Interview mit Karl-Heinz Streibich zu „Integriertes Outsourcing von Informationsverarbeitung und...

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Zur Person Karl-Heinz Streibich, Jahrgang 1952, ar- beitete nach dem Studium der Nachrichten- technik in Offenburg zuna ¨chst bei Dow Chemical in der Softwareentwicklung und bei ITT Europe in Großbritannien als Leiter der Abteilung Marketing Operations fu ¨r das europa ¨ische Marketing, bevor er nach drei- einhalb Jahren nach Deutschland zuru ¨ck- kehrte und zu ITT/Alcatel ging, wo er u. a. das PC-Gescha ¨ft fu ¨r Deutschland verantwor- tete. Anschließend baute er im Daimler- Benz-Konzern bei AEG Olympia das welt- weite PC-Gescha ¨ft auf und transferierte es nach zwei Jahren in das debis Systemhaus, wo er zusa ¨tzlich den Bereich Vertrieb und Services fu ¨r das Outsourcinggescha ¨ft leitete. Ab 1996 wurde Streibich Mitglied der Ge- scha ¨ftsfu ¨hrung im debis Systemhaus und lei- tete das Outsourcing- und Netzgescha ¨ft. Nachdem Streibich 2000 den Vorsitz der Gescha ¨ftsfu ¨hrung im debis Systemhaus u ¨bernahm, verantwortete er wesentlich den șbergang zur Deutschen Telekom und ist seither auch Mitglied der Gescha ¨ftsfu ¨hrung von T-Systems International, wo er den IT-Be- reich leitet, welcher derzeit etwa 6 Milliar- den Euro Umsatz aufweist (ein Anteil von et- wa 50 % von T-Systems; der Anteil des Outsourcinggescha ¨fts hiervon betra ¨gt eben- falls die Ha ¨lfte). Die Sparte bescha ¨ftigt ca. 32.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 23 La ¨ndern, davon 12.000 im Outsourcing- gescha ¨ft, 7.000 im Bereich Desktop und 13.000 in der Systementwicklung. WI: Wo werden die Vorteile der Integra- tion von Informationsverarbeitung (IV) und Telekommunikation (TC) deutlich? Streibich: Wir teilen in unserem Haus das Gescha ¨ft in zwei Segmente, die Anwen- dungsberatung und -entwicklung sowie das Information-and-Telecommunication- (ITC-)Outsourcinggescha ¨ft. Im erst- genannten Bereich zielen wir z. B. darauf ab, unser Branchen-Know-how im Tele- kommunikationssektor zu nutzen, indem wir etwa fu ¨r Netzwerkbetreiber, auch fu ¨r unsere Mutter, anspruchsvolle Abrech- nungslo ¨ sungen (billing) bereitstellen. Die Vorteile der Konvergenz zwischen IV und TC kommen dabei etwa im Infrastruktur- bereich zum Tragen. Dort bieten wir eine sog. End-to-End-Betreuung fu ¨r unsere Kunden u ¨ ber alle Plattformen hinweg an, vom Desktopservice u ¨ber Netze und ver- teilte Server bis hin zu den Rechenzentren. Dieses einheitliche Servicemanagement aus einer Hand bringt unseren Kunden einen hohen Nutzen. WI: In welchen Applikationen erweist sich die Konvergenz als besonders vorteilig? Streibich: Im Zentrum stehen hier alle Anwendungen, die auf Internettechnologie basieren, wie etwa der Betrieb von elektro- nischen Marktpla ¨tzen. Auch u ¨ berbetriebli- che Vernetzungen unter Nutzung von vir- tual private networks geho ¨ ren hierzu. So betreiben wir z. B. fu ¨ r die Automobilbran- che das ENX (European Network eX- change), also das internationale Netzwerk der Automobilhersteller, welche diese Kommunikationsplattform fu ¨ r das Supply- Chain-Management nutzen. Ein dritter großer Bereich sind die Bu ¨ rokommunikati- onsanwendungen. Hierzu geho ¨ rt auch Mo- bile Computing. WIRTSCHAFTSINFORMATIK 45 (2003) 2, S. 191 193 Karl-Heinz Streibich T-Systems International, Hahnstraße 43d, 60528 Frankfurt, E-Mail: [email protected] Interviewt von Wolfgang Ko ¨nig Prof. Dr. Wolfgang Ko ¨nig, Universita ¨t Frankfurt, Institut fu ¨r Wirtschaftsinformatik, Mertonstr. 17, 60054 Frankfurt am Main, E-Mail: [email protected] Interview mit Karl-Heinz Streibich zu „Integriertes Outsourcing von Informationsverarbeitung und Telekommunikation“ WI – Interview

