Ionenaustauscheranlagen können Richtig aufbereiten · mungsbäder durch Abtrennen von Eisen und...

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Jahrg. 71 (2017) 9 50 ABWASSERAUFBEREITUNG Seit der Einführung des produktionsinte- grierten Umweltschutzes (PIUS) ist es not- wendig, schon in der Vorplanungsphase alle zurzeit verfügbaren Möglichkeiten für die Minimierung des Spülwasserverbrauchs, für die Minimierung der Verschleppung von Chemikalien und den Einsatz von Ver- fahren der Wertstoff-Rückgewinnung zu überprüfen. Das Gleiche gilt auch, wenn vorhandene Galvanoanlagen modernisiert beziehungsweise auf neue Verfahren umge- stellt werden sollen. Wasseraufbereitung und Kreislaufführung In der Regel muss das Stadtwasser oder auch das Brunnenwasser vor dem Einsatz in einer Beschichtungsanlage aufbereitet werden. Das Frischwasser enthält in den meisten Fällen zu viele Mineralien und andere Par- tikel, die je nach Beschichtungsverfahren zu Problemen führen können. Für die Wasser- aufbereitung stehen mehrere Verfahren zur Verfügung, die mitunter auch nacheinander ausgeführt werden. Bei der Wasserenthärtung wird die Bin- dung der Wasserhärte (Ca2+ und Mg2+) über Ionenaustausch und Freisetzen von Na+-Ionen erreicht. Die Wasserhärte re- duziert sich auf < 0,1 °dH, während der Salzgehalt und damit die Leitfähigkeit na- hezu konstant bleiben. Die Regeneration des Harzbetts erfolgt mit einer gesättigten Natrium-Salzlösung. Die Umkehrosmose trennt die im Wasser gelösten Salze mittels Druckerhöhung über eine semipermeable Membran ab. Je nach Anlagenausführung wird die Leitfähigkeit auf 0,5 bis 3,0 Prozent von der Leitfähigkeit im Wasserzulauf reduziert. Es ist fast immer erforderlich, das Wasser vor der Umkehros- mose zu enthärten. Im Ionenaustauscher erfolgt eine Abtren- nung der im Wasser gelösten Störionen mit- tels Ionenaustausch und dem Freisetzen von Wasserstoff – und von Hydroxid-Ionen. Die Regeneration von dem beladenen Harz er- folgt in der Regel mit einer verdünnten Salz- säure und einer verdünnten Natronlauge. Richtig aufbereiten Planung von peripheren Anlagen in der Oberflächentechnik Wasseraufbereitung spielt für viele Prozesse eine wichtige Rolle. Allerdings gilt es die richtigen Verfahren zu wählen und die Anlagentechnik bedarfsoptimiert auszulegen, um wirtschaftlich und effektiv arbeiten zu können. Bilder: Antech Gütling Ionenaustauscheranlagen können sehr geringe Leitwerte realisieren, hier eine Anlage mit einer Volumenleistung von 10 m 3 /h. Harz- kombinationen Leit- fähigkeit KA + aA < 30,0 µS/cm KA + aA + AA < 10,0 µS/cm KA + aA + AA + KA < 2,0 µS/cm KA + aA + AA + MB < 0,2 µS/cm In dieser Übersicht ist der Zusammenhang zwischen der Harzkombination und der erreichbaren Leitfähigkeit dargestellt. KA: stark saurer Kationenaustauscher, aA: schwach basischer Anionenaustauscher, AA: stark basischer Anionenaustauscher, MB: Mischbettaustauscher

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  • Jahrg. 71 (2017) 950

    AbwAsserAufbereitung

    Seit der Einführung des produktionsinte-grierten Umweltschutzes (PIUS) ist es not-wendig, schon in der Vorplanungsphase alle zurzeit verfügbaren Möglichkeiten für die Minimierung des Spülwasserverbrauchs, für die Minimierung der Verschleppung von Chemikalien und den Einsatz von Ver-fahren der Wertstoff-Rückgewinnung zu überprüfen. Das Gleiche gilt auch, wenn vorhandene Galvanoanlagen modernisiert beziehungsweise auf neue Verfahren umge-stellt werden sollen.

