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Geschichte und Kirchenverständnis der Glaubensmissionen

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Ganz auf Vertrauen - Geschichte und Kirchenverstndnis der Glaubensmissionen

Geschichte und

Kirchenverstndnis der

Glaubensmissionen

Klaus Fiedler

Ganz auf Vertrauen

Geschichte und Kirchenverstndnisder Glaubensmissionen

BRUNNEN VERLAG GIESSEN / BASEL

Die THEOLOGISCHE VERLAGSGEMEINSCHAFT (TVG)

ist eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage

Brunnen Gieen und R. Brockhaus Wuppertal.

Sie hat das Ziel, schriftgeme theologische Arbeiten

zu verffentlichen.

Dem Arbeitskreis fr evangelikale Missiologieund seinen Mitgliedern gewidmet

Die Deutsche Bibliothek CIP-Einheitsaufnahme

Fiedler, Klaus:

Ganz auf Vertrauen: Geschichte und Kirchenverstndnis

der Glaubensmissionen /Klaus Fiedler. Giessen; Basel:

Brunnen-Verl., 1992

(Monographien und Studienbcher)

ISBN 3-7655-9375-3

1992 Brunnen Verlag GieenHerstellung: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt

Vorwort

In diesem Jahr feiert die evangelische Christenheit die zweihundertsteWiederkehr der Grndung der Particular Baptist Society for the Propaga-tion of the Gospel among the Heathen durch William Carey. Seine Missi-on war nicht die erste evangelische Missionsunternehmung, aber sie wardie erste Mission einer neuen Missionsepoche, die in diesem Buch als dieEpoche der klassischen Missionen bezeichnet wird. Die Baptist Missiona-ry Society lutete das "Groe Jahrhundert der Weltmission" (Latourette)ein, und so ist es nicht verwunderlich, da das grte Interesse der Missi-onswissenschaft eben diesen klassischen Missionen und den auf sie zu-rckgehenden Kirchen gilt und galt.

Zwei Generationen spter (1865) grndete Hudson Taylor die ChinaInland Mission, so wie die Baptist Missionary Society nicht nur eine neueMission unter anderen, sondern auch die erste Mission einer neuen Epo-che, der Epoche der evangelikalen Glaubensmissionen.

Diese Missionsbewegung ist bisher missionswissenschaftlich viel we-niger erforscht, und mit diesem Buch soll erstmals der Versuch gemachtwerden, sie umfassend, wenn auch ganz und gar nicht erschpfend, dar-zustellen. Als Historiker sehe ich die doppelte Aufgabe, Vergangenes dar-zustellen und Identitt zu beschreiben. Wie weit mir beides in dieser Ar-beit, die im Februar 1991 von der Universitt Heidelberg als theologischeDissertation angenommen wurde, gelungen ist, mge der Leser entschei-den. Ich fnde es schn, wenn es ber das Lesen hinaus auch zu einemDialog zwischen Leser und Autor kommen wrde.

Wenn ich auch fr den Inhalt des Buches als Autor allein verantwort-lich bin, so ist es doch nicht allein mein Werk, weil so viele Menschenund Organisationen mitgeholfen haben, denen ich herzlich dankenmchte.

Finanziell wurde die Arbeit zuerst ermglicht durch ein zweijhrigesStipendium (einschlielich acht Monate Reisen zur Materialsammlung inAfrika, Amerika und Europa) der Deutschen Forschungsgemeinschaft unddann durch meine Frau Irene.

Dank sei den Missionen, die mir ihre Archive ffneten, und Dank alldenen, die mir bei der Sammlung des Materials halfen und die in vielenGesprchen dazu beitrugen, das Gesammelte zu verstehen, und mir oftdazu auch noch liebevoll Gastfreundschaft gewhrten.

Danken mchte ich all denen, die bestimmte Abschnitte der Arbeit la-sen und kommentierten, und Professor Theo Sundermeier, der die Arbeitals Dissertation begleitete. Georg Weger danke ich fr das Zeichnen dermeisten Karten, Helmut Jablonski fr liebevolles Lektorieren.

Zuschsse zu den Druckkosten gewhrten die Deutsche Gesellschaft

fr Missionswissenschaft, der Arbeitskreis fr evangelikale Theologieund der Arbeitskreis fr evangelikale Missiologie.

Ganz persnlich danken mchte ich meiner Frau, die die jahrelangeArbeit mit mir teilte, und der Evangelisch - Freikirchlichen GemeindeHochdahl, deren Mitglied ich die Jahre sein durfte und in der ich michwohlfhlen konnte.

Ratingen, Februar 1992Klaus Fiedler

Eine Bitte: Wenn Sie im Buch Fehler finden oder wenn sich seit der Ab-fassung nderungen ergeben haben, bitte ich um Nachricht, damit ineiner eventuellen zweiten Auflage oder in der vorgesehenen englischenAusgabe die entsprechenden nderungen vorgenommen werden knnen:Klaus Fiedler, Virchowstr. 15, D-W 4030 Ratingen 8.

Inhalt

Kapitel 1

Die Glaubensmissionen als Teil der evangelischen

Missionsbewegung9

Kapitel 2

Die Entstehung und die grundlegenden Konzepte

der Glaubensmissionen (1865 - 1915)65

Kapitel 3

Die Arbeit der Glaubensmissionen in Afrika:

Ein geschichtlicher berblick103

Kapitel 4

Das EinheitsVerstndnis der Glaubensmissionen145

Kapitel 5

Das Einheitsverstndnis der Glaubensmissionen in Afrika179

Kapitel 6

Die Heiligkeit der Kirche207

Kapitel 7

Heiligungsbewegung, Heiligkeitskirche oder Lernkirche - Die

Heiligkeit der Kirche im afrikanischen Kontext245

Kapitel 8

Die Glaubensmissionen und die Katholizitt der Kirche273

Kapitel 9

Die Katholizitt der Kirche in Afrika321

Kapitel 10

Die Glaubensmissionen und die Apostolizitt der Kirche351

Kapitel 11

Die Apostolizitt der Kirche in Afrika371

Die Attribute der Kirche:

Individualisierung - Aktivierung411

Der Orden als Interpretationsmodell fiir die Glaubensmissionen413

Kapitel 12

Wort oder Bekehrung als Grundkennzeichen der Kirche?417

Kapitel 13

Die Sakramente im Proze der Kirchwerdung461

Kapitel 14

Der Wandel des Amtsverstndnisses501

Kapitel 15

Denominationalisierung und Interdenominationalisierung539

Anhang:

Die Glaubensgrundlagen der Glaubensmissionen (Beispiele)563

Quellen567

Literaturverzeichnis567

Index589

Illustrationen, Tabellen und Karten

Karte Nr. 1 Die vergleichsweise Strke der auf Glaubens-missionen und auf klassische Missionen zurckge-henden Kirchen in ausgewhlten Lndern Afrikas 10

Graphik Nr. 2 Die Entstehung der verschiedenen Bewegungen

der evangelischen Weltmission13

TabelleDie nationalen Missionsrte (geordnet nach

theologischer Tendenz)16

TabelleVersuch einer historischen Typologie der

evangelischen Missionsbewegung19

TabelleVorstufen zu den Glaubensmissionen30

TabelleDie Grundstze der China Inland Mission67

ZeittafelHudson Taylor und die China Inland Mission69

Graphik Nr. 3 Fanny and Grattan Guinness und die Bewegung

der Glaubensmissionen in Afrika72

ZeittafelFanny und Grattan Guinness und die mit ihnen

verbundenen Missionen76

ZeittafelA.B. Simpson und die Christian and Missionary

Alliance79

ZeittafelA.T. Pierson und A.J. Gordon: Theologen und

Publizisten der Glaubensmissionen82

ZeittafelFredrik Franson85

ZeittafelAfrica Inland Mission91

ZeittafelSudan Interior Mission92

ZeittafelSudan United Mission93

Karte Nr. 4 Versuche der Glaubensmissionen, in Afrika

"Industrial Missions" zu grnden97

Graphik Nr. 14 Die weltweite Struktur des WEC International(1986)

bersichtKritische Analyse der von Lawrence Keyes

erfaten kenyanischen Missionen

TabelleKarte Nr. 5

Karte Nr. 6Karte Nr. 7

Karte Nr. 8Karte Nr. 9Graphik Nr. 10

TabelleTabelle

Karte Nr. 11Karte Nr. 12

Karte Nr. 13

Mitgliederzahlen der Kirchen, die auf Glaubens-missionen zurckgehen102

Der Vorsto der Glaubensmissionen und der

Missionen der Brderbewegung in die

"unerreichten" Gebiete Afrikas106

Die Kettenidee in der Strategie der frhenGlaubensmissionen108

Auf Glaubensmissionen zurckgehende

Kirchen Afrikas, soweit die Arbeit bis

1918 begonnen wurde121

Neue Missionsarbeiten 1918-1940124

Die westafrikanische Strategie des WEC126

Die Entwicklung des Verhltnisses Mission Kirche

in der Arbeit der Mission Philafricaine in Angola 131

134

169180

184186295389

Die auf Glaubensmissionen zurckgehendenKirchen in Afrika

berblick ber die denominationelle Entwicklungder Grnder der frhen Glaubensmissionen

Comity in Nordnigeria

Von der Kolonialverwaltung vorgeschriebeneComity Grenzen

Comity Grenzen und ihre berschreitungen inBurundi

Abkrzungen

AEFAfrica Evangelical Fellowship

AICAfrica Inland Church (aus AIM)

AICMBAfrica Inland Church Missionary Board

AIMAfrica Inland Mission

AMZAllgemeine Missionszeitschrift

CBMCongo Ballo Mission

CECA20Communaut vanglique au Centre de l'Afrique

CECCA16Communaut vanglique du Christ au Coeur del'Afrique

CIMChina Inland Mission

COCINChurches of Christ in Nigeria (aus SUM)

CMAChristian and Missionary Alliance

EC WAEvangelical Churches of West Africa (Nigeria)

ECZglise du Christ au Zaire

ELTIEast London Training Institute

EMCMEncyclopedia of Modern Christian Missions

EMEvangelikaie Missiologie

EMMEvangelisches Missionsmagazin

EMSEvangelical Missionary Society, Jos, Nigeria

HDHearing and Doing

IBMRInternational Bulletin of Missionary Research

MRWMissionary Review of the World

NAMNorth Africa Mission (Arab World Ministries)

NAPMOMission Handbook: North American ProtestantMinistries Overseas

RBMURegions Beyond Missionary Union

SAGMSouth Africa General Mission (heute AEF)

SIMSudan Interior Mission/SIM International

SMFSvenska Missionsfrbundet

SPMSudan-Pionier-Mission

SUMSudan United Mission

SvAMSvenska Alliansmissionen

TEAMThe Evangelical Alliance Mission (The Scandi-navian Alliance Mission of North America)

WCEWorld Christian Encyclopedia

WECWorldwide Evangelization Crusade/WEC Inter-national/Weltweiter Evangelisationskreuzzug

WWWThe Word, the Work and the World

ZfMZeitschrift fr Mission

Andere Abkrzungen erklren sich aus dem jeweils vorhergehenden Text

Kapitel 1

Die Glaubensmissionen als Teil der evangelischen

Missionsbewegung

Die sogenannten "Glaubensmissionen", als deren erste man im allgemei-nen die von Hudson und Maria Taylor 1865 gegrndete China InlandMission ansieht, stellen heute weltweit einen betrchtlichen Teil desevangelischen Missionspersonals.1 Dieser Anteil ist seit dem ZweitenWeltkrieg deutlich gewachsen und zeigt weiterhin eine steigende Ten-denz.2 Damit sind die "Glaubensmissionen" eine wesentliche Erschei-nungsform evangelischer Mission, die missionswissenschaftliche Beach-tung verdient.

Geringer als ihr Anteil an der Zahl der Missionare ist der Anteil dervon den "Glaubensmissionen" gegrndeten Kirchen an der Gesamtzahlder Christen in Afrika,3 der etwa ein Sechstel aller evangelischen Chri-sten ausmacht.4 Aber auch hier sind, wie bei der Zahl der Missionare,deutliche Zuwachsraten zu verzeichnen. Dabei ist im Inneren Afrikas derAnteil der Mitglieder von Kirchen, die auf die "Glaubensmissionen" zu-rckgehen, in der Regel hher als in den kstennahen Gebieten.

