Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt ... · Umschau Der Feind in unserem Haus...

9
Umschau Der Feind in unserem Haus Oriana Fallaci Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt. Attentate erschütterten Amsterdam, Madrid, London, weitere Anschläge wurden verhindert. Trotzdem ist der Westen noch kaum bereit, für seine Werte zu kämpfen. Jetzt fragen sie mich: «Was sagen Sie, was haben Sie zu sagen zum Anschlag in London?» Sie fragen mich persönlich, per E-Mail und Fax, und werfen mir oft vor, bis jetzt geschwiegen zu haben. Als wäre mein Schweigen ein Verrat gewesen. Und jedes Mal schüttle ich den Kopf und murmle: «Was soll ich noch sagen? Ich rede seit vier Jahren an gegen das Ungeheuer, das mit unseren Körpern auch unsere Prinzipien und Werte vernichten will. Unsere Kultur. Seit vier Jahren rede ich von islamischem Nazitum, vom Krieg gegen den Westen, von Todeskult und vom Selbstmord Europas. Von einem Europa, das nicht mehr Europa ist, sondern Eurabien und das sich mit seiner Weichlichkeit, seiner Trägheit, seiner Blindheit und seiner Unterwürfigkeit dem Feind gegenüber das eigene Grab schaufelt. Seit vier Jahren schreie ich wie eine Kassandra: «Troja brennt, Troja brennt», und verzweifle an den Danaern, die sich wie in Vergils «Aeneis» in einer in Stumpfheit versunkenen Stadt breitmachen und dank der aufgesperrten Tore die neuen Truppen begrüssen und sich mit ihnen verbünden. Seit vier Jahren rede ich in den Wind, wiederhole die Wahrheit über das Ungeheuer und seine Komplizen, all jene Kollaborateure, die ihm in gutem oder nicht so gutem Glauben die Türen aufreissen. Unterirdische Städte Ich begann mit «Die Wut und der Stolz» und fuhr fort mit «Die Kraft der Vernunft». Danach kamen «Oriana Fallaci interviewt sich selber» und «Die Apokalypse» und irgendwann dazwischen die Predigt «Wach auf, Westen, wach auf». Es waren die Bücher, die Ideen, für die mir 2002 in Frankreich wegen religiösem Rassismus und Fremdenfeindlichkeit der Prozess gemacht wurde. Weswegen die Schweiz von unserem Justizminister verlangte, mich in Handschellen auszuliefern. Weswegen Italien mir wegen Beleidigung des Islam, eines Meinungsdelikts, den Prozess machen wird. (Ein Vergehen, das drei Jahre Gefängnis vorsieht. Ein Muslim, in dessen Keller Sprengstoff gefunden wird, bekommt weniger.) Bücher und Ideen, für die ich von der Kaviar-Linken, der Foie-gras-Rechten und der Prosciutto-Mitte angeschwärzt, verleumdet und an den Pranger gestellt wurde – wie alle, die dachten wie ich. Das heisst zusammen mit dem klugen und schutzlosen Volk, das in den Salons des radical chic als «Rechtspöbel» definiert wird. Ja, es stimmt: In den Zeitungen, die mir bestenfalls pharisäerhaft die Verschwörung des Schweigens entgegengesetzt hatten, erscheinen jetzt Titel mit meinen Konzepten und meinen Worten. Krieg dem Westen, Todeskult, Selbstmord Europas, wach auf, Italien. Ja, es stimmt: Auch wenn er nie zugegeben hat, dass ich nicht unrecht hatte, erklärt der ehemalige Sekretär der Demokratischen Partei der Linken heute in Interviews, dass «diese Terroristen unsere Werte zerstören wollen», dass «diese Attentats-Strategie faschistisch ist und einen Ausdruck von Hass auf unsere Kultur darstellt». Ja, es stimmt: Über Londonistan, wo Londons mehr als 700000 Muslime leben, sagen die Zeitungen, die vorher die Terroristen bis zur Rechtfertigung unterstützten, heute dasselbe wie ich, als ich schrieb, in jeder unserer Städte existiere inzwischen eine eigene Stadt. Eine unterirdische Stadt, wie Beirut nach Arafats

Transcript of Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt ... · Umschau Der Feind in unserem Haus...

Page 1: Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt ... · Umschau Der Feind in unserem Haus Oriana Fallaci Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt. Attentate

UmschauDer Feind in unserem HausOriana Fallaci

Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt. Attentate erschütterten Amsterdam,Madrid, London, weitere Anschläge wurden verhindert. Trotzdem ist der Westen noch kaum bereit,für seine Werte zu kämpfen.

