon ausging, dass der Beschwerdeführer

einen solchen aufgrund seinen vieljährigen Aufenthaltes in Österreich schon längst

hatte.

Insgesamt liegt somit für das erkennende Gericht kein eindeutiger und stichhaltiger

Beweis dafür vor, dass gesichert von einer Aufenthaltsehe auszugehen ist,

insbesondere der Beschwerdeführer und die Zeugin C auch kein gemeinsames

Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK geführt hätten, sodass dazu im Ergebnis

entsprechende (Negativ-)Feststellungen zu treffen waren.

Die Feststellung im Zusammenhang mit sämtlichen verfahrensgegenständlichen

Anträgen des Beschwerdeführers, die auch im Spruch und der Begründung des

angefochtenen Bescheides angeführt sind, ergeben sich insbesondere aus dem

Zentralen Fremdenregister und sind diese wiederum auch unstrittig.

Die Feststellungen im Zusammenhang mit dem durchgeführten und eingestellten

Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft *** ergeben sich aus dem

beigeschafften Bezug habenden Akt.

6. Rechtslage:

Folgende gesetzlichen Bestimmungen sind im gegenständlichen

Beschwerdeverfahren von Relevanz:

§ 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG):

„Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren

über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit

Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der

Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes

– AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG,

BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in

Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem

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dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren

angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.“

§ 28 Abs. 1, 2 und 3 VwGVG:

„(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen

ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht

dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das

Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer

erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im

Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst

zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter

Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des

Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts

unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit

Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides

an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung

gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen

ist.“

§ 69 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG):

„(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid

abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den

Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder

eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen

worden ist oder

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2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren

ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder

in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im

Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und

nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde

bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt

wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht

unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet

hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde

einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit

dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis

erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und

vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem

Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der

Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen

sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu

machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des

Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach

Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur

mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den

Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.“

§ 11 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG):

„(1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein

aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

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2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-

Staates oder der Schweiz besteht;

3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde

und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er

nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner

Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption

(§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder

visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle

oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.“

§ 30 NAG:

„(1) Ehegatten oder eingetragene Partner, die ein gemeinsames Familienleben im

Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürfen sich für die Erteilung und Beibehaltung

von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen.

(2) An Kindes statt angenommene Fremde dürfen sich bei der Erteilung und

Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nur dann auf diese Adoption berufen, wenn die

Erlangung und Beibehaltung des Aufenthaltstitels nicht der ausschließliche oder

vorwiegende Grund für die Annahme an Kindes statt war.

(3) Die Abs. 1 und 2 gelten auch für den Erwerb und die Aufrechterhaltung eines

unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts.“

7. Erwägungen:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat unter Zugrundelegung des

festgestellten Sachverhaltes und der zitierten gesetzlichen Bestimmungen in

rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:

7.1. Zum Erkenntnis (Spruchpunkt I.):

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Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer jeweils

rechtskräftig zunächst erstmalig der Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ mit

Gültigkeit vom 18.10.2017 bis 17.10.2018 erteilt wurde, der in weiterer Folge

aufgrund eines rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrages für den Zeitraum vom

18.10.2018 bis 17.10.2019 verlängert wurde.

Die Bezirkshauptmannschaft Krems sieht nun den Wiederaufnahmetatbestand im

Sinne des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG verwirklicht, da nunmehr vorgekommen sei, dass von

einer Aufenthaltsehe des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seiner Ehe mit

der österreichischen Staatsangehörigen C auszugehen sei und demnach gemäß §

11 Abs. 1 Z 4 NAG ihm der Aufenthaltstitel nicht erteilt hätte werden dürfen.

Gemäß § 69 Abs. 3 AVG kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts

wegen verfügt werden, unter anderem wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid

nicht oder nicht mehr zulässig ist und der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde,

falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder

sonst wie erschlichen worden ist; es bedarf somit nicht als Voraussetzung eine

gerichtliche Verurteilung, sondern es reicht, wenn der Bescheid Z 1 leg. cit. zufolge

„sonst wie erschlichen worden ist“.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein

„Erschleichen“ eines Bescheides im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG dann vor, wenn

dieser in der Art zustande gekommen ist, dass bei der Behörde von der Partei

objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht

gemacht und diese Angaben dann dem Bescheid zugrunde gelegt worden sind,

wobei die Verschweigung wesentlicher Umstände dem Vorbringen unrichtiger

Angaben gleichzusetzen ist (vgl. VwGH 12.02.2019, Ra 2019/22/0031; VwGH

04.10.2018, Ra 2018/22/0174).

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich nun eben nicht, dass der

Beschwerdeführer den Erstaufenthaltstitel „Familienangehöriger“ sonst wie

erschlichen hätte, in concreto die Ehe des Beschwerdeführers mit C als

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Aufenthaltsehe zu werten ist und beide Eheleute kein gemeinsames Familienleben

im Sinne von Art. 8 EMRK geführt hätten.

