IT Magazin atFERCHAU 2013/02

28
DAS IT-MAGAZIN VON FERCHAU ENGINEERING <16> SUCHT ODER SUCHEN? // E-Mail macht uns krank, dumm und arm <24> CROWD-TESTING // Der teuerste Bindestrich der Welt < atFERCHAU #11 > <06> < MENSCH 2.0 > Lässt sich die Schöpfung verbessern?

description

 

Transcript of IT Magazin atFERCHAU 2013/02

Page 1: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

D A S I T - M A G A Z I N V O N F E R C H A U E N G I N E E R I N G

<16> SUCHT ODER SUCHEN? // E-Mail macht uns krank, dumm und arm <24> CROWD-TESTING // Der teuerste Bindestrich der Welt

<atFERCHAU #11>

<06>

< MENSCH 2.0 > Lässt sich die Schöpfung verbessern?

Page 2: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

®

Der Anzug musssitzen.

impressum

ihre abkürzung zu ferchau

atFERCHAU Ausgabe 02 | 2013 Auflage: 70.000 4. Jahrgang

HERAUSGEBER

FERCHAU Engineering GmbH Steinmüllerallee 2 51643 Gummersbach Fon +49 2261 3006-0 Fax +49 2261 3006-99 [email protected] ferchau.de

CHEFREDAKTION (V. I. S. D. P.)

Martina Gebhardt

REDAKTIONSTEAM

Dirk Cornelius Kerstin Kraft Patrick Mytanz Dietmar Schönherr Christoph Sedlmeir

GESTALTUNG

Matthias Müller Fon +49 211 63559150 grafish.de REDAKTION EXTERN Bernd Seidel & Friends Fon +49 89 890683620 seidelfriends.de

DRUCK

Gronenberg Druck & Medien 51674 Wiehl Fon +49 2261 9683-0

<02>

Page 3: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

mittlerweile sind über 1.100 FERCHAU-IT- Spezialisten in spannenden Kundenprojekten enga-giert. Unsere Business Unit IT umfasst die Bereiche Embedded Systems, Application Development, Sys-tems Integration und Enterprise Solutions. Unsere Spezialisten bringen sich in den kompletten Entwick- lungsprozess vom Requirements-Engineering über die Softwareentwicklung bis zum Softwaretest ein.

Software, die für Steu-ergeräte im Automotive-Bereich, im Luftfahrt-umfeld oder zum Beispiel in der Medizintechnik ein-gesetzt wird, aber auch die klassische Entwicklung von Applikationssoftware, die auf Smartphones, PCs oder Servern zum Einsatz kommt, steht bei uns auf der Tagesordnung. Die IT- Administration, die Ein-führung von IT-Service-Management, die Betreuung der Module von ERP-Lö-sungen und auch Themen in der Business-Intelligence runden unser Portfolio ab. Mal sind es einzelne Infor-matiker, die bei der Umset-zung unterstützen, mal sind es Projektteams, die eine komplette Entwicklung zum Erfolg führen. Wir planen, dass 2014 unser Fachbereich IT etwa ein Viertel unse-rer Dienstleistungen erbringen wird. Und wir spüren: Unser alter Anzug passt nicht mehr in diese Zeit.

Mit »Anzug« meine ich unseren organisato-rischen Rahmen aus Vertrieb, Projektsteuerung, Administration und Personalreferenten in den Nie-derlassungen, der bis dato eine eher generalistische

Struktur hat. Das bislang erfolgreiche Konzept benötigt eine Anpassung, damit wir die Dynamik im Engineering-Markt besser umsetzen können.

Es wird Zeit für eine maßgeschneiderte Lö-sung: Ab sofort erweitern wir unsere Aufbauorgani-sation in den Niederlassungen durch Business Units. Dabei handelt es sich, bleiben wir beim Bild mit den Anzügen, um ein Shop-in-Shop-System. Konkret:

In den sieben größten FERCHAU-Niederlassun-gen werden noch in diesem Jahr die Experten stärker nach Branchen und Fach-themen gebündelt. Die be-stehenden Teams erhalten Unterstützung durch spe-ziell ausgebildete Fachleu-te im Sales, im Recruiting und in der Administration. Für Kunden und Partner bedeutet das: Wir haben mehr Zeit für sie. Und: Wir haben Ansprechpartner, die ihre Bedürfnisse noch besser kennen und ver-stehen, also passgenaue Experten für ihre Aufgaben anbieten können. Durch die neugeschaffenen Business Units verpassen wir uns einen neuen Anzug, der

einen passenden Rahmen für Wachstum und mehr Qualität bietet – für Kunden und Mitarbeiter.

Apropos Qualität: Unser IT-Magazin >atFERCHAU< ist im Sommer mit dem »Oscar für Kundenzeitun-gen«, dem Best-of-Corporate-Publishing-Award, in Gold prämiert worden – für eine herausragende Kommunikation mit Partnern und Kunden. Ich wün-sche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.

<03>< e d i t o r i a l >

Page 4: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

< n u m b e r s >

< p r o j e c t s >

< c o v e r >

GEHIRN VERSUS COMPUTER

»NEUN« LAUTET DIE REVOLUTION IN DER GETRIEBESTEUERUNG FERCHAU-Spezialisten testen und integrieren bei ZF Electronic Systems Soft-warebausteine für Hightech-Getriebe.

SONNE UND WIND LASSEN SICH NICHT EXAKT PLANENBei IDS entwickeln FERCHAU-IT-Consultants intelligente Software für die Versorgungsnetze der Zukunft.

LÄSST SICH DIE SCHÖPFUNG VERBESSERN?Transhumanismus sagt voraus, dass Technik und Humanoide zusammenwachsen.

16

24

05

06

10

14

< v o i c e s >

< b r a n c h e n g e f l ü s t e r >

FACEBOOK IST SCHLECHT IM BETT, UND E-MAIL MACHT UNS KRANKDigitaltherapeutin Anitra Eggler erklärt, warum die falschen Karrieregötzen vom Thron gestoßen werden müssen.

DIE CROWD TESTET BESSERDeutsche Unternehmen testen ihre Apps intensiv, doch klagen die Firmen über fehlende Werkzeuge, Endgeräte und Experten für diese Aufgabe. Crowd-Testing kann eine Lösung sein.

24

INTERMODALER VERKEHRDie Konzepte sind da, an der Steuerungs- und Leittechnik wird fieberhaft gearbeitet.

22

BIG DATANur wer tief bohrt, kann den Rohstoff des 21. Jahrhunderts sinnvoll nutzen.

20

16< i n s i d e / E v e n t s >

TRENDENCE GRADUATE BAROMETER 2013Studenten honorieren Nachwuchsarbeit von FERCHAU.

LESERBRIEF Der Kontrolleur wird zum Coach.

GEWINNSPIEL

26

27

26

27

FERCHAU FREELANCEZugang zu spannenden Projekten und Experten.

26

06

D A S I T - M A G A Z I N V O N F E R C H A U E N G I N E E R I N G

<atFERCHAU #11>

ANTRIEBE FÜR DIE INDUSTRIE 4.0WITTENSTEIN motion control GmbH, Anbieter für mechatronische Antriebe, setzt das Konzept von Industrie 4.0 bereits in Produkte um.

12

ART OF ENGINEERING 2014»Liquid Space« – kreative Raumgestalter gesucht!

< i n d e x ><04>

Page 5: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

(Quelle: Spektrum der Wissenschaft)

LEISTUNG EINES COMPUTERSin Rechenschritten pro Sekunde (RPS)

1.000-Dollar-Computer heute

1.000-Dollar-Computer 2020

Supercomputer heute

1 MILLISEKUNDE DAUERT EIN ELEKTRISCHER IMPULS, DER INNERHALB DES NERVENSYSTEMS INFORMATIONEN ÜBERTRÄGT.

1.000 MILLIARDEN NERVENZELLEN SIND DURCH ETWA 100 BILLIONEN SYNAPSEN IN UNSEREM HIRN ENG MITEINANDER VERBUNDEN.

109RPS

(Quelle: Universität Heidelberg)

10.000.000.000.000.000.000RPS

100.000.000.000.000RPS

1 Sekunde

1 Millisekunde

DAS HIRN VERARBEITET PRO SEKUNDE EINE INFORMATIONS-MENGE VON

2.500 GIGABYTE

.

<05>< n u m b e r s >

Page 6: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

< c o v e r ><06>

Page 7: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

MENSCH 2.0 – LÄSST SICH DIE SCHÖPFUNG

VERBESSERN?

Hard- und Software optimiert Humanoide

Wie wachsen Geist und Technik zusammen? Das ist eine Frage, die Forscher und Philosophen seit Jahrzehnten beschäftigt. In der Wissenschaft

stehen nun bahnbrechende Entwicklungen an.

Wir schreiben das Jahr 2049: Der Mensch, wie wir ihn kennen, ist verschwunden. Der neue Mensch ist ein Mischwesen. Er ist mit den Produkten seiner Technologien verschmolzen. Nanobots, winzige

Roboter, in unseren Körpern halten uns gesund. Sie speisen die optimale Mischung aus Nährstoffen und Hormonen in die Blutbahn ein. Jedes unserer Organe kann ersetzt werden. Die Nanobots erzeugen eine virtuelle Realität unseres Nervensystems und ermöglichen eine direkte Hirn-Hirn-Kommunikation über das Internet. Die menschliche Intelligenz hat sich deutlich erhöht. Dabei ist die künstliche Intel-ligenz milliardenfach höher als die biologische. Sie verbessert sich immer schneller und von selbst.

Dies prophezeit Ray Kurzweil, Erfinder und Autor. Er ist ein Vertreter des Transhumanismus, einer philosophischen Strömung, die die organische Synthese von Mensch und Technik erwartet. Seine Thesen führt Kurzweil zurück auf die Theorie des exponentiellen Wachstums nach Gordon Moore. Das Moore’sche Gesetz (1965) besagt, dass sich die Leis-tung der Computer alle ein bis zwei Jahre verdoppelt. Danach sei es nur eine Frage der Zeit, bis Maschinen das menschliche Gehirn überflügeln.

Tatsächlich entwickeln sich die Informations-technologien rasant: Der erste Computer kam 1941

auf den Markt, er wog eine Tonne, war groß wie ein Wohnzimmerschrank und beherrschte nur die Grund-rechenarten. Heute starten und landen Computer Flugzeuge, treffen automatisch Investmententschei-dungen oder organisieren Unternehmen. Ertaubte hören wieder dank Cochlea-Implantaten, Neuropro-thesen könnten bald defekte Sinnesorgane ersetzen. Jedes Mal, wenn wir eine E-Mail verschicken oder mit dem Handy telefonieren, bringen intelligente Algorithmen die Informationen zum Ziel. All das sind Anwendungen der künstlichen Intelligenz (KI): Maschinenintelligenz, die bei bestimmten Aufgaben der menschlichen Intelligenz ebenbürtig ist oder diese übertrifft. Und sie werden immer schneller und schlauer.

