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Schlesischer Gottesfreund NACHRICHTEN UND BEITRÄGE AUS DEM EVANGELISCHEN SCHLESIEN 66. JAHRGANG – MÄRZ 2015 – NR. 3 ISSN 1861- 9746 Verkaufspreis: 3,- Euro H 6114

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Schlesischer GottesfreundNACHRICHTEN UND BEITRÄGE AUS DEM EVANGELISCHEN SCHLESIEN

66. JAHRGANG – MÄRZ 2015 – NR. 3ISSN 1861- 9746 Verkaufspreis: 3,- Euro H 6114

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

es gibt Zeiten im Alltag, in denen alles zu gelingen scheint.Mein Beruf erfüllt mich mit Freude. Meine Familie undmeine Freunde schenken mir ihre Zeit, Liebe und Aufmerk-samkeit. Ebenso werde ich allen ihren Erwartungen gerecht –keine aufgeschobenen Telefonate, keine E-Mail im Postfach,die ich nicht schon längst hätte beantworten sollen. Heraus-forderungen, die vor mir liegen, sehe ich frohen Mutes entge-gen. Alles läuft wie von selbst, nichts und niemand kann mei-ne gute Laune erschüttern.

Der Apostel Paulus beschreibt in seinem Brief an die Ge-meinde in Rom einen ganz anderen Alltag. Dieser ist geprägtvon Leiden. Angst und das Wissen um die eigene Vergäng-lichkeit bestimmen die Menschen, ja sogar die gesamte Schö-pfung. Wo man auch hinhört, vernimmt man ein lautes Äch-zen und Seufzen. Allen ist gemeinsam, dass sie ein Ende die-ses Alltags ersehnen. Paulus selbst kann ein Lied von diesenNöten singen. Auf seinen zahlreichen Reisen, bei denen erden Menschen im östlichen Mittelmeerraum voller Eifer vonJesus Christus erzählte, traf er nicht nur auf offene Ohren undbegeisterte Zustimmung. Streitereien, Ablehnung, Verfolgungund sogar Gefangenschaft gehörten zu den Erfahrungen, dieer bei seiner Verkündigung machte.

Doch Paulus belässt es nicht bei dieser düsteren Darstel-lung der gegenwärtigen Leiden. Stattdessen erinnert er an dieHoffnung, von der er den Gemeinden immer wieder erzählthat. Worauf gehofft wird, vermag der Apostel nicht in Wortezu fassen. Er erinnert daran, dass das Ziel der Hoffnung nichtgesehen, sondern nur geduldig erwartet werden kann. DenGrund seiner Hoffnung beschreibt er dafür umso deutlicher:

Geistliches Wort

Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein?GGeeddaannkkeenn zzuumm MMoonnaattsssspprruucchh MMäärrzz((RRöömmeerr 88,,3311))

Mose am Berg Sinai, ANN

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AUS DEM INHALT

GEISTLICHES WORT

Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? S. 34

BEITRÄGE

... was mich bewegt ... S. 35

Du großer Schmerzensmann.

Liedbetrachtung S. 36

Der Königshainer Anhang

(Fortsetzung und Schluss) S. 38

Winterflucht aus Schlesien

Ein „Tagebuch” der Ereignisse

vor 70 Jahren S. 40

Gedenken an Valentin Trotzendorf

in Troitschendorf S. 47

MELDUNGEN S. 44

VERANSTALTUNGEN S. 45

AUS DER LESERGEMEINDE S. 46

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BEITRÄGE 35

Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? Wer will die Aus-erwählten Gottes beschuldigen? Wer will verdammen? Werwill uns scheiden von der Liebe Christi? Denn ich bingewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel nochMächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zu-künftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kre-atur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Chri-stus Jesus ist, unserm Herr (Röm 8,31.33-35.38f).

Wenn ich diese Verse lese, dann erklingt in meinenOhren nicht die Stimme eines verzagten und von der Wirk-lichkeit verängstigten Apostels. Vielmehr habe ich das Bildeines Mannes vor Augen, dessen Schreibfeder seinen Ge-danken kaum folgen kann, dessen Hoffnung mit jedem ge-schriebenen Wort wächst und greifbarer wird. Worin derGrund seiner Hoffnung besteht? Nun, Paulus weiß Gott aufseiner Seite. Jeden Tag erzählt Paulus den Menschen vonseinem Gott, der die Menschen unendlich liebt und zu des-sen Wesen die Treue gehört. Gott kann nicht anders, als denMenschen treu zu sein. Das ist der Grund für Paulus'Hoffnung. Wenn er Gott auf seiner Seite weiß, was kanndann schon kommen? Was könnte ihm dann im Alltagwiderfahren, dass er an der Gegenwart zerbricht und seineHoffnung verliert? Nichts. Nichts kann zwischen Paulusund Gottes Liebe für ihn kommen. Menschen können ein-ander den Alltag schwer machen, Menschen können einan-der sogar das Leben unerträglich werden lassen. Paulusstreitet dies nicht ab. Aber er setzt dem Umgang der

Menschen untereinander die untrennbare Beziehung Gotteszu den Menschen entgegen.

Auch unser Alltag entspricht wohl selten dem anfangsgezeichneten Bild. Wie bei Paulus und der Gemeinde inRom ist auch unser Leben immer wieder von Widrigkeitengeprägt – berufliche Misserfolge, nicht gelingende Bezie-hungen zu Familie und Freunden, unüberwindbar scheinen-de Herausforderungen. Ist Gott für uns, wer kann wider unssein?

Es mag Zeiten geben, in denen es schwer fällt, dieserAussage Glauben zu schenken. Manche Erfahrungen lassenmich vielleicht sogar daran zweifeln, ob Gott überhaupt aufmeiner Seite ist. Paulus ahnte womöglich, dass sich dieserZweifel angesichts der gegenwärtigen Leiden einschlei-chen könnte. Doch er wehrt sich heftig dagegen. Als Leserdieser Verse werden wir mit hineingenommen in den Wi-derspruch gegen den Zweifel. Gott kann gar nicht anders,als auf unserer Seite zu sein. Weil Gott auf meiner Seite ist,kann ich die Kraft aufbringen, Leid zu ertragen, Misserfol-ge hinter mir zu lassen, Menschen eine zweite und dritteChance zu geben und Herausforderungen anzunehmen. Gottauf der eigenen Seite zu wissen, kann der berühmt-berüch-tigte Funken Hoffnung sein, der in einer schwierigen odergar ausweglosen Situation Halt und Zuversicht gibt.

Saskia Lieske,Inspektorin am Schlesischen Konvikt Halle

... was mich bewegt ...ANDREAS NEUMANN-NOCHTEN

Es ist bemerkenswert, wie viele Zusendungen in Formvon Anrufen, E-Mails und Briefen mich erreichten,die sich alle mehr oder minder umfangreich mit dem

unter der Überschrift „Was mich bewegt ...” in der letztenAusgabe erschienenen Artikel und Interview befassten.Viele Leserinnen und Leser haben mich wissen lassen, dassdas, was „mich bewegt”, auch sie bewegt, und dass sie sichwünschen, mehr aktuelle Betrachtungen dieser Art imGottesfreund zu lesen. In einer Zuschrift hieß es: „ ... wiralten Schlesier mögen ja zum großen Teil unseren Zenitlängst überschritten haben und das bringt es mit sich, dassman schon gern in Erinnerungen kramt ... Die Kräfte las-sen nach und damit auch die Möglichkeit und der Wille,sich auf zu machen, um Erlebnisse und Erfahrungen zusammeln. Das heißt aber nicht, dass wir den Dingen, diedie Welt bewegen etwa gleichgültig gegenüberstünden oderdass wir für Entwicklungen, die unser aller Zukunft betref-fen nur noch Desinteresse übrig hätten ... Seit einigenJahren stelle ich nun mit Wohlwollen fest, dass auch „un-ser Gottesfreund” sich mehr und mehr öffnet und „überden Tellerrand” der Gemeinschaft hinausblickt. Es ist wohl-tuend, dass aus unserem „Sprachrohr” nun auch Stimmenzu vernehmen sind, die zeitgemäß und dennoch in uns ver-trauter Sprache, die „Zeichen der Zeit” wahrnehmen undkommentieren ... Seit vielen Jahrzehnten leben wir nun

schon weit weg von unserer ehemaligen Heimat. Zu denwunderbaren Kindheitserinnerungen haben sich weiterehinzugesellt, Erinnerungen, die wir in der „neuen Welt”machten, die dadurch allmählich ebenfalls zur Heimatwurde. Und in dieser Heimat reiche ich gern den „Gottes-freund” herum, denn er macht deutlich, dass wir weder rück-wärtsgewandt, noch verbiestert oder gar revanchistischdenken, wenn wir uns zu unserer schlesischen Herkunft be-kennen ... der schlesischen Sache treu zu bleiben heißtnicht, sie nur zu erinnern, sondern vor allem, sie für dieZukunft wirksam werden zu lassen ...”

Dass ich an dieser Stelle aus dem dreiseitigen Brief zi-tiere, anstatt ihn im hinteren Teil als Leserzuschrift abzu-drucken, hat natürlich seine Bewandtnis. Er lässt deutlichwerden, dass das Interesse am Gottesfreund nach wie vorgroß ist, wie auch der Wunsch, dass aktuelles Zeitgesche-hen stärker Berücksichtigung finden möge. In dieser Weisehaben sich auch etliche weitere Leser, wenn auch nichtganz so umfangreich, geäußert.

Insofern wird von nun an – vielleicht nicht in jederAusgabe – unter der Rubrik „ ... was mich bewegt ...” vonverschiedenen Autoren zu lesen sein, was sie „bewegt”.Natürlich sind alle Leser des Gottesfreundes aufgerufen,sich mitzubeteiligen.