Die "Glaubensmissionen" sind ein integraler Teil der groenMissionsbewegung, die in weniger als 200 Jahren zur Christianisierung

1 Einen gewissen berblick ber die Strke der Glaubensmissionen in den USA, demzur Zeit bedeutendsten evangelischen Sendungsland, vermittelt die Statistik derZusammenschlsse (Zahl der "Career Missionaries" 1986 und Tendenz in Klammern):DOM-NCCCUSA (kumenisch, klassische Missionen, 4349), EFMA (evangelikal,meist denominationell, einige Glaubensmissionen, 8344); IFMA (evangelikal, nurGlaubensmissionen, 6118); TAM und FOM (fundamentalistisch, 1669); keinem Zu-sammenschlu zugehrig (meist evangelikal, ca. ein Drittel Glaubensmissionen,15437) [Samuel Wilson; John Siewert (Hg.), Mission Handbook. North AmericanProtestant Ministries Overseas, Monrovia 131986, 564 (= I3NAPMO)].21979: DOM-NCCCUSA 4680 Missionare, 224 Mio $; IFMA 6118 Missionare, 94Mio $; 1985: DOM-NCCCUSA 4349 Missionare, 268 Mio $; IFMA 6380 Missio-nare, 184 Mio $.

3Nach WCE haben die auf Glaubensmissionen zurckgehenden Kirchen 6126348Mitglieder [Angaben fr die frhen 1970er Jahre]. Eine detaillierte Liste aller aufGlaubensmissionen zurckgehenden Kirchen findet sich auf S. 134-154.

4Die Zahl der evangelischen Christen ist zusammengesetzt aus 7793170 Anglikanernund 27182284 Protestanten (=34975454), der Anteil der auf die Glaubensmissionenzurckgehenden Kirchen betrgt dann 17.51%. Unter Hinzurechnung der 15971367Mitglieder von Afrikanischen Unabhngigen Kirchen wrde die Gesamtzahl 50946821betragen, der Anteil der auf Glaubensmissionen zurckgehenden Kirchen wrde dannbei 12.02% liegen. Eine der grten Kirchen ist die Africa Inland Church in Kenyamit heute [1986] etwa einer Millionen Mitgliedern (WCE gibt fr 1970 300000 Mit-glieder an, fr 1978 630000 [S.437]). Seitdem hat die Africa Inland Church einweiteres schnelles Wachstum erlebt. Auf Anfrage wurden zwischen 1 Mio. und 1,5Mio. geschtzt.

10

DIE VERGLEICHSWEISE STARKE DER AUFGLAUBENSMISSIONEN UND AUF KLASSISCHEMISSIONEN ZURUECKGEHENDEN KIRCHEN INAUSGEWHLTEN LNDERN AFRIKAS

NIGER1000%

CHAO52%

NIGERIA62.92%

TOGO0.0%

ZENTRAL -

AFRIKAU7%/

11

Schwarzafrikas fhrte.5 Im Rahmen dieser Missionsbewegung sind die"Glaubensmissionen" allerdings Sptgeborene. Denn als Henry Cravenund sein dnischer Kollege J. Strm im Februar 1878 in Banana an derKongomndung als erste Missionare der Livingstone Inland Mission afri-kanischen Boden betraten,6 blickten andere evangelische Missionen wiedie Church Missionary Society (CMS) und die London Missionary So-ciety (LMS) schon auf mehr als ein Menschenalter Missionsarbeit inAfrika zurck.

Bisher ist der Begriff "Glaubensmissionen" immer in Anfhrungszei-chen benutzt worden, weil der Ausdruck nicht allgemein anerkannt wirdund auch nicht eindeutig ist. Zudem haben die damit bezeichneten Mis-sionen ihn nicht selbst fr sich gewhlt. Wie Baptisten, Methodisten undMennoniten ist auch "Glaubensmissionen" (faith missions) eine Bezeich-nung, die von anderen stammt, aber dann doch von den damit Gemeintenbernommen wurde. Sie spielt darauf an, da diese Missionare keine An-gestellten der Mission sind und kein Gehalt beziehen, sondern sich fr ih-ren Lebensunterhalt im Glauben "allein auf Gott verlassen, der durch dieHnde seiner Kinder fr jedes ihrer Bedrfnisse Sorge tragen wird".7 Derso verstandene Begriff ist im Lauf der Jahre problematisch geworden:Zum einen, weil er, obwohl unbeabsichtigt, so verstanden werden konnte,als sprche er anderen Missionen den Glauben ab, zum anderen, weil sichim Kreis der Glaubensmissionen im Lauf der Geschichte auch sehr unter-schiedliche Verstndnisweisen der wirtschaftlichen Seite des "Glaubens-prinzips" entwickelt haben.8

Hufig bezeichnen sich die hier zu untersuchenden Missionen selbstals "interdenominationelle Missionen"9 und nehmen damit in ihrer

5Auch fr Gesamtafrika ist das Christentum die strkste Religion. Laut WCE S.782fr 1975 42,5%. Fr 2000 erwartet Barrett, da der Anteil der Christen in ganzAfrika auf 48,4% steigt; 1900 betrug der Anteil der Christen 9,2%.^

6Luyeye Magama; Malenso Ndolila; Mlemvo; Mbenga Bohuma, glise du Christ auZaire. Cent ans de prsence protestante au Zaire, Kinshasa 1978 5; Fanny Guinness,The New World of Central Africa. With a History of the First Christian Mission onthe Congo, London 1890, 182. Henry Craven starb am 14.10.1884 in Cabinda.

7Diese berzeugung wurde von Hudson Taylor auf die klassische Formel gebracht:"God's work done in God's way will not lack God's supply."

8Moira McKay, Faith and Facts in the History of the China Inland Mission 1832-1905, MLitt Aberdeen 1981, 11-15 beschreibt die unterschiedlichen Entwicklungen.

9So heit z.B. der Zusammenschlu der "Glaubensmissionen" in Amerika "Interde-nominational Foreign Mission Association". Der Ausdruck "Faith Missions" wurdebewut nicht als Selbstbezeichnung benutzt, weil er den Eindruck htte erwecken kn-nen, als wolle man den denominationeil gebundenen Missionen den Glauben abspre-chen (Edwin L. Frizen, An Historical Study of the Interdenominational Foreign Mis-sion Association in Relation to Evangelical Unity and Cooperation, DMiss Deerfield1981, 23). Trotzdem erhielt die Broschre mit den Selbstdarstellungen der IFMAMitgliedsmissionen den Titel "Faith Mighty Faith" (J. Herbert Kane, Faith MightyFaith, Wheaton 1956).

12

Selbstbezeichnung die neben der speziellen Weise der Finanzierung wich-tigste Eigenart dieser Missionen auf. Viele der klassischen evangelischenMissionen kann man aber auch als interdenominationell bezeichnen, soda diese Selbstbezeichnung, besonders im deutschsprachigen Bereich,nicht eindeutig ist.

In Deutschland und in der Schweiz bezeichnen sich die "Glaubens-missionen" durchweg einfach als evangelikale Missionen. Die Bezeich-nung ist fr den deutschsprachigen Bereich nicht unpassend, weil hier dieMehrzahl der evangelikalen Missionen aus der Tradition der "Glaubens-missionen" kommt. Doch es gibt im deutschsprachigen Raum einige,10 inNordamerika sehr viele denominationelle evangelikale Missionen,11 soda der Begriff evangelikal in dieser Arbeit nicht spezifisch genug wre.

Fr die hier zu untersuchenden Missionen ist der Begriff "fundamen-talistische Missionen" noch weniger geeignet, weil der Funda-mentalismusbegriff in diesem Jahrhundert einer zweifachen grundlegen-den Vernderung unterworfen war.12 Keine der hier behandelten Missio-nen wrde sich als "fundamentalistisch" bezeichnen, und kaum einewrde "fundamentalistische Mission" als Fremdbezeichnung akzeptieren.

Von den vier Bezeichnungen ist "Glaubensmissionen" die eindeutig-ste, weil sie klare historische Zuordnungen ermglicht und fr diebetroffenen Missionen akzeptabel ist. Sie ist auch die lteste der vierBezeichnungen und wird durchgehend ohne Anfhrungszeichen ver-wendet.

Eine historische Typologie der evangelischen Missionen

Fr die Untersuchung des Themas Glaubensmissionen ist eine klare Ab-grenzung ntzlich, die festlegt, welche Missionen als Glaubensmissionenzu bezeichnen sind und in welchem Verhltnis sie zu den anderen Grup-pen der evangelischen Missionsbewegung stehen.

10Z.B. die Europische Baptistische Mission (Bund Evangelisch - Freikirchlicher Ge-meinden).

11Das 1845 gegrndete Southern Baptist Convention Foreign Mission Board mit sei-nen 3346 Missionaren [NAPMO13] versteht sich durchaus als evangelikale Mission,ist aber keine Glaubensmission.

12Whrend um 1910 fundamentalistisch etwa die Bedeutung des heutigen"evangelikal" hatte, bezeichnet "fundamentalistisch" seit etwa 1960 nur noch einekleine Gruppe von Missionen, die sich bewut von den evangelikalen Missionen di-stanzieren. In der polemischen Literatur der Gegenwart hat der Fundamentalismusbe-griff in den letzten Jahren eine groe Ausdehnung erfahren, so da AyatollahKhomeini, die amerikanischen [pfingstlichen] Fernsehprediger, die Missionare derWycliff-Bibelbersetzer und viele andere gleichmig als "Fundamentalisten" be-zeichnet werden.

o3

aer

VORKLASSISCHE MISSIONEN

DIE ENTSTEHUNG DER VERSCHIEDENENBEWEGUNGEN DER EVANGELISCHENWELTMISSION

HISSIONEN.

aim n in bii

14

Auf verschiedene Weise hat man versucht, eine Klassifizierung der Viel-zahl der evangelischen Missionen vorzunehmen, so unter anderem durcheine Unterscheidung nach den die Missionen tragenden Kirchen. Da je-doch heute die theologischen Fronten oft quer durch die Kirchen und De-nominationsfamilien verlaufen, fhren denominationeile Unterscheidun-gen nur bedingt zu einem verwertbaren Ergebnis.13 In der deutschenevangelischen Missionswissenschaft der ersten Hlfte des 20. Jahrhun-derts wurde zwischen den "ursprnglichen" und den "neuen" Missionenunterschieden. "Neu" ist ein historisch relatives Kriterium, das nichtsber den Grund des "Neuseins" sagt.14 Heute unterscheidet die evangeli-sche Missionstheologie meist zwischen den Tendenzen "kumenisch" und"evangelikal". Die Zuordnung bestimmter Missionen zu jeweils einer derbeiden Tendenzen ist wegen des in manchen Missionen herrschendentheologischen und methodischen Pluralismus oft schwierig. Zudem htteman auch noch festzulegen, ob die heute eher kumenischen Missionenursprnglich einmal evangelikal waren und, wenn ja, wann der Wandelerfolgte. Diese Betrachtungsweise wrde je nach dem Standpunkt desBetrachters sehr unterschiedliche Ergebnisse bringen.

Den hier beschriebenen Wegen einer Typisierung von Missionen sollin diesem Buch nicht gefolgt werden. Es wird vielmehr versucht, eine Ty-pologie zu entwickeln, fr die der historische religise Kontext, der einebestimmte Mission hervorgebracht hat, das magebende Kriterium ist.Dabei wird die Kirchengeschichte nicht primr als die lineare Ent-wicklung von Denominationen verstanden, sondern als eine Geschichtevon aufeinanderfolgenden Erneuerungsbewegungen, welche die Grenzender Denominationen berschreiten. Der religise Kontext der Entstehungeines neuen Missionstyps ist damit immer durch eine geistliche Erneue-rungsbewegung gegeben. Diese geistlichen Erneuerungsbewegungen be-einfluten vorhandene Kirchen und Organisationen, fhrten aber auer-dem zur Bildung neuer Kirchen und Organisationen.15 Der Proze der

13So sind z.B. in Deutschland die Liebenzeller Mission und das Evangelische Missi-onswerk in Sdwestdeutschland derselben lutherischen Wrttembergischen Landeskir-che, wenn auch in sehr unterschiedlicher Weise, zugeordnet. In den USA gehrenAmerican Baptists und Southern Baptists zur selben Denominationsfamilie und ver-treten doch sehr unterschiedliche Theologien. Geradezu diametral ist der Unterschiedzwischen dem kumenischen Presbyterian Church (USA) General Assembly MissionBoard und dem kmpferisch fundamentalistischen Independent Board for PresbyterianForeign Missions.

14So werden dann auch so unterschiedliche Missionen wie die Breklumer Mission[klassische Mission], die Neukirchener Mission [Glaubensmission] und der Allge-meine evangelisch protestantische Missionsverein [liberal] gemeinsam als neue Mis-sionen bezeichnet, in: Gustav Warneck, Abri einer Geschichte der protestantischenMissionen von der Reformation bis auf die Gegenwart, Berlin 91910, 146-148.

