Indianerpolitik in Den USA

download Indianerpolitik in Den USA

of 20

description

Indianerpolitik in den USA

Transcript of Indianerpolitik in Den USA

  • Indianerpolitik in den USA

    Unterdrckung und Verfolgung seit mehr als 200 Jahren

  • Inhaltsverzeichnis

    Die Grndung der USA..........................................4

    Die Zeit des Indian Removal ................................5

    Die Situation in der 2. Hlfte des 19. Jahrhunderts .......8

    General Allotment Act ........................................10

    Der New Deal ................................................12

    Die Indian Claims Commission ............................14

    Termination .....................................................15

    Der Weg zu mehr Souvernitt ..............................16

    Wie geht es weiter? ...........................................19

    Impressum:Herausgeber: VEREIN ZUR UNTERSTTZUNG NORDAMERIKANISCHER INDIANER E.V.

    Titelbild: Lakota-Huptling Red Cloud (sitzend) und der Englnder WilliamHenry Blackmore (Alexander Gardner Washington, 1872)Foto Rckumschlag: Sonnenuntergang einer sterbenden Rasse (JosephKossuth Dixon)

    Text & Fotos: Karl-Heinz PrestelGestaltung & Satz: Frank Gtze

  • VorwortViele der heutigen Probleme zwischen den verschiedenenIndianervlkern und den Vereinigten Staaten von Amerikahaben ihren Ursprung in der Indianerpolitik, die dieAmerikaner bei ihrer Grndung von den Kolonialmchtenbernommen haben. Um daher die heutige Situation besserverstehen zu knnen, erscheint es notwendig, die letzten 200Jahre unter diesem Gesichtspunkt nher zu betrachten.

    Die Beziehungen zwischen den Indianern und den USA befin-den sich in einem fortwhrenden Wandel und sind nach wie vorden politischen Zwngen der jeweiligen Zeit unterworfen. Inder Regel versuchte die Regierung in Washington dieSouvernitt der einzelnen Indianervlker einzuschrnken, umdamit gleichzeitig ihre eigene Macht zu strken.

    Von dem einstigen Land, das von den UreinwohnernNordamerikas bei der Ankunft von Kolumbus im Jahre 1492bevlkert gewesen war, sind in den USA heute nur noch 2,3%briggeblieben. Vor allem im letzten Jahrhundert, als dieVereinigten Staaten sich als Nation etablierten, setzte eine verheerende Gier nach Indianerland ein.

    VEREIN ZUR UNTERSTTZUNGNORDAMERIKANISCHER INDIANER

    ASSOCIATION FOR THE SUPPORT OF NORTH AMERICAN INDIANS

  • DDiiee GGrrnndduunngg ddeerr UUSSAAIm Jahre 1776 erfllte sich nach jahrelangen Auseinandersetzungen fr dieBewohner der Neu-England-Kolonien ein Traum: Sie wurden unabhngigvom Mutterland; die Vereinigten Staaten von Amerika waren geboren. Abjetzt sollte jeder Brger die gleichen Rechte besitzen. Allerdings galt diesnicht fr die Ureinwohner des Kontinents, hier setzten die USA die Politikder ehemaligen Kolonialherren fort. Die Indianer wurden nur dann alsgleichberechtigt anerkannt, wenn die Amerikaner ihrer bedurften. Man ver-trieb und ermordete sie aber, sobald sie sich dem weien Vorwrtsdrang inden Weg stellten.

    Im Jahre 1763 verkndete Georg III von England in seiner Royal Pro-clamation, dass die Indianer einen uneingeschrnkten Anspruch auf dasvon ihnen bewohnte Land besen. Gleichzeitig wurden die Appalachen zurGrenze erklrt, welche das Indianergebiet im Westen von den Siedlungender Weien im Osten trennte. Durch die Northwest Ordinance (Nord-west-Verordnung) von 1787 bekrftigten die USA ihr damaliges Verhltniszu den indianischen Vlkern (Das stets gute Vertrauensverhltnis gegen-ber den Indianern soll immer gewhrleistet bleiben; ihr Land und ihr Besitzsoll ihnen niemals ohne ihre Zustimmung weggenommen werden).