Ihr Andreas Neumann-Nochten

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BEITRÄGE

„Die evangelische Kirche sollte dieses in seiner Knappheit,Eindringlichkeit und Schlichte nicht übertroffene Lied andie vorderste Stelle ihres Passionssingens rücken.” So lau-tet das Urteil eines Theologen über das Lied, welches seitetwa 50 Jahren im Stammteil unseres Gesangbuches steht.Ich mag sie nicht, diese Schulmeister und Zensurenvertei-ler, die ihre Sucht, das Urteil ihrer Zeitgenossen gängelndzu beeinflussen, nicht bezähmen können. Aber gut, sehenwir uns dieses Lied einmal an.

Schon die Anrede ist einzigartig und erscheint so inkeinem anderen Passionslied: „Du großer Schmerzens-mann…” Der Dichter hat hier ein Bild des leidenden Chri-stus vor Augen, das Christus, gefesselt und mit Dornen-krone, ganz in sich gekehrt auf einem Stein sitzend zeigt:„Christus in der Rast" wird es auch genannt. Es stammt ausdem Mittelalter und drückt tiefes Mitleid aus: der Mann,der da zusammengesunken auf einem Stein sitzt, dieserMann kann nicht mehr. Zu groß ist die Last, die er zu tra-gen hat. Doch nicht irgendein müder Mann sitzt da auf demStein: ein Heiligenschein gibt die Erläuterung: hier sitzt derErlöser Jesus Christus, wahrer Mensch und wahrer Gott,als Mensch dem Tode geweiht, als Gott sitzend zur Rechtendes Vaters.

Aber gewichtige theologische Aussagen drängen diesesBild bald zur Seite: Gott selbst hat den „Schmerzensmann”so geschlagen: „vom Vater so geschlagen…”

Die Alleinherrschaft Gottes wird hier so ernst genom-men, daß die irdischen Peiniger Jesu überhaupt nicht er-wähnt werden. Seit undenklichen Zeiten stand der Lei-densweg seines Sohnes im Heilsplan des Vaters (vgl. Jesaia53, Philipper 2). Die Plagen, welche Jesus auf seinem Wegerdulden musste, werden nur knapp angedeutet: Geth-semane („Seelenangst”, diese Voranstellung zeichnet dasLied aus), Gefangennahme („Band und Not”), Gerichts-verhandlung („Geisselung”) und Hinrichtung („bittrerTod”). Die nächsten Strophen enthalten den Dank des gläu-bigen Christen für solche „Plagen”. Echter Dank aber führt

zum Bekenntnis der eigenen Schuld: um unserer Sündewillen wird Jesus gekreuzigt, über uns entbrannte eigent-lich Gottes Zorn, traf aber seinen Sohn Jesus Christus, derunschuldig und freiwillig menschliche Schuld auf seinenRücken lud: „du unbeflecktes Lamm, was hast du sonstgetan?”

Zum Bekenntnis der Schuld gehört schon in neutesta-mentlicher Zeit das Bekenntnis des Glaubens (Markus 1,15 und Apg. 8,37), d.h. das Bekenntnis zum Sieg Gottesüber menschliche Schuld. Das letzte schlesische Gesang-buch enthielt als 3. Strophe eine solche, die diese Tatsacheklarmacht:

Doch deine Herzenslieb erwei+et un+erm Herzen,wie lieb wir dir gewe+t; dein Leiden, Tod und Schmerzen

hat nun ver+öhnet Gott, den Vater, mit der Welt,uns +eine Gnade bracht, zufrieden ihn ge+tellt.

Diese Botschaft von der Versöhnung führt in der jetzigen 3.Strophe auf den eigentlichen Höhepunkt, auf dem in bekann-ten Paradoxien bezeugt wird, was der „fröhliche Wechsel(Martin Luther)” zwischen Christus und der Menschheit be-deutet: Sieg in einem Kampf, den wir Menschen ohne JesusChristus niemals hätten gewinnen können:

Dein Kampf i+t un+er Sieg, dein Tod i+t un+er Leben,in deinen Banden i+t die Freiheit uns gegeben.

Dein Kreuz +ei un+er Tro+t, die Wunden un+er Heil,Dein Blut das Lö+egeld, der armen Sünder Teil!

Im zweiten Teil des Liedes kommt zum Bekenntnis dieBitte: wer sich zu Christus bekennt, tritt auch in dessenNachfolge. Solche kann allerdings nur unter Gebet vollzo-gen werden.

Hier gerät nun die Not des Dichters und der damaligenschlesischen Kirche in den Blickpunkt: die Schrecken derGegenreformation, welche nahezu jeden evangelischenBürger zwangen, sich zu „Kampf und Leiden” zu wagen,unter Schmach und Hohn das Evangelium zu bekennen,mit der Bereitschaft, sein Leben dafür einzusetzen. SolchesBekenntnis war durchaus echt, dafür steht der viermaligeHinweis auf die „Angst” in den beiden letzten Strophen:die Rechtsunsicherheit, welche Angst hervorrief, galtsicher als schlimmste Heimsuchung in der damaligen Zeit:„laß uns im Tode siegen” – das heißt: „Lass uns das Lebenauf dieser Welt nicht höher schätzen als das Bekenntnis zuDir!”

Auch im Mitleiden des Christen werden die Gegnernicht benannt, sondern da, wo der gläubige Mensch sich insLeiden schicken muss, da geschieht auch das vom Herrn:„bind uns, wie dir´s gefällt…”

Gerade in Verfolgungszeiten wächst die Versuchung,Sicherheit und Annehmlichkeiten des „Fleisches” höher zuschätzen als das Bekenntnis des Glaubens, darum musssich der Christ darüber klar sein, dass seine eigene Lage imMitgekreuzigtwerden mit Christus besteht. Und wenn eszur Sünde kommt – kein Mensch lebt sündlos –, dann sindes allein die Kreuzeswunden Jesu, welche Vergebung der

Du großer Schmerzensmann.PASTOR. EM. PETER MERX

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BEITRÄGE 37

Sünden bewirken. Muss der gläubige Christ den Tod erlei-den, dann wird sein höchster Trost sein, im Tode mit Chri-stus gleichförmig zu werden (conformitas cum Christo):„laß uns auf deinen Tod den Trost im Tode gründen…”Die Schlussbitte umfasst dann noch einmal alles, was diesLied im Stande des Bekennens vorzubringen suchte:„O Jesu, lass an uns, durch dein Kreuz, Angst und Peindein Leiden, Kreuz und Angst ja nicht verloren sein.”

Auffällig ist auch das Versmaß: 6füßige Jamben, die inder Versmitte durch eine scharfe Cäsur getrennt werden.„Alexandriner” heißt dieses aus Frankreich stammendeVersmaß, in welchem auch die Lieder „O Gott, du frommerGott” und „Nun danket alle Gott” gedichtet sind.

Durch die Cäsur wird jeder Vers in zwei gleichlangeTeile aufgeteilt. Im Deutschen wirkt das leicht etwas kurz-atmig, da hier 6 von 8 Versen einer Strophe mit starkenmännlichen Reimen enden. Hier paßt sich diese rhythmi-sche Eigenart dem Charakter des Inhalts jedoch gut an.Man meint, ein unter dem Kreuz Dahinsinkender müssenach ein paar Schritten immer wieder stehenbleiben, umLuft zu schöpfen.

Der Dichter dieses Liedes, Adam Thebesius, war gebür-tiger Schlesier und stammte aus einer Pastorenfamilie. Am6. Dezember 1596 wurde er in Seifersdorf im damaligenFürstentum Liegnitz geboren. Sein Vater unterrichtete ihnfrühzeitig nach dem Kleinen Katechismus Luthers, bevorer in die Schule kam. Er durchlief die Gymnasien inLiegnitz und Breslau (Magdalenen), und 1616 zog er zumTheologiestudium nach Wittenberg, dem Hort der lutheri-schen Orthodoxie. Dort war er ein fleißiger Student, derschon 1617 die Würde eines Magisters erwarb, was zumAbhalten von Vorlesungen berechtigte. Damit schien eineUniversitätslaufbahn vorgezeichnet, doch 1619 rief ihnsein kränklicher Vater in die Heimat zurück, damit er des-sen Adiunctus (=Hilfsprediger) würde.

Doch das blieb Adam nicht lange, denn schon 1620berief ihn Freiherr von Stosch, Patron und Kollator derGemeinde Mondschütz im damaligen Fürstentum Wohlauzum Pastor dieses Ortes.

Nun konnte geheiratet werden, und am 7. September1621 war Hochzeit mit Catharina Weyrach – die Ehe wurdemit 8 Kindern gesegnet.

Sechs Jahre wirkte Thebesius in Mondschütz, dannwählten ihn Rat und Bürger der Stadt Wohlau zu ihremSeelsorger am 8. Januar 1627. Mittlerweile war Krieg, undThebesius hatte darunter zu leiden dazu verlor er zweiTöchter durch eine Pestepidemie, eine dritte starb durcheinen Unfall, und am 19. Januar 1639 starben seine Frauund sein neugeborener Sohn im Kindbett.

Das ließ an einen Wechsel der Pfarrstelle denken, undam 31. Mai 1639 erfolgte der Ruf an die Peter-Paul-Kirchein Liegnitz. Dort predigte und lehrte er bis zu seinem Todeam 12. Dezember 1652.

