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In vollem Ornat vor dem Ordenssaal: Viele der Komparsen waren mit ihren eigenen Barockkostümen zum Dreh gekommen. Bild: ARD/Degeto/teamWorx/Stephanie Kulbach ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●● V ON J ANNA WERNER Mit Baron Münchhausen gemeinsam vor der Kamera 60 Komparsen sorgen für Stimmung beim Cembalo-Konzert im Schloss – „Ich habe mir damit einen Traum erfüllt“ Am Ende des Drehs für den „Baron Münchhausen“ in Ludwigsburg wurde es noch einmal richtig voll im Schloss. 60 Komparsen, davon viele aus den Ba- rockvereinen der Stadt, spielten das Pu- blikum beim Cembalo-Konzert im russi- schen Zarenpalast. Und waren mit Feuer und Flamme dabei. Es war bis vor kurzem nur ein Traum von Astrid Meyer: „Einmal im prachtvollen Kleid durch das Schloss zu laufen.“ Um ihr Ziel zu erreichen, hatte sie bereits in Erwägung gezogen, eine Schlossführer- Ausbildung zu machen. Das kann sie sich jetzt sparen: „Ich habe mir diesen Traum erfüllt.“ Astrid Meyer war vergangene Woche eine von 60 Komparsen, die in dem Film „Baron Münchhausen“ beim Cembalo- Konzert für die richtige Atmosphäre sorgten. Wie mehrfach berichtet, dreht die ARD für einen Märchen-Dreiteiler die Abenteuer des Münchhausen mit Jan Josef Liefers, Katja Riemann und Jessica Schwarz. Das schönste für die 45-Jährige war die Verwandlung „vom Normalbürger zur Hofdame“. Bis zu 30 Haarklammern wa- ren nötig, bis die Echthaar-Perücke saß, alleine die Maske und das Anziehen dau- erte zwei bis drei Stunden. Keine Mühsal für Astrid Meyer, die sich bis zum Dreh- schluss um 21.30 Uhr pudelwohl fühlte. „Man bewegt sich ganz anders“, sagt sie. „Es ist schön, lauter schöne Frauen zu sehen.“ Und wegen der ausladenden Pa- niers an der Hüfte geht es eben nur seit- lich durch die Tür. Was die 1,78-Meter- Frau erstaunte: „Jan Josef Liefers ist eher klein.“ Im Barockkleid fast zu Hause Eine, die das Schreiten schon gewohnt ist, ist Christa Schell. Die 78-Jährige ver- körperte bis zum Tod ihres Mannes Heinz als Herzog Carl Eugen bis vor ei- nem Jahr noch regelmäßig Elisabeth So- phie Friederike. Zum Film kam sie wie auch Astrid Meyer über die Gruppe Bel- lissima. Deren Kopf Karin Oesterle war mit sechs anderen der Gruppe ebenfalls beim Dreh mit dabei. Die Routine von Christa Schell machte sich bemerkbar: „Die meisten von uns sind es gewöhnt, sich im Kostüm zu be- wegen.“ Die Schauspielerei, sagt sie aber, „wäre kein Beruf für mich“. Liefers, der in der Szene – ein Cembalo-Konzert im russischen Zarenpalast – trinken und mit der schönen Constanze (Jessica Schwarz) flirten muss, hatte schwer zu schlucken. Nach dem vierten Glas Wein, das er leeren musste, habe er um gefärb- tes Wasser gebeten. Ihr eigenes Glas war wie bei den anderen Statisten nur zum Halten da. Einen der Schauspieler anzusprechen, wäre Christa Schell nicht eingefallen, „das gehört sich nicht“. Nur einmal suchte sie den Kontakt, weil mit der Ja- cke des Barons etwas nicht in Ordnung war: „Herr Liefers, da guckt was raus.“ Er dankte, das Malheur war schnell beho- ben: „Da liefen genug rum, die an den Herrschaften rumgezupft haben.“ Die waren auch nötig, denn 60 Kom- parsen, häufig mit eigenen Kostümen, wollen korrekt aufgehübscht werden. Schon im Vorfeld hatten der SWR und Teamworx-Produzent Jochen Laube den Kontakt zu den Barockvereinen gesucht, mit Erfolg. Insgesamt 22 Mitglieder von den Venezianern, Bellissima, Viva Vene- zia und dem Marbacher Gardejäger- Korps waren mit am Set, viele Kompar- sen kamen über Agenturen aus der Regi- on. „Was für ein Aufwand!“ „Supersüß und sympathisch“ sei Jessi- ca Schwarz, erzählt Astrid Meyer, die di- rekt neben ihr im Publikum saß. Davor wurde geplaudert, aufgestanden und hingesetzt, immer wieder Puder aufge- legt. „Was für ein Aufwand!“ Das Cemba- lospiel kam vom Band, wie auch der Ton getrennt vom Film aufgenommen wur- de. Dazu unzählige Takes: „Die Szene wurde aus vier verschiedenen Perspekti- ven aufgenommen.“ Am Sonntag ist der gesamte Filmtross ins bayerische Amerang abgereist, dort befindet sich der Sultanspalast, danach folgen Amberg (Wüste) und Burghausen (St. Petersburg), bevor es wieder nach Berlin geht. Bis 31. März dauern die Dreharbeiten von Teamworx im Auftrag der ARD, im Winter wird gesendet. Im wahren Leben arbeitet Astrid Meyer, die sich nach ihrem Traumerleb- nis „satt und zufrieden“ fühlt, als Coach. Da ginge es häufig darum, Menschen zu ermutigen, Dinge auszuprobieren – „und diese Träume dann auch tatsächlich ins Leben zu holen“. Jetzt arbeitet sie an ihrem nächsten Traum: Mit dem Jeep an die Atlantikküs- te zu fahren. Das Barocke lässt sie aber nicht los: So wird sie mit Bellissima bei der Venezianischen Messe und dem Pferdemarkt-Umzug dieses Jahr dabei sein. Und Christa Schell wiedertreffen, die als begehrte und versierte Schneide- rin von barocken Kostümen beim Dreh- tag im Schloss eine besondere Freude er- leben durfte: „Von meinen Kleidern wa- ren genug da.“

