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Informationen für Bäuerinnen und Bauern zum Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft

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Informationen für Bäuerinnen und Bauern zum Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft

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2 Faire Nachbarschaft

Mit welchen Eigenschaften sind gentechnisch veränderte Pflanzen ausgestattet? 4Wo findet der Anbau statt? 6Welche Firmen bieten gentechnisch verändertes Saatgut an? 7Welche Pflanzen befinden sich in der Entwicklung? 10Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten für die Nutzung der Agro-Gentechnik? 11

EU-Freisetzungsrichtlinie 11Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebens- und Futtermittel 15Gentechnikgesetz 17EU-Saatgut-Richtlinie 20

Welche Erfahrungen haben Landwirte mit dem Anbau von Gentech-Pflanzen gemacht? 21USA 21Argentinien 24Kanada 25Deutschland 26

Welche Vorteile könnten Gentech-Pflanzen deutschen Landwirten bieten? 27Gentech-Mais 27Gentech-Raps 28

Welche Probleme mit Gentech-Pflanzen kommen auf die Imker zu? 30Neue Abhängigkeiten durch Gentechnik? 31Keine Wahlfreiheit für Landwirte beim Futtermittelkauf? 32Welchen Beitrag kann die Gentechnik zur Bekämpfung des Welthungers leisten? 34Wie weiterhin gentechnikfrei wirtschaften? 35

Inhalt

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Die gesetzlichen Weichen für den Einsatz gentechnisch

veränderter Organismen sind gestellt. Seit April 2004

gelten neue Kennzeichnungsregeln für gentechnisch

veränderte Lebens- und Futtermittel, die Neufassung

des deutschen Gentechnikgesetzes ist in der Diskussi-

on. Damit stellt sich für viele von Ihnen eine Reihe von

Fragen:

Was ist dran an den Versprechen der Gentechnik-Fir-

men? Lassen sich mit Gentech-Pflanzen tatsächlich

höhere Erträge erzielen? Führen sie zu einem geringe-

rem Einsatz von Pestiziden? Sparen sie Arbeit und Zeit?

Bieten sie Lösungen für Probleme in der deutschen

Landwirtschaft? Welche Erfahrungen haben Landwir-

te in den Hauptanbauländern USA, Argentinien und

Kanada mit dem Anbau gentechnisch veränderter

Pflanzen gemacht? Gentechnikfreie Produktion – geht

das überhaupt noch?

Von den Firmen, die mit dem Verkauf ihrer gentech-

nisch veränderten Produkte Geld erwirtschaften wol-

len, haben Sie wahrscheinlich schon gehört, welche

Vorteile die Gentechnik Ihnen bietet. Damit Sie sich ein

vollständiges Bild dieser Technologie machen können,

haben wir Ihnen zusammengestellt, worüber die Fir-

men eher ungern sprechen.

Martha Mertens, Heike Moldenhauer, Nora Mannhardt

November 2004

O b Gentechnik in der Landwirtschaft ein Er-

folg wird oder nicht, darüber entscheiden

Sie. Sie sind die potentiellen Kundinnen und

Kunden der Saatgutfirmen, die gentechnisch verän-

dertes Saatgut anbieten und der Futtermittelfirmen,

die gentechnisch veränderte Futtermittel verkaufen.

Fünf Länder (USA, Argentinien, Kanada, Brasilien, Chi-

na), vier Pflanzen (Soja, Mais, Baumwolle, Raps), zwei

Eigenschaften (Herbizidresistenz, Insektenresistenz), 68

Millionen Hektar – das ist die Bilanz des Anbaus gen-

technisch veränderter Pflanzen für das Jahr 2003.

Anders als in Nord- und Südamerika mit einem Anteil

von 95 Prozent aller weltweit angebauten gentech-

nisch veränderten Kulturen finden sich auf den Äckern

der EU bisher kaum Gentech-Pflanzen. Eine Ausnah-

me bildet allein Spanien mit 32.000 Hektar transge-

nem Mais. Dennoch ist die EU keine gentechnikfreie

Insel der Seeligen. Über Importe gelangen gentech-

nisch veränderte Pflanzen auch auf die heimischen

Märkte. So verdrängt in der Viehfütterung gentech-

nisch verändertes Soja konventionell erzeugtes immer

mehr. Auch Landwirte, die keinerlei Interesse haben,

ihre Tiere mit Gentech-Soja zu füttern, tun dies inzwi-

schen aus Mangel an Alternativen: Die Futtermittel-

branche stellt kein ausreichendes Angebot an gen-

technikfreien Futtermitteln zu akzeptablen Preisen zur

Verfügung.

Sehr geehrte Landwirtin, sehr geehrter Landwirt!

� Nehmen Sie Kontakt mit uns auf:

Martha Mertens, E-Mail: [email protected]

Heike Moldenhauer, Tel. 030/2 75 86-456

Nora Mannhardt, Tel. 030/2 75 86-471

Fax 030/2 75 86-440

BUND Bundesgeschäftsstelle

Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin

E-Mail: [email protected]

www.faire-nachbarschaft.de

Gentechnik in der Landwirtschaft

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4 Faire Nachbarschaft

Herbizidresistente Pflanzen überstehen die Anwen-

dung eines Totalherbizids, das jeglichen anderen Pflan-

zenbewuchs auf der Fläche beseitigt. Auf dem Markt

gibt es derzeit Roundup- und Liberty-resistente Pflan-

zen.

Insektenresistente Pflanzen sind gentechnisch so ver-

ändert, dass sie in jedem Teil der Pflanze ein Gift pro-

duzieren, das Insekten, die von ihr fressen, tötet. Auf

dem Markt befindet sich bisher Bt-Mais, der ein Toxin

des Bacillus thuringiensis in sich trägt und so auf das

Fraßinsekt Maiszünsler tödlich wirkt. Außerdem auf

dem Markt: Bt-Baumwolle, die den Baumwollkapsel-

bohrer bekämpft.

Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen

konzentriert sich auf vier Arten: Zu 99 Prozent

handelt es sich um Soja, Mais, Baumwolle und

Raps. Mehr als 80 Prozent der gentechnisch veränder-

ten Pflanzen tragen die Eigenschaft Herbizidresistenz1.

An herbizidresistenten Pflanzen verdienen ihre Her-

steller gleich doppelt: zum einen über den Verkauf von

Saatgut, zum anderen über den Verkauf der Herbizide.

Mit welchen Eigenschaften sind gentechnischveränderte Pflanzen ausgestattet?

Herbizidresistenz75 %

Insektenresistenz17 %

Herbizid- und Insektenresistenz8 %

Mit welchen Eigenschaften sind die gentechnisch veränderten Pflanzen ausgestattet?1

1 Nach den Daten der inter-

nationalen Lobbyagentur

International Service for

the Acquisition of Agri-

Biotech Applications

(www.isaaa.org.2003).

Die Agentur wird von der

Gentech-Industrie finan-

ziert. Derzeit gibt es keine

Statistiken von unabhängi-

gen Institutionen über den

weltweiten Gentech-An-

bau.

Anteil der gentechnisch veränderten Pflanzen am

weltweiten Anbau

Anbauflächen gentechnisch veränderter Pflanzen

Soja 41,4 Mil. Hektar 54 Prozent

Mais 15, 5 Mil. Hektar 10 Prozent

Baumwolle 7,2 Mil. Hektar 20 Prozent

Raps 3, 6 Mil. Hektar 15 Prozent

Summe 67, 7 Mil. Hektar 4,5 Prozent

Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen im Jahr 2003

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5Gentechnik in der Landwirtschaft

Überraschende Effekte gentechnischveränderter Pflanzen

Die neue Qualität der Gentechnik besteht im Vergleich

zu klassischen Züchtungsverfahren darin, dass einzel-

ne Gene isoliert, artübergreifend miteinander kombi-

niert und in Empfängerorganismen eingebaut werden

können. Das ist möglich, weil das Erbmaterial bei allen

Lebenswesen – bei Menschen, Tieren, Pflanzen oder

Mikroorganismen – nach dem gleichen Muster („Code“)

aufgebaut ist.

Dank neuester Forschungen ist heute bekannt, dass die

Regulierung der Genaktivität wesentlich komplexer ist

als bisher angenommen. Während in der zweiten Hälf-

te des vorigen Jahrhunderts Gene als einfache Bau-

pläne angesehen wurden, setzt sich inzwischen die

Auffassung durch, dass Gene nicht isoliert wirken, son-

dern immer durch den Organismus und die Umwelt

(mit)bestimmt werden2.

Der Einbau neuer Gene in das Erbgut stellt einen ele-

mentaren Eingriff in den pflanzlichen Stoffwechsel dar.

Häufig sind unerwartete Nebenwirkungen die Folge:

So können andere Eigenschaften als die gewünschten

und prognostizierten auftreten. Die Pflanzen reagie-

ren dann z.B. anders als erwartet auf Schädlinge und

Krankheitserreger3. Auch die Lebensmittelqualität kann

unvorhersehbar beeinträchtigt werden.

Unerwartete Nebenwirkungen von Gentech-Pflanzen – einige Beispiele3

• Die Gentech-Sojabohnen der Firma Monsanto haben

brüchigere Stiele, die bei starker Hitze aufplatzen und

zu Ertragseinbußen führen können.

• Gentech-Sojabohnen haben 5 bis 10 Prozent weni-

ger Ertrag als vergleichbare konventionelle Sorten4.

• Die Roundup-Ready-Baumwolle ist trotz des Resi-

stenz-Gens anfällig gegen das Herbizid Roundup:

Blüten und Früchte können geschädigt werden.

• Der Bt-Mais weist einen höheren Ligningehalt (Holz-

fasergehalt) auf. Die Umsetzung der eingearbeiteten

Stoppelreste im Boden wird dadurch verlangsamt.

• Der Bt-Mais gibt das Insektentoxin Bacillus thurin-giensis über die Wurzeln in den Boden ab, wo es noch

nach Monaten nachweisbar ist.

Herbizidresistente Pflanzen beeinträchtigen die Artenvielfalt

Drei Viertel aller angebauten Gentech-Pflanzen sind

herbizidresistent. Die Umweltwirkungen dieser Pflan-

zen wurden im Auftrag der britischen Regierung in den

Jahren 2000 bis 2002 im weltweit bislang größten Frei-

landexperiment untersucht. Insgesamt 192 Flächen in

ganz Großbritannien wurden je zur Hälfte mit herbi-

zidresistenten Raps-, Zuckerrüben- und Maissorten

bepflanzt und mit dem entsprechenden Herbizid

behandelt. Auf der anderen Hälfte wurden konventio-

nelle Sorten ausgesät und die praxisüblichen Mittel

gespritzt. Der Anbau von herbizidresistentem Raps und

Zuckerrüben zeigte massive Auswirkungen auf die Viel-

falt der Wildkräuter auf und neben dem Acker und in

der Folge auch auf die davon abhängige Insektenwelt.

An den Feldrändern des Gentech-Rapses wurden 44

Prozent weniger Blütenpflanzen und 39 Prozent weni-

ger Samen festgestellt, bei Gentech-Zuckerrüben wur-

den 34 Prozent weniger Blütenpflanzen und 39 Pro-

zent weniger Samen gezählt. Beim Anbau von herbi-

zidresistentem Mais konnte ein Ansteigen der Vielfalt

festgestellt werden. Der Grund: auf den konventionel-

len Maisversuchsflächen wurde Atrazin eingesetzt.

Atrazin ist jedoch seit 1991 in Deutschland und seit

Oktober 2003 in der gesamten EU verboten. Damit sind

die Mais-Ergebnisse nicht auf einen möglichen zukünf-

tigen Anbau übertragbar5.

2 Pickardt, T. (2002) Stabilität

transgen-vermittelter Merk-

male in gentechnisch verän-

derten Pflanzen, Umwelt-

bundesamt, Texte 53/02.3 Gentechnik-Nachrichten,

Öko-Institut, www.oeko.de/

gennews.htm (2000 bis

2003).4 Elmore, R.W. et al (2001)

Glyphosate-resistant

soybean ciltivar yields

compared with sister lines,

Agronomy Journal 93, S.

408-412.5 Öko-Institut Freiburg

(13.2.2004) Bewertung der

„Farm Scale Evaluations“

und www.pubs.royalsoc.ac.

uk/FSEresults

Weitere Informationen über

ökologische Risiken unter:

www.oeko.de/gentechnik.htm

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6 Faire Nachbarschaft

I m Jahr 2003 wurden auf 67,7 Millionen Hektar Gen-

tech-Pflanzen angebaut. Bezogen auf die weltweit

landwirtschaftlich genutzte Fläche von 1,5 Milliar-

den Hektar sind das etwa 4,5 Prozent. 85 Prozent des

Anbaus findet in den USA und Argentinien statt.

Innerhalb der EU beschränkt sich ein kommerzieller

Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen bisher

allein auf Spanien. Dabei handelt es sich um die insek-

tenresistente Maissorte Bt 176 von Syngenta, die in

Spanien auf etwa 32 000 Hektar wächst. Den Anbau

des Bt-Maises hat Spaniens neue Regierung von 2005

an verboten. Der Grund sind gesundheitliche Beden-

ken, da der Mais eine Antibiotikaresistenz enthält.

Wo findet der Anbau statt?

USA64 %

Argentinien21 %

Kanada6 %

Brasilien4 %

China4 % sonstige

1 %

China2,8 Mio. ha

Australien100 000 ha

Argentinien13,9 Mio. ha Südafrika

400 000 ha

USA42,8 Mio. ha

Kanada4,4 Mio. ha

Brasilien3 Mio. ha

99 Prozent des Gentech-Anbaus findet in fünf Ländern statt6. Gentech-Anbauflächen weltweit6.

6 www.isaaa.org (2003)

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7Gentechnik in der Landwirtschaft

Multinationale Konzerne der Agro-Gentechnik

Der Markt für gentechnisch verändertes Saatgut

befindet sich zu fast 100 Prozent in den Hän-

den von sechs weltweit tätigen Gentech- und

Agrochemiekonzernen: den US-amerikanischen Unter-

nehmen Monsanto, DuPont Pioneer und Dow, Syngenta

mit Firmenzentrale in der Schweiz und den deutschen

Konzernen Bayer CropScience und BASF.

Monsanto hält einen Marktanteil von über 90 Prozent

und verfügt damit über eine monopolartige Stellung.

Der Konzern vermarktet Soja, Mais und Raps mit einer

Resistenz gegen das firmeneigene Herbizid Roundup

sowie Bt-Mais und Bt-Baumwolle, die sich selbst gegen

Schädlinge schützen sollen. Die Firma Syngenta ist vor

allem mit Bt-Mais am Markt vertreten. Bayer Crop-

Science vertreibt Raps- und Maissorten, die eine Resi-

stenz gegen das Bayer-Herbizid Liberty (auch unter

dem Namen „Basta“ im Handel) tragen.

Die Firmen haben eins gemeinsam: Sie wollen ihre Gen-

tech-Sorten möglichst weltweit absetzen. Von Inter-

esse sind dabei nicht nur die Industriestaaten mit zah-

lungskräftigen Landwirten, sondern auch die Entwick-

lungsländer. Über Nahrungsmittellieferungen aus den

USA mit Gentech-Mais wird versucht, afrikanische

Staaten zur Akzeptanz der Gentechnik zu zwingen. 60

afrikanische Organisationen haben sich Anfang Mai

2004 beim Welternährungsprogramm der UN be-

schwert, dass sie Produkte akzeptieren sollen, die sich

auf den Weltmärkten nicht verkaufen lassen.

Auf dem Markt für transgenes Saatgut – inklusive den

dazugehörigen Herbiziden – wurden im Jahr 2002 drei

Milliarden US-Dollar Umsatz erzielt. Das entspricht sie-

ben Prozent des gesamten Weltmarktumsatzes für

Saatgut und Pflanzenschutzmittel 7. Nachdem Markt-

führer Monsanto einige Jahre gegen den Bankrott

gekämpft hat, ist das Unternehmen bislang das einzi-

ge, das schwarze Zahlen mit der Gentechnik schreibt.

Welche Firmen bieten gentechnischverändertes Saatgut an?

Firma Syngenta

Astra Zeneca, Nov-

artis Seeds, Sandoz,

Olba-Geigy, Nor-

thrup King, Rogers,

Rogers NK, Zeneca,

Wilson, Hilleshog,

Genetics, Advanta

BV

Basel, Schweiz

6,6 Mrd. US-$

Agrarchemie,

Saatgut

BayerCropScience

Aventis, AgrEvo,

Hoechst-Roussel,

Agritope, Exelixis,

Limagrain, Plant-

Genetic Systems,

Harris Moran,

Rhone-Poulenc,

ProAgro

Leverkusen,

Deutschland

5,8 Mrd. €

Agrarchemie,

Schädlingsbekämp-

fung außerhalb der

Landwirtschaft,

Saatgut

Monsanto

Calgene, Holdens,

DeKalb, Asgrow,

Pharmacia &

Upjohn, Agracetus

St. Louis, Missouri,

USA

5,5 Mrd. US-$

Agrarchemie, Saat-

gut (v.a. gentech-

nisch veränderte

Soja, Baumwolle

und Mais)

DOW

Agrigenetics,

Mycogen, Biosource

Midland, Michigan,

USA

28 Mrd. US-$

Kunststoffe, Chemi-

kalien, Agrarchemie

DuPont

Pioneer

Wilmington, USA

27 Mrd. US-$

Kunststoffe,

Agrarchemie,

Chemikalien

BASF

American,

Cyanamid, ExSeed,

Genetics, Rohm &

Haas

Ludwigshafen,

Deutschland

33,4 Mrd. €

Agrarchemie,

Chemikalien (u.a.

für die Automobil-,

Papier- und Textil-

industrie)

Fusionen und

Aufkäufe

Sitz der Zentrale

Umsatz 2003

Produkte

Den Gentech-Saatgutmarkt beherrschen wenige Firmen8

7 Ulrich Dolata, Frankfurter

Rundschau (6.1.2003) Die

grüne Gentechnik ist zur

Zeit alles andere als sexy.8 Die Daten stammen von

den Internetseiten der

Firmen (2004).

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8 Faire Nachbarschaft

Firmenstrategie von Monsanto

Berühmt und berüchtigt wurde das US-amerikanische

Unternehmen Monsanto während des Vietnamkrieges:

Monsanto war eine der Firmen, die sich an Entwick-

lung und Produktion des dioxinhaltigen Entlaubungs-

mittels „Agent Orange“ beteiligten. Unter den Folgen

des großflächigen Gifteinsatzes leidet die vietnamesi-

sche Bevölkerung noch heute.