Thebesius war ein gewissenhafter Prediger, der uner-müdlich für das Wohl seiner Gemeinde sorgte: „Er warnicht einer von denen, die ihre Predigten aus dem Ärmelschütteln, sondern es musste alles von ihm wohl erwogen,wohl überleget und richtig eingefüget werden”, rühmt eine

zeitgenössische Quelle. Darum war ihm besonders an derVerständlichkeit seiner Predigten gelegen, und so verzich-tete er auf hebräische, griechische und lateinische Zitate,wie sie damals üblich waren, von den „Gevattern Schnei-der und Handschuhmachern” jedoch kaum verstanden wur-den. Thebesius „teilte seine Verkündigung nach denGesetzen der Logik genau und recht”, wie ein Zeitgenosseurteilte.

Seine fleißige und gewissenhafte Arbeit wurde 1642durch die Berufung ins fürstliche Konsistorium belohnt. Erwurde auch als gewissenhafter Beter gerühmt: „Er war imBeten brünstig, sowohl in seinem Kämmerlein, als in sei-nem Hause, welches eine rechte Bet- und Sängerschule ge-wesen, da man täglich zu gesetzter Zeit hörte Psalmen undLobgesänge und geistliche Lieder. Sonderlich aber wußteer in der Kirche seine und der ganzen Kirche Not mit an-dächtigen, beweglichen und geistreichen Worten Gott vor-zutragen. Da machte er sich zur Mauer und stand widerden Ruf gegen Gott für das Land, daß es nicht verderbete.”

Sein Lied „Du großer Schmerzensmann” erschien zu-erst 1652 im „Passionale melicum” seines Kollegen MartinJa(h)n (um 1620-1682), das dieser in Görlitz herausgab.Jahn schmückte es mit der schönen Melodie, welche sichdem Duktus des Textes gut anpaßt. Alle acht Verse einerStrophe sind durch Pausen voneinander getrennt, doch dieMelodielinie macht nicht bei den Pausen Halt, sondern gehtüber sie hinweg. Es sind zwei große Brückenbögen, welchedie Melodie mit je 4 Zeilen beschreibt. Der erste beginntauf der Terz und kehrt zum Schluß des zweiten Teils zumAusgangspunkt zurück, um in einem Nebenbogen auf denGrundton c hinunter zu führen: dieser wichtige Einschnittwird durch das punktierte a in der vierten Zeile vorbereitet.Der zweite Melodiebogen beginnt mit der fünften Zeileund wölbt sich fugenlos zum Schlußton. Damit beginntjede Melodiezeile mit dem Ton, mit dem die vorige ge-schlossen hat.

Das Lied verbreitete sich nicht nur in Schlesien ziem-lich rasch und erschien in vielen Gesangbüchern bis zurZeit der Aufklärung, die seiner Gedankenwelt ziemlich ver-ständnislos gegenüber stand: Umdichtungen sind nicht be-kannt, dafür wurde es in „neue” Gesangbücher nicht mehraufgenommen. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhun-dert stand es nur noch in den Gesangbüchern Bayern,Hannover, Lübeck, Mecklenburg-Schwerin, Schaumburg-Lippe und natürlich Schlesiens. Erst die Singebewegungzwischen den beiden Weltkriegen brachte es wieder ins Be-wusstsein zurück, und so kam es 1950 in die Stammaus-gabe des EKG, von dort ins EG und erfreut sich bis heutegroßer Beliebtheit.

Wir haben in diesem Lied eine wertvolle Betrachtung undVergegenwärtigung der Passion Jesu, es steht im Kanon derGraduallieder unter dem Sonntag Palmarum und wird be-sonders in Passionsgottesdiensten gern verwendet. Doch esgibt keinen Grund, es anderen Passionsliedern vorzuziehen,denn alle diese Lieder dienen dem gleichen Zweck: derDarstellung und Vergegenwärtigung der Passion Christi alsGrund unseres Heils. Das sei allen neunmalklugen Schul-meistern ins Stammbuch geschrieben!

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38 BEITRÄGE

Der Königshainer Anhang (FORTSETZUNG UND SCHLUSS)

PASTOR. EM. PETER MERX

Wenden wir uns nun dem Königshainer Anhang zu:Schmidt hatte erkannt, daß trotz der 1054 Liederim Gesangbuch den Gemeinden neue Lieder

fehlten, da das Gesangbuch schon 1730 – also gut fünfzigJahre vorher – seine endgültige Gestalt bekommen hatte.So bemühte er sich um neue Lieder aus der Periode derAufklärung. Diesen Liedern fehlt zwar – nach heutigemVerständnis – die Herzlichkeit und Unmittelbarkeit derLieder des Barock, sie wirken etwas kühl und distanziert –aber Schmidt konnte und wollte nicht auf sie verzichten, dasie dem Geschmack der damaligen Zeit entsprachen.

So traf er mit Bedacht eine sorgfältige Auswahl dieserLieder und bevorzugte dabei die Lieder Christian Fürch-tegott Gellerts, von denen auch heute noch einige im EGstehen. Gellert dichtete in lehrhaftem Ton mit vielen rheto-rischen Fragen und neigte zu Reflexion und Selbstprüfung,letzteres ein Erbe des Pietismus.

Darüber hinaus war Schmidt mit den Gesängen der Brü-dergemeine vertraut und wollte auch diese seiner Gemein-de nahebringen.

Die erste Auflage des Königshainer Anhangs bestandaus 160 Liedern in zwei Teilen. Im ersten Teil standen Fest-lieder, Lieder zu den Katechismusstücken (dies ein unver-wechselbares Kennzeichen eines lutherischen Gesangbu-ches), zu den Tageszeiten, Lob- und Gebetslieder. Derzweite Teil enthielt die Lieder zum „Christlichen Lebenund Wandel” unter pietistisch geprägten Überschriften, wiez.B. „Von des Sünders Bekehrung zu Gott”, „Wahres Chri-

stentum” oder „Glückseligkeit der Kinder Gottes” u.a.m.70 Lieder des Anhangs stammen aus dem 1778 erschiene-nen neuen „Brüdergesangbuch” der Herrnhuter Brüderge-meine mit gelegentlichen kleinen Textänderungen und Kür-zungen, um sie den Bedürfnissen einer landeskirchlichenGemeinde anzupassen.

Als Quellen für seinen Anhang dienten Schmidt Samm-lungen moderner Lieder wie z.B. die „Sammlung neuergeistlicher Lieder, Leipzig 1785” oder „Auserlesene Psal-men der neuesten und besten Dichter ed. Caspar GottlobLange, Chemnitz 1781” oder das „Allgemeine Gesangbuchfür Schleswig-Holstein, Altona 1780”, das er sich wohl inChristiansfeld besorgt haben mag.

Die Namen der Verfasser ließ er weg. Damit folgte ereiner Tradition des Pietismus, welche die Kirchenliederdem „Geist des Glaubens” zuschrieb, so dass sich die Na-men der Verfasser als reine „Werkzeuge des Heiligen Gei-stes” erübrigten.

Schmidt entnahm nicht nur dem Brüdergesangbuch von1778 eine große Anzahl von Liedern, sondern auch einigeaus dem „Liturgienbuch der Brüdergemeine Barby 1791”,vor allem in der Rubrik der Abendmahlslieder. Die Feierdes Hlg.Abendmahls verstand die Brüdergemeinde als„Umarmung der Brautgemeinde durch ihren Bräutigam”,und es galt als Höhepunkt der Gemeinschaft mit Christus.Dabei wurden Wechselgesänge zwischen Chor und Gemein-de (Nr. 40-42) angestimmt. Schmidt nahm eine in Herrnhutentstandene und ausgebildete Liedform auf und versuchte,sie in seiner Gemeinde heimisch zu machen.

Die Brüdergemeinde lebte vor allem in ihren Liedern,und darum gingen manche Versammlungen geradezu in„Singstunden” über, die bald zur festen Einrichtung wur-den. In diesen Singstunden wurden einzelne Strophen ver-schiedener Lieder mit verschiedenen Melodien sinnvoll zueiner neuen Einheit zusammengefügt. Für Zinzendorf warder Gesang das wichtigste Mittel, Glaubensfreude zu äu-ßern und Gemeinschaft zu bilden. Gesungenes und gedich-tete Lieder galten ihm als „inspiriert” und waren darumdem Worte Gottes besonders nahe. Er selbst schuf solcheLieder und Wechselgesänge und stellte sie zusammen, da-mit sie in den gottesdienstlichen Versammlungen erklingenkonnten. Besonders angetan hatte es Zinzendorf das alt-kirchliche Te Deum laudamus (Herr Gott, dich loben wir),das er verschiedentlich nachbildete in der überliefertenForm eines Wechselgesangs zwischen Chor und Gemeinde. Einige Liederdichter der Aufklärung griffen diese Form aufund ahmten sie nach. Wir nennen hier nur Friedrich Gott-lieb Klopstock, in dessen Lyrik sich die Kenntnis Herrn-huter Liturgien wiederfindet. So z.B. seiner 1767 entstan-denen Ode „Die Chöre”:

Oben beginnt jetzo der Psalm, den die Chöresingen, Musik, als ob kunstlos aus der Seele

schnell sie ströme. So leiten Meistersie, doch in Ufern, daher…..

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39BEITRÄGE

Himmlischer Ernst tönet herab mit des Festeshohem Gesang. Prophezeiung und Erfüllung

wechseln Chöre mit Chören. Gnadesingen sie dann und Gericht.

(Werke, Band IV, 187)

Aber schon 1758 im ersten Teil der Klopstockschen„Geistlichen Lieder” stehen solche Gesänge zwischen Chorund Gemeinde: so z.B. das Sterbelied „Selig sind desHimmels Erben”, nach der Melodie „Wachet auf” demChor zugeordnet; dies enthält auch Gemeindestrophennach der Melodie „Jesus, meine Zuversicht”, beginnendmit den Worten „Staub bei Staube ruht ihr nun in dem frie-devollen Grabe.” An die Gemeindestrophen schließen sichnoch zwei Strophen nach der ersten Melodie, deren einevom Chor, letztere von der Gemeinde gesungen wird.