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In vollem Ornat vor dem Ordenssaal: Viele der Komparsen waren mit ihren eigenen Barockkostümen zum Dreh gekommen. Bild: ARD/Degeto/teamWorx/Stephanie Kulbach

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VO N J A N N A WE R N E R

Mit Baron Münchhausen gemeinsam vor der Kamera60 Komparsen sorgen für Stimmung beim Cembalo-Konzert im Schloss – „Ich habe mir damit einen Traum erfüllt“

Am Ende des Drehs für den „BaronMünchhausen“ in Ludwigsburg wurdees noch einmal richtig voll im Schloss.60 Komparsen, davon viele aus den Ba-rockvereinen der Stadt, spielten das Pu-blikum beim Cembalo-Konzert im russi-schen Zarenpalast. Und waren mit Feuerund Flamme dabei.

Es war bis vor kurzem nur ein Traum vonAstrid Meyer: „Einmal im prachtvollenKleid durch das Schloss zu laufen.“ Umihr Ziel zu erreichen, hatte sie bereits inErwägung gezogen, eine Schlossführer-Ausbildung zu machen. Das kann siesich jetzt sparen: „Ich habe mir diesenTraum erfüllt.“

Astrid Meyer war vergangene Wocheeine von 60 Komparsen, die in dem Film„Baron Münchhausen“ beim Cembalo-Konzert für die richtige Atmosphäresorgten. Wie mehrfach berichtet, drehtdie ARD für einen Märchen-Dreiteilerdie Abenteuer des Münchhausen mit Jan

Josef Liefers, Katja Riemann und JessicaSchwarz.