15Da eine Erneuerungsbewegung oft noch viele Jahrzehnte nach ihrem Entstehenneue Organisationen als institutionellen Ausdruck ihres geistlichen Anliegens hervor-

15

geistlichen Erneuerung brachte nicht nur neue Missionen hervor, er schufauch neue missionstheologische und -methodische Grundstze. Beide wa-ren im Lauf der Jahrzehnte vielen Vernderungen unterworfen, vern-derten sich aber nur in Ausnahmefllen so, da sie mit den Grundstzeneines frheren oder spteren Missionstyps identisch wurden. Die Graphikauf S. 19-24 bietet einen berblick ber die in den folgenden Abschnittendarzustellende historische Typologie der evangelischen Missionen.

Die verschiedenen missionarischen Aufbrche fhrten zum Teil auchzu Zusammenschlssen zu Missionsrten. Die Zugehrigkeit oder auchbewute NichtZugehrigkeit zu einem bestimmten Zusammenschlu kannein weiteres Kriterium fr die Typisierung sein, weil solche Zusammen-schlsse oft in gemeinsamer historischer Herkunft begrndet sind.16(Siehe bersicht auf Seite 16-18.)

bringen kann, sagt das Grndungsdatum einer Mission oft wenig ber ihren Typ oderihre geistliche Prgung aus.

16 Von der Zugehrigkeit zu einem bestimmten Zusammenschlu darf nicht ohne wei-teres auf die gleiche historische Herkunft geschlossen werden. Da aber auch Missions-rte in einem bestimmten historischen Kontext entstehen, knnen "ungewhnliche Zu-gehrigkeiten" Anla sein, nach den Ursachen zu forschen. Dies gilt z.B. fr die Ver-einigten Missionsfreunde (Freudenberg), die zwar als Pfingstmission eine eindeutigevangelikale Frmmigkeit hat, aber wegen der Ablehnung der Pfingstbewegung durchdie deutsche Gemeinschaftsbewegung im Jahr 1910 zu keinem evangelikalen Zusam-menschlu gehren kann.

Nationale Missionsrte

KUMENISCH

EVANGELIKAL

FUNDAMENTALIST. SONSTIGE

DOM-NCCCUSA (Divi-USA* sioni of Overseas Ministries,

National Council of theChurches of Christ inthe USA)[klassische Missionen]

Keine Pfingstmissionen

Keine Doppelmitglied-schaft

IFMA (InterdenominationalForeign Missions Associa-tion) [nur Glaubensmis-sionen]

EFMA (Evangelical Fo-reign Missions Association)[denominationelle Missio-nen, auch Pfingstmissionen.und einige Glaubens-missionen]

DoppelmitgliedschaftIFMA undTFMA frGlaubensmissionen mglich

TAM-ICCC (TheAssociated Missions,International Councilof Christian Churches)["kmpferischer",denominationellerFundamentalismus]

FOM (Fellowshipof Missions)["stiller", nichtdenominationellerFundamentalismus]

Doppelmitglied-schatten aller Artunmglich

Eine groe Zahl

amerikanischer

Missionen ist keinem

Zusammenschlu

angeschlossen, z.B.

Wycliffe Bible

Translators,

New Tribes Mission,

Youth With A Mission

uvam

CCC-CWC (CanadianCANADA Council of Churches,Commission on WorldConcerns) [wie USA]

Wie USA

Nur TAM-ICCC hatkanadische Mitglieds-mission. World-WideEvangelical Mission

Ahnlich USA

SCHWEIZ Konferenz evangelischer(deutsch- Missionen (KEM)sprachig) [klassische Missionen undKwango Mission]

ArbeitsgemeinschaftEvangeiikaler Missionen(AEM) [Glaubensmissionen,keine Pfingstmissionen]

Einzelne Missionen,z.B. EvangelischerBrderverein

GROSS-BRITAN-NIEN

Conference for World

Mission [klassische

Missionen, denominationell,

ex-interdenominationell,

spezialisiert]

Keine Pfingstmissionen

Evangelical MissionaryAlliance (EMA) [Nachklas-sische Missionen, soweitnicht Brderbewegung oderfundamentalistisch. AuchPfingstmissionen

Nur zwei fundamentali- Einige meist klei-stische Missionen, die nere Missioneneine im kmpferischen, [klassisch und nach-die andere im stillen klassisch]Fundamentalismus.Keine Zusammenschlsse.

Drei anglikanische [CMS.SAMS, BCMS] und dreispezialisierte Missionen haben Doppelmitgliedschaft

Evangelisches Missionswerk Arbeitsgemeinschaft Evange- Es gibt keine fundamen- Wenige kleinereDEUTSCH- (EMW) [Klassische Missio- likaler Missionen (AEM) talistischen Missionen Missionen. Erste cha-LANDnen und eine Pfingstmission [Glaubensmissionen und eine in Deutschlandrismatische Missionen

(Vereinigte Missionsfeunde, klassische Mission (EBM),

seit 198 nur noch Verein- eine Nichtkirchenmission

barungspartner)(Wiedenest)]

Keine Pfingstmissionen

Poppelmitgliedschaft nur bei den Baptisten (Bund Evange-lisch-Freikirchlicher Gemeinden und EBM)Ein Teil der AEM Missionen sind Vereinbarungspartnerdes EMW.

FRANK-REICH undfranzsisch-sprachigeSCHWEIZ

Service Protestant deMission et de RelationsInternationales (Dfap)

Fdration des MissionsEvangliques Francophones(FMEF) [Gjaubensmissionen,eine Nichtkirchenmission,eine charismatische Missioneine klassisch spez. Mission]

NIEDER- Nederlandse ZendingsraadLANDE (NLZ) [klassische Missio-nen, meist denominationeil,auch evangelikal]Keine Pfingstmissionen

Evangelische ZendingsAlliantie (EZA) [Glaubens-missionen, Pfingstmissionen,keine Nichtkirchenmission,keine denominationeilenevangelikalen Missionen]

Wenige Missionen

SCHWE-DEN

Svensk Missionsrdet

Klassische und nachklassische Missionen. Neuere interna-tionale Missionen z.T. als Beobachter

Wenige Missionen, bes.neuere internationaleinterdenominationelle

NOR-WEGEN

Norsk Missionsrdet

Aufnahmemoratoriumfr neuere internatio-nale Missionen (1986)

DNE-MARK

Dansk Missionsrd

Klassische und nachklassische Missionen

Ein Fnftel der Mis-sionen (verschiedeneRichtungen)

FINN-LAND

Finnischer Missionsrat

Klassische Missionen, Pfingstmissionen, Glaubensmissionen

NIGERIA

Nigeria Evangelical Mis-

sionary Alliance (NEMA)[Glaubensmissionen, denomi-nationeil evangelikale, un-abhngige una charisma-tische Missionen]

Anmerkungen zur Tabelle auf den folgenden Seiten: Typologie der evangelischen Missionsbewegung

lteste MissionNennt in der Regel nur heute noch existierende Missionen

Namensform:Beschreibt die typische Namensform. Wichtige Ausnahme im deutschen Bereich: Die alten

Glaubensmissionen klassische] geographische Herkunfisbezeichnungen: Neukirchener Mission,Liebenzeller [China] Mission, Marburger [Ynnan] Mission, Allianz [China] Mission Barmen.

Stellung:Rechtliche Stellung des Missionars zur Mission

Tendenz:Beschreibt die vorherrschende Missionstheologie, soweit sie institutionell Ausdruck finden kann.

Zusammenschlsse: Mitgliedschaft in Missionsrten und hnlichen Vereinigungen.

Im folgenden wird die Typologie, die sich aus den vorgenannten Prmissen ergibt, im berblick vorgestellt, umfinitionen und damit die genaue Abgrenzung des Untersuchungsgebietes dieser Arbeit zu ermglichen.

klare De-

Eine historische Typologie der evangelischen

Missionsbewegung

Kriterien

VOR-KLASSISCH

KLASSISCHDENOMINATIO-NELL

KLASSISCHINTERDENO-MINATIONELL

KLASSISCHSPEZIALISIERT

KLASSISCHFUNDAMENTA-LISTISCH

ltesteMission(en)

[SPCK 1699][SPG 1701]

BaptistMissionarySociety 1792

[London]MissionarySociety 1795

EdinburghMedical Mis-sionary Soc. 1841

Association ofBaptists for WorldEvangelism 1927

WichtigeMissionen

Dnisch HallescheMission 1706Herrnhut 1732

Church Missionary ABCFM 1810Society (CMS) 1799 Basel 1815Methodist Missio- Paris 1819nary Society 1813 Barmen 1828

BMMF 1852WUMS 1860Ludhiana Fellow-ship 1894

Indep. Board ofPresbyterian 'Missions 1933

Namensform

Herkunftsbezeich-nung, meistdenominationeil

geographischeHerkunftsbezeich-nung

aufgabenorientierte denominationeile Namen,Namen u.U. mit fundamenta-listischem Zusatz

Organisa-tionsform

KolonialmissionenIndividuelleUnternehmen

Missionsgesell-schaften. Seltenkirchl. Abteilungen

Missions-gesellschaften

Missions-gesellschaften

Missionsabteilungen,Missionsgesellschaften

Stellung

angestellt

angestellt

angestellt

angestellt

angestellt

Finanzierung

staatlich, Spenden

Mitgliedsbeitrge,Spenden. Neu:Kirchensteuer

Spenden, Mit-gliedsbeitrge

Spenden

Spenden, kirchlicheBeitrge

Tragende Erneu-erungsbewegung

Pietismus(Reformation)

Erweckung Endedes 18./Anfangdes 19. Jahrh.

Erweckung Endedes 18./Anfangdes 19. Jahrh.

Erweckung Endedes 18./Anfangdes 19. Jahrh.

"Kmpferischer" Fun-damentalismus (USA)

Kriterien

VOR-KLASSISCH

KLASSISCHDENOMINATIO-NELL

KLASSISCHINTERDENO-MINATIONELL

KLASSISCHSPEZIALISIERT

KLASSISCHFUNDAMENTA-LISTISCH

Bezug zur Kirche

staatskirchlich

selbstndig,stellvertretend freine oder mehrereKirchen

selbstndigaufgabenorientiert

Missionsabtei-lungen oder sehrenge kirchlicheZuordnung

nicht entscheidend

Ordination

durch Staatskirche

durch mit der Mis-sion verbundeneKirche

durch mit der Mis-sion verbundeneKirche

nicht entscheidend

durch die jeweiligeKirche

Taufauffassung

Kindertaufe

einheitlichKindertaufe oderGlaubenstaufe

einheitlichKindertaufe

nicht entscheidend

einheitlich Glaubens-taufe oder Kinder-taufe

Einheits-verstndnis

korporativ

korporativ

korporativ

aufgabenorientiert

separiert

Tendenz

kumenisch

kumenisch, Min-derheit evangelikal

kumenisch

meist kumenisch

fundamentalistisch

Zusammen-schlsse

CWM (GB)EMW (D)

CWM(GB) KEM(CH) EMW(D)DOM-NCCCUSADfap (F) NLZCCC-CWC (CA)

CWM(GB) KEM(CH) EMW(D)DOM-NCCCUSADfap (F) NLZ

meist wie klas-sische Missionen,z.T. wie Glaubens-missionen

TAM-ICCC (USA)

Kriterien

FREI-MISSIONEN

NICHTKIRCHEN-MISSIONEN

GLAUBENS-MISSIONEN

NACHKLASSISCHDENOMINATIONELLEMISSIONEN

lteste Mission

Karl Gtzlaff 1S29

Anthony Norris Groves China Inland MissionMission in Bagdad 1829 (Hudson Taylor) 1865

Evangelical Free Church(USA) 1887

WichtigeMissionen

Hudson Taylor 1857David Livingstone 1852

[Echoes of Service] LIM 1879 (RBMU)1872 CMML NAM 1891 CMA 1887Missionshaus WiedenestSAGM 1889 SIM 1900SUM 1904 WEC 1913

Evangelical Congre-gational Church 1922

Namensform

Oft geographischeZielbezeichnung

Geogr. Zielbezeichnung Meist geographischeAllg. christliche ZielbezeichnungBezeichnungen

DenominationelleHerkunftsbezeichnung

Organisationsform

IndividuelleUnternehmungen

Indiv. UnternehmungenDe facto Organisationdurch Zeitschrift o.