Jetzt fragen sie mich: «Was sagen Sie, was haben Sie zu sagen zum Anschlag in London?» Sie fragen michpersönlich, per E-Mail und Fax, und werfen mir oft vor, bis jetzt geschwiegen zu haben. Als wäre meinSchweigen ein Verrat gewesen. Und jedes Mal schüttle ich den Kopf und murmle: «Was soll ich noch sagen?Ich rede seit vier Jahren an gegen das Ungeheuer, das mit unseren Körpern auch unsere Prinzipien und Wertevernichten will. Unsere Kultur. Seit vier Jahren rede ich von islamischem Nazitum, vom Krieg gegen denWesten, von Todeskult und vom Selbstmord Europas. Von einem Europa, das nicht mehr Europa ist, sondernEurabien und das sich mit seiner Weichlichkeit, seiner Trägheit, seiner Blindheit und seiner Unterwürfigkeitdem Feind gegenüber das eigene Grab schaufelt. Seit vier Jahren schreie ich wie eine Kassandra: «Trojabrennt, Troja brennt», und verzweifle an den Danaern, die sich wie in Vergils «Aeneis» in einer inStumpfheit versunkenen Stadt breitmachen und dank der aufgesperrten Tore die neuen Truppen begrüssenund sich mit ihnen verbünden. Seit vier Jahren rede ich in den Wind, wiederhole die Wahrheit über dasUngeheuer und seine Komplizen, all jene Kollaborateure, die ihm in gutem oder nicht so gutem Glauben dieTüren aufreissen.

Unterirdische Städte

Ich begann mit «Die Wut und der Stolz» und fuhr fort mit «Die Kraft der Vernunft». Danach kamen «OrianaFallaci interviewt sich selber» und «Die Apokalypse» und irgendwann dazwischen die Predigt «Wach auf,Westen, wach auf». Es waren die Bücher, die Ideen, für die mir 2002 in Frankreich wegen religiösemRassismus und Fremdenfeindlichkeit der Prozess gemacht wurde. Weswegen die Schweiz von unseremJustizminister verlangte, mich in Handschellen auszuliefern. Weswegen Italien mir wegen Beleidigung desIslam, eines Meinungsdelikts, den Prozess machen wird. (Ein Vergehen, das drei Jahre Gefängnis vorsieht.Ein Muslim, in dessen Keller Sprengstoff gefunden wird, bekommt weniger.) Bücher und Ideen, für die ichvon der Kaviar-Linken, der Foie-gras-Rechten und der Prosciutto-Mitte angeschwärzt, verleumdet und an denPranger gestellt wurde – wie alle, die dachten wie ich. Das heisst zusammen mit dem klugen und schutzlosenVolk, das in den Salons des radical chic als «Rechtspöbel» definiert wird.

Ja, es stimmt: In den Zeitungen, die mir bestenfalls pharisäerhaft die Verschwörung des Schweigensentgegengesetzt hatten, erscheinen jetzt Titel mit meinen Konzepten und meinen Worten. Krieg dem Westen,Todeskult, Selbstmord Europas, wach auf, Italien.

Ja, es stimmt: Auch wenn er nie zugegeben hat, dass ich nicht unrecht hatte, erklärt der ehemalige Sekretärder Demokratischen Partei der Linken heute in Interviews, dass «diese Terroristen unsere Werte zerstörenwollen», dass «diese Attentats-Strategie faschistisch ist und einen Ausdruck von Hass auf unsere Kulturdarstellt».

Ja, es stimmt: Über Londonistan, wo Londons mehr als 700000 Muslime leben, sagen die Zeitungen, dievorher die Terroristen bis zur Rechtfertigung unterstützten, heute dasselbe wie ich, als ich schrieb, in jederunserer Städte existiere inzwischen eine eigene Stadt. Eine unterirdische Stadt, wie Beirut nach Arafats

Page 2: Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt ... · Umschau Der Feind in unserem Haus Oriana Fallaci Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt. Attentate

Invasion in den siebziger Jahren. Eine fremde Stadt, die ihre eigene Sprache spricht und ihre eigenen Sittenpflegt, eine muslimische Stadt, in der sich Terroristen ungestört aufhalten und ungestört unseren Todorganisieren. Übrigens ist heute auch offen von islamischem Terrorismus die Rede, was früher sorgfältigvermieden wurde, um ja keine gemässigten Muslime zu beleidigen.

Ja, es stimmt: Heute geben auch die Kollaborateure und die Imame ihre heuchlerischen Verurteilungen ab,ihre falsche Solidarität mit den Opfern.

