investnews Guide 2016 für Vermögensverwalter_BRP BIZZOZERO & PARTNERS SA_DE

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D ie Akquisition und Betreuung internationaler Kunden können für die Banken nicht nur mit aufsichtsrechtlichen Risiken, sondern auch mit straf- und zivilrechtlichen Risiken verbunden sein. Ein Verstoss gegen die Marktzugangsregeln kann Verträge nichtig werden lassen, was wiederum eine potenziell beträchtliche finanzi- elle Haftung nach sich ziehen kann. Ein Privatkunde aus der EU kann ferner einen Gerichtsstand in seinem Land geltend machen, wenn die Bank in diesem Land aktiv und in einem Unterzeichnerstaat des Lugano-Übereinkommens ansässig ist. Je nach Fall kann ein Kunde der Bank auch die Verlet- zung lokaler Regeln zum Anleger- und Verbraucherschutz entgegenhalten. Diese Risiken nehmen zu, wenn die Steu- erkonformität des Kunden gegeben ist, da ihn dann nichts daran hindert, die Behörden und Gerichte seines Landes einzuschalten. Unabhängige Vermögensverwalter: grenzüberschreitende Tätigkeiten RA DR. ALESSANDRO BIZZOZERO, BRP BIZZOZERO & PARTNERS SA Das Cross-Border-Risikomanagement wurde nach der Krise im Jahr 2008 zu einem aktuellen ema 1 . Die grenzüberschreitenden Aktivitäten der Banken rückten in den Fokus der Aufsichtsbehörden. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA), gefolgt von anderen Aufsichtsbehörden, gelangte zu Recht zur Auffassung, dass das Cross- Border-Risiko für die Banken ein sehr ernst zu nehmendes Risiko ist. 18

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D ie Akquisition und Betreuung internationaler Kunden können für die Banken nicht nur mit

aufsichtsrechtlichen Risiken, sondern auch mit straf- und zivilrechtlichen Risiken verbunden sein. Ein Verstoss gegen die Marktzugangsregeln kann Verträge nichtig werden lassen, was wiederum eine potenziell beträchtliche finanzi-elle Haftung nach sich ziehen kann. Ein Privatkunde aus der EU kann ferner einen Gerichtsstand in seinem Land geltend machen, wenn die Bank in diesem Land aktiv und in einem Unterzeichnerstaat des Lugano-Übereinkommens ansässig ist. Je nach Fall kann ein Kunde der Bank auch die Verlet-zung lokaler Regeln zum Anleger- und Verbraucherschutz entgegenhalten. Diese Risiken nehmen zu, wenn die Steu-erkonformität des Kunden gegeben ist, da ihn dann nichts daran hindert, die Behörden und Gerichte seines Landes einzuschalten.

Unabhängige Vermögensverwalter:

grenzüberschreitende Tätigkeiten

RA DR. ALESSANDRO BIZZOZERO, BRP BIZZOZERO & PARTNERS SA

Das Cross-Border-Risikomanagement wurde nach der Krise im Jahr 2008 zu einem aktuellen Thema 1 . Die grenzüberschreitenden Aktivitäten der Banken rückten in den Fokus der Aufsichtsbehörden. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA), gefolgt von anderen Aufsichtsbehörden, gelangte zu Recht zur Auffassung, dass das Cross-Border-Risiko für die Banken ein sehr ernst zu nehmendes Risiko ist.

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V E R M Ö G E N S V E R W A L T U N G : D I E R A H M E N B E D I N G U N G E N

Die Aufsichtsbehörden haben recht schnell verstanden, dass diese Risiken auch andere Finanzintermediäre und insbe-sondere die unabhängigen Vermögensverwalter betreffen, entweder beim Anbieten von selbst erbrachten Dienstleis-tungen oder als Anbieter der Dienstleistungen einer Depot-bank 2. Das Thema ist allerdings nach wie vor komplex, und wir stellen fest, dass im Ansatz eine gewisse Verwirrung herrscht. Dieser kurze Beitrag soll unabhängigen Vermö-gensverwaltern mehr Klarheit zu diesem Thema verschaffen.

