Innovationsland Deutschland

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OKTOBER 2010 MOBILITÄT Verkehrslösungen von morgen Seite 10 GRÜNE TECHNIK Deutsches KnowHow ist gefragt Seite 12 BRÜCKENBAUER Migranten in der Wirtschaft Seite 27 »Innovationsland Deutschland« ist eine unabhängige Publikation des in|pact media Verlags und liegt der Gesamtauflage des Handelsblatts bei. INNOVATIONSLAND DEUTSCHLAND Technologieführer, Erfinder, Forscher

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Der internationale Wettbewerb um Talente, Technologien und Märkte nimmt zu. Die weltweiten Ausgaben für Forschung und Entwicklung haben sich seit 1997 verdoppelt. Europa ist im Blick auf die absoluten Zahlen der Investitionen in Forschung und Innovation schon auf einem guten Weg – sowohl auf der Seite der Unternehmen wie auf der Seite der Politik. An das Drei-Prozent-Ziel kommen in Europa aber nur ganz wenige Länder heran – neben den skandinavischen Ländern gehört dazu immer mehr auch Deutschland.Zeiten der Wirtschaftskrise sind immer auch Zeiten, in denen Innovationen auf den Weg gebracht werden müssen, in denen technologische Entwicklungen umgesetzt werden und in denen Raum für Neues geschaffen wird. Für ein Land wie Deutschland gilt das in besonderer Weise, weil unter allen Industriestaaten Deutschland das Land ist mit dem höchsten Anteil an der Wertschöpfung, der auf Forschung basiert.

Transcript of Innovationsland Deutschland

Page 1: Innovationsland Deutschland

OKTOBER 2010

MOBILITÄTVerkehrslösungen von morgen

Seite 10

GRÜNE TECHNIKDeutsches KnowHow ist gefragt

Seite 12

BRÜCKENBAUERMigranten in der Wirtschaft

Seite 27

»Innovationsland Deutschland« ist eine unabhängige Publikation des in|pact media Verlags und liegt der Gesamtauflage des Handelsblatts bei.

INNOVATIONSLANDDEUTSCHLAND

Technologieführer, Erfinder, Forscher

Page 2: Innovationsland Deutschland

Und Ihre Zukunfts-Idee für Deutschland? Jetzt mitmachen!

Einsendeschluss 5.12.2010

www.land-der-ideen.de

Ausgezeichnete Ideen bringen Deutschland nach vorne. Bewerben Sie sich jetzt mit Ihrem Projekt für den Wettbewerb „365 Orte im Land der Ideen“.

Das Puppentheater Dieter Kussani lehrt Kinder spielerisch Umwelt-schutz. Hand zu Hand e.V. setzt sich für Beratung in Gebärdensprache ein. Der barcoo Barcodescanner holt beim Einkaufen unabhängige Produktinfos aufs Handy. Das Projekt HOBOS begeistert durch die Biene junge Menschen für die Wissenschaft und die Phytolutions GmbH erforscht, wie man aus Algen Bio-Treibstoff e herstellt.

Auch Sie können mit Ihrer Idee Deutschland nach vorne bringen! Die Deutsche Bank und die Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ zeichnen 2011 bereits im sechsten Jahr unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten 3 65 erfolgreiche Zukunftsprojekte als

„Ausgewählte Orte“ im Land der Ideen aus. Gesucht werden Menschen, die Deutschland mit Know-how und Leistung aus Leidenschaft fi t für die Zukunft machen.

Teilnehmen können alle Zukunftsmacher: Unternehmen, Schulen, Forschungseinrichtungen und soziale Projekte, Universitäten sowie Kunst- und Kultureinrichtungen.

Innovationsland Deutschland_250x375_RZ.indd 1 30.09.2010 17:06:27 Uhr

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Innovationsland Deutschland SEITE 3

der internationale Wettbewerb um Talente, Techno-logien und Märkte nimmt zu. Die weltweiten Ausga-ben für Forschung und Entwicklung haben sich seit 1997 verdoppelt. Europa ist im Blick auf die absoluten Zahlen der Investitionen in Forschung und Innovati-on schon auf einem guten Weg – sowohl auf der Seite der Unternehmen wie auf der Seite der Politik. An das Drei-Prozent-Ziel kommen in Europa aber nur ganz wenige Länder heran – neben den skandinavischen Ländern gehört dazu immer mehr auch Deutschland.Zeiten der Wirtschaftskrise sind immer auch Zeiten, in denen Innovationen auf den Weg gebracht wer-den müssen, in denen technologische Entwicklungen umgesetzt werden und in denen Raum für Neues ge-schaffen wird. Für ein Land wie Deutschland gilt das in besonderer Weise, weil unter allen Industriestaaten Deutschland das Land ist mit dem höchsten Anteil an der Wertschöpfung, der auf Forschung basiert.Mit der Hightech-Strategie 2020 der Bundesregie-rung geht es uns darum, noch besser zu werden, und auch darum, unsere Position im weltweiten Wettbe-werb zu sichern und auszubauen. Was die Dachmar-ke »Hightech-Strategie« besonders auszeichnet, ist die Arbeit an den Antworten auf die großen Fragen, die die Gesellschaften weltweit beschäftigen: Zunahme der Weltbevölkerung, globaler Energieverbrauch, globale Erwärmung. Wir sind vor allem im Blick auf künf-tige Generationen dafür verantwortlich, Strategien zu entwickeln, die international und auch im eigenen Land Antworten auf diese Fragen geben. Dasselbe gilt für die Herausforderungen im Gesundheitssystem. Wir

investieren mehr in die Präventionsforschung und in die individualisierte Medizin, weil wir das vorhandene Wissen in diesen Bereichen besser umsetzen und neues Wissen generieren müssen.Wir wollen Zukunftsprojekte entwickeln. Das ist ein wichtiger neuer Akzent in dieser Legislaturperiode. Mit dem »Wissenschaftsjahr 2010 – Die Zukunft der Energie« wollen wir gerade der jungen Generation vermitteln, dass eine sichere, umweltverträgliche und bezahlbare Energieversorgung entscheidend für unsere Zukunft ist. Der Durchbruch zu erneuerbaren Energie kann nur mit Forschung gelingen. Wir müssen dabei offen sein für verschiedene Technologien. Gerade bei der Speicherung und beim Netzausbau brauchen wir Innovationen. Das Jahr der Energie soll zeigen, welch wichtige Aufgabe der Wissenschaft auf diesem Weg zukommt, denn wir müssen noch viele technologische Hürden überwinden.

Ihre Annette Schavan

G R U S S W O R T

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

I N H A LT

in|pact media GmbH

Torstraße 227D-10115 Berlin

T +49 (0) 30 250 40 -830 F +49 (0) 30 250 40 -839 E [email protected] www.inpactmedia.com

CHEFREDAKTIONMirko Heinemann (V.i.S.d.P)

ART DIRECTIONChristian Schneider

PROJEKTLEITUNGEdi Karayusuf

AUTORENIna Brzoska,Lena Bulczak,Christina Jäger,Jürgen W. Heidtmann, Mirko Heinemann,Karla Jahn, Kai Kolwitz,Axel Novak,Oliver Schonschek

ILLUSTRATIONENEnver Hadzijaj www.enverhadzijaj.de

LAYOUTKirstin Weppner

PROJEKTASSISTENZParastu Joneidi

DRUCKAxel Springer Druckhaus Essen-Kettwig

HERAUSGEBEREdi Karayusuf

GESCHÄFTSFÜHRUNGSara Habibi Isfahani

Anregungen und Fragen? Kontakt: [email protected]

I M P R E S S U M

HINWEIS: Alle nicht mit dem Zusatz »Redaktion« gekennzeichneten Beiträge sind Auftragspublikationen und damit Anzeigen.

Mit Zuversicht in die globale ZukunftSeite 4

Wie sicher ist »Made in Germany«?Seite 6

Biomasse ohne Grenzen?Seite 8

Ideen für die FortbewegungSeite 10

Vorreiter der NachhaltigkeitSeite 12

Produktion und KreationSeite 14

Highlights für das Heim Seite 16

Grüne StadtSeite 18

Das deutsche JobwunderSeite 18

Ein Hoch auf den MittelstandSeite 19

Land der IdeenSeite 20

Deutschland 2020Seite 22

Die ZukunftsmacherSeite 22

Titangelenke aus TuttlingenSeite 24

Der Faktor RecyclingSeite 24

Innovation mit SystemSeite 25

Jugend und InnovationSeite 26

Die BrückenbauerSeite 27

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ANNETTE SCHAVAN Bundesministerin für Bildung und Forschung

Page 4: Innovationsland Deutschland

An frohen Botschaften für die Konjunktur mangelte es in den vergangenen Monaten wahrlich nicht. Es zeigt sich nun, was Ökonomen bereits prophezeit hatten: Die Bun-desrepublik kommt so schnell aus der Wirtschaftskrise heraus wie kein anderes europäisches Land. Der Kon-junkturmotor brummt zwar noch nicht ganz auf demselben Niveau wie vor der Krise, doch er beschleunigt seine Dreh-zahl mit einem hohen Moment.

Nach der Wachstumsprognose der EU-Kommission wird Deutschland für 2010 ein deutlich stärkeres Wachs-tum verzeichnen, als noch im Frühjahr angenommen. Danach soll sich die Wirtschaftsleistung im Jahresverlauf um 3,4 Prozent erhöhen. Im Mai waren die EU-Exper-ten noch von einem Wachstum von nur 1,2 Prozent ausge-gangen. 2009 hatte das deutsche BIP mit einem Minus von 4,9 Prozent den stärksten Wirtschaftseinbruch seit der Gründung der Bundesrepublik verzeichnet. In der als Schlüsselindustrie angesehenen Branche Maschi-nenbau wurde die Produktionsprognose für das laufende Jahr verdoppelt. Der Branchenverband VDMA rechnet nun mit einem Produktionsplus von sechs Prozent.

Ursache für die explosionsartige Entwicklung ist ne-ben dem Exporterfolg deutscher Unternehmen die anzie-hende Binnennachfrage. So stieg das Konsumklima in Deutschland vor allem dank der robusten Arbeitsmarkt-entwicklung auf den höchsten Stand seit drei Jahren. Das Marktforschungsunternehmen GfK prognostiziert etwa für Oktober einen Konsumklima-Wert von 4,9 Punkten, nach revidiert 4,3 (zunächst 4,1) Punkten im Vormonat. »Mit sinkender Arbeitslosigkeit steigt das Vertrauen des Konsumenten«, erklärte der GfK-Vorstandsvorsitzende Klaus Wüb-benhorst gegenüber dpa-AFX. Der private Konsum wird nach Ein-schätzung der GfK im laufenden Jahr ebenfalls einen positiven Bei-trag zum Wirtschaftswachstum liefern.

Land der Erfindungen Um weiterhin an der Spitze zu bleiben, reicht es aber nicht, dass Produktion und Konsum anspringen: Innova-tionen sind gefragt. Deutschland steht seit jeher für grundlegende Erfindungen: Hier wurde der Buchdruck entwickelt, das Auto, das Fernsehen, der Kühlschrank und dessen wichtigster Inhalt, das Bier. Forschung und Entwicklung waren und sind Treiber der wirtschaftlichen Entwicklung. In Zeiten der Globalisierung und der er-starkenden Konkurrenz erhält Innovation gegenüber der Produktion eine wachsende Bedeutung.

Die Bundesregierung hat in ihrer so genannten »High-tech-Strategie« die Bedeutung der Innovation her ausgestellt und verbesserte Rahmenbedingungen angekündigt, darun-ter bessere rechtliche Bedingungen für Wagniskapital, die Durchsetzung technischer Standards oder die Verbesse-

rung der Fachkräftebasis. Zentrale Her ausforderungen der Zukunft sind demnach die Themen Energie, Gesund-heit, Mobilität, Sicherheit und Kommu ni kation, in denen Deutschland als Forschungs- und Wirtschaftsstandort eine international führende Rolle einnehmen soll.

Stabiles Fundament In welchem Zustand aber befindet sich das Fundament, auf dem das »Innovationsland Deutschland« steht? Der 2007 von der Bundesregierung vorgestellte »Bericht zur technologischen Leistungsfähigkeit« zeigt, dass deutsche Unternehmen bereits europaweit die innovativsten sind. Demnach gelten 65 Prozent der deutschen Industrieunter-

nehmen nach Kriterien der EU als innovativ. Bei Firmen, die Dienstlei-stungen anbieten, liegt die »Innova-tions-Quote« bei 48 Prozent, das be-deutet Platz zwei in der EU hinter Luxemburg. Der vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag des Bundesfor-schungsministeriums erstellte Bericht führt weitere Indikatoren dafür auf,

dass sich Wirtschaft und Forschung gut entwickelten. Etwa den Umstand, dass 2005 Deutschland im Export von Hightech-Produkten und Innovationsgütern Weltmeister war, etwa bei Automobil- und Maschinenbau, Chemie, op-tischer Industrie und Umwelttechnik. Inzwischen liegt zumindest im Hightech-Export längst China weltweit vorn. Positiv sieht der Bericht auch die Zahl der angemel-deten Patente, die für den Weltmarkt relevant sind. Mit 288 Anmeldungen pro eine Million Einwohner im Jahr 2004 kommen die deutschen Erfinder auf den sechsten Platz. Das ist besser als die USA mit 245 Anmeldungen, aber schlechter als Japan, Holland, die Schweiz sowie Schweden und Finnland.

Als problematisch sieht das ZEW den Mangel an Inge-nieuren und Naturwissenschaftlern an. Daher gilt Bil-

dung als zentraler Faktor, um gestärkt aus der Krise he-rauszukommen.

Nachholbedarf bei Wettbewerbsfähigkeit Das CDU-Regierungsprogramm sieht vor, dass bis 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Bildung und Forschung investiert werden sollen. Dazu gehören die bessere Verzahnung von Wissenschaft und Praxis und die Verbesserung der Infrastruktur, etwa die flächen-deckende Versorgung mit schnellen Internetverbin-dungen. Großes Zukunftspotenzial sieht der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, bei der Förderung von Migrantenkindern. »Wir brauchen jeden, der hier geboren ist, damit er seinen Beitrag für unser Land leisten kann«, sagte er kürzlich auf einer Po-diumsdiskussion.

Vor allem in punkto Wettbewerbsfähigkeit besteht Nachholbedarf. So lag die Bundesrepublik 2010 in einem internationalen Vergleich des Weltwirtschaftsforums in Sachen Wettbewerbsfähigkeit nur noch knapp hinter den USA, aber weltweit nur auf dem fünften Platz. Das reicht nicht aus, um in Zukunft die Technologieführer-schaft abzusichern. Das Forum lobte zwar die deutsche Infrastruktur, Verkehrswege, Telefonnetze und die Strom versorgung. Es gebe einen gesunden Wettbewerb und eine funktionierende Wettbewerbspolitik. Allerdings bleibe der Arbeitsmarkt wegen fehlender Beweglichkeit bei der Lohnfindung und des starken Kündigungs-schutzes zu starr.

Platz Eins hat die Schweiz belegt – nicht etwa wegen geringer Löhne, sondern wegen der Innovationen und einer hoch entwickelten Geschäftskultur. Schweizer Forschungs-institute gehörten zu den besten der Welt. Hinzu komme eine enge Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft, sowie hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung. Hier muss Deutschland noch Defizite beseitigen, um den Zusatz »Innovationsland« auch in Zukunft mit Recht zu tragen.

Der Standort Deutschland überzeugt im internationalen Vergleich mit Innovations-fähigkeit und guter Infrastruktur

Mit Zuversicht in die globale Zukunft

von MIRKO HEINEMANN / Redaktion

Laut Technologiebericht sind deutsche

Unternehmen europaweit am innovativsten.

SEITE 4 in|pact media Verlag

Page 5: Innovationsland Deutschland

s war einmal vor

gar nicht allzu lan-

ger Zeit, dass ein

Bundesland in die

Zukunft schauen konnte. Und

es prophezeite: Am 1. Dezember

des Jahres 2010 wird ein Forscher-

team aus Baden-Württemberg den

Deutschen Zukunftspreis erhalten.

„Das ist ja wie im Märchen, ein

Land kann in die Zukunft schau-

en“, wunderte sich alle Welt. Und

siehe da, es stellte sich heraus,

dass alle für den Deutschen Zu-

kunftspreis nominierten Forscher-

teams aus Baden-Württemberg

ka men. Was diese aber for schten,

das klang erst recht märchenhaft.

a gab es Gunter

Krieg, Jürgen Boh-

leber und Christian

Fey aus Karlsruhe,

die hatten ein magisches Auge

entwickelt. Dieses unterschied die

guten Krümel von den bösen und

richtete über sie. Denn es basierte

auf der Hochgeschwindigkeits-

Laser spektroskopie und sortierte

gebrauchtes PET-Granulat mit

solcher Reinheit, dass aus ihm

wieder neue Getränkeflaschen

her gestellt werden konnten.

n Heidelberg hat-

ten die Alchemis-

ten Ferdi Schüth,

Dirk Demuth und

Wolfram Stichert ein Labor namens

hte. Dort zischte es und brodelte

es, dass es eine Pracht war. Denn

die drei spürten mithilfe der Pa ral-

lel reaktortechnik neue Ka taly sa-

to ren auf und waren so bis zu 100

Mal schneller als vorher. Magie?

Die drei Zauberer sagten lieber:

Hochdurchsatz verfahren.

n Esslingen aber

gab es einen Ort,

Festo AG genannt,

da trieben sie es

tolldreist gar: Peter Post, Markus

Fischer und Andrzej Grzesiak

schufen einen Golem, ein leben-

diges Wesen! Ihr „Bionischer

Handling-Assistent“ war ein fein-

fühliger Roboter-Greifer, der mit

rohen Eiern, einem Glas Wasser

und sogar mit Tieren und Men-

schen umgehen konnte.

ls nun aber die

Menschen hörten,

dass es am For-

schungs- und Ent-

wicklungs standort Baden-Würt -

temberg zuging wie im Märchen,

da fragten sie sich: „Wie machen

die das bloß?“ Und das Bun des-

land antwortete ihnen: „Indem

wir europaweit am meisten in die

Forschung investieren. Schaut es

euch selbst an. Kommt vorbei oder

besucht uns im Internet unter

www. baden- wuerttemberg. de.“

230x355_Morgenland_HaBla.indd 1 04.10.2010 17:35:29 Uhr

Page 6: Innovationsland Deutschland

SEITE 6 in|pact media Verlag

Ob bei »E-Mail-Sicherheit Made in Germany« von ele-ven, »Made in Germany – Tradition seit 1774« von Birken-stock oder »Markenprodukte Made in Germany« von Hansgrohe – die deutsche Herkunftsbezeichnung in einem Werbeslogan verspricht hohe Qualität und Zuverlässigkeit. »Made in Germany« wird assoziiert mit bahnbrechenden Innovationen wie Airbag, Dieselmotor oder Röntgentech-nik. Diesen Wettbewerbsvorteil nutzen viele Unterneh-men. Bei über 200 Marken steckt »Made in Germany« so-gar in dem geschützten Zeichen, wie eine Registerauskunft bei dem Deutschen Patent- und Markenamt zeigt.

Ursprünglich war jedoch diese Angabe keineswegs freiwillig, sondern eine Forderung des britischen Mer-chandise Marks Act von 1887. Eigentlich sollten dadurch britische Käufer von dem unbewussten Erwerb deutscher Waren abgehalten werden. Doch »Made in Germany« entwickelte sich zunehmend als Qualitätsbegriff und regte eher zum Kauf an. Trotzdem ist »Made in Germa-ny« auch heute noch kein Qualitätssiegel, das von einer Institution vergeben wird. Vielmehr erfolgt die Her-kunftskennzeichnung in der Verantwortung des Herstel-lers. Sämtliche Erzeugnisse, die in Deutschland hergestellt wurden, dürfen »Made in Germany« als Kennzeichnung und Verkaufsargument tragen. Dabei muss nicht die komplette Fertigung in Deutschland stattfinden, Teilfer-tigungen im Ausland sind möglich. Allerdings muss der maßgebliche Herstellungsprozess in Deutschland erfol-gen, damit die Angabe »Made in Germany« nicht dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wider-spricht.

Deutsche Produkte sind weltweit gefragt Tatsächlich könnten ausländische Hersteller versucht sein, bei ihren Produkten eine deutsche Herkunft vorzu-täuschen, denn die Erfolgsgeschichte »Made in Germany« scheint sich nach der Krise fortzusetzen. Der deutsche Ex-port wuchs im ersten Halbjahr 2010 um rund 17 Prozent. »Ich freue mich über das hohe aus-ländische Interesse an Waren »Made in Germany«. Es ist nicht nur ein In-diz für die hohe Wettbewerbsfähig-keit der Industrie, sondern auch ein Vertrauensbeweis für die Qualität deutscher Produkte«, so Bundes-wirtschaftsminister Brüderle im Au-gust 2010. Produkte aus Deutsch-land kommen auch im Inland gut an. Laut einer Studie von TNS Infratest aus dem Sommer 2009 steht »Made in Germany« für 62 Prozent der Bun-desbürger für Spitzenqualität. Allerdings legen die Bun-desbürger auf die deutsche Herkunft nicht bei allen Pro-dukten gleichermaßen Wert. Sind es 80 Prozent der Deutschen, die bei Spielzeug auf »Made in Germany« achten, fällt die Bedeutung dieses Entscheidungskriteri-ums bei Unterhaltungselektronik auf 41 Prozent ab.

