Industrie 4.0 – Chancen und Risiken für die ......Neue soziale Infrastrukturen der Arbeit –...
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Dr. Constanze Kurz, Ressort Zukunft der Arbeit 1
Industrie 4.0 – Chancen und Risiken für die Industriearbeit der Zukunft aus Sicht der IG Metall
Podiumsdiskussion der Friedrich-Ebert-Stiftung: Industrie 4.0 - Chancen und Risiken einer Arbeitswelt der Zukunft am 10. November 2014 in Hannover
These 1
2 Constanze Kurz, Ressort Zukun1 der Arbeit
Mit Industrie 4.0 ist nicht das Ende der Industriearbeit angebrochen. Aber: Die Digitalisierung birgt erhebliche Veränderungspotenziale für die Industriearbeit. Damit ändert sich auch das Agendasetting für die Arbeitsplatzgestaltung und die Arbeitspolitik (neue Themen, Risiken, Chancen).
Die neue Generation von Leichtbaurobotern arbeitet als Assistenzsystem mit dem Beschäftigten „hautnah“ zusammen. Die Grenzen zwischen menschlicher und maschineller Arbeit werden durchlässiger
morgen heute übermorgen?
Roboter werden aus ihren Käfigen geholt und kooperieren mit den Werkern
Trend: Mehr und engere Mensch-Maschine-Interaktionen in der digitalisierten Produktion – im „kleinen“
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Constanze Kurz, Ressort Zukunft der Arbeit
Fertigung
Montage
Lager/ Logistik
Instandhaltung Service
Planung/ Steuerung
Anwendungsfälle von Mensch-Maschine Interaktionen nach Einsatzbereichen
Kommissionierung per Datenbrille
Lernende Maschinen/ Anlagen M2M Kommunika<on
Maschinenwartung per Datenbrille
Digitale Arbeitsanweisung U<lity Films
Mensch-‐Maschine Kollabora<on
Selbstorganisierte Kapazitätsflexibilität durch Mobilgeräte (App/ Doodle)
Constanze Kurz, Ressort Zukunft der Arbeit
Individuelle (automa<sche) Einstellung des Arbeitsplatzes
Arbeitsanweisung per Datenbrille
E-‐Learning (in Leerlaufzeiten)
Visualisierung ArbeitsfortschriN
Störungs-‐, Experten TwiNer
Interak<on mit IT-‐Systemen
Predic<ve Maintenance
Predic<ve Maintenance
Quelle: IAO/ eigene Recherchen
CPS-‐Monitoring im Produk<onsumfeld
Unterstützung & Entlastung?
Enteignung von
Fähigkeiten & neue
Belastungen?
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Neue soziale Infrastrukturen der Arbeit – Bedeutung von Systemkompetenz nimmt zu
Alle Beschäftigtengruppen sind betroffen
(Angelernte, Facharbeiter, Hochqualifizierte)
mehr und neue Formen der
Kommunikation Kooperation Interaktion Intelligenz
Alle Funktionen sind betroffen (Produktion, Indirekte, IT, FuE,
Service, Vertrieb)
Constanze Kurz, Ressort Zukunft der Arbeit 5
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Wandlungstendenzen der Arbeit
Dimensionen Industriearbeit 4.0 Arbeitsinhalte Integration neuer IT-, Multimedia-, Cloud-Technologien,
Assistenzsysteme; mehr Kooperation, Interaktion Beständiger Wechsel virtuelle/ reale Arbeitswelt
Qualifikations-
anforderungen
komplexer, interdisziplinärer, mehr Problemlösung (Requalifizierung) zugleich Tendenz zur Vereinfachung von Tätigkeiten (Dequalifizierung)
Qualifizierung/ Weiterbildung
mehr & beständige Qualifizierungsaktivitäten on the job auf Basis neuer Lerntechnologien
Datenschutz neue Möglichkeiten der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Personendaten & Nutzerprofilen (Match mit Technologiedaten)
Arbeitszeit/ Arbeitsort erheblich flexibler
Leistung in Echtzeit Verdichtung, Entlastung von Routinetätigkeiten; mehr Selbststeuerung, mehr indirekte Steuerung
Constanze Kurz, Ressort Zukunft der Arbeit
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Risiken • Arbeit als passives Element
im System • hohes Stresspotenzial
• forcierte Flexibilisierung • Abkopplung Un- und Angelernte
• Entgrenzung Arbeit & Leben • Beschäftigungsabbau
• Zunahme Leiharbeit/ Dumping- Strategien
• Aushebelung Mitbestimmung (BetrVG)
Chancen • Arbeit mit hohen
Handlungsspielräumen • erweiterte Partizipation
• beständige Entwicklung von Kompetenzen
• Alter(n)sgereche Arbeitsgestaltung
• Verbesserung Ergonomie • Bessere Vereinbarkeit
Arbeit & Leben • Beschäftigungssicherung
durch Hightech-Strategie
Industrie 4.0 – Risiko oder Chance für die Beschäftigten?
