Infrarot 195

7
rot rouge rosso cotschen Zeitung der JungsozialistInnen Journal de la Jeunesse socialiste Giornale della Gioventù socialista Gasetta da la Giuventetgna socialista +++JUSO.CH+++ JUSO Schweiz, Postfach 8208, 3001 Bern Nr. 195, Mai 2011 5 La JS s’organise Un potentiel important existe en Romandie, mais … 6 Wem gehört Graubünden? Die Juso Graubünden auf der nicht ganz einfachen Suche nach Antworten 9 – 11 Frische Köpfe Die GL ist zur Hälfte neu. Flo, Kristina, Meret und David im Gespräch Die Schweizer Tourismus- branche boomt. Leider profi- tieren nur Wenige davon. Von Vivien Jobé Die Schweiz ist ein Ferienland. Wir haben unsere Bergen, vermarkten unsere Städte, die schönen Hotels und gemütlichen Re- staurants, und verdienen nebenbei eine goldige Nase daran . Im Jahr 2010 konnten dank dem Tourismus rund 31 Milliarden Franken eingenommen werden. Von diesen beeindruckenden Einnahmen sehen aber nur sehr Wenige etwas. Rund 200‘000 Men- schen arbeiten in der Schweiz im Bereich Gastgewerbe/Hotellerie, eine Mehrheit da- von Frauen – und vor allem MigrantInnen. Immer mehr übernehmen sie, wie auch im zweiten Niedriglohnbereich, dem Gesund- heitssektor, die Jobs, die wir unter den Be- dingungen und mit dem Lohn nicht mehr bereit sind zu verrichten. Es sind dies die Servierfachkraft im Restaurant, der Mann an der Rezeption, der Köchin, die dein Schnitzel brät – von Stellen in der Haus- wirtschaft gar nicht zu sprechen. Oder: die Wäschereiangestellte, die das schmutzige Tischtuch wäscht, der unsichtbare Koch, der dein Schnitzel anbrät oder dich bedie- nende Servicefachkraft. Weiter Seite 3 Bedenkliches hinter der Heidi-Fassade AZB 3900 BRIG Zeichnung: Olga Baranova h

description

Infrarot - Zeitung der JungsozialistInnen / Infrarouge - Journal de la Jeunesse socialiste Infrarosso - Giornale della Gioventù socialista Infracotschen - Gasetta da la Giuventetgna socialista

Transcript of Infrarot 195

rotrougerossocotschen

Zeitung der JungsozialistInnen • Journal de la Jeunesse socialiste Giornale della Gioventù socialista • Gasetta da la Giuventetgna socialista

+++juso.ch+++JUSO Schweiz, Postfach 8208, 3001 Bern

Nr. 195, Mai 2011

5La JS s’organise Un potentiel important existe en Romandie, mais …

6Wem gehört Graubünden? Die Juso Graubünden auf der nicht ganz einfachen Suche nach Antworten

9 – 11 Frische Köpfe Die GL ist zur Hälfte neu. Flo, Kristina, Meret und David im Gespräch

Die Schweizer Tourismus-branche boomt. Leider profi-tieren nur Wenige davon.

Von Vivien Jobé

Die Schweiz ist ein Ferienland. Wir haben unsere Bergen, vermarkten unsere Städte, die schönen Hotels und gemütlichen Re-staurants, und verdienen nebenbei eine goldige Nase daran . Im Jahr 2010 konnten dank dem Tourismus rund 31 Milliarden Franken eingenommen werden. Von diesen beeindruckenden Einnahmen sehen aber nur sehr Wenige etwas. Rund 200‘000 Men-schen arbeiten in der Schweiz im Bereich Gastgewerbe/Hotellerie, eine Mehrheit da-von Frauen – und vor allem MigrantInnen. Immer mehr übernehmen sie, wie auch im zweiten Niedriglohnbereich, dem Gesund-heitssektor, die Jobs, die wir unter den Be-dingungen und mit dem Lohn nicht mehr bereit sind zu verrichten. Es sind dies die Servierfachkraft im Restaurant, der Mann an der Rezeption, der Köchin, die dein Schnitzel brät – von Stellen in der Haus-wirtschaft gar nicht zu sprechen. Oder: die Wäschereiangestellte, die das schmutzige Tischtuch wäscht, der unsichtbare Koch, der dein Schnitzel anbrät oder dich bedie-nende Servicefachkraft. Weiter Seite 3

Bedenkliches hinter der Heidi-Fassade

AZ

B

3900 Br

ig

Zeichnung: Olga Baranova

h

INFRARot • JUSO • März 20112

Von Clau Dermont

Die repräsentative Vertretung und die Zusammenarbeit über Grenzen hinweg ist gerade im zersplitterten Parteiensystem wichtig. Auch die Tradition der Konkor-danz entstammte der Idee, die relevan-ten politischen Kräfte zu sammeln und einzubinden.

Der Aufstieg der JUSO in den letz-ten Jahren stärkt die Partei, gleichzeitig kommt aber die Mühe dazu, alle Regionen in die nationale Politik einzubeziehen. Ein Symptom dafür: Italienischsprachige und Französischsprachige GenossInnen sind meistens alleine oder in einer ganz kleinen Gruppe an JUSO-Veranstaltungen. Aber auch die GL-Wahl 2011 hat eine Kon-zentration gezeigt: Basel, Bern und die Bergkantone wurden nicht berücksichtigt, sondern St. Gallen über Züri bis Solothurn, mit je einem Ableger in der Romandie und einem in der Zentralschweiz. Der Kanton Zürich stellt sogar ein Drittel der GL-Mit-glieder.

JUSO, wie hast du’s mit dem Pluralis-mus? Wir müssen nicht nur wachsen und in den Gratismedien präsent sein – wie oft an der JV 2011 beschworen müssen wir auf die Sektionen achten und mit diesen zu-sammenarbeiten. Ein erster Schritt dazu ist sicher die Einbindung möglichst vieler Sek-tionen in die Gremien der JUSO, und den zukünftigen Verzicht der anderen auf eine übermässige Vertretung. Und um eine na-tionale Bewegung zu werden brauchen wir ein starkes Standbein in der lateinischen Schweiz – Vive la JS!

Liebe Jusos

Auf den Schlössern der Aristokraten sind Windfahnen installiert. Aufgestellt vom Geldadel, sitzen sie in unseren Parlamenten und ändern ihre politischen Meinungen je nach Grosswetterlage. Nur ihr Handeln än-dert sich nicht, denn für diese Taten hat der Schlossherr sich die Windfahnen schliess-lich gekauft. Die bürgerlichen PolitikerInnen wissen, dass sie nur solange dort sind, wie es dem Schlossherr passt. Und letztendlich bleibt die Kriecherei vor dem Geldadel die einzige Konstante bürgerlicher Politik.