Auch ein Abendmahlslied hat diese Form, von dem diedem Chor zugeordnete Strophe heute noch in manchenGesangbüchern steht „Herr, du wollst uns voll bereiten zudeines Mahles Seligkeiten”, sowie noch einige andereLieder.

Christian Samuel Schmidt nahm unter den Nummern59-63 auch einige „Anbetungsliturgien” in sein Gesang-buch auf. Diese Liturgien finden sich jedoch nicht in denHerrnhuter Liturgiebüchern, und so läßt sich vermuten, daßsie aus Schmidts Feder stammen. Sie sind überschrieben„Gott, dem Vater”, „Jesu Christo dem Sohne Gottes”, „JesuChristo, dem Gekreuzigten”, „Jesu Christo, dem Aufer-standenen” und „Gott, dem Heiligen Geiste”.

Prediger und Gemeinde gestalten diese Liturgien imregelmäßigen Wechsel. Der Prediger ist sozusagen der„Chorführer” (Träger der Handlung): er gibt Impulse undtreibt voran, wobei er Bibelsprüche und Katechismusstücke(in Nr.64) verwendet. Die Gemeinde hat lediglich antwor-tende Funktion, und diese Antwort erfolgt im Singen aus-gewählter Liedstrophen. Das Ganze ähnelt somit einemsogenannten „Kultdrama”.

Da mir keine Noten dieser Liturgien zu Gesicht gekom-men sind, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob derPrediger sprach oder in einem besonderen Rezitationstonsang. Die Gemeinde antwortete immer singend, entwederdurch den Vortrag klassischer Liedstrophen oder solcheraus dem Brüdergesangbuch.

Doch an welcher Stelle des Gottesdienstes wurden dieseLiturgien eingesetzt? Etwa in besonderen Gottesdienstenam Vorabend der hohen Feste, oder an Stelle des Introitus?Oder gab es in Königshain damals auch „Singstunden”, inwelchen nicht gepredigt wurde und der Prediger nur alsLiturg wirkte? Fragen über Fragen, die wir heute Abendnicht beantworten können.

Erst am Anfang des 19. Jahrhunderts bürgerten sich sol-che Liturgien auch in den einzelnen Landeskirchen ein. DerLeipziger Theologieprofessor Johann Georg Rosenmüllerbeschreibt seine Eindrücke nach dem Hören so: „In solchenAugenblicken bin ich mit meinem Herzen ganz imHimmel, und der Eindruck von den Wahrheiten, die ich mirdabei auf das Lebhafteste denke, wirkt noch mehrere Tage

in meiner Seele fort.” (Leupold a.a.O., p. 56 f.)Landeskirchliche Agenden jener Zeit, z.B. die Sächsi-

sche von 1812, behielten lange die überkommenen Anbe-tungsformen und öffneten sich in der Regel kaum für dieseFormen. Die Gemeinde Königshain war und ist eine landes-kirchliche Gemeinde, doch das Oberkonsistorium in Dresdenwar weit entfernt, und wenn Schmidts Patrone v. Schach-mann oder v. Heynitz die Bestrebungen ihres Pastors unter-stützten, konnte nicht viel passieren. Damit bildet der Kö-nigshainer Anhang eine Ausnahme zwischen allen regionalenLiederanhängen in Sachsen und der sächsischen Oberlausitz,und Königshain kann bis heute stolz auf diese Sondertraditionsein. Leider wissen wir nicht, wie lange diese gepflegt wurde,da keine Zeitzeugen mehr vorhanden sind.

Nun sind wir aber noch nicht am Ende unserer Überle-gungen, denn die mir vorliegende 3. Auflage des Königs-hainer Anhangs von 1823 ist gegenüber den beiden vorigenAuflagen um 61 Lieder vermehrt, so dass sich die Lieder-zahl nunmehr auf 221 beläuft. Wieder war ein GörlitzerVerlag mit der Herstellung betraut, diesmal der von JohannGottlieb Dreßler.

Da Schmidt bereits 1792 verstarb, kann diese Erweite-rung nicht von ihm stammen. Die Nachfolger Schmidts,Joh. Karl Friedrich Mathesius (1793-1796 in K.) und CarlFriedrich Foest (1797-1817 in K.), beerdigt am Eingangzur Kirche, scheiden wohl als Urheber aus. Sie waren keineMitglieder der Herrnhuter Brüdergemeine, und das machtihre Urheberschaft nicht sehr wahrscheinlich.

Anders verhält es sich mit Carl Gottlieb Göbel, von1818-1867 Pfarrer in Königshain. Er war als Anhänger desNeupietismus bekannt und hat die Gemeinde in fast 50 Jah-ren seiner Wirksamkeit entscheidend geprägt. Er war esauch, der 1826 Johannes Evangelista Goßner in Königshainin die evangelische Kirche aufnahm, und dessen BiographHermann Dalton nennt Göbel einen „innig frommenChristen”. (Dalton a.a.O., p. 363)

Göbel käme daher wohl am ehesten als Sammler undHerausgeber der 61 Lieder in Frage. Von diesen stammen51 Lieder aus dem Brüdergesangbuch von 1778, jedochnicht aus dessen Anhang 1806. Damit wird mit 90 % desLiederbestandes das Herrnhuter Erbe weiter in Königshaingepflegt. Bei den restlichen 10 Liedern bediente sich derHerausgeber aus den klassischen Liedersammlungen desPietismus: die Gesangbücher von Joh. Anastasius Freyling-hausen von 1704 und 1718 , sowie die Cöthnischen Liedervon 1744, sind hier die Quellen.

Für 6 Lieder haben wir keine Quelle ermitteln können,daktylische und amphibrachische, also hüpfende, Versma-ße weisen aber in diese Richtung.

„Moderne” Lieder sind nicht aufgenommen, da einGroßteil der neupietistischen Liedersammlungen erst um1825 erschien. Auch „Anbetungsliturgien” sucht man im„Nachtrag” vergebens. War ihre Zeit in Königshain bereitsvorüber? Alles in allem gilt, dass der Königshainer Anhangeine Besonderheit unter allen Gesangbüchern seinerUmgebung darstellt, und die Gemeinde kann mit Rechtstolz sein, dass eine solche eigenartige Erscheinung in ihrerMitte gepflegt worden ist.

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Winterflucht aus SchlesienEEiinn „„TTaaggeebbuucchh”” ddeerr EErreeiiggnniissssee vvoorr 7700 JJaahhrreenn

WOLFGANG H. R. FELDEN

Vor siebzig Jahren, im Januar 1945, begann für Milli-onen Menschen im damaligen Osten Deutschlandsdie Vertreibung aus ihrer angestammten Heimat. Zu

ihnen gehörte auch Wolfgang H. R. Felden, der am 08.April 1939 in Breslau geboren wurde. Sein Vater, HerbertFelden, kam am 06.August 1909 in Röstfelde, Krs. Kreuz-burg O/S, zur Welt. Er war ab Juni 1938 bis zum Kriegs-ende Pfarrer von Konradswaldau im Kreis Trebnitz undverstarb am 25.April 1994. Feldens Mutter Ruth, eine ge-borene Deutschmann, stammt aus Gleiwitz.

Stellvertretend für die Erlebnisse so vieler Menschendrucken wir hier Wolfgang Feldens Erinnerungen an dieTage der Vertreibung ab:

1199..JJaannuuaarr 11994455

Ich war fünf Jahre alt und lebte mit meiner Mutter inKonradswaldau im Katzengebirge, vierzig Kilometer nord-westlich Breslaus, Schlesiens Hauptstadt. Mein Vater warin diesem Ort Pfarrer, aber seit Beginn des ZweitenWeltkriegs, am 01.September 1939, Soldat und zu dieserZeit in Frankreich. Unser Nachbar, Herr Zschaege, Guts-hofbesitzer, war verstorben und wurde an diesem Tag bei-gesetzt. Meine Mutter dirigierte den Begräbnischor.Abends wurde im Radio bekanntgegeben, dass sich dieRussen bis etwa dreißig Kilometer vor unsere KreisstadtTrebnitz vorgekämpft hatten. An diesem Abend beschlossmeine Mutter, mich in den Süden Schlesiens zu bringen: ZuVerwandten nach Waldenburg im Riesengebirge.

2200.. JJaannuuaarr 11994455

In aller Frühe um fünf Uhr weckte Mutter mich. Ich warnicht ausgeschlafen. Zwei Koffer waren schon gepackt,und wir frühstückten gemeinsam. Von der Gutshofbesitze-rin bekamen wir einen Pferdeschlitten mit zwei Pferden zurVerfügung gestellt, um zum nächsten Bahnhof zu fahren.Es lag viel Schnee, und das Thermometer zeigte etwa 25Grad Kälte an. Sechs Uhr morgens war es, und der Kut-scher des Gutshofes stand mit dem Pferdeschlitten vor un-serem Pfarrhaus. Mutter hatte mir den Mantel angezogen,dann sagte sie: „Wir werden lange nicht mehr nach Hausekommen.” Ich ging im Flur zu meinen Lieblingsspiel-sachen, meinem Schlitten und meinem Fahrrad und verab-

schiedete mich. Dann nahm mich Mutter auf den Pferde-schlitten mit unseren zwei Koffern, und die Schlittenfahrtging vier Kilometer bis zum Bahnhof Gelndorf-Stroppen.

