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4 5 Inhalt 12 Vorwort Alexander Klar 16 Grußwort Helmut Müller 18 Dank an die Leihgeber, Förderer und Sponsoren Das Leben und das Werk 23 Biografie Heinrich Kirchhoff. Überliefert aus der Familie Maria „Mieze“ Kirchhoff 27 Die Verwunschenheit des Gartens und die Widerborstigkeit des Sammlers. Heinrich Kirchhoffs Spagat zwischen Kunst und Natur Roman Zieglgänsberger 45 Von Wiesbaden in die Welt. How to Create a Hotspot Sibylle Discher Das Umfeld 68 Sammeln unter Kaisers Augen. Die Kunstentwicklung in Wiesbaden zwischen 1866 und 1915 als Indikator für die Sammlung Kirchhoff Peter Forster Die Sammlung 93 Aufbruch in die Moderne. Die Sammlung Kirchhoff zwischen Impressionismus und Expressionismus Gerhard Leistner 145 Der Garten Kirchhoff. Treffpunkt der Gartenspezialisten und Motivschatz des Künstlers Josef Eberz Franz Josef Hamm 179 Aus Dresden nach Wiesbaden. Conrad Felixmüller und Walter Jacob in der Sammlung Kirchhoff Jutta Penndorf 223 Die Werke der „Brücke“-Künstler in der Sammlung Kirchhoff Christiane Remm 246 „Welchen Reichtum und welches Glück hat doch Ihre Kunst in mein Leben getragen“. Emil Nolde und Heinrich Kirchhoff Astrid Becker 267 Kirchhoff, Klee und die Anderswelt Sibylle Discher 287 Wendepunkt. Alexej von Jawlensky zwischen Kandinsky, Marc und Macke in der Sammlung Kirchhoff Roman Zieglgänsberger Die Auflösung 366 Die Moderne in der Städtischen Gemäldegalerie Wiesbaden unter Eberhard Schenk zu Schweinsberg von 1929 bis 1934 Miriam Olivia Merz 381 Die Auflösung der Sammlung Heinrich Kirchhoff. Zur Verbindung von Tony Kirchhoff und dem Kunsthändler Conrad Doebbeke Annette Baumann 397 Resümee zum gescheiterten Ankaufsversuch von Emil Noldes Hauptwerk Heilige Maria Aegyptiaca für das Museum Wiesbaden. Der erzürnte Brief eines Direktors aus dem Jahr 1947 Clemens Weiler Die Villa und der Garten 405 Eine kurze Chronik der Villa Kirchhoff und des dazugehörigen botanischen Gartens zusammengestellt von Franz Josef Hamm 415 Der Garten des Heinrich Kirchhoff in Wiesbaden. Eine Bestandsaufnahme beschrieben von Herbert Billensteiner 421 Der Garten Kirchhoff erinnert von Maria „Mieze“ Kirchhoff Anhang Ausgewählte Literatur Copyright und Fotonachweis Impressum

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Inhalt

12 Vorwort Alexander Klar

16 Grußwort Helmut Müller

18 Dank an die Leihgeber, Förderer und Sponsoren

Das Leben und das Werk

23 Biografie Heinrich Kirchhoff. Überliefert aus der Familie Maria „Mieze“ Kirchhoff

27 Die Verwunschenheit des Gartens und die Widerborstigkeit des Sammlers. Heinrich Kirchhoffs Spagat zwischen Kunst und

Natur Roman Zieglgänsberger

45 Von Wiesbaden in die Welt. How to Create a Hotspot Sibylle Discher

Das Umfeld

68 Sammeln unter Kaisers Augen. Die Kunstentwicklung in Wiesbaden zwischen 1866 und 1915 als Indikator für die

Sammlung Kirchhoff Peter Forster

Die Sammlung

93 Aufbruch in die Moderne. Die Sammlung Kirchhoff zwischen Impressionismus und Expressionismus

Gerhard Leistner

145 Der Garten Kirchhoff. Treffpunkt der Gartenspezialisten und Motivschatz des Künstlers Josef Eberz

Franz Josef Hamm

179 Aus Dresden nach Wiesbaden. Conrad Felixmüller und Walter Jacob in der Sammlung Kirchhoff Jutta Penndorf

223 Die Werke der „Brücke“-Künstler in der Sammlung Kirchhoff Christiane Remm

246 „Welchen Reichtum und welches Glück hat doch Ihre Kunst in mein Leben getragen“. Emil Nolde und Heinrich Kirchhoff