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Zur Person

Karl-Heinz Streibich, Jahrgang 1952, ar-beitete nach dem Studium der Nachrichten-technik in Offenburg zunachst bei DowChemical in der Softwareentwicklung undbei ITT Europe in Großbritannien als Leiterder Abteilung Marketing Operations fur daseuropaische Marketing, bevor er nach drei-einhalb Jahren nach Deutschland zuruck-kehrte und zu ITT/Alcatel ging, wo er u. a.das PC-Geschaft fur Deutschland verantwor-tete. Anschließend baute er im Daimler-Benz-Konzern bei AEG Olympia das welt-weite PC-Geschaft auf und transferierte esnach zwei Jahren in das debis Systemhaus,wo er zusatzlich den Bereich Vertrieb undServices fur das Outsourcinggeschaft leitete.Ab 1996 wurde Streibich Mitglied der Ge-schaftsfuhrung im debis Systemhaus und lei-tete das Outsourcing- und Netzgeschaft.Nachdem Streibich 2000 den Vorsitz derGeschaftsfuhrung im debis Systemhausubernahm, verantwortete er wesentlich den�bergang zur Deutschen Telekom und istseither auch Mitglied der Geschaftsfuhrungvon T-Systems International, wo er den IT-Be-reich leitet, welcher derzeit etwa 6 Milliar-den Euro Umsatz aufweist (ein Anteil von et-wa 50% von T-Systems; der Anteil desOutsourcinggeschafts hiervon betragt eben-falls die Halfte). Die Sparte beschaftigt ca.32.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in23 Landern, davon 12.000 im Outsourcing-geschaft, 7.000 im Bereich Desktop und13.000 in der Systementwicklung.

WI: Wo werden die Vorteile der Integra-tion von Informationsverarbeitung (IV)und Telekommunikation (TC) deutlich?

Streibich: Wir teilen in unserem Haus dasGeschaft in zwei Segmente, die Anwen-dungsberatung und -entwicklung sowiedas Information-and-Telecommunication-(ITC-)Outsourcinggeschaft. Im erst-genannten Bereich zielen wir z. B. daraufab, unser Branchen-Know-how im Tele-kommunikationssektor zu nutzen, indemwir etwa fur Netzwerkbetreiber, auch furunsere Mutter, anspruchsvolle Abrech-nungslosungen (billing) bereitstellen. DieVorteile der Konvergenz zwischen IV undTC kommen dabei etwa im Infrastruktur-bereich zum Tragen. Dort bieten wir einesog. End-to-End-Betreuung fur unsereKunden uber alle Plattformen hinweg an,vom Desktopservice uber Netze und ver-teilte Server bis hin zu den Rechenzentren.Dieses einheitliche Servicemanagement auseiner Hand bringt unseren Kunden einenhohen Nutzen.

WI: In welchen Applikationen erweist sichdie Konvergenz als besonders vorteilig?

Streibich: Im Zentrum stehen hier alleAnwendungen, die auf Internettechnologiebasieren, wie etwa der Betrieb von elektro-nischen Marktplatzen. Auch uberbetriebli-che Vernetzungen unter Nutzung von vir-tual private networks gehoren hierzu. Sobetreiben wir z. B. fur die Automobilbran-che das ENX (European Network eX-change), also das internationale Netzwerkder Automobilhersteller, welche dieseKommunikationsplattform fur das Supply-Chain-Management nutzen. Ein drittergroßer Bereich sind die Burokommunikati-onsanwendungen. Hierzu gehort auch Mo-bile Computing.