Genauso verhalten sie sich auch in den aktuellen Debatten: Ein wenig Geschrei um die Finanzkrise, eine Spur Empörung über die Boniexzesse und ein grosses Hallo bei Fukushima – aber das wars dann auch schon.

Heute wollen sie nichts mehr wissen von einer effektiven Finanzmarktregulie-rung, nichts mehr von einer Bonisteuer und sie werden auch schon bald nichts mehr wissen wollen vom Atomausstieg.

Die Halbwertszeit bürgerlicher Hal-tungen würden wir uns für den Atommüll wünschen.

Die Linke geniesst hier eine unver-gleichbare Freiheit. Wir müssen uns nicht den Denkblockaden von Milliardären unter-werfen, sondern können offen und ehrlich über zukunftsorientierte Politik nachdenken. Diese Chance müssen wir nutzen und haben sie im vergangenen Herbst auch gepackt.

Die klare Linie, welche die JUSO und die SP mit dem Parteiprogramm entwickelt haben, macht uns glaubwürdig und erfolg-reich. Dies haben die vergangenen Wahlen gezeigt. Dort wo wir uns nicht selbst zer-fleischten und uns für den eigenen Mut verschämt entschuldigten, sondern selbst-bewusst hin standen, dort sind wir auf die Siegerstrasse zurückgekehrt.

In allen Kantonen leistet die JUSO ei-nen beträchtlichen Beitrag für die Erneue-rung der Sozialdemokratie und ein mutiges und selbstbewusstes Auftreten der Linken und damit für eine menschliche Gesell-schaft. Diesen Beitrag werden wir auch bei den nationalen Wahlen im Herbst leisten müssen.

Wir sind der Bevölkerung und uns selbst aber auch noch Antworten schuldig. Wir müssen nun aufzeigen, wo wir mehr Mit- und Selbstbestimmung fordern. Unsere Projekte für eine stärkere und vielfältigere Demokratie konkretisieren, sei es in wirt-schaftlichen, gesellschaftlichen, sowie po-litischen Bereichen. Diese Aufgabe wartet nun auf uns alle. Wir werden sie lustvoll und beharrlich anpacken. Zusammen wer-den wir überzeugen und vorwärts kommen. Ich freue mich diesen Weg gemeinsam mit euch allen zu gehen – lasst uns die Schlös-ser niederreissen.

im Namen der Geschäftsleitung

David

Pluralismus ist gern gesehen – die Schweiz hat ja auch vier Landessprachen, 26 Kantone und 1001 Interessen.

Kommentarder Redaktion:

«Eine Bewegung – viele Gesichter»

Gastronomie 3

Nicht nur Verbesserungen

Die meist jungen Menschen kommen für eine Saison bis zu einem Jahr in die Schweiz und treffen hier auf vermeintlich, oder im Vergleich zum Herkunftsland auch tatsächlich komfortable, Ausgangslagen was Lohn und Arbeitsbedingungen betrifft. Sehen wir uns den Gesamtarbeitsvertrag an, abgeschlossen von der UNIA, der SYNA und der Hotel- und Gastro Union (die FDP-taugliche Version einer «Gewerkschaft»). Zusammen mit den Arbeitgeberverbänden haben sie per 2010 eine neue Fassung vor-gelegt. Verbesserun-gen gibt es in den Bereichen Arbeits-zeiterfassung (muss neu vom Arbeitge-ber sicher gestellt werden) und des 13. Monatslohns. Ab 2012 haben alle Mitarbeitenden nach bestandener Probezeit das Recht auf einen 13. Monatslohn – etwas wofür schon lange gekämpft wurde und von vielen Betrieben bis jetzt nicht geleistet wird. Die Kehrseite des neuen Vertrags ist vor allem im Bereich der Saisonbetriebe anzutreffen. So müssen Dienstpläne nur 1 Woche im Voraus mit-geteilt werden (anstatt regulär 2 Wochen), Ruhetage müssen nicht aneinander son-dern können auch als halbe Tage verstü-ckelt gegeben werden und die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 43.5 Stunden (anstatt 42). Untragbar wird die ganze Situation da-durch, dass sich mit dem neuen GAV auch nicht klassische Saisonbetriebe als solche anerkennen lassen können – und in den Genuss der genannten »Vorteile« kommen. Ein Betrieb muss lediglich beweisen kön-nen, dass in einer oder mehreren Hochsai-sonzeiten überdurchschnittlich viel Umsatz erwirtschaftet wird. So kommt es, dass zum Beispiel ein Hotel in der Messestadt Basel ohne Problem aufzeigen kann, dass sie während der Messemonate überproportio-nal mehr erwirtschaften, also ein Saison-hotel sind, obwohl sie 365 Tage im Jahr geöffnet haben.. So bekommen auch in ei-nem solchen, an sich normalen, städtischen Betrieb immer mehr ArbeitnehmerInnen

die Nachteile zu spüren, sei es die erhöhte Wochenstundenzahl oder die Ruhetage die nur halb gewährt werden.

Ausbeuterische ZuständeAber GAV hin oder her. Die Realität ist anders, schlimmer, geht es doch in vielen Betrieben (angeblich?) ums nackte Überle-ben. Also werden die Angestellten gebeu-telt. Häufigste Ausrede: »Sorry, wir können uns nicht mehr Personal leisten«, die Sechs

Tage- Woche über mehrere Monate im Saisonbetrieb ist nicht Ausnahme, son-dern die Regel. Ausrede: »Es geht leider nicht anders! «, und so sind 12 Stunden Tage und Nachtarbeit, auch für Lernende, nichts Aus-

sergewöhnliches. Das alles wird meist brav mitgetragen von Küche- und Servicemitar-beitenden, gerade von jenen, die aus einem Land kommen wo die Bedingungen noch schlechter sind. Die weit verbreitete Akzep-tanz von permanenten Überstunden und fehlenden Ruhetagen kommt aber auch durch die Mentalität und Einstellung, wel-che wir als GastronomInnen mitbringen: Wir sind sozial, wollen ein schönes Produkt anbieten, Zeit haben für den Gast, sind mit Leidenschaft dabei und können nicht nein sagen – beim Gast nicht und beim Arbeitgeber leider schon recht nicht.