Ende 2009 wechselte bei Google der Suchal-gorithmus von der generalisierten auf die perso-nalisierte Suche: Vorherige Suchanfragen werden ausgewertet und kombiniert mit den Daten, die ansonsten im Internet über den Nutzer kursieren, wie Standort oder Klickverhalten. Jeder bekommt die Ergebnisse, die am besten zu ihm passen. ↘

»Wir müssen die Erde verstehen, den Weltraum – und das Gehirn.«

< c o v e r > <07>

Page 8: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

Kritiker wie der Internetaktivist Eli Pariser fürchten drastische Folgen. Er hat, um dieses Phänomen zu beschreiben, den Begriff »Filterblase« geprägt: Der Nutzer lebe intellektuell isoliert – wie in einer Blase. Informationen, die seinen Wünschen und Ansichten widersprechen, werden ausgeschlossen. Pariser schreibt in einem Essay: »Eine Welt, die aus dem Bekannten konstruiert ist, ist eine Welt, in der es nichts mehr zu lernen gibt.«

Dieses personalisierte Netz rückt dem Menschen immer dichter auf den Leib. Anfang nächsten Jahres kommt die vernetzte Datenbrille »Google Glass« auf den Markt: Sie verbindet das menschliche Auge mit dem Internet. Schaut der Brillenträger geradeaus, blickt er in die reale Welt. Bewegt sich sein Auge nach rechts oben, blickt er in die virtuelle Welt. Um die Datenbrille zu nutzen, muss man nicht mal Knöpfe drücken: Google Glass lässt sich per Augen-zwinkern oder mit der Stimme steuern.

Ist das nicht der Beginn der organischen Synthese von Technik und Körper, wie sie die Trans-humanisten seit langem prophezeien? Kommt nach der Brille das Biochip-Implantat?

Zumindest ist die Möglichkeit denkbar, minia-turisierte Maschinen direkt in den menschlichen Körper zu implantieren. In der Medizintechnik wird

solche Technik abgeschwächt bereits angewandt: Das amerikanische Unternehmen Applied Digital Solutions hat den implantierbaren »Verichip« entwi-ckelt, der auf Radiofrequenztechnik basiert. Der Chip kann in Herzschrittmacher eingebaut werden, um zu überwachen, ob der Träger in Ohnmacht gefal-len ist. Seit Jahren forschen Wissenschaftler auch an der Nutzung von Nervenprothesen. Implantierte Elektroden nehmen Signale aus dem Gehirn auf, die eigentlich den fehlenden Arm steuern. Der Chip wandelt die Signale in Computersprache um – und bewegt den künstlichen Arm.

Während Mensch und Maschine immer enger zusammenwachsen, arbeiten Forscher mit Hoch-druck an der Leistung von Computern. Sie wollen künstliche Intelligenz auf menschlichem Niveau schaffen. Maschinen, die eigenständig denken, aus Fehlern lernen, kreative Lösungen finden: superintel-ligente Computer, die schlauer sind als der Mensch.

Um dieses Ziel zu erreichen, benötigen die Forscher ein volles Verständnis des menschlichen Denkor-gans. Sie brauchen ein simuliertes Hirn. »Das ist eine der drei großen Herausforderungen der Menschheit: Wir müssen die Erde verstehen, den Weltraum – und das Gehirn«, sagt in einem Interview Henry Markram, Neuroforscher von der Eidgenössischen Technischen

We are beginning to see intimations of this in the implantation of computer devices

into the human body.

< c o v e r ><08>

Page 9: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

Hochschule Lausanne. Er ist Direktor des Human Brain Project (HBP) und will nichts Geringeres als das menschliche Gehirn in einem Computer modellie-ren. Die so gewonnenen Erkenntnisse sollen unter anderem den Kampf gegen Krankheiten wie Parkin-son oder Alzheimer voranbringen – und die Entwick-lung neuer Supercomuter ermöglichen.

80 internationale Forschungsinstitutionen ar- beiten im HBP zusammen, beteiligt sind Neurowis-senschaftler, Genetiker, Informatiker, Robotikex-perten und Ethiker. Sie sollen das gesamte Wissen über das Hirn zusammenfassen und nachbilden. Die Forscher genießen politischen Rückenwind: Die EU hat das HBP zum Future-and-Emerging-Technolo-gies (FET)-Flagship-Projekt erhoben und unterstützt es mit 1,2 Milliarden Euro. Die Finanzierung läuft bis 2023 – dann soll das Hirnmodell fertig sein.

Am Kirchhoff-Institut für Physik der Universität Heidelberg forscht Prof. Dr. Karlheinz Meier an der Hardware des neuen Supercomputers. »Das Gehirn vereint in sich drei faszinierende Eigenschaften«, sagt der 57-jährige Wissenschaftler in einem Interview, »es lernt, ist fehlertolerant und energieeffizient.« Meier und sein Team wollen deswegen ein Abbild neuronaler Systeme als Hardware realisieren. Das Heidelberger Simulationssystem wird als neuromorph bezeichnet: Statt Mikroprozessoren arbeiten Chips mit neuronen-ähnlichen Eigenschaften. Sie verknüpfen sich unterein-ander nach biologischen Lernprinzipien: Künstliche Neuronen verbinden sich über Synapsen. Die Synap-sen senden elektrische Impulse und speichern und verarbeiten so Informationen. Neuromorphe Compu-ter würden keine Berechnungen mehr durchführen, also völlig anders als unsere PCs zu Hause funktionie-ren. Das Heidelberger neuromorphe System umfasst momentan 200 000 künstliche Neuronen und 50 Milli-onen Synapsen. Das menschliche Gehirn hingegen hat rund 1.000 Milliarden Neuronen und etwa 100 Billionen Synapsen. Die Forscher verwenden Siliziumscheiben, sogenannte Wafers, auf denen Chips in großer Dichte miteinander verbunden sind. Physiker Meier und sein Team streben an, die Leistung des Heidelberger Systems während des HBP um ein Vieltausendfaches zu erhöhen. Am Ende der Aufbauphase, also in rund zwei Jahren, stünde das bei weitem größte neuromor-phe System der Welt zur Verfügung. Dessen Leistung entspräche dem Gehirn eines mittelgroßen Säuge-tiers. In zehn Jahren soll das menschliche Gehirn nachgebildet sein, ist Meier zuversichtlich.

Die Erwartungen an das HBP sind hoch. Manche Hirnforscher halten das Projekt für utopisch, weil man viel zu wenig über die genauen Abläufe im Hirn weiß. In Interviews äußern sie ihre Zweifel: »Markram macht den vierten Schritt vor dem ersten«, sagt beispiels-weise der Münchner Hirnforscher Moritz Helmstäd-ter. Christian Steinhäuser von der Universität Bonn

meint: »Ich halte es in absehbarer Zeit für unmög-lich, auch nur annähernd die Wechselwirkungen von Milliarden von Neuronen untereinander realistisch zu simulieren.« Raúl Rojas, KI-Experte von der FU Berlin, sagt: »Die Schöpfer solcher Simulationen unterschät-zen die Komplexität des Gehirns. Wir wissen nicht, wie viel wir immer noch nicht wissen.«

Nicht nur das HBP steht in der Kritik, sondern das gesamte Forschungsfeld der künstlichen Intel-ligenz sowie die Philosophie des Transhumanismus: Sie rütteln an den Grundprinzipien menschlicher Existenz, argumentieren Denker wie der Politikwis-senschaftler und Autor Francis Fukuyama. Wenn sich die Grenzen zwischen Mensch und Technik auflösten, wenn der Mensch nicht mehr geboren, sondern mathematisch programmiert werde, verlie-re er seine Natürlichkeit. Doch nur von der Natur her, von Geburt an, sei jeder Mensch gleich und frei. Alle modernen Demokratien stützten ihre Gesell-schaft auf die Freiheit und Gleichheit ihrer Bürger. Was bliebe von solchen Idealen, wenn die Menschen ihrer Natur beraubt würden? Nichts.

Die Wissenschaftler sind unbeeindruckt von solcher Kritik und arbeiten weiter ehrgeizig am Menschen der Zukunft. Markram, Direktor des HBP, schildert, wie er sich das Leben seiner Enkel vorstellt: Sie downloaden ihr Gehirn, speichern das Bewusstsein und verbinden sich mit Maschinen. Nicht mehr die Natur bestimmt die Grenzen des neuen Menschen, sondern die Technik. //

HARDWARE MIT HIRNDas Heidelberger Kirchhoff-Institut für Physik will Computer nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns entwickeln. Wie kann das gelingen?

ferchau.de/read/it132a

web-special

mehr informationen

Human Brain Project: humanbrainproject.eu Heidelberger Kirchhoff-Institut für Physik: kip.uni-heidelberg.de Singularity University, gegründet von Ray Kurzweil: singularityu.org Francis Fukuyama, Kritiker des Transhumanismus: fukuyama.stanford.edu

< c o v e r > <09>

Page 10: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

< p r o j e c t s ><10>

ZF Electronic Systems: Revolution in der Getriebesteuerung

»AUFBRUCH IN EINE NEUE DIMENSION«

Neun. Das ist die Zahl der Gänge des momentan modernsten Automatgetriebes – gebaut von der ZF Friedrichshafen AG.

Am Standort Auerbach in der Oberpfalz arbeiten FERCHAU-IT-Spezialisten an den kommenden Generationen von Getriebesteuerungen.

Page 11: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

<11>< p r o j e c t s >

Neun-Gang-Getriebe löst die Schalt-Revolution aus«, titelte die Tages-zeitung »Welt« im vor-vergangenen Jahr. Was steckt dahinter? Als

weltweit erster Getriebehersteller hat ZF Friedrichshafen ein modernes Pkw-Auto-matgetriebe mit neun Gängen entwickelt. Es ist für Fahrzeuge mit quer eingebau-tem Motor und Front- oder Allradantrieb gedacht und passt damit theoretisch in 75 Prozent aller weltweit gefertigten Pkw. Der Clou: Im Vergleich zu den übli-chen 6-Gang-Automatgetrieben bietet das 9-Gang-Getriebe deutlich bessere Fahr-leistungen bei gleichzeitigen Kraftstoff-reduzierungen. Ausgesprochen kurze Re-aktions- und Schaltzeiten – unterhalb der Wahrnehmungsschwelle – hauchen selbst Serienfahrzeugen Rennsport-Gene ein.

