Institut für Christliche Sozialwissenschaften Universität Münster
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Christlicher Glaube in säkularer Gesellschaft
5. Sitzung 21. 5. 08 Christlicher Glaube heute
Die Situation von Religion und Kirche in den alten und neuen
Bundesländern
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1. Religion und Kirche in Deutschland: ein
Überblick
• Fünf Strukturelemente
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1.1 Die großen Kirchen • Den beiden großen Kirchen, der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Römisch-Katholischen Kirche gehören heute rund 65% der Gesamtbevölkerung in Deutschland an (Ostdeutschland: 28%)
• Die beiden großen Kirchen genießen als „Körperschaften öffentlichen Rechts“ einen besonderen rechtlichen Status
• Soziologisch: Volkskirchen im Übergang mit Elementen der Sozialform der Sekte
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1.2 Christliche Kirchen und Religionsgemeinschaften außerhalb der Großkirchen
• Das orthodoxe Christentum ist in Deutschland mit 13 verschiedenen Kirchen und 935.000 Gläubigen vertreten
• Die christlicher Freikirchen bzw. „Kleineren christlichen Religionsgemeinschaften“ haben eine Mitgliederzahl von 1.164.000
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1.3 Zunehmende Präsenz der außerchristlichen Weltreligionen
• Als „Körperschaften des öffentlichen Rechts“ sind in Deutschland der Zentralrat der Juden und zahlreiche jüdische Gemeinden als Zusammenschlüsse der heute ca. 180.000 Menschen jüdischen Glaubens anerkannt
• Die drittgrößte Gruppe von Glaubensangehörigen in Deutschland bilden die Muslime mit rund 3,2 Mio. Gläubigen
• Deutsche Buddhistische Union – Buddhistische Religionsgemeinschaft e.V. (ca. 165.000 Gläubigen)
• Für die Anhänger des Hinduismus in Deutschland wird eine Zahl von 98.000 angegeben
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1.4 Alternative Religiosität
• Aus dem 19. Jahrhundert stammenden Sekten/ Freireligiöse Gemeinschafen/ältere Synkretistische Gruppierungen
• „Neue religiöse Bewegungen“ (zwischen 140.000 und 276.000)
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1.5 Konfessionslose in Deutschland
• In Deutschland gehören ca. 23 Mio. keiner Religionsgemeinschaft an
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Religionsgemeinschaften
Mitglieder Prozent
Evangelische Kirche 26.340.000 32,12
Katholische Kirche 26.656.000 32,12
Kleine christliche Religionsgemeinschaften
1.164.000 1,42
Orthodoxe Kirchen 935.000 1,14
Judentum 180.000 0,22
Islam 3.200.000 3,90
Buddhismus Hinduismus
165.000 0,20 98.000 0,12
Neureligiöse oder synkretistische Gemeinschaften und BewegungenKonfessionslose (als Restkategorie)
140.000-276.000 0,17-0,34 ca. 23.000.000 28,20
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2. Rückgang der Kirchlichkeit Anzahl der Kirchgänger (Angaben in Prozent)
Katholiken Protestanten
1953 49 -
1956 48 -1962/63 45 7
1970 37 5
1980 29 5
1987 24 5
1992 20 5
1998 17 4
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2. Rückgang der Kirchlichkeit Gottesglaube Vertrauen in die Institution Kirche
1991 1998 1991 1998
Deutschland (West)
67 62 -8 -14
Deutschland (Ost)
25 24 -31 -45
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3. Religiosität in Deutschland: Ergebnisse des Religionsmonitors der BertelsmannstitfungTabelle 1: Indikatoren zur Messung der Zentralität der Religiosität
Intellekt:Wie oft denken Sie über religiöse Themen nach?Ideologie: Wie stark glauben Sie daran, dass es Gott oder etwas Göttliches gibt?Öffentliche Praxis: Wie häufig nehmen Sie an / Gottesdiensten teil?Private Praxis: Wie häufig beten Sie? / Wie häufig meditieren Sie?
Erfahrung: Wie oft erleben Sie Situationen, in denen Sie das Gefühl haben, dass Gott oder etwas Göttliches in Ihr Leben eingreift? / Wie oft erleben Sie Situationen, in denen Sie das Gefühl haben, mit Allem Eins zu sein?
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28
1517
66
52
57
65
31
18
27
14
2
0
10
20
30
40
50
60
70
GESAMT katholisch evangelisch konfessionslos
nicht religiös religiös hoch religiös
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4. Resümee • Selbstverständlichkeits- und Normalitätsverlust kirchlicher Religion
• Die Kirchen haben kein Monopol mehr auf Religion
• Die sozial gestützte Motivation zu Übernahme kirchlicher Glaubensvorstellungen und Normvorschriften ist gesunken
• Das Netz sozialer Kontrolle zu Gunsten der Kirche hat an Wirksamkeit verloren
• Kirche: Von der "zwingende" Primärinstitution zur (ab-)wählbaren Sekundärinstitution
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5. Die Nachkriegsentwicklung der Kirchen in der DDR
• Zurückdrängung der Kirchen aus der Öffentlichkeit
• Spaltungsversuche des Staates zwischen Kirchenleitungen und Kirchenvolk
• Kampf insbesondere gegen sogenannte „rückschrittlichen“ Kräfte in den Kirchen
• Rückgang des Mitgliederbestands von über 90% auf 27%
• Kirchen erhalten seit Mitte der achtziger Jahre eine neue Rolle
• In der Situation des Umbruchs kommt den Kirchen katalysatorische Wirkung für Zusammenbruch des DDR-Systems zu.
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6. Zur Situation von Religion und Kirche in den neuen Bundesländern
• Beinahe drei Viertel der Bevölkerung besitzen keine Kirchenmitgliedschaft
• Keine Tendenzen einer Rückkehr zu den Kirchen erkennbar
• Als Normalitätsmuster in Ostdeutschland hat sich die Nichtmitgliedschaft in einer Kirche durchgesetzt
• Die Bejahung der christlichen Glaubensinhalte weist einen sehr engen Zusammenhang mit der Kirchenbindung auf
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7. Religion und Kirche in den neuen Bundesländern im Vergleich zu anderen Ost(Mittel-)europäischen Ländern
• Ostdeutschland nimmt eine Sonderstellung ein in Osteuropa (neben Tschechien, Estland)
• In keinem Land so viele Menschen, die sich als atheistisch bezeichnen
• Geringster Anteil von Menschen, die sich als religiös definieren
• Nur in Ostdeutschland geht die Mehrheit der Bevölkerung davon aus, dass auch in Zukunft die Religiosität zurückgehen wird
• Kultur Ostdeutschlands begünstigt den Atheismus
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8. Wie konnte es dazu kommen?
• Sechzig Jahre antikirchliche Politik (Nationalsozialismus; Kommunismus)
• Christianisierung von oben/ Thron und Altar
• Radikale Privatisierung der Religion durch die Staatsmacht
• Stigmatisierung der Gläubigen
• Mangelnde Verwurzelung des Glaubens im Volk