Ja, es stimmt: Heute gibt es in den Wohnungen verdächtiger Muslime strenge Hausdurchsuchungen,Verdächtige werden verhaftet, vielleicht ausgewiesen. Aber im Kern hat sich nichts geändert. Nichts. Anti-USA, Anti-Westen, Pro-Islam – alles geht weiter wir früher. Selbst in England. Am 9. Juli 2005, zwei Tagenach dem Attentat, beschloss die BBC, den Ausdruck Terroristen nicht mehr zu verwenden, weil es dasKreuzzug-Vokabular zu sehr betone. Stattdessen benutzte sie das Wort bombers. Wie Bombenbastler,Bombenleger. Am 11. Juli, vier Tage nach dem Attentat, publizierte die Times auf ihrer Kommentarseite dieverlogenste und ungerechteste Karikatur, die ich je gesehen habe. Neben einem Kamikaze mit einer Bombesieht man einen angloamerikanischen General mit einer identischen Bombe. Auf der Bombe steht:«Allzweck-Killer für städtische Ziele». Titel der Karikatur: «Finden Sie den Unterschied heraus».

Ungefähr zur gleichen Zeit sah ich im amerikanischen Fernsehen eine Journalistin der britischenLinksaussen-Zeitung Guardian, die die Rechtfertigungen des Attentats verteidigte, die auch diesmal in denmuslimischen Zeitungen Londons erschienen waren. Und die im Wesentlichen Bush die ganze Schuld gab.Bush, der Verbrecher, der grösste Verbrecher der Geschichte. «Man muss sie verstehen», flötete sie, «dieamerikanische Politik hat sie verbittert. Wenn der Krieg im Irak nicht gewesen wäre...» (Mädchen, am 11.September 2001 gab es den Krieg im Irak nicht. Am 11. September haben sie uns den Krieg erklärt.Vergessen?)

Auch der Schwindel über den «gemässigten» Islam geht weiter, die Toleranzkomödie, die Integrationslüge,die Multikultifarce. Heisst: Sie fordern Moscheen, wir bauen sie ihnen. Bei einer Terrorismusdebatte imStadtrat von Florenz sagte am 11. Juli der Fraktionschef der Linksdemokraten: «Es ist Zeit, dass es auch inFlorenz eine Moschee gibt.»

Fast alle spendeten Beifall für den Vorschlag, mit öffentlichen Geldern, also mit dem Geld der Bürger, zudem Unternehmen beizutragen. Und der Assessor für Urbanistik fügte hinzu, aus urbanistischer Sicht gebe eskeine Probleme. «Nichts einfacher als das.» Eine Episode, aus der sich folgern lässt, dass die Stadt Dantesund Michelangelos und Leonardos, Wiege der Kunst und der Kultur der Aufklärung, sehr bald von ihremeigenen Mekka verstört und lächerlich gemacht werden wird. Schlimmer noch: Die political correctness derRichter, die allzeit bereit sind, mich ins Gefängnis zu schicken und Allahs Söhne freizusprechen, geht weiter.Sie verbietet ihre Ausweisung, annulliert die (seltenen) schweren Strafen und setzt den Polizisten undCarabinieri zu, die sie mit grossem Missvergnügen festnehmen.

Herrgott!

Mailand, Nachmittag des 8. Juli, am Tag nach der Katastrophe von London. Der 42-jährige MohammedSiliman Saadi, Ägypter ohne Aufenthaltserlaubnis, wird ohne Billett in einem Bus erwischt. Die beidenKontrolleure steigen mit ihm aus, um ihm eine Busse auszustellen. Er leistet Widerstand, vor einer kleinenZuschauermenge werden ihm Handschellen angelegt. In diesem Moment kommt eine Dame vorbei, die völligaufgebracht verlangt, als Zeugin einvernommen zu werden, falls der Arme vor Gericht gestellt und wegenWiderstandes angeklagt werde. Als die Polizisten sie bitten, sich nicht einzumischen, weist sie sich als

Page 3: Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt ... · Umschau Der Feind in unserem Haus Oriana Fallaci Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt. Attentate

Richterin aus.

Es war die Richterin, die sieben Monate zuvor zu ihrer Viertelstunde Ruhm gekommen war, als sie dreiwegen Terrorismus angeklagte Muslime freisprach und hinzusetzte, dass es im Irak keinen Terrorismus gebe,sondern eine Guerilla. Mit andern Worten: Die Kopfabschneider sind Widerstandskämpfer. Borghezio, derlebhafte Lega-Vertreter, hatte sie damals als «Schande für Mailand und für die Gerichte» bezeichnet. Ratet,wer sie heute noch lobt, verteidigt, für ihr Urteil preist: Linksdemokraten, Kommunisten und natürlich dieGrünen. Als wäre der Prophet Mohammed mit einem Olivenzweig im Mund zur Welt gekommen und mitJesus zusammen am Kreuz gestorben. Als wäre nicht auch er ein Kopfabschneider gewesen, als habe er unsnicht Horden mit Krummsäbeln beschert, sondern Matthäus, Markus, Lukas, Johannes, als sie ihreEvangelien schreiben wollten.