IInn BBrreessllaauu

Wir fuhren mit einem Personenzug in das nahe gelegeneBreslau, meine Geburtsstadt, wo ich am 8.April 1939 ge-boren worden war. Auf dem Hauptbahnhof stiegen wir aus.Dort waren sehr viele Menschen, die sich auf der Fluchtvor den Russen befanden. Zum Freiburger Bahnhof mus-sten wir, weil von dort die Züge ins Riesengebirge abfuh-ren. Es ging alles durcheinander. Normale Eisenbahn-per-sonenwagen gab es nicht mehr, doch wir fanden noch Platzauf einem offenen Güterwaggon. Es war ein Geschiebe undGedrücke auf den Bahnsteigen und auch in den Waggons.Viele suchten ihre Angehörigen in dem Getümmel. Esherrschte ohrenbetäubendes Geschrei um mich herum.Mehrere jammerten, einige schrieen, etliche weinten. Vielebekamen keinen Platz mehr in einem der Eisenbahnwagenund mussten zurückbleiben. Die Erwachsenen standen, ichsaß auf meinem Koffer. Die Zugfahrt begann. Da ich michnicht mehr bewegen konnte, fror ich immer mehr. Durchdie große Kälte „zwickten” mich meine Ohren, Finger undZehen und schmerzten sehr. Manchmal weinte ich deshalbund die Tränen wurden zum Teil an meinen Wangen zu Eis.Zitternd, frierend und bibbernd saß ich auf dem Koffer, biswir in Waldenburg ankamen.

Dort ging meine Mutter mit mir zu unseren Verwandten.Am nächsten Tag wollte sie wieder in unseren HeimatortKonradswaldau zurückfahren, aber sie kam nur bis Bres-lau. Die kämpfenden Russen waren schon in unseren Kreisvorgedrungen, und es ging daher kein Zug mehr zu unsererBahnstation Gelndorf-Stroppen. Bei einer Freundin inBreslau schlief meine Mutter und kam am nächsten Tagwieder zu uns nach Waldenburg.

IImm RRiieesseennggeebbiirrggee

Wir waren bis Anfang Februar 1945 bei unseren Verwand-ten in Waldenburg. Auch Oma Berta kam aus der östlich-sten Großstadt Schlesiens, aus Gleiwitz, zu uns ins Rie-sengebirge. Es lag schon viel Schnee, aber in diesen Tagenschneite es noch mehr, und es war bitter kalt. Opa Reinhold

Fluchtberichte Foto: Dokumentation „Flucht des Bartschtals”

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BEITRÄGE 41

blieb noch in Gleiwitz und flüchtete später im kalten Win-ter auf Kohlezügen aus Oberschlesien. Die Russen kämpf-ten sich immer weiter auf Waldenburg zu. Wir mussten nunauch von hier flüchten. Meine Tante Hilde und ihr vierMonate altes Baby, Ingrid, Oma Berta und Mutter mit mir,wir setzten unsere Flucht fort. Die Eltern meiner TanteHilde blieben noch in Waldenburg. Ihr Mann war Soldatund an der Front.

IInn ddeerr TTsscchheecchheeii

Wir konnten mit einem Lazarettzug von Waldenburg nachPilsen in der Tschechei fahren. Viele verwundete Soldatenstöhnten wegen ihrer Verletzungen in unserem Zug, vielehatten blutgetränkte Verbände.

Verpflegung, Wurst und Brot, hatten die Erwachsenenum mich auf die weite Flucht für ein paar Tage mitgenom-men. Wir mussten deshalb nicht hungern wie viele andere.In Pilsen versuchte meine Familie verzweifelt, etwas Milchfür unser Baby zu bekommen. Mich kleinen Knirps mitfünf Jahren ließen sie deshalb mit dem Baby in der Nachtin einem abgestellten, unbeheizten und dunklen Eisenbahn-wagen. Das Kind schrie, ich fror immer mehr und hatte soallein, nur mit dem Baby, große Angst, bis die Erwach-senen wieder bei mir waren. Durch solche Situationen ver-loren viele Kinder ihre Eltern auf der Flucht; viele erfrorenoder hatten ein anderes schlimmes Ende.

Nach vielen Stunden fuhr ein Zug gen Westen in Rich-tung Eger. Der hielt dann später auf offener Strecke, dennvor uns brannte lichterloh ein ganzer Ölzug, der bombar-diert worden war. Die Flammen loderten und prasseltendutzende Meter hoch in den wolkenverhangenen Himmel:Wir alle mussten aussteigen. Wir liefen weiträumig im ho-hen Schnee um das Flammenmeer herum bis zu einemBahnwärterhaus. Es war überfüllt von Leuten. BittersteKälte herrschte. Mich ließen die Erwachsenen mit demBaby im Kinderwagen in der Nähe des Bahnwärterhausesallein im Freien stehen, während sie das übrige Gepäck ausdem Zug holten, der wegen des brennenden Ölzuges nichtmehr weiter fahren konnte. Nach langer Zeit kam dann vonder anderen Seite ein Zug, mit dem wir über Eger bisLeipzig fuhren. Dort war Fliegeralarm; wir mussten daherin einen überfüllten Schutzkeller. Nach dem Fliegerangriffging unsere Zugfahrt mit mehrmaligem Umsteigen weitergen Norden nach Quedlinburg im Harz zu meiner Paten-tante Alwine.

IImm HHaarrzz

Auch dort gab es viele Fliegerangriffe, und jedesmal töntendie Sirenen. Bei jedem Fliegerangriff flüchteten wir in denKeller eines Turmes aus dem Mittelalter, der Wände vonüber einem Meter Dicke hatte. Dort waren wir sicher. Ein-mal fiel in der Nähe eine Bombe, und viele Fensterscheibenam Wohnhaus meiner Tante gingen zu Bruch. Am 8.Aprilbeging ich meinen sechsten Geburtstag in einem unruhigenDeutschland. Um den 25.April erkämpften sich die Ame-rikaner Quedlinburg im Harz. Ich als kleines Kind hatte vorden großen und lauten Panzern, die manchmal schossen,große Angst.

KKrriieeggsseennddee

Am 7.Mai 1945 schloss die Armee, in der mein VaterLeutnant war, in Ried in Tirol einen Waffenstillstand mitdem amerikanischen General Patton. Mein Vater kam inGefangenschaft und in das Gefangenenlager bei Linden inBayern. Die Soldaten, die nicht in der NSDAP waren, wur-den von den Amerikanern bald entlassen. Man fuhr sie mitamerikanischen Lastwagen nach Hause. Am selben Tag um2.41 Uhr unterzeichnete Jodl im amerikanischen Haupt-quartier zu Reims die Gesamtkapitulation der deutschenWehrmacht, Keitel wiederholte dies am 9.Mai um 0 Uhr 16im sowjetischen Hauptquartier in Karlshorst bei Berlin.Der Krieg war zu Ende. Am 17.Juni 1945 fuhr ein amerika-nischer Lastwagen in den Ostharz. Mein Vater fragte, ob ermitfahren könne, da er seine Frau und seinen Sohn bei denVerwandten in Quedlinburg vermutete. Und so war es.Achtzehn Monate hatte Vater mich nicht mehr gesehen.Und ich erkannte ihn nicht mehr. Er war mir durch dielange Abwesenheit fremd geworden. So erging es damalsvielen kleinen Kindern. Als er über den Hof meiner Paten-tante ging, sah ihn meine Mutter: sie rannte ihm entgegen,und meine Eltern lagen sich in den Armen. Tränen derFreude, Dank im Herzen für die wunderbare Bewahrung,Hoffnung auf einen neuen gemeinsamen Anfang.

IInn BBaayyeerrnn

Vater nahm Mutter und mich am 19.Juni 1945 mit demamerikanischen Militärlastwagen mit nach Bayern. EinenTag später wurde die Einheit meines Vaters nach Unter-igling bei Landsberg verlegt. Ein Zimmer bekamen wir dreiin einem Bauernhaus. Mittagessen gab es aus der Wehr-machtsküche, und an dem Verpflegungsempfang durftenMutter und ich auch Anteil haben. Wenige Tage später, am28.Juni, wurde Vater in Biessenhofen hinter Stacheldrahteingesperrt, jedoch nach 36 Stunden Kriegsgefangenschaftwieder entlassen. Er war frei.

Vater hatte noch eine Taschenuhr und bekam so auf demWeg des Tausches ein altes Damenfahrrad. Damit fuhr ernach München, Stuttgart und Treysa in Hessen. Er suchtebei den evangelischen Landeskirchen eine Anstellung, be-kam sie aber leider nicht.

NNaacchh NNoorrddwwüürrtttteemmbbeerrgg

Wir fuhren mit einem Lastwagen am 29.Juli vonLandsberg/Bayern nach Großbottwar im Kreis Ludwigs-burg. Die Wohnungsnot in den westlichen Bundesländernwar schlimm durch Millionen von Flüchtlingen und durchviele zerschossene und bombardierte Häuser. Wir dreibekamen Unterkunft in einem Zimmer und einem dunklenVorraum an einer Kellertreppe, der uns als Küche diente.Als wir im Sommer 1945 in Großbottwar wohnten, warenmeine Eltern arbeitslos; wir hatten fast kein Geld mehr.Vater und Mutter bekamen zwei alte Betten für sich, undich schlief auf einer Matratze auf dem Boden. Als sechsjäh-riges Kind spielte ich oft mit kleinen Steinen, weil ichaußer zwanzig Dominosteinen nichts zum Spielen hatte.Wir arbeiteten mit bei Bauern auf dem Feld, auf denWiesen und im Weinberg und waren froh, wenn wir für

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BEITRÄGE42

... Unter Christian Kraft zu Hohenlohe-Öhringen (1848-1926) sind die Hohenloher zu wahren Zinkmagnaten auf-gestiegen. Slawentzitz war nicht nur der Sitz des HausesHohenlohe-Öhringen, sondern auch der Verwaltungssitzdes dazugehörigen Industrie- und Bergbauimperiums.

