IR 2.0 – Noch überwiegt die Skepsis - dvfa.de · Laut der Umfrage „Social Media Survey...

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GoingPublic 6/11 40 Alle Welt redet über Social Media – auch im Bereich der Kapi- talmarktkommunikation. Manche halten es für einen kurzfris- tigen Hype, andere sehen im Web 2.0 einen Mehrwert für IR. Die Autoren sind überzeugt, dass Social Media spätestens in zwei Jahren zu den Standard-Instrumenten der IR gehören. Facebook hat inzwischen rund 600 Millionen Nutzer. Viele andere Social-Media-Dienste wie Twitter, SlideShare, FlickR, LinkedIn und YouTube freuen sich seit Jahren über enorme Wachstumsraten. Und es sind auch längst nicht mehr nur Teenager auf diesen Plattformen aktiv, sondern die über 30-Jährigen gehören zu den am stärksten wach- senden Altersgruppen. Die Nutzerstruktur von Social Media entspricht immer stärker den Zielgruppen von Investor Relations. Daher gilt für IR und Social Media: „Fish where the fish are!“ Demokratisierung der Kapitalmarktkommunikation Mit Social Media entsteht eine neue Ebene der Kommuni- kation mit den IR-Zielgruppen: Informationen werden über Social Media verbreitet (nicht nur von Unternehmens- seite). Gleichzeitig entspricht die Nutzung von Social Media dem Fair-Disclosure-Gedanken: Allen Nutzern steht die Information gleichzeitig zur Verfügung, jeder Nutzer kann direkt mit dem Unternehmen in Kontakt treten. Während institutionelle Investoren und Multiplikatoren wie Analysten und Journalisten regelmäßig auf Konferen- zen und in Meetings einen guten Zugang zu Unternehmen und Vorständen haben, sind Privataktionäre meist außen vor, sind nicht Teil der Community, haben kein einflussrei- ches Netzwerk und sind meist auf die Standardkommunika- tion der Gesellschaften angewiesen. Privatanleger haben daher den größten Mehrwert von Social Media. Es ist eine Art Demokratisierung der Kapitalmarktkommunikation, die von Social Media gefördert wird. Diskussionen finden in Social Media öffentlich statt. Jeder kann sich beteiligen, jeder kann gehört werden. Gleichgerichtete Meinungen und Interessen finden zueinander, Netzwerke bilden sich. Social Media werden deswegen zu einer neuen Kontroll- instanz für Unternehmen und ihre Kommunikation. Davon profitieren im Idealfall alle. Starkes Grundrauschen stört Profis noch Institutionelle Investoren und Analysten sind derzeit noch skeptisch gegenüber Social Media, erwarten aber, dass sie für die Informationsverbreitung und den Dialog an Bedeu- tung gewinnen. Laut der Umfrage „Social Media Survey 2011“, die von der DVFA und der Deutschen EuroShop gemeinsam durchgeführt wurde, erachten nur 45% der befragten Analysten und Investoren Social Media als zu- mindest teilweise wichtig, während 71% die Webseiten von Wirtschaftsmedien als Hauptinformationsquelle nutzen. Die Mehrheit der Studienteilnehmer ist skeptisch bezüg- lich der Bedeutung und Zuverlässigkeit der Informationen auf Social-Media-Plattformen. Dennoch erwarten sie künf- tig eine verstärkte Nutzung von Social Media für die Infor- mationsverbreitung und den Dialog mit börsennotierten Unternehmen. Die von Investment Professionals bevorzug- ten Social-Networking-Kanäle sind daher Xing und Linke- dIn – vor allem für die Pflege von geschäftlichen Kontakten. IR 2.0 – Noch überwiegt die Skepsis Unternehmen und Profis sind noch zögerlich beim Einsatz von Social Media für die Kapitalmarktkommunikation Von Patrick Kiss, Head of Investor & Public Relations, Deutsche EuroShop AG, und Ralf Frank, Geschäftsführer, DVFA DVFA One-on-one Ralf Frank Patrick Kiss 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% Informationen nicht verlässlich Mangelnde Relevanz der Informationen Habe ausreichend Informationsquellen Informationen haben keinen Mehrwert Arbeitgeber sperrt Zugang Habe mich bisher nicht angemeldet Abb. 3: Warum nutzen Sie bisher keine Informationen aus Social-Media-Kanälen für berufliche Zwecke? Quelle: DVFA/Deutsche Euroshop „Social Media Survey 2011“