Weiter geht auch das Märchen vom Islam als Opfer des Westens. Als hätten die Muslime vierzehnJahrhunderte lang keinem ein Härchen gekrümmt, als wären Spanien, Sizilien, Nordafrika, Griechenland, derBalkan und Osteuropa bis hin zur Ukraine und zu Russland von meiner Urgrossmutter besetzt worden. Alswären es katholische Ordensschwestern gewesen, die Wien belagerten. Weiter geht die Klitterung oderIllusion eines gemässigten Islam und damit der Versuch, uns glauben zu machen, der Feind bestehe aus einerwinzigen Minderheit und dass diese winzige Minderheit in Ländern weit weg von uns lebe.

Der Feind ist keineswegs eine winzige Minderheit. Und er lebt bei uns zu Hause. Wir hatten ihn am 11.September 2001 bei uns zu Hause in New York. Wir hatten ihn am 11. März 2004 bei uns zu Hause inMadrid. Wir hatten ihn am 1., 2. und 3. September des gleichen Jahres bei uns zu Hause in Beslan, wo er sicheinen Spass daraus machte, Kinder abzuknallen, die in Todesangst aus der Schule rannten. 150 Kinderwurden erschossen. Wir hatten ihn am vergangenen 7. Juli bei uns zu Hause in London, wo die identifiziertenKamikaze geboren und aufgewachsen waren. Wo sie endlich etwas studieren konnten, endlich in einerzivilen Welt lebten und wo sie sich bis zum Abend davor mit Fussball und Kricket amüsiert hatten. Wirhaben sie seit dreissig Jahren bei uns zu Hause, Herrgott!

Und es ist ein Feind, der beim ersten Hinsehen kein Feind zu sein scheint. Bartlos, westlich gekleidet undnach Meinung seiner mehr oder weniger gutgesinnten Komplizen perfekt in unser soziales System eingefügt.Mit Aufenthaltsgenehmigung. Mit Auto. Mit Familie. Was soll’s, wenn die Familie oft zwei oder dreiEhefrauen einschliesst, wenn er eine oder alle mit Füssen tritt, wenn er gelegentlich eine Tochter umbringt,weil sie Jeans trägt, oder wenn sein Sohn ein 15-jähriges Mädchen vergewaltigt, das mit seinem Freund inBologna in einem Park spazieren geht. Er ist ein Feind, den wir als Freund behandeln. Und der uns mitInbrunst hasst und verachtet. Mit solcher Inbrunst, dass man spontan rufen möchte: Wenn wir so hässlich,böse, sündig sind, warum gehst du nicht wieder nach Hause zurück? Warum bleibst du hier? Um uns dieKehle durchzuschneiden oder uns in die Luft zu jagen? Ein Feind, den wir im Namen der Humanität und despolitischen Asyls aufnehmen (was denn für ein politisches Asyl? Was denn für politische Motive?), selbstwenn unsere Auffanglager überquellen, aus den Nähten platzen und wir nicht mehr wissen, wohin mit ihm.

Ein Feind, der, kaum eingerichtet bei uns, anmassend freie oder ermässigte Unterkunft, Stimmrecht undStaatsbürgerschaft fordert. Lauter Dinge, die er mühelos erhält. Ein Feind, der, geschützt von den Kaviar-Linken, den Foie-gras-Rechten und dem Prosciutto-Zentrum, von Integration und Multikulti faselt und unsderweil seine Regeln und Bräuche aufzwingt. Er verbannt Schweinefleisch aus Schul- und Geschäftskantinen,er greift die Lehrerin oder Rektorin an, weil eine freundliche Schulkollegin dem muslimischen MitschülerReiskroketten mit Marsala angeboten hat, also «mit Alkohol». Dass der Übergriff nie wieder passiere! EinFeind, der in den Kindergärten die Krippe und den Weihnachtsmann abschaffen will und damit durchkommt.Der das Kruzifix aus Schulsälen verbannt, aus Spitalfenstern wirft, es als «nackten kleinen Leichnam»bezeichnet, nur dazu da, «muslimische Kinder zu erschrecken». (Ich rede, wohlverstanden, von dem Arabermit italienischer Staatsbürgerschaft, der mich wegen Beleidigung des Islam anzeigte.)