Fernseher und Computer kommen zunehmend aus Asien. China ist inzwischen mit weitem Abstand der größ-te Hightech-Lieferant für Deutschland. Hightech-Waren im Wert von 7,9 Milliarden Euro kamen in den ersten sechs Monaten diesen Jahres aus China nach Deutschland – das entspricht rund ein einem Viertel aller Waren und einem Plus von 35 Prozent. Dies ist der stärkste Zuwachs unter den zehn größten Hightech-Importländern. China, das Anfang 2010 Deutschland von Platz Eins der Export-nationen verdrängt hat, macht sich zunehmend stark, »Made in China« zu einem Qualitätsbegriff zu machen. So will die chinesische Regierung inländische Unternehmen, die schlechte Qualität liefern, auf eine schwarze Liste set-zen, während die chinesischen Firmen, die die Qualitäts-standards einhalten, finanziell belohnt werden sollen.

Gegenwärtig blüht die wirtschaftliche Beziehung zwi-schen Deutschland und China. Neben Fahrzeugen und

Maschinen haben es Luxusartikel, Kosmetika, Arzneimittel und Le-bensmittel aus Deutschland den Chinesen sehr angetan. Insgesamt wuchs der deutsche Export nach China im ersten Halbjahr 2010 um 55,5 Prozent auf 25,2 Milliarden Euro. Doch die starke Nachfrage aus China könnte schon bald nach-lassen, wenn die chinesische Wirt-

schaft technologisch unabhängig ist, befürchten verschie-dene Wirtschaftsforscher. Umgekehrt wächst die wirtschaftliche Bedeutung von »Made in China«. So lie-ferte China in den ersten sechs Monaten diesen Jahres Wa-ren insgesamt im Wert von 34,6 Milliarden Euro nach Deutschland, ein beachtliches Plus von 35,6 Prozent. Da-mit ist China das wichtigste Lieferland für Deutschland geworden.

Die USA als Wirtschaftsmacht Nummer Eins schi-cken sich ebenfalls an, »Made in USA« zu stärken. Wäh-rend deutsche Automobile der Oberklasse eine massive Nachfrage auf dem US-Markt erfahren, nahmen die deutschen Ausfuhren in die USA insgesamt im ersten Halbjahr 2010 um vergleichsweise geringe 14,1 Prozent auf 30,8 Milliarden Euro zu. Die Bestrebungen zu »Buy American« nehmen zum Teil patriotische Züge an, wenn Initiativen wie »How Americans Can Buy American« da-rauf verweisen, dass US-Amerikaner nicht nur im Aus-land kämpfen sollten, sondern durch »Buy American« auch im eigenen Land, für sich selbst und für die USA.

Wird also »Made in Germany« weiterhin international eine massive Nachfrage erfahren? »Es bleibt die Frage der Nachhaltigkeit des Aufschwungs. In Anbetracht der Ent-wicklung der Auftragseingänge sind wir hier jedoch auch für die nächsten Monate optimistisch«, stellte Anton F. Börner, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Au-ßenhandel, Dienstleistungen e. V. (BGA), fest.

Schäden durch Plagiate Neben einer positiven Entwicklung der Auftragsein-gänge ist es für die deutschen Exportunternehmen jedoch zunehmend wichtig, sich gegen Produktpiraterie zu schützen. War »Made in Germany« ursprünglich als Schutz gegen deutsche Plagiate gedacht, muss sich nun Deutschland vermehrt gegen Plagiate aus dem Ausland wehren. So hält das Bundesinnenministerium die Ab-wehr von Wirtschaftsspionage für eine bedeutende He-rausforderung der kommenden Jahre, um die Innovati-onskraft der deutschen Wirtschaft vor »unfreundlichen Know-how-Abflüssen« zu schützen. Die Initiative Con-Imit (Contra Imitatio) verweist darauf, dass jedes Jahr 70.000 Arbeitsplätze in Deutschland durch Auswir-kungen von Produktpiraterie verloren gingen, der volks-wirtschaftliche Schaden liegt bei 30 Milliarden Euro pro Jahr. Laut Informationen des Verbands Deutscher Ma-schinen- und Anlagenbau (VDMA) werden mit 74 Pro-zent die meisten Plagiate in Asien verbreitet, 68 Prozent alleine in China. Solche Fälschungen ziehen mehrfachen finanziellen Schaden nach sich, denn auch das Ansehen von »Made in Germany« könnte bei der minderen Quali-tät der Plagiate Schaden nehmen.

Mit Einfallsreichtum, Produktivität und Qualität wird »Made in Germany« als Qualitätsbegriff trotzdem Be-stand haben können, wenn die Maßnahmen gegen Ideen-diebstahl und Produktpiraterie weiter forciert werden und die Entwicklung innovativer Produktionstechnolo-gien weiterhin im Fokus deutscher Unternehmen steht. Es ist, wie BDI-Hauptgeschäftsführer Dr. Werner Schnappauf sagte, nicht die Zeit, Partys zu feiern, sondern man solle die »Ärmel hochkrempeln, um die Vorausset-zungen für nachhaltiges Wachstum zu schaffen«. Nur so bleibt »Made in Germany« das, was es bisher für die Welt-wirtschaft gewesen ist.

Politik und Wirtschaft sind gefordert, damit die deutsche Herkunftsbezeichnung weiterhin ein Qualitätssiegel darstellt

Wie sicher ist »Made in Germany«?

von OLIVER SCHONSCHEK / Redaktion

»Made in Germany« war einst als Schutz gegen deutsche Plagiate gedacht.

Heute muss sich Deutschland schützen.

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Innovationsland Deutschland SEITE 7

Was haben Google, Microsoft, HP und IBM gemeinsam? Sie ge-hören zu den Top 10 der bekann-testen Marken weltweit. Auch andere gängige Marken wie Coca-Cola, McDonalds und Nokia fin-den sich in dieser Liste. Aber es gibt eine Marke, die in dieser Liste nicht auftaucht und dennoch

mehr wert ist als alle Top 100 zu-sammen. Die Rede ist von »Made in Germany«, das als Markenzei-

chen eine der wichtigsten Stärken Deutschlands im globa-len Wettbewerb darstellt.

»Made in Germany« steht für Innovation, Präzision und Qualität. In Branchen wie der Automobilindustrie, in der Stromerzeugung, der Medizintechnik und nicht zu-letzt für das deutsche Bier ist »Made in Germany« das Gütesiegel schlechthin. Die deutsche Wirtschaft konnte sich 2010 schneller von der Krise erholen als andere euro-päische Märkte – dank »Made in Germany«. Der Mar-kenwert der oben genannten Unternehmen macht zu-sammengenommen 200 Milliarden US-Dollar aus – die Marke »Made in Germany« steht für eine Volkswirtschaft mit einem Gesamtvolumen von 3,5 Billionen US-Dollar.

Die eingangs erwähnten vier Unternehmen haben noch eine andere Gemeinsamkeit: Sie alle entwickeln Software bzw. ihr gesamtes Geschäft basiert auf Software-technologie. Deutsche Softwarefirmen sind in den Top-10- oder Top-25-Listen allerdings nicht vertreten. Das Markenzeichen »Made in Germany« wird mit vielen Pro-dukten, nicht aber mit Software in Verbindung gebracht. Noch nicht. Denn hier wartet auf Deutschland eine riesige Chance und eine große Herausforderung.

Die Chance für Deutschland liegt darin, eine führende Rolle in der Entwicklung von Softwarelösungen zu über-nehmen, mit denen die drängenden Umwelt-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktfragen unserer Zeit adressiert werden. Softwaretechnologien spielen für die Sicherstellung nach-haltigen Wachstums in einer modernen Wirtschaft eine zunehmend wichtige Rolle. Sie sind heute der Innovati-onsmotor – und dies gilt für alle Branchen: von Smart-Grid-Technologien im Bereich der Energieversorgung

über kohlenstoffarme Lösungen in der Logistik bis hin zu E-Health-Initiativen im Gesundheitswesen und E-Government-Diensten für die Bürger. Softwaretechno-logien schaffen Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen

und stellen damit eine wichtige Antriebskraft für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung dar. Die Software-branche verzeichnet heute dynamisch steigende For-schungsinvestitionen und hält ein wachsendes Angebot an hochwertigen Arbeitsplätzen bereit.

Deutschland hat die Voraussetzungen, seine Chancen zu nutzen. Die deutsche Softwareindustrie kann mit dem Markenzeichen »Made in Germany« dieselbe Erfolgsge-schichte schreiben wie es der Maschinenbau und die Ferti-gungsindustrie bereits vorgemacht haben. Die ersten ent-scheidenden Schritte sind bereits gemacht: Zusammen

mit der SAP AG und der IDS Scheer AG hat die Software AG am Aufbau des größten europäischen Software- Clusters mitgewirkt, das die Unternehmenssoftware der Zukunft erforscht und entwickelt. Zusammen mit renom-mierten Forschungseinrichtungen wie beispielsweise dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelli-genz (DFKI) und den führenden Informatiklehrstühlen Deutschlands, beispielsweise an der TU Darmstadt arbeitet die Software-Industrie zielgerichtet daran, die Forschungs-ergebnisse in innovative Produkte und globalen Markter-folg umzusetzen.

Gefördert durch die Bundesregierung werden wir im Cluster in den nächsten fünf Jahren 80 Millionen Euro allein in die Entwicklung von Geschäftsprozesstechnologien der nächsten Generation investieren. Insgesamt gibt es über 50 weitere gemeinsame Vorhaben, mit denen der Software-Cluster seine globale Bedeutung weiter stärken möchte.

Mit dem Software-Cluster wollen wir das Bindeglied sein zwischen Software, die in Deutschland entwickelt wird, und Software »Made in Germany«.

Innovation, Präzision und Qualität haben Deutschland zu einer weltweit führenden Exportnation gemacht. Genau diese Fähigkeiten werden für die Entwicklung alternativer Energiequellen, den Aufbau eines effizienteren E-Health-Systems und die Bereitstellung führender E-Government-Dienste benötigt. Und genau diese Fähigkeiten sind es, mit denen Softwaretechnologien der Zukunft entwickelt werden – Technologien, mit denen heute der Grundstein für die Zukunft aller Branchen gelegt wird.

Deutschlands größtes Kapital— Unternehmensbeitrag SOFTWARE AG —

»Made in Germany« – die dreieinhalb-Billionen Mega-Marke der deutschen Wirtschaft

KARL-HEINZ STREIBICHVorstandvorsitzender derSoftware AG

Softwareindustrie – Flagschiff für ein stärkeres Europa und Deutschland

Standpunkte vertreten – national und auf weltweiter Ebene

Der Software-Cluster – Clusterpartner aus Industrie und Forschung

Eine größere Industrie, ein höherer Beitrag

2 %

-2 %

20072006 2008 2009

4 %

8 %

Umsatz der TOP 100 europ. Softwareunternehmen

WACHSTUMSRATEN

EU Brutto Inlandsprodukt

EU Arbeitslosigkeit

10 %

6 %

0 %

Page 8: Innovationsland Deutschland

SEITE 8 in|pact media Verlag

Biomasse ist der heimliche Star der alternativen Energieträger

Die unterschätzte Energiequelle

von AXEL NOVAK / Redaktion

Wer sich umschaut in Deutschlands Think Tanks zum Thema Energie der Zukunft, der reibt sich verwundert die Augen. Ob Kuhfladen-Lotto in Bayreuth, Kamintage in Brandenburg oder Bioerdgas für die Heizung – alles dreht sich um Biomasse. Das ist die Energie für Morgen, wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht. Sie will mit dem Energiekonzept von September 2010 die erneuer-baren Energien stärken und setzt dabei auf mehr Strom aus Biogas. Das entsteht in so genannten Reaktoren aus vergorenen organischen Abfällen, Pflanzen, Lebewesen

und deren Stoffwechselendprodukte. »In den kommen-den Jahrzehnten müssen wir unseren Energiebedarf nicht nur deutlich begrenzen, sondern von begrenzten Ressour-cen unabhängiger machen. Biomasse wird einen Löwen-anteil dazu beitragen. Schon heute stammen mehr als zwei Drittel der gesamten regenerativen Energie aus Biomasse«, so Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner im Som-mer beim Besuch der Bioenergie-Region Mecklenbur-gische Seenplatte.

Biomasse ist im Prinzip eine ideale klimafreundliche Energiequelle. Sie stößt kein zusätzliches Treibhausgas CO

2 aus und ist gespeicherte Sonnenenergie. Pflanzen

bilden aus Licht, Wasser und Kohlendioxid lange Koh-lenstoffketten, die als organisches Brennmaterial vergoren oder verbrannt werden können – um Strom und Wärme zu erzeugen.

Weil Biomasse fast überall auf der Welt entsteht, entfal-len lange Transportwege. So lohnen sich kleine Anlagen, die vom Mist über Gülle bis zum Totholz biologischen Ab-fall verwerten. Doch je größer die Anlagen werden, desto größer wird der Aufwand, sie mit dem nötigen Brennstoff zu versorgen.

Heute steht das größte Biomassekraftwerk der Welt in Mecklenburg in Penkun. Es liefert 20 MW elektrischer

Leistung und damit genug Strom für eine Kleinstadt. Da-für allerdings benötigt es gigantische Mengen Material: 300.000 Tonnen Mais, 20.000 Tonnen Getreide und 60.000 Tonnen Gülle liefern täglich 50 Laster aus einem Umkreis von 40 Kilometern.

Die Bundesregierung will den Anteil erneuerbarer En-ergien am Gesamtenergieverbrauch auf 18 Prozent bis zum Jahr 2020 hieven. »Der Anbau von Energiepflanzen könnte in Deutschland von derzeit 1,7 Millionen Hektar auf bis zu 4 Millionen Hektar ausgedehnt werden«, so Mi-nisterin Aigner. Theoretisch reicht das Bioenergieaufkom-men aus heimischen Quellen aus, um den Bioenergieanteil in Deutschland bis 2020 zu verdoppeln, heißt es im Natio-naler Biomasseaktionsplan der Bundesregierung. Doch schon heute werden erhebliche Mengen von Biomasse aus Schwellen- und Entwicklungsländern importiert. Nicht, weil es energetisch sinnvoll ist. Sondern weil es billiger ist.

So setzt zumindest eines dieser Energiequelle in Deutschland eine Grenze: die Fläche landwirtschaftlich nutzbarer Böden. Denn der Anbau massereicher Pflan-zen steht in Konkurrenz zum Getreide, wenn nicht in Deutschland, so zumindest in den Schwellen- und Ent-wicklungsländer, die auf den Export der Energieträger in die Industrieländer angewiesen sind.

Qualität aus Günzburg kommt an: Die Günzburger Steigtechnik GmbH kann sich über einen hohen Auf-tragseingang freuen, den das Unternehmen eindeutig seinem Qualitätssiegel »Made in Germany« zuschreibt. Mehrere Großaufträge, darunter auch ein modulares Trag flächen-Dock für die angesehene Fluggesellschaft »Emirates« in Dubai und eine Laufsteganlage für ein Un-ternehmen der Siemens-Gruppe, bescherten dem Traditi-onsunternehmen jüngst eine kumulierte Auftragssumme von 1,5 Millionen Euro.

»Das tut richtig gut, denn das Vertrauen internationa-ler Kunden sichert natürlich die Arbeitsplätze an unserem Standort in Günzburg. Es ist richtig, dass wir uns voll zur Qualität ›Made in Germany‹ bekennen, denn dadurch haben wir einen echten Wettbewerbsvorteil«, sagt Ge-schäftsführer Ferdinand Munk.

Die Günzburger Steigtechnik GmbH ist das erste Unter nehmen überhaupt, das vom TÜV Nord mit dem zertifizierten Herkunftsnachweis »Made in Germany« ausgezeichnet wurde und somit von neutraler Seite bestä-tigt bekam, dass es sich bei den Produkten aus Günzburg um Qualitätsprodukte aus deutscher Fertigung handelt. Jetzt trägt das Unternehmen laut Firmenchef Munk die

ersten Früchte: Nicht nur die staatliche Airline der Ver-einigten Arabischen Emirate, und die Siemens-Gruppe, sondern auch ein internationaler Werkzeughersteller ver-trauen auf das Know-how der Steigtechnik-Spezialisten. Der namhafte Hersteller orderte 7000 Logistikgeräte aus dem Serienprogramm der Günzburger Steigtechnik für eine groß angelegte Promotionaktion.

»Für die Emirates waren die hohe Produktqualität und die Zuverlässigkeit des Herstellers wichtige Kriterien. Hier hat das Qualitätszertifikat ›Made in Germany‹ der Günzburger Steigtechnik mit den Ausschlag gegeben, um den Auftrag zu erhalten«, sagt Khizar Edroos, Verhand-lungsführer und Vorstandsvorsitzender der Excel Indus-trial Co. Ltd., der offiziellen Vertretung der Günzburger Steigtechnik in Dubai. Die Steigtechnikexperten liefern nun ein zwölfteiliges Tragflächen-Dock für die Wartung von Flugzeugen der Typen Boeing B-777-200/300 sowie Airbus A 340-300/-500 und A330-200.

»Schon bei der Dubai Airport Show im April haben wir gespürt, dass ›Made in Germany‹ ein absolut gewichtiges Argument ist. Dort hatte sich auch der Emirates-Auftrag angebahnt. Umso toller ist es natürlich, dass wir den Auf-trag aus Dubai jetzt auch abschließen konnten. Das zeigt,

dass wir mit unserer Philosophie genau richtig liegen«, erklärt Ferdinand Munk, dem die Sicherung der Arbeits-plätze am Standort Günzburg sehr am Herzen liegt.

Insgesamt freut sich Munk, „dass wir auch internatio-nal immer stärker wahrgenommen werden. Denn genau das ist unser Ziel. Und hier es wichtig, dass ich mich voll und ganz auf unser gut ausgebildetes Team am Standort Deutschland verlassen kann.“ Nicht zuletzt die Begeis-terung und Flexibilität der Steigtechnik-Mitarbeiter sei ein solides Fundament für den gesunden Wachstumskurs und die Innovationskraft des Unternehmens.

Volle Auftragsbücher mit »Made in Germany«

— Unternehmensbeitrag GÜNZBURGER STEIGTECHNIK —

Zertifizierung der Günzburger Steigtechnik trägt Früchte

Ähnlich wie diese Konstruktion wird das neue Wing-Dock der Fluggesellschaft »Emirates« aussehen. Foto: Günzburger Steigtechnik

Page 9: Innovationsland Deutschland

Innovationsland Deutschland SEITE 9

Deutsche Wertarbeit gilt seit mehr als 120 Jahren weltweit als in Begriff von Qualität – und ist eine Hauptur-sache für den wieder boomenden Export. Ulf Theike, Geschäftsführer von TÜV NORD CERT, über das Qualitätszeichen »Made in …«

Warum braucht es ein Zertifikat für einen Herkunftsnachweis?

Kunden schauen neben Service, Preis und Qualität vor allem auf

das Ursprungsland. Das ist eine Frage des Vertrauens. Zudem wollen viele Menschen die heimische Wirtschaft unterstützen. Mit dem zertifizierten Herkunftsnachweis »Made in Germany« können sie sicher sein, dass beim Kauf heimische Arbeitsplätze gesichert werden.

Wer kann das TÜV NORD Prüfzeichen bekommen? Das Produkt muss mindestens zu 50 Prozent in

Deutschland gefertigt sein. Ein hohes Maß an Sicherheit und Qualität vorausgesetzt – das ist bei TÜV NORD selbstverständlich. Zudem sollte das Unternehmen min-destens drei Jahre am Markt sein. Das Zertifikat kann aber auch für jedes andere Land ausgestellt werden, zum Beispiel für Uhren in der Schweiz.

Viele Unternehmen produzieren in Zeiten der Globalisie-rung über Kontinente hinweg. Ist ein Herkunftszertifikat überhaupt realistisch?

Aber ja! Wir kennzeichnen keine Unternehmen, wir prüfen immer einzelne Waren, Geräte oder Dienst-leistungen. Das lässt sich nachverfolgen. Mit dem Prüf-zeichen beugen wir der Täuschung von Verbrauchern vor.

Für welche Branchen ist ein solcher Herkunftsnachweis besonders wichtig?

Gerade mittelständische Unternehmen, die den Ursprung ihrer Erzeugnisse herausstellen möchten, wer-den Ihre Stellung am Markt klar verbessern. Sie profi-tieren davon, dass deutsche Produkte daheim, aber auch weltweit für große Qualität, Haltbarkeit und Genauigkeit stehen. Und das mehr denn je.