Missionsgesellschaften,z.T. mit ordens-hnlichem Charakter

KirchlicheMissionsabteilungen

Stellung

vllig unabhngig

unabhngig

Mitglied der Mission

unterschiedlich

Finanzierung

Verdienst, Vermgendes Missionars,Spenden

"Faith support"

"Faith support"Spenden

Spenden, kirchlicheBeitrge

Tragende Erneu-erungsbewegung

Erweckungen des19. Jahrhunderts

Brderbewegung(ab etwa 1825)

Erweckung der 2. Hlf-te des 19. Jhdts, bes.Heiligungsbewegung,B rderbewegung,Prophetische BewegungGemeinschaftsbewegung

Evangelikaie Denomina-tionen, oft aus derErweckung der 2. Hlftedes 19. Jahrhunderts

Kriterien

FREI-MISSIONEN

NICHTKIRCHEN-MISSIONEN

GLAUBENS-MISSIONEN

NACHKLASSISCHDENOMINATIONELLEMISSIONEN

Bezug zur Kjrche

keiner

Faktische Zuordnung(nur) zur Brderbewe-gung, enge Zuordnungzur Ortsgemeinde

Interdenominational,stellvertretend fr die(allg.) Kirche, aberkeine organisatorischenBeziehungen

Missionsabteilungender Kirchen

Ordination

keine

Es gibt keineOrdination

zufllig

wie in der jeweiligenDenomination

Taufauffassung

gem der berzeu-gung des Grnders

einheitlich, fast nurGlaubenstaufe,Wiedertaufe

widersprechend Glau-benstaufe, Kindertaufe

wie in der jeweiligenDenominationedo

Einheits-verstndnis

individuell

nicht-denominationell

individuell unab-gegrenzt

individuell; korporativ

Tendenz

evangelikal

evangelikal

evangelikal

evangelikal

Zusammen-schlsse

keine Zugehrigkeit

Keine Zugehrigkeit.Ausnahmen FMEF(CH) AEM (D)

IFMA (USA/CA),z.T. EFMA (USA/CA),EM A (GB),AEM (D/CH),EZA (NL),FMEF (F/CH)NEMA (NIG)

EFMA (USA/CA),EM A (GB),NLZ (NL),AEM (D)

to

Kriterien

PFINGSTMISSIONEN

NACHKLASSISCHFUNDAMENTALISTISCH

CHARISMATISCH

lteste Mission

Apostolic Faith Mission 1907

unklar

unklar

WichtigeMissionen

Assemblies of God Mission1908, Zaire EvangelisticMission 1915

WEF MinistriesSahara Desert Mission

Globe Missionary Evangelism1973; WE GO 1974

Namensform

Oft denominationelleHerkunftsbezeichnung, teilsgeographische Zielbezeichnung

GeographischeZielbezeichnung

WeitrumigeBezeichnungen

Organisations-form

Missionsgesellschaften, z.T.hnlich Glaubensmissionen

Missionsgesellschaften, z.T.unabhngige Tendenzen

Missionsgesellschaften,Gemeindemissionen

Stellung

Meist Mitglied der Mission

Mitglied, z.T. unabhngig

unterschiedlich

Finanzierung

Spenden, oft "faith support",teils kirchliche Beitrge

Spenden

Spenden

Tragende Erneu-erungsbewegung

Pfingstbewegung[ab 1900/1906]

"Stiller", nicht-denomina-tioneller Fundamentalismus

Charismatische Bewegung[ab ca. 1960]

Bezug zur Kirche

Meist einer oder mehrerenPfingstkirchen zugeordnet

Missionsgesellschaftenoder unabhngig

Noch unklar, oft starkerBezug zur Ortsgemeinde

Ordination

Wie in der jeweiligen Kirche

zufllig

unklar

Taufauffassung

Einheitlich, meistGlaubenstaufe

einheitlich Glaubenstaufe

fast nur Glaubenstaufe

to

Kriterien

PFINGSTMISSIONEN

NACHKLASSISCHFUNDAMENTALISTISCH

CHARISMATISCH

Einheits-verstndnis

Meist korporativ,z.T. individuell

separiert

individuell

Tendenz

evangelikal/pfingstlich

fundamentalistisch

evangelikal/charismatisch

Zusammen-schlsse

EFMA (USA/CA)EMA (GB) EZA (NL)EMW (D) NMR (N)MR (SF) DMR (DK)SMR (S) NEMA (NIG)

FOM (USA)

meist keine ZugehrigkeitNEMA (NIG)

to

25

Kenneth Scott Latourette bezeichnet die Periode von 1800 bis 1914 alsdas "Groe Jahrhundert" der Weltmission, dessen Anfang durch WilliamCarey markiert ist.1 Fr diese Periode ist die von den etablierten Kirchenunabhngige, aber doch eng auf sie bezogene Missionsgesellschaft diecharakteristische Missionsform.2 Diese Missionen werden deswegen imfolgenden als "klassische Missionen"3 bezeichnet. Alle voraufgegangenenevangelischen Missionen wirken gegenber dieser gewaltigen Missi-onsbewegung wie Vorlufer. Sie werden hier als "vorklassische Missio-nen" bezeichnet. Wenn die historische und die wirkungsgeschichtlicheEminenz der klassischen Missionen auch auer Frage steht, so sind dochnach und neben ihnen neue und neuartige Missionen entstanden. Sie sindhufig dadurch gekennzeichnet, da sie zu den ursprnglichen Prinzipiender klassischen evangelischen Missionsbewegung zurckkehren oderdiese radikalisieren und weiterentwickeln wollten. Diese "neuen" (imSinne von "neuartigen") Missionen tragen deswegen die Sammelbezeich-nung "nachklassische Missionen". Jeder dieser drei Missionstypen kannin verschiedene Untertypen eingeteilt werden.

Die vorklassischen Missionen

Da die vorklassischen Missionen das Thema dieser Arbeit nicht direkt be-rhren, ist auf eine weitere Unterteilung dieses Missionstyps verzichtetworden. Zwei Missionen aus dieser Zeit existieren noch heute: Die So-ciety for the Propagation of the Gospel [1701]4 und die Mission derHerrnhter Brdergemeine (Unitas Fratrum) [1732]. Andere Missionenexistieren nicht mehr,5 bei wieder anderen gibt es noch auf sie zurckge-hende Kirchen (Dnisch-Hallesche Mission, 1706).

1"In 1793, five years before the death of Schwartz, there landed in Calcutta WilliamCarey, who was to begin a new era in Protestant missions, not only in India, but alsoin the entire world" (Kenneth Scott Latourette, A History of the Expansion of Chri-stianity, Grand Rapids Zondervan Edition M976 [1939/1967] 111,281).

2Dazu: Andrew F. Walls, Vom Ursprung der Missionsgesellschaften oder: Dieglckliche Subversion der Kirchen in: EM 1987,36-40; 65-62. Zur Entstehung derMissionsgesellschaften siehe auch: Hans-Werner Gensichen, ber die Ursprnge derMissionsgesellschaft. Versuch einer Orientierung in: Niels E. Bloch-Hoell (Hg.),Misjonskall og forskerglede. Festschrift O.G. Myklebust, Oslo 1975, 48-68.

3Zur Wahl des Begriffes "klassische Missionen" siehe den vergleichbaren Gebrauchin: Wilhelm Oehler, Geschichte der deutschen evangelischen Mission, 1. Band, Ba-den-Baden 1949, 162, wo er von der "klassischen Zeit der deutschen evangelischenMission" spricht. Er benutzt den Begriff "nachklassisch" nicht, aber die erste Mis-sion, die er nicht mehr zur klassischen Zeit zhlt, ist die Neukirchener Mission.

4Heute United Society for the Propagation of the Gospel. 1965 Zusammenschlu mitder Universities Mission to Central Africa [1857], 1968 mit der Cambridge Missionto Delhi [1877].

5Z.B. die von Justinian von Welz 1664 gegrndete Mission (Fritz Laubach, Justinianvon Welz - Leben und Werk, 14ff in: Fritz Laubach [Hg.], Justinian von Welz.Smtliche Schriften, Wuppertal/Zrich 1989, 7-32).

26

Die genannten Missionen reprsentieren auch drei Tendenzen der vor-klassischen Missionen: Bei der SPG (kniglicher Freibrief) und der D-nisch-Halleschen Mission (geleitet durch das knigliche "Collegium decursu Evangelii promovendo") wird die bedeutende staatliche Rolle er-kennbar,6 whrend die Herrnhuter Mission ein frhes Beispiel fr dieMission einer auf eine Erneuerungsbewegung zurckgehenden kleinenKirche ist. In den beiden letzten wird der Einflu des Pietismus deutlich.7Alle Missionen waren jeweils auf eine Kirche oder Denominationsfamiliebezogen. Die heutige missionstheologische Tendenz der USPG und derHerrnhuter Mission ist kumenisch, sie gehren mit den meisten klassi-schen Missionen zu den kumenisch orientierten Missionsrten.

Die klassischen Missionen

Die lteste Form der klassischen Missionen ist die Denominationelle Mis-sion. Sie ist in der Regel an ihrer denominationeilen Herkunftsbezeich-nung zu erkennen. In fast allen Fllen war die Mission zwar von der Kir-che unabhngig organisiert, war aber doch eindeutig auf eine Kirche be-zogen, die auch die Missionare ordinierte. Die Missionen waren als "freieVereinigungen" (voluntary associations) organisiert. Die Missionare wa-ren aber von der Mission angestellt, so da fr sie das Prinzip der "freienVereinigung", in der alle Mitglieder auch Mitspracherecht haben, nichtgalt.8

Die klassischen Missionen zeigen heute meist eine kumenische Ten-denz und gehren den entsprechend orientierten Missionsrten an. Es gibtaber auch einzelne klassische denominationeile Missionen (besonders inden USA), die, wie die sie tragende Kirche, eine eindeutig evangelikaleEntwicklung genommen haben.9

In den letzten Jahrzehnten ist es bei so gut wie allen klassischen Mis-sionen zu einer engen organisatorischen Verflechtung mit den sie tragen-den Kirchen gekommen,10 was sich auch hinsichtlich einer betrchtlichen

6Dazu siehe: Gensichen, Ursprnge der Missionsgesellschaft 54-58.

7Die Bezeichnung "Pietismus" wird in dieser Arbeit nur fr die historische Bewegungim engen Sinne verwandt, sptere auf den Pietismus zurckgehende Bewegungenwerden mit ihren eigenen Namen bezeichnet. Als Bezeichnung einer Frmmig-keitsform wird "Pietismus" nicht benutzt. Anders z.B. Klaus Bockmhl, Die Aktua-litt des Pietismus, Gieen/Basel 1985.

8Deswegen ist das Organisationsprinzip der frhen klassischen Missionen auch als"voluntary absolutism" bezeichnet worden (Peter Hinchliff, Voluntary Absolutism:British Missionary Societies in the Nineteenth Century in: W.J. Sheils und DianaWood, Voluntary Religion, London 1986, 363-379). Vgl. dazu L. Harms: "Den vomMissionshaus ausgehenden Weisungen, Ermahnungen und Befehlen ist pnktlich Ge-horsam zu leisten" (Hermannsburger Missionsblatt 1854,13).

9Bestes Beispiel hierfr ist die Mission der amerikanischen Southern Baptists.

'.? Kritische Gedanken dazu bietet: Niels-Peter Moritzen, Der charismatische Impulsder Mission in: Theo Sundermeier, Fides pro mundi vita. Missionstheologie heute.

27

finanziellen Untersttzung der Missionswerke und Missionsgesellschaftenaus dem offiziellen Etat der Kirchen ausgewirkt hat.

Die zweite groe Gruppe der klassischen Missionen sind dieinterdenominationellen klassischen Missionen,11 deren lteste die LondonMissionary Society [1795] ist. Diese Missionen prgten die frhe klassi-sche Missionsbewegung im deutschsprachigen Raum. Die Missionen tra-gen fast immer eine geographische Herkunftsbezeichnung: EvangelischeMissionsgesellschaft in Basel (1815),12 Socit des Missions Evangliquesde Paris (1822),13 Ostfriesische Missionsgesellschaft (1834) uam.14

Alle interdenominationellen klassischen Missionen sahen sich stellver-tretend ttig fr Kirchen, welche die Kindertaufe als die normale Tauf-form ansahen und sehr hufig landeskirchlichen Charakter hatten. Auchihre Missionare wurden, wie die der denominationeilen klassischen Mis-sionen, regelmig von einer der jeweiligen Mission nahestehenden Kir-che ordiniert.

Alle klassischen interdenominationellen Missionen haben einen schnel-len Denominationalisierungsproze durchlaufen, so da heute eine Un-terscheidung zwischen klassisch denominationeilen und klassisch interde-nominationellen Missionen nicht mehr sinnvoll ist. Alle klassischen inter-denominationellen Missionen sind heute Mitglieder kumenisch orien-tierter Zusammenschlsse.

Eine gewisse Sonderstellung nehmen die spezialisierten klassischen Mis-sionen ein, als deren erste die Edinburgh Medical Missionary Society

Festschrift Hans-Werner Gensichen, Gtersloh 1980, 233-238.

11Statt "interdenominationell" wird meist der Begriff "interkonfessionell" verwendet.In diesem Buch soll aber der Begriff Konfession nur fr die drei groen christlichenTraditionen orthodox, katholisch und evangelisch verwandt werden. In diesem Sinneinterkonfessionelle Missionen gibt es nicht, wohl aber interkonfessionelle Vereinigun-gen, wie den CVJM oder die World Students' Christian Federation.