Nur frage ich mich, ist es immer noch Leidenschaft, wenn Köche schon nach we-nigen Jahren am körperlichen und oft un-terschätzten psychischen Druck zerbrechen, wenn GastgeberInnen ihre Abende mit Al-kohol verbringen, weil es anders nicht aus-halten, wenn Servierfachkräfte nicht mehr locker und höflich, sondern permanent an-gespannt und genervt sind.

Ich denke nicht. Und hier leidet unse-re Branche, so schön sie auch gegen aussen scheint, wie alle anderen unter dem Druck der Leistungs- und Profitsteigerung, wie sie

uns der Kapitalismus aufzwingt. Mit oder ohne GAV.

Dass es auch anders geht und man als kleiner Restaurationsbetrieb schwarze Zah-len liefern und trotzdem eine faire Arbeits-situation für alle schaffen kann, durfte ich diesen Winter erleben. Selbst in Spitzenzei-ten hatten die Mitarbeitenden fix zwei Tage die Woche frei, Trinkgelder wurden an alle gleichmässig aufgeteilt, Stunden sorgfältig notiert und mir als Praktikantin wurden mitten in der Hochsaison Ferien gewährt (und Ferien gibt es auf Saison sonst nur ausbezahlt oder zu Beginn oder Ende der Saison). Durch diese Situation war also die Begeisterung und Leidenschaft, welche ein Gastrobetrieb haben soll, nicht aufgesetzt, sondern ehrlich so gemeint. Ein Team, in dem alle gleich viel wert sind, wo der por-tugiesische Spüler nicht Nebensache, son-dern genauso ein Hauptakteur wie die Chef de Pâtisserie und das gemeinsame Getränk nach Feierabend für alle Ehrensache ist. Wir wussten, dass wir von der Geschäfts-führung als Person und nicht als Arbeits-kraft respektiert worden sind und steckten diese Begeisterung jeden Tag neu in unse-re Arbeit – was natürlich auch beim Gast

ankam. Es gibt sie also diese Arbeitgeber, denen genauso etwas an Gerech-tigkeit und den Mitarbei-tenden liegt wie an dem Zahlen Ende des Monats. Nur sind es zu wenige um wirklich etwas zu be-

wegen, die Branche zu verändern und so werden wir nach wie vor auf einen «fairen» Gesamtarbeitsvertrag angewiesen sein.

Und so lange es so ist, liebe Gour-mädchen und Gastrofreunde, lasst euch nicht mehr länger mit Unwirtschaftlichkeit und Personalmangel erpressen. Ob ihr als Lernende in diese Branche kommt oder ein-fach als Aushilfen neben dem Studium: Lest den Gesamtarbeitsvertrag, informiert euch, steht ein für das was euch zusteht und vor allem helft anderen in eurem Betrieb wenn ihr merkt, dass etwas schief läuft, steht ein, und ändert, was euch stört.

Fortsetzung von Titelseite

«Lasst euch nicht länger erpressen!»

Worte des Präsidenten

«Die Gastrobranche leidet unter dem Druck der Profitsteigerung»

INFRARot • JUSO • März 20114

GAV – Schutzschirme für die Hälfte der BeschäftigtenWeil das Arbeitsgesetz in der Schweiz sehr schwach ist und die Arbeitnehmenden zu wenig schützt, sind Gesamtarbeitsverträge (GAV) umso wichtiger. Diese Kollektivverträge beinhalten verbindliche Bestimmungen zu Löhnen, Arbeitszeiten etc. Allerdings sind nur etwas mehr als 50 Prozent der Beschäftigten einem GAV unterstellt.

Von Pascal Pfister

Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden GAV. Aber erst 1937/38 wur-den die grossen GAV im Baugewerbe, der Maschinen- und der Uhrenindustrie abge-schlossen. Eine bedeutende Ausdehnung erfolgte nach dem 2. Weltkrieg, als auch in weiten Teilen des Gewerbes, in der Bas-ler Chemie, bei Teilen der Nahrungs- und Textilindustrie GAV vereinbart wurden. 1950 lag die GAV-Abdeckung bei 50% und die Möglichkeit der Allgemeinver-bindlichkeitserklärung war eingeführt. In den krisenhaften 1990er Jahren sank der Abdeckungsgrad. Die Industriebeschäfti-gung ging zurück. Beschäftigungswachs-tum gab es nur im Dienstleistungssektor. Dieser war kaum gewerkschaftlich organi-siert und deshalb gab es auch kaum GAV (Ausnahmen: Coop, Migros, Gastgewerbe und Banken). Zudem kamen die GAV mit dem Aufblühen neoliberaler Politikrezepte unter Druck. Vertragsinhalte wurden aus-gedünnt und einzelne Verträge sogar auf-gelöst (z.B. Strassentransport). Mit der Ein-führung der Personenfreizügigkeit wurde die Bedeutung kollektiver Verträge wieder breiter anerkannt und der Anteil der Unter-stellten konnte wieder von 45% (1998) auf 52% (2010) gesteigert werden. Einen guter Überblick über die Geschichte, materiellen Inhalte und Bedeutung der GAV bieten die Artikel von Andreas Rieger.

Verbindliche Mindestlöhne

GAV werden zwischen Arbeitnehmerver-tretern (Gewerkschaften) und Arbeitgebern abgeschlossen. Manchmal mit einzelnen Firmen (so oft in der Industrie), manchmal mit einem Arbeitgeberverband einer Bran-che (vor allem im Gewerbe). Wenn ein be-stimmtes Quorum aller Arbeitnehmer und Arbeitgeber in einer Branche einen Kollek-

tivvertrag abgeschlossen hat, dann können die Behörden diesen Vertrag allgemeinver-bindlich (AVE) erklären. Das heisst, er gilt für alle Firmen dieser Branche, auch wenn sie dem Arbeitgeberverband nicht ange-hören. Dies ist zum Beispiel im Bau- und im Gastgewerbe der Fall. Die Mindestlöhne und anderen Schutzbestimmungen des L-GAV im Gastgewerbe und des Landesman-telvetrages im Bau gelten ausnahmslos für alle Betriebe und Beschäftigten.

Wie gut der Schutz durch GAV ist und wie stark er ausgebaut werden kann, hängt mit dem Kräfteverhältnis zusammen. Sind in einer Branche viele Arbeitnehmer organisiert, so haben die Gewerkschaften eine grössere Verhandlungsmacht. Dass der Dienstleistungsbereich noch nicht so gut geschützt ist, hängt vor allem damit zu-sammen, dass er eben nicht gut organisiert ist. Der gewerkschaftliche Aufbau in die-sem Sektor wurde erst relativ spät ab Mitte der 90er-Jahre mit den nötigen Ressourcen in Angriff genommen.