Infos: www.tuev-nord-cert.de

Ein Siegel für geprüfte Qualität— Unternehmensbeitrag TÜV NORD —

Made in Germany – die Popularität des Klassikers ist ungebrochen

ULF THEIKE Geschäftsführer TÜV NORD CERT

ANGELA MERKEL, Bundeskanzlerin

»›Made in Germany‹ steht weltweit für die Chancen einer leistungsfähigen Gesellschaft.«

Maschinen erleichtern zusehends unser tägliches Le-ben: ein Forscherteam des schwäbischen Familienunter-nehmens Festo AG & Co. KG hat nun mit dem Bionischen Handling-Assistenten eine Basisinnovation für Assistenz-systeme geschaffen, die Menschen in allen Lebenslagen unterstützen können. Normalerweise ist das Hauptge-schäftsfeld die Automatisierung von Produktionsprozes-sen, die nun mit der Entwicklung des Bionischen Hand-ling-Assistenten noch einen Schritt weiter geht: Dieses Hightech-System empfiehlt sich nicht nur für einen in-dustriellen Einsatz, sondern auch für den Reha- und Pfle-gebereich, die Agrartechnik sowie für Privathaushalte.

Ein echtes Novum des Assistenten ist die gefahrenlose Interaktion von Mensch und Maschine. Durch die nach-giebige Struktur des Assistenten und das geringe Eigenge-wicht von insgesamt nur 1,8 Kilogramm ist der Assistent in seiner Helferfunktion für Menschen absolut ungefährlich.

Der Mensch kann mit dem System unmittelbar zusam-menarbeiten.

Als Vorbild für den Assistenten diente der Elefan-tenrüssel – ein wahres Meisterwerk der Natur in Bezug Funktionalität und Flexibilität. Das Forscherteam von Festo übertrug das natürliche Vorbild in eine technische Struktur. Mit Hilfe von Bionik, Pneumatik, Mechatronik und Handhabungstechnik vollführt der Arm des Assis-tenz-Systems alle Bewegungen im Raum. Der ebenfalls von Festo entwickelte bionische Greifer transportiert sicher Objekte unterschiedlichster Formen.

Auch die Jury des Deutschen Zukunftspreises sieht das technische und gesellschaftliche Potential des Assistenten und nominierte das Entwicklerteam des Bionischen Handling-Assistenten für den Deutschen Zukunftspreis 2010. Damit ist eine reale Mensch-Technik-Kooperation zum Greifen nahe.

Der Bionische Handling-Assistent …— Unternehmensbeitrag FESTO —

… ist als Teamleistung zum Deutschen Zukunftspreis 2010 nominiert

Der Bionische Handling-Assistent mit Auszubildenden der Fachrichtung Mechatronik

Page 10: Innovationsland Deutschland

SEITE 10 in|pact media Verlag

Hat das Auto eigentlich eine Zukunft? Wenn man sich die Statistiken anguckt, kann man ein wenig in Sorge ge-raten. Knapp 51 Jahre ist der durchschnittliche Neuwa-genkäufer in Deutschland inzwischen alt, besagt eine Stu-die des CAR-Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen. Nur noch sieben Prozent der ersten Ein-träge im Brief entfielen im vergangenen Jahr auf einen 18- bis 29-Jährigen – vor zehn Jahren lag der Anteil noch doppelt so hoch.

Vor allem in den großen Städten können sich immer mehr junge Menschen vorstellen, ohne eigenes Auto aus-zukommen: Gute Nahverkehrssysteme stehen hier gegen hohe Kosten, Stau und Parkplatznot. »In Sachen Mobili-tät wird sich in den kommenden Jahren viel ändern«, pro-phezeit auch Prof. Ferdinand Dudenhöffer, der Leiter des CAR-Centers. »In den Ballungsräumen wird man neu überlegen müssen.«

Für Deutschland-Autoland dürfte dieser Trend zu ei-ner der größten Herausforderungen der Zukunft werden. Doch die ersten Pilotprojekte zeigen, dass die Hersteller die Zeichen der Zeit erkannt haben. Seit anderthalb Jah-ren erprobt etwa Mercedes in Ulm »car2go«, das Auto zum einfach Einsteigen: Verteilt im Stadtgebiet stehen 300 Smart fortwo zur Verfügung, die für spontane Fahrten genutzt werden können.

Die Mitfahrzentrale von Mercedes ist ein Erfolg19 Cent kostet die Smart-Fahrt pro Minute, alle Kosten inklusive. Vorab gebucht werden muss nicht. Wer das Angebot nutzen will, muss sich nur einmalig für den Service registrieren. Für Mercedes hat sich das Konzept zum vollen Erfolg entwickelt. In diesen Tagen konnte man die 20.000. Benutzerin begrüßen. Im September hat man deshalb das nächste Angebot nachgeschoben: »car-2gether«, eine mobile Mitfahrzentrale für Stadtfahrten. Angeboten oder nachgefragt werden können Touren via Smartphone, aktualisiert werden die Informationen alle 15 Sekunden.

Gelingt es, solche Konzepte flächendeckend zu etablie-ren, lassen sich große Mengen Ressourcen einsparen – erst recht dann, wenn auch die verwendeten Fahrzeuge ent-sprechend sparsam mit Energie umgehen. »Mit einem umweltfreundlichen Strommix betrieben, haben Elektro-autos viel Charme«, spricht Dudenhöffer hier das große

Thema dieser Tage an – und blickt damit auf ein Gebiet, auf dem die deutschen Hersteller noch Nachholbedarf zu haben scheinen. Das mag stimmen, doch die Autobauer holen auf: Mercedes will 2012 mit einem elektrisch betriebenen Smart in die Serienproduktion gehen, auch BMW und VW testen eifrig in Feldversuchen und entwickeln ihre Konzepte zügig zur Serienreife. Und Opel will den aus dem Chevrolet Volt adaptierten Ampera mit Elektroantrieb im Jahr 2012 auch in Europa auf den Markt bringen. Ironischerweise könnte sich der späte Start für die deutschen Konzerne sogar zum Vorteil aus-wachsen, glauben Experten. Denn kaum jemand erwartet, dass der Umstieg auf die elek-trische Mobilität komplett reibungslos vonstatten gehen wird. Durch die spätere Markteinführung der deutschen Hersteller könnten sie aus den Fehlern der anderen ler-nen, ohne selbst ihren Ruf aufs Spiel zu setzen.

Benzin- und Hybridmotoren wird es weiterhin gebenÜberhaupt dürfte die Umstellung langsamer vorange-hen, als es viele Statements glauben machen: Eine Million Elektroautos wünscht sich die Bundesregierung bis zum Jahr 2020 auf deutschen Straßen. Angesichts von um die 50 Millionen in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen bedeutet das im Umkehrschluss, dass auch in zehn Jahren noch die überwiegende Mehrzahl der Autos mit Benzin oder Diesel betrieben werden wird, zum Teil wohl unter-stützt durch ein größeres oder kleineres Hybridsystem.

Auch hier scheint die Weiterentwicklung also noch Sinn zu machen. »Systeme wie die Start-Stopp-Automa-tik bringen Verbrauchsvorteile«, beschreibt Autoexperte Dudenhöffer. »Bei den Motoren geht der Trend zu klei-nen, hoch aufgeladenen Aggregaten. 20 Prozent Treib-stoff lassen sich so einsparen.« Und damit auch CO

2, denn

der Kohlendioxidausstoß ist direkt vom Verbrauch ab-hängig. Motoren mit weniger Hubraum als gewohnt spa-ren Platz und sind leichter, Turbolader und Kompres-soren verhelfen ihnen zu Leistungswerten, die vor einigen Jahren noch durch mehr Zylinder und Kubikzentimeter erreicht wurden.

Dass sich das alte Prestigedenken langsam aufzulösen scheint, zeigen die neuen Modellvorstellungen. So prä-sentierte Mercedes gerade auf dem Pariser Autosalon einen neuen Motor für die S-Klasse. Ein Diesel mit vier Zylindern, und das Flaggschiff des Unternehmens. Doch ein Turbolader verhilft dem kleinen Aggregat zu 204 PS

und 500 Newtonmeter Drehmo-ment, die wenigen Zylinder sollen den Verbrauch auf weniger als sechs Liter je 100 Kilometer drü-cken. Gerade wer die S-Klasse vor allem zum Repräsentieren oder für innerstädtischen Shuttleverkehr einsetzt, wird den Motor wohl lie-ben lernen. Auch andere Hersteller erreichen mit kleinen, aufgela-

denen Motoren Werte, die vor einigen Jahren noch un-denkbar schienen: 4,1 Liter schafft der flott motorisierte BMW 320d in der »Efficient Dynamics«-Version, mit 3,8 begnügt sich ein Golf »Blue Motion«.

»Die Umstellung zum Elektroantrieb wird schrittwei-se passieren«, riskiert Dudenhöffer den Blick in die Zu-kunft: »Erst die Hybridfahrzeuge, dann Plug-In-Hybri-de, die sich an der Steckdose laden lassen und mit denen man Touren im Stadtverkehr rein elektrisch zurücklegen kann. Und dann Autos, die rein elektrisch fahren, mit Strom aus der Batterie oder aus anderen Quellen.«

Vernetzung von Daten wird Mobilität optimierenDoch auch die werden wohl nur ein Baustein des Ver-kehrs der Zukunft sein, glaubt der Autoexperte. An Du-denhöffers eigenem Institut arbeitet man deshalb schon an Konzepten, die alle Möglichkeiten der Fortbewegung miteinander vernetzen sollen: die Bahn und den Bus, den Mietwagen à la Car2Go, die Mitfahrzentrale und natür-lich auch das Auto an sich. Viel wird davon abhängen, Datenströme miteinander zu vernetzen und Reisenden komfortabel in Echtzeit mitzuteilen, wie sie am schnellsten, günstigsten und komfortabelsten an ihr Ziel kommen. Das Ruhrgebiet haben sich die Forscher des Center Automotive Research als Modellregion für ihr Vorhaben ausgeguckt. »Im Moment schreiben wir Anträ-ge«, beschreibt Dudenhöffer den Stand der Dinge. »Am liebsten würden wir 2012 schon anfangen.«

»Die Umstellung zum Elektroantrieb wird

schrittweise passieren.«

Prof. Ferdinand Dudenhöffer,

CAR-Research

Ideen für die Fortbewegung Nicht nur neue Autos, sondern neue Verkehrslösungen sind gefragt.Vor allem in den Ballungszentren wird sich Mobilität verändern

von KAI KOLWITZ / Redaktion

Page 11: Innovationsland Deutschland

Innovationsland Deutschland SEITE 11

Ende September hat Vattenfall vor der britischen Küste »Thanet« in Betrieb genommen, den der-zeit größten Offshore Windpark weltweit. Bei kräftigem Wind könnten bis zu 300 Megawatt Windstrom eingespeist werden, in etwa die Kapazität eines mitt-leren Kohlekraftwerks. Sind die Leitungen intelligent genug, die-se Massen abzupuffern?

Grundsätzlich lässt sich der Strom dank relativ genauer Windprognosen gut in das Netz integrieren. Aber es gibt immer wieder Ausreißer, die zu einem spontanen Überangebot führen. Je stärker wir die Windenergie ausbauen, umso wichtiger ist es, die Nachfrage nach Strom zu steuern – und zwar möglichst so, dass sich der Stromkunde nicht eingeschränkt fühlt.

Wie soll das funktionieren?Über ein intelligentes Netz und neue Speichertech-

nologien, wie beispielsweise Elektroautos. In unserem Gemeinschaftsprojekt mit BMW in Berlin haben wir

gesehen, dass das sogenannte »gesteuerte Laden« sehr gut funktioniert: Die 50 MINI E-Testfahrer können ihre Elektrofahrzeuge bevorzugt bei hohem Wind-stromaufkommen und geringer Netzlast laden. Die Batterie ist der Speicher, um Stromschwankungen aus-zugleichen und Windstrom optimal zu nutzen. An der Weiterentwicklung solch intelligenter Ladekonzepte arbeiten wir.

Selbst wenn es 2020, wie die Bundesregierung schätzt, eine Million Elektrofahrzeuge gibt. Die Kapazitäten von Elektroautos, das Netz stabil zu halten, haben ihre Grenzen …

Langfristige Schwankungen können die Batterien na-türlich nicht abpuffern. Deswegen fördern wir paral lel den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur. Zusammen mit unseren Partnern zeigen wir in der Clean Energie Partnership, dass sich der Wasserstoff aus überschüs-sigem Windstrom emissionsfrei herstellen lässt. Später könnte er in großen unterirdischen Gaskavernen für schlechte Zeiten bereitgehalten werden und entweder Wasserstofffahrzeuge antreiben oder bei Bedarf rück-verstromt werden.

Neue Speicher für ein intelligentes Netz— Unternehmensbeitrag VATTENFALL —

Oliver Weinmann ist Geschäftsführer der Vattenfall Europe Innovation GmbH. Künftig könnte sich die Stromnachfrage nach dem Angebot richten, ohne dass sich die Kunden eingeschränkt fühlen, meint Weinmann.

OLIVER WEINMANNGeschäftsführer Vattenfall Europe Innovation GmbH

Mini E angeschlossen an die Vattenfall Strom-Zapfsäule

DAS IST DER GIPFEL!

Jedes Jahr treffen sich Verkehrsminister aus mehr als 50 Ländern in Deutschland zum Weltverkehrsforum (International Transport Forum), dem globalen Mobilitätsgipfel. Mit Entscheidern aus Wirtschaft und Gesellschaft diskutieren sie über die Zukunft der Mobilität — über Verkehr und Klimawandel (2008), Globalisierung (2009) oder Innovation (2010).

Beim nächsten Weltverkehrsforum im Mai 2011 in Leipzig steht das Verhältnis von Verkehr und Gesellschaft im Mittelpunkt. Wenn Sie dabei sein wollen oder einfach nur mehr wissen möchten, schreiben Sie an [email protected]

www.internationaltransportforum.org

Page 12: Innovationsland Deutschland

SEITE 12 in|pact media Verlag

16,3 Prozent. Diese Zahl markiert die Bedeutung der alternativen Energien für Deutschland. Denn knapp jede sechste im Land verbrauchte Kilowattstunde Strom wurde nach den Erhebungen des Bundesverbands Erneuerbare Energien im vergangenen Jahr durch Wind, Sonne, Wasser oder einen anderen erneuerbaren Energieträger erzeugt. In diesem Jahr, so schätzen Experten, wird der Anteil sogar schon bei rund 19 Prozent liegen, für das Jahr 2020 peilt die Bundesregierung einen Ökostrom-Anteil von 35 Prozent an. Das wäre deutlich mehr Strom, als derzeit von allen deutschen Atomkraftwerken zusammen erzeugt wird.

»Insbesondere bei den Zuwächsen liegt Deutschland gut im Rennen«, beschreibt Klaus Müschen die Lage. Beim Umweltbundesamt leitet Müschen die Abteilung Kli-maschutz und Energie. Und er präzisiert: »Im Bereich Windenergie dürfte Deutschland sogar EU-weit eine der höchsten Steigerungsraten vorzuweisen haben.«

Die Zahlen zeigen: Auch wenn die erneuerbaren Ener-gien vor wenigen Jahren von vielen noch als Spielzeug für Spinner und Öko-Fundamentalisten betrachtet wurden – inzwischen haben sie sich zu einer bedeutenden Säule der deutschen Energieversorgung gemausert. Und zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor.

Denn nicht nur in Sachen Stromerzeugung kann die Republik gute Zahlen liefern. Auch bei der Herstellung von Anlagen und der Entwicklung neuer Technologien gehö-ren deutsche Unternehmen zur Weltspitze. Im Solarbe-reich kommen Firmen wie Solon oder Q-Cells auf Export-quoten um 50 Prozent, ebenso wie Vestas, Nordex oder Siemens beim Bau von Windkraftanlagen. Wenn in vier Jahren vor der Küste von Wales der größte bisher realisierte Offshore-Windpark aller Zeiten ans Netz gehen wird, dann wird das unter anderem mit Technologie von Siemens und RWE Innogy geschehen, der Sparte für alternative En-ergien des RWE-Konzerns.

Schwellenländer wollen grüne Energien Vor der walisischen Küste soll der Park mit 160 Windrä-dern knapp 600 Megawatt Leistung erzeugen und stößt damit in Dimensionen vor, die bisher konventionellen Koh-le- oder Gaskraftwerken vorbehalten waren. Und das Pro-jekt zeigt, dass für deutsche Unternehmen große Geschäfts-potentiale im Ausland liegen. Schwellenländer wie China

und Indien setzen auch auf alternative Energien, um dem steigenden Energiebedarf Herr zu werden. Die USA wol-len sich unabhängiger von Öl- und Gasimporten machen und forcieren daher den Ausbau von Solar- und Windener-gie. Als Reaktion sind deutsche Unternehmen mit eigenen Produktionsstätten dort, wo die Märkte sind: Wind- Spezialist Nordex etwa mit einem Joint Venture in China, Q-Cells hat gerade eine Fertigung in Kanada in Betrieb ge-nommen.

Allerdings stellt der Ausbau alternativer Energien auch bei der umliegenden Infrastruktur neue Anforderungen. Da Sonne und Wind nicht zu jeder Stunde des Jahres im gleichen Maß zur Verfügung stehen, muss sowohl an effizienten Möglichkeiten der En-ergiespeicherung geforscht werden, als auch der Energieverbrauch da, wo es möglich ist, an das Angebot ange-passt werden. »Smart Grid« ist hier das Stichwort. Es steht für Strom-netze und elektrische Komponenten, die in der Lage sind, miteinander zu kommunizieren und Informationen zu übermitteln.

So versetzt das intelligente Stromnetz zum Beispiel Waschmaschinen oder Geschirrspüler in die Lage, zu er-kennen, wann Strom besonders reichlich im Angebot ist. Diese Zeiträume lassen sich nutzen, um die Wäsche zu wa-schen oder Teller und Tassen zu säubern. »Smart Grid« war eines der großen Themen der abgelaufenen Internatio-nalen Funkausstellung IFA, unter anderem Miele, Bau-knecht, Bosch oder Siemens stellten Haushaltsgeräte vor, die in der Lage sind, mit dem Stromnetz zu kommunizieren.

Smart Grid als Zukunftsmodell Was nun noch fehlt, sind Stromtarife, die Angebot und Nachfrage Rechnung tragen und die »Smart Grid«-Geräte damit auch für den Verbraucher lukrativ machen. Noch in diesem Herbst soll sich das allerdings ändern: So will RWE in Nordrhein-Westfalen einen »intelligenten« Tarif testen. Stromkunden soll er zwischen oberer und unterer Preis-grenze zwischen 30 und 50 Prozent Ersparnis bieten. In Mannheim testet die MVV Energie AG bereits den »Strom-butler«: An das Kästchen werden mit einem Tag Vorlauf

die kommenden Strompreise übermittelt. Die Kunden können sich darauf einstellen, entweder durch den manuel-len Griff an Wasch- oder Spülmaschine, oder per automa-tischer Steuerung, falls die Technik vorhanden ist.

»Im Zusammenhang mit den alternativen Energien wird das Last-Management immer wichtiger«, erklärt Müschen, der Experte des Umweltbundesamts. Er kennt noch mehr Technologie, mit der sich in jedem Haushalt Energie sparen ließe: »Zum Beispiel Umwälzpumpen für die Warmwasserversorgung, die registrieren, wann in einem Haushalt im Durchschnitt wie viel warmes Wasser

verbraucht wird. Sie pumpen nur dann, wenn es auch nötig ist.« Keine Revolutionen der Ingenieurskunst, sondern Technologie, die bereits zur Verfügung steht. »Das erfordert pri-vate Investitionsentscheidungen«, skizziert Müschen. »Im industriellen Bereich ist man da schon weiter. Da gibt es etwa Kühlhäuser, die sich kurzfristig weit herunterkühlen las-

sen, wenn viel Strom zur Verfügung steht und danach eine Weile stromlos bleiben können.« Aber auch im privaten Bereich, davon geht der Experte aus, wird im Zuge der nor-malen Austauschzyklen immer mehr Stromspartechnik Einzug halten.

Auch wenn Deutschland insgesamt auf einem guten Weg ist, sehen Experten noch viel Steigerungspotential für die Zukunft: Der Bereich Biomasse könne noch ausgebaut werden, glaubt Müschen, auch hinkt die Erzeugung von Wärme aus alternativen Energien der von Strom noch hin-terher. Und dann gibt es da noch Technologien, die derzeit gerade erst entwickelt werden. So verbinden sich große Hoffnungen mit neuartigen Nutzungen von Ebbe und Flut. So erprobt RWE gemeinsam mit Voith Hydro, einem deutschen Spezialisten für Wasserkraftanlagen, unter Was-ser installierte Räder, die von den Gezeiten angetrieben werden und so Strom erzeugen sollen. Ein anderes Kon-zept unter E.on-Beteiligung sieht Hydraulik-Zylinder vor, die gleich einer Wasserschlange in der Strömung treiben. So scheinen 35 Prozent Öko-Strom in zehn Jahren kein zu ambitioniertes Ziel zu sein. Bisherige Prognosen wurden stets übertroffen.

Deutsches KnowHow um die Nutzung der erneuerbaren Energien erobert die Welt

Vorreiter der Nachhaltigkeit

von KAI KOLWITZ / Redaktion

35 Prozent Ökostrom in zehn Jahren – das scheint

kein zu ambitioniertes Ziel zu sein.