Page 4: Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt ... · Umschau Der Feind in unserem Haus Oriana Fallaci Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt. Attentate

Ein Feind, der Theo van Gogh in Amsterdam umbringt, der schuldig war, die Sklavenschaft muslimischerFrauen zu dokumentieren, und dem er nach seiner Ermordung den Bauch aufschlitzt und einen Briefhineinsteckt, in dem van Goghs beste Freundin zum Tod verurteilt wird. (Ich rede, wohlverstanden, von demAraber mit niederländischer Staatsbürgerschaft.) Der Feind schliesslich, für den du immer einen mildenRichter findest, der ihn laufen lassen will. Einer, den die eurobäischen Regierungen (kein Druckfehler, ichwill wirklich eurobäisch und nicht europäisch sagen) nicht einmal ausweisen, wenn er illegal in ihrem Landist.

Was auch weitergeht, ist der Dialog zwischen zwei Kulturen. Und mach dich auf etwas gefasst, wenn dufragst, was denn genau die andere Kultur sei, worin das Zivile in einer Kultur bestehe, die nicht einmal dieBedeutung des Wortes Freiheit kennt. Für die Freiheit, hurryya, «Emanzipation vom Sklaventum» bedeutet.Die das Wort hurryya Ende des 19.Jahrhunderts nur prägte, um einen Handelsvertrag unterzeichnen zukönnen. Die Demokratie als Satanswerk betrachtet und sie mit Sprengstoff und Enthauptungen bekämpft. Dievon den Menschenrechten, die wir so gern herausposaunen und den Muslimen gegenüber pingelig anwenden,nichts hören wollen. Es ist eine Kultur, die sich weigert, die Charta der Menschenrechte zu unterzeichnen,und sie mit der Charta der Menschenrechte ersetzt, die von der Arabischen Liga verfasst wurde. Mach dichauch auf etwas gefasst, wenn du nachfragst, was zivil sei an einer Kultur, die die Frauen behandelt, wie siesie behandelt.

Der Islam ist der Koran, meine Lieben. Immer und überall. Und der Koran ist unvereinbar mit der Freiheit, istunvereinbar mit der Demokratie, ist unvereinbar mit den Menschenrechten. Er ist unvereinbar mit derVorstellung von Kultur. Und da ich schon mal dieses Thema anschneide, hören Sie mir bitte gut zu,ehrenwerter Richter aus Bergamo, der Sie mich wegen Beleidigung des Islam haben anklagen wollen, abernie meine Verfolger wegen Beleidigung des Christentums angeklagt haben. Auch nicht wegen Aufhetzungzum Mord (nämlich an mir). Hören Sie gut zu, und verurteilen Sie mich ruhig. Ich habe mich nieeinschüchtern lassen, und ich werde mich nie einschüchtern lassen, nicht durch Morddrohungen undVerfolgungen, nicht durch Verleumdungen und Beschimpfungen, vor denen Sie mich nie geschützt haben.Soll ich mich ausgerechnet vor Ihnen fürchten, der Sie mir meine verfassungsmässigen Rechte verwehren,frei zu denken und mich frei zu äussern? Eine Frage aber hätte ich doch noch vor dem Prozess: Werde ich inder Gefängniszelle ganz allein sein oder zusammen mit den Carabinieri, die mir der italienische Staatfreundlicherweise zur Seite gestellt hat, damit ich nicht gleich ende wie Theo van Gogh?

Ich frage Sie, weil der Innenminister sagt, dass über fünfzig Prozent der Häftlinge Muslime sind, und ichnehme an, dass ich jene Carabinieri im Gefängnis mehr brauche als bei mir zu Hause. Die Nachsicht derkatholischen Kirche (sie ist im Übrigen die grösste Befürworterin des Dialogs) gegenüber dem Islam gehtweiter. Es geht weiter mit dem unverrückbaren Wil- len, den «gemeinsamen spirituellen Wert der dreigrossen monotheistischen Religionen» zu unterstreichen – der christlichen, jüdischen und islamischen. Alledrei basierend auf der Vorstellung eines alleinigen Gottes, alle drei von Abraham inspiriert. Der guteAbraham, der, um Gott zu gehorchen, bereit gewesen wäre, sein Kind zu erdrosseln wie ein Lamm. Vonwegen gemeinsame Werte!

