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Grußwort Angefangen hat alles mit Kohle- und Kokstransporten auf eigenen Strecken des Bergbaus wie etwa über die 16 Kilo- meter zwischen Bottrop und Gelsenkirchen-Scholven. Jetzt gibt es diese Verbindung als Werksbahnstrecke nicht mehr und wir fahren Importkohle ab Drehscheibe Oberhausen über 298 Kilometer bis zum Kraftwerk Großkrotzenburg. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie die heutige RBH Logistics GmbH innerhalb eines ganzen Jahrhunderts der wechselvollen Entwicklung des deutschen Steinkohlenbergbaus folgte. Heute ist unser Unternehmen Spezialist im flexiblen Ganzzug- verkehr und als Tochter der europäischen Güterbahn der Deutschen Bahn AG unterwegs. Entscheidend für unsere Entwicklung war die Gründung der RAG Bahn und Hafen Vertriebsgesellschaft mbH vor genau 20 Jahren. Denn als sich in den 1990er Jahren ein weiterer Rückzug des Deutschen Steinkohlebergbaus po- litisch ankündigte, wollten wir und unsere Vorgänger den Bestand des Unternehmens dennoch sichern. Gemeinsam mit vielen Unterstützern wurden unternehmerische Ziele entwickelt. Im Mittelpunkt stand dabei, das Kern-Know- how unserer „Montanbahn“ außerhalb des Werksverkehrs zu vermarkten und weiter auszubauen. Lokomotiven für den Fernstreckenverkehr auf öffentlichem Netz wurden beschafft und unsere Mitarbeiter für die neuen Aufgaben fit gemacht. Dieser Schritt war so erfolgreich, dass unsere Lokomotivflotte kontinuierlich ausgebaut werden konnte. Mit Öffnung des Netzes der Deutschen Bahn konnten wir unsere anfangs in Kooperation erbrachten Transportleistungen in der Kohlelogistik auch auf die Bereiche Mineralöl, Chemie und Container ausweiten. Viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben diesen Wandel vom Werksbahnbetrieb bis zur heutigen im Wettbewerb stehenden RBH mitgestaltet und dem Unternehmen die Treue gehalten. Das ist in der heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit mehr und es zeigt die große Verbundenheit unserer Mitarbeiter zu ihrer RBH. Seit Beginn unserer Aktivitäten auf öffentlichem Netz haben wir konsequent in die Ausbildung investiert und bis- her über 240 jungen Menschen den Weg ins Berufsleben als Lokfahrer ermöglicht. Viele von ihnen sind Söhne und Töchter unserer Mitarbeiter, die zum Teil noch heute bei uns arbeiten. Wir Geschäftsführer sind stolz darauf, dass wir einen wichtigen Teil des technischen, betrieblichen und kulturellen Wandels der RBH mitgestalten durften und nun das besondere Jubiläumsjahr begehen können. Möglich wurde dieser Erfolg vor allem durch unsere motivierte Mannschaft, die alle notwendigen Veränderungen mitgetragen hat. Entschei- dend war und ist aber auch das Vertrauen unserer Kunden in unsere Leistungen sowie viele verlässliche Partner, auf die wir uns stützen können. Nicht zuletzt gab uns die strategische Einbindung bei unserer Muttergesellschaft DB Schenker Rail die erforderliche Rückendeckung, die Entwicklung der RBH zielstrebig fortzuführen. Wir freuen uns, im besonderen Jubiläumsjahr der RBH diese Festschrift vorlegen zu können. Unser Dank gilt dem Verfasser Dipl.-Ing. Norbert Tempel, der mit der Geschichte unseres Unternehmens besonders vertraut ist. Ebenso danken wir den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Wegbegleitern der RBH, die bei der Erstellung des Buches mitgewirkt haben. Wir wünschen Ihnen viel Freude dabei, die spannende Historie der RBH innerhalb eines ganzen Jahrhunderts mitzuerleben. Gladbeck, den 1. Mai 2013 RBH Logistics GmbH RBH Logistics GmbH Dr. Gerhard Hartfeld Willem Visser Vorsitzender der Geschäftsführung Kaufmännischer Geschäftsführer Impressum Norbert Tempel: Kohle, Koks & Oel. Von der Königlichen Zechenbahn zur RBH Logistics GmbH. 100 Jahre RBH 1. Auflage, Mai 2013 Layout: Volker Pecher, Essen Druck und Bindung: Proost NV, Turnhout (BE) Die Bildrechte liegen bei den ausgewiesenen Bildautoren und Leihgebern. © Klartext Verlag, Essen 2013 ISBN 978-3-8375-0593-1 Alle Rechte vorbehalten www.klartext-verlag.de Dank Dieses Werk wäre ohne die Mitarbeit und Unterstützung vieler Eisenbahner und Eisenbahnfreunde nicht möglich gewesen. Ein besonderer Dank gilt Eduard Erdmann, Horst Hackenthal, Ingo Hütter, Wolfgang Kieslich, Joachim Leitsch, Klaus Linek, Karl-Joachim Maiß, Gerhard Moll, Peter Neumann, Julian Nolte, Klaus Ochs, Harald Schrempfer, Wolfgang Schubert, Christoph Oboth, Jürgen Utecht und Christoph Weleda, den hilfreichen Mitarbeitern des Montanhistorischen Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum und des DGEG-Archivs sowie weiterer Archive und Bibliotheken, allen Fotoautoren und Bildleihgebern, aktiven und ehemaligen Mitarbeitern von RBH und RAG sowie den Kollegen des LWL-Industriemuseums, Dortmund.