Page 13: Innovationsland Deutschland

Innovationsland Deutschland SEITE 13

— Unternehmensbeitrag SOLON SE —

— Experteninterview SOLON SE —

Einst ein Kreuzberger Ingenieurskollektiv, heute ein Global Player: Vor 14 Jahren ist SOLON angetreten, um die Welt nicht den Dummen zu überlassen. Noch heute krönt der kesse Leitsatz das Firmenlogo mit der weißen Sonne vor der blauen Solarzelle. Bekehren muss der Solarher-steller aber kaum noch jemanden. Das Berliner Unterneh-men gehört zu den führenden europäischen Herstellern von Solartechnik und zu den Traditionsunternehmen der jungen Boombranche.

Das Erfolgsgeheimnis? »Was SOLON ausmacht, ist Lei-denschaft gepaart mit höchstem technologischen Know-How«, sagt Stefan Säuberlich, Vorstandsvorsitzender bei SOLON. So sind viele Innovationen entstanden, die bis heute internationale Standards setzen. Am Anfang der Firmengeschichte standen allerdings harte Jahre im Pro-jektgeschäft mit Spezialmodulen. Fast jedes Modul war eine Einzelanfertigung: glanzvoll, teuer, technisch exklu-siv – aber eben nicht wirtschaftlich. So hatten die Kreuz-berger Tüftler zwar erstklassige Referenzen, aber kaum Geld in der Kasse.

Der Startschuss zum Aufstieg als Global Player kam mit dem Einstieg in die Massenfertigung. Erst kam 2001 ein neues Werk in Neukölln hinzu, dann folgte 2004 eine Modulfabrik in Greifswald. Aus einem Dutzend Hightech-Aktivisten sind inzwischen rund 900 Mitarbeiter in Deutsch-land, Österreich, Italien, Frankreich, der Schweiz und den USA geworden, die im laufenden Jahr voraussichtlich über eine halbe Milliarde Euro Umsatz erwirtschaften werden.

Wenn nicht vom eigenen Dach, kennen Deutsche den Premiumhersteller heute als Entwickler des Solarkraft-werks in Erlasee. Seinerzeit war es nicht nur eine der größten Anlagen weltweit, sondern auch die erste dieser

Größenordnung, bei der die Solarmodule auf zwei Achsen dem Lauf der Sonne folgen, was die Energieausbeute um gut 40 Prozent erhöht. In Spanien wiederum, wo SOLON in den Jahren 2006 bis 2008 zahlreiche Solarkraftwerke errichtete, wird man den Namen SOLON u.a. mit dem innovativen Konzept für eine sevillanische Busstation ver-binden. Hier spendet das Solarkraftwerk nicht nur Strom, sondern auch Schatten oder Schutz vor Regen.

Um ständig neue Maßstäbe zu setzen, sind die Berliner der Zukunft stets einen Schritt voraus. Größtes Potenzial sehen sie derzeit in den vielen ungenutzten Dachflächen – und arbeiten an neuen Lösungen, um für Haushalte und Industrie die Investition in saubere Energie noch attraktiver zu machen. Bis 2011 wollen sie so auch Leichtbau-, Metall- und ältere Dächer mit der jeweils optimalen, vorkonfektio-nierten Lösung bestücken können.

Doch ein Dachsystem alleine macht den Umbau zu einem System regenerativer Ideen noch nicht perfekt. Deshalb will SOLON seinen Kunden schon bald ein schlüs-selfertiges Gesamtpaket aus Solarmodulen und Speicher-batterie anbieten, das die Energie immer dann verfügbar macht, wenn sie gebraucht wird. Erste Pilotprojekte lau-fen bereits.

Von der Kreuzberger Hinterhofmanufaktur zum Global Player

14 Jahre jung und doch schon ein Traditionsunternehmen in der Photovoltaikbranche: Das Berliner Solarunternehmen SOLON setzt mit seinen Innovationen internationale Standards.

SOLON BusPort-System, Sevilla, Spanien

Immer mehr asiatische Herstel-ler drängen mit Solaranlagen zu Dumping-Preisen auf den Markt. Was hat Photovoltaik aus Deutschland dem entgegenzuset-zen?

Marktnähe und Mehrwert für unsere Kunden! Wir sitzen vor Ort, wo die Anwender sind – in all unseren Kernmärkten. Dazu zählen neben Deutschland Italien, Frankreich und die USA. Gerade

der deutsche Markt ist so groß, dass es sich lohnt, spezielle Produkte für ihn zu entwickeln. Im reinen Preiskampf werden wir schwer bestehen können, aber das müssen wir auch gar nicht. Kunden wollen nicht unbedingt das billigste Produkt, sondern das beste Preis-Leistungs-Ver-hältnis. Dabei zählt neben der Qualität auch der Service.

Wie genau wollen Sie Solaranlagen dem deutschen Markt anpassen?

Was fehlt, sind Photovoltaikmodule für Dächer, die sich an der Gebäudetechnik orientieren. Bis vor kurzem

war es nur möglich, die klassischen rechteckigen Stan-dardmodule mit Aluminiumrahmen auf das Dach zu schrauben. Das wollten wir ändern. Unsere Innovations-offensive im Bereich der Photovoltaik-Dachsysteme zielt darauf ab, am Ende sagen zu können: »Wir können je-des Dach.«

Und das erfordert Landeskenntnis?Auf jeden Fall: Bei Einfamilienhäusern kommt es vor

allem auf die Ästhetik an. Daher bieten wir seit 2009 ein Indachsystem an mit Solarmodulen, die direkt auf dem Dachstuhl angebracht werden, Energie produzieren und gleichzeitig die Dachziegel ersetzen. Dieses Produkt sieht gut aus und wurde mehrfach als wegweisend aus-gezeichnet.

Halten die Module auch so lange wie Dachziegel?Ja, wir geben eine Leistungsgarantie von 25 Jahren. Es

gibt aber keinen technischen Grund, warum heutige An-lagen nicht auch in 50 Jahren noch arbeiten.

Bei Industriedächern hakt es weniger an der Optik als am Gewicht der Anlagen …

Das stimmt, die Dächer sind oft nur für die Last einer Schneedecke ausgelegt. Auch das ändern wir. Für Blechfalzdächer haben wir schon ein neues Leichtbau-Produkt mit dünnem Glas entwickelt. Ein Spezialkle-ber macht die Module auch ohne schwere Verankerung wind- und wetterfest. Zwei weitere Neuentwick-lungen werden Anfang 2011 folgen: Ein ausrollbares Solarmodul und eine Flachkonstruktion für Nicht-Metall Dächer mit rauen Oberflächen. Damit können wir dann jede Art von Industriedach mit Photovoltaik bestücken.

Worin sehen Sie die zentrale Herausforderung für die Zukunft?

Die Energie dann verfügbar zu machen, wenn sie ge-braucht wird. Schon nächstes Jahr werden erste Solar-anlagen auf den Markt kommen, die an einen Energie-speicher – wie große Lithium-Ionen-Batterien – gekoppelt sind. Diese Entwicklung fördert auch der Gesetzgeber im Erneuerbare-Energien-Gesetz. Wird der erzeugte Strom auch selbst verbraucht, gibt es einen Bonus. Es ist also sehr lukrativ, den tagsüber erzeugten Strom günstig zu spei-chern, um ihn zu anderer Zeit zu verbrauchen.

LARS PODLOWSKI Technikvorstand der Berliner SOLON SE

Lars Podlowski ist Technikvorstand der Berliner SOLON SE, einem der führenden europäischen Anbieter von solaren Systemlösungen für Dach- und Frei flächenanlagen. Mit neuen Photovoltaik-Lösungen für Einfamilienhäuser und

Industriegebäude hat sich das Unternehmen vorgenommen, bald jede Dachfläche passend bestücken zu können.

Wir können jedes Dach

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Produktion und Kreation Wie eine freie Kultur den ökonomischen Erfolg einer Gesellschaft beeinflusst

von MIRKO HEINEMANN / Redaktion

Wenn Unternehmen aus Berlin neue Mitarbeiter su-chen, dann fehlt in der Stellenanzeige nur selten ein Hin-weis auf das einzigartige Kulturangebot in der Hauptstadt. Kultur ist ein wichtiger Standortfaktor, nicht nur für Un-ternehmen aus verwandten Branchen wie Medienkonzerne oder Plattenfirmen. Unternehmer und Personalchefs aus allen Arbeitsgebieten betonen gerne die starke Anziehungs-kraft der Kulturmetropole auf junge, gut ausgebildete »High Potentials«.

Seit der Wiedervereinigung hat sich Berlin zu einem international führenden Standort der Kultur- und Krea-tivwirtschaft entwickelt. Die deutsche Hauptstadt wird als kreative Metropole nicht nur in einem Atemzug mit New York, London und Paris genannt, sie hat sich über-dies ein eigenständiges Image erworben; ihr werden Ei-genschaften wie Innovation, Jugendlichkeit,Experimentierfreudigkeit und ein internationales Flair zuge-schrieben. Dieser Umstand schlägt auch ökonomisch immer stärker durch, er zeigt sich nicht nur in re-kordhohen Besucherzahlen, sondern auch unter den Kulturschaffenden selbst: So ist der Umsatz in der Krea-tivwirtschaft seit 2000 nach Angaben der Investitionsbank Berlin IBB um rund 25 Prozent ge-stiegen. Dies zeige, so die IBB, dass Berlin »auch von der wachsenden Anerkennung des ökonomischen Stellen-werts der Kreativen profitiert«.

Rohstoff Kreativität Kreativität, Innovationskraft, Erfindergeist – wie immer man jenes schöpferische Potenzial nennen mag, aus dem heraus Neues entsteht: Es ist der Rohstoff der Zukunft. Im Zuge der Globalisierung haben sich die ökonomischen Rahmenbedingungen massiv verändert. Vor allem in den Industriestaaten spielt die Kreativität hinsichtlich der Ur-sachen wirtschaftlichen Wachstums und internationaler Wettbewerbsfähigkeit eine immer größere Rolle. Erfolg-reich sind Regionen, in denen technologische Innovation auf kreative Menschen trifft. Dieser wachsende Einfluss von Kreativität in allen Bereichen der heutigen Gesell-schaft hat direkten Einfluss auf den ökonomischen Erfolg einer Gesellschaft.

Diese These vertritt unter anderem der US-ameri-kanische Entwicklungsökonom Richard Florida in sei-nem Buch »The Rise of the Creative Class«. Darin ana-lysiert er die Beziehung von Kultur, Kreativität und wirtschaftlichem Wachstum und weist nach, dass Kre-ativität als Standortfaktor entscheidend zu ökono-mischem Erfolg beiträgt. Damit schließt er sich dem weit verbreiteten Standpunkt an, dass wirtschaftliches Wachstum in Industrieländern vor allem durch krea-tives Handeln generiert würde. Eine freie Kultur wäre damit die Voraussetzung für wirtschaftliche Entfal-tung einer Gesellschaft.

Florida weist an verschiedenen Beispielen aus den USA nach, dass Kultur mit ihrer positiven Wirkung auf Kreativität eine wichtige Determinante für wirtschaft-

lichen Erfolg ist. Denn durch die richtige Umsetzung von Kreativität werden Rendite und Arbeitsplätze geschaffen. Für die Entfaltung kre-ativer Fähigkeiten sind nach Flori-da kulturelle Umfeldbedingungen entscheidend. So geht er davon aus, dass Firmen ihren Standort nicht mehr nach traditionellen Standort-faktoren, wie etwa niedrige Steuer-

sätze oder günstige Immobilienpreise aussuchen, sondern sich vielmehr nach der Ortswahl kreativer Köpfe richten. Standorte mit kulturellen Möglichkeiten gewinnen durch ihre große Anziehungskraft auf kreative Menschen an Be-deurung. Darauf aufbauend sind Milieu und Kultur also für wirtschaftliches Wachstum entscheidend. Für das Bei-spiel Berlin würde das bedeuten: Die Stadt blickt in eine prosperierende Zukunft.

Umgekehrt kann man in außereuropäischen Gesell-schaften beobachten, wie sich ein restriktives Kulturle-ben auch negativ auf die Ökonomie auswirkt. Wo ei-genständiges Denken, wo Experimente verhindert werden, bleiben auch Innovationen auf der Strecke. In den Ländern des Ostblocks betraf der sukzessive Still-stand außerhalb eini ger oppositioneller Nischen sowohl das ökonomische als auch das kulturelle Leben; dabei gefielen sich doch ausgerechnet die sozialistischen Staaten in der Rolle der Kulturförderer. In Ländern wie China oder Vietnam ließ sich beobachten, wie Kulturre-

volutionen tradierte Systeme hinwegfegten, an deren Stelle ein rigoroses, oktroyiertes Kulturverständnis trat.

Heute, da in Fernost die ökonomische Aufholjagd be-gonnen hat, wissen selbst die verbohrtesten Parteikader um die Bedeutung der Kultur. Kulturschaffende wie der chinesische Konzeptkünstler Ai Weiwei, der unter ande-rem in seinen Weblogs harsche Kritik an der Regierung übt, werden in Ruhe gelassen. Auch in China setzt sich die Erkenntnis durch, wie wichtig kreative Freiräume sind, natürlich nur, so lange sie die Grundfesten des Systems nicht erschüttern. Nicht auszuschließen, dass sich der wachsende Einfluss der Kulturschaffenden noch als wich-tiger Motor bei der Reformierung der politischen Struk-turen erweisen wird.

Kultur bewegt, wo Politik scheitert Hier entwickeln auch westliche Kulturinstitute wie das deutsche Goethe Institut, der British Council oder das Ins-titut Francaise eine Strahlkraft, die den politischen und ökonomischen Sektor beeinflussen. »Gerade mit Blick auf die bedenklichen Rückschritte bei der freien Meinungsäu-ßerung weltweit kommt den Goethe-Instituten als eta-blierten und garantierten Freiräumen eine große Bedeu-tung zu, sie sind Orte einer geistigen Gemeinschaft«, bilanzierte etwa Goethe-Präsident Klaus-Dieter Lehmann im Sommer bei einem Pressegespräch in Berlin die Ergeb-nisse der internationalen Kulturarbeit. Was bedeutet: Kul-turinstute können in Ländern mit einem mangelnden De-mokratieverständnis als Katalysator der Modernisierung dienen. Sie können Debatten anregen, sie können helfen, Kreativität freizusetzen und internationale Netzwerke etablieren. »Mit der Kultur kann man Dinge bewegen, die die Politik nicht leisten kann«, so Lehmann.

Geht es nach Autor Richard Florida, wird der Ent-wicklung einer kreativen Kulturszene rund um die chine-sischen Zentren Peking und Shanghai bald auch eine Blüte der techologischen und ökonomischen Innovationen nachfolgen. Dort, wo die Wirtschaft bisher eher auf Pro-duktion und Plagiate setzt, wird dem westlichen Erfin-dergeist schon bald eine starke Konkurrenz erwachsen. Umso mehr gilt auch für Deutschland: Kreative Freiräu-me und eine freie Kultur gilt es zu erhalten, zu verteidi-gen und zu fördern, denn sie sind Voraussetzungen für eine innovative Ökonomie.

Wo eigenständiges Denken verhindert wird,

bleiben auch Innovationen auf der Strecke.

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Innovationsland Deutschland SEITE 15

Wie bewerten Sie als Wissen-schaft ler die Rahmenbedingun-gen in Berlin für Innovationen im Bereich Photovoltaik?

Berlin hat sich als Innovations-standort für die Solarbranche her vorragend positioniert. Wir sitzen mit dem PVcomB im Tech-nologiepark Adlershof und finden dort ein ideales Umfeld vor. Hier sind viele etablierte Firmen sowie

Hochschul-Ausgründungen angesiedelt, mit de nen wir kooperieren. Dieses Umfeld suchen aber ebenso Firmen aus anderen Regionen, so haben wir auch überregional und international interessante Kooperationsmöglichkeiten.

Welche Form von Kooperationen brauchen Sie um inno-vativ sein zu können?

Wenn man sich wie wir mit angewandten Wissen-schaften beschäftigt, ist die Nähe zu Unternehmen wichtig. In Berlin sind Produzenten von Solarmodulen, Anlagen-hersteller und Ingenieurbüros ansässig, aber auch Firmen, die sich mit der Prozesskontrolle beschäftigen. Kurze Wege

zu diesen Partnern helfen uns sehr, weil die Gesamtsys-teme immer wichtiger werden.

Welche Innovationen werden derzeit in Berlin vorange-trieben?

Solarenergie ist im Vergleich zu anderen Energiearten noch zu teuer. Wir forschen also an Möglichkeiten zur Kostensenkung. Materialeinsparungen, höhere Wirkungs-grade, größere Produktionsvolumina, weniger fehleran-fällige Produktionsverfahren – die Zahl der Stellschrauben ist groß und die Möglichkeiten sind in allen Bereichen bei weitem noch nicht ausgereizt. In fünf bis zehn Jahren wird Solarstrom europaweit ohne Subventionen wettbewerbs-fähig sein – nicht nur wie jetzt schon in Südeuropa.

Was genau machen Sie im PVcomB? Wir beschäftigen uns mit Dünnschicht-Solarmodulher-

stellung. Um es ganz einfach zu erklären: Glasplatten oder Folien werden unter anderem mit Silizium oder Kupfer- Indium-Gallium-Selen beschichtet. Das Material und die Methoden sind aber nicht ganz billig. Je dünner und effi-zienter die Schichten sind, desto günstiger ist am Ende der Solarstrom.

Wie bewerten Sie Standortmarketing und Ansiedlungser-folge in Berlin, zum Beispiel durch die Wirtschaftsförde-rungsgesellschaft Berlin Partner?

Da wird gute Arbeit gemacht und das ist wichtig für die Ansiedlung von Unternehmen aus der Solarbranche, die anfangs ja oft relativ klein sind. Diese Firmen brauchen Hilfe bei der Investitionsförderung, Kontaktanbahnung und vor allem Beistand im Umgang mit der Bürokratie. Für den Innovationsstandort geht es übrigens nicht unbe-dingt darum, nur große Unternehmen anzusiedeln. Welt-weit sind es derzeit im Moment eher die jungen Unterneh-men, die die wichtigsten Erfindungen hervorbringen.

Sind Sie an einem Solar-Cluster oder an einem Clean-Tech-Cluster im weiteren Sinne interessiert?

Letzteres wird immer wichtiger. Als der Beitrag der Solarenergie an der gesamten Stromversorgung kaum wahr-nehmbar war, war das vielleicht anders. Aber heute kann an einem sehr sonnigen Tag in Deutschland schon 15 Pro-zent des Stroms aus Solaranlagen kommen und deshalb muss das gesamte System betrachtet werden. Der Solar-strom muss ja auch übertragen und unter Umständen ge-speichert werden.

»Berlin hat sich hervorragend positioniert«

— Experteninterview PVCOMB —

Rutger Schlatmann ist Direktor im PVcomB, dem Kompetenzzentrum Dünnschicht- und Nanotechnologie für Photovoltaik, das zum Helmholtz-Zentrum Berlin gehört.

Seiner Ansicht nach hat sich Berlin als Innovationsstandort für die Solarindustrie fest etabliert.

DR. RUTGER SCHLATMANN Direktor PVcomB

www.rena.com

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innovaTion Konsequente innovation macht uns heute zum Weltmarktführer für nassprozess-equipment in der Photovoltaik. Unsere einzigartige innova-tionskultur ist die Basis für die auszeichnung zum „innovator des Jahres 2010“.

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Page 16: Innovationsland Deutschland

Wie bekommt man die Dritte Dimension am besten in das heimische Wohnzimmer? Das war eines der be-stimmenden Themen auf der IFA 2010, der weltgrößten Messe für Consumer Electronics und Kitchen Appli-ances. Vor allem bei den Produkt-Innovationen rund um 3D-TV waren auch deutsche Unternehmen mit Neu-heiten stark vertreten.

Grundig, vor 65 Jahren gegründet von dem Radio-händler Max Grundig, feierte sein Markenjubiläum mit einem neuen Beitrag zu dem Heim-Kino-Erlebnisboom: dem Fine Arts 3D LED 55 S. Dieses 55-Zoll-Modell aus seiner Premium Serie Fine Arts verfügt neben einem CI-Plus-Slot, vier HDMI-Anschlüssen und einem DVB-S-Tuner für den digitalen Satellitenempfang über USB-Recording. Damit können Sendungen auf einen USB-Stick oder eine externe Festplatte aufgezeichnet und von dort wiedergegeben werden. Die 220 Hertz-Technologie und volle High Definition Auflösung (1080 p) sorgen für bewe-gungsscharfe Bilder im Großformat. Außen ist er schlicht und elegant gehalten – in Alu-Natur oder Alu-Schwarz samt drehbarem, gläsernem Standfuß – innen mit einer ver ein-fachten Benutzerführung und selbst erklärenden Menü-struktur ergänzt.