An Seine Heiligkeit

Allah hat nichts Gemeinsames mit dem Gott des Christentums, der Liebe predigt und Vergebung. Dem Gott,der in den Menschen seine Kinder sieht. Allah ist ein gebieterischer Gott, ein tyrannischer Gott. Ein Gott, derdie Menschen als seine Untertanen sieht, schlimmer noch: als seine Sklaven. Ein Gott, der statt Liebe denHass lehrt, der im Koran jene als ungläubige Hunde bezeichnet, die an einen anderen Gott glauben, undbefiehlt, sie zu bestrafen. Zu unterjochen, zu töten. Wie kann man also das Christentum auf die gleiche Ebenestellen wie den Islam, wie kann man im gleichen Masse Jesus ehren und Mohammed? Reicht die Sache mit

Page 5: Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt ... · Umschau Der Feind in unserem Haus Oriana Fallaci Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt. Attentate

dem alleinigen Gott, um eine Gemeinsamkeit herzustellen an Vorstellungen, an Prinzipien, an Werten? Dasist vielleicht der Punkt, der mich an der unveränderten Realität nach dem Attentat von London am meistenverwirrt. Er verwirrt mich, weil er genau das unterstützt und somit stärkt, was ich als den Fehler von PapstWojtyla erachte: nicht stark genug zu kämpfen gegen den unfreien und antidemokratischen Wesenskern desIslam.

Ich habe mich in den letzten vier Jahren immer wieder gefragt, warum ein Kämpfer wie Wojtyla, ein leader,der wie kein anderer beigetragen hat zum Zusammenbruch der Sowjetunion und folglich des Kommunismus,sich bisher so schwach zeigte gegenüber einem Übel, das schlimmer ist, als die Sowjetunion und derKommunismus es je waren. Einem Übel, das in erster Linie auf die Zerstörung des Christentums zielt (unddes Judentums). Ich habe mich immer wieder gefragt, weshalb er nicht offen gedonnert hat gegen das, waszum Beispiel im Sudan passierte (und passiert), wo das fundamentalistische Regime die Sklaverei betrieb(und betreibt). Wo die Christen millionenfach umgebracht wurden (und werden). Warum er geschwiegen hatzu Saudi-Arabien, wo Menschen mit einer Bibel in der Hand oder einem kleinen Kreuz um den Hals wieAbschaum behandelt wurden (und behandelt werden).

Natürlich verstehe ich, dass die Philosophie der katholischen Kirche auf dem ökumenischen Prinzip gründetund dem Gebot des Liebe-deinen-Feind-wie-dich-selbst. Dass einer ihrer Grundsätze zumindest theoretischdie Vergebung ist, die Bereitschaft, die andere Wange hinzuhalten. (Eine Bereitschaft, die ich nicht nur ausStolz ablehne und weil sie meinem Verständnis von Würde widerspricht, sondern auch, weil ich sie alsAufforderung sehe, dem Bösen zum Bösen zu verhelfen.) Es gibt aber auch das Prinzip derSelbstverteidigung, besser noch, der gerechtfertigten Verteidigung, und wenn ich mich nicht irre, hat sich diekatholische Kirche oft auf dieses Prinzip berufen. Karl Martell drängte die muslimischen Eroberer mit demerhobenen Kreuz zurück. Isabella von Kastilien verjagte sie aus Spanien auf die gleiche Weise. Und inLepanto waren die päpstlichen Truppen zugegen. Um Wien zu verteidigen, die letzte Bastion derChristenheit. Auch der Pole Jan Sobieski, vor allem er, half mit dem Bildnis der Jungfrau von Tschenstochau,die Umzingelung von Kara Mustafa zu durchbrechen. Und wenn all jene Katholiken nicht das Prinzip derSelbstverteidigung angewandt hätten, der gerechtfertigten Verteidigung, würden heute auch wir die Burkatragen oder die Dschellaba. Darum war ich, als Papst Ratzinger drei Tage nach dem neuen Attentat inLondon erneut von Dialog zu reden begann, wie versteinert.

Eure Heiligkeit, es redet eine Person zu Ihnen, die Sie sehr bewundert; die Sie sehr mag; die Ihnen in vielenSachen recht gibt; die aus diesem Grund verunglimpft wird mit Ausdrücken wie devote Atheistin, laizistischeFrömmlerin, liberale Klerikerin. Eine Person, auch, die die Politik kennt und Verständnis hat für derenNotwendigkeiten; die die Zerrissenheit von Regierenden und deren Kompromisse versteht, die dieUnnachgiebigkeit des Glaubens bewundert und den Verzicht oder auch die Verschwendung respektiert, dieder Glaube erzwingt. Aber die folgende Frage sei erlaubt: Glauben Sie wirklich, dass die Muslime einenDialog mit den Christen akzeptieren, mit anderen Religionen und sogar mit Atheisten wie mir? Glauben Siewirklich, dass sie sich ändern können, Vernunft annehmen und aufhören werden, Bomben zu legen? Sie sindein äusserst gelehrter Mann, Eure Heiligkeit. Und Sie kennen sie gut. Viel besser als ich. Erklären Sie mir:Wann haben sie sich im Laufe ihrer Geschichte, einer Geschichte, die 1400 Jahre dauert, wann haben sie sichverändert, sich eines Besseren besonnen? Oh, auch wir sind keine Unschuldslämmer, zugegeben. Inquisition,Fensterstürze, Exekutionen, Kriege, Schandtaten aller Art. Guelfen und Ghibellinen ohne Grenzen. Und umuns mit Strenge zu verurteilen, reicht es, an das zu erinnern, was wir vor sechzig Jahren mit dem Holocaustangerichtet haben. Aber nachher haben wir ein bisschen Vernunft angenommen, Herrgott! Wir sind in unsgekehrt und haben uns, und sei’s allein aus Anstand, ein wenig gebessert. Die anderen nicht.