Über Jahre investierte der Chemie-Konzern Milliar-

densummen in den Kauf von Saatzuchtunternehmen.

Damit verfolgt Monsanto das Ziel, durch die Verdrän-

gung von konventionellem Saatgut langfristig allein

Gentech-Saatgut anzubieten und den Absatz von

Roundup über den Verkauf des entsprechenden herbi-

zidresistenten Saatguts zu steigern. Die Firmenstrate-

gie ist teilweise aufgegangen: Zwar hat Monsanto über

Jahre hinweg tiefrote Zahlen geschrieben, weil die Ge-

winne mit den Ausgaben für den Aufkauf von Saat-

gutunternehmen nicht Schritt gehalten haben. Heute

jedoch hält Monsanto einen Anteil von 90 Prozent am

Gentech-Saatgutmarkt und Roundup ist das meistver-

kaufte Pflanzenschutzmittel weltweit. Monsanto er-

wirtschaftet ein Drittel seines Umsatzes mit Gentech-

Saatgut, die anderen zwei Drittel im Wesentlichen mit

dem Verkauf seiner Agrochemikalien.

Auch andere Firmen kopieren die Strategie von Mon-

santo. Der Schweizer Agrochemie-Konzern Syngenta

hat im Mai 2004 angekündigt, den weltweit fünft-

größten Saatguthersteller Advanta BV aufzukaufen.

Damit verdoppelt sich der Syngenta-Marktanteil bei

Gentech-Saatgut für Mais und Soja9. Ob Syngenta die

konventionellen Sorten von Advanta weiterhin anbie-

tet, ist ungewiss.

Die Agrarchemiekonzerne betrachten die von ihnen

entwickelten Gentech-Pflanzen als ihr geistiges Eigen-

tum und melden deshalb Patente darauf an. Beim Kauf

von Saatgut, auf das Monsanto ein Patent hält, müs-

sen Landwirte in Nordamerika sogenannte Technolo-

gieverträge unterschreiben. Darin verpflichten sie sich,

keinesfalls Nachbau zu betreiben, ihr Saatgut jedes Jahr

neu bei Monsanto zu kaufen, ausschließlich Roundup-

Herbizide von Monsanto einzusetzen und eine zusätz-

liche Technologiegebühr zu bezahlen. Außerdem müs-

sen sich die Farmer von der Firma überprüfen lassen.

In Kanada und den USA setzte der Konzern sogar Pri-

vatdetektive ein, um die Einhaltung der Verträge zu

überprüfen. In Radios und Zeitungsartikeln rief Mon-

santo öffentlich dazu auf, „verdächtige“ Nachbarn an

eine eigens dafür eingerichtete Telefon-Hotline zu mel-

den.

Monsanto klagte in über tausend Verfahren gegen Far-

mer, die nach Ansicht der Firma unrechtmäßig gen-

technisch verändertes Saatgut ausgebracht haben sol-

len. Die verhängten Bußgelder in Höhe von mehreren

Zehntausend Dollar bedeuteten in manchen Fällen das

wirtschaftliche Ende der verurteilten Farmerfamilien.

9 Frankfurter Allgemeine

Zeitung (13.5.2004)

Syngenta und Fox Paine

teilen Advanta.

„Wir haben viel zu verlieren – vor allem wir Bauern“Ein Kommentar von Anneliese Schmeh, Bio-Bäuerin und Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft in Baden-Württemberg.

„Die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung und der Bauern glaubt nichtan die hehren Versprechen der Gentech-Industrie von einer schönen neuenWelt, die wir angeblich nach unseren Wünschen formen können. Und sie glau-ben auch nicht den Professoren und Politikern mit ihrem Geschwätz von Koexi-stenz und Wahlfreiheit, die wir auch in Zukunft haben sollen. Ihre Absicht istzu offensichtlich: die Leute beruhigen und in Sicherheit wiegen, bis eineUmkehr nicht mehr möglich ist. In Ländern wie Kanada, USA und Argentinienist der Beweis ja schon erbracht, dass eine Koexistenz nicht realisierbar ist. Darum sehe ich in der in der Schaffung gentechnikfreier Regionen einen Aktder Selbsthilfe, um unsere eigenständige Ernährung zu erhalten und unseredemokratischen Grundrechte zu wahren. Denn es steht meiner Meinung nachaußer Zweifel: Die großen Gentechnik-Konzerne sind mit dem Griff nach denGrundlagen allen menschlichen Lebens, nämlich dem Saatgut, einer allum-fassenden Macht sehr nahe gekommen. So könnten sie in Zukunft bestim-men, wer Saatgut bekommt und wer nicht. Regierungen, ganze Staaten wärenerpressbar. Alle demokratischen Rechte wären außer Kraft gesetzt.“

Annliese Schmeh bewirtschaftet in Überlingen am Bodensee einen Bio-land-Milchviehbetrieb und ist Mitbegründerin der gentechnikfreien Re-gion Überlingen.

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9Gentechnik in der Landwirtschaft

Entwicklung von Gentech-Weizen gestoppt

Der US-Konzern Monsanto gab im Mai 2004 bekannt,

Entwicklung und Vermarktungspläne für seinen gen-

technisch veränderten Weizen vorerst einzustellen10.

Vor sieben Jahren hatte der Konzern mit der Entwick-

lung von herbizidresistentem Weizen begonnen. Die-

ses Vorhaben scheiterte nun am massiven Widerstand

der Öffentlichkeit. Der Grund: Anders als Soja und Mais

dient Weizen vor allem der menschlichen Ernährung

und nicht als Viehfutter – gentechnisch veränderte

Lebensmittel werden aber in den meisten Ländern ab-

gelehnt. Bauernorganisationen aus den USA und Kana-

da hatten deshalb gefordert, die Einführung des GVO-

Weizens zu unterbinden, den Farmern drohe sonst der

Verlust ihrer ausländischen Märkte. Vor allem die Mil-

liardenexporte nach Europa und Japan wären durch

eine Einführung des Gentech-Weizens gefährdet.

Rückzug aus Europa

Der Rückzug des Agrokonzerns Syngenta aus britischen

Forschungsinitiativen könnte als Symbol für eine durch

den Verbraucherwiderstand gegen Gentechnik in der

EU entmutigte Industrie gewertet werden. Syngenta

verlagert seine Gentechnikforschung aus dem briti-

schen Jealott‘s Hill nach North Carolina, USA. Damit

will das Unternehmen nach eigenen Angaben die Ent-

wicklung von Gentech-Pflanzen dort ansiedeln, wo es

auch einen Markt dafür gibt11.

„Ich sehe in der Grünen Gentechnik keineLösung für unsere wirklichen Probleme,nämlich ein besseres Einkommen zu erwirtschaften!"Ein Kommentar von Christian Reutter, Vorsitzender des Kreisbauernver-bandes Tübingen.

„Ich glaube nicht an die Versprechungen der Industrie. Niemand kann ernst-haft glauben, die Industrie würde ihre Umsätze und Gewinne reduzieren. DasHighTech-Saatgut wird mindestens um soviel teurer wie Pflanzenschutzmitteleingespart werden können. Der zweite Punkt ist die extreme Abhängigkeit in die wir uns begeben. Wir dür-fen uns nicht beirren lassen. Es geht um weit mehr als um ein paar Euro Kosten-einsparung beim Pflanzenschutz. Hinter der grünen Gentechnik stehen knall-harte wirtschaftliche Interessen. Die vom Gesetz geforderte Koexistenz wird inder Praxis nicht funktionieren. Die Wahlfreiheit von uns Bauern ist in Fragegestellt. Die Konzerne werden dann mit ihrer Marktmacht diktieren, welcheSorte wir Bauern zur Aussaat noch zur Verfügung haben. Und in der Folge, wel-che Pflanzenschutzmittel verwendet werden. Meine Berufskollegen im Landkreis Tübingen teilen meine Meinung – unab-hängig von Wirtschaftsweise und Größe des Hofes. Die KreisbauernverbändeTübingen, Reutlingen und Zollernalb haben den einstimmigen Beschluss gefasst:„Wir gründen eine gentechnikfreie Anbauzone Neckar-Alb“.Damit wollen wir ein Zeichen setzen, das ausstrahlt auf die ganze Gesellschaft.Die Verbraucher müssen das Problem erkennen, und auch zum Thema machen.Wir brauchen keine Gentechnik: sie bringt uns nichts und deshalb wollen wirsie auch nicht!“

Christian Reutter bewirtschaftet mit seiner Familie einen 100-Hektar Betrieb mit Ackerland, Grünland, Streuobst, Milchvieh, Muttersauen undPferdepension. Der Hof liegt vor den Toren der Stadt Tübingen.

10 Süddeutsche Zeitung (12.5.2004) Monsanto stoppt Gen-Weizen.11 Die europäischen Saatgutkonzerne treten bei der Entwicklung

der Gentechnik für die hiesige Landwirtschaft den Rückzug an

(1.7.2004) www.boerse-online.de/ftd/artikel.html

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10 Faire Nachbarschaft

Funktionale Lebensmittel und Industrierohstoffe

D ie Gentechnik-Unternehmen kündigen seit

Mitte der neunziger Jahre Pflanzen an, die das

Verbraucherinteresse wecken sollen. Soge-

nannte „funktionale Lebensmittel“ sollen mehr Vit-

amine oder gesundheitsfördernde Stoffe enthalten.

Auch der Industrie werden maßgeschneiderte Roh-

stoffe versprochen. Etwa eine Kartoffel, die amylose-

freie Stärke enthält und sich somit besser für die indu-

strielle Verwertung eignet, z.B. als Grundstoff für Folien,

Kleister und Verpackungen.

Doch die Realität sieht anders aus: Auch in Zukunft

wird der Schwerpunkt weiterhin auf herbizid- und in-

sektenresistenten Pflanzen liegen12. Denn dies sind rela-

tiv einfache gentechnische Veränderungen, bei denen

in der Regel nur ein Gen in die Pflanze eingeführt wer-

den muss. Eingriffe in die elementaren Stoffwechsel-

zusammenhänge der Pflanze mit dem Ziel, die Inhalts-

stoffe zu verändern, sind weitaus schwieriger. Häufig

führen sie zu unvorhersehbaren Nebenwirkungen. Auf-

grund dieser Unsicherheiten sind solche Pflanzen noch

weit von einer Marktreife entfernt.

Trotz des geringen Wissens über den pflanzlichen Stoff-

wechsel wird an allen wichtigen Nutzpflanzen ge-

forscht, um sie „gentechnisch zu verbessern“. Dahinter

steckt die Hoffnung der Industrie, der Gentechnik das

zu verschaffen, was ihr bisher fehlt: Verbraucherak-

zeptanz.

Pharmapflanzen

US-Firmen planen die Produktion von Pharmazeutika

in Nahrungspflanzen wie Mais, Reis oder Kartoffeln.

Medikamente, wie z.B. Impfstoffe, sollen so billiger pro-

duziert werden. Doch mit diesen Pflanzen kann es er-

hebliche Probleme geben: 2001 wurde in den USA

Pharma-Mais freigesetzt, der einen Schweineimpfstoff

produziert. Der Pharmamais trat in der Folgekultur auf,

die Behörden mussten einschreiten und die gesamte

Ernte vernichten. In einem anderen Fall musste Mais

auf Nachbarfeldern entsorgt werden, da der Pharma-

Mais ausgekreuzt hatte. Die verantwortliche Firma Pro-

diGene wurde zur Zahlung von mehreren Millionen

Dollar Schadensersatz verpflichtet13. Diese Vorfälle

haben selbst in den gentechnikfreundlichen USA zu

heftigen Diskussionen über das Risikopotential von

Pharmapflanzen geführt.

Wenn schon in der Agrarstruktur der USA eine Vermi-

schung der Pharma-Pflanzen mit anderen Kulturen

nicht zu vermeiden ist, wie soll dann in der kleinräu-

migen europäischen Landwirtschaft eine sichere Tren-

nung praktiziert werden?

Welche Pflanzen befinden sich in derEntwicklung?

Von der Marktreife noch weit entfernt: „funktionale“ Gentech-Pflanzen

12 B. Vogel, C. Potthof (2003)

Verschobene Marktreife

www.gen-ethisches-

netzwerk.de 13 Studie von Sue Mayer

(2003) Non-Food GM

Crops: New Dawn or False

Hope? www.genewatch.org „Es ist nicht davon auszugehen, dass eineVerunreinigung von Nicht-Pharmapflanzenzu vermeiden ist. Es ist auch nicht auszu-schließen, dass ein aktiver Inhaltsstoff sohoch konzentriert gebildet wird, dass eineinzelnes Maiskorn den Schwellenwert fürdie Lebensmittelsicherheit überschreitet.“

Dirk Maier, Professor für Agrarwissen-schaften an der Purdue Universität(USA), zum Anbau von Pharmapflanzen

• Reis mit erhöhtem Provitamin A-Gehalt

• Tomaten mit gesundheitsfördernden

Stoffen

• Weizen mit geringerem Allergengehalt

• Kartoffeln, die bestimmte Karotine bilden

• Kartoffeln, die Spinnenseide produzieren

• Raps mit verändertem Ölgehalt

• Raps, der Kunststoffe produziert

• Mais, der Pharmazeutika produziert

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11Gentechnik in der Landwirtschaft

D er rechtliche Rahmen für die Nutzung der

Agro-Gentechnik wird auf EU-Ebene abge-

steckt. Dabei sind drei Gesetze von herausra-

gender Bedeutung:

• die EU-Freisetzungsrichtlinie (2001/18/EWG),

• die EU-Verordnung über genetisch veränderte Le-

bensmittel und Futtermittel (Nr. 1829/2003),

• die EU-Verordnung über die Rückverfolgbarkeit und

Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Orga-

nismen (Nr. 1830/2003).

Die EU-Freisetzungsrichtlinie

2001 wurde eine neue Freisetzungsrichtlinie verab-

schiedet. Sie regelt die Freisetzung und das Inverkehr-

bringen von gentechnisch veränderten Organismen

(GVO), d.h. von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen.

Gegenüber der alten Freisetzungsrichtlinie14 von 1990

weist sie eine Reihe von Verbesserungen auf:

• die Verankerung des Vorsorgeprinzips,

• GVO unterliegen vor ihrer Marktzulassung einer Um-

weltverträglichkeitsprüfung,

• die Pflicht zur Information der Öffentlichkeit über

GVO-Standorte (Standortregister),

• die Überwachung von Langzeiteffekten nach dem In-

verkehrbringen (Monitoring),

• die Befristung der Zulassung auf 10 Jahre,

• die Mitgliedsstaaten haben die Möglichkeit, Maß-

nahmen zur Sicherung der Koexistenz zu erlassen:

„Die Mitgliedsstaaten können die geeigneten Maß-

nahmen ergreifen, um das unbeabsichtigte Vorhan-

densein von GVO in anderen Produkten zu verhin-

dern.“

Nach der alten Freisetzungsrichtlinie sind 18 GVO für

Anbau, Einfuhr und Verarbeitung als Lebens- und Fut-

termittel zugelassen, u.a. Mais, Raps, Soja, Chicoree,

Tabak und Nelken. Alle diese Pflanzen haben ihre Zulas-

sung vor Beginn des Moratoriums 1998 erhalten.

Trotz erteilter Zulassungen fand ein kommerzieller An-

bau von GVO bisher nur in einem äußerst begrenztem

Maße statt. Dafür gibt es neben der mangelnden Nach-

frage nach Gentech-Produkten in der EU einen zwei-

ten – rechtlichen – Grund: Neben der Zulassung nach

der Freisetzungsrichtlinie ist eine zweite Genehmigung

für die Aussaat von gentechnisch verändertem Saat-

gut erforderlich: die Sortenzulassung und der Eintrag

in einen nationalen oder den EU-Sortenkatalog. Diese

zweite Voraussetzung erfüllten nur wenige GVO: In

Spanien wurde der Mais Bt 176 von Syngenta ausge-

bracht, in Deutschland wurde 2004 der Mais Mon 810

aufgrund einer beschränkten Sortenzulassung im Rah-

men des sogenannten Erprobungsanbaus angebaut. In

den Jahren zuvor wuchs Bt 176 hierzulande auf einer

Fläche von mehreren hundert Hektar, da er ebenfalls

eine beschränkte Sortenzulassung erhalten hatte.

Am 8. September 2004 erhielten 17 Sorten des insek-

tenresistenten Mon 810 von Monsanto einen Eintrag

in den EU-Sortenkatalog. Damit gab die EU-Kommis-

sion erstmals eine gentechnisch veränderte Pflanze zum

unbegrenzten Handel und Anbau frei. Ab Frühjahr 2005

kann damit der Gentech-Mais Mon 810 überall in der

EU ausgesät werden.

Um die neue Freisetzungsrichtlinie in deutsches Recht

umzusetzen, ist eine Novellierung des deutschen Gen-

technikgesetzes erforderlich. Derzeit ist jedoch unklar

bis wann das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen

sein wird.

Welche rechtlichen Rahmenbedingungengelten für die Nutzung der Agro-Gentechnik?

14 EU-Freisetzungsrichtlinie

90/220/EWG.

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12 Faire Nachbarschaft

Aufhebung des EU-Gentech-Moratoriums

Seit 1998 hat ein Moratorium jede weitere Zulassung

und Vermarktung von gentechnisch veränderten Orga-

nismen (GVO) innerhalb der Europäischen Union ver-

hindert. Das Moratorium kam zustande, weil eine

Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten die bestehenden

Gesetze zur Gentechnik für nicht ausreichend hielt und

deshalb jede Neuzulassung von GVO ablehnte. Doch

auch, nachdem die Verordnungen über genetisch ver-

änderte Lebens- und Futtermittel und über die Rück-

verfolgbarkeit und Kennzeichnung von GVO im April

2004 in Kraft getreten waren, fand sich unter den Mit-

gliedsstaaten keine Mehrheit für Neuzulassungen. Sie

monierten vor allem die fehlenden Regelungen zur

Haftung und zur Koexistenz (das Nebeneinander einer

Landwirtschaft mit und ohne Gentechnik). Dass im Mai

2004 erstmals wieder eine gentechnisch veränderte

Pflanze zugelassen wurde – der Bt 11-Mais von Syn-

genta – ist eine Entscheidung der EU-Kommission. Die-

se ist dazu formal immer dann befugt, wenn sich inner-

halb der Mitgliedsstaaten keine zwei-Drittel-Mehrheit

für oder gegen eine GVO-Zulassung herausbildet.