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GrußwortAngefangen hat alles mit Kohle- und Kokstransporten auf eigenen Strecken des Bergbaus wie etwa über die 16 Kilo-meter zwischen Bottrop und Gelsenkirchen-Scholven. Jetzt gibt es diese Verbindung als Werksbahnstrecke nicht mehr und wir fahren Importkohle ab Drehscheibe Oberhausen über 298 Kilometer bis zum Kraftwerk Großkrotzenburg. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie die heutige RBH Logistics GmbH innerhalb eines ganzen Jahrhunderts der wechselvollen Entwicklung des deutschen Steinkohlenbergbaus folgte. Heute ist unser Unternehmen Spezialist im flexiblen Ganzzug-verkehr und als Tochter der europäischen Güterbahn der Deutschen Bahn AG unterwegs. Entscheidend für unsere Entwicklung war die Gründung der RAG Bahn und Hafen Vertriebsgesellschaft mbH vor genau 20 Jahren. Denn als sich in den 1990er Jahren ein weiterer Rückzug des Deutschen Steinkohlebergbaus po-litisch ankündigte, wollten wir und unsere Vorgänger den Bestand des Unternehmens dennoch sichern. Gemeinsam mit vielen Unterstützern wurden unternehmerische Ziele entwickelt. Im Mittelpunkt stand dabei, das Kern-Know-how unserer „Montanbahn“ außerhalb des Werksverkehrs zu vermarkten und weiter auszubauen. Lokomotiven für den Fernstreckenverkehr auf öffentlichem Netz wurden beschafft und unsere Mitarbeiter für die neuen Aufgaben fit gemacht. Dieser Schritt war so erfolgreich, dass unsere Lokomotivflotte kontinuierlich ausgebaut werden konnte. Mit Öffnung des Netzes der Deutschen Bahn konnten wir unsere anfangs in Kooperation erbrachten Transportleistungen in der Kohlelogistik auch auf die Bereiche Mineralöl, Chemie und Container ausweiten. Viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben diesen Wandel vom Werksbahnbetrieb bis zur heutigen im Wettbewerb stehenden RBH mitgestaltet und dem Unternehmen die Treue gehalten. Das ist in der heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit mehr und es zeigt die große Verbundenheit unserer Mitarbeiter zu ihrer RBH. Seit Beginn unserer Aktivitäten auf öffentlichem Netz haben wir konsequent in die Ausbildung investiert und bis-her über 240 jungen Menschen den Weg ins Berufsleben als Lokfahrer ermöglicht. Viele von ihnen sind Söhne und Töchter unserer Mitarbeiter, die zum Teil noch heute bei uns arbeiten. Wir Geschäftsführer sind stolz darauf, dass wir einen wichtigen Teil des technischen, betrieblichen und kulturellen Wandels der RBH mitgestalten durften und nun das besondere Jubiläumsjahr begehen können. Möglich wurde dieser Erfolg vor allem durch unsere motivierte Mannschaft, die alle notwendigen Veränderungen mitgetragen hat. Entschei-dend war und ist aber auch das Vertrauen unserer Kunden in unsere Leistungen sowie viele verlässliche Partner, auf die wir uns stützen können. Nicht zuletzt gab uns die strategische Einbindung bei unserer Muttergesellschaft DB Schenker Rail die erforderliche Rückendeckung, die Entwicklung der RBH zielstrebig fortzuführen. Wir freuen uns, im besonderen Jubiläumsjahr der RBH diese Festschrift vorlegen zu können. Unser Dank gilt dem Verfasser Dipl.-Ing. Norbert Tempel, der mit der Geschichte unseres Unternehmens besonders vertraut ist. Ebenso danken wir den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Wegbegleitern der RBH, die bei der Erstellung des Buches mitgewirkt haben. Wir wünschen Ihnen viel Freude dabei, die spannende Historie der RBH innerhalb eines ganzen Jahrhunderts mitzuerleben.