Neben 3D und High Definition spielte im Home-Enter tainment-Seg-ment auch Hybrid-Fernsehen, also die Vernetzung von Fernsehen und Internet, eine große Rolle. Auch hier war Bedienungskomfort eines der ge-fragten Topics, bei dem etwa die High-End-Geräte von Loewe punk-ten konnten. Über seine Fernbedie-nung kann der Zuschauer online auf das Web-Portal ge-hen und sich Internetinhalte unabhängig vom PC anschauen. Das Bildschirmmenü ist so gestaltet worden, dass man schnell und einfach navigieren kann in der Aus-wahl an Internetseiten, die für große TV-Flachbild-schirme optimiert sind.

Hybrid-Fernseher und eBook-Reader sind der Hit Für ungestörte akustische Unterhaltung sorgten die neu-en Bluetooth-Kopfhörer PXC 360 BT und das Headset MM 55 Travel von Sennheiser. Die NoiseGard 2.0-Funk-

tion reduziert den Geräuschpegel, egal ob man am Arbeits-platz in Ruhe telefonieren oder sich zuhause einem Hör-spiel widmen will. Für vollen Klang sorgt dabei die Sennheiser Akustik und die Surround-Technologie.

Doch nicht nur für zuhause, auch für unterwegs wurde medial aufgerüstet. Für mobile Leseratten hat Medion sei-nen ersten eBook-Reader entwickelt. Auf dem 6-Zoll-Touchdisplay mit E-Ink-Technologie kann man auch noch am Strand bei direkter Sonneneinstrahlung seinen Lieblingskrimi zu Ende lesen. Mit genügend Lesestoff für den gesamten Urlaub versorgt einen das Gerät über einen WLAN-Internetzugang und eine MP3-Wiedergabe.

Neue Waschmaschinen dosieren automatischIn dem Bereich der Elektrohausgeräteindustrie versuch ten sich die Unternehmen bei den neuen Entwicklungs trends vor allem in folgenden Kategorien zu übertreffen: Ökolo-gisch und ressourcensparend sowie benut zer freundlich. Auf dem Waschmaschinenmarkt fand sich dieser Brachen-trend vor allem in einem intelligenten Dosiersystem wie-der. Die neuen Logixx-8-Geräte von Bosch messen mit iDOS automatisch anhand der Wasserhärte und des Ver-

schmutzungsgrades sowie des ge-wählten Waschprogramms die erfor-derliche Menge an Flüssigwaschmittel ab. Damit wird nicht nur Wasch-mittel gespart, sondern auch zusätz-liches Spülen bei Überdosierung verhindert, insofern wird auch der Wasserverbrauch reduziert. Genau-so funktioniert auch das Dosiersys-tem bei der W 5967 WPS AutoDos

von Miele, bei der nach Herstellerangaben die Waschmit-telmenge um bis zu 30 Prozent verringert werden kann.

Dieser Waschautomat und der W 5000 WPS Supertronic sind außerdem neben dem TrocknerT 8000 WP Super-tronicTrommel die ersten Smart-Grid-fähigen Haushalts-geräte. Mit einem zusätzlichen Kommunikationstool kön-nen die Geräte Daten über das Stromnetz austauschen und sich erst dann einschalten, wenn der Stromtarif günstig ist.

Die deutschen Stromversorger sind ab Anfang nächs-ten Jahres verpflichtet, unterschiedliche Stromtarife je nach Schwankung der regenerativen Energien anzubieten.

Der Benutzer wählt ein Zeitfenster für den Waschvor-gang über das Display aus, und das Gerät gleicht die Da-ten mit dem Miele Gateway ab, auf dem die Stromtarife der Energieversorger hinterlegt sein sollen. Zum Zeit-punkt des günstigsten Tarifes startet die Waschmaschine ihr Programm automatisch.

Siemens machte mit zwei kleineren Geräten von sich reden, die dank 3.000 Watt aber zu den stärksten am Bügel eisenmarkt zählen: Die Dampfbügelstation TS 20 Extrem und das Motorsteambügeleisen TS 11 Extrem erleichtern das Bügeln mit einem speziellen Tiefendampf: Mit einem maximalen Dampfstoß von bis zu 200 Gramm pro Minute sollen damit Knitterfalten auch in besonders dicken, festen oder schweren Textilien schnell und einfach geglättet werden. Die drei Zonen der Titanium-glissée Bügelsohle befeuchten das Gewebe anfangs vor, befeuch-ten es in der Mitte intensiv, um es dann am Ende zu trock-nen und zu glätten. Alt backen wirkt der ganz in Schwarz gehaltene Korpus jedenfalls nicht.

Vom Fenstersauger bis zum Video-Babyphone Doch auch jenseits der Weißen Ware gab es technische Ent-wicklungen, die die Haushaltarbeit erleichtern soll: So prä-sentierte Kärcher den Fenstersauger WV 75 plus, mit dem der Balanceakt auf der Leiter mit Eimer in der einen Hand und Wischtuch in der anderen der Vergangenheit angehört. Zuerst wird der hartnäckige Schmutz mit Reinigungsmittel besprüht und nach kurzem Einwirken weggewischt. Dann zieht man die Fläche mit dem Sauger ab. Das erspart so-wohl, dass das Schmutzwasser in die Ärmel läuft, als auch dass es Streifen oder Flecken auf den Fens ter hinterlässt. Das Gewicht von 700 Gramm toppt jeden Eimer voll Wasser, und der Lithium-Ionen-Akku hält je 20 Minuten.

Für Eltern interessant: das VideoBabyphone von Beurer. Die Übertragung von Ton und Bild funktioniert auch im abgedunkelten Kinderzimmer dank der Infrarot-Nacht-sichtfunktion. Die um 360 Grad schwenkbare Kamera ist in einem magnetischen Standfuß eingefasst und schickt die Bilder des schlummernden Kindes bis zu einer Reich-weite von 30 Metern in der Wohnung durch Mauern und Türen und sonst bis zu 150 Meter. Das JBY 100 ist mit Janosch-Motiven dekoriert und einem Nachtlicht in Stern-chenform ausgestattet.

Elektrogeräte aus Deutschland setzen auf sparsame und intelligente Technologien

Highlights für das Heim

von KARLA JAHN / Redaktion

Vor allem bei Innovationen rund um

3D-Fernsehen sind deutsche Unternehmen

stark vertreten.

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Innovationsland Deutschland SEITE 17

Wir kennen es aus dem Zug: Menschen, die auf den Bildschirm ihres Notebooks starren und sich eine DVD anschauen. Wirklich bequem sieht das nicht aus. Den Film auf dem Display des Smartphones zu gucken, ist auch keine Alternative. Was also tun?

Die Antwort liefert Carl Zeiss mit dem cinemizer Plus. Er ist die Lösung für alle, die unterwegs ohne Nackenstar-re und in guter Qualität einen Film genießen möchten. Kernstück ist eine Videobrille, die vor jedem Auge einen kleinen Monitor in Stellung bringt. Die Monitore projizie-ren das eingespeiste Bild auf einen »virtuellen« Bildschirm von 45 Zoll Größe in zwei Metern Entfernung; eine sehr entspannte Entfernung für das menschliche Auge. Kino pur – und das bei völliger Bewegungsfreiheit.

»Der cinemizer Plus löst ein Grundproblem bei mo-bilem Video«, sagt Andreas Klavehn, zuständig für Sales und Marketing von Multimediageräten bei Carl Zeiss. »Die Abspielgeräte – wie zum Beispiel iPhone oder iPod – sind zwar klein und handlich, warten aber nur mit ver-hältnismäßig kleinen Displays auf. Der cinemizer Plus macht die Inhalte wieder groß – ohne selbst viel Platz zu brauchen.«

Eine echte Konkurrenz ist zurzeit nicht in Sicht. Das könnte auch noch eine Weile so bleiben. Denn eine wei-tere Eigenschaft rückt den cinemizer Plus erst wirklich ins Rampenlicht. Er kann nämlich auch 3D. Die Entwickler von Carl Zeiss haben das Gerät zu einer Zeit auf den Markt

gebracht, in der alles nur noch von 3D-Fernsehen, 3D-Kino und 3D-Spielen spricht.

Viele dieser Systeme sind aber proprietär und kost-spielig, das heißt, zum teuren 3D-fähigen Fernseher muss auch die teure, herstellerspezifische 3D-Brille erworben werden. Der verhältnismäßig günstige cinemizer Plus wird da zur consumerfreundlichen Alternative. Denn auch wenn er ursprünglich vor allem auf die Geräte von Apple abgestimmt war – zum cinemizer Plus gehört auch eine Dockingstation für den iPod – so lässt er sich auch an andere Videoquellen anschließen.

»Wir kommen mit dem cinemizer Plus genau richtig, um den 3D-Markt zu bedienen. Angebote wie beispiels-weise das 3D-Entertain-Angebot von T-Home liefern die Inhalte. An deren Settop-Boxen kann der cinemizer Plus über ein optional erhältliches Composite-Kabel angeschlos-sen werden«, beschreibt Klavehn die schöne neue 3D-Welt. Abgesehen vom Fernsehen könnte die smarte Brille auch 3D-Computerspielen endlich zum Durchbruch verhelfen. Wenig überraschend wird der cinemizer Plus von der Fach-welt denn auch nur noch als »3D-Brille« bezeichnet.

Jene Fachwelt ist im Übrigen höchst angetan. Eine er-ste, beobachtende Markteinführung löste Begeisterung im Handel aus. Schließlich, so Klavehn in aller Bescheidenheit: »Der cinemizer Plus bietet 3D im Alltag für circa 300 Euro – also ohne hohe Kosten oder technische Spielereien. Damit haben wir eine ganz neue Produktkategorie geschaffen.«

Echter Kinogenuss für unterwegs— Unternehmensbeitrag CARL ZEISS —

Unterwegs und daheim Filme im Großformat und sogar in 3D genießen – ohne sperriges und teures Equipment? Möglich macht es der cinemizer Plus von Carl Zeiss.

Der 3D-Fernseher im Handgepäck: Videobrille cinemizer von Carl Zeiss

Das persönliche 3D-Kino über den Wolken

Die kleinen Kügelchen kennt man bislang hauptsäch-lich von neuen Textilien, denen sie in kleinen Tütchen beigelegt sind. Denn das Silikatmineral kann Feuchtig-keit speichern und Wärme abgeben. Genau diesen Effekt haben die Entwicklungsingenieure der BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH (BSH) genutzt und die »sie-denden Steinchen«, wie Zeolith übersetzt heißt, erstmals in einem Geschirrspüler eingesetzt. Mit enormer Wirkung: Geräte mit dem Zeolith®-Trocknungssystem brauchen bis zu 30 Prozent weniger Strom als herkömmliche Geräte und sind damit die Energiesparweltmeister unter den Ge-schirrspülern.

»Die Schwierigkeit bestand vor allem darin, das Zeolith in einen Geschirrspüler zu integrieren ohne den Platz für das Geschirr zu reduzieren«, erklärt Michael Rosenbauer, BSH-Chefentwickler im bayerischen Dillingen an der Donau. Die Lösung: ein spezieller Behälter mit rund einem Kilogramm der kleinen weißen Kügelchen befindet sich in der Bodenwanne. Obendrüber im Innenraum ist weiterhin Platz für 14 Maßgedecke. Am Ende des Spül-gangs wird das Wasser in den Behälter geleitet und dort vom Zeolith gespeichert. Die dabei entstehende heiße und trockene Luft wird anschließend in den Spülraum gebla-sen und trocknet das Geschirr. So gut, dass erstmals auch auf Kunststoffgeschirr keine Tropfen mehr bleiben. »Mit dem Zeolith®-Trocknungssystem haben wir einen Meilen-stein bei der Energieeffizienz unserer Geräte gesetzt«,

sagt Ulf Engelbrecht, der bei der BSH für die Vermark-tung der innovativen Geschirrspüler zuständig ist. »In den vergangenen 20 Jahren konnten wir den Stromverbrauch unserer Geräte halbieren. Ein Zeolith-Spüler der neuesten Generation braucht nur noch 0,73 Kilowattstunden Strom. Das ist weltweit Spitze und rechnet sich doppelt: für den Geldbeutel der Verbraucher und die Umwelt.«

Nutzen für Klima und GeldbeutelDas innovative Trocknungssystem haben die BSH-

Ingenieure gemeinsam mit den Experten vom Bayerischen Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE) ent-wickelt und anschließend zur Serienreife gebracht. Mitt-lerweile werden die sparsamen Geschirrspüler weltweit von den BSH-Marken Bosch, Siemens, Gaggenau und Neff verkauft. Wie viel die modernen Geschirrspüler zum Kli-maschutz und zur Verbesserung der Energieeffizienz bei-tragen können, zeigt folgende Rechnung: Würden alle in den Haushalten befindlichen Geschirrspüler, die älter als zehn Jahre sind und mehr als 1,3 kWh Strom pro Spülgang brauchen, durch Geräte mit Zeolith®-Trocknungssystem der neuesten Generation ersetzt, könnten allein in Deutsch-land jedes Jahr über 1,3 Millionen Tonnen CO

2 eingespart

werden. Das entspricht dem Ausstoß von circa 660000 Pkw mit einer jährlichen Fahrleistung von rund 15 000 Kilometern. Das überzeugte auch den Bundesumwelt-minister. Im Februar verlieh Norbert Röttgen der BSH

den Innovationspreis für Klima und Umwelt und zeich-nete das Zeolith®-Trocknungssystem als »deutsche Inno-vation aus, die zum Klima- und Umweltschutz beiträgt«.

Kleine Kugel – große Wirkung— Unternehmensbeitrag BSH —

Das Mineral Zeolith macht Geschirrspüler zu Energiesparweltmeistern.

Geschirrspüler mit Zeolith brauchen bis zu 30 Prozent weniger Strom

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Innovative Gebäudetechnik aus Deutschland hilft beim Klimaschutz

Grüne Stadt

von AXEL NOVAK / Redaktion

Chinas Energiehunger ist schier unersättlich. »Es muss darum gehen, die Infrastruktur ganzer Städte auf die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Umwelt abzustim-men – vor allem für die neu entstehenden Städte, die China für die 13 Millionen Menschen, die pro Jahr vom Land in die Stadt ziehen, derzeit hochzieht«, sagt Dr. Meng Fan-chen, General Manager des deutschen Siemens-Konzerns in Schanghai. Sein Unternehmen erarbeitet zusammen mit chinesischen Wissenschaftlern so genannte Eco-City-Modelle, um solche Instant-Städte von vornherein so nachhaltig wie möglich zu gestalten. Wichtige Aspekte sind die nachhaltige Energieversorgung und moderne Gebäu-detechnik.

Doch für eine nachhaltige Energieversorgung braucht man nicht nur effiziente Strom-Lieferanten. Auch der Verbrauch bestehender Einrichtungen muss gesenkt wer-den. Dies gilt zum Beispiel für Schanghais ältere Gebäude in Yangpu, einem ehemaligen Industrieviertel, in dem sich heute die Universität befindet. Um Yangpus Energie-verbrauch zu senken, hat Siemens mit der Distrikt-Verwal-tung eine strategische Partnerschaft beschlossen. Moderne Gebäudetechnologien sollen den Energieverbrauch des

Verwaltungssitzes und später des Bürokomplexes Yangpu Commercial Center um 16 Prozent verringern, anschlie-ßend werden weitere Gebäude saniert. Für die Stadtver-waltung ein lohnendes Geschäft: Sie senkt den CO

2-Aus-

stoß und zahlt gleichzeitig die Raten der Sanierung mit den eingesparten Energiekosten.

Die Technik für energieeffizientes Wohnen gibt es längst. Doch auch in Deutschland ist sie längst noch nicht überall angekommen. »Wir verbrauchen immer noch rund 40 Prozent unserer Energie im Gebäudesektor, da müs-sen wir runter«, sagt Bundesbauminister Peter Ramsauer. Rund 18 Millionen Wohngebäude und 1,5 Millionen Nichtwohngebäude sollen nun bis 2050 klimaneutral werden. Allerdings kostet ein Heiz- und Dämmkonzept für ein Null-Energie-Haus bis zu 70.000 Euro, so der Verband Haus & Grund. Technik ergänzt die Sanierung. Blockheizkraftwerke für 10.000 bis 30.000 Euro zum Beispiel gewinnen Wärme und Strom. Photovoltaik soll bis 2050 rund 25 Prozent des deutschen Stromverbrauchs erzeugen. Solarthermie, also solare Warmwasserberei-tung soll dann 30 Prozent des deutschen Wärmebedarfs decken.

Auch viele Firmen setzen mittlerweile auf grüne Technik. Zum Beispiel die Deutsche Bank. Ihre Doppel-türme in Frankfurt am Main werden derzeit renoviert. Rund 200 Millionen Euro investiert die Bank, um die Konzernzentrale mit modernster Technik in ein »Green Building« umzuwandeln. Mehr als 50 Prozent des Warm-wasserbedarfs wird in Zukunft solarthermisch erzeugt. Energieverbrauch und CO

2-Ausstoß des Gebäudes sollen

um mindestens 50 Prozent sinken. Mit teils verblüffend einfachen Mitteln, die allerdings in Chinas luftver-schmutzten Städten kaum zu empfehlen sind: Künftig dürfen Mitarbeiter die Fenster öffnen. Das spart Strom im Belüftungssystem.

Die Arbeitslosigkeit sinkt überproportional. Warum?

Das deutsche Jobwunder

von CHRISTINA JÄGER / Redaktion

Europa quält sich mit hohen Arbeitslosenquoten, die seit der Krise des vergangenen Jahres nur langsam sinken. Fast jeder fünfte Spanier ist ohne Job, die Jugendarbeitslo-sigkeit lag zeitweise bei über 40 Prozent. Nur Deutsch-land steht besser da: Binnen zwölf Monaten sank die Ar-beitslosigkeit hier bis August um 280.000 Personen auf 7,6 Prozent, während zugleich die Zahl der sozialversiche-rungspflichtig Beschäftigten auf 40,35 Millionen Men-schen anstieg. Für Bundeswirtschaftsminister Rainer Brü-derle ein »kleines Jobwunder«. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen stimmt zu: »Dass wir bei der Beschäfti-gung auf diesem guten Niveau aus dem Tal kommen, hät-te vor einem Jahr niemand geglaubt.«

Wie lässt sich die Entwicklung erklären? Im Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürn-berg fiel den Forschern auf: »Wir haben nicht nur im in-

ternationalen, sondern auch im historischen Vergleich eine sehr gute Entwicklung aufzuweisen. Das ist einzigar-tig«, sagt Sabine Klinger, Leiterin des Arbeitsmarktteams. Was also zeichnet Deutschland aus, das neu und nirgend-wo sonst vorhanden ist? »Die Hartz-Reformen! Sie haben den Arbeitsmarkt aufgelockert und für eine moderatere Lohnentwicklung gesorgt.« Arbeitslose waren eher be-reit, Stellen unterhalb ihrer eigentlichen Qualifikation an-zunehmen. Zudem hätten die Unternehmen in den Boomjahren, die der Krise voraus gingen, ihre Produkti-vitätszuwächse nicht vollständig in höhere Löhne umge-setzt. Dadurch hatten sie beim Einbruch der Nachfrage Reserven, mit denen sie Beschäftigte halten und bald neue Jobs schaffen konnten.

Der Haken an dieser Entwicklung für die Gesellschaft: der Anteil des Niedriglohnsektors nimmt zu, damit klafft auch die Armutsschere weiter auseinander. Und in der Mittelschicht breitet sich die Angst vor dem Abstieg aus.

Daran kann auch die Flexibilisierung von Arbeitszeit nichts ändern, die einen weiteren Faktor darstellt, der für das deutsche Jobwunder verantwortlich ist. Rechtzeitig vor der Krise wurde in vielen Betrieben vereinbart, je

nach Bedarf mal mehr und mal weniger zu arbeiten. Un-terstützt wurde diese Entwicklung durch die von der Bundesregierung subventionierte Kurzarbeit.

In geringerem Maße wirkt sich die demographische Entwicklung aus, nach Einschätzung des IAB vorwie-gend im Osten Deutschlands. Da es immer weniger Er-werbsfähige gibt, sinkt in der Folge die Arbeitslosigkeit. Schon kursiert die These, dass der Bevölkerungsschwund letztlich zu Vollbeschäftigung führen kann. Bis dahin müssen die Unternehmen aber weiter umdenken und die Potenziale älterer Arbeitnehmer besser schätzen. Zwar gibt es bereits Firmen, die gezielt Ältere – speziell frühere Mitarbeiter – einstellen. Der Vorteil: sie bringen einen Er-fahrungsschatz mit, lange Einarbeitungszeiten entfallen. Der Spruch »Junge laufen schneller, aber Alte kennen die Abkürzungen« gilt auch für den Technologiekonzern Bosch. Dort sind rund 900 Ruheständler zwischen 60 und 75 Jahren in einer Tochtergesellschaft registriert, um bei Bedarf für mehrere Wochen oder Monate einzuspringen. Eine Innovation, die für das Unternehmen günstiger ist als das Anwerben von Aushilfen. Doch noch zählt Bosch damit zu einer Minderheit.

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Ein Hoch auf den Mittelstand!