Komplexe Steuerungs- und Rege-lungsalgorithmen sind neben ausgefeilter Mechatronik verantwortlich für solch her-ausragende Resultate. Die Hardware und hardwarenahen Basissoftwarekomponen-ten der Getriebesteuerung der nächsten Generation entstehen dazu am Standort Auerbach in der Oberpfalz – im Geschäfts-feld Electronic Systems. »Die Basissoft-ware ist die hardwarenahe (Embedded) Software, die man sich wie einen Treiber vorstellen kann. Sie bietet die Möglich-keit, Aktoren und Sensoren zu steuern und Werte abzufragen«, erklärt Klaus Erlen-bach. Die eigentliche Steuerungslogik der Getriebe, die sogenannten Anwendungen, werde dann von den Kollegen am Standort Friedrichshafen programmiert, ergänzt sein Kollege Manfred Hößl. Beide IT-Con-sultants von FERCHAU Nürnberg sind in die Entwicklung und den Test der Getrie-besteuergeräte in Auerbach involviert.

Da insgesamt drei Standorte – von den Prototypen bis hin zur Serienreife – an der Getriebeentwicklung beteiligt sind, hat ZF ein standortübergreifendes Engineering etabliert. Ganz entschei-dend ist, dass die Übergabepunkte exakt beschrieben sind, damit die Kollegen an den verschiedenen Standorten lückenlos und fehlerfrei mit ihren Entwicklungen auf der in Auerbach erstellten Basissoft-ware aufsetzen können. Umfangreiche Tests sowie die Integration der einzelnen Komponenten sind daher der Schlüssel zu einem erfolgreichen Endprodukt.

Genau das richtige Umfeld für die FERCHAU-Spezialisten. Die Hauptaufgabe

Erlenbachs – in FERCHAU-Kreisen auch als »Mr. Test« bekannt – ist es, Testprozes-se am Standort Auerbach zu optimieren und zu vereinheitlichen. »Ich unterstütze ZF bei der Analyse und der Definition des Testprozesses in allen Phasen des be-währten V-Modells sowie in der Realisie- rung und der Durchführung von Software- tests«, bringt er seine Aufgaben auf den Punkt. Dazu berät der nach dem Inter-national Software Testing Qualifications Board (ISTQB) zertifizierte Informatiker die Teams und nimmt regelmäßig an Mee-tings zur projektübergreifenden Definition der Prüfprozesse teil. Als Ansprechpart-ner für interne Tester und Testmanager gibt er Hilfestellung und erarbeitet Lö-sungsvorschläge für konkrete Prüffälle. Sein Ziel: etwaige Fehler in der Software so früh wie möglich zu entdecken – denn sonst kann es teuer werden. Ein wei-teres Steckenpferd des freiberuflichen FERCHAU-Spezialisten sind Sourcecode- Reviews. Dazu überprüft er den Quellcode auf Einhaltung der Programmierricht-linien und auf logische Programmier- fehler hin. »Wir stellen damit sicher, dass die geplanten Anforderungen korrekt im Programm umgesetzt sind«, konstatiert der 51-jährige Diplominformatiker.

Im Team aus insgesamt drei Integra-toren ist Manfred Hößl bei ZF in Auerbach zu Hause. Seine Hauptaufgabe besteht dar-in, die von den Komponenten-Entwicklern entsprechend den Release-Anforderun-gen bereitgestellten Basiskomponenten zu einem Release-Stand zu integrieren und die Bedatung beziehungsweise Pa-rametrierung durchzuführen. »Erst nach erfolgreichem Integrationstest wird das Softwarepaket ausgeliefert und an die Applikationsentwicklungskollegen weiter-geleitet«, erklärt er. Da die Integration der Embedded Software aus vielen Teilschrit-ten besteht und der Einsatz zahlreicher Tools für Load-, Build- und Configuration-Management sowie Anforderungs-, Ände-rungs- und Parametermanagement oder Tests erforderlich ist, haben die Integra-toren den Prozess um detaillierte Ablauf-beschreibungen und Checklisten ergänzt.

Die langjährige Erfahrung als Inte-grationsspezialist, insbesondere seine strukturierte Arbeitsweise, kommt dem 54-jährigen Hößl zugute, um das Ziel einer qualitativ hochwertigen Software sicher anzusteuern. Auch wenn es zeitlich mal eng wird, wie er sagt. Denn eins steht immer fest: der Auslieferungstermin.

Als Integrator achtet der Diplominfor-matiker mit Argusaugen darauf, dass die Zulieferungen rechtzeitig vorliegen, und er schätzt ab, welche Auswirkungen sich durch sogenannte »Last-Minute-Änderungen« ergeben.

Was für mechanische Bauteile die hundertprozentige Passgenauigkeit ist, oder für Softwaremodule sauber defi-nierte Interfaces, ist für die Teamarbeit eine offene und regelmäßige Kommu-nikation. »Ich liebe meine Arbeit an der Schnittstelle zwischen Basis- und Anwendungsentwicklung und die Mög-lichkeit, im Dialog mit meinen Kollegen Hürden zu umgehen oder sie zu über-springen«, resümiert Manfred Hößl. Sein Kollege Klaus Erlenbach schätzt insbe-sondere den Realitätscheck: »Als nach ISTQB zertifizierter Tester habe ich einer-seits einen guten Einblick über Standards und Trends beim Testing. Und bei ZF er-lebe ich andererseits hautnah, wie und ob die Theorie praxistauglich ist.« Sein Urteil für ZF: Test bestanden. //

über zf friedrichshafen

methoden & tools

» Eclipse (Entwicklungsumgebung)» DOORS (Anforderungsmanagement)» ClearCase (Versionsverwaltung)» ClearQuest (Change-Requests)» CANoe (CAN-Diagnosetool)» Infineon Tricore Evaluation Board» Tasking-Compiler » Trace32 Debugger» Doxygen (Sourcecode-Dokumentationstool)» Lauterbach (Debugging)» Parametrierung und Test: Vector CANape,

CDM Studio

ZF ist ein weltweit führender Technologie-konzern in der Antriebs- und Fahrwerk-technik mit 121 Produktionsgesellschaften in 26 Ländern. Der Konzern mit rund 75.000 Mitarbeitern erzielte im Jahr 2012 einen Umsatz von 17,4 Milliarden Euro. Das Geschäftsfeld ZF Electronic Systems ist spezialisiert auf die Entwicklung von Steuerungen, Schaltern und Sensoren.

mehr informationen

ALEXANDER ABELAccount Manager ITFERCHAU Nürnberg

nuernberg @ferchau.de

ferchau.de/go/nuernberg

Page 12: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

< p r o j e c t s ><12>

Seit der Hannover Messe 2012 geistert ein Ge- spenst durch deut-sche Fabrikhallen, For- schungsinstitute und Entwicklungslabore:

Industrie 4.0. Die Idee ist, künftige Fabri-ken intelligenter zu machen. Fertigungs-prozesse und die dazu erforderlichen Maschinen sollen sich stärker selbst steuern und miteinander vernetzen. Software, Hardware und Kommunika-tionskomponenten wie etwa Sensoren und das Internet sind die technischen Eckpfeiler.

An Geister glaubt man bei WITTEN-STEIN motion control im niedersächsi-schen Bad Pyrmont nicht. Die Ingenieure und Informatiker im Geschäftsbereich »tool drives«, alle Spezialisten für mecha-tronische Antriebe, setzen bereits heute die Ideen der vierten industriellen Revo-lution in marktfähige Systeme um.

Ihre Ziele sind eine hohe Flexibilität, schneller Umbau und erhebliche Kosten-einsparungen beim Anpassen von Bear-beitungsaggregaten, etwa fürs Bohren oder Fräsen, an neue Anforderungen in der Produktion.

»Intelligentere Maschinen bedeu-ten in erster Linie flexible Steuerungs-möglichkeiten und gleichzeitig offene Kommunikationsschnittstellen«, erklärt Eduard Pineker. Der diplomierte Elek-trotechniker von FERCHAU Engineering Hannover unterstützt das WITTENSTEIN-Entwicklungsteam im Geschäftsfeld »tool

drives«. Sein Spezialgebiet ist die »hard-warenahe Entwicklung, also Software für Microkontroller programmieren und testen«, wie er es nennt.

Die Forderung nach Flexibilität und mehr Intelligenz setzen die Ingenieure wir folgt um: Flexibel auswechsel- und zuschaltbare direktangetriebene Bear-beitungsmodule – die Antriebe – sind der eine Teil. Bestandteil zwei ist die dezen-trale Steuerungseinheit, die bei WITTEN-STEIN als »Control-Box« bezeichnet wird. »In dieser Schaltzentrale laufen sämt-liche Daten über den aktuellen Zustand der Werkzeugmaschine zusammen«, erklärt FERCHAU-Entwickler Pineker. Welcher Auftrag wird gerade gefertigt, wie ist der Zustand der Werkzeuge, steht ein Wechsel an, welche vor- oder nach-gelagerten Arbeitsschritte sind notwen-dig, oder hat es einen Werkzeugbruch gegeben? Fragen, auf die die Control-Box dem Bediener Antworten geben kann, ihn mittels integrierten Lifecycle-Manage-ments frühzeitig informiert.

FERCHAU-Mann Pineker kann bei der Entwicklung der Kommunikation zwischen Microkontrollern seine Erfah-rungen als Elektrotechnikingenieur an der Schnittstelle zwischen Hard- und Software ausspielen. Programme, die er mit dem Open-Source-Werkzeug »Eclipse« in C++ erstellt, testet er anschließend einerseits mit Soft-waretools und greift andererseits auf das Oszilloskop zurück, um den Signal-verlauf zu analysieren und zu optimieren.

Mechanik trifft IT – die ganze Bandbrei-te der Ingenieurskunst ist gefragt. Die Kommunikation zwischen Maschinen oder Fertigungszentren erfolgt über Echtzeitprotokolle wie z. B. EtherCAT oder Profinet.

Eine weitere Neuerung der Control-Box 2.0: Im Gegensatz zu den herkömm-lichen Steuerungen, bei denen der Maschinenbediener Kenntnisse in den SPS-Programmiersprachen mitbringen muss, lässt sich die Werkzeugmaschine künftig über ein Web-Interface aus einem Browser heraus bedienen. »Mit wenigen Mausklicks ist der Techniker in der Lage, die erforderlichen Parameter einzustel-len«, sagt Pineker.

Entwicklergeist, gepaart mit Spiel-trieb – das ist »das Optimum« für einen Ingenieur wie Eduard Pineker. »Alle Programme, die ich entwickle, setzen etwas Physisches in Bewegung, und ich habe sofort eine Rückmeldung, ob das Programm leistungsfähig ist oder nicht«, beschreibt der Ingenieur den Reiz seiner Tätigkeit. Dass WITTEN-STEIN als Kernunternehmen im Techno-logie-Netzwerk Intelligente Technische Systeme Ostwestfalen-Lippe (it’s OWL) kräftig mitmischt, ist das i-Tüpfelchen bei seiner Arbeit. Die 174 Kooperations-partner – Unis, Fachhochschulen und Unternehmen – sind angetreten, aus dem Gespenst Industrie 4.0 intelligen-te Produkte und Produktionsverfahren zu entwickeln, die das Leben leichter- machen. //

IT HAUCHT MECHANIK INTELLIGENZ EIN

WITTENSTEIN motion control: Antriebe für die Industrie 4.0

Branchenexperten haben sie herbeigerufen – die vierte industrielle Revolution. WITTENSTEIN motion control GmbH, Anbieter für mechatronische

Antriebssysteme, setzt das Konzept von Industrie 4.0 bereits in Produkte um. Konfigurierbare Mechanik, Sensoren und Software sind die Zutaten.

