Informationen zu „Legal Highs“ - frankfurt.de · Für fast jede illegale Droge gibt es...

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Drogenreferat der Stadt Frankfurt am Main Informationen zu „Legal Highs“ Was sind „Legal Highs“? Sie kommen mit verführerisch-fantasievollen Namen daher, locken als „Angel dust“, „Space“ oder „Monkees go Banana“. Verpackt in bunten Tütchen werden sie seit einigen Jahren mit geschickten Marketingstrategien über das Internet verkauft: „Legal Highs“, synthetische Drogen, die als angeblich legale Alternativen zu illegalen Drogen vermarktet werden. Für fast jede illegale Droge gibt es mittlerweile ähnlich wirkende Ersatzprodukte, die als „Räuchermischungen“, „Badesalze“, „Raumerfrischer“ oder „Düngerpillen“ getarnt auf den Markt kommen. Diese „Legal High“-Produkte enthalten in der Regel so genannte Research Chemicals, das sind Substanzen aus der Pharmaforschung, die in beliebiger Menge in illegalen Labors zusammengebraut werden. Der legale Status der Grundsubstanzen sagt dabei nichts über ihre Gefährlichkeit aus, denn ihre Neben- und vor allem Langzeitwirkungen sind nicht erforscht. Neben diesen gemixten und designten „Legal High“-Produkten werden alle möglichen Research Chemicals auch als Reinsubstanzen im Internet angeboten. Zunehmend werden diese zumeist legalen Substanzen auch illegal gehandelten Drogen beigemischt. Öffentliche Aufmerksamkeit erregte dieses Phänomen erstmals 2008, als die Räuchermischung „Spice“ einen Medienhype auslöste. Die Internetforen überboten sich mit Erfahrungs- und Erlebnisberichten über die Kräutermischung und im Nu waren die Headshops, die einschlägigen Läden der Cannabis-Szene, leer gekauft. Aus einem unbekannten Produkt für Insider war eine Modedroge mit reißendem Absatz geworden. Im Auftrag des Drogenreferats der Stadt Frankfurt konnte damals erstmals nachgewiesen werden, dass „Spice“ synthetische Cannabinoide enthielt. Die angeblich enthaltenen Kräuter dienten nur als Trägerstoff und Tarnung. Kurze Zeit später wurde „Spice“, beziehungsweise das darin enthaltene JWH-018 unter das Betäubungsmittelgesetz gestellt und das Katz- und Mausspiel begann mit neuen Produkten, die rasch auf den Markt kamen, von vorne.

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Drogenreferat der Stadt Frankfurt am Main

Informationen zu „Legal Highs“ Was sind „Legal Highs“? Sie kommen mit verführerisch-fantasievollen Namen daher, locken als „Angel dust“, „Space“ oder „Monkees go Banana“. Verpackt in bunten Tütchen werden sie seit einigen Jahren mit geschickten Marketingstrategien über das Internet verkauft: „Legal Highs“, synthetische Drogen, die als angeblich legale Alternativen zu illegalen Drogen vermarktet werden. Für fast jede illegale Droge gibt es mittlerweile ähnlich wirkende Ersatzprodukte, die als „Räuchermischungen“, „Badesalze“, „Raumerfrischer“ oder „Düngerpillen“ getarnt auf den Markt kommen. Diese „Legal High“-Produkte enthalten in der Regel so genannte Research Chemicals, das sind Substanzen aus der Pharmaforschung, die in beliebiger Menge in illegalen Labors zusammengebraut werden. Der legale Status der Grundsubstanzen sagt dabei nichts über ihre Gefährlichkeit aus, denn ihre Neben- und vor allem Langzeitwirkungen sind nicht erforscht. Neben diesen gemixten und designten „Legal High“-Produkten werden alle möglichen Research Chemicals auch als Reinsubstanzen im Internet angeboten. Zunehmend werden diese zumeist legalen Substanzen auch illegal gehandelten Drogen beigemischt.