Gemischte Bilanz

Nach wie vor bleiben grosse Teile der Be-schäftigten ohne gesamtarbeitsvertragli-chen Schutz. Die Bilanz der Entwicklungen der letzten Jahre fällt denn auch gemischt aus. Man kann das Positive betonen wie Daniel Oesch2: Die wiedererlangte Aner-kennung der GAV, die erleichterte Allge-meinverbindlichkeit, die neuen Verträge. Oder man kann Alessandro Pelizzari3 den Fokus auf bestehende Defizite legen wie

und darauf verweisen, dass trotz GAV die Lohnschere weiter aufging und in vielen GAV schon lange keine substanziellen Ver-besserungen mehr erreicht werden konnten. Wie auch immer man die Lage einschätzt, der notwendige Ausbau des GAV-Schutzes ist nur über eine bessere gewerkschaftliche Organisierung zu haben.

Alle erwähnten Texte können bei [email protected] gratis bestellt werden.

1Andreas Rieger 2010. Entwicklung und Bedeu-tung der GAV. In: Movendo, GAV-Arbeitsbuch. - 2Andreas Rieger 2009: Entwicklung und Bedeu-tung der GAV in der Schweiz. In: Arthur Ander-matt et. al. (Hrsg.) Handbuch zum kollektiven Arbeitsrecht. Basel: Helbing Lichtenhahn Verlag, S. 97-123 2Daniel Oesch 2007: Weniger Koordina-tion, mehr Markt? Kollektive Arbeitsbeziehungen und Neokorporatismus in der Schweiz seit 1990, in: Swiss Political Science Review 13(3): 337–68

La JS romande s'organise

Von Nicolas Buntschu

La Jeunesse socialiste a connu ces derni-ères années un essor impressionnant. En trois ans, le nombre de membres a plus que doublé, 130'000 signatures ont été ré-coltées pour l'initiative 1:12 et le parti est devenu incontournable dans les médias. Ce qui était principalement un conglomérat de sections est devenu un véritable mouve-ment national. Au niveau romand, la JS est probablement toujours le parti de jeunes le plus actif, mais elle n'a pour l'instant pas connu le même développement qu'outre-Sarine.

La nationalisation des actions et de la communication, ainsi que le renforcement de la coopération entre les sections ont été

des facteurs décisifs pour le développement de la JS. Or, ces dernières années, les sec-tions romandes ont travaillé de manière trop isolée, notamment après avoir quitté le comité directeur. Le potentiel existe en Romandie, mais les sections sont confron-tées à plusieurs défis.

La JS doit tout d'abord pouvoir s'imposer au niveau romand. Si les jeunes socialistes sont présents dans les médias lo-caux, ils sont encore pratiquement inexis-tants dans les médias transcantonaux (rsr, tsr, 20 minutes, etc.). C'est seulement en coordonnant les luttes et les actions entre sections romandes et avec la JS suisse que nous y parviendrons.

Souvent confrontées à un chan-gement de génération, les sections do-ivent aussi se reconstruire. L'échange d'expériences joue ici un rôle primordial.

Décidées à relever ces défis, les sec-tions francophones s'organisent. Une coor-dination romande permet d'échanger et de collaborer. Un week-end sera organisé cet été, afin de mettre en relation les memb-res des différents cantons et de chercher à améliorer le travail dans les sections. Une collaboration sera aussi mise en place pour les élections 2011. Les possibilités sont très importantes en Romandie, mais ce n'est qu'ensemble et avec la JSS que nous les exploiterons pleinement.

Romandie 5

Charakteristik eines SVP Politikers

Wir kennen sie alle: Spam-Emails in denen den Empfän-gern mit skurrilen, katastro-phal von Google ins Deutsch übersetzte Geschichten Millionenbeträge versprochen werden.

Fabio Höhener

Oftmals muss man, um an das Geld heran-zukommen, irgendeinem afrikanischen Ge-schäftsmann behilflich sein, eine horrende Summe ausser Landes zu schaffen. Ob we-gen einer Diktatorenwitwe, eines Flugzeug-absturz oder der Flucht eines Geschäfts-mannes. Plötzlich ist Geld da, das nur mit deiner Hilfe verfügbar wird. Die Geschich-ten die zu diesem Betrug verwendet werden

sind so absurd, dass ein vernunftbegabter Mensch einen weiten Bogen um die unse-riösen Angebote macht. Doch nicht so ein SVP-Mann: Der Waadtländer Kantonsrat war wohl ziemlich überrascht, als er von seinem vermeintlichen Glück erfahren hat. So erklärte ihm ein «Bankangestellter», dass sein Vater 12,5 Millionen Franken auf ein Konto in Togo (!) hinterlassen habe. Um an das Geld heranzukommen, müsse er nach Afrika reisen und einige Dokumente unter-schreiben. Offensichtlich schaltete die Gier jegliche Vernunft aus: Der Herr Kantonsrat packte sofort seine Koffer und reiste un-verzüglich nach Lomé der Hauptstadt von Togo. Am Flughafen wurde er bereits von Raymond Francis Akakpossa erwartet, der sich als Mitarbeiter der Togolesischen Bank vorstellte. Es kam, wie es kommen musste: Die beiden fuhren nicht zur besagten Bank, sondern geradewegs in einen Hinterhalt. Statt 12,5 Millionen zu erhalten, verlang-ten nun Entführer vom verdutzten Parla-

mentarier 1,5 Millionen Franken Lösegeld. Doch wer die Sparwut und Rappenspalter der SVP kennt, wird nun nicht überrascht sein: Der Politiker handelte den Betrag für das Lösegeld von 1,5 Millionen auf lächer-liche 7000 Franken herunter. Ob die Ent-führer plötzlich Mitleid hatten oder ob sie den SVP-Mann einfach loswerden wollten, konnte bis Redaktionsschluss nicht geklärt werden. qu'ensemble et avec la JSS que nous les exploiterons pleinement.

Un potentiel important existe en Romandie, mais seule une forte collaboration entre sections nous permettra de l'exploiter pleinement.

Zeichnung: Olga Baranova

«organize!»

INFRARot • JUSO • März 20116

Grundsatzfragen stellen – Das Projekt «Wem gehört Graubünden?»

Macht Unsinn Sinn?