12Hier zeigt sich schon von Anbeginn eine konfessionelle Einengung: DieChristentumsgesellschaft, auf die die Basler Mission zurckgeht, hatte zwar evangeli-schen Charakter, aber doch auch katholische Mitglieder. Sie kann deswegen als ingewissem Mae interkonfessionell bezeichnet werden. Dagegen konnten nur Refor-mierte, Unierte und Lutheraner (und ausnahmsweise auch einmal ein Methodist) Bas-ler Missionare sein (Basler Mission [W.Haas] - Fiedler 12.4.1988; 12.6.91). DieBasler Mission ist deswegen als interdenominationell zu bezeichnen. Auch der BaslerMissionar Felizian Graf Zaremba, obwohl russischer Herkunft, war Reformierter undals solcher schon als Kind nach dem reformierten Katechismus unterrichtet worden(Felizian Graf Zaremba, Bewerbungsbogen 30.10.1878).

13Zur ersten Missionsleitung der Pariser Mission gehrten Reformierte, Lutheranerund Kongregationalisten (Burton L. Goddard [Hg.], The Encyclopedia of ModernChristian Missions. The Agencies, Camden NJ uam. 1967, 590f).

14Diese Bezeichnungsweise findet sich auch in Skandinavien, obwohl die dortigenMissionen von Anfang an praktisch lutherisch waren: Danske Missionsselskab (1821),Svenska Missionssllskapet (1836), Norske Misjonsselskap (1842), Suomen Lhetys-seura/Finska Missionssllskapet (1859).

28

(1841) anzusehen ist. hnlich spezialisiert war die Zenana Bible and Me-dical Mission, die 1852 ebenfalls in Edinburgh gegrndet wurde.15 In denUSA ist als eine der ersten spezialisierten Missionen stellvertretend frviele andere Frauenmissionen die Woman's Union Missionary Society ofAmerica (1861) zu nennen.16 Die Sonderstellung der spezialisierten klas-sischen Missionen ist darin zu sehen, da sie durch ihre grere Indivi-dualitt und Interdenominationalitt in manchem als Vorbild fr die spte-ren Glaubensmissionen dienten. Das wird daran deutlich, da von dendrei genannten spezialisierten klassischen Missionen die beiden letztge-nannten im Lauf ihrer Geschichte die finanziellen "Glaubensprinzipien"bernahmen und sich Zusammenschlssen von Glaubensmissionen an-schlssen. Auch die Vorluferin der China Inland Mission, die ChineseEvangelization Society, ist als interdenominationelle spezialisierte Mis-sion zu verstehen. Sie wollte nicht wie die anderen klassischen MissionenKirchen grnden, sondern mit Hilfe chinesischer Evangelisten und inten-siver Literaturverbreitung "nur" die christliche Botschaft ausbreiten.

In der zweiten Generation der klassischen Missionsbewegung kam eszu zwei weiteren Missionsgrndungen, die in mancher Hinsicht eine Vor-stufe zu den Glaubensmissionen wurden: Die Goner Mission (1836)17,die sich in die Richtung einer klassischen Mission entwickelte,18 hatte an-fangs, vom "charismatischen Selbstrecht des Missionars"19 her, teils eineStrukturlosigkeit, die an die Freimissionen erinnert, teils eine autoritre"Ein-Mann-Fhrung", die an die starke Rolle vieler Grnder von Glau-bensmissionen erinnert.20 Das andere Missionswerk mit einem gewissenVorbildcharakter ist die Pilgermission St. Chrischona (1840), die fr dieArbeit an der "Apostelstrae" von Jerusalem nach thiopien bewut nurHandwerkermissionare einsetzte, whrend diese in den klassischen Mis-sionen als Gehilfen des [ordinierten] Missionars verstanden wurden21. In

15Ihr heutiger Name ist (seit 1989) Interserve. Zuvor Bible and Medical MissionaryFellowship (BMMF). Seit 1952 sendet die Mission auch Mnner aus. In den letztenJahren hat sie ein betrchtliches Wachstum erlebt.

16Bis 1911: Woman's Union Missionary Society of America for Heathen Lands.

17Die Geschichte der Goner Mission ist ausfhrlich dargestellt in: Walter Holsten,Johannes Evangelista Goner. Glaube und Gemeinde, Gttingen 1949 (Zur GonerMission bes. 48ff, Abdruck der Statuten 385-405).

18Walter Holsten, Johannes Evangelista Goner 158ff.

19Zu diesem Ausdruck siehe Hans-Werner Gensichen, Missionsgeschichte der neue-ren Zeit, Gttingen 21969(1961), 41.

20Der Vorbildcharakter der Goner Mission wird auch in den Glaubensmissionen ge-sehen, die sich in historischen Darstellungen immer wieder auch auf Goner als einenihrer "Vter" berufen. Bingham z.B. schreibt: "Gossner and Harms were the fathersof the 'Faith Mission' movement which really emanated from Germany" (The Mis-sionary Witness Okt. 1914,293). Direkte Beeinflussungen oder persnliche Beziehun-gen sind aber nicht festzustellen gewesen, literarische Fernwirkungen denkbar.

21Gustav Warneck, Evangelische Missionslehre Band II, Gotha 21897, 237.

29

den Glaubensmissionen knnen auch Nichtordinierte selbstndig missio-narisch arbeiten.22

Eine sehr spte Weiterentwicklung im Bereich der klassischen Missio-nen sind die fundamentalistischen klassischen Missionen. Sie sind ausdem Kampf um die theologische Richtung in einigen klassischen Denomi-nationen entstanden.23 In ihren Organisationsstrukturen gleichen sie denklassischen denominationellen Missionen, auch im Verhltnis Mis-sion/Kirche stimmen sie berein. Sie sind in allen Fllen "Abspaltungen"von klassischen Missionen. Ihre Zahl bersteigt kaum ein Dutzend. Siegehren meist einem eigenen fundamentalistischen Zusammenschlu an(The Associated Missions of the International Council of Christian Chur-ches [TAM-ICCC]) und lehnen jede Zusammenarbeit mit nicht-fundamen-talistischen Organisationen, seien sie "kumenisch" oder "evangelikal",ab. Im Gegensatz zum korporativen Einheitsverstndnis der klassischenMissionen24 und zum "individuellen" Einheitsverstndnis der Glaubens-missionen ist das fundamentalistische Einheitsverstndnis separiert: Vor-bedingung fr christliche Einheit ist weitgehende bereinstimmung in derInterpretation der Bibel und Trennung von allen Organisationen, die dieseInterpretationsweise nicht einhellig vertreten ("Separation zweitenGrades").^

22In der Literatur der Glaubensmissionen gibt es einige frhe Hinweise auf Chri-schona, aber es werden keine direkten Beeinflussungen und persnliche Beziehungendeutlich.

23Typisch ist hier das Independent Board for Presbyterian Missions, das am27.6.1933 aus Protest gegen den "Modernismus" unter der Leitung von J. GreshamMachen gegrndet wurde (Ausfhrlich EMCM, 323f). Die Untersttzung dieser vonder Denomination unabhngigen presbyterianischen Mission fhrte dann 1936 zumAusschlu Gresham Machans und Carl Mclntires aus der Presbyterian Church in theUSA und zur Grndung der Orthodox Presbyterian Church, die Carl Mclntire 1937verlie, um die eher noch fundamentalistischere Bible Presbyterian Church zu grn-den (Constant [Hg.], Yearbook of American and Canadian Churches 1986, Nashville1985, 79). Beide Kirchen sind klein geblieben.

24Das korporative Einheitsverstndnis sieht Einheit als Zusammenarbeit von korpo-rativen Strukturen (z.B. Kirchen), nicht nur von Individuen.

25Diese "Separation zweiten Grades", die nicht nur [individuell] Trennung von der"Irrlehre" bedeutet, sondern auch [korporativ] Trennung von allen Organisationen,die "Kompromisse mit der Irrlehre" akzeptieren (z.B. in der Form eines theologischenPluralismus), ist heute das wichtigste Unterscheidungsmerkmal der Fundamentalistenzu den Evangelikaien. Sie geht wahrscheinlich zurck auf John Nelson Darby: "It isclearly the duty of a believer to separate himself from every act that he sees not to beaccording to the word though bearing with him who ignorantly does the act, and hisduty requires this of him, even though his faithfulness should cause him to standalone, and though, like Abraham, he should be obliged to go without knowingwhither he goes" (William Kelly [Hg.], The Collected Writings of J.N. Darby, 1,153[Reprint 1971 H.L. Heijkoop, Winschoten]).

30Vorstufen zu den Glaubensmissionen

1836 Goner Mission

1841 Edinburgh Medical Missionary Society

1840 Pilgermission St. Chrischona

1852 Zenana, Bible, and Medical Mission, or Indian

Female Normal School and Instruction Society1856 Ermelosche Zendingsgemeente (bis 1862

Hilfsorganisation der Rheinischen Mission, dann

unabhngig)

1860 Women's United Missionary Society1862 Scripture Gift Mission

Die nachklassischen Missionen

Mit der Grndung der China Inland Mission im Jahre 1865 wurden dieGlaubensmissionen zur wesentlichsten Gruppe der nachklassischen Mis-sionen. Direkten Vorbildcharakter hatten fr sie zwei kleinere Bewegun-gen, die als die ersten nachklassischen Missionsbewegungen zu verstehensind: die Freimissionen und die Nichtkirchenmissionen.

Die auf dem "charismatischen Selbstrecht des Missionars" beruhendenFreimissionen sind dadurch gekennzeichnet, da sie gegenber keinerKirche oder Missionsgesellschaft verantwortlich sind.26 Sie bestehen inder Regel nur aus dem Grnder, gegebenenfalls seiner Familie und ein-zelnen Mitarbeitern. Ihre Permanenz ist oft begrenzt, besonders nach demTod oder Ausscheiden des Grnders. Den Lebensunterhalt und die Kostenseiner Arbeit bestreitet der Freimissionar oft aus eigenem Vermgen, ausdem Lohn eines Arbeitsverhltnisses oder aus gewerblichen Unterneh-mungen. Diese Einknfte werden in unterschiedlichem Mae durch Spen-den ergnzt.

Die Freimissionen waren insofern Vorbild fr die Glaubensmissionen,als auch diese das charismatische Selbstrecht des Missionars zum Aus-gangspunkt ihrer Missionstheologie machten. Die Glaubensmissionen di-stanzierten sich aber von den Freimissionen, indem sie das charismatischeSelbstrecht des Missionars nicht als Gegensatz zu effektiver und weitru-miger Organisation verstanden und permanente Strukturen schufen.

Die Freimissionen sind durch starke Fluktuation und flieende ber-gnge gekennzeichnet. Viele ursprnglich als Freimissionen konzipierteMissionsunternehmungen haben sich bald zu Glaubensmissionen mit dennotwendigen organisatorischen Strukturen entwickelt. Der erste Freimis-sionar, der fr die Geschichte der Glaubensmissionen von Bedeutung ist,

26 Typisch ist die Haltung George Mllers: "I further had a conscientious objectionagainst being led and directed by men in my missionary labours. As a servant ofChrist it appeared to me, I ought to be guided by the Spirit, and not by men, as totime and place" (George Mller, A Narrative of some of the Lord's dealings with Ge-orge Mller written by himself [9. Ausgabe] London 1895 [l1837], 500-

31

war Karl Gtzlaff (1803-1851).27 Er lste sich 1828 von der Neder-landsch Zendelinggenootschap, die seine Arbeit unter den Diaspora Chi-nesen nicht billigte. Zur Untersttzung seiner Arbeit wurde im Dezember1846 in Kassel die Chinesische Stiftung gegrndet,28 unter anderem auch1849 in Tottenham die Chinese Evangelization Society,29 als deren Mis-sionar Hudson Taylor 1854 seine Arbeit in China begann. 1857 lste ersich von ihr, um Freimissionar zu werden.30

Mit seiner Entscheidung, Freimissionar zu werden, entschied sichHudson Taylor auch dafr, seinen Lebensunterhalt "als Antwort auf Ge-bet im Glauben zu erwarten".31 Damit bernahm er eines der grundlegen-den Prinzipien der etwa um die gleiche Zeit wie die Freimissionen ent-standenen Nichtkirchenmissionen, die auf die Brderbewegung32 zurck-gehen und als deren erster Missionar Anthony Norris Groves (1795-1853)im Jahre 1829 nach Bagdad ging.33 Groves hatte ursprnglich als Missio-nar der CMS arbeiten wollen, lste aber die Beziehung vor der Ausreise,weil er die Ordination durch eine Denomination nicht akzeptierenkonnte34 und dann zu der berzeugung kam, da "eine Ordination ber-haupt nicht ntig sei".35 Die Brderbewegung verstand sich nicht als Kir-

27Die ersten umfassenden wissenschaftlichen Arbeiten ber Gtzlaff waren: HermanSchlyter, Karl Gtzlaff als Missionar in China, Lund 1946; Der China-Missionar KarlGtzlaff und seine Heimatbasis. Studien ber das Interesse des Abendlandes an derMission des China-Pioniers Karl Gtzlaff und ber seinen Einsatz als Missionserwek-ker, Lund 1976.