Gladbeck, den 1. Mai 2013

RBH Logistics GmbH RBH Logistics GmbHDr. Gerhard Hartfeld Willem VisserVorsitzender der Geschäftsführung Kaufmännischer Geschäftsführer

Impressum

Norbert Tempel:Kohle, Koks & Oel.Von der Königlichen Zechenbahn zur RBH Logistics GmbH.100 Jahre RBH

1. Auflage, Mai 2013 Layout: Volker Pecher, EssenDruck und Bindung: Proost NV, Turnhout (BE)

Die Bildrechte liegen bei den ausgewiesenen Bildautoren und Leihgebern.

© Klartext Verlag, Essen 2013ISBN 978-3-8375-0593-1Alle Rechte vorbehalten

www.klartext-verlag.de

Dank

Dieses Werk wäre ohne die Mitarbeit und Unterstützung vieler Eisenbahner und Eisenbahnfreunde nicht möglich gewesen. Ein besonderer Dank gilt Eduard Erdmann, Horst Hackenthal, Ingo Hütter, Wolfgang Kieslich, Joachim Leitsch, Klaus Linek, Karl-Joachim Maiß, Gerhard Moll, Peter Neumann, Julian Nolte, Klaus Ochs, Harald Schrempfer, Wolfgang Schubert, Christoph Oboth, Jürgen Utecht und Christoph Weleda, den hilfreichen Mitarbeitern des Montanhistorischen Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum und des DGEG-Archivs sowie weiterer Archive und Bibliotheken, allen Fotoautoren und Bildleihgebern, aktiven und ehemaligen Mitarbeitern von RBH und RAG sowie den Kollegen des LWL-Industriemuseums, Dortmund.

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Inhaltsverzeichnis

100 Jahre RBH - Ruhrbergbau und Zechenbahnen im Überblick 8

Die Zechenbahn- und Hafenverwaltung des Staatsbergbaus 1913–1935 16 Organisation und Entwicklung 16 Streckennetz, Betrieb und Verkehr 20 Dampflokomotiven 25

Die Zechenbahn- und Hafenverwaltung der Bergwerksgesellschaft Hibernia AG 1936–1969 28 Organisation und Entwicklung 28 Streckennetz, Betrieb und Verkehr 34 Exkurs: Stellwerke und Sicherungstechnik 46 Triebfahrzeuge 48 Dampflokomotiven 48 Diesellokomotiven 62 Wagenpark 64 Exkurs: Zechenhäfen 72

Die Zechenbahn- und Hafenbetriebe Ruhr-Mitte der Ruhrkohle AG 1970–1988 76 Organisation und Entwicklung 76 Streckennetz, Betrieb und Verkehr 79 Exkurs:Reportage 1970 – „Bahnlok 8 bitte melden“ 80 Exkurs: Strecken der Altgesellschaften 86 Triebfahrzeuge Elektrolokomotiven 96 Bahndienstfahrzeuge 104 Triebfahrzeuge der Altgesellschaften 107 Dampflokomotiven 110 Diesellokomotiven 115 Die Bahn- und Hafenbetriebe der Ruhrkohle AG 1989–2004 122 Organisation und Entwicklung 122 Streckennetz, Betrieb und Verkehr 125 Exkurs: Reportage 1992 – „Manchmal drückt’s ganz schön im Rücken“ 138 Triebfahrzeuge 1989–2013 140 Exkurs: Die Hauptwerkstatt Gladbeck 149