Astrid Becker

267 Kirchhoff, Klee und die Anderswelt Sibylle Discher

287 Wendepunkt. Alexej von Jawlensky zwischen Kandinsky, Marc und Macke in der Sammlung Kirchhoff

Roman Zieglgänsberger

Die Auflösung

366 Die Moderne in der Städtischen Gemäldegalerie Wiesbaden unter Eberhard Schenk zu Schweinsberg von 1929 bis 1934

Miriam Olivia Merz

381 Die Auflösung der Sammlung Heinrich Kirchhoff. Zur Verbindung von Tony Kirchhoff und dem Kunsthändler

Conrad Doebbeke Annette Baumann

397 Resümee zum gescheiterten Ankaufsversuch von Emil Noldes Hauptwerk Heilige Maria Aegyptiaca für das

Museum Wiesbaden. Der erzürnte Brief eines Direktors aus dem Jahr 1947 Clemens Weiler

Die Villa und der Garten

405 Eine kurze Chronik der Villa Kirchhoff und des dazugehörigen botanischen Gartens

zusammengestellt von Franz Josef Hamm

415 Der Garten des Heinrich Kirchhoff in Wiesbaden. Eine Bestandsaufnahme beschrieben von Herbert Billensteiner

421 Der Garten Kirchhoff erinnert von Maria „Mieze“ Kirchhoff

Anhang Ausgewählte Literatur Copyright und Fotonachweis Impressum

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Maria „Mieze“ Kirchhoff

Heinrich Kirchhoff ist am 10. Juli 1874 in Essen-Rüttenscheid geboren und aufgewachsen (Abb. S. 24). Sein Vater betrieb ein gutgehendes Baugeschäft dort, in das er später eintrat. So war es ihm schon in frühen Jahren möglich, seinen Neigungen und

Interessen zu leben. 1908 übersiedelte er nach Wiesbaden und begann bald danach moderne Bilder zu sammeln. Zuerst völlig planlos, was ihm gefiel. Liebermann portraitierte ihn und er erwarb weitere Impressionisten. Mit siche-rem Griff kamen die damals sehr umstrittenen Künstler Klee, Kandinsky, Marc, Jawlensky und andere hinzu.

Als 1915 das neue Museum eröffnet wurde, war er der erste, der die noch gänzlich leeren Säle mit seinen Bildern füllte unter Beistand des damali-gen Leiters der Kunstvereins Stenzel. Alle großen Meister der damaligen Zeit wurden gezeigt: Kandinsky, Marc, Klee, Jawlensky, Feininger, Kirchner, Schmitt-Rottluff [sic!], Grosz, Dix, Moholy-Nagy etc. H.K. vergrößerte seine Sammlung laufend und schied ältere Stücke aus und schuf damit ein höchst eindrucksvol-les Gesamtbild. Den größten Teil der Sammlung gab er als Leihgabe in die Galerie. So das Triptychon der „Maria Ägyptiaca“ von Nolde, heute in der Hamburger Kunsthalle (Abb. S. 401). Von ihm waren auch leuchtende Aqua-relle vertreten: Mystische Maske (Abb. S. 259), Buddha (Abb. S. 258) und wunderbare Blumen. Von Franz Marc ein Hauptwerk Die Wölfe (Abb.

Biografie Heinrich Kirchhoff Überliefert aus der Familie

Biografie Heinrich Kirchhoff

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S. 353), Ch. Rohlfs Teufel (Abb. S. 245). Paul Klee Der Narr als Prophet, O. Kokoschka Die Kinder (Abb. S. 218), von Grosz Bildnis des Dichters Oskar Panizza (Abb. S. 198), Kandinsky mit konstruktiv grundlegenden Kompositio-nen (Abb. S. 358–362), A. Jawlensky Mondlicht und Variationen (Abb. S. 307ff.), von Chagall Geburtstag (Abb. S. 356), Franz [Erich] Heckel Der Gläserne Tag (Abb. S. 234).

H.K. gab seine Sammlung, die er immer mehr ausbaute und vervollstän-digte auf eine erste Ausstellung nach Essen [1924], wo er selbst die Eröff-nungsrede hielt. Später gab er verschiedene Bilder auf große internationale Ausstellungen in Kopenhagen, Venedig, Frankfurt, Berlin, Lübeck.

Mit vielen Künstlern stand er in lebendiger Fühlung, auch viele künstlerisch interessierte Menschen verkehrten in seinem gastlichen Haus in der Beethovenstr. Besonders mit A. Jawlensky verband ihn eine enge Freundschaft.