DIE BEDEUTUNG DER ART DES MANDATS Ein Vermö-gensverwalter betreut seine Kunden vor allem auf der Basis von zwei Mandatsarten: Vermögensverwaltungsmandate und Anlageberatungsmandate. Aus aufsichtsrechtlicher Sicht ist das Angebot dieser Leistungen, oft im Gegen-satz zu Bankdienstleistungen, dem Angebot von Anlage-dienstleistungen gleichzusetzen. Für ein angemessenes Cross-Border-Risikomanagement muss der Vermögensver-walter zunächst verstehen, was er tun kann, ohne gegen die Marktzugangsregeln im Land des potenziellen Kunden zu verstossen. Dabei muss er vor allem klären, ob die beiden Dienstleistungen oder nur eine oder keine von beiden im Drittland durch eine Monopolregulierung tangiert sind.

[ Für ein angemessenes Cross-Border-Risikomanagement muss der

Vermögensverwalter zunächst verstehen, was er tun kann, ohne gegen die

Marktzugangsregeln im Land des potenziellen Kunden zu verstossen ]

Ist eine Dienstleistung nicht reguliert, gelten für den Marktzu-gang lediglich die üblichen Einschränkungen zur Ausübung der Geschäftstätigkeit (faktische Zweigniederlassung und steuerpflichtige Anwesenheit). Ist dagegen für die Tätig-keit als Vermögensverwalter und/oder Finanzberater eine Lizenz erforderlich, muss die Toleranzschwelle festgelegt werden, ab der die Anwerbung von Kunden in diesem Land bzw. in Richtung dieses Landes eine behördliche Genehmi-gung des betreffenden Landes erforderlich macht. Je nach Fall darf ein Vermögensverwalter seine Dienstleistungen nur aus der Ferne oder nur gelegentlich vor Ort anbieten. Einige Länder schreiben schon eine Lizenz vor, wenn der potenzielle Kunde im entsprechenden Land wohnhaft ist. Dies auch dann, wenn die Initiative zur Kontaktaufnahme seitens des Kunden und nicht seitens des Vermögens-verwalters erfolgte (z. B. Kanada). Es kann sein, dass die lokalen Vorschriften Cross-Border-Lizenzen zulassen, d. h. Bewilligungen, welche die Akquise im Land ermöglichen, ohne dass eine lokale Niederlassung gegründet werden

muss. Diese Möglichkeiten zu nutzen, entspricht dem aktuellen Trend, da diese Lizenzen eine Tätigkeit zu inte-ressanten Bedingungen mit geringeren Kosten sowie in völliger Rechtssicherheit ermöglichen. Allerdings wird diese Möglichkeit meistens nur den ausländischen Finanzinterme-diären angeboten, die in ihrem eigenen Land bereits einer Aufsicht unterstehen, was z. B. für die meisten Schweizer Vermögensverwalter noch nicht der Fall ist. Der Vermögensverwalter muss ferner die Einschränkungen kennen, welche die Ausübung seines Mandats betreffen könnten. Dies gilt insbesondere für das Anlageberatungs-mandat, dessen Ausübung eine Interaktion mit dem Kunden voraussetzt, der sich dabei meistens in seinem Land befindet. Einige Länder sind der Ansicht, dass die Ausübung eines derartigen Mandats einer Dienstleistung entspricht, für die im besagten Staat eine Lizenz erforderlich ist. In diesem Fall hat der Vermögensverwalter jegliches Interesse, anstelle eines Beratungsmandats ein diskretionäres Vermögensver-waltungsmandat anzubieten. Aus aufsichtsrechtlicher Sicht erfolgt die Ausübung des Vermögensverwaltungsmandats im Land des Verwalters oder sogar in dem Land, in dem sich die verwalteten Konten befinden. Mit dem diskretio-nären Vermögensverwaltungsmandat fällt für den Vermö-gensverwalter das Risiko, die Gesetze über die Ausübung einer Finanzaktivität zu verletzen, geringer aus. Dabei sei aber auch erwähnt, dass einige Länder es ausländischen Vermögensverwaltern verbieten, Guthaben auf einem lokal eröffneten Konto zu verwalten, wenn der besagte Vermö-gensverwalter nicht über eine ordnungsgemäss genehmigte Niederlassung vor Ort verfügt (z. B. Belgien).