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 45 (2003) 2, S. 191–193

Karl-Heinz Streibich

T-Systems International,Hahnstraße 43d,60528 Frankfurt,E-Mail: [email protected]

Interviewt von

Wolfgang Konig

Prof. Dr. Wolfgang Konig,Universitat Frankfurt,Institut fur Wirtschaftsinformatik,Mertonstr. 17,60054 Frankfurt am Main,E-Mail: [email protected]

Interview mit Karl-Heinz Streibichzu„Integriertes Outsourcing vonInformationsverarbeitungund Telekommunikation“

WI – Interview

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Grundsatzlich fordert die Digitalisierungder Geschaftsprozesse – d. h. das E-Busi-ness – ein integriertes IT- und TC-Know-how im Anwendungsentwicklungsbereich.

WI: Welche Rolle spielt Sicherheit in IhrenKonzepten und in Ihrem Geschaft?

Streibich: Auch hier sind zwei Ansatze zuunterschieden. Der erste befasst sich mitder unterbrechungsfreien Lieferung vonIT-Services – je nachdem, welchen Service-level der Kunde eingekauft hat. Im Wesent-lichen ist dies eine Frage von redundantenund krisenfesten Sicherheitssystemen aufunserer Seite, denn wenn wir fur jemandeinen IT-Dienst betreiben, mussen wir si-cherstellen, dass wir den mit dem Kundenvereinbarten Servicelevel einhalten.Auf der anderen Seite haben wir aus un-

serem Erfahrungshintergrund bei Daten-schutz und Authentifizierungslosungen be-sondere Kompetenzen. Beispielsweiseverwenden wir selbst eigen entwickelteSmartcards fur Authentifizierungen imLaptop. Wir betreiben des Weiteren einTrustcenter mit einem Rechenzentrum furdie asymmetrische Verschlusselung, dasheute State-of-the-Art ist. Im Umfeld hier-zu bieten wir naturlich auch entsprechendeBeratungs- und Zertifizierungsleistungenan.

WI: Ist das Callcenter-Geschaft fur Siewichtig?

Steibich: Ja, denn die Wirtschaft verlagertgroße Teile ihrer Aktivitaten ins Internetund die intensive Internetnutzung machtden Markt transparenter, was auch dazufuhrt, dass Endverbraucher schneller ab-wandern konnen. Kundenbindung ist alsoein Gebot der Stunde und wird zuneh-mend wichtig. Hier kann ein Callcenterwertvolle Dienste leisten.Tatsachlich wunscht sich unser Kunde,

also der Anbieter von Leistungen amMarkt, ein Communicationcenter aus ei-nem Guss. Das heißt, dass Geschaftspro-zesse, Technik und Personal voll aufeinan-der abgestimmt sein mussen. Dabei istnicht die Telekommunikationsanlage zen-traler Fokus, sondern dort stehen die kun-denbezogenen Prozesse.Ausgangspunkt ist also letztlich die stra-

tegische Frage, was Sie mit dem Callcentererreichen wollen? Welche Prozesse sindhierzu notwendig? Welche Qualifikationbrauchen die diesbezuglichen Mitarbeiter?Erst dann kann die richtige Technologiehinzugefugt werden, wie z. B. Anrufvertei-

lung auf Antwortende, Nutzung beliebigerMedien – z. B. E-Mail, Fax, Internet-kontakte oder Anrufe – , des Weiteren dieComputer-Telefon-Koppelung, ein Sprach-Dialogsystem usw.

WI: Wie konnen wir uns einen uber alleAnwendungs- und Netzelemente gespann-ten Gesamt-Servicelevel vorstellen?