Constanze Kurz, Ressort Zukunft der Arbeit
These 2
Die Chancen werden sich nicht im Selbstlauf realisieren. Entscheidend wird die Einmischung und Gestaltung durch IG Metall und Betriebsräte sein. Die Herausforderungen einer Industrie 4.0 brauchen eine neue Humanisierungspolitik, deren wichtigste Bestandteile Arbeits-, Qualifizierungs- und Technikgestaltung sind.
8 Constanze Kurz, Ressort Zukunft der Arbeit
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Leitbild: Menschen nutzen Systeme/ Assistenten
Constanze Kurz, Ressort Zukunft der Arbeit
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Der sozio-technische Gestaltungsansatz für digitale Industriearbeit
sozio- technische,
beteiligungsorientierte Gestaltungs- Perspektive
Technik
lernförderliche Arbeitsorganisation/ Arbeitsgestaltung (einschließlich Arbeitszeit)
breitflächige Qualifizierung (Aus- & Weiterbildung)
Systemelemente (Technologie, Organisation, Qualifizierung) von Beginn an aufeinander abstimmen, Gestaltungswissen vernetzen
Arbeitspolitik
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Entscheidungsalternativen bei der Gestaltung digitaler Industriearbeit
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Arbeitsinhalt
Arbeitsorgani-sation
Vernetzung
Automation
Qualifizierung/ Kompetenzen
Daten
Interessante Zuschnitte von Aufgaben bei Einflussmöglichkeiten auf Gestaltung & Ziele
Enge Zuschnitte von Aufgaben bei einem hohen Grad an Standardisierung/ Fremdsteuerung
Chancen erweiterter Zusammenarbeit mit vereinbarten Zielen und Beteiligung
Beeinflussbarkeit von Standards und der Zusammenarbeit in einem transparenten Zusammenhang
Entlastung von belastenden und inhaltlich nicht attraktiven Tätigkeiten
Hohe Verantwortung bei geringen Handlungsspielräumen
Vorgabe enger Standards bei nicht vorhandener Transparenz im Kontext der Vernetzung und der Verwendung von Wissen
Automationsziel: Menschenleere Fabrik
Verknüpfung arbeitsplatznahes Lernen mit übergreifender Kompetenzentwicklung
Zugang zu Informationen und Wissen für Problemlösungen; Trennung Personen-, Technologiedaten
Ausschließlich Qualifizierung on the job
Nutzung der Daten zur Kontrolle von Verhalten und Leistung
Menschen nutzen Systeme Systeme lenken Menschen
Constanze Kurz, Ressort Zukunft der Arbeit
Was wir für eine echte Priorität des Menschen brauchen
§ Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu möglichen gesundheitsschädlichen Folgen der neuen Generation von Assistenten & Arbeiten in Echtzeit
§ Modellierung von lernförderlichen Assistenzsystemen, Wissensdiensten § Industrie 4.0-Labore, in denen „gute Arbeit“ modelliert, realitätsnah mit
Akteuren getestet und optimiert werden kann § Konzepte der Autonomie, Vernetzung und Selbstorganisation sowohl für
Menschen & Maschinen als auch für die Interaktion zwischen beiden § Konzepte und Werkzeuge, die informationelle Selbstbestimmung/
Datensicherheit sicherstellen § AO-Maßnahmen, die Zugangsbarrieren für Angelernte absenken und sie in
CPPS-Vorhaben einbeziehen. § Use Cases für Schwerbehinderte, in denen auf Basis von CPPS-Lösungen
neue Unterstützungsmöglichkeiten greifbar gemacht werden
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These 3
Eine neue Humanisierungspolitik kann nicht allein Sache der IG Metall sein. Sie braucht Flankierung und Unterstützung sowohl von den Sozialpartnern als auch im gesellschaftlichen Raum
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Die IG Metall setzt sich verstärkt dafür ein, die Forschungspolitik in organisationspolitisch relevanten Ausschnitten zu beeinflussen und verstärkt Fördermittel für eine neue Humanisierungspolitik zu mobilisieren.