Page 13: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

über wittenstein

Mit weltweit rund 1.700 Mitarbeitern und einem Umsatz von 241 Mio. Euro (vorläufiger Wert 2012/13) steht die WITTENSTEIN AG national und international für Innovation, Präzision und Exzellenz in der Welt der mechatronischen Antriebstechnik. Die Un-ternehmensgruppe umfasst acht Geschäfts-felder mit jeweils eigenen Tochtergesellschaf-ten. Ein Unternehmen ist die WITTENSTEIN motion control GmbH, die mechatronische Antriebs- und Servosysteme entwickelt.

tooldrives.de

wittenstein.de

mehr informationen

CHRISTIAN REINELTSenior Account Manager ITFERCHAU Engineering GmbHNiederlassung Hannover

[email protected]

ferchau.de/go/hannoverEduard Pineker am Systemprüfstand

<13>< p r o j e c t s >

Page 14: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

Applikations- und Datenbankoptimierung bei IDS

Die IDS GmbH in Ettlingen entwickelt hochverfügbare IT-Systeme für Daten- und Instandhaltungsmanagement sowie die Netzführung der Zukunft für

Netzbetreiber und Stadtwerke im Energie- und Versorgungsbereich. IT-Consultant Robert Chwalczyk von FERCHAU Karlsruhe ist als Anwendungs-

und Datenbank-Tuner dabei.

WIND UND SONNE LASSEN SICH NICHT EXAKT PLANEN

< p r o j e c t s ><14>

Durch Feintuning kitzelt FERCHAU-Entwickler Robert Chwalczyk bis zu 50-mal mehr Leistung aus der Datenbank.

Page 15: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

über ids

methoden & tools

Datenbank: Oracle 11g Enterprise EditionEntwicklungsumgebung: Eclipse/Java SDK und JBoss Application ServerDatenbank-Management: Toad Analysen: Tabellenkalkulation als Chartgenerator

Die IDS-Gruppe ist der Spezialist für IT- und Automatisierungslösungen in den Bereichen Smart Grid und Smart Metering für den internationalen Markt der Ver- und Entsorgungswirtschaft. Das Produkt- und Dienstleistungsportfolio ist auf alle Aspekte des technischen Netzbetriebs, des geogra-fisch basierten Informationsmanagements und des Zählwesens ausgerichtet. // ids.de

Startplatz von Robert Chwalczyk: +46° 29' 48.42", +11° 45' 14.38"

mehr informationen

KERSTIN KRAFTStellvertretende Niederlassungsleiterin FERCHAU Karlsruhe

[email protected]

ferchau.de/go/karlsruhe

September. Die ver-gangene Nacht im »Refugio Toni De-metz« auf rund 2.700 Metern Höhe war frisch und klar. Dem-

entsprechend gut ist die Fernsicht heute Morgen. Die schroffen Gipfel der Sella-Run-de zieren die Szene, die Morgensonne taucht den Langkofel in zartes Rot. 8:15 Uhr. Ro-bert Chwalczyk hat bereits gefrühstückt, typische Südtiroler Brettljause. Viel vorge-nommen hat sich der 47-jährige IT-Consul-tant; heute will er seinen persönlichen Re-kord brechen. Mindestens vier Stunden soll der Gleitschirmflug dauern – mindestens. Akribisch analysiert er alle lebenswichtigen Details. Im Kopf hakt er die Checkliste ab: Gurtzeug perfekt eingestellt, Variometer und GPS-System funktionieren, Route, Landmarken und mögliche Landeplätze im Gedächtnis gespeichert. Westwind. Typisch für diese Jahreszeit. Passt. Er stellt den Schirm auf, leichter Gegenwind. Abflug.

»Der Schlüssel zu einem erfolgrei-chen Flug ist die systematische Analyse aller lebenswichtigen Parameter: Mensch, Gerät und Umgebungsbedingungen. Und: nüchtern und mit klarem Verstand reagie-ren, wenn sich Aspekte ändern«, erklärt Robert Chwalczyk. Das analytische Denk-vermögen spielt der FERCHAU-Experte bei seiner Tätigkeit bei der IDS GmbH aus. Das Unternehmen entwickelt IT- und Automatisierungslösungen in den Berei-chen Smart Grid und Smart Metering. Mit den Lösungen von IDS steuern und überwachen zahlreiche Energieversorger sowie Betreiber der Hoch- und der Mittel- spannungsnetze ihre Netze und Anlagen.

»Wind und Sonne lassen sich nicht exakt vorausplanen, daher müssen die Versorger auf Gefährdungen der Netz-sicherheit und Engpässe rasch reagie-ren können«, erläutert FERCHAU-Mann Chwalczyk. IT-Systeme seien das Rückgrat hierfür. Über die gesamte Kette – von der Energieerzeugung über die Netzeinspei-sung bis hin zu den Verbrauchern – liefern

dazu Tausende von Messstellen unablässig Betriebsdaten, die gespeichert und verar-beitet werden müssen.

Die Menge der Daten ist das eine. Um den aktuellen Netzstatus untersuchen, Simulationen und kurz- und mittelfristige Prognosen erstellen zu können, werden die Daten sofort gebraucht. »Die Daten-speicher umfassen nicht selten ein Volu-men im zweistelligen Terabyte-Bereich, dabei werden Tabellen mit knapp 100 Milliarden Datensätzen betrachtet«, sagt Chwalczyk. Die Folgen sind bekannt: Wäh-rend die Datenmenge schnell und kontinu-ierlich wächst, plagen die länger werden-den Antwortzeiten die User.

»Was also kann und muss getan wer-den, um bessere Antwortzeiten der An-wendung zu erreichen?«, bringt Robert Chwalczyk seine tägliche Frage auf den Punkt. Um sie zu beantworten, stellt der FERCHAU-Spezialist der Niederlassung Karlsruhe die Bestandteile der Anwendun-gen auf den Prüfstand. Logik, Syntax der Programmanfragen, Volumen der Daten sowie die logische Strukturierung in der Oracle-Datenbank. Zudem optimiert er die Art der Zugriffe (direkt, via Views, vor-wiegend lesend oder schreibend), frisiert datenbankspezifische Mechanismen wie Subpartitionierung oder I-O-Tabellen und betrachtet daneben die Leistungsfähigkeit der gesamten Datenbankinfrastruktur wie Speicherausstattung und -verbrauch sowie CPU-Auslastung.

Wie vor jedem Gleitschirmflug analy-siert er Schritt für Schritt das System und dokumentiert zuerst das aktuelle Lauf-zeitverhalten. Die Zeitmessungen bildet er als Charts ab, die den zeitlichen Ver-lauf der Responsezeiten in Abhängigkeit von der Komplexität der Anfrage und der Menge der gelieferten Daten wiederge-ben. Danach ermittelt er die Komponenten mit dem schlechtesten Zeitverhalten – die

sogenannten Bottlenecks. »Dadurch stelle ich sicher, dass immer erst die Problem-stellen angegangen werden, bei denen das größte Verbesserungspotential zu erwarten ist«, sagt IT-Consultant Robert Chwalczyk.

Anhand der Analyse der generierten SQL-Abfragen findet er die maladen DB-Strukturen heraus, für deren Optimierung ihm wiederum eine Palette an Möglichkei-ten wie etwa Datenumorganisation, Indizes, Caching oder Datenvorberechnung zur Ver- fügung steht. Das Ergebnis des Tunings kann sich sehen lassen: »In der Praxis erreichen meine Maßnahmen Geschwindigkeitssteige- rungen um den Faktor 5 bis 50, Spitzenwerte liegen sogar darüber«, erklärt er grinsend.

Die Möglichkeit, sehr viele sehr unter-schiedliche Technologien kennenzulernen und seine Soft Skills zu perfektionieren, kommt dem Diplominformatiker bei seiner Arbeit bei IDS gerade recht. Her- ausforderungen, die Robert Chwalczyk gerne annimmt, wie die Planung seiner nächsten persönlichen Bestleitung beim Gleitschirmfliegen. Vier Stunden und 23 Minuten sind es übrigens am 28. Septem-ber geworden. //

Die Datenspeicher umfassen nicht selten ein Volumen im zweistelligen Terabyte-Bereich.

<15>< p r o j e c t s >

28.

Page 16: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

< v o i c e s >< v o i c e s ><16>

Page 17: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

E-Mails machen dumm, krank und arm. So lautet der Titel Ihres Buches. Woher nehmen Sie diese Erkenntnisse?

Eine Studie am britischen King’s College belegt, dass bekiffte Menschen IQ-Tests besser lösen als Menschen, die durch E-Mails abgelenkt werden. Durch E-Mail-Multitasking sank der gemessene IQ-Wert um zehn Prozent – doppelt so stark wie bei der Kiffer-Gruppe. E-Mails machen also dumm. Dass die perma-nente Informationsflut in Kombination mit ständiger Arbeitsunterbrechung durch E-Mails, Handy, Sinnlos-Surfen unkonzentriert und unpro-duktiv macht, ist nicht neu. Wird dieser Zustand allerdings Nor-malzustand, entsteht die Kom-munikationskrankheit »Attention Deficit Trait (ADT)«. Harvard-Arzt und -Psychiater Edward M. Hal-lowell schätzt, dass bereits jeder zweite Manager unter ADT leidet. Ergo: E-Mails machen krank.

Die Verarmung – ist das dann das Resultat?Ja. Krankhafter Konzentrationsver-

lust, ausgelöst durch zwanghafte Ablen-kungslust. Weil sie uns so lange und so häufig von der Arbeit ablenkt, dass wir verlernen, konzentriert – das heißt pro-duktiv – zu arbeiten.

Wie hoch ist der finanzielle Schaden?Nur eine tägliche Ablenkungsstunde

pro Mitarbeiter – mittlerweile ein Wert am unteren Ende der Skala – bei einer Gehaltsklasse von 3.700 Euro Monats-brutto kostet den Arbeitgeber inklusive

Lohnneben- und Gemeinkosten bei 250 Arbeitstagen im Jahr rund 25 000 Euro – pro Mitarbeiter. Bei 100 Mitarbeitern sind das bereits 2,5 Millionen Euro.