Die familiengeführten Unternehmen beweisen ihre Stärke in der Krise

von OLIVER SCHONSCHEK / Redaktion

So unterschiedlich Bäcker Thonke und die HMP Mag-deburger Prüfgerätebau GmbH auch in ihrem Leistungs-spektrum sind, sie haben vieles gemeinsam: Beide Unter-nehmen gehören zu den Finalisten 2010 im Großen Preis des Mittelstandes der Oskar-Patzelt-Stiftung, und beide haben trotz Wirtschaftskrise ihr Geschäft weiter ausge-baut. Das 1926 gegründete Bäckerei-Filialunternehmen Thonke schafft und sichert mehr als 200 Arbeitsplätze in einer strukturschwachen Region und eröffnet weitere Fi-lialen. Die HMP Magdeburger Prüfgerätebau GmbH verzeichnete 2009 trotz Krise sogar das beste Betriebser-gebnis seit der Firmengründung in 1991. Doch diese bei-den Finalisten des Großen Preises des Mittelstandes haben

noch mehr gemeinsam: Sie sind familiengeführt. Das ist einerseits nicht überraschend. Nach Berechnungen des In-stituts für Mittelstandsforschung Bonn sind über 95 Pro-zent aller deutschen Unternehmen Familienunterneh-men. Trotzdem sind familiengeführte Unternehmen kein Unternehmen wie jedes andere. So sind Familienunter-nehmen geprägt durch Entscheidungen, die auf Nachhal-tigkeit setzen, sollen sie doch auch für nachfolgende Ge-nerationen positive Auswirkungen zeigen. Wo Eigentum und Risiko in einer Hand liegen, werden mögliche Konse-quenzen genauer hinterfragt. So kommt es auch, dass fa-miliengeführten Unternehmen der Erhalt des Betriebs in aller Regel wichtiger ist als ein kurzfristiges Gewinnstre-

ben. Aber auch die Art der Unternehmensführung unter-scheidet sich von anderen Unternehmen, wenn Familien-angehörige mindestens 50 Prozent der Anteile eines Unternehmens halten und selbst in der Geschäftsführung aktiv sind. So sind die Hierarchien in familiengeführten Unternehmen eher flach, Entscheidungswege kurz und schnell. Zudem werden Betrieb und Mitarbeiter oftmals sogar als Teil der Familie betrachtet. Dementsprechend eng sind die Mitarbeiterbindung und die Verwurzelung an Standort und Region. Gleichzeitig herrscht in vielen Familienunternehmen ein Vertrauensverhältnis zwischen Geschäftsführung und Beschäftigten.

Der Erfolg von Bäcker Thonke und HMP Magdebur-ger Prüfgerätebau trotz der Wirtschaftskrise bleibt be-merkenswert und erscheint trotzdem erklärbar. Wo Fle-xibilität, Nachhaltigkeit und Vertrauen zusammen kommen, kann sich eine Krisensituation nicht so stark auswirken, als wenn starre Strukturen, überzogene Kon-trollen und schnelles Gewinnstreben das Manövrieren eines Unternehmens in stürmischer See zu einem fast aus-sichtslosen Unterfangen macht.

Selbst wenn 90 Prozent der Familien- und anderen Mittelstandsunternehmen laut Mittelstandsbarometer 2010 von Ernst & Young mit der aktuellen Geschäftslage zufrieden sind und die Creditreform-Analyse »Bonität deutscher Unternehmen, Jahr 2010« den Mittelstand als Stabilitätsanker während der Krise bezeichnet – Famili-enunternehmen treffen in Deutschland auf kein ideales Geschäftsklima. So zeigte der Länderindex Familienun-ternehmen im Sommer 2010, dass der Standort Deutsch-land nur auf Platz elf von 18 der untersuchten OECD-Länder liegt. Untersucht wurden von der Stiftung Familienunternehmen vor allem die Faktoren Steuern, Arbeitskosten, Produktivität und Humankapital, Regu-lierung, Finanzierung sowie Öffentliche Infrastruktur. Gerade im Bereich Steuern und Regulierung sieht die Studie deutlichen Nachholbedarf in Deutschland. Es gibt also für die Wirtschaftspolitik noch einiges zu tun, damit mehr Unternehmen dem Vorbild der Finalisten des Groß-en Preises im Mittelstand folgen können.

Schneller zur richtigen Entscheidung, und das bei ge-ringerem Risiko? Viele Unternehmen halten das für eine Utopie. Die globalisierte Warenwelt dreht sich immer ra-scher. Immer kürzere Produktlebenszyklen und exponen-tielle Datenfluten stressen die Menschen. Der Rückzug zur Bauchentscheidung erscheint da vielen eine logische Konsequenz.

Dabei kennt die Wissenschaft Lösungen, die auch komplexeste Entscheidungen auf ein solides Fundament stellen. Den Weg in die Wirtschaft haben die innovativen Lösungen jedoch bislang nicht gefunden. Höchste Zeit zum Umdenken, mahnt Dr. Oliver Scheel, Partner bei der Strategieberatung A.T. Kearney. »Wer heute seine Profi-tabilität signifikant steigern will, dem bleiben nur noch wenige Methoden«, sagt Scheel. »Eine davon ist wertket-tenübergreifende Komplexitätsoptimierung unterstützt durch moderne Simulations- und Optimierungswerkzeuge und systematisches Veränderungsmanagement«.

Schon heute schmälert das Festhalten an gewohnten Prozessen die Profitabilität vieler Unternehmen drama-tisch: Laut A.T. Kearney herrscht in drei von vier Unter-nehmen ein ineffektives Komplexitätsmanagement ge-

paart mit fehlender Transparenz über die Wertkette. Oft plant jeder Bereich für sich, füllt Informationslücken mit Intuition und übersieht funktionsübergreifende Optimie-rungschancen. So verschenken die Firmen den Beratern zufolge drei bis fünf Prozentpunkte zusätzlicher Rendite. Allein bei den DAX-Konzernen schlummere ein unge-nutztes EBIT-Potenzial von mehr als 30 Milliarden Euro.

»Wir leben in einem Epochenbruch. Gewinner von Morgen brauchen daher eine neue Sichtweise, ein ganzheit-liches Management«, sagt Dr. Thomas Arzt, Geschäfts-führer der auf Simulation spezialisierten SAT AG. Die beiden Berater haben ein innovatives Konzept aus kom-binierter Sach- und Psycho-Logik gestrickt. Der Grund-stock besteht aus drei Simulations-Ansätzen. Durch deren maßgeschneiderte Kombination kann Arzt zufolge nahe zu jedes Unternehmen all seine Ressourcen, Kunden, Ziele und Markt-Abhängigkeiten auf dem Laptop abbilden und optimieren.

Wertketten-übergreifende Transparenz in Verbindung mit Optimierungsalgorithmen ist die Voraussetzung, um systematisch und nachhaltig zwischen »Silos« versteckte Einspar- und Innovationspotentiale in Unternehmen zu

entdecken. Echte Erfolge zeigen sich aber nur, wenn die Werkzeuge nicht Selbstzweck, sondern als notwendige Bereicherung für die Entscheidungsfindung genutzt werden. »Die psychologischen Komponenten sind nicht zu unterschätzen«, warnt A.T. Kearney Partner Scheel. »Begeisterung wecken«, heiße daher die Erfolgsformel. Soll der neue Managementansatz tatsächlich vor teuren Fehlentscheidungen und Flops z.B. bei Innovations- oder globalen Infrastrukturentscheidungen schützen, müssen die Unternehmensleiter den Fortschritt offen annehmen.

Profitables Wachstum durch Komplexitätsoptimierung

— Unternehmensbeitrag A.T. KEARNEY & SAT AG —

Ein völlig neuer Managementansatz macht die zunehmende Komplexität beherrschbar, ermöglicht eine neuartige Unternehmenssteuerung und gezieltes profitables Wachstum

DR. OLIVER SCHEELPartner A.T. Kearney

DR. THOMAS ARZTVorstand SAT AG

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Eine einzigartige Leistungsschau bietet die Standortinitiative »Deutschland – Land der Ideen« in Kooperation mit der Deutschen

Bank. Jeden Tag des Jahres wird eine bahnbrechende Neuheit »Made in Germany« vorgestellt. Wir zeigen im Folgenden eine

kleine Auswahl aus dem Jahr 2010. Sie gibt einen Eindruck davon, wie sehr Deutschland vor Ideen sprüht.

Land der Ideen

von JÜRGEN W. HEIDTMANN / Redaktion

GLÄSERNES ERDREICH

Jedes Jahr entstehen bei Tiefbauarbeiten Schäden an unterirdischen Leitungen in Höhe von mehreren Millionen Euro, da die Leistungssysteme gar nicht oder nur mangel-haft dokumentiert sind. Das Ortungssystem Detectino kann den Boden mit Hilfe von Bodenradarantennen und Verfahren der Elektromagnetik bis zu einer Tiefe von vier Me-tern durchleuchten. Grafisch dargestellt ist erkennbar, welche Leitungen wo liegen und aus welchem Material sie bestehen. „Allein für die Telekom entsteht jedes Jahr ein Scha-den in Höhe von 450 Millionen Euro - allein einer einzigen Firma. Dieses Gerät kann in Zukunft einen Großteil der Schäden vermeiden”, so der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring in seiner Rede anlässlich der Auszeichnung. www.detectino.de

PREISVERGLEICH MIT DEM HANDY

Ein Bummel durch die Stadt, ein Blick ins Schaufenster – da steht er, der heiß ersehnte Laptop. Doch ist er wirklich so preiswert und energiesparend wie der Verkäufer be-hauptet? Oder gibt es günstigere Angebote? Unabhängige Informationen zum Verglei-chen sind im Geschäft schwer zu bekommen. Die Firma barcoo bietet einen Barcodescan-ner fürs Handy an. So kann der Verbraucher vor Ort schnell Produktbewertungen einholen. Wenn der Nutzer den Barcode des gewählten Produktes einliest, erhält er einen Preisvergleich, der lokale Händler einbezieht. Auch Testberichte der Stiftung Warentest und von über 400 weiteren Fachmagazinen bietet das Programm. www.barcoo.de

THERMOSKANNE VON MORGEN

Viel zu kurz haben Speisen und Getränke die perfekte Temperatur für den optimalen Genuss. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik haben ein Material entwickelt, das immer für die richtige Wärme beziehungsweise Kälte von Speis und Trank sorgt. Die Wissenschaftler haben dafür Hightech aus der Baustoff- und Textilindustrie genutzt. Die sogenannten Phasenwechselmaterialien – kurz PCM – dienen bereits beim Hausbau bei-spielsweise als Wärme- und Kältedämmungen. Der Einsatz bei Geschirr ist nun ein be-sonderer Clou der Wissenschaftler: PCM-Tassen oder -Teller können die Temperatur der Nahrung aufnehmen, diese über einen längeren Zeitraum verlustarm speichern und schließlich bei Bedarf wieder abgeben. www.ibp.fraunhofer.de

NUTZBARER KLIMAKILLER

Kohlendioxid ist Klimakiller Nummer eins. Dem Unternehmen egm-international ist die Entwicklung eines Verfahrens gelungen, bei dem CO

2 der Atmosphäre entzogen und

obendrein nutzbar gemacht werden kann. Mit der Energie von Wasserwirbeln werden Kräfte freigesetzt, die es erlauben, flüchtige Stoffe in Wasser einzulagern und zu binden. So wurde Autoabgasen das Kohlendioxid vollständig entzogen, welches sich als öliger Film auf der Wasseroberfläche wieder fand. In weiterer Folge lassen sich mithilfe des Wandlers in Zukunft Kohlenwasserstoff-Verbindungen gewinnen, Öle strecken oder so-gar Düngerflüssigkeiten herstellen. Die Umwandlung des Klimakillers bringt sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Vorteile. www.egm-international.com

SILIZIUM AUS DER MIKROWELLE

Quarzsand und Holzkohle im Mikrowellenofen – heraus kommt das begehrte Mate-rial Silizium, das für die Herstellung von Solarzellen gebraucht wird. Dieses Verfahren hat der 22-jährige Student Jan-Philipp Mai entwickelt. Es spart im Vergleich zur her-kömmlichen Produktion des Materials rund 30 Prozent der Energie ein und hat somit das Potenzial, den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben. Bisher war eine ener-gieaufwändige und teure chemische Reinigung nötig, um hochreines Granulat zu erhal-ten. Bei dem Mikrowellen-Verfahren entsteht „schmutziges“ Silizium, das sich aber auch für Solarzellen verwenden lässt. Der Student hat sich das Verfahren patentieren lassen. www.smart-silicon.de

SPARSAMER OZEANRIESE

Seit 2009 bauen die Papenburger Mitarbeiter der Meyer Werft am energieeffizientesten Kreuzfahrtschiff der Welt. Die Celebrity Eclipse verbraucht 30 Prozent weniger Energie als vergleichbare Passagierschiffe. Möglich wird diese Einsparung durch eine spezielle Konstruktion des Rumpfes, die für einen geringen Wasserwiderstand sorgt. Eine Photo-voltaikanlage an Deck stellt Sonnenstrom zur Verfügung und LEDs zur Beleuchtung senken den Energieverbrauch weiter. März 2010 wird die Celebrity Eclipse in Richtung Nordsee überführt. www.meyerwerft.de

WLAN FÜR STROM

Laptop oder MP3-Player ohne Stromkabel aufladen - das wird bald möglich sein. RRC power solutions GmbH forscht daran, elektrische Energie über magnetische Felder zu übertragen. Eine kabellose Energieübertragung ist vor allem an Arbeitsplätzen mit Ex-plosionsrisiko wie in Bergwerken oder in der Medizintechnik wichtig. Geräte zur Herz-muskelunterstützung könnten durch die Haut des Patienten aufgeladen werden. Die Tests verlaufen schon sehr erfolgreich. Bisher kommen mehr als 90 Prozent der gesamten Energie beim Empfänger an. Nun muss das System zur kabellosen Energieübertragung so verkleinert werden, dass es in viele Anwendungen eingebaut werden kann.www.rrc-ps.de

SCHNELLER BOHREN

Bohrfundamente sind die Basis für Verkehrsschilder, Sendemasten, Windkraft- und Solaranlagen. Bisher musste dafür Erdreich ausgehoben, Beton angeliefert und gegossen werden. Die Firma BFTec hat nun ein Bohrfundament entwickelt, mit dem die Veranke-rung ohne aufwändige Betonarbeiten möglich wird. Stahlrohre werden einfach mit einem Bagger in das Erdreich hineingedreht; sie können trotzdem mit bis zu 30 Tonnen belastet werden. Diese Innovation ermöglicht es, flexibel und ohne großen technischen Aufwand eine Verankerung im Boden vorzunehmen. Das spart Zeit und Geld. www.bohrfundament.de

(Ideen für 2011 können bis zum 5. Dezember eingereicht werden: www.land-der-ideen.de)

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Im ausgehenden 20. Jahrhundert gehörten sie noch zur gehobenen Küchenausstattung, galten manchen gar als Lu-xus. Dabei waren sie schon seit den frühen Siebzigerjahren auf dem Markt. Die Rede ist von CERAN Kochfeldern, die

man mittlerweile gefühlt in jeder zweiten Küche findet. Al-lerdings hat die aktuelle Generation der Glaskeramik Kochflächen seit ihren Anfängen einen weiten Weg zu-rückgelegt. Doch eines verbindet sie mit den ersten CE-RAN Kochfeldern: Innovation.

Erfunden hat die Technik die Schott AG. Wer zuhau-se auf einem Herd mit Glaskeramik kocht, der hat gute Chancen, ein Produkt von Schott sein Eigen zu nennen – rund 70 Prozent aller Herde in Deutschland werden mit SCHOTT CERAN bestückt, weltweit liegt der Marktanteil bei über 50 Prozent. Schott gehört zu den großen deutschen Traditionsunternehmen. Und wie so oft war auch Schott von Anfang an von Innovation ge-prägt. Im Falle des Glastechnischen Laboratoriums Schott & Genossen, gegründet 1884 von Otto Schott in Jena, stand die Forschung sogar an erster Stelle. Hier wurde die Glasproduktion auf wissenschaftliche Füße gestellt und die Voraussetzung für die moderne Glasin-dustrie geschaffen. Heute beschäftigt Schott weltweit

17.400 Mitarbeiter und gilt als einer der weltweit führen-den Unternehmen in Spezialglas. Die Produktpalette reicht von hochwertigen pharmazeutische Verpa-ckungen, elektronische Bauteile bis hin zu riesigen Tele-skopspiegeln und Solarkomponenten.

Und eben auch CERAN Kochflächen. Deren Ge-schichte war immer von neuen Entwicklungen bestimmt. Die Impulse dafür kamen aus dem Antrieb, die aktuelle Lösung immer noch ein bisschen besser machen zu wollen – und dem, was der Markt sich wünschte. So gibt es mitt-lerweile nicht nur die schwarze Glaskeramik sondern auch farbig bedruckte Kochflächen bis hin zu Kochflächen in einer modernen, metallisch grauen Optik. Schon 1991 kam Schott mit weit vorausgreifenden umweltschonenden Pro-duktionstechniken den wachsenden Ansprüchen der Kun-

den und dem eigenen Qualitätsanspruch entgegen. 2001 erging dann das Patent für ein CERAN Glas, bei dessen Herstellung die giftigen Stoffe Arsen und Antimon nicht mehr anfallen. 180 Tonnen dieser problematischen Sub-stanzen werden so im Jahr gespart. Mit diesem Verfahren ist Schott schon heute für die sich weiter verschärfenden strengen europäischen Produktionsstandards gerüstet. Schott ist stolz darauf durch solche Innovationen den Pro-duktionsstandort Deutschland zu stärken und so viele Tausend Arbeitsplätze zu erhalten.

Für seine CERAN Glaskeramik bekam die Schott AG in diesem Jahr den Deutschen Innovationspreis 2010 verlie-hen. Dabei erging die Auszeichnung für ein ganzes Bündel an Leistungen: Außer für die Umweltfreundlichkeit der aktuellen Generation gab es den Preis auch für den Aufbau und die Kommunikation der Marke SCHOTT CERAN und nicht zuletzt fürs Design. Erstmals ist es nämlich mög-lich, in CERAN Kochfeldern blaues LED-Licht leuchten zu lassen. Das eröffnet den Herstellern von Küchengeräten ganz neue Möglichkeiten – und schafft eine weitere Grund-lage für Innovation.

— Unternehmensbeitrag SCHOTT AG —

PROF. DR.-ING. UDO UNGEHEUER Vorsitzender des Vorstandes der SCHOTT AG, Mainz, Foto: SCHOTT

Kochen mit Innova tionen

Die Schott AG zählt seit mehr als 125 Jahren zu den großen Innovations trägern der deutschen Industrie. Für seine CERAN Kochfelder wurde dem Unternehmen in diesem Jahr der Deutsche Innovationspreis verliehen.

SCHOTT stellt Ceran® Kochflächen ohne die Schwermetalle Arsen und Antimon her. Foto: SCHOTT

»Innovation ist Teil der Unternehmensstrategie«Prof. Dr.-Ing. Udo Ungeheuer, Vorsitzender des Vorstandes der Schott AG,

über Innovation als Managementaufgabe und warum Schott für CERAN den Deutschen Innovationspreis 2010 bekommen hat.

Wie stellen Sie sicher, dass die Inno-vationsfreude nicht abreißt?

Innovation ist bei Schott ganz einfach Teil der Unternehmens-strategie. Und Innovation funktio-niert dann langfristig, wenn sie vom Commitment des Top-manage ments getragen und ge-fördert wird. Innovationen bei CERAN Kochfeldern sind das Resul tat der Unzufriedenheit mit der aktuell besten Lösung. Damit erfüllen wir die in unserer Unter-nehmensvision festgeschriebene Verpflichtung, mit unseren Pro-

dukten und Lösungen die Lebens- und Arbeitsbedin-gungen der Menschen zu verbessern. So wird aus erfolg-reicher Forschung nachhaltiger Fortschritt.

2010 bekam die Schott AG den Deutschen Innovations-preis für die CERAN Kochfelder – nicht zuletzt wegen des umweltfreundlichen Herstellungsprozesses.Wofür gab es die Auszeichnung sonst noch?

Kern der Auszeichnung ist tatsächlich die umwelt-freundliche Kochfläche. Mit ihr haben wir ein Produkt auf dem Markt, das den Einsatz von Arsen und Antimon in der Fertigung vollständig vermeidet. Damit können wir auf 180 Tonnen dieser Schwermetalle verzichten.

Zum anderen haben wir dem Produkt neue Eigen-schaften verpasst – vor allem im Designbereich. Bei klassischen CERAN Kochfeldern gibt es nur rote An-zeigen. Wir ermöglichen jetzt auch blaues Licht, in-dem wir die Filtereigenschaften des Materials verän-dert haben. Wir setzen damit einen Wunsch aus dem

Kundenumfeld um. Die Verwendung von blauen LEDs für Anzeige- und Bedienfelder ermöglicht Pro-duktdesignern im Küchengerätebereich, ihren Geräte-linien ein durchgehendes Lichtdesign zu geben. Und gerade blau mit seiner eher technischen Anmutung ist da sehr gefragt.