Im Jahre 1933 mußte H.K. seine Bilder als ‚entartete Kunst‘ aus dem Museum entfernen. 1934 verschied er plötzlich – ein Glück für ihn, daß er den Krieg nichtmehr erleben mußte und den Tod des einzigen Sohnes.

Neben den starken künstlerischen Interessen gehörte seine zweite große Liebe den Blumen. Einen wundervollen botanischen Garten schuf er um sein Haus, mit den seltensten, farbigsten Pflanzen und Blumen. Es gab einen Wei-her mit Fischen und viele Vögel in einer Riesenvolière. Im Wintergarten waren seltene Kakteen, die er selbst von der Riviera mitgebracht hatte.

Und seine dritte große Leidenschaft waren seine Bücher. „Bücher sind Freunde“, pflegte er zu sagen. Neben klassischer Literatur waren künstlerische Werke [durckgrafische Mappenwerke und mit Originalgrafik versehene Publi-kationen] aller Art zu finden in seiner großen Bibliothek.1

Biografie Heinrich Kirchhoff Biografie Heinrich Kirchhoff

1 Das undatierte Typoskript befindet sich im Nachlass Mieze Binsack (geb. Kirchhoff), Wiesbaden.

Heinrich Kirchhoff als Jugendlicher und junger Mann in EssenNachlass Mieze Binsack (geb. Kirchhoff), Wiesbaden

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Adolf Hölzel Die Erstkommunikantin 1887Öl auf Leinwand, 95,5 × 60,5 cm, Museum Wiesbaden

Adolf Hölzel Herbstabend in Dachau 1898Öl auf Leinwand, 45,5 × 55,5 cm, Museum Wiesbaden[Das Museum Wiesbaden besaß bereits seit 1905 das Hölzel-Bild Herbstabend in Dachau und erwarb ein weiteres Gemälde des Künstlers, Die Erstkom-munikantin, drei Jahre darauf just in dem Moment, in welchem Heinrich Kirchhoff nach Wiesbaden gezogen ist. Das bedeutet, dass der Sammler, der vor 1917 die heute nur mehr dem Titel nach bekannte Hölzel-Landschaft Aus dem Dachauer Moos (Discher 2017, Nr. 218) erwarb, durch das Museum auf den Künstler aufmerksam wurde]

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Josef Vinecky Mutter und Kind/Madonna um 1920 Holz, Höhe: 65 cm, Nachlass Mieze Binsack (geb. Kirchhoff), Wiesbaden[Vinecky, der in Wiesbaden eng mit Jawlensky befreundet war, entwarf gemeinsam mit diesem eine Standardrahmenleiste, die der Künstler vornehmlich für die Serie Abstrakte Köpfe verwendete; einige der Jawlensky-Werke der ehemaligen Sammlung Kirchhoff besitzen noch heute diese ‚originalen‘ Rahmen (Abb. S. 343, 386); Discher 2017, Nr. 766]

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Josef Eberz Begräbnis 1915Öl auf Karton, 32,5 × 40 cm, Museum Wiesbaden[Discher 2017, Nr. 42]

Josef Eberz Fall unter dem Kreuz 1917Öl auf Leinwand, 168,5 × 193,5 cm, Kunstsammlungen der Stadt Limburg an der Lahn[Discher 2017, Nr. 54]

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Josef Eberz Kloster Eberbach 1918Kohle und Bleistift, 38 × 50,5 cm, Museum Wiesbaden[Heinrich Kirchhoff empfahl Josef Eberz das im Rheingau gelegene Kloster Eberbach als Ort der Inspi-ration; bei dem vorliegenden Blatt handelt es sich um eine von nur zwei erhaltenen Originalzeichnun-gen zum lithografischen Mappenwerk Kloster Eberbach, Abb. S. 169–175; Discher 2017, Nr. 119]

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Alexej von Jawlensky Variation: Sommernacht um 1918Öl auf leinenstrukturiertem Malpapier, auf Bristolkarton kaschiert, 37,6 × 28,2 cm, Kunstsammlungen Chemnitz – Museum Gunzenhauser[Discher 2017, Nr. 303]

Alexej von Jawlensky Variation: Morgen um 1921Öl auf leinenstrukturiertem Malpapier auf Karton, 29,8 × 23,8 cm, Privatbesitz [Discher 2017, Nr. 312]

