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Interview mit Cornelsen-Autorin Renate Schmidt Konflikte gelassen meistern: Leben nach dem Forrest Gump Prinzip Der Film „Forrest Gump“ zog im Jahr 1994 die Menschen zu Hunderttausenden in die Kinos. Alle waren sie fasziniert von diesem liebenswerten Mann mit kleinem IQ aber großem Herzen. Seine Welt war einfach, und genau das war sein Glück. Ein Prinzip, dass wir uns in unserer schnellen und hektischen Zeit auch mal zu Herzen nehmen sollten, sagt zumindest die Unternehmensberaterin und Autorin Renate Schmidt. In Ihrem Buch „Die Wiederentdeckung der Einfachheit: Das Forrest Gump Prinzip“, gerade erschienen im Cornelsen Verlag, beschreibt sie, wie das aussehen kann. Und wir wollen es jetzt genauer wissen. Frau Schmidt, in welchen Situationen machen wir es uns im Leben manchmal zu kompliziert? Schmidt: Ich glaube in fast allen. Mir fallen nicht so viele Situationen ein, in denen wir es uns einfach machen. Also gerade hat es die neuen Studien gegeben: Unglaublich viele Menschen fühlen sich gestresst. Und zwar nicht nur Berufstätige, sondern auch diejenigen, die sich um ihre Familien kümmern. Und wenn wir mit mehr Einfachheit durchs Leben gehen würden, wären wir nicht so gestresst. Einfachheit fängt da beim Denken an, setzt sich in der Sprache fort und findet sich auch in den Dingen und Menschen wieder, mit denen wir uns täglich umgeben. Ich denke, wir haben ein ‚zu viel’ von allem. Und durch dieses, meist selbstgewählt – muss man schon so sagen - zu viel machen wir uns das leben oftmals selbst kompliziert. Das ist kein Postulat für das berühmte back to the roots, sondern einfach die Anregung öfter mal innezuhalten und sich zu fragen brauche ich dieses oder jenes wirklich? Wer sagt eigentlich, dass ich etwas bestimmtes tun MUSS? Nichts MUSS so bleiben wie es ist. Wir können ja jederzeit eine neue Entscheidung treffen. Stellen wir uns mal vor, wir könnten heute Nachmittag Forrest Gump treffen. Was sollten wir uns denn unbedingt bei ihm abschauen? Schmidt: Ach du Schande, jetzt muss ich mich selbst beschränken. Ich würde eigentlich empfehlen ein Praktikum zu machen. Aber lassen Sie mich zwei Dinge rausgreifen. Das eine ist das Thema Bewertung. Forrest Gump läuft völlig unbewertend durchs Leben. Er bewertet keine Situation sondern nimmt sie einfach hin. Er bewertet keine Menschen, sondern akzeptiert sie so wie sie sind. Denken wir an die Stelle, als Jenny Steine in das Haus ihres Vaters wirft, der sie ja als Kind missbraucht hat. Da schimpft er nicht etwa auf den Vater, der Jenny das angetan hat sondern sagt ganz schlicht an der Stelle ‚Ich glaube, manchmal gibt es nicht genug Steine’. Damit verbunden wäre dann gleich der zweite Aspekt, nämlich das Leben im hier und jetzt. Wir sollten aufhören, in alles etwas Negatives hineinzuinterpretieren und aufhören uns um die Zubereitung ungelegter Eier von morgen Gedanken zu machen. Durch unser permanentes sorgenvolles Denken an morgen verderben wir uns sozusagen das heute, und Forrest Gump ist jemand, der lebt jetzt, in der Gegenwart, und ist dabei ganz präsent. Heißt das aber auch im Umkehrschluss, dass ich Problemen einfach mit stoischer Ignoranz entgegnen sollte? Schmidt: Naja, also mit ‚stoischer Ignoranz’ das klingt so wie über sich ergehen lassen. Und das wäre nicht im Sinne des Forrest Gump Prinzips. Wir sollten vielmehr

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Interview mit Cornelsen-Autorin Renate Schmidt Konflikte gelassen meistern: Leben nach dem Forrest Gump Prinzip Der Film „Forrest Gump“ zog im Jahr 1994 die Menschen zu Hunderttausenden in die Kinos. Alle waren sie fasziniert von diesem liebenswerten Mann mit kleinem IQ aber großem Herzen. Seine Welt war einfach, und genau das war sein Glück. Ein Prinzip, dass wir uns in unserer schnellen und hektischen Zeit auch mal zu Herzen nehmen sollten, sagt zumindest die Unternehmensberaterin und Autorin Renate Schmidt. In Ihrem Buch „Die Wiederentdeckung der Einfachheit: Das Forrest Gump