Das EU-Moratorium hat fast sechs Jahre lang gehal-

ten. Seine Aufhebung durch die EU-Kommission ist vor

allem dem Druck der USA geschuldet, die im Sommer

2003 bei der Welthandelsorganisation (WTO) Klage

gegen das EU-Moratorium eingereicht hatte.

Das Ende des Moratoriums bedeutet, dass der Zulas-

sungsprozess für GVO wieder eingesetzt hat. Das heißt

aber nicht, dass gentechnisch veränderte Produkte auf

den Markt kommen und Landwirte oder Verbraucher

sie kaufen. So wird Syngenta nach eigenen Angaben

ausgerechnet Bt 11, das Produkt, dessen Zulassung das

Moratorium beendet hat, wegen fehlender Absatz-

chancen nicht als Lebensmittel auf den Markt bringen.

Im Juli 2004 ist ein weiterer Mais, der NK 603 von Mon-

santo, als Futtermittel – und im Oktober 2004 auch als

Lebensmittel – zur EU-weiten Vermarktung zugelassen

worden. Die EU-Verordnung über genetisch veränder-

te Lebens- und Futtermittel schreibt vor, dass beide

Zulassungen vorliegen müssen, bevor ein Produkt in

der EU vermarktet werden darf.

„Gentechnik ist ein Beitrag zum sozialen Unfrieden!“Ein Kommentar von Godehart Hannig, Demeter-Bauer in Hessen.

„Wir haben in der modernen Landwirtschaft Überschüsse, die nicht verkäuflich sind und nur die Erzeugerpreise drücken. Es kann das Interessekeines vernünftigen Landwirts sein, noch mehr Getreide, Milch oder Fleisch zu erzeugen. Niemand braucht das. Weniger zu produzieren mit mehrQualität und Geschmack wäre das Richtige. Demeter-Landwirte tun alles, um die lebendigen Kräfte des Bodens, der Pflanzen und der Tiere zustärken. Nur so entstehen vitale Lebensmittel für die Menschen. Es ist ein Wahnsinn, den Pflanzen ein Gen einzupflanzen, damit sie unemp-findlicher gegenüber einem Totalherbizid werden. Eingespart wird dabei nur das Mittel der Konkurrenz; verdienen wird nur die agrochemischeFirma, die das Saatgut und das passende Herbizid verkauft. Wenn die Entwicklung so weitergeht, wird man in Zukunft nur noch das Gesamt-paket „Saatgut, Dünger, Biozide“ kaufen können. Die Landwirte sind heute schon geknebelt, wie wird es erst dann werden? Gentechnik ist ein Beitrag zum sozialen Unfrieden: Die Aussaat von Gen-Pflanzen ist eine Kriegserklärung an die das nicht wollen. Denn dasSaatgut kann sich überall hin ausbreiten und bedroht damit die wirtschaftliche Grundlage der Betriebe, die gentechnikfrei sein und bleiben wol-len. Im schlimmsten Fall zerstört die Gentechnik sogar ihre Existenz.“

Godehart Hannig bewirtschaftet gemeinsam mit zwei anderen Landwirten seit 1981 einen mittlerweile 100 ha umfassenden Demeter-Betrieb. Hauptbetriebszweige sind die Milchproduktion mit 50 Kühen und 100 Ziegen sowie die Verarbeitung der Milch in der Hofkäserei.

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13Gentechnik in der Landwirtschaft

Welche gentechnisch veränderten Pflanzen sind in der EU zugelassen?

Zugelassene Gentech-Pflanzen nach der alten EU-Freisetzungsrichtlinie (90/220/EWG). Nur in wenigen Fällen

liegt auch die Voraussetzung für den Anbau vor: Die Sortenzulassung bzw. ein Eintrag in den nationalen oder

EU-Sortenkatalog.

Pflanze

NK 603*

Bt 11*

T25

Mon 810

Bt 176

Topas19/2(HCN)92

MS1xRF1

MS1xRF2

GTS 40-3-2

Herbizidresistenz

Insekten- und Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Insektenresistenz

Insektenresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Veränderte Blütenfarbe

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Monsanto

Syngenta

Bayer Crop Science

Monsanto

Syngenta

Bayer Crop Science

Bayer Crop Science

Bayer Crop Science

Monsanto

Florigene

SEITA

Bejo-Zaden

2004

2004

1998

1998

1997

1998

1997

1997

1996

1997

1994

1996

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

nein

nein

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

nein

nein

nein

nein

nein

ja

ja

ja

nein

ja

nein

nein

nein

nein

nein

keine

keine

keine

ja, seit8.9.2004

keine

keine

keine

keine

keine

keine

keine

keine

keine

keine

keine

25,5 t Deutschland2004

32 000 ha Spanien

keine

keine

keine

keine

keine

keine

keine

Für welche Nutzungsbereiche liegt eineZulassung nach EU-Richtlinie vor?

EU Sorten-zulassung

Beschränkte Sortenzulassung**

Mai

sRa

ps

Soja

Nelken

Tabak

Chicoree

Linie Eigenschaft Antragsteller Zulassung seit

Import Lebens- und Futtermittel

Anbau

* zugelassen nach der neuen EU-

Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EWG.

** Auch wenn keine Sortenzulassung

vorliegt, kann eine Ausnahmege-

nehmigung erteilt werden, die den

Anbau ermöglicht: die beschränkte

Sortenzulassung, sie ist zeitlich und

mengenmäßig begrenzt.

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Rübe

n

14 Faire Nachbarschaft

Bei weiteren Gentech-Pflanzen ist eine Zulassung beantragt

Folgende Gentech-Pflanzenlinien warten auf ihre Zulassung nach der neuen EU-Freisetzungsrichtlinie (2001/18/EWG).

Pflanze Zulassung beantragt?

Mai

sRa

ps

Linie Eigenschaft Antragsteller

Anbau Import Lebens- und Futtermittel

Kartoffeln

Soja

Reis

NK 603

Bt 11

Hybridmais Mon 863 x Mon 810

1507 – CRY1F

Hybridmais NK 603 x Mon 810

GA21

Hybridmais GA21 x Mon 810

Liberator pHoe6/Ac

Falcon

T 45

Ms8 x Rf3

GT 73

GS40/90 pHoe6/Ac

Zuckerrübe H7-1

Zuckerrübe T9100152

Futterrüben A5/15

EH92-527-1

A 2704-12, A 5547-127

LLRice62

LLcotton 25

BXN 10215; 10222

1445

LL Cotton 25

531

281-24-236/3006-210-23

Herbizidresistenz

Insekten- und Herbizidresistenz

Insektenresistenz

Insekten- und Herbizidresistenz

Insekten- und Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Insekten- und Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Veränderte Stärkezusammensetzung

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Herbizidresistenz

Monsanto

Syngenta

Monsanto

DuPont, DOW

Monsanto

Monsanto

Monsanto

Bayer Crop Science

Bayer Crop Science

Bayer Crop Science

Bayer Crop Science

Monsanto

Bayer Crop Science

Monsanto, KWS Saat AG

Monsanto, Syngenta

Monsanto u.a.

Amylogene HB

Bayer Crop Science

Bayer Crop Science

Bayer Crop Science

Stoneville PedigreedSeed

Monsanto

Bayer Crop Science

Monsanto

DOW u.a.

ja

ja

nein

ja

ja

nein

nein

ja

ja

nein

ja

nein

ja

ja

ja

ja

ja

nein

nein

nein

nein

ja

nein

ja

nein

bereits erteilt

bereits erteilt

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

nein

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

bereits erteilt

bereits erteilt

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

nein

nein

ja

ja

nein

nein

nein

nein

ja

Baum

wol

le

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15Gentechnik in der Landwirtschaft

Kennzeichnung gentechnisch veränderterLebens- und Futtermittel

Seit dem 18. April 2004 regeln zwei neue EU-Verord-

nungen die Kennzeichnung gentechnisch veränderter

Lebens- und Futtermittel:

• die Verordnung über die Rückverfolgbarkeit und

Kennzeichnung von genetisch veränderten Organis-

men (Nr. 1830/2003) und

• die Verordnung über genetisch veränderte Lebens-

mittel und Futtermittel (Nr. 1829/2003).

Rückverfolgbarkeitssystem dokumentiert denWeg vom Acker bis zum Teller

Die Verordnung über die Rückverfolgbarkeit und Kenn-

zeichnung von GVO macht den Weg einer gentech-

nisch veränderten Pflanze vom Acker bis zum Teller

transparent. Sie verpflichtet diejenigen, die genetisch

veränderte Organismen (GVO) für die Lebensmitteler-

zeugung einsetzen, Ursprung und Verbleib der ver-

wendeten Produkte über den gesamten Verarbeitungs-

prozess bzw. durch die Vertriebskette hindurch zu doku-

mentieren. Dabei muss jede Annahme und Weitergabe

eines Gentech-Produkts schriftlich festgehalten und

zugleich die Information über das spezifische Nach-

weisverfahren des jeweiligen GVO übermittelt werden.

Die Unterlagen darüber, wer von wem welche GVO in

Empfang genommen hat, sind von den Marktteilneh-

mern (Saatguthändlern, Landwirten, Lebensmittelin-

dustrie und Handel) fünf Jahre lang aufzubewahren.

Das Rückverfolgbarkeitssystem dient zwei Zwecken: Es

bildet die Grundlage der Kennzeichnung, und es soll

den Rückruf eines GVO-Produktes ermöglichen, wenn

sich im Nachhinein, d.h. trotz erteilter Marktzulassung,

herausstellt, dass es umwelt- oder gesundheitsschäd-

lich ist.

Weitaus mehr Produktekennzeichnungspflichtig

Durch das Rückverfolgbarkeitssystem unterliegen jetzt

weit mehr Produkte einer Kennzeichnungspflicht als

bisher. Denn nach der alten Novel-Food-Verordnung

waren nur solche Produkte kennzeichnungspflichtig,

in denen die fremde Erbsubstanz auch nachweisbar

war. Das hatte zur Folge, dass oftmals nicht Gentech-

nik auf der Verpackung draufstand, obwohl eigentlich

Gentechnik drin war. Bestes Beispiel: Pflanzliche Öle

und Fette, die aus Gentech-Soja, -Mais oder -Raps

gewonnen sind, mussten bislang nicht als Gentech-

Produkte ausgewiesen werden – denn bei ihrer Her-

stellung werden durch Erhitzungs- und Reinigungs-

prozesse sämtliche Spuren der gentechnischen Verän-

derung getilgt.

Lebensmittelhersteller und Handel haben sich auf die

neuen Kennzeichnungsregeln eingestellt. Auch im Be-

reich der pflanzlichen Öle und Fette sowie in Bezug auf

Maisstärke sind die Firmen auf Lieferanten umgestie-

gen, die ihnen gentechnikfreie Ausgangsprodukte ga-

rantieren. Vorreiter in diesem Bereich ist Unilever. Das

Unternehmen verwendet seit Jahren gentechnikfreien

Raps für seine Margarineherstellung.

Erweiterte Regeln für die Kennzeichnung

Die Verordnung über genetisch veränderte Lebens- und

Futtermittel (Nr. 1829/2003) regelt die Kennzeich-

nungspflicht. Danach ist alles, was aus gentechnisch

veränderten Organismen (GVO) hergestellt ist, GVO ent-

hält oder selbst gentechnisch verändert ist, kenn-

zeichnungspflichtig.

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16 Faire Nachbarschaft

Futtermittel sind kennzeichnungspflichtigErstmals durchlaufen auch gentechnisch veränderte

Futtermittel ein Zulassungsverfahren und unterliegen

der Kennzeichnungspflicht. So wissen Landwirte, ob sie

gentechnisch veränderte Futtermittel kaufen oder

nicht. Dieses Wissen müssen sie nach geltender Geset-

zeslage jedoch nicht an die Konsumenten weitergeben:

Denn Produkte von Tieren, die mit Gentech-Futter

gefüttert wurden, also Milch, Fleisch und Eier, müssen

nicht gekennzeichnet werden.

Einige Qualitätsfleischprogramme setzen dennoch auf

gentechnikfreie Fütterung. Neben Bio- und Neuland-

Betrieben – wo traditionell ohne Gentechnik gearbei-

tet wird – schließen auch Wiesenhof, Du Darfst und

Edeka Nord Gentechnik im Futtertrog aus.

Kennzeichnungspflicht für Vitamine und ZusatzstoffeumstrittenDie Kennzeichnungspflicht für Produkte, die mit gen-

technisch veränderten Mikroorganismen hergestellt

wurden, ist umstritten. Ob auf diese Weise erzeugte

Vitamine wie C, B2 und B12 und Zusatzstoffe wie Glu-

tamat und Aspartam kennzeichnungspflichtig sind, ist

weder in Deutschland noch auf EU-Ebene abschließend

geklärt.15

„Zufällige oder technisch unvermeidbare“ Verunrei-nigungenProdukte, die weniger als 0,9 Prozent gentechnisch ver-

änderte Bestandteile enthalten, sind von der Kenn-

zeichnungspflicht ausgenommen, sofern die Verunrei-

nigung „zufällig oder technisch nicht zu vermeiden“

war. Das bedeutet zweierlei: Wer bewusst Gentechnik

einsetzt, muss auch unterhalb des Schwellenwertes

kennzeichnen; wer den Schwellenwert für sich in

Anspruch nehmen will, hat gegenüber der zuständigen

Behörde (Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und

Verbraucherschutz, Lebensmittelüberwachungsbehör-

den der Bundesländer) nachzuweisen, dass er „geeig-

nete Schritte“ gegen die gentechnische Verunreinigung

unternommen hat.

Wie wird gekennzeichnet?Alle Lebens- und Futtermittel mit GVO-Anteilen über

0,9 Prozent müssen auf der Zutatenliste als „genetisch

verändert“ ausgewiesen werden. Auch in Kantinen und

Gaststätten muss gekennzeichnet werden. Bisher sind

in der EU fast keine gekennzeichneten Lebensmittel

auf dem Markt.

gekennzeichnet werden

• Gentech-Futtermittel, z.B. Maiskleber,

Sojaschrot, auch Mischfuttermittel mit

Gentechanteilen, z.B. Milchleistungsfut-

ter mit Gentech-Soja

• Gentech-Lebensmittel, z.B. Maiskolben,

Sojamehl, Rapsöl, auch verarbeitete

Lebensmittel, z.B. Maischips, Cornflakes,

Sojalecitin, Maisstärke

• Gentech-Saatgut

• Aus Gentech-Pflanzen gewonnene

Zusatzstoffe, z.B. Vitamin E aus Gen-Soja

nicht gekennzeichnet werden

• Produkte von Tieren, die mit gentechnisch

veränderten Futtermitteln gefüttert wur-

den, z.B. Fleisch, Milch und Eier

• Enzyme, die mit gentechnischen Metho-

den hergestellt werden, denn Enzyme gel-

ten generell im Lebensmittelbereich nicht

als Zutat, z.B. Chymosin (Labersatz im

Käse), Amylasen (im Brot), Pektinasen (in

Fruchtsäften)

Kennzeichnung unklar

• Zusatzstoffe, die mit Hilfe von gentech-

nisch veränderten Mikroorganismen her-

gestellt werden, z.B. Aspartam, Glutamat,

Vitamin C, B2, B1215

• Honig

Welche Produkte müssen gekennzeichnet werden?

15 Derzeit herrscht in der EU-

Kommission die Auffas-

sung, dass diese Zusatz-

stoffe auch nach der

neuen Kennzeichnungs-

verordnung nicht gekenn-

zeichnet werden müssen.

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17Gentechnik in der Landwirtschaft

Gentechnikgesetz schützt gentechnikfreiwirtschaftende Bauern

Das deutsche Gentechnikgesetz regelt den Umgang mit

gentechnisch veränderten Organismen (GVO). Es setzt

die EU-Freisetzungsrichtlinie in nationales Recht um.

Am 18. Juni 2004 hat der Bundestag den Teil des Geset-

zes verabschiedet, der keiner Zustimmung des Bun-

desrates bedarf. Am 26. November wird dieses Gesetz

im Bundestag mit Kanzlermehrheit bestätigt. Noch ist

offen, wann es in Kraft tritt und wann der zweite, zu-

stimmungspflichtige Teil verhandelt wird, der u.a. die

Rechtsverordnung zur Guten Fachlichen Praxis des

GVO-Anbaus enthalten soll.

Der Aufspaltung des Gesetzes sind heftige Kontrover-

sen zwischen Bundesregierung und CDU-FDP-domi-

niertem Bundesrat vorangegangen. Der umstrittenste

Punkt des Gentechnikgesetzes ist die gesamtschuld-

nerische Haftung. Nach den Plänen von SPD und Grü-

nen in Bundesregierung und Bundestag soll sie dann

greifen, wenn sich nicht zuordnen lässt, wer die Ver-

unreinigung der Ernte eines Nachbarn verursacht hat.

D.h. jeder GVO-anbauende Landwirt in einem bestimm-

ten Umkreis kann für den ökonomischen Schaden sei-

nes Nachbarn zur Rechenschaft gezogen werden –

selbst dann, wenn er die Gute Fachliche Praxis des GVO-

Anbaus eingehalten hat. In den Augen von CDU/CSU

und FDP bedeutet dies ein unverhältnismäßiges Haf-

tungsrisiko, das auf ein de-facto-Anbauverbot von

gentechnisch veränderten Pflanzen hinausläuft.

Sie favorisieren deshalb ein anderes Haftungsmodell:

Landwirte sollen nur dann haftbar sein, wenn sie die

Gute Fachliche Praxis nicht eingehalten haben. Für alle

anderen Fälle soll ein Haftungsfonds aufkommen, der

sich aus mehreren Quellen speist: aus Mitteln der Gen-

technik-Industrie, der Bauern, die gentechnisch ver-

ändertes Saatgut aussäen und aus Steuergeldern.

Die Bundesregierung hat sich klar gegen eine „Gen-

tech-Steuer“ ausgesprochen, die Hersteller gentech-

nisch veränderten Saatguts haben ebenfalls deutlich

gemacht, dass sie sich an der Haftung nicht beteiligen

werden. Damit läuft der Vorschlag des Bundesrates dar-

auf hinaus, dass eine Vielzahl von Schäden überhaupt

nicht kompensiert würde: Gentechnikfrei produzie-

rende Landwirte würden immer dann keinerlei Ent-

schädigung erhalten, wenn alle ihre GVO-anbauenden

Nachbarn nachweisen können, dass sie die Gute Fach-

liche Praxis eingehalten haben.