Alexej von Jawlensky Variation in Rot um 1920Öl auf leinenstrukturiertem Malpapier auf Karton, 31,4 × 25,9 cm, Privatbesitz[Discher 2017, Nr. 310]

Alexej von Jawlensky Variation: Helligkeiten 1920Öl auf leinenstrukturiertem Malpapier auf Karton, 35,7 × 27,1 cm, Privatbesitz[Die Arbeit ist auf der handschriftlichen Quittung Jawlenskys für Heinrich Kirchhoff unter Nr. 1 aufgeführt (Abb. S. 289); Discher 2017, Nr. 309]

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Der Garten des Heinrich KirchhoffEine Bestandsaufnahme

beschrieben von Herbert Billensteiner

Im Jahr 1908, zusammen mit dem Neubau einer Villa auf dem Baugrundstück in der Beethovenstraße Nr. 10, ließ Heinrich Kirchhoff nach eigenen Plänen einen Garten errichten. Dabei orientierte er sich sehr wahrscheinlich an dem vom Landschaftsgärtner Heinrich Siesmayer bereits

1868 geschaffenen Palmengarten in Frankfurt am Main. Der Kirchhoff‘sche Garten bestand aus mehreren naturnah nachempfundenen Biotopen, bei deren Gestaltung die Hanglage des Geländes geschickt ausgenutzt wurde.1

Von einer Tropfsteinhöhle aus, die offenbar als Quelle fungierte, führte ein Wasserlauf in einen Seerosenteich, dessen Ufer mit Stauden und Gräsern bepflanzt war. Nadelbäume – etwa Tannen – mit ihrem dunklen Grün begrenzten die Anlage. Damals noch seltene Gehölze wie die winterharte Poncirus trifoliata (dreiblättrige Orange, auch Bitterorange) mit langen Dornen, ein bedingt winterfester Feigenbaum und eine Zaubernuss (Hamamelis), die zumeist schon in den letzten Wintertagen erblüht und im Herbst durch eine besonders schöne Blattfärbung besticht, brachten, gut überlegt, das ganze Jahr über Farbe in den Garten. Dazwischen belebten ihn das helle Grün eines Ginkgo-Baumes, das beruhigende leise Knistern der Bambusblätter und die stammblütige Cercis (auch Judasbaum) mit kräftigen rosa Blüten. Strauchige Pfingstrosen zeigten nebst anderen Stauden ihre großen Blüten.

1 Die Rekonstruktion geht zurück auf historisches Fotomaterial und niedergeschriebene Erinnerungen der Tochter Maria „Mieze“ Binsack, geb. Kirchhoff, in: Nachlass Mieze Binsack (geb. Kirchhoff), Wiesbaden (im vorliegenden Katalog abgedruckt auf S. 421–423).

Der Garten des Heinrich Kirchhoff

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Ein Steingarten mit sorgsam ausgelegten Felsen versammelte eine Fülle von in Wiesbaden nicht heimischen Pflanzen – etwa damals als außergewöhnlich geltende Enziane und andere Alpengewächse. Auch eine Anzahl sukkulenter Pflanzen bereicherte den Garten: nicht winterharte Aloen, Dracaenen, Agaven, Opuntien, Cereus, Euphorbien, Kleinien und andere mehr wurden stets im Frühjahr nach den letzten Frösten ins Freie gebracht und mit ihren Töpfen in die Erde eingesenkt, um eine Trockenlandschaft vorzugeben. Ebensolch eine Anordnung konnte man im selben Zeitraum im Palmengarten Frankfurt sehen, als dort der sogenannte Sommer-Sukkulentengarten noch an der Ostseite des Palmenhauses platziert war (Abb. S. 417). Auch größere Exemplare – Palmen wie Phoenix und Trachycarpus –, die im sommerlichen Garten ein exotischer Blickfang waren, mussten ebenso wie eine Araukarie im Winter einen geschützten Platz haben. Im Übrigen, das geht aus dem erhaltenen Fotomaterial hervor, war allen Pflanzen im Garten ein Porzellantäfelchen mit ihrem lateinischen Namen zugeordnet.2

Vor dem Eingang der Kirchhoff’schen Villa wuchsen in Beeten Strauch- und Hochstammrosen, dazwischen waren ‚klein bleibende‘ flachwüchsige Koniferen gesetzt. Um einen steten Blütenflor über das ganze Jahr hinweg zu erreichen, wurden auch Sommerblumen und Pelargonien angepflanzt. Kletterrosen wuchsen in Bögen über einen Weg, wodurch die Blüten besonders gut sichtbar waren, und um dem gesamten Garten einen Rahmen zu geben, gab es an einer Seite eine lange Pergola, an der Clematis-Arten hochrankten. „Es blüht, daß es eine Freude ist, jeden Morgen erlebt man neue Wunder, der ganze Garten ist ein Rausch von Farben“,3 schrieb Kirchhoff 1929 seiner Tochter.

