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Nachrichten aus der Chemie| 59 | September 2011 | www.gdch.de/nachrichten
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874 BJournalV Impressum
Notwendig wäre die Anpassung der Uni-
versitäten an den Bedarf und mit dem Blick
auf europäische Vergleichsstrukturen: Die
Schweiz gibt pro Student und Jahr im Schnitt
12 000 Euro aus, Deutschland mit 8000 Euro
gerade mal zwei Drittel davon und spart so
8 Milliarden Euro im Jahr. Damit ließen sich
bei aktuell 41 500 deutschen Professoren
aufschreckende 40 000 Personalstellen (ge-
rechnet zu jeweils 200 000 Euro) Jahr für Jahr
finanzieren. Selbst wenn es kaufkraftkorri-
giert nur 20 000 gut ausgestattete Lehrer
und Forscher wären, würde das die aktuelle
Zahl der Chemikerstellen an den Universitä-
ten um 50 Prozent erhöhen.
Mit Zahlen lässt sich trefflich das „Was-
wäre-wenn-Szenario“ rechnen. Luftnum-
mern. Sandkastenspiele. In Wahrheit wird es
erst einmal darum gehen, die nächsten star-
ken Studentenjahre protestarm und preis-
wert zu überstehen.
Danach kommen die ebenso preisgünstige
Fortschreibung von Bologna auf niederem
Niveau und die Fortsetzung der Exzellenzini-
tiative mit anderen Mitteln.
Bei der Exzellenz steht die Lösung für die
Jahre nach 2017 schon parat, wenn man die
Entwicklung der Forschungslandschaft beob-
achtet: Die TU Karlsruhe schließt sich mit
dem Forschungszentrum dort zum KIT zu-
sammen und macht sich sogar bei der Bezah-
lung der Mitarbeiter vom Land unabhängig;
Annette Schavan nennt die Charité bereits
jetzt einen „Kandidaten für eine Bundesuni-
versität“. Warum sollte das nicht auch für an-
dere selbstbewusste Zentren funktionieren?
München wäre eines davon. Bund und Länder
exprimierten damit die bei den Hochschulen
epigenetisch bereits angelegte Zweiklassen-
gesellschaft. Ernst Guggolz
Die Pläne der Bürokraten
Vor mehr als zehn Jahren gelang es den Bil-
dungspolitikern, visionäre Ideen in Vorschriften
und ansatzweise in die Tat umzusetzen: euro-
paweites Studieren ohne Grenzen. Diese Um-
setzung gelang, weil Finanzpolitiker und Büro-
kraten die große Chance witterten, Geld zu
sparen. Ihre Überlegung war einfach: Studieren
alle Studenten nur noch sechs Semester bis
zum Bachelor als berufsqualifizierendem Ab-
schluss, werden an den Hochschulen ungeahn-
te Kapazitäten frei. Die waren notwendig, um
die absolut und relativ steigende Zahl der Stu-
dierenden erst einmal formal unterzubringen.
Ein weiterer kostensparender Effekt war die
viel zu niedrig geplante Übergangsquote vom
Bachelor zum Master: Nur jeder vierte Bache-
lor sollte weiter studieren; bildungspolitisch
eine lächerliche Zahl. Aber Sparpotenzial ohne
Ende.
Die europäischen Länder reagierten unter-
schiedlich auf Bologna. Grob betrachtet bekam
das – vorsichtig formuliert – unübersichtliche
Bildungssystem in Italien einfach einen neuen
Aufkleber. Das französische System, nach Stu-
dienjahren ziemlich rigide organisiert, ließ sich
ebenfalls leicht und zentral und diskussions-
arm gesteuert anpassen, wobei die elitären
Grandes Ecoles, über deren eigenartiges Leben
im systemfreien Raum Uwe Meierhenrich im
Juli berichtete [Nachr. Chem. 2011, 59, 712], als
staatstragend unberührbar genau dieses blie-
ben: unberührbar. Die Schweiz und die Nieder-
lande setzten das System Bologna konsequent
um. Die Schweiz sogar für die Fächer Jura und
Medizin, deren Absolventen – wie Deutschland
zeigt – als Schaltstellenbesetzer notorisch und
erfolgreich Brater von Extrawürsten sind.
In Deutschland protestierten zur Verblüf-
fung der Landesfürsten die Studenten.
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