28Eine detaillierte Darstellung der Geschichte der Chinesischen Stiftung bietet: Gn-ter Bezzenberger, Mission in China. Die Geschichte der Chinesischen Stiftung, Kassel1979. Zur Grndung 60ff, die Statuten 73f. Die Chinesische Stiftung war keineklassische Mission, da Gtzlaff in keinem Abhngigkeitsverhltnis zu ihr stand. Httesie lnger Bestand gehabt und htte Gtzlaff lnger gelebt, htte sie vielleicht zurGlaubensmission werden knnen. Zum Ende der Chinesischen Stiftung [1858] siehe136-138.

29Zu den Gtzlaff untersttzenden Organisationen in Grobritannien und zu einerBeurteilung der Arbeit Gtzlaffs aus der Sicht der CIM/OMF siehe: A.J. Broomhall,Barbarians at the Gates, London/Sevenoaks 1981, 323-349.

30James Hudson Taylor, Retrospect, London 181974, 95f [Text entspricht London'1894]; vgl. Broomhall, If I had a Thousand Lives, Sevenoaks 1982, 31,34f.

31Taylor, Retrospect 95f.

32Die beste wissenschaftliche Darstellung der Brderbewegung ist: F. Roy Coad, AHistory of the Brethren Movement. Its Origins, its Worldwide Development and itsSignificance for the Present Day, Exeter 1968.

33Anthony Norris Groves, Memoir of Anthony Norris Groves, compiled chieflyfrom his journals and letters, to which is added a supplement, Containing Recollecti-ons of Miss Paget, and accounts of Missionary works in India, etc. By his widow,London 31869. Seine Biographie: G.H. Lang, Anthony Norris Groves, London 1949.

34Groves, Memoir 42.

35"One day the thought was brought to my mind, that ordination of any kind to pre-ach the gospel is no requirement of Scripture. To me it was a removal of a mountain"(42).

32

che, sondern als eine Bewegung, die zur "Einheit aller Glubigen" aus al-len Denominationen und jenseits aller Denominationen fhren wollte. Be-wegungen dieser Art knnen als "nichtdenominationeU" bezeichnet wer-den. Damit wird zum Ausdruck gebracht, da sie selbst sich nicht als De-nomination verstehen, jedoch dem auenstehenden Beobachter als Deno-mination erscheinen.36

Die Brderbewegung37 und mit ihr die Nichtkirchenmissionen sindvon evangelikaler Frmmigkeit geprgt. Es handelt sich aber nicht umGlaubensmissionen, weil sie denominationeil gebunden sind.38 Da dieBrderbewegung keine Ordination kennt, hat diese auch fr die Nichtkir-chenmissionen keine Bedeutung. Die Nichtkirchenmissionen gehren, vonAusnahmen abgesehen,39 bewut zu keinen Zusammenschlssen, lehnenaber eine Zusammenarbeit mit anderen Missionen keineswegs ab. Grund-legend unterscheiden sich die Glaubensmissionen von den Missionen derBrderbewegung durch eine zentrale Organisation und ihre Interdenomi-nationalitt.

Die Glaubensmissionen sind in gewissem Sinne als Erben sowohl vonIdeen der Freimissionen als auch der Nichtkirchenmissionen zu verstehen(charismatisches Selbstrecht des Missionars und Glaubensprinzip der Fi-nanzierung). Weit mehr sind sie jedoch als Korrektur der in den Prinzi-

36Ein Beispiel dafr ist die japanische Nichtkirchenbewegung. Beschrieben in: Han-nelore Kimura-Andres, Mukyokai, Erlangen 1988.

37Eine ausfhrliche Darstellung der Mission der Brderbewegung ist: W.I. Stunt,Turning the World Upside Down, Eastbourne 1972. Zu Einflssen der Brderbewe-gung auf Hudson Taylor und die Grnder der NAM siehe 31.

38Aus der Sicht der "strengeren" Teile der Brderbewegung sind die Glaubensmis-sionen, selbst die CIM, weil sie organisiert sind, keine "reinen" Missionsarbeitenmehr (Lang, Groves 18f).

39Die deutschen Lesern naheliegendste Ausnahme ist das Missionshaus BibelschuleWiedenest, dessen Leiter Ernst Schrupp in seiner formativen Lebensperiode sehr starkvon mit den Glaubensmissionen verbundenen interdenominationellen Bewegungen be-einflut worden war (Int. Ernst Schrupp 12.10.1987). Besonders wichtig war fr ihndie leitende Mitarbeit an den von der internationalen Studentenmission veranstaltetenmissionarischen Freizeiten im Sommer 1948 in der Schweiz mit ca. 300 Studentenund Oberschlern aus (West-) Deutschland und die Teilnahme an der Konferenz derIFES (International Fellowship of Evangelical Students) in Lausanne 1948 (Schrupp -Fiedler 3.6.1991). Zu erwhnen ist auch die Teilnahme an der von Jugend fr Chri-stus veranstalteten Weltkonferenz fr Weltevangelisation (15.-22.8.1948) in Beaten-berg (Programm Weltkonferenz fr Weltevangelisation; Namentliche Aufstellung derBrder, die zur Teilnahme an der Jugend fr Christus Konferenz vorgeschlagen wa-ren. Originaltexte und einen Rckblick bietet: Bibel und Gebet Okt./Nov. 1988). Inden ersten Jahren arbeitete ein Teil der von Wiedenest ausgesandten Missionare imRahmen einer internationalen Glaubensmission (z.B. SIM, New Tribes Mission). ZuSchrupps Anstze der Brderbewegung und der Glaubensmissionen kombinierendemKonzept der "sendenden Ortsgemeinde" siehe Ernst Schrupp, Die gemeindliche Sen-dung in: EM 1/1987,10-14. Schrupps Grundstze sind weitergefhrt in: Daniel Herrn,Gemeinde und Mission, Wuppertal/Zrich 1989.

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pien der Freimissionen und der Nichtkirchenmissionen enthaltenen Eng-fhrungen anzusehen. Von den klassischen Missionen unterschieden sichdie Glaubensmissionen vor allem dadurch, da sie einen anderen geistli-chen Hintergrund haben. Sie gingen nicht wie diese aus der Erweckungdes spten 18. und des frhen 19. Jahrhunderts hervor, sondern aus derdarauffolgenden Erweckung der zweiten Hlfte des 19. Jahrhunderts.Grundlegend anders als bei den klassischen Missionen ist das Verhltniszu den Kirchen. Die Interdenominationalitt der Glaubensmissionen istwesentlich breiter als die der interdenominationellen klassischen Missio-nen. Integration in Kirchen ist nicht mglich, weil das Einheitsverstndnisder Glaubensmissionen individuell ist: Einzelne Christen oder Gemeindenaus den verschiedensten evangelischen Denominationen arbeiten zusam-men, nicht Kirchen oder deren offizielle oder inoffizielle Reprsentan-ten.^

Unterschieden werden mssen die Glaubensmissionen aber auch vonden nach ihnen entstandenen Missionstypen: Seit 1907 gibt es diePfingstmissionen, die, bei aller Unterschiedlichkeit untereinander, vonden Glaubensmissionen dadurch zu unterscheiden sind, da sie auf diePfingstbewegung zurckgehen, also auf die nach der die Glaubensmissio-nen tragenden Erneuerungsbewegung der zweiten Hlfte des 19. Jahrhun-derts zeitlich nchste Erneuerungsbewegung. Bei allen methodischen undtheologischen bereinstimmungen mit den Glaubensmissionen verstandensich die Pfingstmissionen doch als eigenstndige Gre und wurden auchals solche gewertet. Sie sind durch eine Charismenlehre gekennzeichnet,die die Geistesgabe des Zungenredens als "anfngliches Zeichen"41 derErfllung mit dem Heiligen Geist ansieht. Diese Erfllung mit dem Heili-gen Geist wird in der Regel anstelle der Heiligung als zweite geistlicheKrisenerfahrung nach der Bekehrung verstanden. Zwischen Glaubensmis-sionen und Pfingstmissionen ist auf den Missionsfeldern Zusammenarbeitmglich und hufig, in der Mehrzahl der sendenden Lnder gehren sieauch zu denselben Zusammenschlssen. Trotzdem sind es deutlich unter-scheidbare Gruppen.42

Nicht ganz so einfach ist die Abgrenzung der nachklassischen denomi-nationeilen Missionen von anderen Gruppen. Es handelt sich um denomi-nationelle Missionen eher freikirchlichen Charakters. Sie leiten ihre Ur-sprnge entweder aus der Mitarbeit in einer interdenominationellen Glau-bensmission ab oder sind unter starker Beeinflussung durch die Ideen der

40Zum "individuellen Einheitsverstndnis" der Glaubensmissionen siehe S. 174-178.

41Dabei mu die Geistestaufe nicht unbedingt notwendiges anfngliches Zeichen derErfllung mit dem Heiligen Geist sein.

42Es gibt nur eine pfingstliche Glaubensmission, die rebro Missionsforening. Siekommt historisch aus der Heiligungsbewegung, aus der sie trotz bernahme derLehre von der Geistestaufe nicht ausschied.

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Glaubensmissionen entstanden und/oder gehen auf Denominationen zu-rck, die, wie die Evangelical Free Church of America,43 aus der Erwek-kungsbewegung der zweiten Hlfte des 19. Jahrhunderts hervorgegangensind. Nachklassisch denominationelle Missionen dieser Art gibt es fastnur in den USA.

Eindeutig von den interdenominationellen evangelikalen Glaubensmis-sionen sind die fiindamentalistischen nachklassischen Missionen zu unter-scheiden: Sie sind, anders als die interdenominationellen Glaubensmissio-nen, nichtdenominationell. Im Gegensatz zu den Glaubensmissionen leh-nen sie die Denominationen ab. Darber hinaus verlangen sie wie dieklassischen fundamentalistischen Missionen die Separation zweiten Gra-des. Von diesen unterscheiden sie sich dadurch, da sie nicht im Kampfum die theologische Richtung in einer klassischen Denomination entstan-den sind. Sie haben ihren geistlichen Hintergrund in der etwas spterenBewegung unabhngiger fundamentalistischer Gemeinden, die nicht umdie rechte Lehre und die Macht in den Denominationen kmpft, sondernsich gegebenenfalls still aus ihnen zurckzieht. Ihr Fundamentalismuswird deswegen in dieser Arbeit im Gegensatz zum "kmpferischen" deno-minationeilen Fundamentalismus als "stiller" nichtdenominationeller Fun-damentalismus bezeichnet. Nachklassische wie klassische fundamentalisti-sche Missionen gibt es fast nur in den USA.44

Die jngste quer durch die Denominationen verlaufende Erneuerungs-

43Gegrndet 1884 als Swedish Evangelical Free Mission, dann umgenannt in Swe-dish Evangelical Free Church und nach Zusammenschlu mit der Evangelical FreeChurch Association (ursprnglich Norwegian and Danish Free Church Association)dann Evangelical Free Church of America (Frank S. Mead; Samuel S. Hill, Hand-book of Denominations in the United States, Nashville 81985, 113). Die Kirche ge-hrt wie der deutsche Bund Freier evangelischer Gemeinden zum Weltbund derFreien evangelischen Gemeinden.

44In dieser Arbeit wird sorgfaltig zwischen evangelikalen und fundamentalistischenMissionen unterschieden. Nur solche Missionen werden als fundamentalistische Mis-sionen bezeichnet, die diese Bezeichnung auch fr sich akzeptieren wrden. DieseMissionen sind unter anderem dadurch gekennzeichnet, da sie mit evangelikalenMissionen nicht kooperieren, auch nicht zu evangelikalen Zusammenschlssen geh-ren. Anders definiert wird der Begriff "Fundamentalismus" in James Barr, Funda-mentalismus, Mnchen 21981(1977). Die Problematik der Abgrenzung zeigt sich z.B.auf S. 31: "Ich bin nicht ganz sicher, wo die moderne amerikanische Begriffsabgren-zung zwischen Evangelikalen und Fundamentalisten im Vergleich zu meiner eigenennachfolgenden Beschreibung liegt. Ich habe jedoch den Eindruck gewonnen, dabeide Begriffe in den USA Einstellungen bezeichnen, die konservativer und extremersind als dieselben Wrter in Grobritannien, so da nach amerikanischem Sprach-gebrauch der hier beschriebene Fundamentalismus dem extremen Teil des Evangeli-kalismus und dem weniger extremen Teil des Fundamentalismus zugerechnet werdenknnte." Fundamentalismus bezeichnet fr Barr eine "bestimmte individuelle, reli-gise und existentielle Grundeinstellung" (290, die sich gewhnlich in "konservativ-evangelikalen Gruppierungen" manifestiert, ohne da fundamentalistisch und konser-vativ-evangelikal vollstndig deckungsgleich wren (30).