Der dritte Aspekt war das innovative Vermarktungs-konzept. Dadurch, dass wir unseren Kunden mit der um-weltfreundlich hergestellten Glaskeramik ein Endver-braucherrelevantes Argument liefern konnten, haben diese das Thema aktiv in ihre Kommunikation zum Handel und zum Endverbraucher aufgenommen. Damit waren wir nicht nur mit unserem Logo auf der Kochfläche prä-sent, sondern konnten auch die wesentlichen Produktvor-teile der Marke SCHOTT CERAN kommunizieren.

Darüber hinaus gefiel den Juroren unser nach vorne greifender Ansatz: Wir haben uns auf die Fahne geschrie-ben, die Normen der Zukunft schon heute zu erfüllen. Das ist natürlich auch ein Bekenntnis zum Standort Deutschland, denn nur wenn wir diese Normen erfüllen,

können wir weiterhin hier produzieren. Und natürlich tragen wir dem veränderten Umweltbewusstsein in der Bevölkerung Rechnung.

Was kann man in Zukunft von CERAN Kochflächen er-warten?

Wir erleben vor allem ein steigendes Bedürfnis nach Differenzierung. Bislang sehen alle Kochflächen nahezu gleich aus. Andere Länder sind da schon weiter – dort werden auch durch die Farbgebung der Kochfelder mar-kenspezifische Aspekte herausgestellt. Ein weiteres The-ma ist das Lichtdesign: Wenn der Markt es fordert, kön-nen wir die Filtereigenschaften der Kochfelder auch für andere Farben als nur blau optimieren!

Die neueste Generation einer umweltfreundlichen SCHOTT Ceran® Glaskeramik-Kochfläche besitzt zusätzlich die Möglichkeit, blaues Licht durchscheinen zu lassen. Foto: SCHOTT

Für seine Innovationen im Bereich Produktentwicklung, Herstellung und Marketing der Marke SCHOTT Ceran® wurde SCHOTT mit dem Deutschen Innovationspreis 2010 in der Kategorie Großunternehmen ausgezeichnet. Foto: SCHOTT

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Deutschland 2020Wie Forschung und Entwicklung ihre globale Vorreiterrolle verteidigen können

von MIRKO HEINEMANN / Redaktion

Die Bundesregierung hatte wohl eher »Science« als »Fiction« im Kopf, als sie im Juli ein Papier mit dem film-reifen Titel »Hightech-Strategie 2020« in der Öffentlich-keit vorstellte. Dabei ist die Wortschöpfung eigentlich nur ein Sammelbegriff für die innovations- und technologie-politischen Maßnahmen der Bundesregierung, die 2011 rund 11,6 Milliarden Euro umfassen – ein Plus gegenüber 2010 von 7,2 Prozent. Das Ziel der konzertierten Aktion: Alle Fördermaßnahmen und Aktivitäten zur Verbesse-rung der Rahmenbedingungen sollen »aus einem Guss« sein, und sie sollen der Forschung Entwicklungsräume verschaffen. »Mehr Freiheit«, so lautet denn auch der Schlachtruf, unter dem die Bundesforschungsministerin in den Kampf zieht. »Überall, wo Forschung und Ent-wicklung in Deutschland auf Widerstände stoßen, wollen wir diese beseitigen. Wir stoßen das Tor für eine freie und wettbewerbsorientierte Wissensgesellschaft so weit auf wie möglich«, so Annette Schavan.

Auch wenn der Hightech-Verband BITKOM feh-lende Zeitpläne und mangelnde Zielvorgaben moniert – das Vorhaben, die zerfaserte Förderungslandschaft zu bündeln, die komplexe Bürokratie abzubauen, die Ausbil-

dung von Fachkräften zu forcieren, ist begrüßenswert. Denn die hiesige Forschung hat einen Ruf zu verteidigen: Während Anfang der 1990er Jahre noch jeder zehnte For-scher und jeder zehnte Entwickler in Deutschland tätig war, hat sich der Anteil inzwischen halbiert. Dies macht die Dimensionen der international wachsenden Konkur-renz deutlich. Mit der Globalisierung wird auch der Leistungs- und Innovationsdruck für Deutschland grö-ßer. Gleichzeitig ergeht mit dem Strategiepapier die Emp-fehlung, den globalen Wettbewerb nicht als Bedrohung, sondern als Chance zu begreifen. Hier liegt ein zentrales Problem: Während Entwickler und Forscher in den USA oder China längst einen globalen Blick entwickelt haben, wird in Deutschland zu wenig über Ländergrenzen hi-naus gedacht. Deutsche Forschung war zu lange Nabel-schau; sie hat von ihrem technologischen Vorsprung ge-zehrt. Der ist aufgebraucht.

Ein anderes Phänomen ist die hierzulande ausgeprägte gesellschaftliche Skepsis gegenüber der Technik, die ihre Wurzeln im Misstrauen vieler Bürger gegenüber der Nu-kleartechnologie hat. Die nun von der derselben Bundes-regierung verlängerten Laufzeiten für Atomkraftwerke

sind ein Affront nicht nur für weite Teile der Bevölke-rung, sondern auch für viele Fachleute. Statt nach vorne zu schauen, statt auf Innovationen zu setzen, wird überal-terte Risikotechnologie wieder in Betrieb genommen. Ein verheerendes Signal, das gute Ansätze wie die Hightech-Strategie unterminiert.

Neue Technikbegeisterung entsteht auf dem Gebiet der Nachhaltigkeitsforschung. Erneuerbare Energien, Kommunikation, grüne Mobilität, Medizinforschung, die Erhöhung der Lebensqualität – das sind die Spitzentech-nologien der Zukunft. Es geht darum, die Forschung als Betätigungsfeld attraktiv zu gestalten, Trends zu setzen und nicht ihnen hinterherzulaufen. Das geht nicht, indem man Barrieren baut. Deutschland darf nicht zurückbli-cken, sondern muss nach vorn schauen.

Die ZukunftsmacherDer Deutsche Gründerpreis weckt die Faszination am Selbermachen

von JÜRGEN W. HEIDTMANN / Redaktion

Das Gerät, das Willi Bruckbauer erfunden hat, sieht nicht spektakulär aus. Aber genau deswegen ist es spekta-kulär. Geht es nach dem diesjährigen Träger des Deut-schen Gründerpreises, wird sich das Aussehen vieler Kü-chen schon bald dramatisch verändern: Bruckbauer hat einen völlig neuartigen Dunstabzug entwickelt. »Dunst-abzugshauben haben mich immer schon gestört«, sagt der gelernte Schreiner und Küchenfachmann. Sperrige Op-tik, Küchengerüche im Haar, lauter Motor – »auch die Kunden suchten Lösungen, die nicht nach Einbauküche aussehen, sondern nach Möbeln«.

Nach eineinhalb Jahren Experimentierzeit war es ge-schafft: Der »Bora-Kochfeldabzug« konnte zum Patent angemeldet werden. Hier wird der Fettdunst seitlich von der Herdplatte weg und dann nach unten weggesogen. Der Effekt: Die Dunstabzugshaube, umstrittenes Möbel-stück und Hassobjekt so mancher Küchendesigner, ent-fällt. Stattdessen gibt es nur noch einen unauffälligen

Spalt neben der Herdplatte. Als Bruckbauer seinen Bora-Kochfeldabzug auf der wichtigsten Messe der Branche vorstellte, waren die Fachbesucher begeistert: Man steht beim Kochen nicht mehr im Küchendunst und kann sich ohne Sichtbehinderung unterhalten. Keine Zusammen-stöße mit der Dunstabzugshaube mehr, keine lauten Lüf-ter. Der Bora-Kochfeldabzug verfügt über einen externen Motor, der beliebig platziert werden kann. Auslaufende Flüssigkeiten werden in einer Rinne aufgefangen.

Spätestens seit der Vergabe des Deutschen Gründer-preises kann Bruckbauer sich vor Anfragen nicht retten. Mit seiner überragenden Medienpräsenz – als Partner fungieren das ZDF und die Zeitschrift »Stern« – ist der Gründerpreis eine wichtige Auszeichnung für Gründer und Unternehmer in Deutschland. Er wird für vorbild-hafte Leistungen bei der Entwicklung von innovativen und tragfähigen Geschäftsideen und beim Aufbau neuer Unternehmen verliehen. Ziel ist es, ein positives Grün-dungsklima in Deutschland zu fördern und Mut zur Selbstständigkeit zu machen. Unterstützt wird die Initia-tive vom Bundesministerium für Wirtschaft und Techno-logie, einem Kuratorium und einem Experten-Netzwerk.

Zu den einstigen Preisträgern gehören inzwischen eta-blierte Unternehmen wie die Online-Apotheke DocMor-ris, die Solarfirma Q-Cells und die beiden Ökostroman-bieter Lichtblick und EWS (Elektrizitätswerke Schönau). Der undotierte Preis wird einmal jährlich in den Katego-rien »Schüler«, »StartUp«, »Aufsteiger« und »Lebens-werk« vergeben. Wichtig ist den Unterstützern des Grün-derpreises zu betonen, dass Unternehmertum auch gesellschaftliche Verantwortung bedeutet. So wurde in diesem Jahr etwa Ludwig Georg Braun mit dem Lebens-werk-Preis ausgezeichnet. Der Vorstandsvorsitzende der auf Pharma- und Medizinprodukte spezialisierten B. Braun Melsungen sieht seinen Erfolg auch als Verpflichtung: »Wir haben als Unternehmer die Verantwortung, gesell-schaftliche Prozesse zu reflektieren und Neues konse-quent anzunehmen«, erklärte er.

Unternehmensgründer, die in die engere Auswahl ge-kommen sind, werden auch weiterhin unterstützt. Die Nominierten und Preisträger in den Kategorien »Start-Up« und »Aufsteiger« erhalten ein individuelles Coach ing durch die Porsche Consulting GmbH, ein Medientraining und Zugang zum Alumni-Netzwerk.

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Die deutsche Wirtschaft wird im Jahr 2010 deutlich mehr Geld in Forschung und Entwicklung (FuE) investieren als im Vorjahr. Das hat der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft nach einer Befragung von knapp 3.000 Un-ternehmen herausgefunden. Das sind gute Nachrichten für den

Innovationsstandort Deutschland. Die Unternehmen fahren also auch in Krisenzeiten ihre FuE-

Aufwendungen nicht zurück. Aber reicht es, beim Inno-vationsstandort Deutschland nur auf diese Zahlen zu schauen? Nach meiner Überzeugung reicht das nicht.

Voneinander lernen Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung

sind in der Gesamtheit in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Das aber sagt wenig über die einzelnen Unter-nehmen aus. So sollte die Statistik nicht darüber hinweg-täuschen, dass noch immer zu viele Unternehmen in Deutschland unter ihren Möglichkeiten bleiben. Der Anteil des Umsatzes, den Unternehmen in Deutschland durch-schnittlich in FuE investieren, liegt nach letzten Untersu-chungen bei knapp unter vier Prozent. Dies ist zu wenig. Eine Steuergutschrift in Höhe von 10 Prozent der gesamten FuE-Aufwendungen eines Unternehmens, wie sie der Stif-terverband fordert, wäre nach wie vor begrüßenswert. So ließen sich sicherlich Forschungsinvestitionen in erheb-lichem Umfang stimulieren.

Des Weiteren gilt es, Potenziale im Mittelstand zu nut-zen. Apple, 3M, Microsoft, Procter & Gamble oder Google. Solche Namen werden schnell genannt, wenn es um Inno-vationen geht. Was aber ist mit kleinen und mittelstän-dischen Unternehmen, die von Innovationen leben? Nicht jedes Unternehmen ist so groß wie die oben genannten. Nicht jedes Unternehmen sitzt im Silicon Valley und hat ein Durchschnittsalter der Mitarbeiter von 29 Jahren. In-novationsfähigkeit heißt für einen börsennotierten Tech-nologiekonzern etwas vollkommen anderes als für einen Mittelständler in der Medizintechnikbranche. Die Ansät-ze müssen passen. Voneinander lernen, ja. Kopieren, nein!

Erfolgsfaktor »Open Innovation« Es wäre jedoch ein Fehler, nur über FuE-Budgets zu

reden. Wir sollten nicht immer nur darüber diskutieren, was wir reinstecken, sondern uns auch anschauen, was hinten raus kommt. Und hier hat das Institut der Deut-schen Wirtschaft in Köln in diesem Jahr Zahlen veröffent-licht, die nachdenklich stimmen. Demnach ist Deutsch-land im internationalen Vergleich binnen eines Jahrzehnts bei den Patentanmeldungen deutlich zurückgefallen. Es ist schon sehr erstaunlich, dass sich die Zahl der nationalen Patentanmeldungen zwischen 1997 und 2007 kaum verändert hat, obwohl gleichzeitig die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in der Summe um 60 Pro-zent gestiegen sind. Es drängt sich also die Frage auf, warum die Patentzahlen in Deutschland nicht genauso steigen wie die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung.

Die Antwort lautet: Innovations-fähigkeit kann man nicht kaufen. Offenbar gelingt es deutschen Un-ternehmen nicht ausreichend, aus ihren Innovationen auch marktreife Produkte zu entwickeln. Wissen sie vielleicht zu wenig, was ihre Märkte eigentlich benötigen? Der simple Zusammenhang von Angebot und Nachfrage wird beim Thema Innovation in der Tat oft übersehen. Was bringt die schönste Erfindung, wenn sie keiner braucht? Diesen Prozess aber darf man nicht dem Zufall überlassen, sondern muss seine Kunden und solche, die es werden wollen, so früh wie möglich mit den For-schern in Verbindung bringen und ihnen hierfür attrak-tive Angebote machen. »Open Innovation« lautet das Schlagwort. Es geht darum, sich den Input und den Bedarf der Außenwelt systematisch zu erschließen – und zwar bevor ein Produkt an den Start geht. Nur so lässt sich das eigene Innovationspotenzial vergrößern.

Wir brauchen darüber hinaus eine neue Innovations-kultur der Unternehmen untereinander. Dass Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zusammen und nicht gegenei-nander arbeiten, sollte selbstverständlich sein. Aber woran es häufig mangelt, ist ein unternehmens- und branchen-übergreifender Austausch über Innovationsprozesse.

Sicher, im internationalen Wettbewerb werden erfolg-reiche Produkte und Innovationsstrategien immer schnel-ler kopiert. Keiner lässt sich gerne ins Labor schauen. Aber in Sachen Innovationskultur lässt sich viel voneinan-der lernen, auch ohne Betriebsgeheimnisse zu verraten.

Plattform für Innovation: www.die-erfinder.com Für eine Verbesserung der Innovationskultur in

Deutschland hat 3M gerade erst eine neue Internetplatt-form ins Leben gerufen. Unter »die-erfinder.com« erhalten Unternehmen, Institutionen und Interessierte Informati-onen, praktische Beispiele und Anregungen, wie sich Inno-vationskultur verbessern lässt. Eine solche Plattform ist im deutschsprachigen Raum bislang einmalig. Bei der Planung haben wir mit Praktikern aus innovativen Wirtschaftsun-ternehmen sowie mit führenden Hochschulen zusammen-

gearbeitet. Als eines der weltweit in-novativsten Unternehmen wollen wir mit dieser zentralen Anlaufstelle für In no va tionsmanagement und -kultur unsere Erfahrungen weiter-geben und den unternehmensüber-greifenden Dialog zum Thema Inno-vation stärken. Das Internet ist der ideale Ort, um diesen Austausch zu organisieren.

Was aber wäre eine Internetplattform wie »die-erfin-der.com« ohne die Erfinder, die sie nutzen? Das bringt mich zum Schluss zu einem Punkt, der noch wichtiger ist als Forschung und Entwicklung. Das nämlich sind die Forscher und Entwickler, sprich die eigenen Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter. Sie sind es, die eine gute unter-nehmerische Innovationskultur erst ermöglichen. Und sie benötigen die entsprechenden Freiräume, damit sie ihre Kreativität, ihre Neugier und ihren Innovationsdrang auch optimal nutzen können. Bei 3M setzen wir dies unter anderem mit der sogenannten 15-Prozent-Regel um. Jeder Forscher und Entwickler darf 15 Prozent seiner Arbeitszeit für eigene Projekte nutzen. Sie tüfteln an Konzepten, von denen sie ganz persönlich fasziniert und von deren Erfolg sie überzeugt sind. Das erhöht die Moti-vation und fördert neue Ideen. Und gute Ideen sind noch immer die beste Basis für Innovation.

»Der simple Zusammen - hang von Angebot und Nachfrage wird beim Thema Innovation in

der Tat oft übersehen.«

Vorfahrt für Innovation — Unternehmensbeitrag 3M —

Kreativität durch Freiraum

GÜNTER GRESSLER Generaldirektor der 3M Deutschland GmbH

3M investiert jährlich 1,3 Milliarden US-Dollar in Forschung & Entwicklung

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Hüftgelenke aus Titan, Herzklappen aus Plastik, ge-fertigt in höchster Qualität - mit solchen Produkten punk-ten deutsche Medizintechnik-Unternehmen. Der demo-grafische Wandel und die weltweite Nachfrage nach besseren Lösungen für Patienten verschafft medizintech-nischen Produkten »Made in Germany« neue Wachs-tumsperspektiven.

Es ist ein traditionsreiches und mittelständisch ge-prägtes Wirtschaftsumfeld, in dem die rund 1.200 deut-schen Unternehmen der Branche mitmischen. Derzeit beschäftigen sie rund 90.000 Menschen. Zu den wich-tigsten Standorten zählt, nach Berlin und vor Hamburg, eine sehr kleine Stadt mit gerade mal 35.000 Einwohnern: Tuttlingen. Die Stadt in Baden-Württemberg genießt tat-sächlich den Ruf, das Weltzentrum der Medizintechnik zu sein. Über 100.000 medizintechnische Produkte wer-den hier produziert, Hunderte Betriebe und Firmen bil-den ein dichtes Geflecht, in engerer Kooperation mit For-schungsinstituten. Man kooperiert mit Medizinern und Krankenhäusern, bildet Netzwerke.

Ein gutes Beispiel ist die KLS Martin Group, die mit 700 Mitarbeitern zu den Größeren in Tuttlingen gehört. Rund 14.000 chirurgische Instrumente stellt das Unter-nehmen her. Bekannt ist es unter anderem, weil es ein Ma-terial zum Nageln von Brüchen entwickelt hat, das sich

im Körper auflöst und damit eine zweite Operation, um die Implantate wieder zu entfernen, überflüssig macht. Die KLS Martin investiert überdurchschnittlich in For-schung- und Entwicklung, leistet sich rund 30 Entwick-lungsingenieure. Man kooperiert mit der Universitätskli-nik Dresden, der ETH Zürich und diversen Fraunhofer-Instituten.

Deutschland kann einige solcher Zugpferde vorwei-sen, deshalb ist es kaum verwunderlich, dass die Branche der Wirtschaftskrise trotzte. »Die Unternehmen sind ver-gleichsweise gut rausgekommen«, sagt Stefan Diepen-brock, Sprecher von Spectaris, dem wichtigsten Verband der Medizintechnikbranche. 19 Milliarden Euro Umsatz verzeichneten die deutschen Unternehmen, Tendenz stei-gend. Die aktuelle Prognose für das kommende Jahr liege, so Diepenbrock, bei mindestens sechs Prozent. Über drei Viertel der 170 Millionen Euro erwirtschafteten Umsatzes macht das Unternehmen im Ausland. Der Export ist en-orm wichtig. Die größten Abnehmer sind derzeit die EU (40 Prozent) und Nordamerika (20 Prozent). Immer wichtiger werden aber die Märkte im Nahen Osten oder in Asien. »Da ist das Potenzial lange nicht ausgeschöpft«, sagt Diepenbrock.

Auf dem Weltmarkt belegt Deutschland nur Platz drei hinter den USA und Japan. Das weiß auch das Bundesmi-nisterium für Bildung und Forschung, weshalb es ver-sucht, die Rahmenbedingungen zu stärken. Wissenschaft-ler arbeiten in einem schärfer werdenden internationalen Wettbewerb, das deutsche Know How soll internationali-siert werden. Das könnte schwierig werden in einer Zu-kunft, in der es Deutschland an Ingenieuren, Mathemati-kern und Physikern mangelt.

Der Faktor RecyclingDurch »Urban Mining« werden hierzulande neue Rohstoffreserven erschlossen

von JÜRGEN W. HEIDTMANN / Redaktion

Es ist eine alte Schulweisheit: Als rohstoffarmes Land kann Deutschland nur durch Bildung und Wissen, durch Erfindungen und technologische Innovation seine globale Wettbewerbsfähigkeit erhalten. Nun aber scheint es, als habe ein Kreis sich geschlossen, als habe Innovation und Pioniergeist Deutschland zum Rohstoffland gemacht. Im September wurde eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) über die »Volkswirtschaftliche Be-deutung der Entsorgungs- und Rohstoffwirtschaft« veröf-fentlicht. Mit erstaunlichen Ergebnissen.