DIE NUTZUNG VON FINANZPRODUKTEN Nicht zuletzt muss sich der Vermögensverwalter im Klaren sein, ob das Angebot oder die Nutzung von Finanzprodukten (Invest-mentfonds, strukturierte Produkte usw.) im Rahmen des Beratungsmandats oder des diskretionären Verwaltungs-mandats durch die nationalen Vorschriften im Land seines Kunden untersagt oder eingeschränkt werden. Die nationale Regulierung der Produkte wirkt zunehmend auch ausser-halb des Staatsgebiets und tendiert dazu, alle im Land ansässigen Anleger zu schützen (z. B. AIFM-Richtlinie für

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die EU). Dies auch dann, wenn die Beratungs- und Verwal-tungsverträge mit ausländischen Dienstleistern und in Über-einstimmung mit den Marktzugangsregeln geschlossen wurden. Auch hier scheint das Beratungsmandat proble-matischer zu sein als der diskretionäre Vermögensverwal-tungsvertrag. Es gibt tatsächlich auch Rechtsordnungen, die eine Registrierung des Produkts und/oder die Erstellung eines Verkaufsprospekts für ein Angebot vorschreiben, das im Rahmen eines Beratungsmandats erfolgt, jedoch nicht, wenn das Produkt in Ausübung eines diskretionären Verwal-tungsmandats platziert wird.Die Tatsache, dass der Vermögensverwalter Retrozes-sionen aus einem Anlagefonds erhält, den er im Port-folio verwaltet, oder dass er der Promoter des besagten Produkts ist, könnte die Aufsichtsbehörde dazu bewegen, die Nutzung des Produkts in der diskretionären Verwaltung als Vertrieb eines nicht zugelassenen Produkts umzuqualifi-zieren. Der Vermögensverwalter könnte aufgrund der natio-nalen Regelung dann nicht nur verpflichtet sein, das Produkt im Land des Kunden zu registrieren bzw. einen entspre-chenden Verkaufsprospekt zu erstellen, sondern auch dazu, die lokalen Regeln zur Angemessenheit und Eignung des Produkts angesichts des Risikoprofils des Kunden zu berücksichtigen. Dieses komplexe Thema beschäftigt die Bankenwelt stark.

DIE WAHL DER DEPOTBANK Der Vermögensverwalter kann auch an der Wahl der Depotbank beteiligt sein. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob er auch die für das Angebot von Bankdienstleistungen geltenden Cross-Bor-der-Regeln berücksichtigen muss, die – nebenbei bemerkt

– durchaus von den für Anlagedienstleistungen geltenden Normen abweichen können. Die Antwort hängt dabei jeweils von der Rolle ab, die der Vermögensverwalter bei diesen Vorgängen übernimmt.