Die RBH Logistics GmbH 2004–2013 152 Die Entwicklung des Unternehmens RBH seit 2004 152 Exkurs: Die DSK-Werksbahn 2005–2013 166

Anhang Quellen, Abkürzungen 167 Dank und Nachwort, Abbildungsnachweis 168

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Das Unternehmen RBH Logistics GmbH blickt im Mai 2013 auf eine hun-dertjährige Tradition zurück. Das aus der Zechenbahn- und Hafenverwal-tung hervorgegangene Unternehmen war jahrzehntelang eng verknüpft mit dem staatlichen Bergbau im Ruhrrevier, später der Bergwerksgesell-schaft Hibernia AG sowie mit der 1968 gegründeten Einheitsgesellschaft Ruhrkohle AG. Weitsichtig begann man bereits vor 20 Jahren neue Wege zu beschreiten und damit den Bestand des Unternehmens auch nach dem Ende des Steinkohle-Bergbaus an der Ruhr zu sichern. Die Vorgeschichte datiert auf den Beginn des 20. Jahrhunderts, als sich der preußische Staat auch im Ruhrgebiet am Steinkohlenbergbau be-teiligen wollte. Die eigene Kohleversorgung für Heer, Marine und Staats-bahn sollte dadurch ausgebaut werden. Allein der Kohlenbedarf der preu-ßischen Staatsbahn lag 1900 bei 5,5 Millionen Tonnen, von denen etwa die Hälfte aus Zechen des Ruhrreviers stammte. Zum anderen wollte man sich Einflussmöglichkeiten auf die Arbeitsverhältnisse im Ruhrbergbau sowie auf die Preise für Kohle und Kohleprodukte schaffen. Ziel war ein Anteil von mindestens 10% an der Kohleförderung im Ruhrgebiet. Auf Grundlage eines im März 1902 erlassenen Gesetzes kaufte der preußische Staat insgesamt 96 noch nicht erschlossene Grubenfelder, die zum größ-

ten Teil im Vest Recklinghausen lagen, sowie die seit 1901 fördernde Ze-che Vereinigte Gladbeck aus dem Eigentum des in finanzielle Bedrängnis gekommenen August Thyssen. Man begann sofort mit dem Bau drei neuer Doppelschachtanlagen auf den Grubenfeldern Waltrop, Bergmannsglück und Vereinigte Gladbeck. Zur Verwaltung und Erschließung der Gruben-felder wurde im April 1902 die »Verwaltung der königlichen Steinkohlen-bergwerke« gegründet.

Strategisch geplant: Staatlicher Bergbau und VerkehrssystemeDer Erwerb der Grubenfelder durch den Staat in einer langgestreckten Zone am Nordrand des Reviers sowie der gleichzeitig ins Auge gefasste und 1905 fertig gestellte Bau einer Verbindungsbahn der preußischen Staatsbahn zwi-schen den beiden bedeutendsten Rangierbahnhöfen in Hamm und Osterfeld Süd lässt auf ein strategisches Gesamtkonzept schließen, das auch die Über-nahme der Bergwerksgesellschaft Hibernia mit ihren unmittelbar östlich an-schließendem Grubenbesitz mit einschloss. Dieses Vorhaben scheiterte 1904 jedoch kurz vor dem Ziel und konnte erst 1917 realisiert werden.