«Politik ist ein Kampf um Deutungshoheit» oder «Wie müssen die Grundsatzfragen stellen», solche Sätze hört man oft, insbesondere im JUSO-Umfeld. Will man dies als JUSO-Sektion auf kantonaler Ebene konkret umsetzen kommt man an Grenzen. Die JUSO Graubünden versucht mit der Lancierung des Generationenprojekts «Wem gehört Graubünden?» diese Grundsatzfragen auf kantonaler Ebene zu stellen.

Frauen auf Werbeplakaten wachsen Achselhaare. Schlaglöcher werden ausgehäkelt. In Zü-rich steht ein Auto aus Schnee ordentlich geparkt am Strassenrand. Im Park vor dem Phar-mariesen steht plötzlich eine grüne Dusche. Die Coca-Cola Werbung erinnert zwar noch an Coke, irritiert aber irgendwie.

Inspiration 7

Von Lukas Horrer

Das Projekt «Wem gehört Graubünden?» wurde nach einer stundenlangen Sitzung geboren. Ursprünglicher Zweck dieser Sit-zung war die Suche nach einem neuen In-itiativprojekt nach der Ethik- (2007/2008) und der 1:12 Initiative. Ideen gab es viele, doch keine erweckte bei uns das erhoffte innere Feuer. Grundsatzfragen sollten mit der Initiative gestellt werden, gleichzeitig sollte sie etwas «Neues» sein. Doch ein Pro-jekt welches diesen Forderungen entsprach fanden wir nicht. Vermögenssteuern erhö-hen, Pauschalbesteuerung etc. all das kann-ten wir schon und war auch nicht wirklich «neu» oder besonders «grundsätzlich».Was ist eigentlich »grundsätzlich«? Was heisst das konkret? Insbesondere dann, wenn diese Grundsatzfragen auf kantona-ler Ebene gestellt werden und sie zugleich mehr als nur eine Geschichte in der »20Mi-nuten« sein sollen. Im Kern ist es dann eine Machtfrage. Die Frage – wem gehört Grau-bünden?

Allianz der fortschrittlichen Kräfte

Um diese aber zu stellen braucht es fundier-tes und konkretes politisches »Know-how«-welches wir Juso leider (noch) nicht haben. Auch die SP hat dieses offensichtlich nicht in gewünschtem Masse, sonst würde sie doch diese Grundsatzfragen längst stellen. Daraufhin setzten wir die AG »Wem gehört Graubünden?« ein. In drei Kleingruppen aufgeteilt, sollten die Bündner Kantonal-

Von Salome Bay

Urban Interventions, Streetart, urbane Kleinkunst – es gibt viele Namen für sol-che Irritationen des Alltags. Gemeinsamkeit aller Street-Art-Varianten ist, dass sie kos-tenlos zugänglich und außerhalb etablier-ter Orte der Kunstvermittlung anzutreffen sind. Ein Beispiel-Künstler ist Bansky, der Engländer mit den Schablonengraffitis, den mittlerweile alle kennen. Die Anzahl Leute, die auf ihre Art zur Kunst im öffentlichen Raum beitragen, ist aber endlos. Sehr oft werden auch auf Signaturen, die auf eine bestimmte KünstlerIdentität schliessen las-sen würden, verzichtet. Die Kunst taucht «über Nacht» auf, und am nächsten Tag ist in der Stadt irgendetwas anders. Die Motive der Künstlerinnen und Künst-ler sind nicht einfach zusammenzufassen. Auch die Techniken beschränken sich lange nicht nur auf Spraydose und Farbe. Längst nicht jede Figur und jedes Plakat politisch gemeint, es sei denn man betrachtet schon das unerlaubte Aufstellen als politischen Akt. Oft geht es auch nur darum, Orte zu verschönern, mit Räumen zu spielen, und bei Passanten eine Reaktion zu provozie-ren - durch wohldurchdachten Nonsens. » Je subtiler die Botschaft ist, umso emp-fänglicher sind die Leute für sie. Gegen di-cke Slogans haben viele eine automatische Abwehrreaktion «, meint eine junge Win-terthurerin, die sich manchmal, aber bei weitem nicht immer, mit ihren Aktionen politisch einmischt. Die Motivation hinter ihren Installationen sei es, die Leute mit etwas Eigenartigem aus dem Alltagstrott herauszuholen, so dass sie die Welt anders und aufmerksamer anschauen. So erhält plötzlich die Toilette, die in einem Passfo-to-Automaten eingerichtet wurde, durch ihren Unsinn Sinn.

Streetart spielt oft mit Imitation, Redefinition und Irritation. Der Basler Streetartist Bustart hat zum Beispiel in ganz Basel Plakate aufgehängt, die wie Werbung aussehen. Der einzige Unter-schied zu «richtiger» Werbung ist, dass es das beworbene Produkt schlicht nicht gibt.

Der Londoner Künstler Eyesaw greift noch stärker ein und ersetzt gezielt Werbungen mit seinen Kunstwerken: «Es befriedigt mich sehr zu wissen, dass ich eine Scheiss-Werbung entfernt und mit einem meiner Werke ersetzt habe, und vielleicht wird je-mand dadurch angeregt, über die Abgründe der Gesellschaft nachzudenken». Aber auch im Raum Zürich erfolgt dieses sogenannte «adbusting». Im März Frühjahr wurde zum Beispiel ein APG-Schrank mit einem Pla-kat, welches auf das hundertjährige Jubi-läum des internationalen Frauenkampftags aufmerksam machte, aufgewertet.

Streetart – unser Freund und Helfer?Die endlose Vielfalt an Aktionen und der subversive Charakter dieser Kunstform macht Streetart auch für die Juso inter-essant. Streetart beansprucht den öffent-lichen Raum und verlangt Freiraum für alle, statt eine Stadt für wenige. Streetart ist gratis und oft auch implizit konsumkri-tisch. Streetart regt an und hinterfragt. All dies sind Vorstellungen und Ideale, die der Juso und der Streetart gemeinsam sind.Abgucken ist erlaubt, denn Patente gibt es keine. Greenpeace hat zum Beispiel nach Fukushima in ganz Europa auf Atommeiler kritische Botschaften und Bilder projektiert.

Die zahlreichen Internetblogs zu Streetart dienen als grossartige Inspirationsquelle. Vorbeischauen empfohlen!

politik und deren zentralen Politikbereiche grundsätzlich neu vermessen und aufgear-beitet werden. Wir konzentrierten uns in den Gruppen auf Boden- und Wohnbau-politik, auf Wirtschaft, Finanzen & Tou-rismus, und auf die Energiepolitik. Externe ExpertInnen der jeweiligen Themengebie-te wurden beigezogen. Diese Einbindung führte den Vorteil mit sich, dass so im wei-testen Sinne eine »Allianz der fortschritt-lichen Kräfte« geschmiedet wird. Ergebnis dieser Arbeit sollen konkrete politische Vorstösse und Initiativprojekte sein, welche die grundsätzlichen Fragen richtig stellen und dem Neoliberalismus endgültig den Boden unter den Füssen wegziehen – auch auf kantonaler Ebene.