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§ Zukunftsprojekte der Forschungsunion (Industrie 4.0, Internetbasierte Dienste für die Wirtschaft)
§ Inhaltliche Ausgestaltung von Bekanntmachungen zur Forschungsförderung (aktuelles Beispiel aus dem BMBF: Industrie 4.0 – Forschung auf den betrieblichen Hallenboden)
§ Programmentwicklung im Bereich „Arbeiten in der digitalen Welt“, „Zukunft der Arbeit“, „Industrie 4.0“
§ Spitzencluster it‘s owl (intelligente technische Systeme in Ostwestfalen-Lippe)
Einfluss auf Forschungspolitik erhöhen
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§ Aktive Mitarbeit der IG Metall im Projekt APPsist (Einführung und Umsetzung
cyber-physischer Assistenzsysteme)
Die IG Metall wirft neue Netze aus: Kooperationen mit Wissenschaft verstärken
§ Betriebsratsstrategie/ Beteiligungsverfahren entwickeln
§ Kriterien/ Werkzeugkoffer Arbeitsgestaltung
§ Muster-‐Betriebsvereinbarung erarbeiten
Constanze Kurz, Ressort Zukunft der Arbeit
§ Aktive Mitarbeit im Innovationsnetzwerk Produktionsarbeit 4.0 (Fraunhofer IAO) § Anwendungsszenarien entwickeln
(Wirtscha1, Wissenscha1, IG Metall) § Gestaltungskriterien entwickeln &
erproben
§ Beteiligung an der Lern- und Effizienzfabrik der TU Darmstadt § Wissens-‐ und KompetenzauJau für Betriebsräte/ Vertrauensleute ermöglichen
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Kollegiale Beratung und Vernetzung fördern – technisch & sozial intelligente Gestaltungslösungen umsetzen!
Industrie [email protected]
Was passiert mit der Fabrikarbeit?
Aktive Beteiligung von Betriebsräten, Vertrauensleuten, Beschäftigten, Bezirksleitungen,
Verwaltungsstellen an betrieblichen Umsetzungsprojekten unterstützen
Mit „guten“ Referenzprojekten starke Impulse für gute Arbeit in der Industrie 4.0 geben
Aufbau „Dialogplattform 4.0“ in der IG Metall (1. Sitzung 30.10.2014)
Constanze Kurz, Ressort Zukunft der Arbeit
Ausblick: Ein neues Erfolgsmuster industrieller Wertschöpfung ist möglich!
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Beschäftigung sichern, Risikoanalysen erstellen
Technik humanorientiert gestalten „Menschen nutzen Systeme“
Arbeitsgestaltung für komplexe Interaktionen Mensch, Maschine, Software modellieren
Forschung für die Zukunft guter Arbeit in der Industrie 4.0
Szenarien für Industrie-arbeit 4.0 entwickeln und anwenden
Qualifikations- und Kompetenzentwicklung weiter entwickeln
Kooperationsformen für Unternehmen und für Unternehmen & Wissenschaft vertiefen
Zukunftsprojekt Industrie 4.0 • technologisch
innovativ • wettbewerbsfähig • Beschäftigung
sichernd • qualifiziert • menschengerecht
Beteiligung und Mitbestimmung stärken
Chancen durch Bildung erhöhen
Prävention und Arbeits-, Gesundheitsschutz
Arbeits- und Produktionssysteme der Zukunft müssen als interaktive, soziale Systeme gesehen & gestaltet werden
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Kontakt: Ressort Zukun1 der Arbeit [email protected] 069-‐6693-‐2265
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!