Schloss Slawentzitz steht als Beispiel für die Residenzeines großen Industriemagnatengeschlechts in Oberschle-sien. (Anschluss aus Ausgabe 11/2014, S. 167)

Als wir aus dem Bus stiegen, wurden wir schon vonPfarrer Marian Bednarek und dem engagierten Orts-chronisten Herrn Kurzaj vom deutschen Freundes-

kreis erwartet und sehr herzlich begrüßt. Beide zeigten unsihre Kirche, während Frauen aus der Gemeinde den Innen-raum für den Erntedankgottesdienst schmückten.

Die bis 1869 erbaute Kirche „St. Katharina von Alex-andrien” ist innen und außen sehr gut erhalten. IhreEntstehung und Ausstattung ist in einem vom SlawentzitzerFreundeskreis herausgegebenen Bildband hervorragenddokumentiert. Für den Bau gewann der rührige PfarrerDronia den kaiserlichen Dombaumeister Friedrich vonSchmidt aus Wien, den Erbauer des Wiener Rathauses und

Mitarbeiter von Ernst Friedrich Zwirner aus Jakobswaldein der Bauhütte des Kölner Doms. Die fünf Altäre und dieKanzel wurden in Wien angefertigt, die Beichtstühle undFarbglasfenster in Breslau. An den Außenmauern der Kir-che und an den Fenstern ist noch das Wappen der Familiezu Hohenlohe-Öhringen zu sehen.

Anschließend begleiteten sie uns zum Friedhof. Mitgroßer handschriftlicher Ahnentafel der Fürstenlinie unterdem Arm führten sie uns zu den Grabstätten der Familieund erklärten die familiären Bande. Einige der Grabtafelnhatten Herr Kurzaj und andere ehrenamtliche Helfer ausSlawentzitz bei Erdarbeiten zufällig wiedergefunden,gereinigt und neu verlegt. Der Friedhof zeigte sich für unsauch als liebevoll bewahrter Gedenkort für Opfer des Krie-ges verschiedenster Nationen, die in dieser Gegend gefal-len waren. Er ist ein berührendes Zeugnis tiefer Mensch-lichkeit und gemeinsamer europäischer Geschichte.

Das Schloss entstand im Jahr 1836 auf Initiative desPrinzen Friedrich August zu Hohenlohe. Es verfügte überdrei Stockwerke mit 45 Wohnzimmern. Auf der erstenEtage befand sich ein großartiger Bankettsaal mit anschlie-

unsere Arbeit eine Brotzeit mit Leber- oder Griebenwurstauf selbstgebackenem Brot und ein Glas Most bekamen.Wenn der Wagen mit Getreide beladen und von zwei Kü-hen weggezogen worden war, blieben meine Eltern mit mirnoch auf den abgeernteten Feldern. Wir sammelten liegen-gelassene Ähren, bis es dunkel wurde, und brachten sie indie Mühle: Dafür bekamen wir vom Müller etwas Mehl. ImHerbst sammelten wir unter Buchen im Wald Buchele, diewir dann pressen ließen; wir erhielten dann etwas Öl, umunser Essen bereiten zu können. Da wir nur noch wenigGeld besaßen, konnten wir für den Winter für unsere einzi-ge Stube zum Heizen keine Kohle kaufen. Wir sammeltenim Wald viele Äste zum Heizen und Kochen unseres immer

einfachen Essens. Wir waren Flüchtlinge und hatten keinenBesitz mehr außer ein paar Kleidungsstücken. Millionenvon Menschen erging es ähnlich wie uns. Es war eine harteZeit, in der viele Menschen um das nackte Überlebenkämpften. Ich habe noch einen Brief, in dem uns eine Frauaus unserem Heimatdorf in Schlesien nach der Fluchtschrieb, dass sie sich aus Kartoffelschalen Suppen gemachthat, weil sie sonst nichts zu essen hatte. Die nachgewach-senen Generationen können sich gar nicht vorstellen, schongar nicht durchleben, wie schlimm die Zeit damals inDeutschland war und wie es in vielen Städten aussah, diezerbombt und zerschossen waren und in Trümmern lagen.

Auf den Spuren der Familie zu Hohenlohe in OberschlesienBIRGIT OTT

FORTSETZUNG AUS 11/2014, S. 166/167

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BEITRÄGE 43

ßender Terrasse. Es blieb bis zum Jahr 1945 unverändertbestehen. Bei Kämpfen im selben Jahr wurde es starkbeschädigt. Nach dem Krieg verfiel es langsam und wurdein den 70er Jahren schließlich abgerissen. Erhalten bliebnur der Teil einer Treppe des früheren Osteingangs (Abb. S.42: Schloss Slawentzitz in der Mitte des 19. Jahrhunderts,Wikimedia Commons/Sammlung Duncker; die erhaltengebliebene Treppe, Wikimedia Commons/Konrad Kurzacz).

Kraft Fürst zu Hohenlohe-Öhringen (geb. 1927 in Bres-lau) musste 1945 Slawentzitz verlassen und kehrte erstmals2004, anlässlich eines großen Festes, wieder in seine alteHeimat zurück. Seitdem unterhält er intensive Kontaktenach Slawentzitz und besucht den Ort sehr oft.

Durch diesen ersten Kontakt entstand 2009 auch eineoffizielle Kreispartnerschaft zwischen Kêdzierzyn-Ko¿le(Cosel) und dem Hohenlohekreis sowie eine Schulpartner-schaft zwischen der Karoline-Breitinger-Schule in Kün-zelsau und der Schule 1 in Kêdzierzyn-Ko¿le. Die polni-schen Schüler bereisten im März 2013 den Hohenlohekreisund besuchten u.a. Würzburg, Öhringen und Bad Mergent-heim und luden zu einem Gegenbesuch im März 2014 ein.

Abschließend gingen wir zum früheren, unter FriedrichAugust Fürst zu Hohenlohe-Öhringen erbauten Kranken-haus. Slawentzitz besaß die erste Lungenheilstätte im Deut-schen Reich mit großem Krankenhaus und Liegehallen imWald für die in den Kohlegruben und Industrieanlagen desFürstentums Beschäftigten. Längere Zeit war hier Dr.Robert Koch, der Entdecker des Tuberkel-Bazillus, tätig.

In den letzten Jahren baute man bereits einen großenTeil der Gebäude zum Hotel um.

Vor einigen Wochen machte man bei Bauarbeiten zumEinbau der Lüftung an der Außenwand des Hotels einensensationellen Fund. Man entdeckte eine in die Fassadeeingelassene Metallkapsel mit Originaldokumenten undeiner Flasche Verrenberger aus dem Jahre der Grundstein-legung des Krankenhauses 1884. In den alten Kolonnadender ehemaligen Luftkurhallen sind große Bildtafeln zurOrtsgeschichte von Slawentzitz bis 1945 ausgestellt.

Nach einer netten Kaffeepause im Restaurant desHotels Hugo verließen wir Slawentzitz in Richtung KlosterGroß Rauden.

Fortsetzung folgt.

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gemein-schaft evangelischer Schlesier, Christoph Scholz,feiert am 1. März 2015 seinen 80. Geburtstag. Er

wurde am 1. 3. 1935 in Herzogswaldau im Kreise Jauergeboren. Gemeinsam mit seinen Geschwistern, seinenGroßeltern und weiteren, ihn auch später noch prägendenVerwandten, erlebte er seine Kindheit auf dem elterlichenHof. Diese Idylle wurde am 13. Febru-ar 1945 mit der Eroberung des Dorfesdurch die russische Armee jäh beendet.Dabei fanden neben vielen anderenDorfbewohnern seine geliebte Groß-mutter und zwei seiner Onkel den Tod.Es folgte zunächst die Flucht ins heuti-ge Tschechien. Aber schon nach kurzerZeit kehrte die Familie wieder auf ihrenHof zurück, wo inzwischen schon ande-re Menschen das Haus in Besitz genom-men hatten. Mit den neuen Hausherrenhieß es nun, auf dem Hof einigermaßen– so weit das überhaupt möglich war –zusammenzuleben und gemeinsam un-ter fremder Regie den Hof zu bewirt-schaften. Im August 1946 erfolgte danndie endgültige Vertreibung durch diepolnische Verwaltung.

Ein erstes neues Zuhause – unterganz anderen Wohn- und Lebensbedin-gungen – fand die Familie im Weserbergland.

Nach dem Abitur folgte in Göttingen das Studium derklassischen Philologie. Hier war er auch als Sprecher derSchlesischen Hochschulgruppe tätig und organisierte Dis-kussions- und Vortragsabende, zu denen er u.a. auch Per-

sönlichkeiten wie Peter Grundmann als Referenten gewin-nen konnte.

Neben seiner Tätigkeit als Gymnasiallehrer war erTeilnehmer der Treffen des Iserlohner Kreises in der dorti-gen Akademie, die der damalige Vorsitzende des Ostkir-chenausschusses der Schlesier in Hannover, Pastor Ger-hard Rauhut, angeregt hatte. Dort wurde seinerzeit auch die

aktuelle Ostdenkschrift der EKD vonden Teilnehmern intensiv und kontro-vers diskutiert.

Seit 1970 ist er Vorsitzender des Jo-hann-Heermann-Pädagogen-Kreises,der sich in diesem Jahr zu seiner 46. Ta-gung in Springe treffen wird.