    Nach dem Unabhngigkeitskrieg gegen die englische Krone waren dieVereinigten Staaten von Amerika noch zu schwach, um sich ernsthaft mitden Indianern auseinandersetzen zu knnen. Erst die endgltige Niederlageder Englnder im Jahre 1812 machte den Weg frei fr eine neue Indianer-politik der USA.

    Die immer strker werdende Forderung der Siedler nach Land Anfang des19. Jahrhunderts brachte die Bundesregierung in Zugzwang, zumal derLousiana Purchase von Frankreich im Jahre 1803 und der Erwerb vonFlorida wenige Jahre spter die Flche der Vereinigten Staaten verdoppelte.

    GGrrnndduunngg ddeerr UUSSAA

    44

  • DDiiee ZZeeiitt ddeess IInnddiiaann RReemmoovvaallDie US-Regierung ging bei ihren berlegungen davon aus, dass ein Mit-einander von Indianern und Weien auf Dauer nicht mglich sei und dieExistenz der Indianervlker wegen der immer weiter nach Westen vor-rckenden Grenze nur dann gesichert werden knnte, wenn man die In-dianer in die weit entfernten Gebiete westlich des Mississippi/Missouriumsiedeln wrde.

    Damit sahen sich die Indianer mit einer dramatischen Vernderung in derPolitik der Vereinigten Staaten konfrontiert. Bereits 1806 begannen dieersten Umsiedlungen der Ureinwohner. Obwohl meist Vertrge zwischenden Indianern und der Regierung in Washington die Grundlage fr solcheAktionen bildeten, kann keineswegs von einem freiwilligen Verlassen derHeimatgebiete der Indianer ausgegangen werden. In den meisten Fllen hat-ten die Indianer keine andere Wahl, da ihnen ansonsten militrischeStrafaktionen drohten.

    Abgelst wurde diese Vorgehensweise durch den Indian Removal Act(Gesetz zur Umsiedlung der Indianer) von 1830. Mit dieser gesetzlichen"Grundlage hatte die USA jetzt die Mglichkeit, die Indianer jederzeit nacheigenen Vorstellungen umzusiedeln, ohne die Betroffenen fragen zu mssen.Bis zu diesem Zeitpunkt hatten bereits 50 Vlker ihr angestammtes Heimat-land verlassen mssen.

    DDiiee ZZeeiitt ddeess IInnddiiaann RReemmoovvaall

    55

    11777766

    IndianischeLandverluste seit derGrndung der USA

    schwarz = Indianerland

  • Die neue Einstellung gegenber den Indianern erhielt 1828 einen offiziellenAnstrich, als der Bundesrichter John Marshall in einem Urteil entschied:Indianerstmme wren vielleicht besser als einheimische, abhngigeNationen zu bezeichnen, weil sie ein Gebiet besitzen, auf das wir (die USA)unabhngig von ihrem Willen einen Anspruch erheben, der bezglich derBesitznahme dann wirksam wird, wenn ihr Besitzrecht aufhrt. Mittlerweilebefinden sie (die Indianer) sich in einem Stadium der Bevormundung. IhreBeziehung zu den Vereinigten Staaten hnelt jener zwischen einem Mndelund seinem Vormund.

    Bereits nach fnf Jahren konnte der damalige amerikanische Prsident undals Indianerhasser bekannte Andrew Jackson befriedigt feststellen, dass es,von wenigen Ausnahmen abgesehen, in der stlichen Hlfte der VereinigtenStaaten keine Indianer mehr gab.

    Mit der Aufsicht der Umsiedlungsaktionen wurde das am 11.3.1824 imKriegsministerium geschaffene Office of Indian Affairs, (Bro frIndianerangelegenheiten) beauftragt. Im Jahre 1849 wurde diese Behrde indas Innenministerium verlagert und heit seit dieser Zeit Bureau of IndianAffairs (BIA).

    Fr die meisten Indianervlker war bereits der Marsch in ihre neue Heimatein tragisches Ereignis. Traurige Berhmtheit erlangte der Trail of Tears(Marsch der Trnen) der Cherokee. Auf ihrem langen Weg in das IndianTerritory, dem heutigen Bundesstaat Oklahoma, starben bereits mehr als3.500 Mnner, Frauen und Kinder, rund 1/4 der Gesamtbevlkerung derCherokee.