Prinzip“, gerade erschienen im Cornelsen Verlag, beschreibt sie, wie das aussehen kann. Und wir wollen es jetzt genauer wissen. Frau Schmidt, in welchen Situationen machen wir es uns im Leben manchmal zu kompliziert? Schmidt: Ich glaube in fast allen. Mir fallen nicht so viele Situationen ein, in denen wir es uns einfach machen. Also gerade hat es die neuen Studien gegeben: Unglaublich viele Menschen fühlen sich gestresst. Und zwar nicht nur Berufstätige, sondern auch diejenigen, die sich um ihre Familien kümmern. Und wenn wir mit mehr Einfachheit durchs Leben gehen würden, wären wir nicht so gestresst. Einfachheit fängt da beim Denken an, setzt sich in der Sprache fort und findet sich auch in den Dingen und Menschen wieder, mit denen wir uns täglich umgeben. Ich denke, wir haben ein ‚zu viel’ von allem. Und durch dieses, meist selbstgewählt – muss man schon so sagen - zu viel machen wir uns das leben oftmals selbst kompliziert. Das ist kein Postulat für das berühmte back to the roots, sondern einfach die Anregung öfter mal innezuhalten und sich zu fragen brauche ich dieses oder jenes wirklich? Wer sagt eigentlich, dass ich etwas bestimmtes tun MUSS? Nichts MUSS so bleiben wie es ist. Wir können ja jederzeit eine neue Entscheidung treffen. Stellen wir uns mal vor, wir könnten heute Nachmittag Forrest Gump treffen. Was sollten wir uns denn unbedingt bei ihm abschauen? Schmidt: Ach du Schande, jetzt muss ich mich selbst beschränken. Ich würde eigentlich empfehlen ein Praktikum zu machen. Aber lassen Sie mich zwei Dinge rausgreifen. Das eine ist das Thema Bewertung. Forrest Gump läuft völlig unbewertend durchs Leben. Er bewertet keine Situation sondern nimmt sie einfach hin. Er bewertet keine Menschen, sondern akzeptiert sie so wie sie sind. Denken wir an die Stelle, als Jenny Steine in das Haus ihres Vaters wirft, der sie ja als Kind missbraucht hat. Da schimpft er nicht etwa auf den Vater, der Jenny das angetan hat sondern sagt ganz schlicht an der Stelle ‚Ich glaube, manchmal gibt es nicht genug Steine’. Damit verbunden wäre dann gleich der zweite Aspekt, nämlich das Leben im hier und jetzt. Wir sollten aufhören, in alles etwas Negatives hineinzuinterpretieren und aufhören uns um die Zubereitung ungelegter Eier von morgen Gedanken zu machen. Durch unser permanentes sorgenvolles Denken an morgen verderben wir uns sozusagen das heute, und Forrest Gump ist jemand, der lebt jetzt, in der Gegenwart, und ist dabei ganz präsent. Heißt das aber auch im Umkehrschluss, dass ich Problemen einfach mit stoischer Ignoranz entgegnen sollte? Schmidt: Naja, also mit ‚stoischer Ignoranz’ das klingt so wie über sich ergehen lassen. Und das wäre nicht im Sinne des Forrest Gump Prinzips. Wir sollten vielmehr

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Probleme als etwas Selbstverständliches hinnehmen und schauen, was die jeweilige Situation uns an Möglichkeiten bietet. Probleme, das ist im Leben so, kommen und gehen und gehören zum Leben dazu wie die problemlosen Zeiten auch. Und ohne sie hätten wir kaum eine Möglichkeit uns weiterzuentwickeln. Denn wir Menschen wachsen durch Probleme und gewinnen an Selbstbewusstsein und Stärke. Und wichtig ist nicht wegzulaufen, nicht wegzugucken, sondern Problemen aktiv aber gelassen zu begegnen und immer dran zu denken, es geht alles vorbei. Also das Problem geht vorbei, genau so wie die schönen Zeiten. Und in dem Zusammenhang vielleicht noch, das hat unser Altmeister Goethe vor Jahren schon gesagt mit einem Gedicht, das finde ich in dem Zusammenhang ganz nett: Willst du dir ein hübsch Leben zimmern, Mußt dich ums Vergangne nicht bekümmern, Das Wenigste muß dich verdrießen; Mußt stets die Gegenwart genießen, Besonders keinen Menschen hassen Und die Zukunft Gott überlassen. Und das kommt dem Forrest Gump Prinzip schon sehr nahe. Wir machen es uns häufig viel zu kompliziert – sagt die Autorin Renate Schmidt in ihrem gerade im Cornelsen Verlag erschienenen Buch “Das Forrest Gump Prinzip“, erhältlich für 18,95 Euro.