Damit ist der Tatbestand des § 30 Abs. 1 NAG jedoch nicht gegeben und liegt somit

auch kein Wiederaufnahmegrund gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG vor.

Was den Spruchpunkt I. lit. c) betrifft, ist zudem festzuhalten, dass sich aus der

Aktenlage und aus den Feststellungen nicht ergibt, dass über den

Zweckänderungsantrag des Beschwerdeführers vom 15.10.2019 überhaupt schon

eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt, sodass schon aus diesem Grunde auch

eine Wiederaufnahme dieses Verfahrens ausscheidet und demnach auch schon aus

diesem Grund dieser Spruchpunkt ersatzlos aufzuheben war.

Nicht zuletzt ergibt sich eben aus dem festgestellten Sachverhalt, dass – abgesehen

davon, dass eben keine Scheinehe des Beschwerdeführers vorliegt bzw. das

Vorliegen einer Aufenthaltsehe im Sinne des § 30 Abs. 1 NAG nicht festzustellen war

– sich aus der Aktenlage und aus den Feststellungen auch nicht ergibt, dass

sonstige Voraussetzungen zur Erteilung des Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“

vorliegen bzw. vorlage. Eine Wiederaufnahme dieser rechtskräftig abgeschlossenen

Verfahren erfolgte daher nicht zu Recht, womit der angefochtene Bescheid auch

hinsichtlich der Spruchpunkte II lit. a) und b) ersatzlos zu beheben war.

7.2. Zum Beschluss (Spruchpunkt II.):

Im § 28 VwGVG ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht

der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die im § 28 Abs. 3 zweiter Satz

VwGVG vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen

Bescheides streng auf ihren gesetzlich zurückgewiesenen Raum zu beschränken ist.

Angesprochen sind damit etwa Fälle, in jenen die Feststellung des maßgeblichen

Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit

gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (vgl. etwas VwGH

06.07.2016, Ra 2015/01/0123). Eine Zurückverweisung der Sache an die

Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt aber

insbesondere jedenfalls dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde – auch in

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Teilbereichen – zum einen jegliche erforderlichen Ermittlungstätigkeiten unterlassen

hat oder wenn sie zum anderen zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes

lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise

ermittelt hat (vgl. VwGH 31.08.2015, Ra 2015/11/0039; VwGH 30.03.2017,

Ra 2014/08/0050).

Abgesehen davon hat der Verwaltungsgerichtshof zur Sache des Verfahrens vor

dem Verwaltungsgericht und dem äußersten Rahmen seiner Prüfbefugnis wiederholt

ausgeführt, dass es sich dabei jedenfalls nur um jene Angelegenheit handelt, die den

Inhalt des Spruchs des Ausgangsbescheides gebildet hat (vgl. etwa VwGH

09.09.2019, Ro 2016/08/009; VwGH 09.09.2015, Ro 2015/03/0031 bis

Ro 2015/03/0032).

Die Bezirkshauptmannschaft Krems hat nun ausgehend davon, dass es sich nach

ihrer Einschätzung um eine Aufenthaltsehe gehandelt hat, im Spruchpunkt II. lit. c)

den Zweckänderungsantrag des Beschwerdeführers vom 15.10.2019 auf Erteilung

des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ mangels Vorliegens eines gültigen

Aufenthaltstitels für Österreich gemäß § 24 NAG abgewiesen. Diese Voraussetzung

ist gegenständlich jedoch nicht gegeben.

Da eben die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 24 Abs. 3 NAG für

diesen Aufenthaltstitel nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war und zum

anderen eben die Bezirkshauptmannschaft Krems jegliche weitere

Ermittlungstätigkeit unterlassen hat – aus dem dem Landesverwaltungsgericht

Niederösterreich vorgelegten Verwaltungsakt sind sämtliche Anträge des

Beschwerdeführers, sohin auch der hier angesprochene Zweckänderungsantrag und

sämtliche vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden auch nicht ersichtlich -, war

dieser Spruchpunkt aufzuheben und das Verfahren zur Prüfung des Vorliegens der

Voraussetzungen für den Zweckänderungsantrag an die Bezirkshauptmannschaft

Krems an der Donau zurückzuverweisen.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

8. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

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Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine

Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche

Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der

Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche

Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen

Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es wird dazu insbesondere auf die zahlreich zitierte höchstgerichtliche Judikatur

verwiesen und stellt die gegenständliche Entscheidung auch keine über den

Einzelfall hinausgehende Bedeutung dar, zumal die maßgeblichen

Entscheidungsgrundlagen auf der Beweiswürdigung basieren (vgl. VwGH

23.09.2014, Ro 2014/01/0033). Dies gilt auch für die Anwendung der

Rechtsprechung für ein Vorgehen nach § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG angesichts der

einzelfallbezogenen Verfahrenskonstellation (vgl. VwGH 30.03.2017, Ra

2014/08/0050).