    Wasseraufbereitung und Kreislaufführung

    In der Regel muss das Stadtwasser oder auch das Brunnenwasser vor dem Einsatz in einer Beschichtungsanlage aufbereitet werden.

    Das Frischwasser enthält in den meisten Fällen zu viele Mineralien und andere Par-tikel, die je nach Beschichtungsverfahren zu Problemen führen können. Für die Wasser-aufbereitung stehen mehrere Verfahren zur Verfügung, die mitunter auch nacheinander ausgeführt werden.

    Bei der Wasserenthärtung wird die Bin-dung der Wasserhärte (Ca2+ und Mg2+) über Ionenaustausch und Freisetzen von Na+-Ionen erreicht. Die Wasserhärte re-duziert sich auf < 0,1 °dH, während der Salzgehalt und damit die Leitfähigkeit na-hezu konstant bleiben. Die Regeneration des Harzbetts erfolgt mit einer gesättigten Natrium-Salzlösung.

    Die Umkehrosmose trennt die im Wasser gelösten Salze mittels Druckerhöhung über eine semipermeable Membran ab. Je nach

    Anlagenausführung wird die Leitfähigkeit auf 0,5 bis 3,0 Prozent von der Leitfähigkeit im Wasserzulauf reduziert. Es ist fast immer erforderlich, das Wasser vor der Umkehros-mose zu enthärten.

    Im Ionenaustauscher erfolgt eine Abtren-nung der im Wasser gelösten Störionen mit-tels Ionenaustausch und dem Freisetzen von Wasserstoff – und von Hydroxid-Ionen. Die Regeneration von dem beladenen Harz er-folgt in der Regel mit einer verdünnten Salz-säure und einer verdünnten Natronlauge.

    Richtig aufbereitenPlanung von peripheren Anlagen in der Oberflächentechnik

    Wasseraufbereitung spielt für viele Prozesse eine wichtige Rolle.

    Allerdings gilt es die richtigen Verfahren zu wählen und die

    Anlagentechnik bedarfsoptimiert auszulegen, um wirtschaftlich und

    effektiv arbeiten zu können.

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    Ionenaustauscheranlagen können sehr geringe Leitwerte realisieren,

    hier eine Anlage mit einer Volumenleistung von 10 m3/h.

    Harz- kombinationen

    Leit- fähigkeit

    KA + aA < 30,0 µS/cm

    KA + aA + AA < 10,0 µS/cm

    KA + aA + AA + KA < 2,0 µS/cm

    KA + aA + AA + MB < 0,2 µS/cm

    In dieser Übersicht ist der Zusammenhang zwischen der Harzkombination und der erreichbaren Leitfähigkeit dargestellt.KA: stark saurer Kationenaustauscher, aA: schwach basischer Anionenaustauscher, AA: stark basischer Anionenaustauscher, MB: Mischbettaustauscher

  • AbwAsserAufbereitung

    Bei der Berechnung der Spülwasser-mengen muss als erster Schritt die zu er-wartende Verschleppung erfasst werden. Die Verschleppung hängt von vielen Fak-toren ab, wie zum Beispiel von der Bau-art (Gestell- oder Trommelanlage), dem geplanten Warendurchsatz (in m2/h bzw. kg/h), von der Laufzeit der Anlage und von der Beschaffenheit der Warenoberflächen (glatt, strukturiert bzw. schöpfend). Ein

    weiterer Parameter ist die Viskosität der Prozessbäder.

    Die Verschleppung lässt sich durch län-gere Abtropfzeiten nach den Prozessbädern und durch zusätzliche Maßnahmen wie Abquetschen, Abblasen, eine Innenspülung bei Trommeln und ähnliche Methoden mi-nimieren. Unter Beachtung der vorab aufge-führten Punkte liegen die Verschleppungen in den Bereichen von 0,05 und 0,50 l/m2

    oder von 0,5 bis 5,0 l/50 kg. Bei schöpfenden Teilen sind auch größere Werte möglich.