Danach ist die Recyclingbranche mittlerweile einer der wichtigsten Rohstofflieferanten der deutschen Industrie. So haben nach IW-Angaben 2009 die so genannten »Se-kundärrohstoffe«, also wieder aufbereitete Materialien, bereits 13 Prozent des gesamten industriellen Rohstoffbe-darfs Deutschlands abgedeckt. »Damit leistet die Sekun-därrohstoffbranche in Zeiten harter internationaler Roh-stoffkonkurrenz einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit Deutschlands«, erklärte dazu der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. (BDE). Während 2009 Sekundärrohstoffe im Wert von 8,4 Milliarden Euro produziert wurde, erwartet das Institut der deutschen Wirtschaft, dass sich dieser Wert schon bald mehr als verdoppeln dürfte: »Urban Mining«, wie sich die-se Form der Rohstoffgewinnung nennt, ist im Kommen.

An der Spitze beim Einsatz von Sekundärrohstoffen

liegt die Papierindustrie: Hier wird inzwischen zu über 70 Prozent Altpapier eingesetzt. Eng verflochten mit der Sekundärrohstoffbranche sind auch die Branchen »NE-Metalle und Halbzeug daraus« sowie »Holzstoff, Zellstoff, Papier, Karton und Pappe«. Sie erhalten je-weils 9,1 Prozent aller Vorleistungslieferungen der Sekun-därrohstoffbranche. Und die Stahlindustrie, fachgerecht die Branche »Roheisen, Stahl, Rohre und Halb zeug«, bezieht acht Prozent ihrer Vorleistungen aus den Pri-mär- und Sekundärrohstoffbranchen. 20 Millionen Tonnen Stahlschrott jährlich werden von der Stahlin-

dustrie eingesetzt, um 44,5 Prozent des deutschen Stahls herzustellen. Gemessen an ihrem Produktionswert ist die Sekundärrohstoffbranche gegenwärtig die am stärksten wachsende Branche Deutschlands, erklärte Michael Hüther, Direktor des IW Köln, anlässlich der Veröffentli-chung der Studie. »Gemessen an der Bruttowertschöpfung belegt sie in der Wachstumsdynamik Platz Zwei.« Und das Potenzial sei noch lange nicht ausgeschöpft. Gerade bei strategisch wichtigen seltenen Rohstoffen stehe die Reali-sierung eines »Urban Mining« noch erst bevor.

Wenn der aktuelle Wirtschaftsaufschwung anhält, wer-den Rohstoffe bald wieder knapp sein. In gleichem Maße wird auch die Bedeutung der Recycling-Industrie wachsen. Gleichzeitig könnte durch den Einsatz von Sekundärroh-stoffen die Umweltbelastung verringert werden. So verwies BDE-Präsident Peter Kurth darauf, dass Sekundärroh-stoffe nicht nur die Versorgungssicherheit der heimischen Industrie mit Rohstoffen erhöhen, sondern durch die Ener-gieeinsparung auch deutsche Energieimporte reduzieren und die Umwelt entlasten. »Bei Aluminium beträgt die En-ergieeinsparung beim Einsatz von Recyclingmaterial 95 Prozent gegenüber der Neuproduktion von Aluminium«, so Kurth. Da Deutschland als »Recyling-Weltmeister« und globaler Technologieführer in diesem Bereich gelte, sieht er die Branche auf einem guten Weg.

Titangelenke aus Tuttlingen Deutsche Medizinforschung ist spitze, muss sich aber noch stärker internationalisieren

von INA BRZOSKA / Redaktion

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Frank? Frank Epperson, der Erfinder des Eis am Stiel im Jahr 1923! Ohne ihn wäre die Erziehung unserer Kinder wahrscheinlich um einiges schwieriger. Auf jeden Fall aber hat sein Pioniergeist die Welt ein Stück weit verändert. Auch Verpackungsrecycling funktionierte nicht immer so, wie Sie es heute kennen. Es gab lange Zeit nur einen Anbieter, der konkurrenzlos die Regeln bestimmte. Erst LANDBELL® beendete im Jahr 2003 das Monopol und öffnete damit den Markt für den Wettbewerb der dualen Systeme. Man könnte deshalb sagen: Danke, LANDBELL®! Auch für die individuellen und marktgerechten Lösungen, auf die heute bereits mehr als 22.000 Kunden vertrauen. www.landbell.de

››Danke, Frank!‹‹

Weltweit leiden 10 – 20% der Bevölkerung an chro-nischen Erkrankungen der Atemwege und im Jahr 2020 wird die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) die zweithäufigste Todesursache sein. Die Inha-lation von Medikamenten-Aerosolen ist der beste Weg, diese Krankheiten wirksam zu behandeln. Diese Thera-pieform bringt das Medikament direkt an den gewünsch-ten Wirkort, in die Lunge. Durch die gezielte lokale Behandlung wird die Wirksamkeit verbessert und man vermeidet eine hohe systemische Belastung des Körpers mit dem Wirkstoff.

Die größte Herausforderung bei der Inhalationsthe-rapie ist es, das Medikament in ausreichender Dosis in die Lunge einzubringen, da der lungenkranke Patient mit ständig schwankendem und sub-optimalem Atem-manöver sein Medikament inhaliert. Auf Grund dessen

sind konventionelle Inhalationsgeräte kaum in der Lage mehr als 5 – 15% der eingesetzten Wirkstoffmenge in die Lunge zu transportieren – ein großer Nachteil besonders bei teuren Medikamenten.

Auf diesem Spezialgebiet der Inhalationstherapie zählt Activaero mittlerweile zum internationalen Tech-nologieführer für kontrollierte Inhalation. Activaero ist u.a. der Erfinder von FAVORITE Inhalation – Flow and Volume Regulated Inhalation Technology. Die Besonder-heit der Technologie liegt in der Möglichkeit das Inhala-tionsmanöver des Patienten elektronisch zu steuern und angepasst an seine individuelle Lungenfunktion, immer das optimale Inhalationsmanöver vorzugeben. Durch die Integration dieser Technologie in die von Activaero ent-wickelten AKITA® Inhalationssysteme, wurde die Ein-bringung von Medikamenten in die Lunge grundlegend

verbessert. So kann heute mit Geräten von Activaero bis zu 80% des eingesetzten Wirkstoffes in die Lunge ge-bracht werden. Zudem kann mit FAVORITE Inhalation gewährleistet werden, dass jeder Patient die gleiche Dosis bekommt. Dies ist ein wichtiger Aspekt in der Langzeit-therapie chronischer Lungenerkrankungen und insbe-sondere bei klinischen Prüfungen neuer Wirkstoffe.

Dass nicht nur Forschungsinstitute oder Konzerne, sondern auch Mittelständler innovativ handeln können, zeigt die »Top 100«-Auszeichnung der Firma Compamedia, deren Mentor der frühere baden-württembergische Mi-nisterpräsident und Jenoptik-Chef Lothar Späth ist. Seit 20 Jahren prüft in deren Auftrag die Wirtschaftsuniver-sität Wien das Innovationsverhalten mittelständischer Unternehmen in Deutschland. Dieses Jahr waren 248 Firmen im Fokus, die hundert besten tragen nun für ein Jahr das Gütesiegel »Top 100«. Zum Gesamtsieger 2010, mithin dem innovativsten Unternehmen des Mit-telstands, kürte die Jury den Schwarzwälder Equipment-Spezialisten Rena.

Die Rena GmbH ist mit ihren 980 Mitarbeitern Welt-marktführer bei so genannten Wet-Processing-Lösungen zur Herstellung von Solarzellen. Die Firma hält 362 in-ternationale Patente und hat mehr als 100 Innovationen am Markt eingeführt. »Wir entwickeln Zukunftstech-nologien und setzen sie in marktfähige Produkte um«, so Gründer und Geschäftsführer Jürgen Gutekunst.

Die Rena setzt auf eine intensive Zusammenarbeit sowohl mit technologieführenden Kunden als auch mit Forschungsinstituten, etwa dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme. Alle produkt- und marktnahen Abteilungen stehen in ständigem Austausch mit den Ent-wicklern und Produktmanagern. So ist es bisweilen ein

Fertigungs- oder Servicemitarbeiter, der den entschei-denden Anstoß für ein neues Projekt gibt.

Ob eine Idee auf den Markt gebracht werden soll, wird gemeinschaftlich entschieden, nach einer Methode namens »Stage-Gate«. Die Innovation muss fünf Tore (Gates) passieren. In jeder Phase (Stage) arbeiten Pro-jektteams aus verschiedenen Abteilungen an den Pro-jektzielen. Auf diese Weise hat es die Rena geschafft, dass 90 Prozent des aktuellen Umsatzes aus Marktneuheiten und innovativen Verbesserungen der vergangenen drei Jahre stammen.

Infos: www.rena.com

Innovationen mit SystemDer Photovoltaik-Spezialist Rena zeigt, wie Innovation im Mittelstand funktioniert.

Er wurde von der Top 100-Jury zum Innovator des Jahres gekürt.

von LENA BULCZAK / Redaktion

Activaero – Bessere Aerosoltherapie— Unternehmensbeitrag ACTIVAERO —

Effiziente Inhalationssyteme sind entscheidend für die erfolgreiche Therapie schwerer Lungenerkrankungen

AKITA® JET – innovatives Inhalationssystem für die Therapie schwerer Lungenerkrankungen.

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JUGEND FORSCHT

Schülerinnen und Schüler können ab der 4. Klasse einzeln oder als Gruppe teilneh-men, das Höchstalter beträgt 21 Jahre. Als Fachgebiete stehen Arbeitswelt, Biologie, Chemie, Geo- und Raumwissenschaften, Mathematik/Informatik, Physik oder Technik zur Auswahl. Hauptförderer der bundesweiten Initiative sind neben dem Bundesforschungsministerium (BMBF) der »stern« und Partner aus der Wirtschaft. Nächster Anmeldeschluss: 30.11.2010. www.jugend-forscht.de

ZUKUNFT DURCH INNOVATION.NRW (ZDI)

Diese Initiative hat in Nordrhein Westfalen 25 »zdi-Zentren« gegründet, die regional Technikunterricht und naturwissenschaftlichen Unterricht mit modernsten Mitteln anbieten. Neben den zdi-Wettbewerben im Bereich Technik und den zdi-Ingenieur-tagen für Schülerinnen und Schüler wird das Thema Technik und Naturwissen-schaften das ganze Schuljahr über in dem zdi-Schultimer präsent gehalten. www.innovation.nrw.de/zdi

BUNDESUMWELTWETTBEWERB (BUW)

Dieser Wettbewerb richtet sich an Schüler, die praktische Lösungen zu Umweltproble-men finden wollen. Bei dem vom Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissen-schaften und Mathematik ausgerichteten Wettbewerb können Beiträge eingereicht wer-den aus allen für Umweltschutz und Umweltbildung relevanten Bereichen. Anmeldeschluss ist am 15.03.2011. www.bundesumweltwettbewerb.de

JUGEND FILMT BIONIK

Der bundesweite Medienwettbewerb soll Jugendliche an die Bionik heranführen, die Lehre von technischen Lösungen in der Natur. Unter Anleitung von Forschern und Filmemachern werden Kurzfilme über Innovationen aus der Natur gedreht. Teil-nehmen können Jugendliche zwischen 16 und 21 Jahren. Gefördert wird das Projekt vom BMBF und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Bewerbungsschluss: 31.10.2010 www.jugendfilmtbionik.de

INVENT A CHIP

Die bundesweite Initiative von VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Infor-mationstechnik) und BMBF regt Schüler zum Entwurf eigener Mikrochips an. Un-terstützung für erfolgversprechende Mikrochip-Konzepte gibt es unter anderem bei einem Workshop an der Universität Hannover. Der nächste Wettbewerb startet ab Februar 2011. www.invent-a-chip.de

SCHÜLERWETTBEWERB DER SIEMENS STIFTUNG

Bis 12.11.2010 können sich Schülerinnen und Schüler ab der 10. Klasse beim Schüler-wettbewerb 2011 der Siemens Stiftung anmelden. Gesucht werden Ideen für einen nachhaltigen und effizienten Umgang mit begrenzten Rohstoffen (Ressourcenscho-nung). www.siemens-stiftung.org/schuelerwettbewerb

TECTOYOU

Diese Nachwuchsoffensive wird von der Hannover Messe und der Standortinitiative »Deutschland – Land der Ideen« organisiert. Im Mittelpunkt stehen Workshops, geführte Touren und Wettbewerbe für Schüler und Studienanfänger. Auf die Teil-nehmer warten Branchenkontakte und konkrete Karrierechancen. Nächster Ter-min: April 2011. www.hannovermesse.de/tectoyou

JUGEND UNTERNIMMT

Wie man aus guten Einfällen ein funktionierendes Geschäftsmodell macht, lernen Schüler und Schülerinnen beim Wettbewerb »JugendUnternimmt«. Die besten Ideen der Schüler zwischen 14 und 21 Jahren werden umgesetzt. Dafür stehen den jungen Leuten ein studentischer Mentor und ein erfahrener Unternehmer mit Rat und Tat zur Seite. Außerdem bekommen die Teilnehmer Startkapital. Den erwirt-schafteten Gewinn dürfen sie behalten. www.jugendunternimmt.org

Die Lust auf Technik und Forschung will früh geweckt sein. Zahlreiche Initiativen und

Vereine wollen Kinder und Jugendliche fit für die Zukunft machen. Im Folgenden stellen wir eine Auswahl von Jugendwettbewerben für den

aufgeweckten Nachwuchs vor.

Jugend und

Innovation

von OLIVER SCHONSCHEK / Redaktion

SEITE 26 in|pact media Verlag

Page 27: Innovationsland Deutschland

Innovationsland Deutschland SEITE 27

Er war 25 Jahre, als er aus Istanbul nach Berlin zog, um Betriebswirtschaft zu studieren. Während eines Markt-forschungsprojekts untersuchte Tamer Ergün, wie Tür-ken deutsche Medien nutzten. Ein großes Loch tat sich da auf, denn seine Landsleute nutzten vorwiegend türkische elektronische Medien, selbst die, die in Deutschland gebo-ren worden waren. Ergün erkannte die Entfremdung, die sich da vollzog, er wollte wissen, wieso das so ist und wie man das ändern kann.

Deutschtürken, das zeigte seine Analyse, hatten das Gefühl, von politischen Entscheidungsprozessen in Deutschland überhaupt nicht betroffen zu sein. Ein wei-teres Problem war, dass viele mit ihren schlechten Deutschkenntnissen in der komplexer werdenden Infor-mationsgesellschaft kaum mehr zurecht kamen. Tamer Ergün erkannte, dass dort eine Zielgruppe außer Acht ge-lassen wurde, die einen Wirtschaftsfaktor darstellte. Der Türke legte seine Zahlen einem Gesellschafter vor und gründete einen Radiosender für Deutschtürken. 1998 ging Metropol FM auf Sendung.

»Wir erreichen 400.000 Verbraucher in Deutschland mit einer durchschnittlichen Kaufkraft von 2.000 Euro pro Kopf«, sagt Ergün. Jahr für Jahr erhöhte er den deut-schen Anteil im Programm. Heute sendet er mehr deut-sche Beiträge als türkische. Es gibt Comedy, viele Ratge-ber, Debatten mit Hörern zur aktuellen Politik in Deutschland. »Der Informationsbedarf ist hoch«, sagt Er-gün. Inzwischen ist Metropol FM eine feste Instanz in Deutschland. Knapp 30 Mitarbeiter sind dort beschäftigt, deutsche und türkische Firmen werben auf Ergüns Welle, vom deutschen Autohersteller bis zu türkischen Lebens-mittelproduzenten. »Wir hatten nie Probleme, schwarze Zahlen zu schreiben«, sagt Ergün.

Migranten schaffen 150.000 Stellen in 2010 Wenn Deutschland über die provokanten Sarrazin-The-sen, über fehlende Integration und den hohen Anteil an Sozialhilfeempfängern bei Migranten diskutiert, fallen die positiven Aspekte unter den Tisch. 20 Milliarden Euro Umsatz machen allein die türkischdeutschen Unterneh-mer hierzulande, schätzt die Türkische Industrie- und Handelskammer (TDIHK). Es geht aber nicht nur um Zuwanderer aus der Türkei, es geht um die Gesamtheit aller Migranten. Deutschland braucht sie. 20 bis 30 Pro-

zent aller Deutschen, so errechnete die Heinrich-Böll-Stiftung, haben ausländische Wurzeln. 2030 dürften es an die 50 Prozent, von den jungen Menschen gar bis zu 60 Prozent sein. Unternehmensgründer mit ausländischen Wurzeln, so betont die IHK, leisten einen immer größe-ren und wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwick-lung in Deutschland. 150 000 Stellen sind in diesem Jahr durch Firmenneugründungen von zugewanderten Mit-bürgern geschaffen worden. Zudem fehlen Fachkräfte, besonders in der Ingenieurs- oder IT-Branche. Sie müssen aus dem Ausland kommen.

Diversity Management im Trend Das Beispiel Tamer Ergün zeigt, dass Migranten, die in anderen Kulturkreisen sozialisiert wurden, Nischen ent-decken, die Deutschen verborgen bleiben. Aufgrund sei-nes kulturellen Hintergrunds hat Ergün einen erweiterten Horizont. So werden bei Metropol FM Nachrichten an-ders formuliert, Geschehnisse werden noch stärker erklärt und eingeordnet. Außerdem gibt es einen hohen Anteil an Unterhaltung, sehr viel Musik.

Dass unterschiedliche Sichtweisen von Menschen mit Migrationshintergrund einer Volks-wirtschaft auch in etablierten Unter-nehmen nutzen können, das hat man zuerst in den USA erkannt. Nicht nur, wenn es darum geht, un-bekannte Märkte zu erschließen, sondern auch wenn durch neue Sichtweisen das Unternehmenskli-ma verbessert werden kann. Das Credo lautet: Die Vielfalt der Mitar-beiter muss an richtiger Stelle genutzt werden. Das ur-sprünglich amerikanische Konzept aus der Bürgerrechts-bewegung hat sich weiterentwickelt von der Idee der Gleichberechtigung hin zu einem betriebswirtschaftlichen Instrument zur besseren Nutzung des Humankapitals.

Diversity Management nennt sich das Konzept. Die Verschiedenheit der Beschäftigten wird für Personalstra-tegie und Organisationsentwicklung genutzt. Moderne Unternehmen reagieren damit auf die Anforderungen des steigenden internationalen Wettbewerbs. Um erfolg-reiches Marketing in arabischen Ländern zu machen, braucht es Mitarbeiter, die sich in diese Welt einfühlen

können, die deren Sitten und Gebräuche verstehen. Um Verhandlungen durchzuführen und Verträge mit Chine-sen abzuschließen, bedarf es der Kenntnis der asiatischen Kultur. Weltweit agierende Unternehmen brauchen nicht nur Übersetzer im Wortsinne, sondern auch kulturelle Brückenbauer, die vermitteln und Netzwerke spinnen.

Internationale Konzerne, vor allem im englischspra-chigen Raum, wenden »Diversity Management« inzwi-schen ganz selbstverständlich an. Man wirbt mit dem Multi-Kulti-Image, denn es verleiht den Firmen ein welt-offenes Gepräge. Die Personalrekrutierung von Mitarbei-tern mit anders klingenden Namen ist auch Geschäftspo-litik. Den Weg nach Deutschland fand die Idee erst in den 90er Jahren, die Umsetzung verläuft schleppender als im Ausland. Deutsche Unternehmer mahnen, den Anschluss im internationalen Wettlauf um die Verbraucher von morgen nicht zu verpassen. Egal ob aus der Türkei, aus China oder aus Russland. »Bildet man den Kundenstamm nicht ab, kann man sein volles Potenzial nicht ausnutzen. Bekommt man das hin, hat man einen gewaltigen Vor-teil«, betonte jüngst wieder Peter Löscher, Vorstandsvor-sitzender der Siemens AG.

Immerhin gründeten deutsche Firmen 2007 die »Charta der Viel-falt«. Ein Bündnis aus 800 größeren und kleineren Firmen, darunter Marktriesen wie Henkel oder Sie-mens. Telekom, Deutsche Bank, BP Deutschland und viele andere mach-ten mit. Für einen Konsumgüter-hersteller sei es logisch, auf auslän-dische Mitarbeiter zu setzen, heißt es

aus dem Hause Henkel, ein Unternehmen, das weltweit 50.000 Mitarbeiter beschäftigt. »Der kulturelle Hinter-grund unserer Leute hilft uns zu verstehen, was Kunden in anderen Ländern wollen.« Seit längerem gibt es in Deutschland übrigens auch die Diskussion, dass Mi-granten im öffentlichen Dienst eine größere Rolle spielen müssten. Es wurde auch schon über eine Quote debattiert für Lehrer und Beamte, die Menschen mit ihren Migrati-onserfahrungen und den dahinter stehenden Kulturkrei-sen besser verstehen und erreichen können. Für Tamer Ergün von Metropol FM ist das nichts Neues. Für ihn sind diese Schritte schon lange überfällig.

Sie kennen andere Denkweisen und verbinden verschiedene Welten. Wie Migranten die Wirtschaft bereichern

Die Brückenbauer

von INA BRZOSKA / Redaktion

Weltweit agierende Unternehmen brauchen

kulturelle Brückenbauer, die vermitteln und Netzwerke spinnen.

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