Das botanische Reich rund um sein Haus wurde Heinrich Kirchhoff offenbar bald zu klein, weshalb er in der Nähe noch ein Grundstück mit Obstbäumen und Blumen bepflanzte. Schon bald zahlte sich sein Aufwand aus und entlohnte ihn mit einer reichen Pracht von Lilien und Nelken, üppigen Kirschernten und stolzen Erträgen der Wal- und Haselnussbäume.4 Daneben experimentierte er hier mit winterfesten Kakteen und hatte wohl um die 100 Sedum-Arten in Kultur, wobei ihn besonders die Gattung Iris interessierte. In einem Frühjahr sollen tatsächlich 8.000 auf einmal geblüht haben. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab die Familie dieses Grundstück allerdings wieder auf.

Möchte man ein kurzes Fazit ziehen, so ist zu konstatieren, dass Heinrich Kirchhoff nicht einfach nur seltene Pflanzen sammelte, sondern diese auch in ihren unterschiedlichen Wuchsformen und Blütenfarben möglichst naturnah anzubauen und zu einem harmonischen Ganzen zu arrangieren wusste. Dass ihm dies gelang, kam nicht von ungefähr. Denn Heinrich Kirchhoff war, wie sein Gästebuch zeigt, ein sehr weltoffener Mensch, der gerade hinsichtlich seines Gartens mit vielen Fachleuten in Kontakt und regem Austausch stand. Einige hatte er wohl durch seine Mitgliedschaft im Nassauischen Verein für Naturkunde kennengelernt.

Am Ende soll hier eine Liste von Personen stehen, die Kirchhoff in seinem Garten besuchten: L. Fresenius (Wiesbaden, 18. Dezember 1913), J. A. Purpus (Garteninspektor am Botanischen Garten Darmstadt, 10. Mai 1914), W. Prell (Obergärtner aus Niederwalluf, 13. Juni 1915), Apotheker A. Vigener (Vorsitzender der Botanischen Abteilung des Nassauischen Vereins für Naturkunde, 19. Juni 1915), W. Schröder (Garteninspektor Mainz, 4. Mai 1916), A. Siebert (Gartendirektor Palmengarten Frankfurt am Main, 4. Mai 1916), Dr. Emil Pfeiffer (Neues Museum Wiesbaden, 28. Mai 1916), K. Burk (Botanisches Institut der Universität Frankfurt, 22. Mai 1915), K. Herre (Hofgärtner Dessau-Wörlitzer Gartenreich, 18. August 1918), G. Hölscher (Königlicher Garten Harburg, 18. August 1918), O. von Puspelt (Obergärtner aus Bremen, 17. September 1918), Fr. Ziegler (Gärtner aus Hannover, 17. September 1918), F. Schwarz (Dipl.-Ing. Wiesbaden, 17. Mai 1927), J. Berthold (Stadtgärtnermeister Wiesbaden, 18. Mai 1927), O. Wundram (Obergärtner aus Eltville, 17. Juli 1919), E. Koch (Gärtnereibesitzer aus Berlin-Friedenau, Kaiserallee 10, 25. August 1929).

2 Seiner Ehefrau berichtete Kirchhoff im Hochsommer 1914 in einem Brief: „Gestern habe ich ca. 600 Pflanzenetiketten erhalten und heute sehr viel zu tun, diese unterzubringen.“ Heinrich Kirchhoff an Tony Kirchhoff, 23.7.1914, in: ebd.

3 Heinrich Kirchhoff an Maria Kirchhoff, 1.7.1929, in: ebd.

4 Heinrich Kirchhoff an Maria Kirchhoff, Brief vom 14.7.1929, in: ebd.

Der Garten des Heinrich KirchhoffDer Garten des Heinrich Kirchhoff

Die „Sommersukkulenten“-Anlage im Palmengarten Frankfurt am Main 1895Historische Aufnahme

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Aufnahmen aus dem Garten Heinrich Kirchhoffs um 1925Nachlass Mieze Binsack (geb. Kirchhoff), Wiesbaden