    Sie machten uns viele Versprechungen, mehr als ich aufzhlen kann. Sie haben niemalseine gehalten, bis auf diese: Sie versprachen, unser Land zu nehmen, und sie haben esgenommen.

    Red Cloud, Huptling der Oglala-Lakota

    DDiiee ZZeeiitt ddeess IInnddiiaann RReemmoovvaall

    66

  • Doch kaum hatten sich die zwangsweise umgesiedelten Stmme in denGebieten niedergelassen, waren sie wiederum der amerikanischen Expansionnach Westen im Wege. Nachdem sich das Gebiet der USA nach ihrem Kriegmit Mexiko Mitte des letzten Jahrhunderts erneut deutlich vergrert hatteund darber hinaus in Kalifornien Gold gefunden worden war, setzten dieAmerikaner ihren Weg nach Westen weiter fort.

    Allerdings trafen sie jetzt auf erheblich mehr Widerstand durch die Indianer.Vor allem nach den Kriegen mit den Plainsbewohnern waren die USAgezwungen, Vertrge abzuschlieen, deren Inhalt nun nicht mehr allein siebestimmten. Allerdings konnten auf Dauer auch diese Stmme den anhal-tenden Expansionsdruck der Weien nicht standhalten und die Gegenwehrder Indianer war auch hier bald durch die Armee unterdrckt.

    DDiiee ZZeeiitt ddeess IInnddiiaann RReemmoovvaall

    77

    11881100

  • DDiiee SSiittuuaattiioonn iinn ddeerr 22.. HHllffttee ddeess 1199.. JJaahhrrhhuunnddeerrttssEs begann nun die Zeit der Reservationsgrndungen. Die Idee, IndianernLand ausschliesslich zur eigenen Nutzung zur Verfgung zu stellen, warnicht neu. Bereits im Jahre 1638 war die erste Reservation eingerichtet wor-den. Allerdings besaen die Indianer da aber noch ihre eigene Souvernittber dieses Gebiet. Nun jedoch waren sie der vollkommenen Kontrolledurch die Regierung der USA unterworfen.

    Um die eigene Macht ber die Indianer noch mehr auszudehnen, verab-schiedete der amerikanische Kongress im Jahre 1871 der Indian Appro-priations Act (Aneignungsgesetz) und beendete die ber 100jhrigePeriode der Vertragsabschlsse mit den Indianern. Damit wurde den bisdahin als souverne Vlker anerkannten Indianerstmmen dieser Status ein-seitig durch die Vereinigten Staaten aberkannt, und man machte dieUreinwohner gleichzeitig zum Spielball der amerikanischen Gesetzgebung.

    DDiiee SSiittuuaattiioonn iinn ddeerr 22.. HHllffttee ddeess 1199.. JJaahhrrhhuunnddeerrttss

    88

    Vertragsverhandlungender Friedenskommissionmit den Cheyenne undArapaho in Fort Laramie,1868

    Foto: A. Gardner

  • Das nderungsgesetz besagt aber auch, dass smtliche bis zum 3.3.1871 mitden verschiedenen Indianervlkern abgeschlossenen Vertrge weiterhin ihreGltigkeit behalten sollten. Mit dieser Aussage sind alle bis dahin abge-schlossenen und vom US-Kongress ratifizierten Abkommen mit den India-nern vlkerrechtlich nach wie vor bindend. Allerdings hatten die USA mitden nach 1871 verabschiedeten Vorschriften und Verordnungen diese Ver-trge verwssert oder zu ihren Gunsten umgedeutet.

    Diese Politik der einseitigen Vertragsvernderungen ist daher bis heute nochvielfach Anlass zum Streit zwischen den Indianern und der Bundesregierungin Washington. Viele Stmme beharren nach wie vor auf die Einhaltung derursprnglichen Vertrge.

    DDiiee SSiittuuaattiioonn iinn ddeerr 22.. HHllffttee ddeess 1199.. JJaahhrrhhuunnddeerrttss

    99

    11885500

  • GGeenneerraall AAlllloottmmeenntt AAccttObwohl nach 1871 durch die unterschiedlichsten Gesetze, Erlasse undVerordnungen die Gesamtflche der Reservationen bereits erheblichgeschrumpft war, stellte der am 8.2.1887 verabschiedete General AllotmentAct (Allgemeines Landaufteilungsgesetz) den einschneidensten Angriff aufdie verbliebenen Lebensrume der Indianer dar.

