Infektionen der oberen und unteren Atemwege - kvb.de · Discussion: Despite clear evidence,...
Transcript of Infektionen der oberen und unteren Atemwege - kvb.de · Discussion: Despite clear evidence,...
Infektionen der oberen und unteren Atemwege - wann welches Antibiotikum?
Dr. med. Marco Roos
Hygienetag der KBV am 13.05.2017
Common cold - Therapie
Antibiotika:
kein signifikanter Effekt auf Daueroder Schwere
(auch nicht bei „eitrigemSchnupfen“)
aber signifikante Nebenwirkungen! [Cochrane 2010]
Discussion: Despite clear evidence, guidelines, quality measures, and more than 15 years of educational efforts stating that the antibiotic prescribing rate should be zero, the antibiotic prescribing rate for acute bronchitis was 71% and increased during the study period. Physicians continue to prescribe expensive, broad-spectrum antibiotics.
Cohen H. The nature, methods and purposeof diagnosis. Lancet 1943; Jan 2:23-25
Ogden CK und Richards IA, 1989. The meaning of meaning.
A study of the influence of language upon thought and of the science of symbolism.
(Erstpublikation 1923) Harcort Brace Jovanovich, San Diego
„A diagnosis is a provisional formulaedesigned for action“
Antibiotikaverordnungen in Bayern
Welche Faktoren begünstigen eine Antibiotikaverordnung?
Befragung von Hausärzten in einer Conjoint-Analyse
multivariate Analysemethode zur Bestimmung des
Einflusses selektierter Merkmale
Fieber, Sputumfarbe, Dauer der Erkrankung
Wie gut können wir eine Pneumonie feststellen?
European Respiratory Journal. Published on
January 24, 2013
Wie gut können wir eine Pneumonie feststellen?
Ergebnisse: 140 Patienten hatten im Röntgen einePneumonie (5%), von denen 41 (29%) von den HÄ erkannt wurden.
…Von den Patienten bei denen HÄ eine Pneumoniediagnostiziert hatten, fand sich im Röntgen in 57% der Fälle eine Pneumonie (positiver prädiktiver Wert). Der negative prädiktive Wert, … lag bei 96%...
Patienten mit radiologischer Pneumonie, die von den HÄ nicht diagnostiziert worden waren, hatten wenigerschwere Symptome, …
Was sind die Haupterreger der Lungenentzündung?
Was sind die Haupterreger der Lungenentzündung?
Von 2.259 Patienten mit radiologischer Pneumonie wurde in 38% ein Erreger gefunden: Ein oder mehr Viren 23%, Bakterien 11%, Bakterien + Viren 3%, Pilze 1%. Die häufigste Erreger waren: Rhinoviren (9%), Influenza-Viren (6%), Pneumokokken (5%)
Therapie der ambulant erworbenen Lungenentzündung?
Fazit
Diagnosen sind unsicher
Vermutlich greifen unsere pathophysiologischen Modelle
zu kurz
Bei (unkomplizierter) Pneumonie: Amoxicillin
Bei akuter Bronchitis: Empathie
Bei grippalem Infekt: siehe akute Bronchitis
Für unklare Fälle gibt es gute Leitlinien, zum Beispiel
unter www.degam.de
Leitlinie to go
http://www.akdae.de/
Danke für Ihre
Aufmerksamkeit!
Dr. Marco Roos
Allgemeinmedizinisches Institut
Universitätsstraße 29
91054 Erlangen
AUF EINEN BLICK:ATEM W EGSINFEKTIONEN
1
Handlungsleit linie Atemwegsinfekt ionen aus Empfehlungen zur
Therapie akuter Atemwegsinfekt ionen und der ambulant erworbenen Pneumonie (3. Auflage)
Arzneimit telkommission der deutschen Ärzteschaft , Band 40, Sonderheft 1, Januar 2013
– Scharlach,
– rezidivierende A-Streptokokken-Angina,
– A-Streptokokken-Angina bzw. Verdacht auf A-Streptokokken-Angina bei Patienten mit ARF.
Mit tel der ersten Wahl zur Behandlung der A-Streptokokken-Angina ist Penicillin V (7–10 Tage).
Akut e Ot it is media
Eine initial rein symptomatische Therapie (Paracetamol oder Ibu-profen) ist bei Kindern, die älter als sechs Monate sind, in derRegel vertretbar bei
– Fehlen ausgeprägter Krankheitszeichen,
– lediglich einseitiger Otitis ohne Perforation,
– Aufklärung und Einverständnis der Eltern/Betreuer,
– Gewährleistung einer Kontrolle nach ca. drei Tagen (bei Klein-kindern nach 24 Std.).
Bei aufgeklärten, kooperativen Eltern/Betreuern und unterengmaschiger ärztlicher Kontrolle (siehe oben) ist die Aushän-digung eines Antibiotikarezeptes mit der Option, dieses nur beiBedarf einzulösen (Alter: sechs Monate bis zwei Jahre), möglich.
Indikation für Antibiotika (M it tel der ersten Wahl: Amoxicil-lin für 5 (–7) Tage):
– Säuglinge und/oder initial stark ausgeprägte Krankheitszei-chen bzw. beidseitige oder perforierte Otitis,
– unzureichende Beschwerdebesserung (großzügige Indikati-onsstellung bei Kleinkindern) oder Progression,
– Vorliegen einer Grunderkrankung.