Sind das jetzt Ihre Hochrechnungen?Die New Yorker Beraterfirma Basex

hat bereits 2008 herausgefunden, dass Angestellte durch Ablenkung im Schnitt 2,1 Arbeitsstunden am Tag verplempern – 28 Milliarden Arbeitsstunden im Jahr. Wirtschaftlicher Schaden? 588 Milliarden US-Dollar. Aber nicht nur das. E-Mails ma-chen in zweierlei Hinsicht arm: betriebs- wirtschaftlich und beziehungstechnisch.

Beziehungstechnisch, warum das?Die Worte Facebook, Handy,

E-Mail »zieren« bereits jede dritte Scheidungsklage in Großbritanni-en. Kein Wunder: Wer überall zu-gleich sein will, ist nirgends mehr richtig; wer mehr Zeit mit digitaler Kommunikation verbringt als mit den Menschen, die er von Herzen

liebt, braucht sich nicht zu wun-dern, wenn er beziehungstechnisch

verarmt.

Wann haben Sie persönlich gemerkt, hier stimmt was nicht, ich leide an E-Mail-Wahnsinn und Sinnlos-Surf-Syndrom?

Ich habe eine Studie im PM Magazin gelesen, die besagt: Wenn wir 75 Jahre leben, verbringen wir rund acht Monate mit dem Löschen unerwünschter E-Mails und nur zwölf Stunden mit Orgasmen. ↘

E-Mail und Social-Media-Nutzung – Sucht oder Suchen ?

»DIE FALSCHEN KARRIEREGÖTZEN VOM

THRON STÜRZEN«Nachdem sie zwei Jahre ihres Lebens mit Mailen und Surfen vergeudet hat,

sagt Digitaltherapeutin Anitra Eggler dem E-Mail-Wahnsinn den Kampf an. Kritischer Umgang und Abschalten sei nötig und wenn

nichts mehr hilft: harter Entzug.

»Wissensarbeiter werden im Schnitt alle elf

Minuten abgelenkt. Stellen Sie sich einen Marathonläufer

vor, dem alle elf Minuten die Schnürsenkel

aufgehen.«

<17>< v o i c e s >

Page 18: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

Diese Studie in Kombination mit dem Lei-densdruck meiner Mitarbeiter war Auslö-ser, die Kommunikationskultur meiner Mit-arbeiter zu hinterfragen und zu optimieren und meine eigene Lebensbilanz zu ziehen.

Und?Die war erschreckend: Ich hatte be-

reits 1,5 Lebensjahre vermailt und 2,5 Lebensjahre versurft. Und von der Orgas- mus-Zeit sprechen wir jetzt mal nicht, da arbeite ich dran.

Wie konnte es dazu kommen? Highspeed-Kommunikation und Rund-

um-die-Uhr-Erreichbarkeit, auch im Ur-laub, habe ich immer als karrierebedingte Notwendigkeit, als Wettbewerbsvorteil, Synonym für Projektmanagement und Internet-Dienstleistertugend angesehen. Darunter haben meine Teams gelitten – und meine Lebensqualität.

Wie haben Sie die Kurve gekriegt?Als Tageszeitungsredakteurin habe

ich in den 90er Jahren gelernt, abzuschal-ten. Wenn die Zeitung im Druck ist, de-fragmentiert man das Hirn, um Platz zu schaffen für den nächsten Tag. Ohne diese Fähigkeit wäre ich sicher ausgebrannt. Ei-nige meiner Kollegen und Weggefährten hatten diese Fähigkeit nicht. In meinem Freundes- und Kollegenkreis gibt es in-zwischen mehr Burn-out-Fälle als Fami-lien mit Kindern.

Sie diagnostizieren Facebook-Inkontinenz, wenn Menschen mehr Spaß mit Facebook haben als im echten Leben. Was ist schlimm daran?

Ganz einfach: Sie verpassen das ech-te Leben. Wer zwei Stunden am Tag auf

Facebook verbringt, investiert einen Mo-nat Lebenszeit im Jahr in Facebook. Und was bekommen wir zurück? Man muss kritisch hinterfragen, ob das Sonnenun-tergangsbild auf Facebook (sehen, knip-sen, posten, warten auf »Likes«, Sonnen-untergang vorbei) wichtiger ist als das Erleben des Sonnenuntergangs.

Sie rufen zu einem rationalen Umgang mit Onlinemedien auf. Das klingt anstrengend und langweilig und – verzeihen Sie – ewig-gestrig. Wollen Sie die Zeit zurückdrehen?

Nein, darum geht es nicht. Wir werden die technische Innovationen nicht aufhal-ten und sollten das auch nicht; aber kri-tisch hinterfragen, wer da eigentlich wen beherrscht. Ich finde es super, dass wir dank Facebook lachen – auch am Arbeits-platz. Nur: Derzeit sind wir stark in Rich-tung Unterhaltung gekippt. Alle posten nur noch den banalen Blubb aus ihrem Privat-leben: süße Katzenfotos, Sonnenuntergän-ge oder wehrlose Kinder mit verschmier-tem Schokomund. Darin steckt die Gefahr, dass wir alle zunehmend verblöden, weil unser Horizont schmaler wird.

Facebook nutzt man überwiegend in der Freizeit, warum sollte man da kein banales Zeug posten?

Ein Trugschluss! In Wirklichkeit sind das private und das berufliche Leben schon komplett vermischt. Wenn man sich anschaut, wie viele Stunden Mitarbei- ter auf Facebook verbringen, dann kostet die verlorene Arbeitszeit die deutsche Wirtschaft einer Studie zufolge 26,8 Milliarden Euro. Durch den ständigen Besuch bei Facebook ist die Ablenkung Normalzustand geworden. Das brennt uns langfristig aus. Deshalb müssen wir

wieder lernen, unsere Filter neu einzu-stellen.

Suchen wir uns diese Ablenkung nicht selbst, wenn wir ständig unseren E-Mail-Eingang oder unser Facebook-Konto kontrollieren?

Doch, verrückterweise. Handy-Besit-zer checken im Schnitt einmal pro Stunde ihr Handy. Das ist keine Notwendigkeit, das ist Sucht. Unser Gehirn giert nach dem sogenannten Glückshormon – Dopa- min- und Adrenalinausschüttungen, die einen Aufmerksamkeitsreiz begleiten. Mediensucht gilt als substanzunabhängige Verhaltenssucht, ist deshalb aber nicht weniger schädlich als eine Abhängigkeit von Drogen oder Alkohol. Wenn Sie Men-schen auf Facebook-Entzug setzen, rea-gieren diese mit Einsamkeit, mit Depres-sion und mit Entzugserscheinungen, die laut einer Studie der Universität Chicago schlimmer sind als bei Nikotin- und Al-kohol-Entzug.

Wann und woran merkt man, dass Kol-legen, Mitarbeiter oder das Team reif für einen digitalen Entzug sind?

Machen Sie einen Test: Lassen Sie den Chef um 20.30 Uhr eine Mail an ein paar Leute mit Bitte um Feedback schrei-ben. Die, die binnen fünf Minuten antwor-ten, sind reif für eine Digitaltherapie.

Sollte man die Hersteller von Smart-phones verpflichten, auf die Gefahren der Nutzung ihrer Geräte hinzuweisen: Achtung: Häufiges Surfen kann zu Verblödungen führen?

Fände ich großartig! Bei der Tabak-industrie hat es auch lange gedauert … aber dann … da bin ich optimistisch.

kommen ohne ihr mobiles Endgerät nicht aus oder sind»immer online«

benutzen ihr mobiles Endgerät, um in der Mittagspause zu arbeiten

sehen sich selbst an der Grenze zum Workaholic

nehmen ihr mobiles Endgerät sogar mit in den Urlaub

86% 20% 15%44%

Digitales Leben

Quelle: Varonis Systems

< v o i c e s ><18> < v o i c e s >

Page 19: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

Wie lautet denn Ihr Tipp, um dem harten Entzug vorzubeugen?

Zum Beispiel bei Smartphones den automatischen Mail-Download abschal-ten. Dann sieht man nicht dauernd, dass schon wieder 20 ungelesene Mails im Postfach liegen. Wir können nämlich nicht anders, wir wollen dann »nur mal kurz gucken«, daraus wird aber meis-tens »ziemlich lang«.

Abschalten? Sorry, das klingt zu einfach. Wie erkläre ich das denn meinen Kollegen, dem Chef und den Kunden?

Abschalten ist extrem wichtig. Stän-dig wird so getan, als sei Multitasking eine Karrieretugend. Schauen Sie sich Stellenanzeigen an: Da wird nach der Kra-ke gesucht, die 17 Dinge auf einmal tun kann. Das ist absurd. Ständige Erreich-barkeit steht für mich als Synonym für miserables Zeitmanagement. Nur Skla- ven sind ständig erreichbar. Das ist ein falscher Karriere-Götze, der gestürzt werden muss.

Sie persönlich haben feste Leerungszeiten Ihres E-Mail-Postfachs; um 10.00 und um 16.00 Uhr – wie beim gelben Briefkasten. Aber noch mal: Welcher Kunde oder Vorge-setzte macht das mit?

Jeder, dem Sie von Anfang an klar kommunizieren, dass Kommunikation der Turbo für Projekterfolg oder -misser-folg ist. E-Mail-Öffnungszeiten müssen Sie breit kommunizieren, das beginnt bei der eigenen Signatur, geht über die

Visitenkarte etc. Kunden von mir arbeiten inzwischen mit einem Autoreply, das zwar kurzfristig die Flut erhöht, darin steht al-lerdings, dass die Mail außerhalb der Öff-nungszeit kommt und je nach Wichtig- und Dringlichkeit dann und dann beantwortet wird. Auch das hilft, um die Kommunikati-onspartner umzuerziehen.

Was raten Sie Unternehmen als sinnvollen, effizienten Umgang etwa mit Mails und Social Media?

Unternehmen müssen aufhören, ständige Erreichbarkeit, zementierte Stressresistenz und mehr Multitaskingfä-higkeit zu fordern. Das steigert kurzfristig die Produktivität, langfristig ruiniert es sie. In der Unternehmenskommunikation geht der Trend daher klar in Richtung kollaborative Zusammenarbeit über web- basierte Lösungen. E-Mail wird zuneh-mend durch Mailboxen, Chat- und Posting- Systeme in diesen Systemen ersetzt. Es ist aber keinen Deut besser, wenn die Mit-arbeiter ihren Tag in diesen Intranets ver-bringen statt in der E-Mail-Box. Deshalb: Es ist jetzt Zeit, den Kommunikationsmix neu zu definieren und klare Regeln zu schaffen.

Wie lange dauert es nach Ihrer Erfahrung, bis die Regeln und Änderungen gelebt werden?