Da die Haftungsfrage jedoch im zustimmungsfreien Teil

des Gesetzes geregelt ist, werden Kontaminations-

schäden ersetzt. Wird das Gesetz, wie es die Bundes-

tagsfraktionen von SPD und Grünen beschlossen haben,

umgesetzt, müssen GVO-anbauende Landwirte damit

rechnen, dass sie gesamtschuldnerisch für die Verun-

reinigungen der Ernten ihrer Nachbarn haften.

Der zustimmungspflichtige Teil wird u.a. die Ausgestal-

tung der Guten Fachlichen Praxis des GVO-Anbaus und

die Überwachung des kommerziellen Anbaus (Monito-

ring) umfassen.

Der folgende Text stellt das Gentechnikgesetz vor, das

der Bundestag am 18. Juni 2004 verabschiedet hat und

das am 26. November 2004 mit Kanzlermehrheit bestä-

tigt wird.

Gute Fachliche Praxis

Die Gesetzesvorlage des Bundestags formuliert allge-

meine Prinzipien der Guten Fachlichen Praxis16. Diese

folgen einem Grundgedanken: Die Maßnahmen zur

Sicherung der gentechnikfreien Landwirtschaft und

Lebensmittelproduktion haben diejenigen zu treffen,

die mit dem Einsatz der Gentechnik Geld erwirtschaf-

ten wollen. Gemäß dem Verursacherprinzip wird die

Verantwortung den sogenannten „Inverkehrbringern“

auferlegt. Also den Gentech-Firmen, die transgenes

Saatgut herstellen, den Händlern, die GVO-Saatgut und

-Futtermittel anbieten und den Bauern, die Gentech-

Pflanzen anbauen. Sie alle haben dafür zu sorgen, dass

es zu keiner Vermischung mit gentechnikfreien Pro-

dukten kommt.

16 Gentechnik-Gesetz § 16 b

unter der Überschrift „Um-

gang mit in Verkehr ge-

brachten Produkten“

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18 Faire Nachbarschaft

Ferner ist ein GVO-Anbauer verpflichtet, über alle Maß-

nahmen der Guten Fachlichen Praxis Buch zu führen.

Zu dokumentieren sind die Sorte des Saat- oder Pflanz-

guts, die Schläge des Anbaus, die Ausbringung von

Düngemitteln, die GVO enthalten und die pflanzen-

baulichen Maßnahmen, die auch nach Beendigung des

Anbaus fortzuführen sind, solange mit Durchwuchs zu

rechnen ist.

Die Bundesregierung möchte die einzelnen Maßnah-

men der Guten Fachlichen Praxis – insbesondere die

Frage der Mindestabstände zwischen den einzelnen

Kulturen – in einer Rechtsverordnung regeln. Der Bun-

desrat hat jedoch ein anderes Modell gefordert: Nicht

der Gesetzgeber soll die Details der Guten Fachlichen

Praxis festlegen, sondern die Saatgutfirmen. Sie sollen

in einer Produktinformation bestimmen, welche Auf-

lagen der Landwirt einzuhalten hat.

Dies dürfte den Anbietern von Gentech-Saatgut auf

Dauer wenig Freude bereiten. Denn wenn sie die Regeln

der Guten Fachlichen Praxis über eine Produktinfor-

mation festschreiben, stehen sie für die Richtigkeit ihrer

Informationen gerade. Das heißt: Wenn ein Bauer

nachweisbar die Regeln befolgt, sein Nachbar aber den-

noch einen Kontaminationsschaden erlitten hat, dann

kann er den Saatguthersteller aufgrund fehlerhafter

Produktinformation verklagen.

Haftung

Der Gesetzentwurf des Bundestags definiert gentech-

nische Verunreinigung als „wesentliche Nutzungsbe-

einträchtigung“ und leitet daraus einen Anspruch auf

Ausgleich wirtschaftlicher Schäden ab. Außerdem wird

die Einhaltung der Vorsorgepflicht als wirtschaftlich

zumutbar eingestuft. Damit werden diejenigen in die

Pflicht genommen, die in ihrem Betrieb GVO einset-

zen17.

Ein Landwirt kann eine Nutzungsbeeinträchtigung ins-

besondere dann geltend machen, wenn in seiner Ern-

te Verunreinigungen von über 0,9 Prozent auftreten,

da dies eine Kennzeichnung als „genetisch verändert“

erforderlich machen würde. Ausgleichszahlungen kann

auch verlangen, wer ökologisch oder nach den Regeln

der „ohne-Gentechnik“-Verordnung18 wirtschaftet.

Durch das Wort „insbesondere“ wird der Spielraum

eröffnet, vor Gericht auch dann eine Nutzungsbeein-

trächtigung geltend zu machen, wenn die Verunreini-

gung konventionell und biologisch bewirtschafteter

Felder unterhalb des Schwellenwerts von 0,9 Prozent

liegt. Dies ist insofern von Bedeutung, als heute schon

viele Verarbeiter selbst gering verunreinigte Ernten

ablehnen. Der Grund: Sie benötigen einen Puffer, um

ihrerseits den Kennzeichnungsschwellenwert nicht zu

überschreiten.

Wenn sich nicht zuordnen lässt, wer genau die Verun-

reinigung verursacht hat, greift die gesamtschuldne-

rische Haftung. Damit kann jeder GVO-anbauende

Landwirt in einem bestimmten (jedoch nicht näher prä-

zisierten) Umkreis für den ökonomischen Schaden sei-

nes Nachbarn zur Rechenschaft gezogen werden –

selbst dann, wenn er die Gute Fachliche Praxis nach-

weisbar eingehalten hat. Nach diesem Modell verklagt

der Geschädigte einen der potentiellen Verursacher, der

sich nach verlorenem Prozess mit anderen GVO-Anbau-

ern in der Nachbarschaft über Anteile der zu über-

nehmenden Schadenssumme auseinander setzen kann.

17 Gentechnik-Gesetz § 36 a.18 Die „ohne-Gentechnik“-

Verordnung ist auch unter

dem Namen „Seehofer-

Verordnung“ bekannt – der

ehemalige CSU-Gesund-

heitsminister Horst See-

hofer hat sie 1998 erlas-

sen. Sie regelt die Vergabe

des „ohne Gentechnik“-

Zeichens und erlaubt kei-

nerlei Verunreinigungen.

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19Gentechnik in der Landwirtschaft

Wenn der Gentech-Anwender die in der Produktinfor-

mation einer Saatgutfirma dargelegte Gute Fachliche

Praxis eingehalten hat und bei seinem Nachbarn trotz-

dem eine „wesentliche Nutzungsbeeinträchtigung“ ein-

getreten ist, kann er das Unternehmen wegen fehler-

hafter Produktinformation verklagen.

Auf Landwirte, deren Felder sich in der Nähe von Gen-

tech-Flächen befinden, kommen zusätzliche Kosten zu,

wenn sie ihre Ernte auf Verunreinigungen untersuchen

lassen. Nur im Rahmen einer Schadensersatzklage kön-

nen diese Ausgaben dem Gentech-Anwender angela-

stet werden. Ist keine gentechnische Verunreinigung

nachweisbar, muss der Landwirt die ca. 40 Euro für die

qualitative Analyse bzw. die ca. 220 Euro für eine quan-

titative Analyse selber tragen19. Eine Kostenübernah-

me durch die Industrie oder den Anbauer ist nach gel-

tender Rechtslage nicht vorgesehen.

Abbruchkriterien für den Anbau

Erweist sich das Nebeneinander einer Landwirtschaft

mit und ohne Gentechnik als unmöglich, muss die

zuständige Behörde zwingend eingreifen und den

Anbau des entsprechenden GVO untersagen. Das gilt

auch, wenn sich eine Gentech-Pflanze dauerhaft in der

Natur ansiedelt oder andere Pflanzen verdrängt20.

Standortregister

Das Gentechnik-Gesetz in der Fassung des Bundestags

vom 18. Juni 2004 sieht ein öffentlich zugängliches

Standortregister vor. Es stellt folgende Informationen

zur Verfügung: die Bezeichnung des GVO und seines

spezifischen Erkennungsmarkers (der die Grundlage für

Analysen bildet), die Eigenschaften des GVO sowie das

Flurstück des Anbaus und die Flächengröße. Personen-

bezogene Daten sind nur auf besonderen Antrag zu-

gänglich. Sie dürften dann relevant werden, wenn ein

Kontaminationsschaden vorliegt und ein Bauer den

konkreten Verdacht hegt, dass einer seiner Nachbarn

als Verursacher in Frage kommt.

Das Register wird von der zuständigen Bundesoberbe-

hörde, dem Bundesamt für Verbraucherschutz und

Lebensmittelsicherheit, geführt. Die Speicherung der

Daten ist auf 15 Jahre befristet. Es muss allgemein zu-

gänglich, das heißt die Grundstücke werden über das

Internet abrufbar sein. Der GVO-Anbau muss der Bun-

desbehörde von demjenigen, der die Fläche bewirt-

schaftet, frühestens neun Monate und spätestens drei

Monate vor Anbaubeginn mitgeteilt werden. Für ver-

suchsmäßige Freisetzungen gilt eine Frist von frühe-

stens zwei Wochen und spätestens drei Werktagen.

Bisher ist ein GVO-anbauender Landwirt nicht ver-

pflichtet, seine Nachbarn von seinen Anbauplänen in

Kenntnis zu setzen. Diese gesetzliche Lücke könnte die

geplante Rechtsverordnung zur Guten Fachlichen Pra-

xis schließen.

Möglicherweise werden im – derzeit noch nicht vor-

liegenden – zustimmungspflichtigen Teil des Gesetzes

Regelungen getroffen, die die Zugangsberechtigung

zum Standortregister erschweren.

Kein Versicherungsschutz für gentechnisch

veränderte Pflanzen

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft

hat am 2. Juli 2004 nochmals betont, keine Landwirte zu

versichern, die gentechnisch verändertes Saatgut verwen-

den. Auch ausländische Versicherer seien vermutlich nicht

an dem Geschäft interessiert. Vertreter der Saatgutfirmen

haben ebenfalls klargestellt, dass sie nicht bereit sind, Land-

wirte von der Haftung freizustellen21.

19 Eine qualitative Analyse

stellt fest, dass die einge-

reichte Probe GVO enthält,

die quantitative Analyse

ermittelt den prozentualen

Anteil der Verunreinigung.20 Gentechnik-Gesetz § 16 b

und 20.21 Tagesspiegel (3.7.2004)

Grüne Gentechnik steht

vor dem Aus.

Page 20: Informationen für Bäuerinnen und Bauern zum Einsatz der ... · Dabei handelt es sich um die insek-tenresistente Maissorte Bt 176 von Syngenta, die in Spanien auf etwa 32 000 Hektar

20 Faire Nachbarschaft

EU-Richtlinie zu Grenzwerten im Saatgutgeplant

Bislang war die Rechtslage in der Europäischen Union

klar: Gentechnisch verändertes Saatgut muss gekenn-

zeichnet werden, auch wenn es sich nur um Spuren in

konventionellen oder biologischen Sorten handelt. Das

möchte die EU-Kommission ändern. Nach einer von der

EU-Kommission vorgelegten Richtlinie22 sollten Ver-

unreinigungen mit gentechnisch veränderten Organis-

men (GVO) im Saatgut von bis zu 0,3 Prozent bei Raps,

0,5 Prozent bei Mais und Zuckerrüben sowie 0,7 Pro-

zent bei Soja ohne Kennzeichnung toleriert werden.

Nach EU-weiten Protesten zog die EU-Kommission im

Herbst 2003 diesen Entwurf zurück.

Am 8. September 2004 standen die Saatgutgrenzwer-

te erneut auf der Tagesordnung der EU-Kommission.

Sie vertagte eine Entscheidung jedoch mit dem Hin-

weis, es gebe zu wenig Informationen über ökonomi-

sche Folgen von Saatgutgrenzwerten. Folglich wird sich

die neue EU-Kommission ab November 2004 mit der

Thematik befassen müssen.

Ob sie weiterhin den Wünschen von Saatgut- und Gen-

technik-Industrie nach möglichst hohen Schwellen-

werten entgegen kommen will ist offen. Bei dem zu-

letzt diskutierten Grenzwert von 0,3 Prozent erlaubter

Verunreinigung bei Mais und Raps könnte jede drei-

hundertdreißigste Pflanze, die auf konventionellen oder

Bioäckern wächst, gentechnisch verändert sein. Gen-

technisch veränderte Pflanzen würden sich im ver-

meintlich gentechnikfreien Anbau vermehren – selbst

dann, wenn kein einziger Landwirt willentlich und wis-

sentlich gentechnische Sorten anbaut. Da Saatgut am

Beginn der Produktionskette steht, wäre eine Grund-

kontamination der Landwirtschaft und der gesamten

Lebensmittelproduktion ganz legal. Eine gentechnik-

freie Produktion und vor allem die Wahlfreiheit für

Landwirte wäre damit unmöglich.

Zentrale Forderung ist deshalb die Kennzeichnung von

gentechnisch verändertem Saatgut ab der Nachweis-

grenze von 0,1 Prozent. Auch der Bundestag hat sich

dieser Forderung im Mai 2004 angeschlossen. Dagegen

stellen sich Saatgutfirmen und die Internationale Saat-

gut Föderation (ISF). Nach Auffassung der ISF kann nie-

mand garantieren, dass Gentech-Pflanzen, die in einem

Land zugelassen sind oder auch nur für Freilandversu-

che genehmigt wurden, nicht in herkömmlichen Sor-

ten auftauchen23.

Ein Blick nach Österreich zeigt ein ganz anderes Bild.

Hier ist der Verkauf von Saatgut, das über der Nach-

weisgrenze mit GVO verunreinigt ist, seit Januar 2002

verboten. Die Erfahrungen mit der österreichischen

Saatgut-Verordnung bestätigen: Das Prinzip der „Null-

Toleranz“ funktioniert und bringt sogar wirtschaftli-

che Vorteile für die Landwirtschaft. Da österreichisches

Saatgut durch staatliche Behörden als gentechnikfrei

zertifiziert werden kann, haben sich die Vermehrungs-

flächen für Maissaatgut seit 1999 mehr als verdoppelt.

Auch die Firma Pioneer – die in Deutschland den Erpro-

bungsanbau gentechnisch veränderter Pflanzen mit

Mon 810-Saatgut unterstützt – profitiert von den

strengen Gesetzen in Österreich. Pioneer ist einer der

größten Produzenten von gentechnikfreiem Saatgut in

Österreich.

22 Entwurf einer EU-Richt-

linie hinsichtlich des zu-

fälligen oder technisch

unvermeidbaren Vorhan-

denseins von gentechnisch

verändertem Saatgut in

Saatgutpartien von nicht

gentechnisch veränderten

Sorten, vorgelegt von Ver-

braucherschutzkommissar

David Byrne (2003).23 International Seed Fe-

deration, ISF, auf dem

World Seed Congress in

Berlin (2004).

Page 21: Informationen für Bäuerinnen und Bauern zum Einsatz der ... · Dabei handelt es sich um die insek-tenresistente Maissorte Bt 176 von Syngenta, die in Spanien auf etwa 32 000 Hektar

21Gentechnik in der Landwirtschaft

Welche Erfahrungen haben Landwirte mit demAnbau von Gentech-Pflanzen gemacht?

Anbau von Gentech-Pflanzen in den USA

Seit 1996 werden in den USA gentechnisch verän-

derte Pflanzen angebaut. Dabei handelt es sich

vor allem um Soja, Mais und Baumwolle. Bislang

nahm die Anbaufläche Jahr für Jahr zu. 2003 wurden

auf 42,8 Millionen Hektar gentechnisch veränderte

Pflanzen angebaut24.

Resistenzeigenschaften auf Unkräuterübertragbar

Auf 24,3 Millionen Hektar bauten amerikanische Bau-

ern im Jahr 2003 herbizidresistentes Soja an. Das ent-

spricht 81 Prozent der US-amerikanischen Sojaanbau-

fläche. Der Grund, weshalb die Farmer – nur wenige

Jahre nach Einführung der Gentechnik – zum Großteil

auf Gentech-Soja umgestellt haben, ist auf ihre massi-

ven Probleme im Unkrautmanagement zurückzuführen.

Bis Mitte der 90er Jahre wurden bei der Unkrautbe-

kämpfung überwiegend Herbizide aus der Gruppe

der ALS-Hemmer eingesetzt (Handelsbezeichnungen in

Deutschland: Atlantis, Monitor, Husar u.a.). Durch die

einseitige Verwendung dieser Herbizide, wenig bis gar

kein Fruchtwechsel und minimale Bodenbearbeitung

bildeten sich zahlreiche resistente Unkräuter heraus.

1995 mussten die Sojabauern meist vier verschiedene

Herbizide ausbringen, um die Unkräuter in den Griff

zu bekommen. Durch die steigenden Kosten der Un-

krautbekämpfung drohte der Sojaanbau unwirtschaft-

lich zu werden.

Die Zulassung von Roundup-resistenten Sojasorten im

Jahr 1996 kam den Farmern deshalb sehr gelegen. Das

Herbizid Roundup konnte zu einem beliebigen Zeit-

punkt eingesetzt werden, war relativ billig, gegen vie-

le Unkräuter wirksam und als alleiniges Mittel aus-

reichend. Monsanto verkaufte das Saatgut für den

Gentech-Soja gleich im Doppelpack mit dem dazu pas-

senden Herbizid.

Obwohl gerade erst die effizienten ALS-Hemmer durch

fahrlässigen Einsatz unbrauchbar geworden waren,

wurden auch die neuen Gentech-Sorten in einer höchst

riskanten Weise angebaut: Jahr für Jahr wurde aus-

schließlich zwischen Roundup-resistenten Soja- und

Baumwollsorten gewechselt. Meist wurde gleichzeitig

auf eine wendende Bodenbearbeitung verzichtet. Die

Folge: Unkräuter mit einer Resistenz gegen das Herbi-

zid wurden regelrecht herangezüchtet.

Bereits 1999 – drei Jahre nach Einführung der Gen-

tech-Sorten – stellten Bauern in den Bundesstaaten

Delaware und Tennessee fest, dass das Kanadische

Mais

0

5

10

15

20

25

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003

Soja

Baumwolle

Raps

Mio. ha

24 www.isaaa.org (2004).25 www.transgen.de (2004).