Akut e Rhinosinusit is
Zur symptomat ischen Behandlung können befundabhängigAnalgetika/Antirheumatika (Ibuprofen, Paracetamol), kurzfristigauch abschwellende Nasentropfen, bei allergischer Mitverur-sachung auch intranasale Kortikosteroide gegeben werden.
Eine routinemäßige Verordnung von Antibiot ika bei akuter Rhi-nosinusitis ist nicht gerechtfertigt. Eine Verordnung (Mit tel derersten Wahl: Amoxicillin für 5 (–7) Tage) sollte bei hoher Wahr-scheinlichkeit einer bakteriellen Verursachung, schwerer Be-einträchtigung oder drohenden Komplikationen in Betracht ge-zogen werden (Abb. 1).
(Pseudo-)Krupp
Symptomat isch ist die Beruhigung von Kind und Bezugsper-son durch Sitzen auf dem Schoß, ruhiges Erläutern der Versor-gungsschritte und Vermeidung einer forcierten Racheninspek-tion mit dem Spatel von entscheidender Bedeutung.
Mit tel der ersten Wahl sind systemische Glukokortikosteroide(Prednisolon 1–2 mg/kg oder Dexamethason in äquivalenter Do-sis (0,15 mg/kg)).
Akut e Bronchit is
Befundabhängig symptomatische Therapie mit Analgetika/ An-t ipyret ika, Ant itussiva oder Bronchodilatatoren.
Die akute Bronchitis ist keine Indikation für die regelhafte Gabevon Ant ibiot ika.
Keuchhusten (Pertussis)
Zur symptomatischen Therapie kann in Abhängigkeit von denvorherrschenden Befunden versucht werden, mit Analgeti-ka/Antipyretika und/oder Antitussiva eine Besserung herbeizu-führen.
Ant ibiot ikatherapie: Makrolide sind Standardtherapeutika(M it tel der ersten Wahl: Azithromycin 3 Tage oder Clarithro-mycin 7 Tage) und bewirken die Elimination der Erreger, beeinflussen jedoch den klinischen Verlauf in der Regel nichtmehr signifikant.
I. DIAGNOSTIK
Zur Diagnosestellung reicht bei den meisten Patienten mit akuterAtemwegsinfektion neben der Anamnese der körperliche Untersuchungsbefund aus. Bei vorher gesunden Patienten mit unkompliziertem Atemwegsinfekt ist keine weitergehende Diagnostik notwendig.
Eine Thorax-Röntgenaufnahme in zwei Ebenen ist erforderlich bei
Verdacht auf eine Pneumonie,
prothrahiertem Krankheitsverlauf,
zugrunde liegenden bronchopulmonalen Erkrankungen.
Labor: Differenzialblutbild, CRP, Sputumuntersuchungen zur Erregerbestimmung nur bei vorbestehenden bronchopulmonalenErkrankungen und bei stationär behandelten Patienten.
II. INDIKATION
Aufgrund der überwiegend viralen Genese und ihres zumeist selbst-limitierenden Charakters sind Atemwegsinfektionen – insofern essich nicht um eine Lungenentzündung handelt – in der Regel keineIndikation für eine Antibiot ikaverordnung . Zu Besonderheiten beiden jeweiligen Erkrankungen siehe unten.
III. THERAPIE
A. NICHTM EDIKAM ENTÖSE THERAPIE
Einstellen des Rauchens
Ausreichende Flüssigkeitszufuhr
Bettruhe bei Fieber
Physikalische Maßnahmen (z. B. Dampfinhalationen, Hals- Brust-und Wadenwickel, lokale Wärme)
B. PHARMAKOTHERAPIE
Symptomat ische Therapie
Bei allen nachfolgend erwähnten Atemwegsinfektionen kann in Abhängigkeit vom Befund eine symptomatische Therapie mit Analget ika/ Ant ipyret ika, schleimhautabschwellenden Nasen-sprays, Ant itussiva oder im Bedarfsfall auch mit Bronchodilata-toren erwogen werden, wenn auch für alle diese Mittel nur einebegrenzte Studienevidenz vorliegt.
Ant ibiot ikatherapie
(siehe auch Tabelle 1 und Hinweise zu speziellen Indikationen)
Allgemeine Prinzipien:
Kritische Indikationsstellung,
nur für Erkrankungen mit sehr wahrscheinlicher oder nachge-wiesener bakterieller Genese,
bei unbekanntem Erreger Beginn mit einer „ kalkulierten“ An-tibiotikatherapie, die den mit der größten Wahrscheinlichkeitinfektionsauslösenden Erreger erfasst,
Beachtung von Resistenzlage, Schwere der Erkrankung, Be-gleiterkrankungen, Alter sowie Eignung des Antibiotikumshinsichtlich Wirksamkeit und Verträglichkeit insbesondere auchbei Überempfindlichkeiten und Beeinträchtigung der Elimina-tion durch eingeschränkte Leber- oder Nierenfunktion.
Spezielle Hinweise zur Indikat ion und Therapie bei Atem-wegsinfekt ionen
Tonsillopharyngit is
Bei der akuten Tonsillopharyngitis sind in der Regel keine An-tibiotika indiziert.
Eine Indikation zur Antibiotikatherapie ist bei gesicherter A-Strep-tokokken-Angina gegeben, ebenso bei Verdacht auf A-Strep-tokokken-Angina in folgenden Situationen (siehe auch Abbildung1 der Langfassung):
– schwere Erkrankung, Verdacht auf Peritonsillarabszess (Hin-zuziehen eines HNO-Arztes),