Nun musste der Ausbau weiterer Schachtanlagen auf den erworbenen Grubenfeldern forciert werden. 1908 und 1912 bewilligte der preußische Landtag umfangreiche Finanzmittel zum Auf- und Ausbau der Schachtan-lagen Westerholt, Zweckel und Scholven. Ob der Bau einer durchgehenden Zechenbahn zur Verbindung der Schachtanlagen untereinander und mit den Staatsbahnhöfen von vorneher-ein geplant war, lässt sich nicht mehr feststellen. Vorbild mag durchaus das in staatlicher Hand befindliche – allerdings schmalspurige – Eisenbahnnetz in Oberschlesien gewesen sein, das fiskalische wie private Montanbetriebe auf direktem Wege, unabhängig von der öffentlichen Staatsbahn miteinan-der verband. Jedenfalls konnten die Zechenanschlussbahnen der Schachtanlagen Möl-ler und Rheinbaben mit dem Bahnhof Bottrop West, Scholven und Zweckel mit dem Bahnhof Gladbeck West sowie Bergmannsglück und Westerholt mit dem Bahnhof Westerholt durch den Bau zusätzlicher Verbindungsstre-cken schon 1910 so miteinander verbunden werden, dass eine durchgehende Zechenbahn entstand, die zur Hauptschlagader des Kohlentransportes und Keimzelle eines ausgeklügelten Verbundsystems werden sollte. Auch die seit langem diskutierte Erweiterung des westdeutschen Ka-nalnetzes durch den Rhein-Herne-Kanal war zu diesem Zeitpunkt bereits in der Ausführung, so dass zwecks Schiffsversand ein Hafenanschluss der Zechenbahn mit überschaubarem Aufwand herzustellen war. Zu diesem Zeitpunkt spielte der Wasserweg für den Absatz der Kohle, insbesondere nach Süddeutschland, für die Staatszechen eine herausra-gende Rolle. Daher erwarb der Bergfiskus Lager- und Umschlagplätze im Rheinau-Hafen bei Mannheim und im Kehler Hafen. Das Bindeglied zwi-schen Ruhr und Oberrhein schaffte eine vom preußischen Staat 1912 er-worbene Gruppe von Schifffahrtsunternehmungen. Die Handelsabteilung der Bergwerksdirektion Recklinghausen kaufte nun Kohle und Koks von den Zechen zu festgesetzten Preisen, beförderte das Gut zu den Bestim-mungshäfen und brachte es dort zum Verkauf.

100 Jahre RBH - Bergbau und Zechenbahnen an der Ruhr im Überblick

Die Ruhrpottsprinter der RBH überqueren im Montanverkehr regelmäßig den Rhein, hier Lok 827 auf der 1927 erbauten Rheinbrücke in Duisburg-Hochfeld. Rechts die festungsartigen Türme der ursprünglichen Brücke von 1873. Aufnahme am 15.6.2010.

Luftaufnahme der Möllerschächte in Gladbeck im Jahr 1926. In der oberen rechten Ecke des Bildes kann man den Streckenverlauf bis Gladbeck West erkennen.

Noch Mitte der 1950er Jahre verkehrten handgebremste Züge auf der Zechenbahn – wie dieser Kübelwagenzug Richtung Bottrop vor dem Panorama der Kokerei Scholven.

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Von der Grubenanschlussbahn zum BahnsystemDa die Abschnitte der Zechenbahn zunächst den einzelnen Zechen unter-standen, zeigten sich bald vielfältige Probleme bei der Betriebsführung: Neben der Verteilung der Leerwagen wurde vor allem um die Aufteilung der Kosten für die Beschaffung der Betriebsmittel und der Betriebskosten der Bahn auf die einzelnen Zechen gestritten. Daher wurden bereits im Mai 1911 Überlegungen angestellt, den Betrieb der Zechenbahn bei einer selbstständigen Betriebsabteilung zusammenzufassen. Die Geburtsstun-de der Betriebsabteilung »Königliche Zechenbahn« schlug am 1. Mai 1913. Nach der Inbetriebnahme des Hafens Bottrop 1914 wurde der Name offizi-ell in »Königliche Hafenverwaltung in Gladbeck« geändert. 1920 erfolgte die Umbenennung in »Preußische Zechenbahn- und Hafenverwaltung«, die den Status einer selbstständigen Betriebsdirektion unter Leitung der Handelsabteilung bekam. Sie sorgte gegen festen Tarif und Gebühren für den Transport von Gütern zu den Staatsbahn-Übergabebahnhöfen und Zechen. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 verfügten die fiskalischen Zechen an der Ruhr über ein Eisenbahnnetz, das sechs Schachtanlagen, fünf Kokereien und vier Zechenziegeleien, drei Übergabebahnhöfe und einen Hafen miteinander verband. Die Streckenlänge vom Hafen Bottrop zum Bahnhof Westerholt betrug ca. 17 km, die Gesamtlänge aller Gleise 103 km. Der Zechenbahn standen zu dieser Zeit 22 Lokomotiven und 200 Waggons zur Verfügung. Die Zechenbahn beschäftigte 321 Mitarbeiter und verfügte über 17 Beamten- und 202 Arbeiterwohnungen. Die jährlich gefahrene Leistung betrug 28,4 Mio. Tonnenkilometer.