MaisSoja Baumwolle

Mio. ha

0

10

20

30

40

50

60

81 % 40 %

73 %

Gentechfreie PflanzenGentech-Pflanzen

Entwicklung der Anbauflächen gentechnischveränderter Pflanzen in den USA25

Anteil der Gentech-Pflanzen am gesamten Anbauin den USA 200325

Page 22: Informationen für Bäuerinnen und Bauern zum Einsatz der ... · Dabei handelt es sich um die insek-tenresistente Maissorte Bt 176 von Syngenta, die in Spanien auf etwa 32 000 Hektar

Berufkraut, Conyza canadensis, teilweise nicht mehr

durch das Herbizid Roundup abgetötet wurde. Danach

traten immer häufiger resistente Unkräuter auf 26. 2003

waren mindestens 12 Bundesstaaten mit insgesamt

einer Million Hektar betroffen.

Herbizidresistente Unkräuter sind nicht nur in den USA

ein Problem. Einseitige Anbausysteme können auch in

Deutschland und Europa zu resistenten Unkräutern

führen, wie zum Beispiel Ackerfuchsschwanz und

Windhalm.

Pestizideinsatz durch Gentech-Anbau nicht verringert

Nach Aussage der Industrie sollen Gentech-Pflanzen

den Pestizideinsatz verringern. Damit wären Gentech-

Pflanzen, was Arbeitsaufwand und Betriebsmittelein-

satz betrifft, positiv zu bewerten. Und zudem auch noch

ökologischer, da weniger Agrochemiekalien eingesetzt

werden müssten, behaupten die Firmen. Doch aufgrund

der vermehrt auftretenden resistenten Unkräuter muss-

ten US-Farmer schon nach wenigen Jahren des Gen-

tech-Anbaus auf altbekannte Herbizide zurückgreifen,

so auf Paraquat und auf 2,4-D. Nach anfänglichem

Rückgang Ende der neunziger Jahre ist der Herbizid-

einsatz inzwischen stark gestiegen. Heute müssen US-

Landwirte rund 11,5 Prozent mehr Pestizide ausbringen

als vor Einführung der Gentechnik27. Entgegen den Ver-

sprechungen der Industrie führen herbizidresistente

Gentech-Pflanzen demnach nicht zu einer Einsparung

an chemischen Pflanzenschutzmitteln.

US-Farmer setzen trotzdem weiterhin auf Roundup-

resistente Pflanzen – auf Monokulturen und rein che-

mische Unkrautbekämpfung. Ackerbauliche Maßnah-

men zur Unkrautregulierung werden von amerikani-

schen Farmern kaum mehr in Erwägung gezogen.

Wie wirtschaftlich ist der Gentech-Anbau in den USA?

Gentechnisch verändertes Saatgut ist teurer als kon-

ventionelles. Im Schnitt 25 bis 35 Euro pro Hektar 28.

Machen sich die höheren Ausgaben beim Saatgutkauf

für Landwirte bezahlt?

Laut US-Landwirtschaftsministerium konnten Farmer

keine höheren Erträge durch den Anbau von Gentech-

Pflanzen erzielen. Die Erträge von Gentech-Mais und

Gentech-Baumwolle liegen auf dem Niveau konventio-

neller Sorten. Beim Anbau von Gentech-Soja mussten

Farmer sogar bis zu elf Prozent geringere Erträge in Kauf

nehmen29. Ebenso führen Gentech-Pflanzen nicht – wie

von den Firmen angekündigt – zu einer Einsparung der

Pestizide. Nur in den ersten drei Jahren des Gentech-

Anbaus konnte der Pflanzenschutzmitteleinsatz verrin-

gert werden. Danach schnellten Aufwandmengen und

die damit verbundenen Kosten in die Höhe27.

Am Beispiel des maiszünslerresistenten Bt-Maises wird

das Missverhältnis zwischen den erhöhten Saatgutko-

sten und dem erzielten Nettoeinkommen der Landwir-

te besonders deutlich. Die Farmer in den USA geben

für Bt-Mais-Saatgut im Schnitt 24 Dollar pro Hektar

mehr aus28, in Europa ist mit einem Preisaufschlag von

35 Euro pro Hektar zu rechnen30. Diese Mehrkosten fal-

len jedes Jahr an, unabhängig davon, ob der Mais-

zünslerbefall die Bekämpfungsschwelle überschreitet

oder nicht. Somit profitieren nicht die Landwirte, son-

dern die Firmen von der Gentechnik. In den USA sind

das vor allem Monsanto, Pioneer Hi-Bred (mit dem

Mutterkonzern Dupont), und Syngenta31.

26 www.weedscience.com

(2004).27 Benbrook www.biotech-

info.net/technikalpaper6.

html (2003).28 www.transgen.de (2004).29 US Department of Agri-

culture (USDA) www.usda.

gov/news (1999).30 www.monsanto.de/bio

technologie/publikationen

/Pub-BtCotton_Mais.pdf

(2003).31 www.biotech-info.net/

Bt_Premium.pdf (2004).

-4

-2

0

2

4

6

8

10

12

Prozent

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003

11,5

7,9

5,0

0,20,7

-2,4-3,2

-1,7

Entwicklung des Pestizideinsatzes in den USA seitEinführung der Gentechnik 199627

22 Faire Nachbarschaft

Page 23: Informationen für Bäuerinnen und Bauern zum Einsatz der ... · Dabei handelt es sich um die insek-tenresistente Maissorte Bt 176 von Syngenta, die in Spanien auf etwa 32 000 Hektar

23Gentechnik in der Landwirtschaft

Gentech-Anbau führt zu Absatzschwierigkeiten

Weil eine Reihe von Gentech-Sorten in Europa und

anderen Weltregionen nicht zugelassen sind, gehen den

US-Farmern nach Angaben ihrer Regierung ca. 300 Mil-

lionen US-Dollar jährlich verloren. Aus diesem Grund

versuchten die USA die Öffnung der EU-Märkte zu

erzwingen: durch eine Klage gegen das EU-Moratori-

um bei der Welthandelsorganisation (WTO). Nachdem

im April 2004 in Europa strenge Richtlinien für die

Kennzeichnung gentechnisch veränderter Organismen

in Kraft getreten sind, droht die US-Regierung mit einer

Klage auch gegen diese Regelungen. Die Begründung:

Die Kennzeichnung stelle ein Handelshemmnis für ame-

rikanische Exportprodukte dar. Mit einer Entscheidung

der WTO wird frühestens 2005 gerechnet.

Nicht zugelassener Gentech-Mais inLebensmitteln

Der gentechnisch veränderte „StarLink-Mais“ verur-

sachte in den USA im Jahr 2000 einen großen Lebens-

mittelskandal. Die insektenresistente Maissorte von

Aventis war wegen befürchteter Allergenität des Bt-

Toxins nicht als Lebensmittel zugelassen. Als Futter-

mais wurde er dennoch auf 0,2 Prozent der US-Mais-

fläche angebaut. Obwohl nicht für die menschliche

Ernährung vorgesehen, wurden schließlich Spuren des

Gentech-Maises in zahlreichen Lebensmitteln gefun-

den. Viele Hersteller mussten Cornflakes, Chips und

andere Maisprodukte aus Geschäften und Restaurants

zurückrufen. Die Kosten der Rückrufaktion: über eine

Milliarde US-Dollar. Trotz aller Bemühungen ist es nicht

gelungen, den StarLink-Mais vollständig zurückzuho-

len. Auch heute noch tauchen Verunreinigungen mit

dem Gentech-Mais in Lebensmitteln und sogar in kon-

ventionellem Maissaatgut auf32.

In den USA gibt es keine Kennzeichnungspflicht für

gentechnisch veränderte Lebensmittel. Dass sie sich in

zahlreichen amerikanischen Produkten befinden, wur-

de vielen US-Bürgern erstmals durch diesen Skandal

bewusst.

Nach dem Skandal musste die Firma Aventis ihre Agro-

gentechnik-Sparte abstoßen. Die Bayer AG nutzte die

Gelegenheit, stieg mit der Übernahme von Aventis

CropScience in das Geschäft mit Gentech-Pflanzen ein

und wurde zum zweitgrößten Agrarchemiekonzern

weltweit.

Mio. t

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

Mais

Soja

US-amerikanische Soja- und Maisexporte in die EUseit 1995 28

32 www.ucsusa.org (2004).33 Petition der National

Family Farm Coalition

(März 2004) www.iatp.org34 www.gristmagazine.com

(2004).35 Öko-Institut (April 2004)

Gentechnik-Nachrichten

Nr. 52.

Immer mehr Kritiker – auch in den USA

In den Vereinigten Staaten hat die Diskussion über Sinn und Unsinn von Gentech-Pflanzen

erheblich zugenommen. So hat sich die National Family Farm Coalition, ein Bündnis bäuerli-

cher Betriebe, sehr kritisch zur Agro-Gentechnik geäußert. Ihr Vorwurf: Die wirtschaftliche

Unabhängigkeit von Familienbetrieben werde gefährdet. Das Bündnis fordert, die Patentie-

rung von Pflanzen zu verbieten und die sozialen, ökologischen und ökonomischen Auswirkun-

gen der Gentechnik zu überprüfen33.

Im März 2004 beschlossen die Bürger von Mendocino County, Nordkalifornien, in einer Volks-

abstimmung den Anbau von Gentech-Pflanzen in ihrer Region auszuschließen34. Fast zeit-

gleich wurde im Bundesstaat Vermont ein Gesetz verabschiedet, das Biotech-Firmen für Schä-

den haftbar machen soll, die beim Anbau von Gentech-Pflanzen auftreten35.

Page 24: Informationen für Bäuerinnen und Bauern zum Einsatz der ... · Dabei handelt es sich um die insek-tenresistente Maissorte Bt 176 von Syngenta, die in Spanien auf etwa 32 000 Hektar

24 Faire Nachbarschaft

Anbau von Gentech-Pflanzen in Argentinien

Nach Brasilien und den USA ist Argentinien weltweit

der drittgrößte Produzent von Soja. Das Besondere am

Sojaanbau in Argentinien: Kein anderes Land der Erde

setzt bei einer Kultur so ausschließlich auf gentech-

nisch veränderte Sorten. 2003 wurden über 13 Millio-

nen Hektar Gentech-Soja angebaut, das entspricht 99

Prozent der Soja-Anbaufläche und der Hälfte der

argentinischen Ackerflächen. 2003 machte die Soja-

ausfuhr 40 Prozent der gesamten Exporterlöse des Lan-

des aus.

Seit 1997 wird in Argentinien Roundup-Ready-Soja

von Monsanto angebaut. Die Einführung war aus meh-

reren Gründen attraktiv: Zum einen ermöglicht der

Anbau der herbizidresistenten Pflanzen eine pfluglose

Bodenbearbeitung und soll damit die Bodenerosion

verringern. Zum anderen musste die Sojakultur zu-

nächst nur zweimal gespritzt werden – im Unterschied

zum konventionellen Sojaanbau, der eine mindestens

fünfmalige Spritzung erfordert. Die Ersparnis an Zeit,

Arbeitskräften und Herbiziden senkte die Produkti-

onskosten.

Erleichtert wurde die Markteinführung des Gentech-

Sojas auch durch das Patentrecht in Argentinien.

Anders als in den USA wurden dort die Patente auf

Gentech-Pflanzen nicht anerkannt. Der Konzern Mon-

santo konnte somit zunächst keine Lizenzgebühren ver-

langen. Das ermöglichte argentinischen Bauern Teile

ihrer Soja-Ernte auszusäen, zu tauschen und zu han-

deln. Sehr zum Ärger der US-amerikanischen Sojafar-

mer. Ihnen ist der Nachbau streng verboten und sie

sehen sich mit dem günstigen Gentech-Soja aus Argen-

tinien auf dem Weltmarkt konfrontiert.

Dass die Anbauzahlen für gentechnisch verändertes

Soja von 1997 bis 2002 um 75 Prozent stiegen, ist in

erster Linie auf den hohen Weltmarktpreis für Soja zu-

rückzuführen. Dieser wiederum ist eine Folge der BSE-

Krise in Europa. Das Verbot der Verfütterung von Tier-

mehl führte zu einer Explosion der Sojanachfrage. Heu-

te ist Soja der wichtigste Eiweißträger in der Schwei-

ne- und Geflügelfütterung.

Dabei sind es in Argentinien nicht die einheimischen

Bauern, die Soja für den Weltmarkt produzieren, son-

dern Investmentgesellschaften, oftmals aus Spanien

oder aus den USA. 150 000 Kleinbauern sind von ihrem

Land vertrieben worden, um dem Sojaanbau Platz zu

machen36. Die Gesellschaften schlagen Kapital aus der

zunehmenden Verarmung der Landbevölkerung37. Sie

pachten das Land der Bauern, die nicht mehr in der

Lage sind, es selber zu bewirtschaften. Sie stellen die

gesamte Infrastruktur mit Saatgut, Agrochemikalien,

Maschinen und organisieren Handel und Vertrieb der

Sojabohnen.38, 39

In Argentinien sind die Auswirkungen des Gentech-

Soja-Anbaus auf den Herbizidverbrauch ähnlich wie in

den USA. Das Roundup-Ready-System scheint zunächst

eine Lösung gegen Bodenerosion zu sein. Zudem wer-

den im Vergleich zum konventionellen Anbau in den

ersten drei Jahren Herbizide eingespart. Dann jedoch

bilden die Unkräuter sehr schnell Resistenzen aus, was

den Einsatz von Herbiziden steigen lässt. In Argenti-

nien sind inzwischen 14 verschiedene Unkräuter gegen

Roundup resistent, der Verbrauch der Herbizide ist

gegenüber 1997 um das Fünffache gestiegen und mitt-

lerweile doppelt so hoch wie im konventionellen Anbau.

Auf die 13 Millionen Hektar Gentech-Sojafläche wer-

den 150 Millionen Liter Roundup pro Jahr versprüht.

Hinzu kommt, dass auch noch andere Herbizide ein-

gesetzt werden, wie 2,4-D, Atrazin und Paraquat40.

36 The Guardian (16.4.2004)

GM soya „miracle“ turns

sour in Argentina.37 Die von der Weltbank

verfügte Anpassung des

Peso an den Dollar und die

allgemeine Wirtschafts-

krise des Landes haben

dazu geführt, dass 54 %

der argentinischen Bevöl-

kerung unterhalb der Ar-

mutsgrenze leben.38 Genethischer Informa-

tionsdienst Nr. 164 (Juni/

Juli 2004) Interview mit

L. Joensen von der „Grupo

de Reflexión Rural“.39 New Scientist (17.4.2004)

Argentina‘s bitter harvest.40 Tageszeitung (26.6.2004)

Das grüne Meer wird

immer häufiger gedüngt.

In Argentinien sind

genetisch manipulierte

Sojabohnen zum Motor der

angeschlagenen

Wirtschaft geworden.

Zu einem hohen Preis.

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25Gentechnik in der Landwirtschaft

Anbau von Gentech-Pflanzen in Kanada

Kanada ist nach den USA und Argentinien das dritt-

größte Anbauland von gentechnisch veränderten

Pflanzen. Sie wurden erstmals 1996 ausgesät. Während

Soja und Mais in Kanada eher eine geringe Rolle spie-

len, haben sich die Anbauflächen für Gentech-Raps

stark ausgedehnt. Im Jahr 2003 waren etwa 60 Pro-

zent des kanadischen Rapses Roundup-resistent41.

Inzwischen führt der großflächige Gentech-Rapsan-

bau aber zunehmend zu Problemen.

Durchwuchsraps als Problemunkraut

Bei der Rapsernte kommt es bekanntermaßen zu hohen

Ausfallverlusten: ca. 100 bis 200 kg Rapssamen pro ha.

Bis zu zehn Jahren bleiben diese Samen im Boden keim-

fähig. Laufen sie auf, ist vom so genannten Durch-

wuchsraps die Rede. An sich ist dies nichts Neues. Beim

Anbau herbizidresistenter Sorten wird es jedoch immer

schwieriger, den Durchwuchsraps mit chemischen Mit-

teln zu bekämpfen. Der resistente Raps kann über Jah-

re in den nachfolgenden Kulturen auftreten und ist mit

dem entsprechenden Herbizid nicht mehr zu bekämp-

fen.

Innerhalb von wenigen Jahren entstanden sogar Raps-

pflanzen, die mehrfach resistent sind: gegen Roundup

und Liberty (Basta) sowie teilweise auch gegen Imida-

zolinon42. Vor allem pfluglos wirtschaftende Bauern

bekommen deshalb immer mehr Probleme. Sie wollen

die Unkrautdecke vor der Aussaat mit den genannten

Totalherbiziden beseitigen. Um auch die resistenten

Durchwuchspflanzen abzutöten, müssen dann immer

weitere Herbizide eingesetzt werden. Dies erhöht so-

wohl die Kosten als auch die Menge der ausgebrach-

ten Mittel.

Auch in Betrieben, die selber keinen Gentech-Raps an-

bauen, führt herbizidresistenter Durchwuchsraps zu

Schwierigkeiten. Der Grund: In Kanada enthält über

die Hälfte des konventionellen Saatgutes mehr als 0,25

Prozent gentechnisch verändertes Material43. Derart

verunreinigtes Saatgut führt selbst dort zu Durchwuchs

von herbizidresistentem Raps, wo gar kein Gentech-

Saatgut ausgebracht wurde. Denn bei einem Raps-Feld,

auf dem 0,25 Prozent der Pflanzen herbizidresistent

sind, tritt im nächsten Jahr – auch wenn nur ein Zehn-

tel des Ausfallrapses keimt – eine herbizidresistente

Rapspflanze pro Quadratmeter auf.

Wegen der langen Haltbarkeit der Samen kann auf

einem ehemaligen Gentech-Rapsfeld noch über Jahre

gentechnisch veränderter Raps auflaufen und spätere

Ernten verunreinigen. So geschehen bei einem deut-

schen Senfhersteller, der Senf aus Kanada bezieht und

weiterverarbeitet. In seinem Produkt „Löwensenf“ wur-

den gentechnisch veränderte Bestandteile gefunden.

Diese sind nach Aussage des Herstellers auf Durch-

wuchsraps in den Senffeldern zurückzuführen44.

Der Gentech-Rapsanbau in Kanada hat inzwischen da-

zu geführt, dass praktisch kein gentechnikfreies Raps-

Saatgut mehr angeboten werden kann. Bio-Bauern

mussten, um ihre Zertifizierung nicht zu verlieren, den

Rapsanbau komplett aufgeben.