Die katholische Kirche hat historische Veränderungen durchlebt, Eure Heiligkeit. Auch das wissen Siebesser als ich. An einem gewissen Punkt hat sich die Kirche daran erinnert, dass Christus die Vernunftpredigte, also die Entscheidungsfähigkeit, also das Gute, also die Freiheit, und sie hat aufgehört zutyrannisieren. Menschen umzubringen. Oder sie zu zwingen, nur Christus und Madonna zu malen. Hat den

Page 6: Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt ... · Umschau Der Feind in unserem Haus Oriana Fallaci Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt. Attentate

Laizismus begriffen. Hat der Demokratie die Hand gereicht. Und heute redet sie mit Leuten wie mir. Dieanderen nicht. Ergo kann man mit den anderen nicht in einen Dialog treten. Das heisst nicht, dass ich mireinen Krieg der Religionen wünsche, einen Kreuzzug, eine Hexenjagd, wie die Dummköpfe undTaugenichtse behaupten (Religionskriege, Kreuzzüge, ich? Ich bin keine Gläubige, wie soll ich da für einenReligionskrieg sein oder für Kreuzzüge? Hexenjagd, ich? Ich werde selbst als Hexe beschrieben, als eineHäretikerin, wie kann ich da zu einer Hexenjagd antreiben?). Es heisst, ganz einfach, dass es gegen dieVernunft ist, sich über die anderen Illusionen zu machen.

Unser Angebot: Angst, Feigheit

Werden auch wir im Blutbad enden, sind das nächste Mal wirklich wir dran? Oh, ja! Ich habe nicht dengeringsten Zweifel. Hatte ich nie. Auch das sage ich schon seit vier Jahren. Und ich füge hinzu: Sie habenuns noch nicht angegriffen, weil sie den Brückenkopf im Westen brauchen, den bequemen Vorpostennamens Italien. Geografisch bequem, weil unser Land dem Nahen Osten und Afrika am nächsten liegt, denLändern also, die die Mehrheit der Truppen stellen. Strategisch bequem, weil wir jenen TruppenGutmenschentum und Kollaboration anbieten, Angst und Feigheit. Aber bald werden sie zuschlagen. BinLaden persönlich hat es uns versprochen. Explizit, klar und deutlich. Mehrmals. Seine Kommandeure (oderRivalen) ebenso. Sagte nicht Saad al-Faqih, der Saudi, der ein Freund wurde von Bin Laden während desKrieges gegen die Russen in Afghanistan und der gemäss den US-Geheimdiensten al-Qaida finanziert: «Es istnur eine Frage der Zeit. Al-Qaida wird euch bald treffen.» Solche Operationen würden nicht unternommen,versicherte er, wenn man in Lampedusa oder in Malpensa angekommen sei, sondern erst, wenn man das Landgut kenne und sich ins soziale Netz eingeflochten habe. «Bei der Rekrutierung der Männer, welche dieAttentate ausführen, haben wir die Qual der Wahl.»

Viele Italiener glauben immer noch nicht daran. Sie glauben, verschont zu bleiben, indem sie sich schlaugeben und den anderen die Füsse lecken. Vittorio Feltri hat recht, wenn er im Libero schreibt, dass man dieDekadenz der Menschen im Westen daran erkennt, dass sie glauben, auf freundschaftliche Weise mit demFeind verhandeln zu können – und mit ihrer eigenen Angst. Ganz zu schweigen von unserer Angewohnheit,gedemütigt und verraten zu werden. Wie ich in «Die Apokalypse» schrieb: Resignation schafft Apathie.Apathie schafft Trägheit. Trägheit schafft Gleichgültigkeit. Gleichgültigkeit verhindert nicht nur einmoralisches Urteil, sondern erstickt den Instinkt, sich zu verteidigen, zu kämpfen. Ein paar Wochen, ein paarMonate lang verstehen sie sehr wohl, dass der Feind, den sie wie einen Freund behandeln, sie hasst undverachtet und völlig gefeit ist gegen Tugenden wie Dankbarkeit, Loyalität oder Mitgefühl. Sie schütteln dieApathie, die Trägheit, die Gleichgültigkeit ab. Sie glauben an die Botschaften von Saad al-Faqih und an dieexpliziten, deutlichen, präzisen Drohungen von Bin Laden und Konsorten. Sie meiden den Zug und die U-Bahn. Sie nehmen den Wagen oder das Fahrrad. (Theo van Gogh war mit dem Fahrrad unterwegs, als erermordet wurde.)