Streibich: Ich mochte hier zwei Extremenennen. Auf der einen Seite leisten wir denRechenzentrumsbetrieb fur einen Kundenund vereinbaren den Servicelevel am Kanalim Rechenzentrum, z. B. 99,7% Verfug-barkeit im Verlauf eines Jahres. So etwashat fur den Anwender nur begrenzt Rele-vanz, denn zwischen ihm und dem Re-chenzentrum steht noch das Unterneh-mensnetzwerk sowie außerhalb des Re-chenzentrums betriebene Server und PCs.In einer solchen Umgebung kann es durch-aus passieren, dass das Rechenzentrum her-vorragend lauft, der Endanwender abergleichwohl den Dienst nur eingeschranktnutzen kann, da z. B. das Netzwerk steht.End-to-End-Servicelevel-Verantwortung

bedeutet demgegenuber, dass alle mitein-ander gekoppelten Elemente und Organi-sationen, die in der Supply-Chain zurBefriedigung von Kundenanspruchen leis-tungsbereit sein mussen, so bruchlos –seamless – zusammenarbeiten, dass derKunde an seinem Arbeitsplatz mit tatsach-lich wahrgenommener Verfugbarkeit dernachgefragten Dienste bedient wird.Was das bedeutet, kann man mathema-

tisch herleiten, denn die Einzelverfugbar-keiten der fur seine Bedienung notwendi-gen Elemente sind multiplikativ miteinan-der verknupft. Eine einzige Schwachstellewurde die Gesamtverfugbarkeit nach untenziehen.

WI: Welche Verfugbarkeitsqualitaten wer-den gangigerweise vom Markt nach-gefragt?

Streibich: Bei Servern sprechen wir haufigvon 98,5%. Fur einen PC-Arbeitsplatzliegt man oftmals darunter, weil der Kundegar nicht einen derart hohen Servicelevelbraucht – und außerdem steigt der Preismit zunehmender Verfugbarkeit.

WI: Welche Servicequalitat wird bei mobi-len Systemen nachgefragt?

Streibich: In diesem Bereich ist die Fehler-toleranz der Anwender großer. Jeder kenntbeispielsweise die Verbindungsprobleme,

wenn man im Auto unterwegs ist. Das istStand der Technik, wenngleich ich nichtweiß, wie lange das der Anwender nochakzeptiert.

WI: Welche anderen Qualitatsgroßen – ne-ben der Verfugbarkeit – spielen fur denKunden eine Rolle?

Streibich: Die eben diskutierte Verfugbar-keit ist eine statische Große. Daruber hi-naus mussen wir die Veranderung der Sys-teme betrachten, was neudeutsch gerne mitdem Begriff Change-Management belegtwird. Stellen Sie sich in einer Supply-Chainmit mehreren an sich unabhangigen Part-nern das Erarbeiten und nachfolgend syste-matische Einspielen von �nderungen vor,ohne dass der laufende Betrieb beeintrach-tigt wird. Dort wird vom Markt ein verant-wortlicher Ansprechpartner verlangt, derdie weitere Stabilitat nach Veranderungengarantiert.

WI: Inwieweit konnen Sie diesen Typ vonLeistungen fur beliebige Branchen zur Ver-fugung stellen?

Streibich: Infrastruktur-Services kann manuberall zum Einsatz bringen. Gleichwohlgilt, dass auch aus der Art der Verbindungvon der universellen Infrastruktur zu denbranchenspezifischen Applikationen Vor-teile fur den Kunden geschopft werdenkonnen, sodass wir entsprechend derNachfrage von spezifischen Wirtschafts-zweigen individuelle und optimierte Ge-samtlosungen erzeugen konnen.Anwendungssysteme bieten wir in eine

Reihe ausgewahlter Branchen an, z. B. Te-lekommunikation, Fertigungsindustrie, of-fentlicher Bereich, Banken und Versiche-rungen sowie Reise und Transport. Durchentsprechende Kompetenzzentren zielenwir hierbei auf eine starkere Automatisie-rung bisher manuell betriebener Prozessedurch Software, bringen diese dann mit derInfrastruktur zusammen und betreiben al-les im Rahmen der mit dem Kunden ver-einbarten Servicelevels.