Mio. ha

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003

Mais

Raps

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

Soja

Entwicklung des Gentech-Anbaus in Kanada 1996bis 200341

41 www.transgen.de (2004).42 Gentechnik-Nachrichten

Spezial Nr. 11/12, Öko-

Institut (Dezember 2002)

www.oeko.de/gennews.htm43 Friesen et al. (2003) Agron.

Journal 95, 1342-1347.44 Öko-Test (6/2004) Test

Senf – Eine pikante Ent–

deckung.

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26 Faire Nachbarschaft

Ein kanadischer Landwirt kämpft um dieKontrolle über sein Saatgut

Der Fall Percy Schmeiser1998 beschuldigte Monsanto den kanadischen Raps-

farmer Percy Schmeiser, unrechtmäßig Roundup-Raps

angebaut zu haben. Privatdetektive des Konzerns hat-

ten auf den Feldern Schmeisers den von Monsanto

patentierten Gentech-Raps entdeckt. Der Konzern for-

derte daraufhin Lizenzgebühren von rund 90.000 Euro.

Schmeiser versicherte allerdings, niemals gentechnisch

verändertes Saatgut gekauft oder wissentlich gesät zu

haben. Im Gegenteil: Seit Jahrzehnten züchtet der

Landwirt aus Bruno, Saskatchewan, seine eigenen Sor-

ten. Er hielt dem Konzern entgegen, dass der Gentech-

Raps auf seinen Feldern von Nachbarn stamme. Über

Pollen- und Sameneintrag seien seine Felder und sein

Saatgut kontaminiert worden. Zudem habe er nach-

weislich das Herbizid Roundup nicht verwendet, also

keinerlei Grund gehabt, den Monsanto-Raps anzubau-

en. Schmeiser argumentiert, dass ungewollte Verun-

reinigungen keinen Patentanspruch zulassen. Auch

stellt er – mit einem Verweis auf kanadisches Recht –

das Rapspatent an sich in Frage.

Im Mai 2004 entschied das höchste kanadische Gericht

in letzter Instanz mit fünf zu vier Stimmen zu Gunsten

von Monsanto. Der Gentech-Konzern darf sein Raps-

patent behalten. Doch in einem Punkt gab das Gericht

Schmeiser Recht: Der Landwirt muss die von den unte-

ren Gerichten verhängte Strafe und auch die Lizenz-

gebühren nicht bezahlen. Auch die halbe Million Euro,

die die verschiedenen Verfahren bisher gekostet haben,

muss er nicht alleine begleichen46.

Geheimer Anbau von Gentech-Mais inDeutschland

In Deutschland wurde im Mai 2004 der insektenresi-

stente Mais Mon 810 auf ca. 300 Hektar ausgesät. Die

Initiative für diesen sogenannten Erprobungsanbau

geht von der Landesregierung in Sachsen-Anhalt aus.

Das Saatgut haben die Firmen Monsanto, Pioneer und

KWS Saat zur Verfügung gestellt. Neben sechs Betrie-

ben in Sachsen-Anhalt beteiligen sich 23 weitere in

Bayern (9), Sachsen (5), Brandenburg (4), Baden-Würt-

temberg (2), Mecklenburg-Vorpommern (2) und Thü-

ringen (1).

Den Initiatoren zufolge soll das wissenschaftliche Be-

gleitprogramm des Probeanbaus beweisen, dass das

Nebeneinander einer Landwirtschaft mit und ohne

Gentechnik gewährleistet werden kann. Doch Auskreu-

zung und Vermischung hätten auch mit herkömmli-

chem Mais untersucht werden können.

Die genauen Anbaustandorte wurden von Politik und

Industrie geheim gehalten. Möglich war das, weil die

EU-Freisetzungsrichtlinie, die öffentliche Anbauregi-

ster vorsieht, im Mai 2004 noch nicht in nationales

Recht umgesetzt war. Nachdem die Geheimhaltung bei

Bauern- und Umweltschutzverbänden zu heftiger Kri-

tik geführt hat, richtete der Verein InnoPlanta, der die

Versuche im Auftrag der Landesregierung koordiniert,

ein Servicetelefon ein. Dort konnten Landwirte erfra-

gen ob in unmittelbarer Nähe (200 m) ihrer Felder Gen-

tech-Mais angebaut wurde. Mitte November werden

die Versuchsergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt.

An einem Standort in Baden-Württemberg wurde der

Gentech-Mais-Anbau abgebrochen, nur zwei Monate

nach dessen Aussaat. Nach Aussage von Monsanto war

der junge Maisbestand so stark mit Fritfliegen befal-

len, dass ein Umbruch nötig war.

45 Schriftenreihe Landschafts-

pflege Naturschutz, BfN,

Ann Clark (2004)

Risk, Hazard, Damage. GM-

Crops are not containable.46 www.percyschmeiser.com

„Blind begann Kanada ein großflächiges Experiment mit kanadischem Boden. Das ist ein

Experiment, das nicht rückholbar ist und das ohne ernsthafte Gedanken an mögliche Aus-

wirkungen begonnen wurde. Wir Farmer wissen, dass sich Pflanzen (und Unkräuter) über

so viele Wege verbreiten (Gewässer, Straßen, Erntemaschinen und Lastwagen), dass es

einfach unmöglich ist, ein zufälliges Entkommen in unerwünschte Bereiche zu verhindern.

Inzwischen haben wir ein gewisses Maß an gentechnischer Verunreinigung in der gesam-

ten kanadischen Prärie.“ Lavern Affleck, Farmer aus Saskatchewan45

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27Gentechnik in der Landwirtschaft

it Hilfe der Gentechnik sollen pflanzenbau-

liche Probleme in der Landwirtschaft gelöst

werden, verspricht die Industrie. Wie zum

Beispiel Unkrautbekämpfung bei Raps oder Insekten-

befall bei Mais. Bietet der Einsatz gentechnisch verän-

derter Pflanzen Vorteile für deutsche Landwirte?

Mais

Mais ist ein Fremdbefruchter, dessen Befruchtung aus-

schließlich durch den Wind erfolgt. Sein genetischer

Ursprungsort liegt in Mexiko, Paraguay und Südbrasi-

lien, in Europa hat er keine wildlebenden Verwandten.

Maispflanzen sind nicht winterhart, deshalb ist ein Ver-

wildern von Mais in Mittel- und Nordeuropa nicht zu

erwarten, ebenso wenig eine Vermehrung und Verbrei-

tung von gentechnisch verändertem Mais durch Durch-

wuchs. Zwar ist Maispollen relativ schwer; da er jedoch

auf eine Fremdbestäubung durch Wind angewiesen ist,

besteht ein großes Auskreuzungsrisiko. Damit die Aus-

kreuzungsrate unterhalb von 0,5 Prozent bleibt, bedarf

es eines Abstands zur Pollenquelle von mehr als 1.000

Metern47.

MaiszünslerbefallDer Maiszünsler tritt fast überall in Europa auf. In

Deutschland ist sein Vorkommen auf die wärmeren

Gebiete in den südlichen Bundesländern und das Oder-

bruch beschränkt. Bei intensivem Befall können die

Ertragseinbußen 10 bis 15 Prozent betragen, vorausge-

setzt es wurden keine vorbeugenden Maßnahmen

getroffen.

Herkömmliche BekämpfungIn der Praxis wird der Maiszünsler erfolgreich und stan-

dardmäßig durch Stoppel- und Bodenbearbeitung

bekämpft. Tiefes (25 cm) sauberes Unterpflügen der

Maisstoppeln und des Maisstrohs verhindert, dass die

Larven des Schädlings in den Pflanzenresten überwin-

tern und es zu einer starken Vermehrung kommt. Auch

Landwirte, die aus Gründen des Erosionsschutzes eine

Minimalbodenbearbeitung und Direktsaat durchführen,

können durch die richtige Stoppelbearbeitung einem

Maiszünslerbefall vorbeugen. Durch tiefen Schnitt und

intensives Schlegeln bzw. Häckseln des Maisstrohs auf

Stücke, die kürzer als 3cm sind, kann eine Verringerung

der Schädlingspopulation erreicht werden. Ebenso wir-

kungsvoll kann dem Schädlingsbefall durch geeignete

Fruchtfolgewahl vorgebeugt werden.

Im Erwerbsgemüsebau wird zur Bekämpfung des Mais-

zünslers auch mit Nützlingen gearbeitet. Die Schlupf-

wespen (Trichogramma) parasitieren die Gelege des

Zünslers. Der Wirkungsgrad dieser Maßnahme ist etwas

geringer als die Maßnahmen der Stoppel- und Boden-

bearbeitung. Bei mittlerem Befallsdruck führt diese

Methode dennoch zu guten Ergebnissen.

Auch chemische Mittel, z.B. Pyretroide, können zur

Bekämpfung des Maiszünslers eingesetzt werden. In

Deutschland kommen solche Mittel aber nur auf 1,97

Prozent der gesamten Maisanbaufläche zur Anwen-

dung 48. Ein Grund: Die Mittel wirken nur gegen die

Larven des Schädlings und nur solange, bis sie sich in

den Stängel gebohrt haben. Die Spritzung muss des-

halb zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem der Mais eine

Höhe von 1,5 m erreicht hat, was den Einsatz von Stel-

zenschleppern erforderlich macht.

Gentechnische BekämpfungDer gentechnisch veränderte Bt-Mais produziert in

jedem Pflanzenteil ein Toxin, dass gegen den Mais-

zünsler tödlich wirkt. Der Mais enthält ein Toxin-Gen,

das ursprünglich aus dem Boden-Bakterium Bacillusthuringiensis stammt. Zur Zeit sind drei Bt-Mais-Lini-

en in der EU zugelassen: Bt 11 und Bt 176 der Firma

Syngenta sowie Mon 810 von Monsanto. Wirtschaft-

lich lohnt sich der Einsatz von Bt-Mais nur bei sehr

starkem Zünslerbefall, da das Saatgut etwa 35 Euro pro

Hektar mehr kostet49.

Bei einem großflächigen Anbau von Bt-Mais ist damit

zu rechnen, dass die Schädlinge Resistenzen gegen das

Bt-Toxin entwickeln. Deshalb ist in den Maisanbauzo-

Welche Vorteile könnten Gentech-Pflanzendeutschen Landwirten bieten?

M

47 FibL Berlin, Öko-Institut,

im Auftrag des BUND

(2002) Bleibt bei zuneh-

mendem Einsatz der Gen-

technik in Landwirtschaft

und Lebensmittelproduk-

tion die Wahlfreiheit auf

GVO-unbelastete Nahrung

erhalten? S. 24.48 Müller, W. et al. (2003)

Alternativen zu gentech-

nisch veränderten Pflan-

zen, Umweltbundesamt,

Wien, S. 35.49 Zellner, M. (2001) Mais-

zünslerbekämpfung –

welche Möglichkeiten gibt

es und was ist dabei zu

beachten?

www.stmlf.bayern.de/lbp/i

nfo/ps/maiszuensler.html

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28 Faire Nachbarschaft

nen der USA ein sogenanntes Resistenzmanagement

vorgeschrieben. Dabei sollen rund 20 Prozent der Flä-

chen mit konventionellem Mais angebaut werden. Wis-

senschaftler gehen jedoch davon aus, dass solche Stra-

tegien die Resistenzentwicklung zwar hinauszögern

aber nicht verhindern kann50.

MaiswurzelbohrerAnfang der 90er Jahre gelangte der Westliche Mais-

wurzelbohrer von den USA nach Serbien. Seit dem brei-

tet er sich langsam über Osteuropa aus. Bisher ist der

Schädling in Deutschland noch nicht aufgetaucht.

Doch wird befürchtet, dass er schon bald in Süd-Baden

auftreten und dort die intensiven Maisanbaugebiete

befallen könnte, was zu wirtschaftlichen Schäden der

badischen Maisbauern führen würde.

Große Probleme kann der Maiswurzelbohrer nur dort

verursachen, wo kontinuierlicher Maisanbau ohne

Fruchtwechsel betrieben wird. Auf chemischem Wege

kann er mit gebeiztem Saatgut, Spritzbehandlungen

und Granulaten, die in den Boden eingearbeitet wer-

den, bekämpft werden. Außerdem kann mit einfachen

ackerbaulichen Maßnahmen, wie Einhaltung einer

Fruchtfolge, eine Massenvermehrung des Wurzelboh-

rers praktisch ausgeschlossen werden.

Auf dem amerikanischen Saatgutmarkt bietet die Fir-

ma Monsanto zur Bekämpfung des Wurzelbohrers den

Bt-Mais „Mon 863“ an. Doch der Gentech-Mais steht

unter Verdacht Gesundheitsschäden bei Tieren hervor-

zurufen. In von Monsanto durchgeführten Fütterungs-

versuchen mit Ratten hatte ein Teil der Nager, die mit

dem Gentech-Mais gefüttert wurden, ein verändertes

Blutbild sowie Nierenschäden51. In der EU hat dieser

Mais bislang keine Zulassung.

Absatzprobleme für gentechnisch veränderten MaisAufgrund der geringen Akzeptanz von gentechnisch

veränderten Lebensmitteln besteht derzeit in Europa

kein Markt für Gentech-Mais oder andere Gentech-

Pflanzen. Der gesamte Handel will gentechnikfreie

Ware. Viele Markenfleischprogramme, u.a. Edeka Nord,

Tegut und Wiesenhof, schließen gentechnisch verän-

derte Pflanzen auch in der Fütterung aus.

Der Anbau von Bt-Mais kann deshalb – neben dem Ver-

lust des Verbrauchervertrauens – auch zu erheblichen

Preisabschlägen und Absatzschwierigkeiten führen. So

sind beispielsweise die Maisexporte der USA zusam-

mengebrochen, seitdem dort gentechnisch veränder-

te Maispflanzen angebaut werden. 1995 betrug die Ein-

fuhr nach Europa aus den USA noch über drei Millio-

nen Tonnen Mais, heute wird kein Mais mehr aus

Amerika in die EU importiert52.

Raps

Raps ging im Mittelalter als Hybride von Rübsen und

Gemüsekohl hervor. Er ist in Mitteleuropa mit einigen

Ackerwildkräutern kreuzbar, u.a. mit Ruderalraps, Hede-

rich, Rübsen, Schmalblatt-Doppelrauke und Ackersenf.

Ruderalraps kann in Mitteleuropa außerhalb des Ackers

eigenständige Populationen aufbauen.

Die Befruchtung erfolgt bei Raps über Wind und Insek-

ten. Die Pollenreichweite beträgt im Durchschnitt bei

Insektenbefruchtung zwei bis vier Kilometer und bei

Windbefruchtung bis zu 2,5 Kilometer bei männlich

sterilen Sorten53. In den Freilandversuchen, die im Auf-

trag der britischen Regierung durchgeführt wurden,

wurde Rapspollen noch in 26 Kilometern Entfernung

zur Pollenquelle nachgewiesen54.

50 Müller, W. et al. (2003)

Alternativen zu gentech-

nisch veränderten Pflan-

zen, Umweltbundesamt,

Wien, S. 40.51 Frankfurter Allgemeine

Zeitung (12.9.2004) Gen-

mais – Nagende Zweifel.52 www.transgen.de/Anwen-

dung/Pflanzen/Mais/weltg

etreide.html (2004).53 Müller, W. et al. (2003)

Alternativen zu gentech-

nisch veränderten Pflan-

zen, Umweltbundesamt,

Wien, S. 14.54 Henry, C. et al. (2003) Farm

Scale Evaluations of GM

crops, Final Report 2000/

2003. Vgl. auch Fußnote 5.

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29Gentechnik in der Landwirtschaft

Unkrautbekämpfung bei Raps

Herkömmliche Unkrautbekämpfung bei RapsDer Raps gehört zu den klassischen Hackfrüchten, die

mechanische Unkrautbekämpfung wird allerdings nur

noch selten eingesetzt. Grundsätzlich hat der schnell

wachsende Raps eine hohe Wettbewerbskraft gegen-

über Unkräutern. Um den Unkrautdruck während der

Jugendentwicklung gering zu halten, werden im kon-

ventionellen Landbau standardmäßig Herbizide ange-

wendet. Etwa 80 bis 90 Prozent der Landwirte setzen

Tankmischungen mit einer Kombination aus boden-

und blattwirksamen Herbiziden ein.

Die Unkrautbekämpfung im ökologischen Landbau er-

folgt überwiegend mechanisch: durch eine intensive

Stoppelbearbeitung vor der Pflugfurche und sorgfäl-

tige Saatbettbereitung. Im Nachauflauf kann gehackt

werden. Durch entsprechende Fruchtfolgegestaltung –

Wechsel zwischen mehrjährigem Feldfutterbau, Hack-

früchten und Getreide – wird das verstärkte Auftreten

einzelner angepasster Unkrautarten verhindert.

Gentechnische Unkrautbekämpfung bei RapsIn der EU sind derzeit drei Gentech-Raps-Linien der Fir-

ma Bayer CropScience zugelassen: die Winterraps

Hybride „MF1xRF1“ und „MF1xRF2“ sowie der Som-

merraps „Topas 19/2(HCN) 92“. Werden diese Raps-

pflanzen angebaut, ist zur Unkrautbekämpfung in der

Regel eine zweimalige Spritzung mit dem dazugehö-

rigen Herbizid notwendig. Um einem verstärkten Auf-

treten von unempfindlichen Unkräutern entgegen zu

wirken, wird der Zusatz von Schwefelsaurem Ammo-

niak oder Graminizid empfohlen56.

Herbizidresistenter Gentech-Raps eröffnet die Mög-

lichkeit sogenannte Totalherbizide in der wachsenden

Kultur einzusetzen. Diese haben ein deutlich breiteres

Wirkungsspektrum als selektive Herbizide, nur die gen-

technisch veränderte Kulturpflanze übersteht die An-

wendung dieser Mittel. Beim Kauf von herbizidresi-

stentem Saatgut der Firma Bayer muss gleichzeitig das

entsprechende Herbizid der selben Firma erworben

werden.

Wie die Erfahrungen aus Ländern mit Gentech-Anbau

zeigen, ist eine Einsparung an Herbiziden durch den

Anbau herbizidresistenter Rapspflanzen kaum zu er-

warten. Hinzu kommt die weiträumige Ausbreitung von

gentechnisch veränderten Raps-Pflanzen. In Ländern

mit Gentech-Rapsanbau führen außerdem Durch-

wuchspflanzen sowie die Übertragung der Herbizidre-

sistenz auf verwandte Unkrautarten, wie z.B. Ackersenf

und Hederich, zu erheblichen Problemen.