Bis zum Fall der Mauer fanden dieTreffen, die gemeinsam mit Klaus Bie-nert vorbereitet wurden, an „geheimen”Orten wie dem Haus der Diakonie inBerlin-Weißensee oder in der Kryptader Görlitzer Peterskirche statt. Gegen-stand der Treffen waren u.a. die Situationder Schule, die Unterrichtsinhalte undeigene Unterrichtserfahrungen – hierbesonders mit Blick auf den Religions-unterricht bzw. die Christenlehre. Seit1989 fanden die Pädagogentreffen imLutherheim in Springe bzw. in derKreuzberg-Baude in Jauernik und statt.

Nach der Wiedervereinigung wurde besonders der Kon-takt mit der Eichendorff-Gesellschaft intensiviert undVerbindung zu den evangelischen Kirchengemeinden inSchlesien aufgenommen. Seit dem Jahre 2003 ist Chri-stoph Scholz Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft

Christoph Scholz zum 80. Geburtstag

Foto: ANN

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MELDUNGEN44

Petersgrätz – Renovierung des Kriegerdenkmals abgeschlossenFÖRDERVEREIN PETERSGRÄTZ E.V.

Der Vorstand des Fördervereins Petersgrätz regte voreiniger Zeit die Gemeinde Himmelwitz/Jemielnicaals Eigentümerin an, im Ortsteil Petersgrätz/Pio-

trówka, das dortige Kriegerdenkmal renovieren zu lassen.Anlass hierzu war das Gedenkjahr 2014 – 100 Jahre ErsterWeltkrieg!

Im Zuständigkeitsbereich der Gemeinde ist diesesDenkmal eine Rarität, da es das einzige „Denkmal vom 1.Weltkrieg” ist. Die Chronik von Petersgrätz, verfasst vomdamaligen Hauptlehrer Karliczek, berichtet, dass diesesEhrenmal „am 27.09.1931 eingeweiht” wurde. Es enthältdie Namen von polnisch- wie deutschstämmigen Gefalle-nen.

Der Förderverein kümmerte sich selbst um das Einver-ständnis der zwei Grundstückseigentümer. Danach bat derVerein den Gemeinderat Himmelwitz um Erlaubnis.

Nach Prüfung und Genehmigung konnte die Renovie-rung beginnen. Das Denkmalschutzamt befürwortete eben-falls dieses „positive Vorhaben”.

Am 01.11.2014 segnete dann der örtliche katholische Pfar-rer Alojzy Piechota das Denkmal und gedachte im Gebetaller Opfer der Weltkriege. Zukünftig soll dies an Allerhei-ligen Tradition werden. Vorstandsmitglieder nahmen an derZeremonie teil.

Unterstützt wurde der FV Petersgrätz vom neuen ört-lichen „Verein für Dorferneuerung”, der unseren Verein vorOrt mit tätiger Mithilfe unterstützte. Deren 1. Vorsitzende,Barbara Ba³uch, bedankte sich in der „Groß StrehlitzerZeitung” beim Förderverein Petersgrätz für die finanzielleUnterstützung. Der Förderverein dankt hiermit allen Spen-dern für Ihre Hilfe. Mit der Erhaltung dieses „Erinne-rungskulturgutes” konnte ein Symbol für Gedenken undMahnung gegen das Vergessen in Petersgrätz, neu wahrge-nommen und erneuert werden. Fotos: FV Petersgrätz

der Evangelischen Schlesier von Hannover-Braunschweig-Schaumburg-Lippe. Im Bundesvorstand der Gemeinschaftist er als stellvertretender Vorsitzender tätig.

Von den zahlreichen Dingen, die ihm Herzensangele-genheit sind, können an dieser Stelle nur einige Erwähnungfinden. So ist er bei den Kirchentagen präsent und betreutdort regelmäßig den Stand der Gemeinschaft. Desgleichenübernimmt und organisiert er beim Deutschlandtreffen derSchlesier in Hannover den Informationstisch, wie auch denevangelischen Gottesdienst am Sonntag. Großes Interessehat er an Veranstaltungen des Vereins für schlesische Kir-chengeschichte. Er schreibt Berichte für den SchlesischenGottesfreund über Studienreisen, Kirchentage, Tagungenim Haus Hessenkopf und Verständigungsfahrten nachSchlesien.

Erwähnt sei auch seine Vortragsarbeit, die sich vorrangigbedeutenden Schlesiern widmet und die Herausgabe desWeihnachtsrundbriefes für die Mitglieder der LAG.

Wichtig ist für ihn die Pflege persönlicher Kontakte.Seit vielen Jahren nimmt er an den Freundeskreistreffenehemaliger schlesischer Hochschulgruppen in Göttingenund dem Abiturtreffen des Jahrgangs 1956 teil.

Der Gottesfreund und alle Leser gratulieren ihm zu sei-nem Geburtstag und wünschen ihm für den vor ihm liegen-den Lebensweg Gottes reichen Segen, Gesundheit undSchaffenskraft für alle seine weiteren Vorhaben.

(Anm. d. Red: Der vorstehende Text entstand unter Mit-wirkung von Frau Adelheid Moschner und Herrn KlausChr. Röhrbein)

Das Gefallenendenkmal, rechts im Hintergrund das ehemaligeGemeindehaus mit Kindergarten

Kirche mit Denkmal und Umfriedung.

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EMPFEHLUNGEN – VERANSTALTUNGEN 45

Ungewöhnliche Orte laden zu einem Literaturvergnügender besonderen Art ein. In den Schwesterstädten Görlitzund Zgorzelec werden bekannte Persönlichkeiten Textevon deutschen und polnischen, auswärtigen und einheimi-schen Autoren über die Stadt und die Region vortragen. Sie können einen literarischen Spaziergang unternehmen.

Jeweils zur vollen und halben Stunde werden die 5-10mi-nütigen Vorführungen wiederholt. Ein Programmheft mit aus-führlichen Informationen liegt ab März in der Stadt aus.

Eine Veranstaltung der Kulturreferentin in Kooperation mitden Stadtbibliotheken Görlitz und Zgorzelec.

Veranstaltungssprachen: Deutsch und Polnisch Eintritt: 7,00 €Vorverkauf: 5,00 € ermäßigt: 5,00 € (Schüler, Studenten und

Schwerbehinderte )Vorverkauf: ab 2.3.2015

Die Reformation war ein epochalesEreignis, das nicht an unseren heuti-gen Landes- oder gar KreisgrenzenHalt gemacht hat Aber was war dieReformation eigentlich? Gegründetauf tiefe religiöse Überzeugungen be-wirkte sie einen grundlegenden Wan-del im kirchlichen Leben genauso wiein der Politik, in der Bildung undKunst und im Alltag der Menschen.Sie erfasste alle Lebensbereiche derGesellschaft Die Reformation warkeine nationale Angelegenheit. Sieverbreitete sich gleichermaßen unterDeutschen und Sorben und ebensounter Tschechen und Polen.

Schon die eindrucksvolle Ausstel-lung, „Gesichter der Reformation inder Oberlausitz, Schlesien und Böh-men” offenbarte das großes Interessean den vielfältigen Verflechtungen derhistorischen Länder, die heute zurBundesrepublik Deutschland, zurTschechischen Republik und zur Re-

publik Polen gehören. Diese Ausstel-lung wird nunmehr ergänzt und erheb-lich erweitert durch den vorliegenden„Wegweiser zu Stätten der Reforma-tion”.

Dieser Wegweiser kann natürlichnur eine Auswahl bieten. Er stellt Ortevor, an denen die Ereignisse der Re-formation und ihre Folgen eindrucks-voll sichtbar werden. Manche dieserOrte sind bereits touristisch erschlos-sen, andere warten noch auf ihre Ent-deckung. Der Wegweiser erscheint ineiner deutschen, polnischen und tsche-chischen Ausgabe. Wer den Spuren vonReformation und Gegenreformationfolgt, wird überraschende Entdeckun-gen machen. Insofern kann der Kul-turtourismus Menschen unterschiedli-cher Sprachen, Konfessionen und Er-fahrungen einander näher bringen undihnen vermitteln, dass wir ein gemein-sames bis in die Gegenwart wirksamesErbe bewahren. (aus dem Vorwort)

Schlesisches Nach(t)lesen in GörlitzSSaammssttaagg 2211.. MMäärrzz –– 1177 bbiiss 2222 UUhhrr

Wegweiser zu den Stätten der Reformation

EVANGELISCHE GOTTESDIENSTEIN DEUTSCHER SPRACHE IN SCHLESIEN

BBrreessllaauu:: an jedem Sonntag um 10 Uhr in der Christophorikirche, pl. Św. Krzysztofa 1.

LLaauubbaann::an jedem 2. Samstag um 10 Uhr in der Frauenkirche, al. Kombatantów.

LLiieeggnniittzz:: am 1. und 3. Sonntag um 13 Uhr in der Liebfrauenkirche, pl. Mariacki 1.

SScchhwweeiiddnniittzz:: an jedem 4. Sonnabend um 9 Uhr.Ort bitte telefonisch erfragen: 0048 - 713 487 317

WWaallddeennbbuurrgg::an jedem 2. Sonntag und jedem 4. Sonnabend um 14 Uhr in der Erlöserkirche, pl. Kościelny 4.

BBaadd WWaarrmmbbrruunnnn::an jedem 2. Sonnabend in der Erlöserkirche, pl. Piastowski 18.