    Ausgehend von dem Gedanken, dass die Ureinwohner in die amerikanischeGesellschaft eingeliedert werden mssten, und der Tatsache, dass Gemein-eigentum an Land, so wie es die Indianer kannten, den nach individuellerFreiheit strebenden Amerikanern suspekt war, ging man mit dem GeneralAllotment Act dazu ber, das bis dahin dem einzelnen Stamm gehrendeLand an seine Bewohner aufzuteilen. Hauptziel des Gesetzes war es, dieIndianer zu Farmern zu erziehen.

    Jedes Familienoberhaupt bekam nach diesen Bestimmungen 64 ha Land (1ha = 10.000 m2), jeder Alleinstehende 32 ha, und jeder Jugendliche unter 18Jahre hatte Anspruch auf 16 ha.

    GGeenneerraall AAlllloottmmeenntt AAcctt

    1100

    Ausgabe vonRindfleischrationenan Bewohner derPine RidgeReservation um 1880

    Foto: D.F. Barry

  • Der Eigentumstitel der Indianer an dem jeweiligen Grund und Boden solltenach den Vorstellungen des Gesetzgebers erst nach 25 Jahren bertragbarsein. Bis dahin blieb das Land Eigentum der einzelnen Familien, wurde abervom Bro fr Indianerangelegenheiten verwaltet.

    Das bei dieser Aufteilung briggebliebene Reservationsland wurde vom BIA meist an Weie recht preiswert verkauft. Dadurch gingen den Indianernnoch einmal ein Groteil ihres bisherigen Gebietes verloren.

    Da die meisten Ureinwohner die Umstellung vom Jger zum Farmer nichtschafften, mussten viele von ihnen nach Ablauf der 25-Jahres-Frist aus wirt-schaftlicher Not ihr Land aufgeben. Verstrkt wurde dieser Prozess nochdurch die Tatsache, dass sich vielfach der den Indianern bereignete Grundund Boden nicht zur Landwirtschaft eignete.

    Der Verkauf des Eigentums wurde ebenfalls von der Indianerbehrde vorge-nommen. Dadurch verloren die Indianer bis 1932 noch einmal rund 2/3ihres Landes.

    Auch entschied das BIA ber die Zuteilung des durch den Verkauf erzieltenErlses. So wurden den Indianern oftmals Betrge in einer Hhe ausgezahlt,die nur unwesentlich ber der staatlichen Almosenuntersttzung lagen.Damit war es den Indianern auch nicht mglich, das Geld sinnvoll nachihren eigenen Vorstellungen einzusetzen.

    Auf Grund des im Jahre 1928 verffentlichten Meriam Reports wurde derRegierung in Washington klar, welches furchtbare Ausma der GeneralAllotment Act fr die Betroffenen angenommen hatte. Um dieses Elend zubeseitigen, waren Reformen unbedingt notwendig.

    GGeenneerraall AAlllloottmmeenntt AAcctt

    1111

  • DDeerr NNeeww DDeeaallUnter der Federfhrung von John Collier, Leiter des Bros fr Indianer-angelegenheiten, wurden neue Vorstellungen entwickelt. Sie mndeten 1934in die Verabschiedung des Indian Reorganization Act.

    Dieses Gesetz empfahl der US-Regierung einige positive Schritte fr dieIndianer einzuleiten, die durch den Indian Citizenship Act (Gesetz berdie Staatsbrgerschaft der Indianer) seit 1924 US-Brger waren. So wurdedie Politik der Landaufteilung gestoppt und das Landeigentum der Stmmewieder zugelassen.

    Weiterhin durften die Reservationsbewohner ihre eigene Regierung und ihreigenes Parlament nach den Vorstellungen des demokratischen Amerikaswhlen, auch konnten sie sich eine eigene Verfassung geben. Allerdingswurde damit gleichzeitig das alte Huptlingssystem abgeschafft.

    DDeerr NNeeww DDeeaall

    1122

    In Washington nennen sie esAssimilation, in Ottawa indiani-schen Fortschritt, in QuebecFranzzisierung, aber wir, dieOpfer nennen es Vlkermord.