Insbesondere auf dem europäischen Markt dürfte der

Absatz von gentechnisch verändertem Raps Schwie-

rigkeiten bereiten. Denn Ölmühlen, die Raps zu Spei-

seöl verarbeiten, verlangen bereits jetzt Garantien von

ihren Landwirten, nur gentechnikfreien Raps zu liefern.

Unilever – der größte deutsche Lebensmittelhersteller

– verarbeitet seit Jahren nur noch gentechnikfreien

Raps zu Margarine.

Raps ist nicht koexistenzfähig – aus folgenden Gründen55:

• Raps hat sehr leichte Pollen, dadurch wird der Transport des Pollens durch den Wind über

große Distanzen ermöglicht.

• Raps ist eine wichtige Bienenfutterpflanze. Der Pollen wird durch die Bienen ebenfalls über

große Distanzen transportiert und übertragen.

• Raps ist winterhart, daher tritt in den Folgejahren Durchwuchs von Ausfallkörnern auf.

• Raps ist eine Ölsaat, dadurch ist eine jahrzehntelange Keimfähigkeit der Rapssamen im

Boden gegeben.

• Genveränderte Eigenschaften des Rapses können auf verwandte Wildarten und von ihnen

wiederum auf Kulturpflanzen übertragen werden.

55 Stellungnahme des For-

schungsinstitut für bio-

logischen Landbau, FiBL

zur Gentechnik-Anhörung

im hessischen Landtag

(2.9.2004) S. 13.56 Müller, W. et al. (2003)

Alternativen zu gentech-

nisch veränderten Pflan-

zen, Umweltbundesamt,

Wien, S.16-21.

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Nahezu 80 Prozent der Wild- und Kultur-

pflanzen sind auf Bestäubung durch Insek-

ten angewiesen. Die wichtigste Rolle kommt

dabei der Honigbiene zu. Neben Nektar und Honigtau

sammelt sie Blütenstaub, den Pollen der Pflanzen. Die-

sen verteilt sie im Umkreis von drei Kilometern auch

auf andere Blüten. Natur und Landwirtschaft erweist

sie damit einen großen Dienst. Durch die Agro-Gen-

technik wird die seit Jahr Millionen bestehende Sym-

biose zwischen Pflanzen und Bienen jetzt zum Problem.

Denn Bienen können innerhalb ihres Flugradius sowohl

gentechnisch veränderte als auch natürliche Blüten-

pollen übertragen. Schließlich kann der Imker den Flug

seiner Bienen nicht lenken. Am Beispiel der Honigbie-

ne wird deutlich: die Bestäubung und damit die Aus-

kreuzung von gentechnisch veränderten Pflanzen ist

unkontrollierbar.

Folgen der Gentechnik für die Imkerei

Die Honigbiene könnte als Überträgerin von gentech-

nisch veränderten Pollen in Verruf geraten. Im Extrem-

fall könnten Imker ihre angestammten Bienenstände

verlieren, denn sie bewirtschaften nicht ihren eigenen

Grund und Boden, sondern sind auf die Kooperation

mit Landwirten angewiesen.

Auch dem Honig – der bislang den Ruf eines beson-

ders hochwertigen und reinen Naturproduktes genießt

– droht mit der Agro-Gentechnik ein Imageverlust. Im

Honig können die Gene von vielen verschiedenen Pflan-

zen aus einem großen Gebiet enthalten sein. Wenn

gentechnische Veränderungen im Honig nicht mehr

auszuschließen sind, könnte dies zu Absatzschwierig-

keiten führen. Es bestünde die Gefahr, dass die ohne-

hin seit Jahren rückläufige Bienenhaltung dadurch

noch weiter zurückgeht. Ohne Bienen wiederum droht

ein „Bestäubungsnotstand“ mit ernsten Folgen: Ertrags-

verluste in der Landwirtschaft und eine Verarmung des

gesamten Ökosystems .

Keine Kennzeichnung von gentechnisch verändertem Honig?

Derzeit ist noch nicht eindeutig geklärt, ob Honig –

wenn er nachweislich gentechnisch veränderte Be-

standteile enthält – auch als „genetisch verändert“

gekennzeichnet werden muss. Es wird diskutiert, Honig

als tierisches Produkt einzustufen. Damit wäre er nicht

kennzeichnungspflichtig – genauso wenig wie Fleisch,

Eier oder Milch von Tieren, die mit gentechnisch ver-

änderten Futtermitteln gefüttert wurden. Verbraucher

wüssten beim Kauf von Honig also nicht, was wirklich

drin ist. Dazu Walter Haefeker vom Deutschen Berufs-

und Erwerbsimkerbund: „Deutscher Honig wird zu 80

Prozent direkt vermarktet. Wir Imker stehen also im

direkten Kontakt zu unseren Kunden und können uns

nicht hinter Kennzeichnungsregeln verstecken. Die Ein-

stufung von Honig als tierisches Produkt ist zwar be-

quem, aber absurd.“

30

Welche Probleme mit Gentech-Pflanzenkommen auf die Imker zu?

„Verbraucher, Ärzte und Landwirte lehnen die Agro-Gentechnik größten-teils ab. Wozu brauchen wir sie also?“Ein Kommentar von Franz Lenz, Landwirt und Kreisobmann des Bayrischen Bauernverbandes.

„Ich bin zu einem überzeugten Gegner der Agro-Gentechnik geworden, weil ich der-zeit absolut keinen Nutzen für die Landwirtschaft erkennen kann, mir die Risiken durchAuskreuzung und Gesundheitsgefährdung zu unkalkulierbar sind und die Landwirtewegen ungeklärter Haftungsfragen im Schadensfall alleine dastehen. Außerdem ent-steht eine große Abhängigkeit gegenüber einer handvoll Konzernen (z.B. durch Paten-tierung von Pflanzen und die Unterbindung von Nachbau durch die Entfernung derKeimfähigkeit). Die Vorgehensweise der Konzerne, um diese neue Technik einzuführen,bereitet mir Unbehagen. Als Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes im Land-kreis Ebersberg, kämpfe ich seit Januar 2004 mit vielen Kollegen gegen den unge-hemmten Einzug der Agro-Gentechnik auf unseren Feldern. Ich bin immer noch derMeinung, dass sie verhindert werden kann. Die Landwirte im Landkreis Ebersberg undin vielen anderen Landkreisen haben bereits Erklärungen abgegeben, auf diese Tech-nik zu verzichten. Vielerorts haben Landwirte – zusammen mit Verbrauchern und denverschiedensten Verbänden – einiges bewegt und können noch viel erreichen. Denn:Wir sind das Volk!“Franz Lenz bewirtschaftet mit seiner Familie in Zoneding bei München einen 80-Hektar viehlosen Ackerbaubetrieb nach den Naturland-Richtlinien.

Faire Nachbarschaft

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Patente auf Pflanzen

F ür die sechs Konzerne, die die Entwicklung der

Pflanzengentechnik vorantreiben, ist es ein gro-

ßer Unterschied, ob sie gentechnisch veränder-

tes oder konventionelles Saatgut verkaufen. Monsan-

to, Syngenta, Bayer, DuPont/Pioneer, Dow und BASF

profitieren von der Gentechnik, weil gentechnisch ver-

änderte Pflanzen patentierbar sind.

Nach internationalem Patentrecht gilt: Erfindungen,

die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beru-

hen und gewerblich anwendbar sind, sind patentier-

bar. Auch Pflanzen können als Erfindungen gelten und

damit dem Patentschutz unterliegen. Das ist dann der

Fall, wenn sie technisch behandelt oder gentechnisch

verändert wurden.

1987 wurden am Europäischen Patentamt (EPA) erst-

mals Patente auf Pflanzen und Tiere erteilt. Seit dem

Jahr 2000 geschieht dies regelmäßig und in großem

Umfang. Mittlerweile wurden hunderte Patente auf

Pflanzen erteilt. Fast immer wurde dabei nicht nur das

technische Verfahren patentiert, sondern die ganze

Pflanze samt ihrer Nachkommen. Inhaber der Patent-

rechte sind meist die oben genannten Firmen.

Schon seit den 30er Jahren erhalten Pflanzenzüchter

für neu gezüchtete Sorten bestimmte Rechte. Seit eini-

gen Jahren sieht das Sortenschutzrecht vor, dass Bau-

ern, die Nachbau betreiben, Gebühren an die Züchter-

firma entrichten müssen. Durch das Patentieren von

Pflanzen kann sich die Saatgutindustrie aber noch viel

weitreichendere Rechte an den Nutzpflanzen sichern.

Denn im Unterschied zum Sortenschutz bezieht sich

ein Pflanzenpatent niemals auf nur eine Sorte. Viel-

mehr erhält der Patentinhaber die exklusiven Nut-

zungsrechte für alle Pflanzenarten und -sorten, die das

spezielle Genkonstrukt enthalten. Am Beispiel der Bt-

Pflanzen heißt das: Die Firma Monsanto sichert sich

durch ein einziges Patent das Herstellungs- und Nut-

zungsmonopol für alle Pflanzen, die das patentierte

Bt-Gen enthalten, egal ob es sich um Mais, Soja, Baum-

wolle, Raps, Apfelbaum oder Zierpflanze handelt.

Ein weiterer Unterschied zum Sortenschutz ist, dass die

Patentinhaber nicht nur die Rechte für Vermehrung

und Nachbau ihrer Pflanzen erhalten. Neben Pflanze

und Saatgut stehen auch Kreuzungen und die Ernte-

produkte selbst unter Patentschutz. Die Firmen bekom-

men somit ein umfangreiches Herstellungs- und Nut-

zungsmonopol. Für den Landwirt heißt das, dass er

nicht mehr allein über Anbaumaßnahmen, Betriebs-

mitteleinsatz, Umgang mit der Ernte und Vermarktung

entscheiden kann.

In den USA müssen Landwirte, die gentechnisch ver-

ändertes Saatgut von Monsanto kaufen, einen Vertrag

unterschreiben, in dem ein generelles Nachbauverbot

festgeschrieben wird. Beim Anbau herbizidresistenter

Sorten müssen sie zusichern, bei der Unkrautbekämp-

fung ausschließlich das Herbizid „Roundup“ von Mon-

santo zu verwenden.

Durch die Patentierung von Pflanzen gerät die land-

wirtschaftliche Produktion immer weiter in die Hand

von multinationalen Firmen. Bauern werden dabei zu

Vertragsangestellten der Konzerne und verlieren ihre

Unabhängigkeit und ihre Einflussmöglichkeiten.

Neue Abhängigkeiten durch Gentechnik?

„Die Risiken des Gentech-Anbaus trägt der Landwirt“Ein Kommentar von Helmut Ernst, Landwirt

„Im Februar 2004 haben wir die GVO-freie Zone Nebel/Krakow am Seemit 13 weiteren konventionell und ökologisch wirtschaftenden Betrie-

ben gegründet. Sie umfasst mittlerweile ca. 2000 Hektar. Vielen Landwirten wurde erstbei der Gründungs- und Informationsveranstaltung durch den Film „Tote Ernte – derKrieg um das Saatgut“ klar, was ihnen durch die Agro-Gentechnik blühen könnte: Eineimmer größer werdende Abhängigkeite von der agrochemischen Industrie und dem Han-del. Während das unabsehbare Risiko der Gentechnik bei den Landwirten und Verbrau-chern bleibt. Die Versprechen der Gentechnik-Konzerne haben sich zum Großteil nichterfüllt. Ein Marktvorteil ist nicht erkennbar. Im Gegenteil: großflächige gentechnikfreieRegionen können einen Standortvorteil darstellen, denn die große Nachfrage der Ver-braucher nach unmanipulierten Lebensmitteln wird bestehen bleiben. “Der Landwirtschaftsbetrieb von Helmut Ernst in Koppelow in Mecklenburg-Vor-pommern wurde 1992 gegründet und umfasst zur Zeit rund 200 ha. Die Flächenwerden ökologisch nach den Gäa-Richtlinien bewirtschaftet.

31Gentechnik in der Landwirtschaft

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Gentechnik im Futtertrog

G entechnisch veränderte Futtermittel bieten

keinen Vorteil für Tiere. Sie sind weder ge-

sünder, noch enthalten sie mehr Nährstof-

fe. Importiertes Gentech-Soja landet dennoch seit 1996

in europäischen Futtertrögen – unerkannt. Denn erst

seit April 2004 müssen Gentech-Futtermittel in der EU

auch als solche gekennzeichnet werden. Damit wissen

Bauern, was sie kaufen.

Ob sie wirklich frei entscheiden können steht jedoch

auf einem anderen Blatt. Die meisten Bauern wollen

keine gentechnisch veränderten Futtermittel einset-

zen. Voraussetzung: Ein Angebot an gentechnikfreien

Futtermitteln ist vorhanden und zum gleichen oder nur

geringem Aufpreis zu haben. Doch gentechnikfreie Fut-

termittel sind teurer. Der Grund: Konzerne wie Bayer,

Monsanto oder Syngenta verdienen zwar am Verkauf

des patentierten Saatguts und ihrer Spritzmittel, die

Kosten für die Trennung und Untersuchungen auf Gen-

technikfreiheit müssen aber alleine diejenigen tragen,

die weiterhin ohne Gentechnik arbeiten wollen. Die

Mehrkosten für gentechnikfreies Soja belaufen sich

derzeit auf vier Euro pro 100 Kilogramm.

Soja ist der wichtigste Eiweißträger in der Schweine-

und Geflügelfütterung, die Anbaubedeutung in der EU

ist allerdings gering. Deshalb wird es in großen Men-

gen importiert, vor allem aus USA, Brasilien und Argen-

tinien. 80 Prozent der Soja-Importe enthalten meist

auch gentechnisch veränderte Sojabohnen. Nur aus

Brasilien kann (noch) gentechnikfreies Soja bezogen

werden.

Anders sieht es bei Mais und Raps aus. Zwar können

beim Kauf von Raps und Mais aus Nordamerika GVO-

Beimengungen enthalten sein, doch werden diese

Pflanzen kaum in die EU importiert. Auch etliche Vit-

amine oder Aminosäuren werden aus gentechnisch ver-

änderten Pflanzen hergestellt, was auf der Packung

oder den Begleitpapieren zu lesen ist.

Obwohl Produkte von Tieren, die mit gentechnisch ver-

änderten Futtermitteln gefüttert wurden, nicht ge-

kennzeichnet werden müssen, gibt es einen Markt für

gentechnikfrei gefütterte Tiere. Einige Markenfleisch-

programme, wie Wiesenhof, Edeka Nord und Du

Darfst/Unilever haben Verträge mit Erzeugern geschlos-

sen, die eine gentechnikfreie Fütterung garantieren

können. Die Upländer Bauernmolkerei plant Milch mit

einer Kennzeichnung „aus gentechnikfreier Fütterung“

anzubieten.

Das Netzwerk gentechnikfreie Landwirtschaft hat einen

Musterbrief formuliert, mit dem Landwirte bei ihren

Händlern abfragen können, welche Futtermittel sie an-

bieten57.

Falschdeklaration von Sojafutter

Der US-Konzern Bunge ist der größte Anbieter von

Soja-Mehl in Europa und der weltweit größte Verar-

beiter von Ölsaaten. Seine Ölmühle in Mannheim hat

er ganz auf die Produktion von gentechnikfreiem Soja-

öl umgestellt. Das Nebenprodukt Sojaschrot wird den-

noch zu drei Viertel als gentechnisch verändert ge-

kennzeichnet. Das bestätigte ein Konzernsprecher am

12.7.2004. Der Grund: Die Nachfrage nach gentechnik-

freier Ware sei zu gering. Ansonsten sei es nicht ver-

boten, Gentechnik auf die Verpackung zu schreiben,

auch wenn keine Gentechnik drin ist.

Hinter dieser bewussten und vorsätzlichen Falschde-

klaration steht ein Machtkampf in der Futtermittel-

branche. Offenbar gibt es Absprachen, einen Markt für

gentechnikfreie Futtermittel gar nicht erst entstehen

zu lassen. Die Verlierer dieser Markteinführungsstrate-

gie wären die Bauern: Sie würden gezwungen, die gen-

technikfreie Fütterung ihrer Tiere aufzugeben58.

32

Keine Wahlfreiheit für Landwirte beimFuttermittelkauf?

57 Den Musterbrief erhalten

Sie bei Mute Schimpf c/o

AbL e.V., Bahnhofstr. 31,

59065 Hamm, Tel. 02381-

9053173, Fax. -492221,

E-Mail gentechnikfreie-

Landwirtschaft@abl-

ev.de, www.abl-ev.de/

gentechnik58 Süddeutsche Zeitung

(13.7.2004) Bizarrer Streit

über die Kennzeichnung

von Sojafutter.