[ Die Frage, für wen der Vermögensverwalter handelt, stellt sich auch hinsichtlich

der Handlungen, die im Nachgang zwischen der Bank und dem Kunden vorgenommen

werden ]Dabei ist zwischen zwei Situationen zu unterscheiden: Erstens kann der Vermögensverwalter auf der Basis einer unabhängigen Suche, die er allein im Interesse des Kunden durchgeführt hat, eine Bank vorschlagen. In diesem Fall kann nicht von einem Vertrieb gesprochen werden. Das Vorschlagen einer Bank an den Kunden dürfte das Bank-gesetz des Landes des Kunden kaum verletzen. Der Vermögensverwalter vertritt bei den für die Kontoeröffnung erforderlichen Kontakten mit der Bank den Kunden und tritt nicht als Vertreter der Bank gegenüber dem Kunden auf. Es obliegt daher alleine der Bank, für die Einhaltung der lokalen Regeln betreffend Marktzugang zu sorgen. In diesem Zusammenhang hat in einigen Ländern auch die Bank dafür zu sorgen, dass der Vertrag bei ihr und nicht

im Land des Kunden ausgehandelt und unterzeichnet wird. Im zweiten Fall könnte der Vermögensverwalter aufgrund eines Kooperationsvertrages und für eine Vergütung als Beauftragter der Bank handeln. In diesem Fall würde die Tätigkeit des Vermögensverwalters als Vertriebsaktivität zugunsten der Bank erachtet und seine Handlungen können die Bank binden. Ein Vermögensverwalter, der die Dienst-leistungen der Depotbank anbietet und dabei gegen lokale Vorschriften verstösst, setzt die Bank den oben erwähnten Cross-Border-Risiken aus und kann persönlich als direkt für die Verletzung verantwortlicher Gehilfe zur Rechenschaft gezogen werden. Häufig beinhalten Kooperationsvereinbarungen Klauseln, die den Vermögensverwalter verpflichten, die Normen der Länder einzuhalten, in denen die Akquisition erfolgt. Diese Klauseln haben selbstverständlich Vertragscharakter, können jedoch das aufsichtsrechtliche Risiko für die Bank nicht völlig aus der Welt schaffen. Die Frage, für wen der Vermögensverwalter handelt, stellt sich auch hinsichtlich der Handlungen, die im Nachgang zwischen der Bank und dem Kunden vorgenommen werden. Handelt der Vermö-gensverwalter als Vertreter der Bank (Unterzeichnung nach-träglicher Erklärungen, Übermittlung von Informationen usw.) ist es in seinem eigenen Interesse, die zulässigen Grenzen seiner Tätigkeit zu kennen. Schliesslich ist festzuhalten, dass eine Cross-Border-Lizenz des Vermögensverwalters für den Vertrieb von Anlagedienstleistungen in der Regel den Vertrieb von Bankdienstleistungen auf Rechnung der Bank nicht abdeckt. Wie wir sehen können, sind grenzüberschreitende Tätig-keiten für einen Vermögensverwalter mit komplexen Fragen verbunden. Dabei müsste der Vermögensverwalter ein hohes Interesse haben, diese Fragen professionell zu behandeln. Er riskiert sonst, seine Tätigkeit und seine Exis-tenz zu gefährden. Ein effizientes Cross-Border-Manage-ment ermöglicht es ihm, für jedes einzelne Land spezifische Geschäftsmodelle einzuführen und geeignete Risikominde-rungsmassnahmen zu ergreifen. Unter diesen Massnahmen könnte sich eine Neudefinition der Beziehungen zur Depot-bank sich als nützlich erweisen.

1 - Zur Cross-Border-Frage siehe: A. Bizzozero/C. Robinson, Activités financières cross-border vers et depuis la Suisse, Fribourg 2010.

2 - A. Bizzozero / S. Maillard, Gérants indépendants – Gestion des ris-ques par la banque dépositaire, Fribourg 2014.

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ALESSANDRO BIZZOZERO

Alessandro Bizzozero ist Doktor der Rechte, Rechtsanwalt und Dozent an der Universität Genf. Er ist der Verfasser von Nachschlagewerken auf den Gebieten der Vermögensverwaltung und grenzüberschreitender Finanzgeschäfte. Er leitet die Gesellschaft BRP Bizzozero & Partners SA, Genf, die auf dem Gebiet der Cross-Border-Risikoverwaltung führend ist.