    Aufschrift auf einemBrckenpfeiler in derKahnawake Reservation

  • Gerade dieser Punkt fhrte bei vielen Ureinwohnern zur Skepsis undAblehnung gegenber den Neuerungen, hatten sie doch in der Vergangenheitimmer wieder schlechte Erfahrungen mit den Versprechungen der Regierungmachen mssen. Die Befrchtung, dass sie wiederum einen Teil ihrerIdentitt aufgeben mssen, war sehr gro. So gab es gerade in den Anfngenauf vielen Reservationen neben der neuen Regierungsform noch das traditio-nelle System. Heute findet man allerdings immer mehr auch traditionell ein-gestellte Indianer, die Positionen innerhalb des Stammesrates bekleiden.

    Diese neue Form der Selbstverwaltung und Eigenstndigkeit war aber durchdas Vetorecht der Bundesregierung nach wie vor an das Wohlwollen derAmerikaner geknpft; Entscheidungen waren nur im Einverstndnis mitdem Bro fr Indianerangelegenheiten wirksam.

    Erstmals war es jetzt den Indianern mglich, innerhalb des BIA eine Arbeitzu erhalten. Auch stellte die US-Regierung Gelder fr landwirtschaftlicheund industrielle Projekte zur Verfgung.

    Diese positiven Anstze einer vernderten Indianerpolitik waren jedochnicht von langer Dauer. Bereits 1941 begann sich der alte Geist der Indianer-politik wieder durchzusetzen.

    DDeerr NNeeww DDeeaall

    1133

    11887700

  • DDiiee IInnddiiaann CCllaaiimmss CCoommmmiissssiioonnUm sich des Problems der ungeklrten Landrechtsansprche der Indianer end-gltig zu entledigen, wurde im Jahre 1946 die Indian Claims Commissioneingerichtet. Diese Kommission hatte die Aufgabe, alle Gebiets- undReparationsansprche der Indianer, die sich aus den frheren Vertrgen zwi-schen den einzelnen Indianerstmmen und den USA ergaben, ein fr allemalzu klren und abzugelten. Die Rckgabe des unrechtmssig angeeignetenLandes war dabei nicht vorgesehen. Vielmehr sollten die Indianer eine finanzi-elle Entschdigung erhalten, deren Hhe sich nach dem Wert des Grund undBodens zum Zeitpunkt der Aneignung durch die Amerikaner richtete undsomit um ein vielfaches unter dem tatschlichen Verkaufswert lag.

    Bereits nach kurzer Zeit war offensichtlich, auf welchem unsicheren Bodendie Vereinigten Staaten von Amerika gebaut worden waren. Die von der Re-gierung eingesetzte Kommission musste eine Landforderung nach der ande-ren anerkennen. Es ist schon eine brisante Vorstellung, wenn man bedenkt,dass den Ureinwohnern in einigen Bundesstaaten ( z.B. Kalifornien undFlorida) teilweise bis zu 80% des Landes zugesprochen worden sind.

    Die zunehmende Zahl der von der Indian Claims Commission anerkanntenLandrechtstitel und die immer strker werden konservativen Krfte in denUSA fhrten Anfang der 50er Jahre wieder zu der Forderung, die Indianerstrker in die weisse Gesellschaft zu integrieren.

    DDiiee IInnddiiaann CCllaaiimmss CCoommmmiissssiioonn

    1144

    Gebude des NavajoStammesrates in Window Rock

  • TTeerrmmiinnaattiioonnUnter diesem Druck verabschiedete der Kongress am 9.6.1953 die Resolu-tion Nr. 1084. In ihr wurde festgelegt, den Sonderstatus der Indianer aufden Reservationen aufzuheben. Die Ureinwohner sollten mit den gleichenRechten und Pflichten ausgestattet werden, die fr jeden anderen amerikani-schen Staatsbrger auch galten.

    Ebenfalls fielen die den Reservationsbewohnern gewhrten Vergnstigungenweg. Allerdings wurde hierbei wohlwollend bersehen, dass dieseVergnstigungen vertragliche Verpflichtungen der Vereinigten Staatendarstellten, die als Gegenleistung zu Landabtretungen an die USA denIndianern zu erbringen waren. Vor allem die Programme im sozialen undBildungsbereich waren Opfer dieser Resolution.