WI: Neben dem Preis konnten fur denKunden auch andere Entscheidungskrite-rien wichtig sein, etwa die Frage der Risi-koteilung. Kommen Sie hier Kunden ent-gegen?

Streibich: Ja. Ein Beispiel ist, dass wir einenFestpreis fur eine definierte Leistung ver-einbaren und daruber hinaus festlegen:Wenn wir durch gemeinsame Anstrengun-

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gen mit dem Kunden die Leistung uber-oder die Kosten unterschreiten, teilen wiruns zu jeweils 50% den entstandenenMehrwert. Demgegenuber sind Kosten-uberschreitungen meist unsere Sache, so-weit nicht vertraglich fixierte Mitwirkungs-pflichten beim Kunden verletzt wurden.Ein zweites Beispiel ist, dass wir die

Rechnungserstellung und das Inkasso voneinem Mobilfunk-Service-Provider betrei-ben und bezogen auf ein definiertes Volu-men von Geschaftsvorfallen einen Festpreispro Rechnung abrechnen. Wenn der Kun-de sein Geschaft ausweitet, wird er mehrRechnungen ausstellen und wir partizipie-ren an seinem Erfolg.

WI: Wie kann man in einem langerfristigenOutsourcingkontrakt, wenn Sie Ihrerseitsvon Vorleistungen relativ wenig beeinfluss-barer Zulieferer abhangen, �nderungenantizipieren?

Streibich: Dazu braucht man sehr, sehr vielErfahrung. Einmal hatten wir zum Beispielein Problem dadurch, dass ein neues SAP-R/3-Release viel mehr Hardwaredurchsatzverlangte, was zum Zeitpunkt des Ver-tragsabschlusses nicht einkalkuliert werdenkonnte. Wir haben neben den vorgenann-ten Kompetenzzentren fur Branchen auchsolche fur wichtige Technologiebereiche –im vorgenannten Beispiel also SAP-Syste-me. Hier findet auch ein reger Gedanken-und Erfahrungsaustausch mit den Liefe-ranten statt, um rechtzeitig die Innovatio-nen an den Markt bringen und auf die Ver-anderungen reagieren zu konnen.

WI: Versuchen Sie – und wenn ja wie – ,durch Bundelung von GeschaftsvorfallenKostenvorteile zu erzielen?

Streibich: Ja, wir nennen dies Sharedser-vices. Dabei haben wir eine Produktion ineinem Rechenzentrum, von der wir Leis-tungsscheiben an unterschiedliche Kundenverkaufen. Ein Beispiel ist das Business-Process-Outsourcing im Personalbereich,wo man eine Anwendungssoftware fur5.000 oder 200.000 Lohn- und Gehalts-abrechnungen verwenden kann. Kosten-vorteile werden dadurch erzielt, dass dieInfrastruktur nicht linear mit der Anzahlder Nutzer wachst, sondern Economy-of-Scale-Effekte dafur sorgen, dass die Stuck-kosten mit steigendem Volumen sinken.

WI: �bernehmen Sie bei Outsourcing-geschaften auch Gebaude, Gerate und Per-sonen?

Streibich: Personen und Gerate ja, Gebau-de eigentlich nie. Wenn notwendig, uber-nehmen wir diese in ein Mietverhaltnisdurch z. B. die DeTeImmo.

WI: �ber wie viele Personen sprechen wirhierbei?

Streibich: Eben gerade haben wir 350 Leu-te ubernommen; pro Jahr sprechen wiruber etwa 500–1.000 Personen – bei einemPersonalbestand von insgesamt 12.000.

WI: Arbeiten Sie international mit anderenTelekommunikationsanbietern zusammen?

Streibich: Wir verantworten bei einemKunden, der im Ausland bedient werdenmochte, den Gesamtvertrag und kaufendiesbezugliche Netzdienstleistungen, so-weit wir sie nicht selbst erstellen, zu. Diesheißt naturlich auch, dass wir Leistungenvon anderen Saulen unserer Telekom-Mut-ter beziehen.