Öffentliche Aufmerksamkeit erregte dieses Phänomen erstmals 2008, als die Räuchermischung „Spice“ einen Medienhype auslöste. Die Internetforen überboten sich mit Erfahrungs- und Erlebnisberichten über die Kräutermischung und im Nu waren die Headshops, die einschlägigen Läden der Cannabis-Szene, leer gekauft. Aus einem unbekannten Produkt für Insider war eine Modedroge mit reißendem Absatz geworden. Im Auftrag des Drogenreferats der Stadt Frankfurt konnte damals erstmals nachgewiesen werden, dass „Spice“ synthetische Cannabinoide enthielt. Die angeblich enthaltenen Kräuter dienten nur als Trägerstoff und Tarnung. Kurze Zeit später wurde „Spice“, beziehungsweise das darin enthaltene JWH-018 unter das Betäubungsmittelgesetz gestellt und das Katz- und Mausspiel begann mit neuen Produkten, die rasch auf den Markt kamen, von vorne.

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Neu am Phänomen „Legal High“ sind die vorsätzlich falsche Deklaration der Inhaltsstoffe und der Konsumform, die große Zahl an neuen Substanzen, die schnelle Reaktion auf Verbote und die Vermarktung über das Internet.

Die Digitalisierung in Form von Online-Handel ist somit auch bei den Drogen angekommen. Von der bisherigen Vorstellung, dass sich zwei Personen an einem bestimmten Ort treffen und Ware gegen Geld tauschen, müssen wir uns perspektivisch verabschieden. Die Europäische Drogenbeobachtungsstelle sieht in ihrem Jahresbericht 2010 die europäischen Modelle zur Drogenkontrolle durch „das Auftauchen einer Rekordzahl neuer Substanzen auf eine harte Probe“ gestellt. In 2010 handelte es sich mit über 40 neuen synthetischen Substanzen um die höchste Zahl von psychoaktiven Substanzen, die jemals in einem Jahr gemeldet wurde. Verbreitung Leider wissen wir bisher wenig über die Verbreitung von „Legal Highs“. Belastbare Prävalenzzahlen liefert das Frankfurter Drogenmonitoring1, bei dem auch eine repräsentative Stichprobe von Schülerinnen und Schülern im Alter von 15 bis18 Jahren jährlich zu ihrem Drogenkonsum befragt wird. In 2010 gaben hier 9 Prozent aller Schüler an, mindestens einmal im Leben Räuchermischungen und 3 Prozent mindestens einmal andere „Legal Highs“ (Badesalze, Düngerpillen oder Research Chemical als Reinsubstanz) probiert zu haben.

Konsum von Räuchermischungen: Lifetime- und 30-Tages-Prävalenz, 15- bis 18-Jährige in Prozent (MoSyD 2010)