    Diese Politik hatte fr die betroffenen Indianer katastrophale Folgen. Sieverloren nicht nur ihre im geringen Mae vorhandene Eigenstndigkeit, son-dern noch nahezu ihr gesamtes Reservationsland. Damit wurde ihnen ihrebisherige Lebensgrundlage fast vollstndig entzogen. Vor allem in den starkkonservativen Bundesstaaten, wie z.B. Kalifornien (der Grund ist auch inden von der Indian Claims Commission anerkannten enormen Landan-sprchen zu suchen) fhrte dies zur fast vollstndigen Auflsung der nochvorhandenen Indianerlandes und zur Stadtflucht seiner Bewohner.

    In der Zeit von 1954 bis 1962 kam es so zur Auflsung von mehr als 100Stmmen. Das allgemeine Elend und die Verzweiflung der Indianer nahmenzu und schlugen all-mhlich in einenimmer massiver wer-denden Widerstandder Betroffenen um.

    TTeerrmmiinnaattiioonn

    1155

    11889900

  • DDeerr WWeegg zzuu mmeehhrr SSoouuvveerrnniittttDieser Widerstand und das zunehmende Selbstbewusstsein der indigenenBevlkerung, gepaart mit der Aufbruchstimmung der 60er Jahre (BlackPower, Anti-Vietnam-Bewegung, Studentenrevolte) fhrte bei den Politi-kern erneut zum Umdenken. Angefhrt von den allgemeinen Reformplnendes neugewhlten US-Prsidenten John F. Kennedy zeichnete sich eineUmkehr der Terminationspolitik der 50er Jahre ab. Selbstbestimmungwurde zum Ziel der neuen Politik erhoben; die Indianer sollten verstrkteMitbeteiligung erhalten, wenn es um ihre Belange ging.

    Dieser neue Umgang der amerikanischen Regierung mit den Indianern fhr-te dann auch durch Prsident Nixon 1970 offiziell zur Beendigung derTerminationspolitik.

    Die Politik der gewaltsamen Beendigung (Termination) der Beziehungen zwischen denIndianern und der US-Regierung ist falsch. Die besonderen Beziehungen zwischen denIndianern und der Bundesregierung sind das Ergebnis offizieller Verpflichtungen, diedurch die US-Regierung eingegangen worden sind. Diese zu beenden ist unpassend.Vielmehr kann und muss die Selbstbestimmung der Indianer gestrkt werden. Dies mussZiel einer jeden neuen nationalen Politik gegenber den Indianern sein.

    Prsident Nixon am 8.7.1970

    DDeerr WWeegg zzuu mmeehhrr SSoouuvveerrnniitttt

    1166

    Das BIA (Bro fr india-nische Angelegenheiten)regelte bisher einenGroteil des indiani-schen Lebens

  • In der Folgezeit entwickelte sich eine konstruktive Beziehung zwischen denIndianern und der Regierung der Vereinigten Staaten. In den 70er Jahrenwurden dann auch einige fr die Ureinwohner wichtige Gesetze erlassen.

    Zu ihnen zhlte der Indian Education Act (Ausbildungsgesetz fr India-ner) von 1972, welches die verstrkte Frderung des Bildungsangebotes frIndianer vorschrieb. Dadurch sollte die Ausbildung, vor allem auf demSchulsektor bei den Indianern verbessert werden, um ihnen spter dieEinstiegsmglichkeit in das Berufsleben zu erleichtern.

    Ein weiterer positiver Meilenstein in der Entwicklung der Beziehung zwi-schen Bundesregierung und der indigenen Bevlkerung war die Verab-schiedung des Indian Self-Determination and Education Assistance Actim Jahre 1975. Es ermchtigte die verschiedenen Behrden (insbesonderedie fr Schulwesen, innere Angelegenheiten und Gesundheitswesen zustn-digen Stellen), direkt mit den einzelnen Stammesregierungen ber entspre-chende Programme zu verhandeln und nicht, wie bis dahin blich, mit demBro fr Indianerangelegenheiten.