Zusammenführung des Staatsbergbaus unter dem Dach der Bergwerksgesellschaft Hibernia AG1855 hatten irische Bergbauunternehmer, vertreten durch ihren Repräsen-tanten William Thomas Mulvany, in Gelsenkirchen die Zeche Hibernia ge-gründet, die nach dem lateinischen Namen für Irland benannt wurde. Sie förderte bis 1925 in der Nähe des Gelsenkirchener Hauptbahnhofs Kohle zu Tage. Durch den Einsatz englischer Experten wurde Hibernia schon bald zu einer der größten Zechen im Ruhrgebiet. 1857 wurde die Zeche Shamrock (irisch für Kleeblatt) in Herne gegründet. Die ausländischen Investoren zo-gen sich allerdings 1873 aus der Gesellschaft zurück, und unter Einbezie-hung von Banken gründete sich die »Hibernia und Shamrock Bergwerks-gesellschaft« unter dem Aufsichtsratsvorsitzenden Mulvany. Nach dessen Tod expandierte die Gesellschaft, übernahm die Gewerkschaft Wilhelmine Victoria in Gelsenkirchen-Heßler und baute weitere Zechen im Raum Her-ne (Shamrock 3/4), Herten (Schägel & Eisen), Recklinghausen (General Blumenthal) sowie Oberhausen (Altstaden). Mit insgesamt elf Zechen und

einer Jahresfördermenge von 5,42 Millionen Tonnen wurde die Hibernia hinter der Gelsenkirchener Bergwerks AG und der Harpener Bergbau AG zur drittgrößten Bergwerksgesellschaft im Ruhrgebiet. Nach dem 1904 gescheiterten Übernahmeversuch durch den preußi-schen Staat blieb die Hibernia im Mehrheitsbesitz privater Gesellschafter, bis sie 1917 während des Ersten Weltkriegs doch noch verstaatlicht wurde. Die »Bergwerksgesellschaft Hibernia AG« führte ab 1926 in Personalunion (gleicher Vorstand und Aufsichtsrat) sowohl die Hibernia-Zechen wie die seit 1925 in die »Bergwerks-Aktiengesellschaft Recklinghausen« (Bergag) eingebrachten Staatszechen. Beide arbeiteten ab 1929 unter dem Dach der neu gegründeten Vereinigte Energie- und Bergwerks-Aktiengesellschaft (VEBA) weiter, die als Holding für die drei preußischen Bergwerksgesell-schaften Preussag, Bergag und Hibernia sowie die Preußische Elektrizitäts-Aktiengesellschaft gegründet worden war. Hauptziel dieser Maßnahme war die Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten der eingebrachten Unternehmen, die zum damaligen Zeitpunkt im Ausland nicht hinreichend kreditfähig waren. Dieser Finanzierungsweg ließ sich jedoch aufgrund der 1929 einsetzenden internationalen Wirtschaftskrise nicht realisieren. Im Jahr 1935 fusionierten Bergag und Hibernia, das neue Unternehmen hieß wiederum »Bergwerksgesellschaft Hibernia AG«. Die neue Hibemia verfügte über 13 Schachtanlagen mit zusammen 18 Förderschächten.