Das hängt ab von der Unternehmens-größe. Eine Firma mit 50 Mitarbeitern benötigt im Schnitt ein Quartal bis sechs Monate. Bei einem Konzern können es

durchaus ein bis zwei Jahre sein, weil das Thema zu einem Wandel in der Unterneh-menskultur führt. Ganz wichtig ist, dass die Chefs das vorleben und jeder Einzelne selbstverantwortlich mitlebt. Wir müssen uns untereinander liebevoll auf die Fin-ger schlagen und Fehlverhalten ahnden. Kommunikation ist Pingpong, wenn nur einer was ändert, funktioniert das nicht.

Frau Eggler, vielen Dank für das Gespräch. //

ist Digitaltherapeutin aus Liebe zum Web, Bestsellerautorin aus Schreibleidenschaft, begeisternde Top-100-Rednerin und Dozentin.

Offizieller Blog: anitra-eggler.com

Leben Sie noch oder vergeuden Sie Ihre Zeit im Web? rescuetime.com

über anitra eggler

ANITRA EGGLER

1. Arbeitstag im Offline-Modus: 20 Prozent der Aufgaben, die 80 Prozent Arbeitsergebnis bringen, definieren.

2. Geregelter Tagesablauf für E-Mails mit fixen Öffnungs- und Bearbeitungs-zeiten, automatischen E-Mail-Abruf deaktivieren, keine Sounds bei Post-eingang, weniger E-Mails versenden, um weniger E-Mails zu erhalten.

3. Tägliches E-Mail-Budget im Amt vereinbaren. E-Mail-Verkehr nach dem Mimosenprinzip regeln: »Was ich nicht erhalten möchte, sende ich auch keinem anderen!«.

4. E-Mails strukturieren wie ein Nach-richtenredakteur, also Betreffzeile gedanklich durch Betreffziele ersetzen.

5. Täglich Posteingang leeren, Unwichtiges sofort löschen, quartals-weise in großem Stil löschen.

BLITZTHERAPIE GEGEN E-MAIL-WAHNSINN

FÜNF TIPPS GEGEN DEN E-MAIL-WAHNSINN

ferchau.de/read/it132b

web-special

<19>< v o i c e s >

Page 20: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

Big Data

DAS ÖL DES 21. JAHRHUNDERTS

Für jeden, der sich mit Informationstechnologie beschäftigt, ist Datenflut eigentlich das am wenigsten überraschende Phänomen. Umso verwunderlicher ist, dass Analysten wie Gartner

das Thema Big Data momentan zu dem nächsten »Big Thing« der IT ernannt haben.

<20>

Page 21: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

Laut einer Studie von McKinsey nimmt die weltweit gespeicherte I n f o r m a t i o n s m e n g e jährlich um 40 Prozent zu. Bereits 2010 wurde

die Zettabyte-Grenze an produzierten Da-ten überschritten. Die Ursache dafür liegt in einer grenzenlosen Digitalisierung al-ler Lebensbereiche, die ununterbrochen Bits und Bytes produziert. So erzeugt bei-spielsweise ein einziges Flugzeugtrieb-werk innerhalb von 30 Minuten zehn Te-rabyte an Daten, die es auszuwerten gilt. Noch stärker als der geschäftliche Sektor wächst der Endanwenderbereich, der laut IDC im vergangenen Jahr 68 Prozent al-ler digitalen Informationen erzeugte und konsumierte. Big Data geht über traditionelle Ka-tegorien wie Storage- und Content-Ma-nagement hinaus. Datenwachstum wird dabei nicht mehr nur als zu bewältigen-des Speicher- und Verwaltungsproblem aufgefasst, sondern wird vielmehr als neuartige Rohstoffquelle, als Öl des 21. Jahrhunderts, beschrieben. Neue Metho- den der Analyse versprechen diese Daten-schätze deutlich gewinnbringender ein-zusetzen – hoffentlich. Denn bisher liegt bei allem Fortschritt der Datenverwer-tung – klammern wir die Nutzung durch Geheimdienste und Sicherheitsbehörden mal aus – das Gros des Potentials brach. Christoph Bornschein, Gründer der Social-Media-Agentur Torben, Lucie und die gelbe Gefahr, bringt die Notwendigkeit der zielgenauen Analysen auf den Punkt. »Ich bin erstaunt, dass ich angesichts der Fähig- keiten der IT immer noch Angebote für Flüge nach Tokio als Banner angezeigt oder gar per Post nach Hause geschickt bekomme. Auch wenn der Flug ›nur‹ 499,- Euro kostet, das Angebot geht völlig an meinen Bedürf-nissen vorbei.« Bornschein ist kein Einzelfall. Um bei potentiellen Kunden künftig besser zu punkten, sei Big Data der rich-tige Ansatz, wie Holm Landrock, Senior Advisor des Beratungshauses Experton Group, auf einer Pressekonferenz erklär-te. Big Data wird über vier Eigenschaften definiert: das Datenvolumen, die Vielzahl von Datenquellen, die Geschwindigkeit der

Datenproduktion und die steigende Anzahl von Nutzern, die sich mittels Analysen die Potentiale von Big Data erschließen wollen. Aufgrund der Vielzahl von Datenquel-len ist Big Data zudem gekennzeichnet durch einen Mix aus strukturierten und unstrukturierten Daten mit komplexen Beziehungen untereinander. Heute schätzt man, dass 90 Prozent aller Daten im Big Data unstrukturiert sind. Die prominen-testen Produzenten von Big Data sind sozia- le Medien (über eine Milliarde Facebook- Mitglieder) und das mobile Internet mit seinen Verbindungsdatensätzen (call detail records) und Lokalisierungsdaten. Dane-ben gibt es weitere Datenproduzenten: in-telligente Ablesegeräte und Sensoren bei Strom, Wasser, Verkehr und Mautdaten, maschinenerzeugte Daten über Verhal-ten und Leistung von Servern, Netzwerken und anderer Rechner-Infrastruktur, RFID-Information in der Supply-Chain, Zeiter-fassungssysteme und viele andere.

Welche neuen Ansätze sind nun nötig, um Big Data umzusetzen? Zunächst gilt das Augenmerk der Technologie: Die traditio-nelle relationale Datenhaltung stößt hier an ihre Grenzen. Um die Petabytes und mehr an Daten zu lesen und zu durchsu-chen, nutzt man heute analytische oder NoSQL(not only SQL)-Datenhaltungs- systeme. Hier werden unterschiedliche Software- und Hardwaretechnologien ein- gesetzt, teilweise auch miteinander kombi-niert: Objektorientierung, Spaltenorientie-rung, Parallelisierung, Datenkompression, In-Memory-Verarbeitung, massiv parallele Verarbeitung (MPP) über Rechner-Cluster und spezielle sogenannte Data-Appliances, um die gängigsten zu nennen. Ein weiterer Ansatz zur Beherrschung von Big Data kommt vom Open-Source-System Hadoop, welches das Potential hat, den Standard der Zukunft zu setzen. Beim Data-Management geht es im Zuge von Big Data zwar immer noch um

Integration, Lineage und Qualität, aber es kommt noch einiges hinzu: So ist eine neue Klasse von Integrationswerkzeugen zur agilen Web- und Cloud-Integration entstanden, um beispielsweise auch auf Datenquellen zuzugreifen, die keine API-Schnittstelle haben. Plattformen zur Datenintegration werden durch Selbstop-timierung beschleunigt und um Hadoop-Verarbeitung ergänzt. Daneben werden die bekannten Verfahren zum Data-Ma-nagement parallelisiert und clusterfähig, denn die Anforderungen an den Durchsatz steigen natürlich erheblich. Serviceorien-tierung der Infrastruktur und Verarbeitung in Echtzeit sind Pflicht. Data-Discovery steht jetzt ganz vorne in der Bedeutung. Dazu gehören Filtern und Visualisieren von Daten, kollabora-tive Werkzeuge zur Teamarbeit, intuitive Benutzerschnittstellen und eine neue Ge-neration von Geräten wie Tablets, damit man in den Fachabteilungen produktiv und erfolgreich arbeiten kann. Hinzu kommen neue analytische Methoden und Verfahren wie die Textanalytik, insbesondere für un-strukturierte Daten. Sie verbinden linguis-tische Verfahren mit Suchmaschinen, Text- Mining, Data-Mining und Algorithmen des maschinellen Lernens. Veränderte Technologien sind das eine: Big Data erfordert auch neue Rollen wie die der Data-Scientists, die als Mittler zwischen der IT und den Fachabteilungen den weite-ren Ausbau der Zusammenarbeit vorantrei-ben, die Verarbeitung von Big Data fördern und helfen, die Potentiale von Big Data auch zu realisieren. Das erfordert neue Skills und eine Neuorientierung der IT. //

Studie der Experton Group: bit.ly/14zgGkw

Apache hadoop (Open Source)bit.ly/QZ4pu

Big Data – im Rahmen des EU-Projekts »Horizon 2020« big-project.eu

mehr informationen

Big Data erfordert einen Data- Scientist als Mittler zwischen der IT und den Fachabteilungen.

< b r a n c h e n g e f l ü s t e r > <21>

Page 22: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

Nachts auf einsamer Landstraße: Stille. Der Motor macht keinen Mucks, der Saft in der Batterie reicht nicht mal mehr, um den

Warnblinker zu aktivieren. Keine Lade-säule weit und breit. So sehen Alpträume von Elektrofahrzeug-Benutzern aus. Die Angst vor dem Liegenbleiben wirkt auf den Markterfolg elektrischer Autos wie die angezogene Handbremse.

Die Lösung liegt in intermodalen Verkehrskonzepten. Der Reiseplan stützt sich dabei nicht auf ein einziges Fahrzeug, nicht einmal auf ein einziges Verkehrs-mittel. Sondern auf den optimalen Mix aus Privat- oder (elektrischem) Leihauto, Tram, Eisenbahn und – für den, der's mag –, Fahrrad. Solche Modelle ermöglichen umweltschonendes und zugleich wirt-schaftliches Reisen – und im Falle des Elektrofahrzeugs: Verreisen ohne Reich-weitenangst, denn das Elektromobil muss ja nicht die ganze Strecke alleine ran.

Eine Reise von Hamburg in eine süddeutsche Kleinstadt könnte dann etwa so aussehen: Hamburg–München per ICE, weiter geht’s mit der S-Bahn nach, sagen wir: Freising. Dort steht am Bahnhof das Elektromobil bereit, das den Reisen-den über die letzten Kilometer bis zum Bestimmungsort bringt und dort auch für die Dauer seiner Reise die individuelle Mobilität sichert.

Klingt simpel, und technisch machbar ist das bereits. Doch noch gibt es keine Möglichkeit für Privatpersonen, eine solche Reise zu organisieren. Das würde

den koordinierten und unternehmens-übergreifenden Einsatz von IT-Plattformen und Kommunikationssystemen voraus-setzen. Datenbanken mit Fahrplänen und Reservierungen, Abrechnungssysteme und Zeitmanagement – all das muss zwi-schen den Akteuren harmonisiert und sinnvoll aufeinander abgestimmt werden.

