Interaktion und abweichendes Verhalten · II. Abweichendes Verhalten 1. Ätiologisches Paradigma 2....

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Interaktion und abweichendes Verhalten Universität Augsburg Lehrstuhl für Soziologie Dozent: Sasa Bosancic Referenten: Katharina Hahn, Stephanie Stühler, Thomas Buchner 09. 01. 2008

Transcript of Interaktion und abweichendes Verhalten · II. Abweichendes Verhalten 1. Ätiologisches Paradigma 2....

Interaktion und abweichendes Verhalten

Universität Augsburg

Lehrstuhl für Soziologie

Dozent: Sasa Bosancic

Referenten: Katharina Hahn, Stephanie Stühler, Thomas Buchner

09. 01. 2008

Gliederung

I. Symbolischer Interaktionismus

1. Einführung

2. Grundlage

3. Definition der Situation

4. Prämissen

5. Kernannahmen

II. Abweichendes Verhalten

1. Ätiologisches Paradigma

2. Anomietheorie von Robert K. Merton

3. Interaktionistische Devianzperspektive

Symbolischer Interaktionismusnach Herbert Blumer

Was ist Interaktion?

Symbolischer Interaktionismusnach Herbert Blumer

Was ist Interaktion?

Handeln von wenigstens zwei Individuen, um Verhalten abzustimmen.

Symbolischer Interaktionismusnach Herbert Blumer

Was ist symbolischer Interaktionismus?

Die Bedeutung von sozialen Objekten, Situationen und Beziehungen wird im symbolisch vermittelten Prozess der Interaktion und Kommunikation hervorgebracht.

=> Theorie der Mikrosoziologie

Grundannahmen des SI durch George Herbert Mead (1863-1931)

Biografie:

• 1863 in South Hadley, Massachusetts geboren

• Studium der Philosophie und Psychologie

• 1894-1931 Mitglied der University of Chicago, Illinois

• 1931 in Chicago gestorben

Soziologe, Sozialpsychologe, Philosoph

Grundannahmen des SI durch George Herbert Mead (1863-1931)

• Sozialität: Verhalten anderer wird zur Kontrolle eigenen Verhaltens adaptiert

• Signifikante Geste/Symbol: gleiche Reaktion der Individuen auf eine Handlung

⇒ Rollenübernahme

⇒ Sozialisation

Herbert Blumer (1900-1987)

Biografie:

• 1900 in St. Louis, Missouri geboren

• Schüler von Mead

• Nach Meads Tod, Übernahme dessen Vorlesungen an der University of Chicago

• 1987 gestorben

Werke:

• Movies and Conduct - 1933

• An Appraisal of Thomas Znaniecki's: The Polish Peasant - 1939

• Symbolic Interactionism: Perspective and Method -1969

Wie kann ich meine Handlungen an die der anderen Menschen anpassen?

Wie kann ich meine Handlungen an die der anderen Menschen anpassen?

-Definition der Situation!

Thomas-Theorem

William I. Thomas (1863-1947)

„Wenn Menschen Situationen als real definieren, sind auch ihre Folgen real.“

Die 3 Prämissen des SI

1. Bedeutung

„Die erste Prämisse besagt, dass Menschen ‚Dingen’ gegenüber auf der Grundlage

der Bedeutungen handeln, die diese Dinge für sie besitzen.“

Die 3 Prämissen des SI

2. Interaktion

„Die zweite Prämisse besagt, dass die Bedeutung solcher Dinge aus der sozialen

Interaktion, die man mit seinen Mitmenschen eingeht, abgeleitet ist oder aus ihr entsteht.“

Die 3 Prämissen des SI

3. Interpretation

„Die dritte Prämisse besagt, dass diese Bedeutungen in einem interpretativenProzess, den die Person in ihrer Auseinandersetzung mit den ihr begegnenden Dingen benutzt, gehandhabt und abgeändert werden.“

Die sechs Kernannahmen des SI

• Die Beschaffenheit der menschlichen Gesellschaft

• Die Beschaffenheit sozialer Interaktion

• Die Beschaffenheit von Objekten

• Der Mensch als handelnder Organismus

• Die Beschaffenheit menschlichen Handelns

• Die Verkettung von Handlungen

Die Beschaffenheit von Objekten

• physikalische Objekte (Baum,...)

• soziale Objekte (Mutter,...)

• abstrakte Objekte (Moral,...)