Integration der staatlichen ZechenbahnenNach dem Erwerb durch den Staat blieben beide staatlichen Bergwerks-gesellschaften zunächst formal eigenständig, die Eisenbahnbetriebe der Hibernia-Zechen wurden von den einzelnen Bergwerken weitergeführt. 1918 hatte man zwar ein erstes direktes Verbindungsgleis zwischen den Zechenbahnen der beiden Gesellschaften in Betrieb genommen, doch erst ab 1926 kam es zu einer stärkeren Integration und schließlich 1936, nach der Verschmelzung der Gesellschaften, zur gemeinsamen Betriebsfüh-rung auf der durchgehenden Strecke zwischen Bottrop, Recklinghausen und Wanne-Eickel durch ZuH. Die Zechenbahn wurde zur Hauptschlag-ader des entstehenden Chemie- und Energie-Verbundsystems. In Scholven entstand in den 1930er Jahren ein gewaltiger industrieller Komplex mit Bergwerk, Kraftwerk, Kokerei und Hydrierwerk für Flugben-zin, der aufgrund seiner großen Bedeutung für die NS-Kriegswirtschaft Angriffe der alliierten Luftwaffe auf sich zog, der es schließlich mit meh-reren Bombardements 1944/45 gelang, die Produktion des Hydrierwerks zum Erliegen zu bringen und Zerstörungen an vielen weiteren Werken und Verkehrsanlagen anzurichten. Zum Kriegsende war nur noch etwa die Hälfte der Zechenbahn-Fahrzeuge einsatzfähig.

Vom Wiederaufbau bis zur KohlenkriseDie ersten Nachkriegsjahre waren geprägt durch die Beseitigung der Kriegs-schäden und eine umfassende Modernisierung der Bergwerksanlagen. Komplett neu gebaut wurde ab 1953 die Zentralkokerei Hassel. Auch die Zechenbahn- und Hafenverwaltung modernisierte zügig. Schwerere und schnellere Züge erforderten leistungsfähigere Lokomotiven, die Einführung der Druckluftbremse, bessere Signal- und Stellwerkstechnik. In großem Umfang wurden neue Fahrzeuge beschafft oder vorhandene rekonstruiert. Der Lokomotiveinsatz wurde durch den Bau effizienter Bezirkslokstationen für den Dampflokbetrieb rationalisiert. Mit 13,6 Millionen Tonnen erreichten die Transportleistungen 1955 den mit Abstand höchsten Wert seit Gründung der ZuH. Gegen Mitte der 1950er Jahre aber geriet der deutsche Steinkohlenbergbau in eine schwere Absatz-krise, die auch die Hibernia AG nicht ungeschoren ließ. 1959 begannen die Stilllegungen an der Ruhr, die Hibernia legte zwischen 1960 und 1967 die Schachtanlagen Wilhelmine-Victoria, Scholven, Möller und Rheinbaben sowie die Kokerei Shamrock 3/4 still. Durch verstärkten Verbundverkehr über längere Wege stieg das Transportaufkommen bis 1963 sogar noch auf einen Höchstwert von 15,4 Mio. Tonnen. Das waren täglich 59.000 Tonnen,

die mit 787 Mitarbeitern bewältigt wurden. Die Kohlekrise der 1960er Jahre wurde auch zum Auslöser zum Ausbau des Kraftwerks Scholven, das zwi-schen 1968 und 1979 um fünf Kohleblöcke erweitert wurde. Damit wurde Scholven eines der größten europäischen Kohlekraftwerke. Trotz der Krise entschloss sich die Hibernia Mitte der 1960er Jahre, das ZuH-Stammnetz zu elektrifizieren. Begünstigt wurde dieses Vorhaben da-durch, daß die Hibernia in Datteln ein Bahnstromkraftwerk betrieb. Im Juli 1968 konnte auf einem ersten Teilstück der elektrische Zugbetrieb aufge-nommen und der Dampflokeinsatz beendet werden. Nachdem die Hibernia AG Anfang 1969 die Bergwerksgesellschaft Mathias Stinnes AG übernom-men hatte, ging die Eisenbahnbetriebsführung der Mathias Stinnes-Zechen zum 1. Januar 1970 auf ZuH über. Damit setzte eine Entwicklung ein, die schließlich zur Integration aller Zechenbahnen im Bereich Ruhr-Mitte der Ruhrkohle AG unter dem Dach von ZuH führte.