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bewegung ist noch zu neu, als da ihr weltmissionarisches Engagementschon eindeutige Klassifizierungen zulassen wrde. Da die charismatischeErneuerungsbewegung sich bisher weitgehend innerhalb der klassischenDenominationen vollzogen hat, sind auch viele aus der charismatischenErneuerungsbewegung stammende Missionare in die bestehenden deno-minationeilen und interdenominationellen Missionen gegangen. Trotzdemformiert sich langsam, besonders in den USA, eine eigene charismatischeMissionsbewegung. Mglicherweise wird sie einen nichtdenominationel-len Charakter annehmen.45 Aber auch denominationeile wie interdenomi-nationelle Entwicklungen scheinen noch im Bereich des Mglichen zu lie-gen.

Die Glaubensmissionen in der deutschen missionswissen-schaftlichen Literatur46

Die erste der neuen Missionen in Deutschland war die 1882 gegrndeteNeukirchener Mission,47 1889 folgte die Deutsche China Allianz Missionin Barmen,48 1896-1899 ist die Zeit der Episode der Kieler Mission,4?

1899 der Deutsche Zweig der CIM (ab 1900 Liebenzeller Mission50),

1900 die Sudan Pionier Mission51. Alle diese Missionen fanden ihre Un-tersttzung hauptschlich in der Gemeinschaftsbewegung und in den

45Dafr spricht, da in der englischen nichtdenominationellen "Hauskirchenbewe-gung" deutliche Tendenzen zu einer eigenstndigen Missionsarbeit sichtbar sind(Dietrich Khl - Fiedler 15.5.1988).

46Einen schnellen berblick ber alle Bezugnahmen auf die Glaubensmissionen inden ersten 25 Jahrgngen der AMZ vermittelt: Philipp Horbach, Repertorium zuWarnecks Allgemeiner Missions-Zeitschrift Band 1-25: 1874-1898, Gtersloh 1903.

47Vorstufe zur Grndung der Neukirchener Mission war 1878 die Grndung desWaisenhauses und ab 1879 die Herausgabe des "Missions- und Heidenboten", um "inder Christenheit das Interesse an der Mission zu wecken". Fr die Evangelische Theo-logische Fakulteit Heverlee/Leuven arbeitet Bernd Brandi an einer Dissertation berdie Geschichte der Neukirchener Mission.

48Andreas Franz, Hudson Taylor und die deutschsprachigen Glaubensmissionen,Diss ThD Heverlee/Leuven 1991, 70ff.

49Andreas Franz, Hudson Taylor 130ff. Zum Wechsel der Kieler Mission ins klas-sische Lager: Andreas Franz, Die Abkehr von den Prinzipien einer Glaubensmission,dargestellt am Beispiel der Kieler Mission in: Missionswerke ohne Spendenkampa-gnen - Die Glaubensmissionen heute und in der Vergangenheit (idea-dokumentation9/91, 55-59).

50Andreas Franz, Hudson Taylor 163ff. Siehe auch: Wilhelm Steinhilber, In allerWelt am Netz. Festschrift zum 75jhrigen Jubilum der Liebenzeller Mission, BadLiebenzell 1974; Der feuerspeiende Berg. Aus der Frhzeit der Liebenzeller Mission[berarbeitet und erweitert von Lienhard Pflaum], Bad Liebenzell 41985(1979).

51Bis 1989 in Deutschland Evangelische Mission in Obergypten (EMO), [seit1.1.1990 Evangeliumsgemeinschaft Mittlerer Osten], in der Schweiz EvangelischeNillandmission. Von etwa 1928 bis 1953 hie sie Evangelische Muhammedaner-Mis-sion.

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Freien evangelischen Gemeinden. Bis 1914 wurden vier weitere Glau-bensmissionen gegrndet.52 Zwischen den beiden Weltkriegen kam es nurzu vier Neugrndungen.53 Die Mehrzahl der heute aktiven deutschenGlaubensmissionen entstand nach 1951 entweder als Missionsge-meinschaften zur Aussendung deutscher Missionare in internationale Mis-sionen,54 als deutsche Zweige internationaler Missionen oder als eigen-stndige deutsche Grndungen.55

Gustav Warneck waren die neu entstehenden Missionen gut bekannt.Darber hinaus kannte er aus der Literatur deren "Muttermissionen" imenglischsprachigen Raum und die ihnen verwandten Missionen in Skandi-navien.56

Warnecks Ablehnung der neuen Missionen ist vierfach begrndet: hi-storisch, theologisch, methodisch und ekklesiologisch. In Warnecks Sichtder Missionsgeschichte war fr Deutschland die Vollzahl der Missionenschon lange, bevor es zur Grndung der ersten "neuen Missionen" kam,erfllt.57 Aber war es fr Warneck bei spteren Missionen wie Breklumnur fraglich, ob sie ntig seien, so bedeutete fr ihn die (sich auf HudsonTaylor, Fredrik Franson und Georg Mller berufende) "neue Missions-bewegung" nicht nur Zersplitterung, sondern Bedrohung des deutschenMissionsbetriebs "mit einer bedenklichen inneren Gefhrdung".58Als falsche Theologie stuft Warneck die Eschatologie der neuen Mis-sionen ein: Sie gehe davon aus, da die Mission die Wiederkunft Jesu be-

52Deutscher Frauen-Missions-Bund [1900], Mission fr Sd-Ost-Europa [1903],Evangelische Karmelmission [1904], Christoffel-Blindenmission [1908].

53Licht im Osten [1920], Gnadauer Brasilien-Mission [1927], Marburger Mission[1929 als Ynnan-Mission des Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverbandes gegrn-det. Nachdem Diakonissen des DGD von 1909-29 gemeinsam mit Liebenzeller Mis-sionaren in Hunan ttig gewesen waren, wurde ihnen 1929 in Absprache mit der CIMdie Provinz Ynnann bertragen], Marburger Brasilien-Mission [1932].

54Die erste dieser Missionsgemeinschaften war die Schweizer Missionsgemeinschaft(SMG).

55Als erste wurde hier 1959 die kleine Mission "Freunde Mexikanischer Indianer-Bibelzentren" gegrndet.

56Eine Ausnahme scheint anfangs die CMA zu bilden. Warneck schreibt A.B. Simp-son schwedische (statt schottische) Herkunft zu (Gustav Warneck, Evangelische Mis-sionslehre Band III. 1, Gotha 21902, 234) und setzt die CMA ohne weiteres mit denvon Franson gegrndeten Allianzmissionen gleich. Die Informationen in Warneck,Abri 128 (1905) sind dann korrekt. Insgesamt ist interessant, da Warneck die"neuen Missionen" in Skandinavien am wenigsten kritisch beschreibt (Abri 157-160).

57Gustav Warneck, Abri einer Geschichte der protestantischen Missionen, Berlin1905, 143. Die acht ltesten Missionen htten gengt: Herrnhut, Basel, Berlin, Bar-men, Bremen, Leipzig, Goner, Hermannsburg.

58Warneck, Abri 147. Sie "verzaubert neuerdings immer grere Kreise, besondersin Amerika und England" (Warneck, Missionslehre III. 1,233). Vgl. dazu die frheKritik Warnecks an der CIM in AMZ 7(1880),93.

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schleunigen knne.59 In dieser Eschatologie sieht Warneck die Hauptur-sache fr die Eigenart der neuen Missionen. Die falsche Eschatologiefhrt zu einer falschen Missionsmethode: Da die Verkndigung eilt, spieltAusbildung keine Rolle. Es mssen groe Scharen von Evangelisten aus-gesandt werden, deren Aufgabe es nicht ist, Stationen oder Kirchen zugrnden, sondern das Evangelium bekanntzumachen und dann weiterzu-ziehen.60 Aufgabe der Mission sei es aber, nicht aufgrund "mechanischerRechenmethoden" die ganze Welt in einer Generation erreichen zu wol-len,61 sondern in organischer Arbeit Kirchen zu grnden.62

Die Kritik aus ekklesiologischen Grnden ist bei Warneck wenigerdeutlich formuliert. Er bemerkt kritisch, da bei der CIM und vielen an-deren neuen Missionen63 der grte Teil der Missionare Frauen seien64und diese sogar zur Missionspredigt im selbstndigen Pionierdienst einge-setzt wrden.65 Kritisch bemerkt er auch, da von den Mnnern nur eineMinderheit ordiniert sei.66 Diese kritischen Bemerkungen zeigen, da ermit dem Amtsverstndnis der neuen Missionen nicht bereinstimmt.Warneck formuliert aber nicht, da die Eigenart der neuen Missionendarin begrndet sein knnte, da sie von einer eigenstndigen geistlichenBewegung, die historisch und theologisch von Pietismus und Erweckungzu unterschieden ist, geprgt wren.67 Wenn auch die ekklesiologischeKritik weniger klar formuliert ist, so wird in Warnecks gesamter Missi-onslehre doch deutlich, da er die Volkskirche als Kirchenform selbstver-

59Warneck, Missionslehre III,235f. Die Ursache dieser falschen Theologie sieht er ineiner "buchstbelnden Auslegung" von Mat 24,14 (III. 1,242). Auerdem verwechselnsie kryssein und mathteuein (III. 1,236).

60Warneck, Missionslehre III. 1,234-236; Abri 110.

61Warneck, Missionslehre III.1,236;235. Warneck wendet sich auch gegen die"pltzliche Vermehrung der Sendboten um Tausende"(III. 1,242), denn es stehe"nirgendwo geschrieben, da das Himmelreich gleich einem Treibhaus sei"(III. 1,243).

62"Das geht heutzutage nicht im Fluge, sondern verlangt Zeit und Arbeit"(III. 1,239). Hufig korrigiert die praktische Missionsarbeit die falsche Methode: z.B.habe die CIM trotzdem viele Gemeinden gegrndet (III. 1,240).

Z.B. bei der NAM (Abri 113).

64Bei der CIM 484 Frauen, 327 Mnner (Abri 112).

65Warneck, Abri 110.

66Von den 327 Mnnern der CIM (vor dem Boxeraufstand) waren 75 ordiniert(Abri 112), von den Missionaren der NAM niemand (333)! Warneck setzt hier un-kritisch sein eigenes Kirchenverstndnis voraus, in dem die Ordination eine we-sentliche Rolle spielt, und beachtet nicht, da es fr die Brderbewegung, die dieNAM in ihren Anfangen sehr stark prgte, keine Ordination gibt. Von diesem Nicht-verstehen zeugt auch seine Bemerkung, da die Garengaze Mission der Brder(Grnder: Arnot) "bis heute mit lauter [200] Laienmissionaren arbeite" (Abri 163).

67Warneck weist aber darauf hin, da die Neukirchener Mission einen Sammelpunktfr die "mehr freikirchlich gerichteten Kreise zunchst in Rheinland und Westfalen"bot (Abri 147).

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stndlich setzt. Bei Missionen, die sie nicht voraussetzen, kann er wohlFrmmigkeit, Charakter und Einsatzbereitschaft der Missionare anerken-nen,68 nicht aber Raum lassen fr ihre berzeugungen, die er als"moderne Weltevangelisationstheorie" bezeichnet.69

Die negative Stellungnahme Warnecks zu den "neuen Missionen"70 isterstaunlich, wenn man bedenkt, da die Teilnahme an der Heiligungskon-ferenz von Brighton (28.5.-7.6.1875)71 fr ihn eine entscheidende Wendeseines geistlichen Werdegangs war.72 Diese Konferenz, magebend be-stimmt von den amerikanischen Qukern Hannah Whitall und RobertPearsall Smith,73 stand am Anfang der Heiligungsbewegung von Kes-wick,74 die wiederum die "neuen Missionen" sehr stark geprgt hat.

In der AMZ lassen sich die Spuren Brightons noch einige Jahreverfolgen,75 aber sie verlieren sich ber ein Jahrzehnt vor der Verffent-

68Zu Taylor: Abri 110; zu den Allianz-Missionen: Missionslehre 111.1,237.

69Gustav Warneck, Die moderne Weltevangelisationstheorie in: AMZ 24(1897),305;Missionslehre III. 1,233-235. Vgl. Verhandlungen der 9. kontinentalen Missionskon-ferenz 36 und Wilhelm hler, Gedanken ber Evangelisation und Mission in: EMM1894,177-188. Vgl. auch in AMZ 28(1901),453 die Besprechung von John Mott, TheEvangelization of the World in this Generation [In deutscher bersetzung herausgege-ben von der deutschen Orient-Mission 1901]. Siehe auch J. Held, Anfnge einer deut-schen Muhammedanermission, Wiesbaden 1925, 7: "Warneck schrieb gar manchesscharfe Wort dagegen."