Das schönste für die 45-Jährige war dieVerwandlung „vom Normalbürger zurHofdame“. Bis zu 30 Haarklammern wa-ren nötig, bis die Echthaar-Perücke saß,alleine die Maske und das Anziehen dau-erte zwei bis drei Stunden. Keine Mühsalfür Astrid Meyer, die sich bis zum Dreh-schluss um 21.30 Uhr pudelwohl fühlte.„Man bewegt sich ganz anders“, sagt sie.„Es ist schön, lauter schöne Frauen zusehen.“ Und wegen der ausladenden Pa-niers an der Hüfte geht es eben nur seit-lich durch die Tür. Was die 1,78-Meter-Frau erstaunte: „Jan Josef Liefers ist eherklein.“

Im Barockkleid fast zu Hause

Eine, die das Schreiten schon gewohntist, ist Christa Schell. Die 78-Jährige ver-körperte bis zum Tod ihres MannesHeinz als Herzog Carl Eugen bis vor ei-nem Jahr noch regelmäßig Elisabeth So-phie Friederike. Zum Film kam sie wieauch Astrid Meyer über die Gruppe Bel-

lissima. Deren Kopf Karin Oesterle warmit sechs anderen der Gruppe ebenfallsbeim Dreh mit dabei.

Die Routine von Christa Schell machtesich bemerkbar: „Die meisten von unssind es gewöhnt, sich im Kostüm zu be-wegen.“ Die Schauspielerei, sagt sie aber,„wäre kein Beruf für mich“. Liefers, derin der Szene – ein Cembalo-Konzert imrussischen Zarenpalast – trinken und mitder schönen Constanze (JessicaSchwarz) flirten muss, hatte schwer zuschlucken. Nach dem vierten Glas Wein,das er leeren musste, habe er um gefärb-tes Wasser gebeten. Ihr eigenes Glas warwie bei den anderen Statisten nur zumHalten da.

Einen der Schauspieler anzusprechen,wäre Christa Schell nicht eingefallen,„das gehört sich nicht“. Nur einmalsuchte sie den Kontakt, weil mit der Ja-cke des Barons etwas nicht in Ordnungwar: „Herr Liefers, da guckt was raus.“ Erdankte, das Malheur war schnell beho-ben: „Da liefen genug rum, die an denHerrschaften rumgezupft haben.“

Die waren auch nötig, denn 60 Kom-parsen, häufig mit eigenen Kostümen,wollen korrekt aufgehübscht werden.Schon im Vorfeld hatten der SWR undTeamworx-Produzent Jochen Laube denKontakt zu den Barockvereinen gesucht,mit Erfolg. Insgesamt 22 Mitglieder vonden Venezianern, Bellissima, Viva Vene-zia und dem Marbacher Gardejäger-Korps waren mit am Set, viele Kompar-sen kamen über Agenturen aus der Regi-on.

„Was für ein Aufwand!“

„Supersüß und sympathisch“ sei Jessi-ca Schwarz, erzählt Astrid Meyer, die di-rekt neben ihr im Publikum saß. Davorwurde geplaudert, aufgestanden undhingesetzt, immer wieder Puder aufge-legt. „Was für ein Aufwand!“ Das Cemba-lospiel kam vom Band, wie auch der Tongetrennt vom Film aufgenommen wur-de. Dazu unzählige Takes: „Die Szenewurde aus vier verschiedenen Perspekti-ven aufgenommen.“

Am Sonntag ist der gesamte Filmtross

ins bayerische Amerang abgereist, dortbefindet sich der Sultanspalast, danachfolgen Amberg (Wüste) und Burghausen(St. Petersburg), bevor es wieder nachBerlin geht. Bis 31. März dauern dieDreharbeiten von Teamworx im Auftragder ARD, im Winter wird gesendet.

Im wahren Leben arbeitet AstridMeyer, die sich nach ihrem Traumerleb-nis „satt und zufrieden“ fühlt, als Coach.Da ginge es häufig darum, Menschen zuermutigen, Dinge auszuprobieren – „unddiese Träume dann auch tatsächlich insLeben zu holen“.

Jetzt arbeitet sie an ihrem nächstenTraum: Mit dem Jeep an die Atlantikküs-te zu fahren. Das Barocke lässt sie abernicht los: So wird sie mit Bellissima beider Venezianischen Messe und demPferdemarkt-Umzug dieses Jahr dabeisein. Und Christa Schell wiedertreffen,die als begehrte und versierte Schneide-rin von barocken Kostümen beim Dreh-tag im Schloss eine besondere Freude er-leben durfte: „Von meinen Kleidern wa-ren genug da.“