WI: Wie verbindet sich generell Ihr Out-sourcinggeschaft mit den Telekom-Saulen?

Streibich: Neben den eben dargelegten Lie-fer- und Leistungsbeziehungen konnen wirz. B. auf die ganze Prasenz aller Standorteund das Know-how der �berwachungs-zentren der Telekom zugreifen. Des Wei-teren sind wir naturlich der IT-Service-Provider fur die anderen Saulen, ebensoderen Softwareentwicklung, denken Siez. B. an Onlineportale. Daruber hinausentwickeln wir gemeinsam moderne Soft-warelosungen fur Dritte, etwa zusammenmit T-Mobile mobile Anwendungssyste-me.

WI: Wie wird sich die Integration zwischenIV und TC in fernerer Zukunft fortsetzen?Was sind die spannenden Themen vonubermorgen?

Streibich: Nach den SonderkonjunkturenMitte und Ende der 90er Jahre – etwa dieDurchsetzung des Internets, die Client-Server-Welle, die Euro-Umstellung sowiedie Jahr-2000-Problematik – leiden wir et-was unter der Verknappung von spannen-den Themen. Die Große dieser positivenEinflusse merken wir erst jetzt richtig, wosie nicht mehr verfugbar sind. Nach meiner�berzeugung kommen die Zukunftsthe-men allerdings nicht von alleine, sondernwir mussen sie treiben.Hierzu mochte ich zwei Dinge anspre-

chen: Zum einen ist es notwendig, ganz

neue Modelle im Outsourcing zu ent-wickeln, die Kosteneinsparungen in derGroßenordnung von 25% ermoglichen,gegenuber 10–15% heute. Dann ziehtauch der Outsourcingmarkt wieder an. Ei-ne Handlungsoption hierbei ist, off-shorezu gehen, und zwar sowohl bezuglich desBetreibens von Infrastrukturen als auch inder Softwareentwicklung.Zweiter Punkt: Wir mussen bessere mo-

bile Losungen entwickeln und anwenden,z. B. in den Bereichen computing und com-munication.

WI: Wofur wird der Kunde in Zukunft imBereich der mobilen Systeme Geld aus-geben?

Streibich: Durch die zunehmende Breit-bandigkeit werden sich gegenuber heuteintelligente Losungen ergeben, welche diephysische Mobilitat erleichtern. Ein Bei-spiel: Ich telefoniere heute mehr inTelefonkonferenzen als in Eins-zu-eins-Gesprachen. Alle damit zusammenhangen-den Aufgaben des Managements der Grup-pe sowie der einzeln und kollektiverarbeiten Losungen und Gedanken bedur-fen einer besseren Losung.

Oder nehmen Sie das Handy, mit demSie Multimedia Messaging Services (MMS)nutzen konnen. Wenn die Bandbreite zu-nimmt, schließen Sie das Gerat an IhrenPC an und verwenden dessen großen Bild-schirm, auf dem man sein Gegenuber sehenkann. Allgemein wird der Grad an mobilerMultimedialitat deutlich zunehmen.

WI: Welche Zukunftsuberlegungen kannman im Infrastrukturbereich ansetzen?

Streibich: Sie sind sicherlich intensiver PC-und Laptop-Nutzer. Eigentlich ist die heu-tige Vorgehensweise ein Drama. Sie sitzenzunachst im Buro und sind mit ihremDesktop im Netz. Dann mochten Sie einenTermin außer Haus wahrnehmen. WennSie mit dem Auto fahren, mussen Sie sichuber Handy oder das Bordtelefon neu ein-wahlen. Kommen Sie dann an einen hotspot, etwa am Flughafen oder im Bahnhof,konnten Sie uber WLAN eine Verbindungherstellen. Dazu mussen Sie sich aber wie-der einwahlen. Kunden werden im Ver-gleich mehr Geld fur einen bruchlosenNetzzugang – seamless access – ausgeben.Sie wollen ohne Medienbruch im Netzbleiben und sich nicht immer neu anmel-den mussen.

WI: Herzlichen Dank fur das Gesprach.

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