70Konkret wandte sich Warneck z.B. noch vor Erffnung des Neukirchener Missi-onsseminars gegen dessen Grndung. Siehe AMZ 8(1881),38-41, vgl. 9(1882),505.Genauso wandte er sich noch vor der ersten Komiteesitzung gegen die Grndung derSudan-Pionier-Mission (Prot. SPM 25.10.1900). Erst 1898 erhielt die NeukirchenerMission in der AMZ die Gelegenheit zu einer Selbstdarstellung, die von Inspektor J.Stursberg geschrieben wurde. Zur Neukirchener Mission in Ostafrika AMZ25(1898), 117-125.

71Record of the Convention for the Promotion of Holiness Held at Brighton, May29, to June 7th, 1875, Brighton oJ (Garland Reprint NY 1984).

72Seine Erlebnisse dort fanden Niederschlag in seinem Artikel: "Die Bedeutung dersog. 'Heiligungsbewegung' fr die Mission", AMZ 2(1875),422-426;474-478 und inseinem Buch: Briefe ber die Versammlung zu Brighton. Versuch einer zusammen-hngenden Darstellung und Beleuchtung der Grundgedanken der Smith'sehen Bewe-gung. Den deutschen Christen zur Prfung nochmals dargeboten, Hamburg 1876.Welche Bedeutung Brighton fr Warneck hatte, wird in Hans Kasdorf, GustavWarnecks missiologisches Erbe. Eine biographisch-historische Untersuchung, Gie-en/Basel 1990 [Diss Pasadena 1976], 119-128 bersichtlich dargestellt.

73Zur Biographie: Marie Henry, The Secret Life of Hannah Whitall Smith, GrandRapids 1984.,

74Zu Keswick siehe S. 219f. Zur Heiligungsbewegung allgemein siehe S. 21 Off.

75AMZ 7(1880),482-484 enthlt eine positive Besprechung des ersten Bandes von:Theodor Jellinghaus, Das vllige, gegenwrtige Heil durch Christus, Berlin 1880. DieBesprechung des zweiten Bandes ist schon kritischer: AMZ 8(1881),184. Jellinghaus(1841-1919), der auch an der Brighton Konferenz teilgenommen hatte, wurde der fh-rende Theologe der deutschen Heiligungsbewegung, die den Ansto zur Grndung desGnadauer Gemeinschaftsverbandes gab, aus dessen jngeren Gruppierungen dergrte Teil der Untersttzung fr die "neuen Missionen" kam.

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lichung von Warnecks Missionslehre.76 Mit dem Amtsverstndnis hatte erschon in Brighton Probleme: da Hanna Whitall Smith nicht nur Laie,sondern auch noch Frau, dreimal tglich in ffentlicher Versammlungsprach, war ihm schon damals ein Stein des Anstoes.77

Gustav Warneck hat seine Missionslehre in einer doppelten Frontstel-lung entwickelt: Zum einen gegen die berzeugungen der katholischenMissionen, zum anderen gegen Praxis und Grundstze der nachklassi-schen Missionen.78 Da er sich von der katholischen Mission abgrenzenmute, war damals unumstritten, und so erscheint die innerprotestantischeFrontstellung seiner Missionslehre als die wesentlichere.79 Nicht gut zuWarnecks Frontstellung gegen die "neuen Missionen" pat die Tatsache,da evangelikale Missionstheologie sich oft als die direkte (oder auch dierichtige) Fortfhrung der traditionellen Missionstheologie des GroenJahrhunderts sieht, wobei dann Gustav Warneck die Hauptfigur ist.80Reinhold Grundemann, Mitherausgeber der AMZ, zeigt in seinem Mis-sionsatlas keine Abwertung der neuen Missionen. Aber er hat offensicht-lich Schwierigkeiten, ber sie alle Informationen zu bekommen.81 Seine

76Dazu ausfhrlich: Seppo A. Teinonen, Gustav Warneck und Robert PearsallSmith. Eine Begegnung der deutschen neupietistischen Missionstheologie mit eineramerikanischen Heiligungsbewegung, Helsinki (Studia Missiologica Fennica I) 1957.

77Warneck, Briefe 19. In seiner Missionslehre gesteht er Frauen die Missionspredigtnicht zu; sie sei "ungesund und schriftwidrig" (II 2,248). Frauen knnen nur Missio-narsfrauen sein oder, falls ledig, "missionarische Hilfskrfte"(II 2,247;249), so wieauch Handwerker oder rzte, weil nicht ordiniert, nur missionarische Hilfskrftesind. In seinen Personalstatistiken zhlt Warneck Ehefrauen nicht.

78Zu diesen Gruppen gehren besonders die "ordnungslosen Verbnde" derBrderbewegung und der Heilsarmee und die Freimissionare, die "Franctireurs imMissionsdienste" (Warneck, Abri 163-164). Zu dieser Abgrenzung Warnecks vgl.Martin Kahler, Gustav Warnecks Sendung in: AMZ 38(1911), 105-127, abgedrucktin: Martin Kahler, Schriften zu Christologie und Mission, Mnchen 1971, 264-291.

79Das mag auch daran deutlich werden, da es Schmidlin Anfang dieses Jahrhundertsmglich war, seine katholische Missionstheologie (Joseph Schmidlin, Einfhrung indie Missionswissenschaft, Mnster 1917 21925) zwar in Abgrenzung gegen Warneck,aber doch wesentlich in Anlehnung an ihn zu schaffen, da es aber keine vergleichs-weise Rezeption im Bereich der "neuen Missionen" gab. In den letzten Jahrzehnten istes aber im evangelikalen Bereich, besonders unter deutschsprachigen Amerikanern, zueiner positiven Warneck-Rezeption gekommen, wie an Hans Kasdorf, Dozent am Se-minar der Mennoniten Brdergemeinde in Fresno, CA und an George W. Peters, demersten Leiter der Ausbildungssttte der Arbeitsgemeinschaft evangelikaler Missionenin Korntal, deutlich wird. Ausdruck dieser Warneck-Rezeption ist unter anderem Kas-dorfs Dissertation ber Warneck.

80Ein Beispiel fr diese Einschtzung ist: George W. Peters, EvangelischeMissionswissenschaft in: EM 1/1985,3-8, bes. 6ff. Kritik daran Hans-Werner Gensi-chen, Erwartungen an eine evangelikale Missionswissenschaft in: EM 3/1985,7-11,bes. 8. Es ist auch kein Zufall, da die Rume der Freien Hochschule fr Mission derArbeitsgemeinschaft evangelikaler Missionen (D/CH) in Korntal bei Stuttgart Namenwie Warneck, Vicedom und Hartenstein tragen.

81Reinhold Grundemann, Neuer Missions-Atlas mit besonderer Bercksichtigung der

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Ablehnung der neuen Missionen wird deutlich in seiner Darstellung derEntwicklung der Missionen von 1880-1890.82 Eine hnlich negative Ein-schtzung gab Professor Mirbt in einem Abendvortrag whrend derWeltmissionskonferenz Edinburgh 1910.83

Noch ablehnender als Grundemann nahm Franz Michael Zahn (1833-1900), ebenfalls Mitherausgeber der AMZ und in vielem von groemEinflu auf Warneck, zu den Glaubensmissionen Stellung.84 Sein Haupt-vorwurf bestand darin, da sie die Krfte vergeudeten.85Theodor Christlieb, auch er Mitherausgeber der AMZ, stand unter dendamaligen Missionswissenschaftlern den "Gemeinschaftskreisen" am

Deutschen Missionen, Calw/Stuttgart 1896; Neuer Missions-Atlas aller evangelischenMissionsgebiete mit besonderer Bercksichtigung der Deutschen Missionen,Calw/Stuttgart 1903 (Zweite, verm. u. verb. Aufl.). So fehlt fr Afrika in der erstenAuflage die Qua Iboe Mission, in der zweiten fehlen AIM, Egypt General Missionund Sudan Pionier Mission. Auf Grundemann beruht die Karte S. 104 in: Hubert Je-din; Kenneth Scott Latourette; Jochen Martin, Atlas zur Kirchengschichte, Freiburg1970. Unklar ist, warum die Karte die bei Grundemann genannte NAM ignoriert.Unzulnglich ist, da von den interdenominationellen Missionen nur die CMA na-mentlich genannt wird und alle anderen unter "sonstige" fallen.

82Reinhold Grundemann, Die Entwicklung der evangelischen Mission im letztenJahrzehnt (1878-1888). Ein Beitrag zur Missionsgeschichte, Bielefeld/Leipzig 1890.Die Neukirchener Mission wird, wie auch andere neue Missionen, kritisch begrt(S.3f). Die CIM wird als Fortschritt gegenber den darbystisch geprgten Freimissio-nen eingestuft (S.28), das ELTI als "Schnellpresse" der Missionarsausbildung be-zeichnet (S.29). Grundemanns Wunschdenken bringt ihn zu der vllig unbegrndetenFeststellung, "da dort [in England] unter diesen neu gegebenen Anregungen nichtwie in Deutschland sofort neue Missionsgesellschaften aus der Erde wachsen, sondernda die alten bewhrten Gesellschaften ohne weiteres an die Lsung der neuen Aufga-ben gehen" (S.27).

83"By far the greater part of all German mission work lies now in the hands of theeight oldest societies (Moravians [1732], Bale [1815], Berlin [1824], Rhenische[1828], North German [1836], Leipsic [1836], Gossner [1836], Hermannsburg[1849]). They are helped by eighteen other societies. Since 1877 the number of Ger-man societies has been trebled. Let us hope there will be no more new societies, andthat the present ones will find it possible to become more closely connected. It wouldbe premature to say that the 'Committee for German Missions' had already solved thisproblem" (Carl Mirbt, The Extent and Characteristics of German Missions, Adressdelivered in the Assembly Hall on Friday Evening, 17th June in: Edinburgh 1910,The History and Records of the Conference together with adresses delivered at theevening meetings (Vol IX), Edinburgh uam. 206-217, hier 209).

84Werner Ustorf, Die Missionsmethode Franz Michael Zahns und der Aufbau kirch-licher Strukturen in Westafrika. Eine missionsgeschichtliche Untersuchung, Erlangen1989, 52; 55ff.

85"Ich glaube, wenn man diese 'Glaubensmissionen1 genau verfolgte, wrde sichfinden, da keine andere so viel Zeit, Geld und Lebenskraft vergeudet anUnternehmungen, die dann liegen gelassen werden. Da sie brigens mit dazu helfen,die Maschen des Netzes, das ins Vlkermeer geworfen wird, dichter zu machen, istdennoch wahr" (AMZ 25[1898],369).

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nchsten.86 Aber auch er fand zu den Glaubensmissionen keinen Zu-gang,87 weil er in der lteren Schicht der Gemeinschaftsbewegung, diedie klassischen Missionen untersttzte, geistlich zu Hause war, und nichtin der von der Heiligungsbewegung geprgten spteren Schicht, die frdie Glaubensmissionen tragend wurde.

Heiko-Wiardo Schomerus, Warnecks Nachfolger in Halle, verffent-lichte 1935 seine "MissionsWissenschaft". Er kennt und benutzt den Be-griff der "Glaubensmissionen", betont ihren bewut interdenominationel-len Charakter, ihre verhltnismig groe Zahl und, wie Warneck, ihresehr lockere und schlechte Organisation.88 Er nimmt aber weder positivnoch negativ ausfhrlich zu ihnen Stellung.89

Im selben Jahr verffentlichte Julius Richter das "Buch der deutschenWeltmission".90 In ihm erhielt jede Mission Raum fr eine eigene Dar-stellung. Nur die Gemeinschaftsmissionen werden von Julius Richtersummarisch abgehandelt.91 Ihr Einsatz wird anerkannt, zugleich aberbetont Richter, da sie auf allen Missionsfeldern mit auerordentlichenSchwierigkeiten zu ringen haben und da ihre Missionskraft wesentlich

86Das zeigt sich auch durch verschiedentliche Bezugnahmen auf ihn in den Zeit-schriften der Gruppen in den USA, die der deutschen Gemeinschaftsbewegung ent-sprechen, z.B. in den Zeitschriften von A.B. Simpson, dem Grnder der CMA.

87Zu Christlieb siehe: Thomas Schirrmacher, Theodor Christlieb und seineMissionstheologie, Wuppertal 1985 (Dr. theol. Kampen 1985). Zu der Mglichkeit,Christlieb als "Vater der evangelikalen Missionstheologie" zu sehen, siehe ThomasSchirrmacher, Theodo