Von der Hibernia AG zur Einheitsgesellschaft Ruhrkohle AGDurch billige Importkohle, preisgünstiges Erdöl und verringerten Einsatz bei Strom- und Stahlerzeugung hatten sich in den 1960er Jahren die Probleme des Steinkohlenbergbaus im Ruhrgebiet erneut zugespitzt. Politik, Gewerk-schaften und Unternehmen waren gefordert und entwickelten unterschied-liche Szenarien für die Zukunft des Steinkohlebergbaus. Mit dem Ziel der Reduzierung der Bergbaukapazitäten trat schließlich im Mai 1968 das „Ge-setz zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlenbergbaus und der deutschen Steinkohlengebiete“ in Kraft, auf dessen Basis die Gründung der »Ruhrkohle AG« (RAG) als zukünftige Gesamtgesellschaft des Ruhrberg-baus erfolgte. Letztlich beteiligten sich 26 von 29 Bergwerksunternehmen des

Ruhrbergbaus, der Anteil der neuen Gesellschaft an der Förderung im Ruhr-revier erreichte damit 93,5 %. Auch der Bergwerksbesitz der Hibernia AG (mit 8 Bergwerken, 2 Koke-reien, 2 Brikettfabriken und den Zechenbahn- und Hafenbetrieben) wur-de in die Ruhrkohle AG eingebracht. Die staatliche VEBA AG, die seit 1929 Eigentümerin der Hibernia war, wurde Hauptaktionär der Ruhrkohle AG. Gleichzeitig wurde der Hibernia Chemiebereich von der VEBA Chemie, der Kraftwerksbereich von den VEBA Kraftwerken Ruhr weiter betrieben. Die Hibernia AG blieb bis 1970 bestehen, nachdem bereits 1966 der Begriff „Berg-werksgesellschaft“ aus dem Namen getilgt worden war. Nach vielen weiteren organisatorischen Änderungen wurde die VEBA im Jahr 2000 mit der VIAG zum Energiekonzern Eon fusioniert. Zum 1. Januar 1970 übernahm die Ruhrkohle AG die unternehmerische Verantwortung. Der Gesellschaft gehörten 52 Bergwerke, 29 Kokereien, 5 Bri-kettfabriken, 20 Zechenkraftwerke zur Eigenstromversorgung mit insgesamt etwa 186.000 Beschäftigten. Dieser Großverbund ermöglichte erhebliche Rationalisierungseffekte, die Mechanisierung wurde weiter vorangetrieben. Bisherige Feldergrenzen fielen weg, man bildete Verbundbergwerke, errichtete neue Zentral-Förderschächte und konzentrierte sich auf die modernsten Kokereien, die z. T. noch erweitert wurden. Häfen, Kohle- und Koksläger sowie Bergehalden wurden gemeinsam genutzt, konzentriert und modernisiert. Die Hefte der neuen Werkszeitschrift »Die Ruhrkohle« geben Zeugnis von der Aufbruchstimmung der 1970er Jah-re, während gleichzeitig das Personal sozialverträglich abgebaut wurde.

In den 1960er Jahren beherrschte noch die Dampftraktion den Zechenbahnbetrieb.Lok 51-C (Krupp-Typ Gladbeck) rangiert zwischen Zeche Westerholt und Bahnhof Hassel.

Die erste Lok des Typs Crefeld für die fiskalische Zeche Bergmannsglück lieferte die Düsseldorfer Lokomotivfabrik Hohenzollern 1905 mit der Fabriknummer 1780

Die zuletzt als Schachtanlage General Blumenthal 11 betriebene Zeche in Wanne-Eickel hieß zum Zeitpunkt der Aufnahme im September 1963 noch Shamrock 3/4/11. Der moderne Förderturm brachte bis 2001 Kohle aus dem Nordfeld Haltern zu Tage.

1913 Königliche Zechenbahn1914 Königliche Hafenverwaltung1920 Preußische Zechenbahn- und Hafenverwaltung1926 Zechenbahn- und Hafenverwaltung 1970 RAG Zechenbahn- und Hafenbetriebe Ruhr-Mitte1989 RAG Bahn- und Hafenbetriebe

1993 RAG Bahn und Hafen Vertriebsgesellschaft mbh (RBH)2000 RAG Bahn und Hafen GmbH (RBH)2006 RBH Logistics GmbH

Die Bezeichnung des Unternehmens im Wandel der Zeit