Denn der Kunde will nicht bei Anbieter A die Bahnfahrkarte kaufen, bei Anbieter B das Fahrzeug mieten und vielleicht noch beim Anbieter C das Ticket für die Straßen- bahn erstehen – und dann bei jedem Dienst- leister einzeln bezahlen. Zeit- und Fahr-pläne, Platz- und Fahrzeugreservierungen, Buchungen und Geldtransfer müssen im Rahmen eines One-Stop-Buchungs- und -Bezahlmodells Hand in Hand gehen.

Problem eins: Wem gehört der Kunde und wer managt die Kundenbeziehung? Die Bahn, der Car-Sharing-Anbieter, der Fahrradverleiher oder ein neugegründe-ter Mobilitätsanbieter? Problem zwei: Wer managt das Zusammenspiel der verschie-denen Dienstanbieter und von deren Syste- men? Problem drei: Wie sehen die Ge- schäftsprozesse aus, wer leistet welchen Service, und wie werden die Leistungen abgerechnet? Fragen, auf die die beteiligten Unternehmen noch keine Antworten haben.

Auch weil sie dem ein oder anderen nicht schmecken dürften. Hier taucht Problem vier auf: Welchem Automobilhersteller ist daran gelegen, die Kunden nicht mehr selbst zu managen?

Trotzdem: Der Trend zu Mobilitätskon-zepten ist nicht mehr umzukehren – auch und gerade, weil junge Menschen sich immer weniger ein eigenes Auto vor die Tür stellen. Tendenz drastisch sinkend. So finden sich allenthalben Projektpart-ner aus Autoindustrie, Wissenschaft und öffentlichem Nah- und Fernverkehr zusammen, um die Verzahnung verschie-dener Verkehrsmittel zu modellieren und durchzuspielen.

Unterstützung kommt aus der Forschung: Ein Beispiel ist das Projekt I-eMM (Intermodales eMobilitätsmanage-ment), in welchem unter Federführung des Softwarehauses PTV Group sechs Partner zusammenarbeiten, darunter das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Forschungszentrum Informatik (FZI) und der ÖPNV-Anbieter Rhein-Neckar-Verkehr GmbH. »Das Projekt zielt darauf ab, intermodale Angebote zur E-Mobilität zu entwerfen. Dazu gehören neben Bussen und Bahnen auch Leihräder und Segways, ebenso wie Car-Sharing«, erläutert Dr.-Ing. Martin Kagerbauer vom Institut für Verkehrswesen des KIT.

Der Plan der Forscher sieht die Einrichtung einer Mobilitätsleitstelle vor, die in die bestehende Betriebsleitstelle der Stadtwerke integriert werden soll. Das Konzept lebt von der engen Verzahnung von Individualverkehr und ÖPNV. Als Tätig-keitsschwerpunkte nennt Kagerbauer die

Der Trend zu Mobilitätskonzepten ist nicht mehr umzukehren – auch und gerade, weil junge Menschen sich immer weniger ein eigenes Auto vor die Tür stellen.

VERZAHNT GEGEN DIE REICHWEITENANGST

Intermodale Verkehrskonzepte

Elektro-Autos sind noch nicht der Verkaufshit – unter anderem liegt das an dem mangelnden Vertrauen in ihre Reichweite. Eine bessere Verzahnung von

öffentlicher und individueller Mobilität könnte das Problem lösen.

< b r a n c h e n g e f l ü s t e r ><22>

Page 23: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

Modellierung der intermodalen Wege, die Entwicklung eines Geschäftsmodells und die Integration in ein rechnergestütztes Betriebsleitsystem (RBL).

Die IT, die all diese Daten und Funk-tionen bereitstellen soll, muss allerdings erst noch entwickelt werden. Auf Basis modellhaft ermittelter Mobilitätsmuster soll ein Demonstrator mit Buchungs- und Abrechnungsfunktion entstehen, erklärt Thomas Schuster, Abteilungsleiter im Bereich Software Engineering des FZI. Gut möglich, dass diese Funktionen auf Basis

einer Service-Oriented Architecture (SOA) und einer Broker-Funktion dargestellt werden – aber die konkrete Softwareim-plementierung ist gar nicht der wichtigste Gesichtspunkt. »Weniger die Plattform ist das Neue als vielmehr das Konzept einer vollständigen intermodalen Kette«, so Schuster.

Noch offen ist die Behandlung der »letzten Meile«: Wenn der Anwender an seiner Haltestelle aus Zug oder Bus ausgestiegen ist, bietet sich eine unüber-sehbare Fülle von Möglichkeiten – vom

Car-Sharing bis zum (Elektro-)Fahrrad oder zum klassischen Mietfahrzeug. Sie alle gilt es einzubinden.

Die öffentlichen Verkehrsmittel spielen jedenfalls eine starke Rolle im WiMobil-Konzept. Sie stellen sogar die Lade-Infrastruktur bereit: Haltestellen für Busse und Tram sollen mit Strom-zapfsäulen für die Elektrofahrzeuge und mit der nötigen Bezahl-IT ausgestattet werden. Die Reichweitenangst der Nutzer von Elektrofahrzeugen dürfte das hof-fentlich zerstreuen. //

Vernetzt kommt man weiter als nur mit dem Elektrofahrzeug. Intermodale Konzepte sind deshalb stark im Kommen.

<23>< b r a n c h e n g e f l ü s t e r >

it-plattform für vernetzte mobilität

Auch der Elektroriese Siemens tüftelt in seiner Division »Infrastructure & Cities« an der Informationstechnik für die Vernetzung verschiedener Transportmittel. Benutzern soll die geplante Plattform ein Single-Sign-on und eine zentrale Abrechnung für alle genutzten Services bieten. Neben Buchungs- und Reservierungsfunktionen soll das System auf Basis von Echtzeit-Verkehrsdaten Routen- und Verkehrsmittel-empfehlungen erzeugen. Als Informationsdrehscheibe zwischen den Beteiligten fungiert ein Service-Bus; die für das Billing erforderliche User-Authen-tifizierung erfolgt über Smartphones. Alle Funktionen liegen unter einer einheitlichen Benutzeroberfläche.

Page 24: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

DIE MASSE MACHT’S – BESSER

Der Schwarm verfügt nicht nur über viel Intelligenz, sondern auch über jede Menge Smartphones und Rechner. Für das »Crowd-Testing«

werden sie gebraucht, um Nutzbarkeit und Funktionalität von Apps und Websites umfassend zu überprüfen.

Crowd-Testing für Apps und Websites

<24> < b r a n c h e n g e f l ü s t e r >

Page 25: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

KLEIN UND GEMEINDie 10 prominentesten Software-Bugs

ferchau.de/read/it132c

web-special

linksammlung mit mehr informationen

bit.ly/1650Fqe

Am 22. Juli 1962 wurde die Venus-Sonde »Ma-riner 1« fünf Minuten nach dem Start von der NASA per Funkbefehl gesprengt. Durch eine

Fehlfunktion der Steuerung hatte die Ge- fahr bestanden, dass die Rakete unkon-trolliert auf die Erde zurückgeflogen wäre. Berichten zufolge hatten die Entwickler ei-nen Strich im FORTRAN-Code vergessen, wodurch die falschen Daten verwendet wurden. Der mit einem Verlust von angeb- lich 80 Millionen Dollar »teuerste Binde-strich der Geschichte« ist nur ein Beispiel für das Versagen von Software – und die einzige Möglichkeit, das Risiko zu mini-mieren, sind strukturierte Softwaretests.

In den Zeitaltern von Mainframes und Client-Server-Systemen war die Situation noch relativ überschaubar: Die Zielgruppe der Applikation saß im eigenen Unter- nehmen, die Endgeräte waren bekannt, und das Programm war fertig, wenn es abgenommen war – »Bananen-Software, die beim Anwender reift«. Doch die zuneh-mende Consumerisierung und Appifi-zierung der IT führt dazu, dass Software immer schneller und in einer relativ hohen Qualität auf den Markt kommen muss – schließlich basieren vielfach Geschäfts-modelle und Geschäftsprozesse auf den kleinen Anwendungen, und peinliche Schnitzer kann sich ein Unternehmen in der Außenwirkung nicht leisten. Allerdings haben Unternehmen Defizite bei den Test-Ressourcen, heißt es im aktuellen »World Quality Report« von Capgemini, Sogeti und HP. Zwar testen die Deutschen ihre Apps so intensiv wie kein anderes Land der

Welt, doch klagen die Firmen über fehlen-de Werkzeuge, Endgeräte und Experten für diese Aufgabe.

Den Spagat zwischen hohem Anspruch, schnellen Lösungen und feh-lenden Ressourcen soll der Schwarm schaffen – Crowd-Testing heißt das Prin-zip. »Wir nutzen die Internet-Community vom Laien bis zum Experten, um Pro-gramme auf unterschiedliche Arten zu testen«, erläutert Markus Steinhauser, Mitgründer von Testbirds, einem Crowd-Testing-Unternehmen aus München. Im Zentrum stünden Usability und Funktionalität von Apps sowie Websites über PCs, Smartphones und Tablets. Crowd-Testing sei kein Ersatz für interne Entwicklung, interne Prozesse und für Usability-Labore, sagt Steinhauser: »Es ist eine Ergänzung, um die Qualität weiter zu verbessern.«

Testspezialisten und Qualitäts-sicherer sind sich einig: Wenn man genau weiß, was mit Crowd-Testing erreicht werden soll, ist es ein vernünftiger Zusatz. Darunter fallen beispielsweise die Fragen, ob Anwender überhaupt mit der Nutzung der Software zurechtkom-men oder ob das System einer Belastung standhält. Zudem deckt Crowd-Testing auch die Vielfalt der Endgeräte gut ab, also Monitore, Browser, Betriebssysteme und -modelle. Nicht verzichten kann man etwa auf strukturierte Plausibilitätstests. Sie müssen unbedingt ausschließen, dass einem Minderjährigen im Internet eine Versicherungspolice verkauft wird – guter Code allein ist hier nicht gut genug.

Unbestritten ist, dass der Schwarm Dinge leisten kann, die ein herkömmliches

Projekt überfordern würden. Beispiele sind das quelloffene Betriebssystem Linux oder die Wikipedia, aber auch die Suche nach Vermissten über soziale Netzwerke. Bei der Firma Testbirds erhält jeder Tester bei Aufträgen einen Grundbetrag pro Stunde und eine Prämie pro Fehler, wobei ein kritischer Bug mehr einbringt als ein Rechtschreibfehler. »Pro Woche melden sich rund 100 neue Tester an, derzeit sind mehrere 1.000 auf unserer selbstentwi-ckelten Plattform eingetragen«, sagt Steinhauser. Je nach Testanforderung werden sie eingeteilt in verschiedene Zielgruppen ( »Hausfrauen über 30«, »Studenten«, »Physiotherapeuten«) sowie nach ihrem technischen Background, der Testerfahrung und der verfügbaren Geräte. »Zudem können wir kritische Bugs an viele Tester zurückspielen und erken-nen, ob der Fehler systemübergreifend ist und eine höhere Priorisierung braucht«, sagt Steinhauser.