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6

1

7

2

9

012345678910

Lifetime­Prävelanz 30­Tages­Prävalenz

200820092010

1 Werse et al.: Monitoring System Drogentrend Frankfurt, Jahresbericht 2010

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Auch wenn diese Zahlen Handlungsbedarf nahelegen, wissen wir, dass Jugendliche nicht die Hauptkonsumentengruppe sind. An einer Online-Befragung des Centre for Drug Research2 nahmen ganz überwiegend Männer im durchschnittlichen Alter von 24 Jahren teil. Räuchermischungen, die in der Regel synthetische Cannabinoide enthalten, wurden am häufigsten konsumiert. Praktisch alle Teilnehmer der Befragung hatten auch Erfahrungen mit illegalen Drogen, 80 Prozent auch mit harten Drogen. Neben Neugier und Experimentierfreude greifen sie vor allem zu „Legal Highs“, weil der Konsum straffrei bleibt und die Substanzen in Drogentests nicht nachweisbar sind. Wirkungen und Risiken Über Risiken und Nebenwirkungen den Arzt oder Apotheker zu fragen, hilft im Falle der Research Chemicals wenig. Obwohl diese chemischen, psychoaktiven Substanzen aus der Pharmaforschung stammen und unter das Arzneimittelgesetz fallen, werden sie nicht für medizinische Zwecke verwandt, weil – wie oben bereits erwähnt – ihre Wirkungen und langfristigen Risiken nicht erforscht sind. Hinzu kommt, dass die auf dem Markt auftauchenden Produkte undefinierbare Mogelpackungen sind, weil die jeweilige chemische Zusammensetzung, die Dosierung und der Reinheitsgehalt der Substanzen ungewiss bleibt. „Legal Highs“ können eine ähnliche Wirkung wie verschiedene illegale Drogen haben. Die am weitesten verbreiteten Räuchermischungen enthalten in der Regel synthetische Cannabinoide und wirken ähnlich wie Cannabis. Die als „Badesalze“, Raumerfrischer“ oder „Düngerpillen“ verkauften Produkte enthalten häufig Research Chemicals aus der Gruppe der Amphetamine oder Halluzinogene. Da weder die realen Inhaltsstoffe noch die Dosierung angegeben sind, kann man über die tatsächliche Wirkung keine Vorhersagen machen. Inhaltsstoffe und Dosierung können beim gleichen Produkt von Packung zu Packung variieren. Auch die verwendeten Substanzen sind von unterschiedlichster Potenz. Da viele Hersteller nicht über ausreichendes pharmakologisches Wissen verfügen, ist die Dosierung Zufall. Auch über das Suchtpotenzial dieser Substanzen ist nichts bekannt. Hinzu kommen alle möglichen Beimischungen und Verunreinigungen z.B. Hartparaffin, Teer. Konsumenten von „Legal Highs“ oder Research Chemicals stellen sich daher als Versuchskaninchen in einem unkontrollierten Feldversuch für unerforschte Chemikalien zur Verfügung – und gehen ein hohes gesundheitliches Risiko mit unbekannten Langzeitfolgen ein. In der Online-Umfrage des Centre for Drug Research berichteten viele „Legal High“-Konsumenten über unerwünschte Nebenwirkungen:

2/3 der Teilnehmer hatten schon mal Herzrasen. Die Hälfte berichtet über Kreislaufprobleme und Kopfschmerzen, 42 Prozent über Übelkeit und 1/3 hatte schon mal Angstzustände nach dem Konsum von „Legal Highs“.

2 Werse et al.: Online-Befragung zum Thema „Legal Highs“, Frankfurt 2011

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Auch Überdosierungen oder Vergiftungen im Zusammenhang mit verschiedenen „Legal High“-Produkten sind mittlerweile bekannt geworden. Über Kreislaufversagen und Ohnmacht wurde berichtet, sowie über Psychosen und Wahnvorstellungen. Verschiedentlich wurden Konsumenten mit Nierenversagen ins Krankenhaus eingeliefert. Aus den USA wird über Selbstmorde in Verbindung mit „Legal High“-Konsum berichtet. Rechtliche Situation Die in „Legal High“-Produkten enthaltenen Research Chemicals fallen, wenn sie noch nicht – wie Spice und dessen Inhaltsstoff JWH-018 – ins Betäubungsmittelgesetz aufgenommen wurden, unter das Arzneimittelgesetz (AMG). Das heißt Herstellung und Verkauf sind verboten, die Händler machen sich nach dem AMG strafbar. „Legal High“-Produkte sind dennoch vor allem für die Händler attraktiv, hier hat sich in einem rechtlichen Graubereich ein lukrativer Markt mit hohen Gewinnmöglichkeiten und geringem Risiko eröffnet. Die Gewinnmargen betragen ein mehrfaches des Cannabishandels. Demgegenüber fallen die Strafen nach dem Arzneimittelgesetz eher gering aus.

Weitere Informationen im Internet

Pressemitteilung der Bundesdrogenbeauftragten: www.drogenbeauftragte.de Onlinebefragung des Centre for Drug Research, Uni Frankfurt: www.uni-frankfurt.de/fb/fb04/forschung/cdr/ Fachtag „Legal High“ des Drogenreferats: www.drogenreferat.stadt-frankfurt.de Informationsseite für Konsumenten (Basis e.V.): www.Legal-High-Inhaltsstoffe.de Mosyd-Studie 2010: www.drogenreferat.stadt-frankfurt.de/drogentrendforschung © Drogenreferat der Stadt Frankfurt am Main 30. März 2012