Die Beschaffenheit menschlichen Handelns

• Mensch nimmt Stellung zu Welt

• Mensch kann Dingen Bedeutung beimessen

• Ständiger Fluss von Situationen die der Handlende interpretieren/definieren muss

• Handeln nur verständlich wenn Definitionsprozess des Handelnden erschlossen wird

• Interaktion ist Interpretation

Die Verkettung von Handlungen

• Verkettung (interlinkage): eine Handlung greift in eine andere, ist Reaktion für eine andere oder Bedingung für die Nächste

• Verkettung begründet gemeinsames Handeln

Die Verkettung von Handlungen

Drei Anmerkungen zur Verkettung

1. Wiederholungen (Muster)

2. Verbindung von Handlungen (Netzwerke)

3. Vorgeschichte des Handelns (Ursprung)

Abweichendes Verhalten –

der traditionelle Ansatz

• Das ätiologische Paradigma

• Anomietheorie von Robert K. Merton

Das ätiologische Paradigma (Lehre von den Ursachen)

Drei Kennzeichen des ätiologischen Paradigmas

Kennzeichen des ätiologischen Paradigmas

1. Absolutistische Perspektive

2. Täterzentriertheit

3. Korrekturinteresse

Unterschied zwischen „Abweichlern“ und „Konformen“

Grundannahme: fundamentaler Unterschied zwischen Abweichlern und Konformen

Faktoren: Abweichler unterscheiden sich von Konformen hinsichtlich physischen psychischen und sozialen Aspekten

Unterschied zwischen „Abweichlern“ und „Konformen“

Bsp.: „Prostitution“

1. Abnorme Anlagen (hoher Sexualtrieb)

2. Sozialisationsmängel (zerrüttete Familie)

3. Soziale Lage (Arbeitslosigkeit, soz. Not)

Die Anomietheorie von Robert K. Merton

• 5.7.1910 – 23.2.2003

• Amerik. Soziologe

• Schüler von Parsons in Harvard

• Lehrte u.a. an der Tulane University in New Orleans und Columbia University

Foto: Robert K. Merton

Anomietheorie: 1938 formuliert und 1957 überarbeitet

Devianz (abweichendes Verhalten) als Reaktion auf gesellschaftliche Zwänge

• Devianz als Ausdruck von Anomie (Norm-, Regellosigkeit) als Folge übersteigerter Erwartungshaltungen der Bevölkerung

• Versuch einer sozialstrukturellen Erklärung von hoher Kriminalitätsrate der unteren sozialen Schichten

Auf welche Weise setzen einige sozialstrukturelle Gegebenheiten bestimmte Personen in der Gesellschaft einem Druck aus, sich eher abweichend als konform zu verhalten?

Unterscheidung kulturelle/soziale Struktur

kulturelle Struktur:

1. Kulturell festgelegte Ziele, Absichten, Interessen als erstrebenswerte Dinge

2. „regulative“ Normen bestimmen Wege zum Erreichen der Ziele

Anomie: Zusammenbruch der kulturellen Struktur wenn Ziele und Normen

unterschiedlich betont werden

Unterscheidung kulturelle/soziale Struktur

soziale Struktur (Stellung des Einzelnen im sozialen Ungleichheitsgefüge):

Abweichendes Verhalten als Symptom für das Auseinanderklaffen vorgegebener Ziele und Wege zum Erreichen dieser

Anomie: Unterschichtenkriminalität als „normale“ Reaktion benachteiligter

Personen in der Gesellschaft

Anomiedruck steigt wegen Massenarbeitslosigkeit und materiellen und sozialen Folgen die daraus resultieren!

Reaktionsweisen auf Anomie

• Konformität

• Innovation

• Ritualismus

• Rückzug

• Rebellion

Erklärungsansatz für Abweichendes Verhalten

die interaktionistische Devianzperspektive

Labeling approach

to label – etikettieren

auch Definitionsansatz, Etikettierungsansatz

Devianz = Ergebnis dynamischer Interaktion

Abweichendes Verhalten ergibt sich aus Definitionen und Reaktionen auf bestimmte Verhaltensweisen und deren Rückwirkungen

Abweichendes Verhalten ist nicht mehr Eigenschaft des Verhaltens/Person/Folge Verletzung einer Regel/Norm sondern:

sozialer Zuschreibungsprozess

Täterzentriertheit Akteure der : - Normsetzung, Normwandel- Normanwendung, /-durchsetzung

Akteur Soziales Publikum

Sozialer Kontext

Allgemeine Normen werden in Situationen interpretiert, das soziale Publikum entscheidet über Devianzzuschreibung

Interesse am Prozess, wie Personen das werden, als wassie bezeichnet werden

Primäre und sekundäre Devianz

primäre Abweichung: sekundäre Abweichung:

durch bestimmte Normen Abweichung in Folge vordefiniert, unterschiedliche gesellschaftlicher ReaktionenUrsachen (Anomie,...) und Rollenzuschreibungen;

Weiterverarbeitung der Primärabweichungzu neuer sozialen Wirklichkeit --> Rolle des Kriminellen --> mehr als Normverletzung

Abweichendes Verhalten als Prozess

Stufenmodell einer Abweichlerkarriere von Howard S. Becker (1973)

1. Begehen einer Regelverletzung

2. Öffentliche Zuschreibung des Etiketts ´´abweichend``

3. Generalisierung (master status)

4. Stigmatisierung

5. Abweichende Identität

6. Eintritt in Abweichlergruppe

Neue Ansätze in der Kriminologie

Hauptaspekt: inwiefern haben soziale Kontrollinstanzen kriminalisierende Wirkung

Änderungen im Jugendstrafvollzug

Betonung informelle KonfliktlösungPrivatisierung sozialer Kontrolle

seit 90er Jahren wieder Tendenz zur sozialen Ausschließung