JJaauueerrFriedenskircheAuf Anfrage: Park Pokoju 2, 59-400 Jawor.Tel. (+4876) 870 51 45. E-Mail: [email protected]

PPffaarrrraammtt:: ul. Partyzantów 60, PL-51-675 Wrocław. Tel. 0048 - 713 487 317. Pfarrer Andrzej [email protected]

HHeerraauussggeebbeerr:: SScchhlleessiisscchh--OObbeerrllaauussiittzzeerr

MMuusseeuummssvveerrbbuunndd,, SScchhlloossss KKrroobbnniittzz,,

AAmm FFrriieeddeennssttaall 55,, 0022889944 RReeiicchheennbbaacchh,,

OOTT KKrroobbnniittzz,, TTeell..:: 003355882288//8888770000www.oberlausitz-museum.de

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AUS DER LESERGEMEINDE46

DIÖZESE BRESLAU

SScchhwweeiiddnniittzz -- FFrriieeddeennsskkiirrcchhee

7. März 2015, 12 Uhr

Feier der Weihe und Amtseinführung

von Bischof Waldemar Pytel durch den Leitenden Bischof der

Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen Jerzy Samiec

VERANSTALTUNGEN DERGEMEINSCHAFT EVANGELISCHER SCHLESIER

LAG Baden-Württemberg/Stuttgart: Jahrestagung der LAGSSaammssttaagg,, 1144.. MMäärrzz in Plochingen, 9.30 Uhr –16 Uhr. Thema: Der gegenwärtige Stand des deutsch-polnischen Mitein-anders im Raum Görlitz, mit Frau Margrit Kempgen, Görlitz.In diesem Zusammenhang wird auch die von deutschen undpolnischen Schülern erarbeitete Ausstellung „HeimatKirche” zusehen sein.SSoonnnnttaagg,, 2299.. MMäärrzz –– PPaallmmssoonnnnttaaggGottesdienst mit schlesischer Liturgieum 14.30 Uhr in der Schlosskirche in Stuttgart, mit Pfarrer i. R. Dr. Paul Gerhard Eberlein.

Hamburg: Gemeindenachmittage der evangelischen SchlesierFFrreeiittaagg,, 66.. MMäärrzz,, 1166 UUhhrrim Gemeindesaal von St. Petri in Altona, Schmarjestr. 33.

Landesarbeitsgemeinschaft Schlesische OberlausitzNächste Zusammenkunft: 11. April 2015 in Markersdorf

Landesarbeitsgemeinschaft AnhaltGottesdienst mit Abendmahl, nach schlesischer LiturgieSonntag, 26. April, 14 Uhr, St. Trinitatisgemeinde Zerbst.Predigt: Pfr. Thomas Pfennigsdorf. Leitung: Pfr. M. Rinke.Anschließend Kaffeetrinken.

GEBURTSTAGE AUS DER LESERGEMEINDE

93. Am 20.03. Herr Dr. Joachim Urban, 72793 Pful-lingen.92. Am 28.03. Herr Gotthold Störmer, 42651 Solin-gen, früher Auras, Kreis Wohlau.91. Am 19.03. Frau Adele Metzger, 76356 Weingar-ten, früher Miechowitz.89. Am 05.03. Frau Käthe Jacobi, 13355 Berlin, frü-her Waldenburg. Am 11.03. Herr Heinz Drieschner,31698 Lindhorst, früher Breslau.88. Am 07.03. Herr Friedrich Handge, 26524 Be-rumbur, früher Siegda, Krs. Wohlau. Am 07.03. HerrPfarrer i.R. Gerhard Kiock, 09465 Sehma, früher Breslau. Am 19.03. Frau Charlotte Beckmann, 57290 Neunkir-chen, früher Breslau/Waldenburg.87. Am 23.03. Frau Ilse Grohmann, 72406 Bisingen,früher Liebethal Krs.Bresl. Am 30.03. Herr FriedemannGottschick, 21339 Lüneburg, früher Breslau.86. Am 13.03. Herr Pfarrer i. R. Gotthard Malbrich,01445 Radebeul, früher Görlitz. Am 14.03. Herr Arnulfv. Bock, früher Breslau. Am 17.03. Herr Niklas v.Selchow, 22587 Hamburg, früher Herrenkirch.

85. Am 06.03. Frau Mechthild Thümmel, 17489Greifswald, früher Buchwald/Rsgb. Am 15.03. FrauChrista Fritsch, 49196 Bad Laer, früher Breslau-Zimpel. Am 27.03. Frau Ruth Lipinski, 31785 Hameln, früher GroßPeterwitz. Am 27.03. Herr Heinz Quester, 53347 Alfter,früher Ohlau.84. Am 08.03. Frau Pastorin i. R. Dietlinde Cunow,28865 Lilienthal, früher Neumittelwalde/Krs. Groß War-tenberg. Am 25.03. Frau Gabriele Freiin von Kettler,80803 München, früher Jacobsdorf Krs. Schweidnitz.83. Am 15.03. Herr Oberlandeskirchenrat Hans-Jo-achim Rauer, 30173 Hannover, früher Landeshut. Am17.03. Herr Pfarrer Siegfried Stadali, 73431 Aalen, früherBreslau, Wohlau, Heinrichswalde (Glatz), Habelschwerdt.Am 21.03. Herr Dr. Joachim Sobotta, 40667 Meerbusch,früher Glatz/Schlesien.82. Am 31.03. Herr Pfarrer i. R. Friedhelm Kalkbren-ner, 99817 Eisenach, früher Breslau. Am 31.03. FrauSigrid Schuster-Schmah, 69124 Heidelberg, früher Bres-lau/ab 1936 Guttentag.80. Am 01.03. Herr Christoph Scholz, 30938 Burg-wedel, früher Herzogswaldau. Am 12.03. Herr Pfarreri.R. Manfred Bünger, 42489 Wülfrath, früher Magdeburg.79. Am 07.03. Frau Maria Bünger, 42489 Wülfrath,früher Sprottau. Am 18.03. Herr Klaus von Foerster,14193 Berlin, früher Ober Mittlau.77. Am 10.03. Frau Elisabeth Bräuer, 86946 Mandra-ching, früher Gummersbach.76. Am 01.03. Herr Pfarrer i.R. Manfred Menzel,42489 Wülfrath, früher Weizenroda. Am 18.03. FrauHelga Rößler, 70619 Stuttgart, früher Erfurt. Am 22.03.Frau Renata Meyer, 44265 Dortmund, früher Lauban.74. Am 01.03. Herr Superintendent i. R. Friedhart Vo-gel, 02977 Hoyerswerda, früher Görlitz. Am 30.03. HerrPfarrer Klaus Biedermann, 02747 Herrnhut, früher Gold-berg.71. Am 03.03. Herr Dr. Wolfgang Danner, 02827 Gör-litz, früher Breslau.64. Am 02.03. Ks.-biskup Ryszard Bogusz, PL - 50-077 Wroclaw.62. Am 04.03. Frau Inge Sobota, 02826 Görlitz.

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Gedenken anValentin Trotzendorf

ANDREAS NEUMANN-NOCHTEN

Am Valentinstag, dem 14. Februar 2015, versammelte sich in der

Kirche im ehemaligen Troitschendorf eine ansehnliche Gemeinde,

um an den Humanisten und Pädagogen Valentin Friedland (gen.

Trotzendorf) zu erinnern, der hier im Jahre 1490 das Licht der Welt

erblickte. Trotzendorf, aus einfachen Verhältnissen stammend, be-

suchte die Görlitzer Lateinschule, studierte in Leipzig und Wittenberg

und wurde zum Anhänger der Lehren Luthers und Melanchthons.

Unter seiner 33jährigen Führung stieg das Goldberger Gymnasium

zu einer Bildungsstätte von europäischem Rang auf. Zwischenzeitlich

lehrte er auch an der von Herzog Friedrich II. (von Liegnitz) begrün-

deten protestantischen Universität Liegnitz.

An das Leben und Wirken Trotzendorfs erinnerte während der öku-

menischen Andacht Pfarrer Ludwig Ammer vom Förderverein des

Augustum-Annen-Gymnasiums Görlitz.

Die geistliche Leitung der Feierstunde, an der auch zahlreiche heu-

tige Bewohner Troitschendorfs (poln. Trojca) teilnahmen, oblag Pfar-

rer Krolewicz aus Lauban und dessen katholischem Amtskollegen. Zu

den zahlreichen Gästen aus Görlitz und der schlesichen Oberlausitz

gehörte auch der Posaunenchor der Görlitzer Stadtmission, der die

Veranstaltung tatkräftig unterstützte.

Eine Lehrerin der ortsansässigen Schule berichtete von der späten

Erkenntnis, im Heimatort eines so bedeutenden Menschens zu leben

und von der schwierigen Spurensuche, die schließlich u.a. durch das

Auffinden eines Teils des alten „Trotzendorf-Denkmals” belohnt wur-

de. Dieses fand inzwischen Aufstellung auf dem Kirchhof.

An dessen Fuß wurde im Anschluss ein Gedenkkranz des Förder-

vereins niedergelegt, da diese Veranstaltung zugleich den Auftakt für

die Feierlichkeiten zum 450jährigen Bestehen des Görlitzer Gymna-

sium Augustum bildete.

Abbildungen: Blick in den Chorraum mit Pfarrer Krolewicz (li.); Pfarrer

Ludwig Ammer und Pfarrer Krolewicz während der Kranzniederlegung

(re.); ca. 60 Gäste aus Polen und Deutschland nahmen an der Veran-

staltung auf dem Kirchhof teil (u.).

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Ein wehrhafter Eingang führt auf den Kirchhof, der

die im IV. Jahrhundert erbaute Kirche umgibt.

Verschwunden und wiedergefunden: Der Sockel

des vor einhundert Jahren aufgerichteten Denk-

mals (Foto unten). Nie verschwunden: Eines der

wenigen erhaltenen deutschen Familienbegräb-

nisse auf dem Kirchhof (Foto u. re.).

Alle Fotos: ANN