    Der zweite Faktor für die Berechnung der Spülwassermenge ist das für die Pro-duktqualität erforderliche Spülkriterium oder auch die Verdünnung von dem Pro-zessbad durch den Spülprozess.

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    Mit dem Einsatz einer Ionenaustauscheranlage für die Spülwasser-Kreislauf- führung erreicht man eine hohe Flexibilität in dem gesamten Spülprozess.

    Den Einfluss von der Anzahl der Spülstufen auf die Spülwassermenge zeigt diese Grafik sehr deutlich.

    Spülkriterium = Spülbadkonzentration

    Prozessbadkonzentration

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    Die Trennleistung der hier abgebildeten Retardationsanlage beträgt 400 Gramm Aluminium pro Stunde.

    Die Mikrofiltration mit Keramikmodulen und in Edelstahlausführung ist für Temperaturen von bis zu 90°C ausgelegt.

    Verbreitete Spültechniken sind Stand-spülen, Kaskadenspülen sowie Kombinati-onen wie eine Standspüle mit einer Kreis-lauf-Fertigspüle oder eine Kombination aus Kaskadenspüle – Kreislauf-Fertigspüle. Bei warmen Spülbädern (vor dem Trocknen der Teile) ist eine Kreislaufführung zusätzlich noch energiesparend.

    Das kontinuierliche Auskreisen von einer Teilmenge in die Vorspülkaskade begrenzt den Anstieg der Organik in dem Spülwas-serkreislauf.

    Recycling in der Oberflächentechnik

    Mit dem Betrieb der Beschichtungsanlage kommt es auch zu der Aufkonzentration von zusätzlich in Lösung gegangenen Ionen und von Abbauprodukten. Im Interesse von einem niedrigen Verbrauch von den zum Teil sehr teuren Produktionschemikalien und zugleich auch für einen möglichst geringen Aufwand bei der Abwasserbehandlung ist es sinnvoll, die Einsatzmöglichkeiten für

    Recyclingverfahren gründlich zu überprü-fen. Zur Verfügung stehen mehrere Recy-clingverfahren.

    Bei der Mikrofiltration lässt sich eine Standzeitverlängerung für emulgierende Entfettungsbäder mittels Querstromfiltrati-on erreichen. Je nach Temperatur kommen Kunststoff- oder Keramikmembrane zum Einsatz. Des Weiteren trennt die Mikro-filtration auch Feinstpartikel bis zu einer Größe von etwa 0,1 µm sicher ab. Bei de-mulgierenden Entfettungsbädern können Ölabscheider oder Koaleszenzabscheider zum Einsatz kommen.

    Die Retardation ermöglicht das Ab-trennen und die Rückgewinnung der frei-en Säure von den Metallsalzen durch den Retard-Effekt in einer Filtersäule mit einem Spezialharz. Dieses Verfahren kann bei Elo-xalbädern und bei vielen – aber nicht allen – Beizen und Beizgemischen genutzt werden (siehe auch mo Ausgabe 10 in 2016).

    Per Ionenaustauscher lassen sich gezielt Ionen aus Prozessbädern und auch aus Spül-wässern entfernen. Beispiele hierfür sind die Eisenabtrennung aus einer Phosphor-säurebeize, die Standzeitverlängerung von Passivierungen auf Chrom III Basis sowie die Spülwasser-Rückführung in Verchro-mungsbäder durch Abtrennen von Eisen und Nickel aus dem Spülwasser sowie aus dem Elektrolyt.

    Bei der Verfahrenskombination Io-nenaustauscher und Elektrolyse werden Schwermetallionen (wie z.B. Silber, Gold, Kupfer, Nickel u.a.) aus dem Spülwasser in einem Ionenaustauscher gebunden und das metallhaltige Regenerat mit einer Elektroly-se aufbereitet. Das auf diese Art gewonnene

    Metall kann wieder verwendet oder an einen Verwertungsbetrieb weiter verkauft werden.