    Weiterhin sah dieses Gesetz vor, dass das BIA bestimmte Aufgaben perKontrakt an die Stammesregierungen abgeben sollte, sofern diese eswnschten, und die dafr notwendigen finanziellen Mittel zur Verfgung

    DDeerr WWeegg zzuu mmeehhrr SSoouuvveerrnniitttt

    1177

    hheeuuttee

  • gestellt wurden. So sind, heute auf fast allen Reservationen Polizei undGerichte, sowie Sozial- und Gesundheitswesen (neuerdings auch Woh-nungsbauprogramme) Angelegenheit des jeweiligen Stammes. Allerdingskommen die Gelder dafr weiterhin aus Washington, und diese Tatsachebringt immer wieder kontroverse Diskussionen mit sich.

    Der 1976 verabschiedete Indian Health Improvement Act sieht die Ver-besserung der medizinischen Versorgung der Reservationsbewohner vorund regelt die Ausbildung von Indianern auf dem Gebiet des Gesundheits-wesens.

    Das Jahr 1978 brachte fr die Ureinwohner Nordamerikas gleich zweibemerkenswerte Gesetze. Der Indian Child Welfare Act beendete dieMglichkeit, den Indianern ihre Kinder wegzunehmen und sie ohne Zu-stimmung der betroffenen Eltern in nichtindianische Familien unterzubrin-gen (Eine Manahme, die im vorigen Jahrhundert eingefhrt wurde, um denIndianerkindern einegute" Erziehung zu ermglichen).

    Der American Indian Religious Freedom Act stellte Grundstze zumSchutz und zur Erhaltung traditioneller Religionsformen der Indianer auf.Gerade in einer Zeit der Wiederbesinnung auf die eigenen Traditionen undWerte spielt diese Vorschrift bei den Indianern eine wichtige Rolle.

    DDeerr WWeegg zzuu mmeehhrr SSoouuvveerrnniitttt

    1188

    Das Navajo Community College

  • WWiiee ggeehhtt eess wweeiitteerr??Grundstzlich ist diese neue Entwicklung zu begren. Es ist allerdingsauch festzuhalten, dass durch einige Vorschriften in der letzten Zeit dieSouvernitt der einzelnen Stmme wieder im verstrkten Mae ausgehhltwurde. Auch die einschneidenden Sparmanahmen, vor allem aus derRegierungszeit von Ronald Reagan, haben ihre Spuren hinterlassen.

    Ebenfalls ist festzustellen, das der Einfluss von Industrie und konservativenKrften aus dem Kongress wieder zunimmt. So tragen einige Gesetzes-vorlagen wieder die Handschrift der alten Indianerpolitik und verhindern sodie Fortfhrung eines guten Ansatzes fr eine bessere Beziehung zwischenden Indianern und den Vereinigten Staaten.

    Die wertvollen Bodenschtze auf den Reservationen stehen gerade im Zeit-alter immer knapper werdender Ressourcen auf der Liste der indianerfeindli-chen Industriekonzerne ganz weit oben. Schtzungen gehen davon aus, dasssich unter dem Boden der Reservationen (sie machen nur noch 2,3% derFlche der USA aus) z.B. 70% der Uran-, sowie 25% der Kohle- und lvor-kommen befinden. Eine Tatsache, die Schlimmes erahnen lsst, da bereits jetztschon sichtbar ist, mit welcher Macht Unternehmen auf das Indianerlanddrngen und sich dabei der Untersttzung der Behrden sicher sein knnen.

    Aus diesem Grunde bietet der positive Ansatz einer besseren Indianerpolitikkeinen Grund fr eine optimistische Zukunftsaussicht. Vielmehr ist zubefrchten, dass sich zumindest in einigen Bereichen die Zeiten fr dieIndianer wieder verschlechtern. Solange die Ureinwohner nicht selbst voll-stndig ber ihr eigenes Schicksal bestimmen knnen und sie weiterhin aufdas Wohlwollen der jeweiligen US-Regierung angewiesen sind, wird sicheine dauerhafte Eigenstndigkeit nicht ergeben.

    Mehr Informationen zum Thema Indianer in Nordamerika durch:

    Claudia Gthlich-Ulrich Karl-Heinz PrestelStbbenstr. 9 Senftenberger Ring 40 g10779 Berlin 13435 BerlinTel/Fax: 218 31 03 Tel/Fax: 416 57 92

    WWiiee ggeehhtt eess wweeiitteerr??

    1199