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Alle Welt redet über Social Media – auch im Bereich der Kapi -talmarktkommunikation. Manche halten es für einen kurzfris-tigen Hype, andere sehen im Web 2.0 einen Mehrwert für IR.Die Autoren sind überzeugt, dass Social Media spätestens inzwei Jahren zu den Standard-Instrumenten der IR gehören.

Facebook hat inzwischen rund 600 Millionen Nutzer. Vieleandere Social-Media-Dienste wie Twitter, SlideShare,FlickR, LinkedIn und YouTube freuen sich seit Jahren überenorme Wachstumsraten. Und es sind auch längst nichtmehr nur Teenager auf diesen Plattformen aktiv, sonderndie über 30-Jährigen gehören zu den am stärksten wach-senden Altersgruppen. Die Nutzerstruktur von Social Media entspricht immer stärker den Zielgruppen vonInves tor Relations. Daher gilt für IR und Social Media: „Fish where the fish are!“

Demokratisierung der Kapitalmarktkommunikation Mit Social Media entsteht eine neue Ebene der Kommuni-kation mit den IR-Zielgruppen: Informationen werden überSocial Media verbreitet (nicht nur von Unternehmens -seite). Gleichzeitig entspricht die Nutzung von Social Media dem Fair-Disclosure-Gedanken: Allen Nutzern stehtdie Information gleichzeitig zur Verfügung, jeder Nutzerkann direkt mit dem Unternehmen in Kontakt treten.

Während institutionelle Investoren und Multiplikatorenwie Analysten und Journalisten regelmäßig auf Konferen-zen und in Meetings einen guten Zugang zu Unternehmenund Vorständen haben, sind Privataktionäre meist außenvor, sind nicht Teil der Community, haben kein einflussrei-ches Netzwerk und sind meist auf die Standardkommunika-tion der Gesellschaften angewiesen. Privatanleger haben

daher den größten Mehrwert von Social Media. Es ist eineArt Demokratisierung der Kapitalmarktkommunikation,die von Social Media gefördert wird. Diskussionen finden inSocial Media öffentlich statt. Jeder kann sich beteiligen, jeder kann gehört werden. Gleichgerichtete Meinungenund Interessen finden zueinander, Netzwerke bilden sich.Social Media werden deswegen zu einer neuen Kontroll -instanz für Unternehmen und ihre Kommunikation. Davonprofitieren im Idealfall alle.

Starkes Grundrauschen stört Profis nochInstitutionelle Investoren und Analysten sind derzeit nochskeptisch gegenüber Social Media, erwarten aber, dass siefür die Informationsverbreitung und den Dialog an Bedeu-tung gewinnen. Laut der Umfrage „Social Media Survey2011“, die von der DVFA und der Deutschen EuroShop gemeinsam durchgeführt wurde, erachten nur 45% der befragten Analysten und Investoren Social Media als zu-mindest teilweise wichtig, während 71% die Webseiten vonWirtschaftsmedien als Hauptinformationsquelle nutzen.

Die Mehrheit der Studienteilnehmer ist skeptisch bezüg-lich der Bedeutung und Zuverlässigkeit der Informationenauf Social-Media-Plattformen. Dennoch erwarten sie künf-tig eine verstärkte Nutzung von Social Media für die Infor-mationsverbreitung und den Dialog mit börsennotiertenUnternehmen. Die von Investment Professionals bevorzug-ten Social-Networking-Kanäle sind daher Xing und Linke-dIn – vor allem für die Pflege von geschäftlichen Kontakten.