    Eine weitere Kombinationsmöglichkeit ist der Ionenaustausch und die Vakuumver-dampfung. Auch hier werden Schwermetall-ionen (wie Silber, Gold, Kupfer, Nickel) aus dem Spülwasser in einem Ionenaustauscher gebunden. Die Aufkonzentration des Rege-nerates für die Wiederverwendung in dem Produktionsprozess erfolgt mit einem Va-kuumverdampfer (siehe auch mo Ausgabe 5 in 2016).

    Abwasseranlagen in der Oberflächentechnik

    Das anfallende Abwasser ist getrennt nach der Art und nach der Konzentration in se-paraten Abwasser-Sammelbehältern zu erfassen. Für den Fall, dass Redoxreak-tionen (wie z.B. eine Chromatreduktion, Cyanid- bzw. Nitritoxydation) erforderlich sind, erfolgt dies im Chargenbetrieb. Bei einer Chargenbehandlung ist eine maxima-le Prozesssicherheit durch einen Analysen-stopp vor der Abwasser-Weiterbehandlung gegeben. Liegt die Gesamtabwassermenge unter 3 bis 5 m3/h, so wird die gesamte Abwasserbehandlung in der Regel im Chargenbetrieb ausgeführt. Erst wenn die Gesamtabwassermenge darüber liegt, sollte für die Neutralisations- und Fällungsreak-tionen das Durchlaufverfahren zum Einsatz kommen. Die kontinuierliche Trennung von Dünnschlamm und von Klarwasser erfolgt in einem Lamellenklärer mit Pendelabsau-gung oder alternativ in einem Absetzzyklon.

    In den vergangenen Jahren hat sich der Einsatz von Vakuumverdampferanlagen

    Anwendung Spülkriterium Entfettung 500 – 1000

    Beizen 1.000 – 2.000

    Metallisieren 2.000 – 5.000

    Metallisieren (cyanid)

    10.000

    Hart-/Glanzchrom 10.000 – 30.000

    Elektronik/Optik > 100.000

    Die Tabelle zeigt für verschiedene galvanische Verfahren die üblichen Spülkriterien.

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    i Antech Gütling Wassertechnologie GmbH www.agw.de

    Das Bild zeigt einen Vakuumverdampfer mit externem Wärmetauscher und mit Zwangsumlauf. Die Anlage erzeugt bis zu 6.300 l Destillat pro Tag.

    für die Abwasserbehandlung zunehmend etabliert. Die wichtigsten Gründe hierfür sind, dass die Grenzwerte für Neutralsalze (im Ausland teilweise üblich) zu niedrig sind. Des Weiteren liegen in einigen Fäl-len die Grenzwerte für die Schwermetalle im Ausland deutlich unter den Vorgaben des WHG, im Anhang 40. Diese teilwei-se niedrigen Grenzkonzentrationen sind mit einer Fällungsreaktion nicht mehr erreichbar.

    Der verstärkte Einsatz von Komplexbild-nern, z.B. in Zink-Nickel-Bädern, in Chrom-III-Bädern u.a. erschwert die Einhaltung der Grenzwerte gemäß WHG, Anhang 40 mit ei-ner Fällungsreaktion erheblich, so dass für diese Teilströme die Vakuumverdampfer zunehmend an Bedeutung gewinnen.

    Ein weiterer Anwendungsfall für die Va-kuumverdampfer entsteht, wenn auf dem geplanten Standort die Einleitung von in-dustriell genutztem Wasser nicht erlaubt ist

    oder sehr strikte Einleitwerte für den CSB oder BSB5 vorliegen.

    Welche Verfahren für den jeweiligen Standort am besten geeignet sind, sollte rechtzeitig, schon in der Vorplanung sorg-fältig mit analysiert werden.

    Der Chargenbetrieb ist bei einem Volumenstrom von kleiner 3- 5 m3/h die optimale Lösung.