Und wann wird die Kunst massakriert?

Ihr Gutmenschentum und ihre Unterwürfigkeit wird geringer. Sie trauen den illegalen Einwanderern, dieihnen Drogen verkaufen oder das Haus putzen, etwas weniger. Sie sind etwas weniger herzlich zu demHandwerker, der die Aufenthaltsbewilligung schwenkt und versichert, er wolle werden wie sie, aber seineFrau mit Füssen tritt und die Tochter umbringt, weil sie Jeans trägt. Vielleicht merken sie, dass manmanchmal etwas Freiheit aufgeben muss, um die Freiheit nicht zu verlieren. Dass Selbstverteidigungrechtmässige Verteidigung ist und keine Barbarei. Vielleicht rufen sie sogar, dass die Fallaci recht hatte undnicht verdiente, wie eine Verbrecherin behandelt zu werden. Aber dann werden sie mich wieder wie eine

Page 7: Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt ... · Umschau Der Feind in unserem Haus Oriana Fallaci Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt. Attentate

Delinquentin behandeln. Werden mich wieder eine xenophobe Rassistin et cetera nennen. Und wenn dernächste Angriff kommt, werden wir wieder die alten Dummheiten hören. Schuld der Amerikaner, Schuld vonGeorge W. Bush.

Wann der nächste Angriff kommt? O Gott, ich hasse es, die Kassandra zu spielen. Die Prophetin. Ich binkeine Kassandra, keine Prophetin. Ich bin nur ein Bürger, der nachdenkt und dabei zu logischen Schlüssenkommt. Und der doch jedes Mal hofft, sich zu irren, und sich verflucht, wenn Dinge geschehen, diebeweisen, dass er sich nicht geirrt hat. In unserem Land, fürchte ich, werden sie sich nicht mit einemMenschenmassaker zufriedengeben. Denn, meine Lieben, wir haben es mit einem intelligenten, informiertenUngeheuer zu tun. Das Ungeheuer hat (auf unsere Kosten) studiert. Das Ungeheuer versteht nicht nur etwasvon Dynamik, Chemie, Physik, von Flugzeugen, Zügen und U-Bahnen. Es versteht auch etwas von Kunst.Von der Kunst, die ihre angebliche Leuchtturmkultur nie hervorgebracht hat. Und ich glaube, dass sie beiuns nicht nur Menschen, sondern auch diese Kunst massakrieren wollen. Was braucht es, um den MailänderDom oder den Petersdom in die Luft zu jagen? Michelangelos David, die Uffizien und den Palazzo Vecchioin Florenz? Den Schiefen Turm von Pisa, ein Monument, das man in der ganzen Welt kennt?

Wir können nicht wegrennen oder die weisse Flagge hissen. Wir können dem Ungeheuer nur mit Ehre undMut entgegentreten und uns daran erinnern, was Winston Churchill sagte, als er den Krieg mit den Nazisaufnahm: «Wir werden Blut, Schweiss und Tränen vergiessen.» Auch wir werden Blut, Schweiss und Tränenvergiessen. Wir sind im Krieg. Wollen wir es endlich begreifen, ja oder nein?

Im Krieg weint man, im Krieg stirbt man. Fertig, Schluss.

Oriana Fallacis letzter Artikel erschien am 16. Juli 2005 im Corriere della Sera unter dem Titel «Il nemicoche trattiamo da amico».

© Oriana Fallaci

Übersetzung: Beatrice Schlag, Walter De Gregorio

Oriana Fallaci verstarb 77-jährig am 15. September 2006 in ihrer Heimatstadt Florenz.

(c) 2006 by Die Weltwoche, Zürich - E-mail: [email protected]

Page 8: Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt ... · Umschau Der Feind in unserem Haus Oriana Fallaci Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt. Attentate
Page 9: Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt ... · Umschau Der Feind in unserem Haus Oriana Fallaci Islamistische Terroristen haben Europa den Krieg erklärt. Attentate