IR 2.0 – Noch überwiegt die SkepsisUnternehmen und Profis sind noch zögerlich beim Einsatz von SocialMedia für die Kapitalmarktkommunikation

Von Patrick Kiss, Head of Investor & Public Relations, Deutsche EuroShop AG, und Ralf Frank, Geschäftsführer, DVFA

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Ralf FrankPatrick Kiss

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%

Informationen nicht verlässlich

Mangelnde Relevanz der Informationen

Habe ausreichend Informationsquellen

Informationen haben keinen Mehrwert

Arbeitgeber sperrt Zugang

Habe mich bisher nicht angemeldet

Abb. 3: Warum nutzen Sie bisher keine Informationen

aus Social-Media-Kanälen für berufliche Zwecke?

Quelle: DVFA/Deutsche Euroshop „Social Media Survey 2011“

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Aktive Nutzung braucht RegelnUnternehmen sollten sich dennoch über interne Social- Media-Richtlinien Gedanken machen – unabhängig davon,ob und wann sie die aktive Nutzung der Plattformen star-ten möchten. Denn alle Mitarbeiter können Social Mediabereits privat nutzen und eventuell die Trennung von Beruflichem und Privatem vernachlässigen. Das kann fata-le Folgen für die IR-Abteilung, das Unternehmen und denAktienkurs haben.

Dieser Gefahr sollten Unternehmen mit Richtlinien zuvor-kommen, die via Intranet und Schulungen in der Beleg-schaft bekannt gemacht werden. Diese Richtlinien sind allgemeinen Nutzungsempfehlungen für andere Kommuni-kationsmittel sehr ähnlich. IR-Profis kennen Themen wieFair Disclosure, Ad-hoc-Pflicht oder One Company -– OneVoice ohnehin als Bestandteil ihres Alltags und müssen sieauch für die Nutzung vonSocial Media beachten.

Fazit

Bisher tasten sich nur wenige Unternehmen in Deutsch-land an die Nutzung sozialer Netzwerke wie Twitter oderFacebook für Investor Relations heran. Ergebnisse vonNutzerumfragen in Europa ähneln solchen, die im Kapi-talmarkt- und Internet-Vorreiterland USA vor etwa zweiJahren ermittelt wurden. Es ist also eher die Frage, wannund nicht ob sich Social Media als IR-Kommunikations-kanal etablieren. IR-Manager sollten sich trotz aller Zeit-knappheit mit dem Thema wenigstens (passiv) befas-sen, bevor sie in einer Situation plötzlich gezwungensein könnten, den neuen Kanal (aktiv) zu nutzen.

www.dvfa.de

DVFA-Analyst Meetings

1st DVFA Integrated Reporting Convention21. & 22. Juni 2011, Frankfurt am Main

9th SCC_ Small Cap Conference29.–31. August 2011, Frankfurt am Main

DVFA-Postgraduierten-Ausbildungen

CIIA – Certified International Investment AnalystStart: 1. September 2011, Frankfurt am Main

CRM – Certified Risk ManagerStart: 8. September 2011

CREA – Certified Real Estate Investment AnalystStart: 3. November 2011, Frankfurt am Main

CCrA – Certified Credit AnalystStart: 16. Februar 2012, Frankfurt am Main

CeFM – Certified Financial Manager EFA – European Financial AdvisorStart: 29. Februar 2012, Frankfurt am Main

DVFA-Symposium

1. DVFA-Symposium Banken30. Mai 2011, Frankfurt am Main

Änderungen vorbehalten.

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50%

Xing

LinkedIn

YouTube

Twitter

Facebook

SlideShare

FlickR

Sonstige

Keine der genannten

Abb. 2: Welche der folgenden Social-Media-Plattfor-

men nutzen Sie für geschäftliche Zwecke?

Quelle: DVFA/Deutsche Euroshop „Social Media Survey 2011“

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%

Information (z.B. IR News, StimmrechteKonsensus, Events, Marktumfeld)

Dialog mit Unternehmen

Dialog mit CEO/CFO

Dialog mit anderen Investorenoder Anlaysten

Sonstiges

Keine der genannten Möglichkeiten

Abb. 3: Welche Art von Kommunikation sollten Unter-

nehmen auf Social-Media-Plattformen anbieten?

Quelle: DVFA/Deutsche Euroshop „Social Media Survey 2011“

Empfang zur 50-Jahr-Feier der DVFAFoto: DVFA