Klar, dies ist Knochenarbeit. Die Gefahr, dass das Projekt neben der Alltagsarbeit untergeht, besteht. Auch medial ist es si-cherlich nicht das attraktivste Projekt. Es bietet aber die Möglichkeit, ein Fundament zu schaffen auf welchem unsere Generation ihre politischen Projekte aufbauen kann.

Mit der Zeit merkten wir, dass dieses Pro-jekt richtig, aber wohl eine Schuhnummer zu gross ist für eine kantonale JUSO Sekti-on. Am kommenden Parteitag der SP Grau-bünden wollen wir deshalb mittels einer Resolution dieses Projekt innerhalb der SP vorantreiben. So kann unsere Generation in der SP integriert und die generationen-übergreifende Zusammenarbeit gestärkt werden. Wir sind überzeugt, dass der Mut zu einer langfristigen Strategie richtig ist und sich ausbezahlen wird – wenn auch nicht sofort.

Linkswww.rebelart.netwww.graffitiresearchlab.comwww.bleib-passiv.deBuchtippUrban Interventions: Personal Projectsin Public Places, Die Gestalten Verlag

Irgendwie anders: ein Passfoto-Klo

Irritation beim Einkaufen: Was ist normal?

Adbusting: Eyesaw schreddert Plakate

AKW: Greenpeace projektiert auf Atommeiler.

INFRARot • JUSO • März 20118

So einiges hat sich im Zentralsekretariat verändert: Kristina Schüpbach ist die neue JUSO-Zentralekretärin, die 1:12-Initiative ist endlich erfolgreich eingereicht geworden und die Seki-Crew arbeitet nun im neuen Büro im 3. Stock.

Und ein weiterer Wechsel hat stattgefunden: Für Lisa Häusermann ist die Zeit als Praktikantin im Seki nach drei ereignisreichen Mo-naten, die ihr sehr gefallen haben, leider auch schon wieder vorbei. Ab Mai wird nun Fabio Peter aus der JUSO Obwalden mit der soeben absolvierten Matura in der Tasche in Bern JUSO Luft schnuppern. Wenn auch du Lust hast, einen Blick hinter die Kulis-sen der JUSO zu werfen und ab Anfang September noch nicht ausgebucht bist, dann pack doch die einmali-ge Chance: Bewirb dich für das Praktikum im JUSO-Seki! (Bewerbung und Lebenslauf an [email protected])!

Hast du Lust, in einem kleinen Team sechs-mal jährlich das Infrarot herauszugeben?

Du wärst ein Teil des regulären Redaktionsteams und hast die Möglichkeit, die Gestaltung des Infrarot mitzuprägen. Themen be-stimmen, Artikel schreiben und delegieren und der Feinschliff der Ausgaben gehören zu deinen Aufgaben.

Wenn du dir schon lange etwas von dem Herzen schreiben wolltest, du der Meinung bist dass das Infrarot dringend mal ge-pimpt werden muss oder du einfach auf der Suche nach einem neuen superduper Hobby bist, dann schick deine Bewerbung bis am 6. Juni an [email protected]. Falls du noch Fragen hast, nur raus damit!

Und was machst du ab September?

Das Infrarot- Redaktionsteam

sucht Verstärkung!

Tweet an Köppel

Juso Schweiz 9

Welches sind eure politischen Schwerpunkte oder Kernthemen in der Juso Schweiz als Mitglieder der Geschäftsleitung?

Florian: Diese sind eine Überschneidung mit meinen Ressorts «Sektionen», das ich mit Seraina leite und die Aufgabe des in-ternationalen Sekretärs: Ich konzentriere mich als Student auf studentische Politik und Sektionsarbeit. Ein weiteres klassisches Thema von mir, wo ich mich immer dafür engagiert habe, ist der Antifaschismus. So würde ich zum Beispiel gerne eine Arbeits-gruppe zu diesem Thema gründen.

Meret: Einerseits finde ich Mitspra-cherecht für alle Mitglieder zentral. Im kommenden Wahlkampf finde ich wichtig, dass nicht die Geschäftsleitung der Juso Schweiz Wahlkampf betreibt, sondern die Sektionen. Die GL soll dabei unterstützend sein und Aktionen koordinieren. Mein grosses Projekt ist das Ressort Bildung, das ich zusammen mit Mattea betreue. Wir wollen vor allem unsere Mitglieder bilden und Sektionen zu vernetzen.

Welche Rolle hat die Geschäftslei-tung in der Juso Schweiz?

Meret: Juso Schweiz ist nicht gleich GL Juso Schweiz. Die Koordination mir am wichtigsten.

Florian: Die GL hat vor allem eine administrative und koordinierende Rolle.

Was zeichnet die Ära Wermuth resp. Roth aus?

Florian: Die «Ära Wermuth» ist geprägt durch stärkere Medienpräsenz, unter ande-rem auch durch eine gewisse Personifizie-rung. Diese Zeit hat uns sehr viel gebracht, vor allem der Anstieg der Mitgliederzah-len. «Ära Roth»: Wir sollten es schaffen, diesen Drive der letzten Jahre zu behalten und weiterhin medienpräsent zu sein: Aber

nicht nur, dass wir wegen unseres Aktionis-mus auffallen, sondern weil wir uns trauen, das zu sagen, was sich sonst niemand sonst traut. Diese Botschaft sollte von einer Viel-zahl von Köpfen repräsentiert werden, da-mit die Juso Schweiz als Bewegung wahr-genommen wird.

Wie siehst du die Beziehung zwi-schen Juso und SP heute und was sollte sich ändern?

Florian: Die Beziehung sollte nicht wie eine Mutter- und Tochterpartei sein, son-dern eine Partnerschaft. Durch unseren Drive und Aktionismus helfen wir der SP massiv, diese gibt uns wiederum finanzielle Unterstützung. Aber wichtig ist: Wir sind nicht die kleinen, süssen Jusos, die man auch man zurückpfeifen kann. Wir machen seriöse Politik und ziehen das durch, auch gegen den Widerstand der SP.

Gehört die SP noch in den Bundesrat?