Faire Nachbarschaft

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Hemo Mohr

Mühle Ebert Dielheim

Agrarhandelsgesellschaft mbH

Albert Vogt Vogtmühle

BayWa Palling

Delta Tierernährungs GmbH

Gesellschaft für

Tierernährung mbH

Franz Wimmer

Hafner Hans Schwäbische

Kraftfutterfabrik

Inntaler Mischfutter GmbH

Irene Schaumann

Kaisermühle Gänheim

Otmar Kaiser

Karl Off Kunstmühle

Matthias Asam oHG

mela Kraftfutterwerk

Milkivit – Trow Nutrition

Raiffeisen Kraftfutterwerk Süd

Salvana Tiernahrung GmbH

St.-Georgs-Mühle A. Wickmair

Zimmerer Werk

Xaver Scheule GmbH

Johannes Kohnen

Fleming + Wendeln

H. Bröring

Rainer Bruns

Bela Thesing Mischfutter

Hans Wackertapp

Hermann Schräder,

Kraftfutterwerk

Raiffeisen Hohe Mark eG

Raiffeisen Köln

Raiffeisen Warenhandel

Ostwestfalen eG

Mühle Georg Ahlert

Muskator

Raiffeisen HaGe Nord AG

Ströh Hobbersdorf

Raiffeisen-Warenzentrale

Kurhessen-Thüringen

Josera Futtermittel

74076 Heilbronn

85053 Ingolstadt

37127 Scheden

69234 Dielheim

87719 Mindelheim

89257 Illertissen

83349 Palling

83404 Ainring

27793 Wildeshausen

87700 Memmingen

83417 Kirchanschöring

89335 Ichenhausen

84034 Landshut

91555 Feuchtwangen

97450 Arnstein/ Gänheim

82404 Sindelsdorf

86947 Weil

92715 Wurz

86666 Burgheim

86807 Buchloe

93055 Regensburg

97080 Würzburg

86637 Wertingen

87616 Marktoberdorf

84034 Landshut

87757 Kirchheim

49751 Sögel

49681 Garrel

49413 Dinklage

49429 Visbeck

46459 Rees

47669 Wachtendonk

48607 Ochtrup

46286 Dorsten-Lembeck

50668 Köln

33397 Rietberg

48653 Coesfeld

40221 Düsseldorf

24768 Rendsburg

23685 Pansdorf

34117 Kassel

63924 Kleinheubach

071 31-17 4011

08 41-610 31

0 55 46-8010

06 22 22-99 00

073 03-9 69 50

0 86 29-1516

0 44 31-9 90 50

0 83 31-9 4810

0 86 85-5 27

0 82 23-20 35

0 93 63-9 9071

0 82 41-9 69 80

09 41-6 0410

09 31-90 20

0 83 42-60 89

0 59 52-20 20

0 44 74-8 9070

0 44 43-9700

0 44 45-1077

0 28 57-29 81

0 21 58-4 09 90

0 25 53-7 80

0 23 69-9 8810

02 21-1 63 80

0 52 44-9 31 30

0 25 41-39 29

0211-9 01 50

0 43 31-5 90 80

0 45 04-8 00 90

05 61-712 20

0 93 71-94 00

Milchleistungsfutter,

Schweinemischfutter

Geflügelfutter auf Nachfrage

Milchleistungsfutter, Sojaschrot

Milchleistungsfutter ohne Soja

Milchleistungsfutter

Mineralfutter

Schweinemischfutter,

Mineralfutter

Milchleistungsfutter

Milchleistungsfutter

Milchaustauscher, Mineralfutter

Mineralfutter

Milchleistungsfutter, Eiweißergänzer,

Schweinemischfutter, Ferkelstarter

Milchleistungsfutter, Ferkelstarter,

Sojaschrot

Milchleistungsfutter, Ferkelstarter, Sojaschrot

Milchleistungsfutter, Mineralfutter

Ferkelstarter, Mineralfutter

Milchleistungsfutter,

Soja nur in größeren Mengen

Ferkelstarter, Mineralfutter

Milchleistungsfutter, Sojaschrot

Milchleistungsfutter, Mineralfutter

Mineralfutter

Milchleistungsfutter, Schweinemischfutter

Schweinemischfutter, Geflügelmastfutter

Milchleistungsfutter ohne Soja auf Wunsch,

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Sojaschrot, auch in Mischungen

Milchleistungsfutter

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Geflügelfutter auf Nachfrage

Soja ab 25 t, Aufpreis 15 €/t

Putenmastfutter, andere Mischungen nur große

Mengen, Aufpreis ca. 1 €/dt

Schweinemischfutter

Milchleistungsfutter auf Wunsch

Milchleistungsfutter auf Wunsch

Geflügelfutter auf Nachfrage

Soja ab 3 t, Aufpreis 15 €/t

Mineralfutter

Ba-Wü, Bayern

Niedersachsen

Ba-Wü

Bayern

Allgäu

Bayern

Bayern

Bayern,

Niedersachsen

Bayern

Allgäu

Bayern

Bayern

Bayern

Bayern

Bayern

Bayern

Bayern

Bayern

Bayern

Bayern

Bayern

Bayern

Niedersachsen

Niedersachsen

Niedersachsen

Niedersachsen

NRW

NRW

NRW

NRW

NRW, Hessen

NRW

NRW

NRW

Schleswig-Holstein

Schleswig-Holstein

Thüringen, Hessen

Bundesweit

Firma Ort Telefon Gentechnikfreies Angebot Liefergebiet

59 Nach Umfragen von: Netzwerk gentechnikfreie Landwirtschaft, www.abl-ev.de/gentechnik (Juni 2004)

und Bund Naturschutz in Bayern e.V., www.bund-naturschutz.de (Juli 2004).

33Gentechnik in der Landwirtschaft

Folgende Futtermittelhändler bieten nach eigenen Angaben gentechnikfreie Futtermittel an59:

Page 34: Informationen für Bäuerinnen und Bauern zum Einsatz der ... · Dabei handelt es sich um die insek-tenresistente Maissorte Bt 176 von Syngenta, die in Spanien auf etwa 32 000 Hektar

Immer wenn es schlecht steht um die Akzeptanz der

Gentechnik taucht das Argument auf, mit Hilfe gen-

technisch veränderter Pflanzen ließe sich der Hun-

ger in der Dritten Welt bekämpfen. Versprochen wer-

den Gentech-Pflanzen, die durch eine Resistenz gegen

Hitze, Trockenheit, Kälte oder salzhaltige Böden für

höhere Erträge sorgen sollen. Jedoch: Diese Pflanzen

gibt es nicht. Bestenfalls befinden sie sich im Experi-

mentierstadium, schlechtestenfalls sind sie eine Kopf-

geburt einfallsreicher PR-Strategen der Gentechnik-

Konzerne. Auch um den mit Vitamin A angereicherten

„Goldenen Reis“, der Blindheit bei mangelernährten

Kindern bekämpfen soll, ist es still geworden. Er wur-

de der Öffentlichkeit im Jahr 2000 mit großem media-

lem Aufwand als Beispiel für die positiven Wirkungen

der Gentechnik präsentiert. Obwohl gleich 14 Institu-

te u.a. in China, Indien und Bangladesh versuchen, den

Reis zur Marktreife zu bringen, ist er bislang nirgends

erhältlich60.

Die Gentech-Pflanzen, die sich zur Zeit auf dem Markt

befinden, sind ausschließlich auf die industrialisierte

Landwirtschaft mit ihren großflächigen Monokulturen

zugeschnitten und nicht auf regionale Bedürfnisse und

kleinbäuerliche Strukturen in Entwicklungsländern. Die

Eigenschaften gentechnisch veränderter Pflanzen sind

Herbizid- oder Insektenresistenz bzw. eine Kombinati-

on aus beidem. Solche Pflanzen erfordern ein Anbau-

management und setzen einen hohen Mechanisie-

rungsgrad voraus – alles Bedingungen, die in Entwick-

lungsländern nicht vorliegen.

Und die Frage ist auch, ob das wünschenswert wäre. In

Entwicklungsländern arbeiten 60 Prozent der Menschen

in der Landwirtschaft. Sollte diese nach westlichem

Muster mechanisiert werden, würden die meisten Men-

schen arbeitslos werden. Denn das genügend Indu-

striearbeitsplätze entstünden, um die „freigesetzten“

Bauern aufzunehmen, dürften selbst die größten Ver-

fechter der Gentech-Landwirtschaft nicht behaupten61.

Doch Gentech-Konzerne und US-Regierung verkünden

weiterhin, dass Hunger nur mit Hilfe der Gentechnik

aus der Welt zu schaffen sei. Obwohl Hunger ein gesell-

schaftliches und politisches Problem ist, das sich nicht

durch den Einsatz einer Technik lösen lässt. Viel ent-

scheidender wäre: die Bekämpfung von Armut und

Misswirtschaft, die Beendigung von kriegerischen Aus-

einandersetzungen sowie der Zugang zu Land, Saat-

gut, Wasser und zu einheimischen Märkten.

Markterschließung über Lebensmittelhilfe

Während der südafrikanischen Hungerkrise 2002 boten

die USA den Regierungen von Angola, Malawi, Sam-

bia, Simbabwe, Lesotho, Mosambik und Swaziland aus-

schließlich gentechnisch veränderten Mais als Lebens-

mittelhilfe an62. Hinter dieser vermeintlich humanitä-

ren Geste verbarg sich das handfeste ökonomische

Interesse, die enormen Mengen an Gentech-Nahrungs-

mitteln abzusetzen, für die sich auf dem Weltmarkt

keine Abnehmer fanden. Die US-Regierung sorgte sich

mehr um die drohenden Verluste der Herstellerkon-

zerne als um die Not der hungernden Menschen.

Gleichzeitig sollten neue Märkte erschlossen werden.

Denn ist der Gentech-Mais – der nicht nur als Nah-

rungsmittel, sondern auch als Saatgut benutzt werden

kann – erst einmal ausgebracht, entsteht für die Bau-

ern ein Teufelskreis der Abhängigkeit. Wenn sie Gen-

tech-Saatgut anbauen, verlieren sie das traditionelle

Recht auf Nachbau. Sie müssten jedes Jahr Lizenz-

Gebühren entrichten, was sich viele Bauern gar nicht

leisten könnten. Hinzu kommt, dass der gentechnisch

veränderte Mais nicht an die Anbaubedingungen der

betroffenen Länder angepasst ist und mit geringeren

Erträgen zu rechnen wäre.

34 Faire Nachbarschaft

Welchen Beitrag kann die Gentechnik zurBekämpfung des Welthungers leisten?

60 Der SPIEGEL (13.9.2004)

Satt durch Designer-

Pflanzen?61 Le Monde Diplomatique,

Colin Tudge (9.7.2004)

Wenn das Essen schneller

wächst. Nutzen und

Schaden genmanipulierter

Nahrungsmittel. 62 Friends of the Earth

International (2004)

www.foei.org/publications

/pdfs/playing_with_hunge

r2.pdf

Page 35: Informationen für Bäuerinnen und Bauern zum Einsatz der ... · Dabei handelt es sich um die insek-tenresistente Maissorte Bt 176 von Syngenta, die in Spanien auf etwa 32 000 Hektar

35Gentechnik in der Landwirtschaft

Insbesondere Biobauern und Landwirte, die ihren

Abnehmern vertraglich gentechnikfreie Ware zusi-

chern, stehen vor vielen offenen Fragen. Denn wenn

ein Bauer garantiert, gentechnikfreie Ernte oder gen-

technikfrei gefütterte Tiere zu liefern, steht er für die-

se Aussage in der Pflicht, auch wenn eine gentechni-

sche Verunreinigung ohne sein Wissen und gegen sei-

nen Willen auf seinem Acker oder im Futtertrog seiner

Tiere landet.

Doch nicht nur sie wollen die Gentechnik auf ihrem

Betrieb ausschließen: etwa 70 Prozent aller Bäuerin-

nen und Bauern in Deutschland lehnen auch für die

Zukunft gentechnisch verändertes Saatgut ab63. Wie

kann sich also ein Bauer, der weiterhin gentechnikfrei

wirtschaften will, vor Verunreinigungen über Pollen

oder Verschleppungen schützen? Die Antwort: am ein-

fachsten durch das Wirtschaften in einer gentechnik-

freien Region.

Generell gilt: Allen Bäuerinnen und Bauern steht es

frei, sich mit ihren Nachbarn auf die Einrichtung gen-

technikfreier Regionen zu verständigen. Sie können

sich gegenseitig dazu verpflichten, auf den von ihnen

bewirtschafteten Flächen kein gentechnisch veränder-

tes Saatgut auszubringen. Es bietet sich an, die frei-

willige Vereinbarung durch einen Vertrag rechtlich zu

untermauern. Vertragspartner sind die Bauern, die in

einer Region gemeinsam wirtschaften, und die Ver-

pächter der landwirtschaftlichen Flächen. Je mehr Bau-

ern in der Umgebung von den Vorteilen einer gen-

technikfreien Region überzeugt sind, desto besser: So

erhalten sie möglichst große, zusammenhängende Flä-

chen.

Der Inhalt der Verträge kann variieren. In erster Linie

beziehen sie sich auf die Pflanzenproduktion, um den

Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in einer

Region auszuschließen. Auch die gentechnikfreie Füt-

terung kann in den Vertrag mit aufgenommen werden.

Wie weiterhin gentechnikfrei wirtschaften?

63 Repräsentative Umfrage des Markt- und Meinungs-

forschungsinstituts Wickert Institute, Hildesheim (2002).

Gentechnikfreie Regionen in Deutschland (Stand 16.9.2004).

Was spricht für die Schaffung gentechnikfreier Regionen?

• Der Schutz von Mensch und Umwelt vor den Risiken der Gentechnik.

• Die Verminderung von Mehrkosten in der Produktion.

• Die Sicherung der Einnahmen und Absatzmärkte.

• Die Vermeidung von Konflikten zwischen Nachbarn.

• Die Förderung der Partnerschaft zwischen Bauern und Verbrauchern.

• Die Erhaltung der bäuerlichen Unabhängigkeit.

Mehr über gentechnikfreie Regionen erfahren Sie in der Informati-

onsmappe Faire Nachbarschaft (Bestellung unter Tel. 030/2 75 86-471)

oder auf der Internetseite: www.faire-nachbarschaft.de

Page 36: Informationen für Bäuerinnen und Bauern zum Einsatz der ... · Dabei handelt es sich um die insek-tenresistente Maissorte Bt 176 von Syngenta, die in Spanien auf etwa 32 000 Hektar

Impressum

Herausgeber:Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), Am Köllnischen Park 1D–10179 Berlin

E-mail: [email protected]: 0 30/2 75 86-40

Redaktion: Heike Moldenhauer,Martha Mertens, Nora Mannhardt

Grafiken: Marc A. Venner

Gestaltung: Petra Nyenhuis

Produktion: Natur & UmweltVerlags GmbH, Berlin

ViSdP: Dr. Norbert Franck

Druck: Z.B.!, Köln; November 2004

Bestellnummer: 40.013

Das Projekt Faire Nachbarschaftwird vom Bundesamt für Natur-schutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt,Naturschutz und Reaktorsicherheitgefördert. Die Förderer übernehmenkeine Gewähr für die Richtigkeit,die Genauigkeit und Vollständigkeitder Angaben sowie für die Beach-tung privater Rechte Dritter. Diegeäußerten Ansichten und Mei-nungen müssen nicht mit denen der Förderer übereinstimmen.

„Natur, Umwelt, Menschen und Tiere dürfen nicht zum Spielball der Agrochemie-Konzerne werden“Ein Kommentar von Cord Pralle, Landwirt in Niedersachsen.

„Ich bin gerne Landwirt. Die Arbeit im Einklang mit der Natur, das ist es, was mich von Anfang an undimmer wieder begeistert. Und genau darin liegt die Begründung, warum ich gegen die Grüne Gentech-nik bin. Ich kann und will nicht verantworten, dass einige wenige Konzerne unsere Ernährung vomAcker bis zum Teller in den Griff bekommen. Wer einmal einen Monsanto-Anbauvertrag gelesen hat,weiß wovon ich rede. Ich will weder meine Unabhängigkeit opfern, noch die Natur. Der Preis ist mir zuhoch. Seit jeher ist Saatgut in der Hand von Bäuerinnen und Bauern. Es ist unser höchstes Gut undmuss in unserer Hand bleiben. Seit einiger Zeit haben die großen Agrochemie-Konzerne das Saatgut für sich entdeckt. Sie zeigen ihreMacht indem sie Patente auf Gentech-Pflanzen anmelden und Nachbaugebühren einfordern. Wenndiese Konzerne das Saatgut gentechnisch verändern, haben sie in erster Linie ihren eigenen Profit vorAugen. Es gilt daher genau aufzupassen, was dort passiert. Bei konventioneller Züchtung werden dieArtgrenzen eingehalten, so wie es die Natur uns vormacht. Die „grüne“ Gentechnik überschreitet die-se Grenzen, wenn z.B. ein Gen einer Ratte in eine Mais- oder Rapspflanze einbaut wird. Diesen Selbst-schutzmechanismus der Arten zu umgehen, halte ich persönlich für mehr als riskant und zerstörerischfür unsere Erde. Für mich, der von und mit der Natur lebt, ist es selbstverständlich sie auch zu bewah-ren und zu schützen. Mit aller Kraft werde ich mich zusammen mit meiner Familie für eine gentech-nikfreie Landwirtschaft einsetzen. Ich hoffe und wünsche mir, dass viele mitmachen. Wir brauchen einbreites gesellschaftliches Bündnis!"Cord Pralle ist konventionell wirtschaftender Landwirt aus Willingen bei Soltau. Zusammen mit seinerFamilie bewirtschaftet er 90 ha Ackerland, 40 ha Grünland sowie 50 ha Forst. Zum Betrieb gehört eineCharolais-Mutterkuhherde, mit 35 Mutterkühen, zwei Deckbullen plus Nachzucht. Außerdem ist Pralleim Bündnis für eine gentechnikfreie Landwirtschaft in Niedersachsen, Bremen und Hamburg aktiv.

„Wir Bauern können gut auf die Agro-Gentechnik verzichten und sollten dies auch konsequent tun!“Ein Kommentar von Bernd Schmitz, Landwirt in Nordrhein-Westfalen.

„Die vorhandenen Produktionskapazitäten in Deutschland reichen auch ohne die Ein-flussnahme der großen Gentechnikfirmen aus, um hervorragende Produkte in ausreichender Qualitätund Menge auf den Markt zu bringen. Die Produktion mit gentechnisch veränderten Pflanzen birgtRisiken, die zurzeit heruntergeredet werden. Eine Freisetzung von transgenen Pflanzen in die Umweltkann zum Bumerang werden, wenn es zu unerwünschten Nebenerscheinungen wie Allergien o.ä. kom-men sollte. Denn dieser Weg der Freisetzung ist eine Einbahnstraße die zur Sackgasse werden kann, esgibt dann kein zurück mehr. Die Abhängigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe von den Gentechnik-firmen wird zunehmend größer, da ihre marktbeherrschende Stellung zur Verdrängung der Vielfalt inder Sortenpalette führt. Die Verbote für Nachbau und in diesem Zusammenhang stehende Patentie-rungen bedeuten eine weitere Einschränkung in der freien Entscheidung der landwirtschaftlichen Betrie-be. Damit meine Kinder noch frei entscheiden können, was auf unserem Acker passiert, darf es zu kei-nem Anbau von Gentechnikpflanzen kommen. Weiterhin muss gewährleistet sein, dass konventionellwirtschaftende Viehbetriebe auch in Zukunft noch eine freie Wahl beim Futtermittelkauf haben. Dennzurzeit ist es kaum möglich, gentechnikfreies konventionelles Futter mit Mais oder Soja ohne einenWucheraufpreis zu bekommen. Dies hat scheinbar System und soll wohl zur schleichenden Akzeptanzführen.“Bernd Schmitz bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Familie einen konventionellen Milchviehbe-trieb in Hennef.