Testexperten glauben, dass das Verfahren speziell für Website-Tests und Apps wichtiger wird, weil immer mehr Anwendungen direkt in den Markt geschickt werden. Und selbst bei kosten-losen Marketing-Apps können es sich Unternehmen kaum noch leisten, die Programme ungetestet in die freie Wildbahn zu entlassen und ihren Ruf zu riskieren. So ist Crowd-Testing dann auch keine Bedrohung für traditionelle Softwarekontrolleure, sondern die Möglichkeit, das eigene Produkt vor der Freigabe mit den Anforderungen der späteren Zielgruppe abzugleichen. Schließlich muss der Wurm dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. //

1. Tester registriert sich 2. Tester füllt Profil aus 3. Tester legt die verfügbaren Endgeräte an 4. Tester absolviert Einstiegstest (ohne Kundenauftrag) zur Qualifikation 5. Falls der Tester die gesuchten Profil- eigenschaften und / oder Geräte hat, wird er zum Testen eingeladen 6. Kunde gibt Test in Auftrag 7. Testablauf wird entwickelt 8. Tester werden nach Profil ausgewählt

WIE ICH CROWD-TESTER WERDEN KANN

9. Tester testen, geben Feedback und / oder erfassen Bugs 10. Bugs werden (optional für den Kunden) an andere teilnehmende Tester zurückgespielt 11. Der Projektmanager wertet die Ergebnisse aus und verfasst einen Abschlussbericht mit Handlungs- empfehlungen12. Tester können sich ihr Geld über die Plattform auszahlen lassen

<25>< b r a n c h e n g e f l ü s t e r >

Page 26: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

Die Ergebnisse des »trendence Graduate Barometer 2013« können sich sehen lassen: Im Vergleich zum letzten Jahr stieg FERCHAU Engineering bei der Frage, welcher Arbeitgeber sich an Hochschulen besonders um Studie-rende bemüht, auf den 4. Platz (Vor-jahr: Platz 7). Damit würdigt der inge-nieurwissenschaftliche Nachwuchs das starke Engagement des Engineering-Dienstleisters an Hochschulen (Vorjahr:

Platz 18, jetzt Platz 13), mit dem das Familienunternehmen dem in Deutsch-land herrschenden Fachkräftemangel entgegentritt.

Bei der »European Engineering/IT Edition« der Studie, für die über 130.000 Studenten befragt wurden, belegte FERCHAU Platz 251 unter den belieb-testen Arbeitgebern in Europa und konnte seinen Rang somit um 60 Plätze verbessern (Vorjahr: Platz 311).

THEMA Leserbrief Projektmanagement FERCHAU

DATUM / ORT 05.06.2013 / Auerbach

TEILNEHMER B. Wozniok

Mit großem Interesse habe ich Ihren Leitartikel »Der Kontrolleur

wird zum Coach« in der aktuellen Ausgabe Ihres Magazins gele-

sen. Endlich hat jemand verstanden, dass eine »vollumfängliche

Spezifikation« nicht die Lösung aller Probleme bedeutet. »Weniger

Dokumentation, mehr Kommunikation« wird propagiert. Ich kann

dem nur zustimmen. In meiner betrieblichen Praxis pflege ich ei-

nen Wertekanon, der bei Abweichungen oder bei Zielverfehlungen

keinen Schuldigen sucht, sondern Lösungen. Die Dokumentation

zeigt auf, warum etwas trotzdem gegangen ist, anstatt zu begrün-

den, warum nicht.

Ein weiterer Ansatz liegt im Selbstverständnis des Projektleiters.

Seine Verantwortung wird oft als Grund für seine operative Tätigkeit

im Projekt gesehen. Wenn der Projektleiter Rückdelegation zulässt,

ist er letztlich Teil des Problems und nicht Teil der Lösung. Viel-

mehr muss der Projektleiter die Ergebnisse einfordern, bewerten

und bei Abweichungen Korrekturen verlangen, jedoch diese nicht

unbedingt selbst erarbeiten. Gibt es dann wirklich auch mal meh-

rere Lösungsansätze, muss er entscheiden oder zumindest eine

Entscheidung herbeiführen (z. B. in Form eines Beschlusses des

Steuerungskreises), welche Lösung umgesetzt wird. Dies kann er

nur dann objektiv tun, wenn er selbst nicht operativ involviert war.

Bernd Wozniok

Leiter Qualitätswesen, Geschäftsfeld Elektronische Systeme

ZF Friedrichshafen AG

130605 LeserbriefPM Seite 1 von 1 05.06.2013

weitere informationen

Martina GebhardtLeiterin [email protected]

STUDENTEN HONORIEREN NACHWUCHSARBEIT VON FERCHAU

trendence Graduate Barometer 2013

Freelancer und Kunden, die Vielfalt und Markt-führerschaft von FERCHAU Engineering nutzen möchten, finden auf FERCHAU Freelance ihr passendes Projekt und Experten.

Profil anlegen, abschicken, und ab geht’s. Vom Requirements-Engineer über den Entwickler bis hin zum Gesamtprojektleiter. Ob Embedded Soft-ware oder Business-Applikationen. Freiberuflern und Kunden bietet FERCHAU Freelance gleichermaßen einen Marktplatz für Projekte. »In den vergangenen zwölf Monaten hat sich FERCHAU Freelance als feste Instanz für anspruchsvolle Projekte etabliert. Das spiegeln uns die rasant wachsenden Zahlen von Freelancern und von Projekten, die Kunden bei uns einstellen, wider«, erklärt Konstantin von Witzleben. Leiter Service-Center FERCHAU Freelance.

Besonders attraktiv für Interessenten und in der Branche einzigartig ist die Verzahnung des Online-Angebots mit dem engmaschigen Netz von über 60 FERCHAU-Niederlassungen. Der Vorteil: Die überregionale Suche nach spannenden Aufgaben im Web wird durch persönlichen Service vor Ort unter-stützt. »Dank der regionalen Struktur sind wir sehr nah dran an unseren Kunden, stellen Vakanzen nach kurzer Prüfung sofort ins Portal ein und sichern damit eine zeitnahe Besetzung«, ergänzt Witzleben.

TATORT PROJEKTEFERCHAU Freelance

weitere informationen

ferchau.de/go/freelance

< i n s i d e / e v e n t s ><26>

Page 27: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

Der FERCHAU-Wettbewerb ART OF ENGI-NEERING (AoE) geht in die vierte Runde. Das Thema »Liquid Space« ruft neben Künstlern, Ingenieuren, Technikern und Informatikern auch erstmals Architek-ten auf den Plan.

»Liquid Space oszilliert zwischen den starren, vorgegebenen Begrenzun-gen unserer Mitwelt und den Lebens-bedürfnissen einer jungen Generation«, erklärt Prof. Dr. Ulrich Schneider, Kunst-historiker Art Advice und Mitglied der AoE-Jury. Kurz: Alles fließt. »Berufliche und private Welten verschwimmen, dau-erhafte Beziehungen sind selten«, führt Ulrich Schneider aus.

Auch Technik und IT sind vom Li-quid Space durchdrungen, wie Dr. Patrick Hoyer von der Fraunhofer-Gesellschaft e. V.

München deutlich macht: »Pneumatische Prozesse regeln Abläufe und bringen räumliche Veränderungen, in der Adap-tronik variieren Materialien unter Einfluss von angelegter Spannung ihre Form, und sensorische Elemente nehmen Raumei-genschaften auf und spiegeln diese wider.«

In der IT bieten Modelle wie Cloud-Computing oder agile Entwicklungs-methoden eine rasche Anpassung von Entwicklung und Kapazitäten an die Be-dürfnisse der User und ergänzen oder ersetzen bisherige starre Konzepte. So lassen sich aus der Cloud flexibel Spei-cher, Rechenkapazitäten oder vollständi-ge Anwendungen hinzubuchen oder auch wieder aufkündigen.

Der Wettbewerb: Gestalten Sie Ihre ganz eigene Vorstellung vom Liquid Space. Überzeugen Sie unsere hochkarätige Jury

mit Kreativität, innovativen Ideen und originellen Konzepten, Objekten und In-stallationen. Es lohnt sich: Es winken insgesamt Preisgelder von 20.000 Euro. Die drei Besten des Wettbewerbs werden im Rahmen einer Preisverleihung auf der Hannover Messe ausgezeichnet.

LIQUID SPACE: INNOVATIVE UND KREATIVE »RAUM- GESTALTER« GESUCHT!

ART OF ENGINEERING 2014

anmeldeschluss

weitere informationen

ferchau.de/go/artofengineering

hannover messe 2014

07.–11.04.2014

30.11.2013

Mit der Timeroption und der WLAN-Lampe »Hue« werden Sie künftig ganz sanft geweckt oder sorgen für lauschiges Ambiente beim Rendezvous. Es ist mög-lich, eine Szene aus einem Bild der Mor-gensonne zu erstellen und Hue als ganz persönlichen Sonnenaufgang zu gestalten. Abendsonne geht natürlich auch!

Die LED-Technologie in den WLAN-LEDs von Hue kann verschiedene Töne Weißlicht wiedergeben, von warmem gel-bem Licht bis hin zu einem lebendigen

Blauweiß. Gesteuert wird die Lampe über ein Smartphone – auch von unterwegs.

Sie möchten Hue gewinnen und für Atmosphäre sorgen, die zu Ihrer Stim-mung passt? Dann loggen Sie sich ein unter: ferchau.de/go/it-gewinnspiel und beantworten Sie folgende Frage: Welche Datenmenge erzeugt ein einziges Flug-zeugtriebwerk innerhalb von 30 Minuten? Kleiner Tipp: Aufmerksam den Artikel ab Seite 20 lesen. Einsendeschluss ist der 29.11.2013. Viel Glück!

Über den Roboterbausatz Spykee hat sich Herr Günter Axtmann von der Firma Daimler AG, Werk Wörth, gefreut. Herzlichen Glückwunsch!

atFERCHAU-Gewinnspiel

DAS PASSENDE LICHT ZUR GEMÜTSLAGE

ferchau.de/go/it-gewinnspiel

< i n s i d e / e v e n t s > <27>

Page 28: IT Magazin atFERCHAU 2013/02

JETZT ANMELDEN UND LIVE ERLEBENferchau.de/go/expedition