Meret: Ja, momentan auf jeden Fall, das ist wichtig. Allerdings kommt es auch noch auf die zukünftigen Bundesratswahlen an, je nach Resultat ist der Rücktritt eine Opti-on, die man sich überlegen muss.Florian: Ich bin Befürworter einer Oppositi-on. Wenn die SP es schafft, sich vom Diktat der Konkordanz zu lösen, dann kann sie im Bundesrat bleiben. In der Vergangenheit hat es aber oft Situationen gegeben, wo SP- Bundesräte Mehrheitsentscheide mittragen mussten, die sich überhaupt nicht mit dem Gedankengut des Sozialismus vertragen haben.

Wie reagierst du auf den Vorwurf, du seiest zu links für eine GL der Juso Schweiz?

Florian: Dies halte ich für komisch, denn die GL sollte das Spiegelbild ihrer Basis

sein: Wir haben viele marxistische Mit-glieder. Da ich Teil einer linken Bewegung bin, legitimiert sich meine Position als Ge-schäftsleitungsmitglied.

Kann man zu jung für Politik sein?

Meret: Ich glaube, dass das gesammel-te Wissen und die politische Erfahrung wichtiger sind als das biologische Alter. Es kommt auch darauf an, wie stark man be-reit ist, sich auf Neues einzulassen.

Interview-Samira Marty fühlt den neuen Mitgliedern der GL der Juso Schweiz auf den Zahn

Die neuen Geschäftsleitungsmitglieder

Hey Roger: Du kritisierst, dass der BR bei den Grossbanken mitreden will, wenn wir mitzahlen. WTF? Wo‘sn Dein Demokratiever-ständnis geblieben?

Roger Köppel, Chefredaktor der Weltwoche, war an der diesjäh-rigen JV und durfte freudigerweise ein infrarot-Abo mit nach Hause nehmen. Das wichtigste JUSO-Magazin hat jetzt also ei-nen direkten Versand in die journalistische Hochburg der Rechts-bürgerlichen.

Das infrarot möchte Roger nun auf die Sprünge helfen: im Twit-ter-Kürze erklären wir ihm die Welt und was an seinen Kommen-taren falsch ist. Auf dass die Weltwoche über die Welt von Roger hinausgeht und nicht nur der Hochfinanz und Wirtschaftslobby nacheifert!

Bewirb

dich!

«Wir sind nicht die kleinen, süssen Jusos, die man zurück-pfeifen kann»

Florian Sieber ist 21 Jahre alt, Mitglied der Juso Winterthur und studiert an der Uni Zürich Geschichte, Deutsche Literatur und Skandinavistik.

«Juso Schweiz als Mitmachorganisation»

Meret Herger ist 18 Jahre alt, Mit-glied der Juso Stadt Zürich und macht im Frühsommer die Matura. Nachher will sie in Luzern Rechtswissenschaften studieren.

Meret Herger und Florian Sieber

INFRARot • JUSO • März 201110

Ihr seid also die neue Parteispitze. Was für Projekte können wir in der nächsten Zeit erwarten?

David: Wir sind gerade daran zwei neue Ini-tiativen zu lancieren (lacht)… Nein, natürlich nicht! Ich denke die JUSO hat es geschafft mit der 1:12-Initiative ein wichtiges The-ma zu besetzen. Mit der zustande gekom-menen Initiative haben sich für die JUSO auch neue Horizonte aufgetan. Wir sind ein politisches Gewicht geworden und müssen jetzt in allen Sektionen beweisen, dass wir Verantwortung übernehmen und konkrete Schritte zur Demokratisierung der Gesell-schaft und der Wirtschaft aufzeigen können. Wie können die Menschen mehr Selbst- und Mitbestimmung erreichen? Wie können wir gesellschaftliche Zwänge überwinden? Die-se Fragen stellt sich die JUSO Schweiz und wird dazu Lösungen aufzeigen.

Ist aber nach der Einreichung der 1:12-Initiative nicht das mögliche Potential der JUSO bereits ausge-schöpft? David: Nein, definitiv nicht! Wir sind zwar an einem Punkt angelangt in dem Kleinpar-teien weit weniger und Grossparteien nicht viel mehr Aufmerksamkeit haben als wir. Doch Potential erkenne ich bei der politi-schen Durchschlagskraft. Wir haben jetzt 80 Parlamentarierinnen und Parlamenta-rier. Zum einen können wir da noch viel

mehr sein und zum anderen können wir in den Parlamenten noch viel effektiver wir-ken zum anderen in der ausserparlamenta-rischen Arbeit. Es gibt noch viele Sektionen die noch nie einen eigenen Wahlkampf ge-macht haben oder jetzt zum ersten Mal bei Wahlen antreten. Da ist noch viel Potential vorhanden.

Du sprichst die Nationalratswahlen im Oktober an. Dort wäre ja auch noch Potential vorhanden. Wie vie-le Sitze holt sich die JUSO? Und wo?Kristina: Es ist schwierig bereits jetzt eine Prognose abzugeben. Aber es ist klar, wir haben in vielen Kantonen einige gute Kan-didatinnen und Kandidaten, die auch auf aussichtsreichen Plätzen auf der SP-Liste stehen. Ziel muss es sein, mindestens einen Sitz zu erreichen. Doch die Chancen beste-hen durchaus für zwei bis drei. Auf jeden Fall gibt es mehr als nur eine Personen der Chancen auf den Einzug ins Parlament hat. Wir dürfen aber nicht nur den Fokus auf unsere SpitzenkandidatInnen setzen. Es werden über hundert Jusos auf den Listen stehen und sich im Wahlkampf engagieren – auch ohne Aussicht auf die eigene Wahl. Alle werden aber dazu beitragen, dass die SP ihre Sitze mindestens halten kann oder gar Wähleranteile dazugewinnt. Unser Ziel ist nicht nur Sitzgewinne sondern auch ei-nen coolen und erfolgreichen Wahlkampf zu gestalten und unsere Ideen in die Bevöl-kerung zu tragen.

David: Hauptziel ist es, die Wahlen für die SP zu gewinnen. Die letzen Wahlen haben gezeigt, dass die SP nur dort gewinnt, wo die JUSO stark ist. Also überall wo junge Linke Bestandteil der Sozialdemokratie ist. Wie Kristina gesagt hat müssen wir überall mit der Bevölkerung das Gespräch suchen und mit den Leuten diskutieren. Natürlich ist es auch wichtig dass die Sektionen Er-fahrungen sammeln und dass ihnen der Wahlkampf Spass macht.

Was ist, wenn diese Ziele nicht erreicht werden…?

David: …was? Spass?! (lacht)

Nein, was wenn die SP verliert? Be-reits Zeit für euch zurückzutreten?

Kristina: Ich glaube nicht. Wir sind ja nicht gewählt worden, um den SP-Karren in so kurzer Zeit aus dem Dreck zu ziehen (lacht). Wenn die SP verliert… David: Die SP verliert nicht! Das war eine ketzerische Frage. Kristina: Stimmt!

Die Wahlen sind aber noch nicht das Ende der Geschichte. Wie wird es mit der JUSO weitegehen und auf was für Schwierigkeiten müs-sen wir uns gefasst machen?Kristina: Auf die Fragen, welche wir mit der 1:12-Initiative aufwarfen müssen wir

Interview mit Kristina Schüpbach und David Roth von Fabio Höhener

«Die SP gewinnt dort, wo die JUSO stark ist»An der Jahresversammlung vom vergangenen März wählten die Delegierten Kristina Schüp-bach in das Zentralsekretariat, David Roth wiederum zum neuen Präsidenten der JUSO Schweiz. Was die beiden mit der JUSO vorhaben, erfahrt ihr exklusiv im Infrarot-Interview.

Juso Schweiz 11

uns weiter konzentrieren. Doch wir brau-chen sicher weitere Projekte um auf natio-naler Ebene Themen zu setzen.

Wie werden wir dafür die welschen Sektionen und das Tessin ins Boot holen?

David: In der Romandie werden wir das wieder hinkriegen. Ich habe bereits Gesprä-che geführt mit Leuten aus diesen Sektio-nen, die bereit sind sich auch aktiv in der JUSO Schweiz zu beteiligen. Allen voran ist natürlich GL-Mitglied Nicolas Buntschu stark daran diese Regionen zu mobilisieren.

Werden wir in nahen Zukunft eine SP-Vizepräsident David Roth erleben?

David: (lacht) Über die Wahl des Präsidi-ums entscheiden die SP-Delegierten…

Steht deine Kandidatur in Aussicht?

David: (zögert) Ich finde das sinnvoll und bin mir sicher, dass sowohl die JUSO als auch die SP das Interesse hat, diesen ge-meinsamen Weg zu gehen.

Kristina, du bist neu im Seki. Die JUSO hat immer mehr Mitglieder, was zu einem Mehraufwand führt. Ist die Arbeit mit dieser dünnen Per-sonaldecke noch zu bewältigen?

Kristina: Seit ich meine Stelle angetreten habe hat die JUSO bereits wieder hundert Neumitglieder erhalten. Das bedeutet na-türlich auch einen beträchtlichen Mehr-aufwand. Wir erhalten viele Mails und versuchen so gut wie möglich unsere Mit-glieder zu betreuen. Zum Glück kann ich mit Andrea Jerger und Lisa Häusermann auf gute Mitarbeiterinnen zählen. Aber es ist klar, wenn die JUSO so weiter wächst müssen wir unser Personal aufstocken.

Wie versucht ihr mittelfristig die Arbeit zu bewältigen?

Kristina: Zurzeit sind wir dabei den Sek-tionen zu ermöglichen, die Mitgliederda-tenbank selber zu verwalten, so wie es bei der SP schon der Fall ist. Das könnte bei uns für Entlastung sorgen. Aber natürlich ist der Arbeitsaufwand wegen den vielen Mitgliedern ein schönes Problem.

In Luzern konnte die JUSO und die SP bereits grosse Erfolge verbuchen. Du selber bist frischgebackener Kantonsrat.

David: Tatsächlich waren wir in Luzern bei den Kantonsratswahlen sehr erfolg-reich. Die SozialdemokratInnen haben drei zusätzliche Sitze gewonnen, einer davon ist von Hasan Candan auf der JUSO-Liste.

Was können die anderen Sektionen von Luzern lernen?

David: Die Ziele hoch ansetzen und diese auch mit voller Überzeugung und vollem Einsatz versuchen zu erreichen. Auf jeden Fall haben wir ein sehr pointierten Wahl-kampf geführt und uns auf den Kontakt mit der Bevölkerung konzentriert. Vor allem Hasan Candan hat einen unglaublichen Wahlkampf hingelegt. Dieser Sitz ist auch zum grossen Teil ihm und seinem riesigen zeitlichen Engagementzu verdanken.

Mit dir, Priska Lorenz und Ylfete Fanaj wurden auch junge Linke auf der SP-Liste gewählt. Inwiefern spielt dabei die Zusammenarbeit mit der SP eine Rolle?

David: In Luzern ist der SP das gute Verhältnis zur JUSO sehr wichtig.. Viele ehemalige oder noch aktive Jusos über-nehmen in der SP Verantwortung – ob in der Geschäftsleitung oder als engagierte Basismitglieder. Das ist etwas, was die SP in der ganzen Schweiz begreifen muss: Die JUSO hat ein unglaubliches Potential nicht nur innerhalb der Jungpartei sondern auch bei der Mutterpartei. Nur mit dieser guten aber kritischen Zusammenarbeit können wir erfolgreich sein.Kristina: «Wir sind

nicht gewählt worden, um in so kurze Zeit den SP-Karren aus dem Dreck zu

ziehen»

David: «Die SP wird die Wahlen nicht verlieren»

121 zu

Impressum Herausgeber: Infrarot – Infrarouge – Infrarosso – Infracotschen · Spitalgasse 34, PF 8208, 3001 Bern, www.juso.ch, www.jss.ch · Kontakt: [email protected], 031 329 69 99 · Redaktion: Clau Dermont, Salome Bay, Fabio Höhener, Samira Marty, Kristina Schüpbach · Design & Layout: art.I.schock GmbH, Zürich, www.artischock.net · Druck: S & Z Print, 3902 Brig-Glis · Abo: Fr. 20.– / Jahr – Infrarot erscheint 6 Mal pro Jahr

Wir fahren nach Chandolin VS!Ob Schnellbleiche vor den ersten Nationalratswahlen oder als Intensivcamp für das darauffolgende Mandat: Komm vom 2. Bis 7. August ins Sommerlager 2011 in den Walliser Bergen!

Verpasse es nicht, wenn 150 Jugendli-che aus der ganzen Schweiz zusammen diskutieren, lernen und Spass haben. Was tun gegen Rechtsextremismus? Braucht’s Atomkraftwerke? Dies und viel mehr kannst du in den Workshops erfahren. Anmelden auf der Homepage!

Die 1:12-Initiative ist endlich eingereicht!